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82 II 259
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82 II 259
Sachverhalt ab Seite 260
A.- Am 15. Januar 1952 gebar die damals ledige Elisabeth Schultze, geboren 1926, das Kind Esther Schultze. Mutter und Kind belangen den Beklagten Serafino Luzio auf Vaterschaft mit Standesfolge und bestimmte Vermögensleistungen.
Luzio hatte die Erstklägerin 1947 kennen gelernt, mit ihr nach etwa einem halben Jahr intime Beziehungen aufgenommen und ihr zunächst formlos die Ehe versprochen. Die Heiratspläne begegneten dem Widerstand der reformierten Eltern der Erstklägerin gegen eine Heirat mit dem Katholiken Luzio, der Ehe und Familie seiner Konfession unterstellen wollte. Es kam auch zu Auseinandersetzungen und zeitweiligen Unterbrüchen der Beziehungen wegen anderer Männerbekanntschaften der Erstklägerin. Ungefähr Anfang 1950 verband diese sich, wieder mit Heiratsabsichten, mit Albert Uecker, erfuhr dann aber Ende März 1950, dass er schon verheiratet war. Sie näherte sich wieder dem Beklagten, der sie nach wie vor zu lieben erklärte. Es kam zu einer Versöhnung, zu regelmässigen Besuchen, meistens mit Geschlechtsverkehr, und im Herbst 1951 zur Verlobung und zu ernsthaften Heiratsvorbereitungen.
Die Erstklägerin war inzwischen schwanger geworden, nach ihrer Darstellung Mitte April 1951, zu welchem Zeitpunkt (15. oder 16. April) der Beklagte sie, was er zugibt, besucht und ihr beigewohnt hatte. Erst im September 1951 gestand ihm dann die Erstklägerin, infolge seiner Zweifel an ihrer Treue und auf sein Drängen, Uecker habe von ihr nicht lassen wollen, und sie habe sich von ihm bis zum Frühjahr 1951 nicht gänzlich lösen können, ihn Ende April noch einmal auf ihrem Zimmer empfangen und sich ihm hingegeben. Uecker bestätigte, dass dies am 28. April 1951 geschehen war.
B.- Der Beklagte erhob gegenüber der Klage Einreden gemäss Art. 314 Abs. 2 und Art. 315 ZGB. Uecker stellte sich dem Bezirksgericht für eine Expertise zur Verfügung, zur Prüfung der Frage, ob er als Vater ausgeschlossen werden könne. Da diese Expertise (Untersuchung der Blutgruppen und -faktoren sowie der Rhesuseigenschaften) nichts ergab, d.h. die Vaterschaft Ueckers nicht ausschloss, wies das Bezirksgericht die Klage gestützt auf Art. 314 Abs. 2 ZGB ab. Dem klägerischen Antrag, durch eine anthropologische Untersuchung abklären zu lassen, ob das Kind nicht von Uecker, sondern nur vom Beklagten abstammen könne, folgte es nicht, in der Erwägung, nach Gesetz und Praxis müsse die Unsicherheit der Vaterschaft als erwiesen gelten, wenn die beiden möglichen Empfängnisdaten kaum 14 Tage auseinanderliegen.
C.- Das Obergericht entsprach dem Begutachtungsantrag der Klägerschaft und liess durch Dr. Dora Pfannenstiel (Basel) nach anthropologisch-erbbiologischer Methode die Frage prüfen, ob Albert Uecker als Vater des Kindes Esther Schultze ausgeschlossen werden könne. Die Expertin erstattete darüber folgenden Befund:
"Die Vaterschaft des Zeugen Albert Uecker zu dem Kinde Esther Schultze ist zwar nicht mit Sicherheit auszuschliessen, aber der Gesamtbefund spricht gegen seine Vaterschaft."
D.- In Würdigung dieses Gutachtens gelangte das Obergericht zur Gutheissung der Klage, da angenommen werden müsse, "dass die Zeugung auf den vom Beklagten zugegebenen Geschlechtsverkehr vom 15. oder 16. April 1951, der übrigens in die wahrscheinlichste Empfängniszeit fällt, zurückgeht". Einen Klageausschluss nach dem vom Beklagten ebenfalls angerufenen Art. 315 ZGB lehnte das Obergericht ab.
E.- Auf eine Nichtigkeitsbeschwerde des Beklagten trat das kantonale Kassationsgericht am 22. Februar 1956 nicht ein.
F.- Mit der vorliegenden Berufung hält der Beklagte an den Einreden des Mehrverkehrs und des unzüchtigen Lebenswandels fest und beantragt Abweisung der Klage. Die Klägerinnen lassen auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils antragen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Einrede des Mehrverkehrs ist an und für sich begründet, da die Erstklägerin innerhalb der Empfängniszeit, und zwar innert höchstens 13 Tagen (15. oder 16. April - 28. April 1951), sowohl mit dem Beklagten als auch mit dem Zeugen Uecker geschlechtlich verkehrt hat. Durch die serologische Untersuchung (klassische Blutgruppen A B 0, Untergruppen A1 und A2, Blutfaktoren M und N, Rhesusfaktoren) ist Uecker als Vater nicht auszuschliessen. Das angefochtene Urteil stützt sich auf die zweite Expertise, die dargetan hat, dass eine Reihe von erbbiologischen Merkmalen auf die Vaterschaft des Beklagten hindeuten, während solche Merkmale hinsichtlich einer Vaterschaft Ueckers praktisch fehlen. Das im Gutachten in der erwähnten Weise formulierte Ergebnis rechtfertigt nach Ansicht des Obergerichtes hinlänglich die Annahme, der Beklagte sei der Vater. In dieser Annahme liegt indessen keine für das Bundesgericht nach Art. 63 Abs. 2 OG verbindliche Feststellung tatsächlicher Natur. Es handelt sich um die rechtliche Würdigung der durch die Expertise dargelegten grössern Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft des Beklagten, wobei das Obergericht seine Überzeugung namentlich auch aus den Einzelbefunden des Gutachtens gewinnt. Ob diese Wahrscheinlichkeit genüge, um die durch den Verkehr mit Uecker zunächst begründete Einrede des Mehrverkehrs zu entkräften, hat das Bundesgericht gemäss Art. 43 Abs. 4 OG nachzuprüfen, gleichwie es nach ständiger Rechtsprechung nachprüft, ob ein nachgewiesener in die kritische Zeit fallender Mehrverkehr nicht in Betracht komme, weil die von seinem Zeitpunkt an berechnete Schwangerschaftsdauer bei Berücksichtigung des Reifegrades des Kindes bei der Geburt nicht zutreffen könne (vgl. BGE 76 II 6/7).
Das Obergericht ist sich übrigens bewusst, dass man, um im vorliegenden Falle die Einrede des Mehrverkehrs abweisen zu können, die von der bisherigen bundesgerichtliche Praxis der Auslegung von Art. 314 Abs. 2 ZGB gesetzten Schranken erweitern müsse. "Denn es lässt sich auf Grund des Gutachtens nicht sagen, dass die Möglichkeit der Vaterschaft Ueckers im Vergleich zu der des Beklagten praktisch ausser Betracht falle oder so gut wie ausgeschlossen sei". In der Tat kann nach der Praxis die aus einem in die kritische Zeit fallenden Mehrverkehr der Mutter hergeleitete exceptio plurium nur eben dann als entkräftet gelten, "wenn die Vaterschaft des Beklagten so unvergleichlich viel wahrscheinlicher ist als die des Dritten, dass diese letztere praktisch ausser Betracht fällt" (BGE 69 II 285, BGE 76 II 6f.). Hievon glaubt das Obergericht abgehen und die seit dem Erlass des ZGB aufgekommenen anthropologisch-biologischenUntersuchungsmethodenstärker zur Geltung bringen zu sollen. Es hält dafür, trotz der diesen Methoden zum Teil noch anhaftenden Unvollkommenheit verdiene der Einredetatbestand heute nur noch dann bejaht zu werden, "wenn der Mehrverkehr nach den Erkenntnissen der Wissenschaft tatsächlich erhebliche Zweifel an der Vaterschaft zu rechtfertigen vermag". Damit übereinstimmend findet man etwa den Gedanken ausgesprochen, Mehrverkehr begründe nach dem heutigen Stande des Wissens "nicht von vornherein" erhebliche Zweifel (DORA PFANNENSTIEL, Die Bedeutung anthropologischer Gutachten hinsichtlich der gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft, SJZ 50 S. 217 ff., besonders 221).
Dieser Betrachtungsweise ist jedoch nicht zu folgen.
Im Bestreben, dem Kinde wenn möglich "einen Vater zu geben", geht sie darauf aus, die von der Praxis an die Entkräftung der Mehrverkehrseinrede gestellten strengen Anforderungen zu mildern. Diesem Bestreben kommt das Gesetz selber in anderer Weise entgegen: indem es in Art. 314 Abs. 1 ZGB bei nachgewiesenem in die kritische Zeit fallenden Verkehr der Mutter des Kindes mit dem Beklagten eine Vermutung zugunsten der Klägerschaft aufstellt. Und die Praxis lässt diese Vermutung zu voller Auswirkung kommen, indem - sofern ein Mehrverkehr als solcher nicht nachgewiesen ist - zu deren Entkräftung nur der Nachweis ausreicht, dass der Beklagte mit Sicherheit oder doch mit grösster, an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Vater des Kindes auszuschliessen sei. Zu solchem Gegenbeweis ist, ausser Zeugungsunfähigkeit, ein den Beklagten als Vater ausschliessender Blutgruppenbefund geeignet (BGE 60 II 86, BGE 61 II 75, BGE 65 II 126, BGE 66 II 66 und seither gefällte Entscheidungen), aber auch die Tatsache, dass sich vom festgestellten Verkehr mit dem Beklagten aus gerechnet eine Schwangerschaftsdauer ergeben würde, die angesichts des Reifegrades des Kindes bei der Geburt nicht zutreffen kann oder doch "äusserst unwahrscheinlich, praktisch ausgeschlossen" ist (vgl. neuestens BGE 82 II 87); dabei wird von Experten etwa als äusserst unwahrscheinlich eine unter 1% gehende "Dekadenwahrscheinlichkeit" betrachtet, was die Praxis je nach den sonstigen Umständen gelten lässt (vgl. BGE 77 II 34/5, BGE 78 II 109/10, BGE 80 II 298). Im gleichen Sinne kann der Beklagte als Vater auch dann ausgeschlossen werden, wenn bei ihm Vererbungsfaktoren anderer Art fehlen, die das Kind aufweist und nicht von Mutterseite empfangen hat, also von Vaterseite empfangen haben muss, und die beim wirklichen Vater feststellbar sein müssten. Unter diesem Gesichtspunkt hat die schweizerische Rechtsprechung eindeutig spezifische, z.B. mongolische Rassenmerkmale in Betracht gezogen (BGE 55 II 295 ff.).
Begründet somit ein in die kritische Zeit fallender Verkehr der Mutter des Kindes mit dem Beklagten - vom Fall eines nachgewiesenen Mehrverkehrs der Mutter abgesehen - eine nur mit klarem Gegenbeweis widerlegbare Vermutung zu Lasten des Beklagten, so erwächst dann aber diesem aus einem nachgewiesenen Mehrverkehr der Mutter eine ebenso schwer widerlegbare Einrede. Anders entscheiden hiesse den Beklagten rechtsungleich behandeln. Hat er einerseits als Vater zu gelten, wenn er keinen Mehrverkehr der Mutter als solchen nachzuweisen vermag und die durch seine eigene Beiwohnung begründete Vermutung sich nicht mit hinlänglicher Sicherheit nach der in dieser Hinsicht strengen Praxis entkräften lässt, so muss anderseits die durch nachgewiesenen Mehrverkehr der Mutter begründete exceptio plurium aufrecht bleiben, wenn sie nicht nach den gleichen Grundsätzen entkräftet wird. Dem weitgehenden Schutz der sich aus Art. 314 Abs. 1 ZGB ergebenden Vermutung zu Gunsten der Klägerschaft entspricht der ebenso starke Schutz der aus nachgewiesenem Mehrverkehr abgeleiteten Einrede zu Gunsten des Beklagten. Dieser durch die Beweislastverteilung des Art. 314 ZGB geforderte Standpunkt liegt einer Reihe von Entscheidungen zugrunde (vgl. BGE 51 II 112, BGE 53 II 14, BGE 61 I 305, BGE 64 II 253, BGE 66 II 66, BGE 68 II 152, BGE 69 II 284, BGE 76 II 5, BGE 78 II 107, BGE 80 II 298), und es ist nach dem Gesagten daran festzuhalten.
2. Zur Begründung der von der Praxis geprägten Regel, wonach die Vaterschaftsvermutung nach Art. 314 Abs. 1 wie auch die Mehrverkehrseinrede nur dann entfällt, wenn es so gut wie ausgeschlossen ist, dass das Kind dem betreffenden Verkehr entstammt, wurde unter anderm auf die Tatsache verwiesen, dass die biologischen Gesetze, auf die es hier ankommt, immer noch unvollkommen bekannt sind (BGE 68 II 153). Das gilt besonders von den Vererbungsgesetzen, auf die sich im vorliegenden Falle das Gutachten und das angefochtene Urteil stützen. Es ist in der Fachwissenschaft noch durchaus umstritten, ob und wie weit einzelne Merkmale einigermassen sichere Schlüsse auf die Abstammung zulassen. SCHWEIZER, Die Leistung des Beweises im Vaterschaftsprozess ... (1936), führt eine Reihe von Fachleuten an, die den Vererbungsrückschlüssen vom Kind auf den Vater noch skeptisch gegenüberstehen, namentlich auch inbezug auf die Beweiskraft der Papillarlinien der Finger, auf die das vorinstanzliche Urteil das grösste Gewicht legt. In der ausländischen Rechtsprechung wird denn auch die erbbiologische Beweisführung in vielen Fällen nur als zusätzliches Indiz benützt oder doch nur bei einer diese Untersuchung nahelegenden sonstigen Beweislage angeordnet (vgl. das von D. PFANNENSTIEL, SJZ 50 S. 220 angeführte österreichische Urteil). Als entscheidend fällt eine erbbiologische Begutachtung, vom schon erwähnten Falle typischer Rassenmerkmale abgesehen, etwa bei seltenen auf Vererbung beruhenden Anomalien in Betracht (vgl. ein Urteil des Bezirksgerichtes Kulm vom 23. September 1941, SJZ 39 S. 29, und dazu D. PFANNENSTIEL, SJZ 50 S. 221/2, die den Ausspruch des damaligen Experten hervorhebt: "Mit der Einzigartigkeit der Merkmalsverbindung ist der Nachweis der Heredität bereits erbracht"). Führt die erbbiologische Untersuchung zu einem praktisch als sicher zu erachtenden Ergebnis, sei es im Sinne des Ausschlusses eines von mehreren in Betracht kommenden Beischläfers, sei es gar im Sinn eines positiven Vaterschaftsnachweises (vgl. D. PFANNENSTIEL in SJZ 49 S. 101), so ist sie als taugliches Beweismittel zu berücksichtigen. Fraglich ist allerdings, ob jede Partei im Vaterschaftsprozess, um eine gegen sie bestehende Rechtsvermutung zu beseitigen, ohne weiteres die Anordnung einer erbbiologischen Expertise verlangen könne, auch ohne dass sie sich bereits auf auffallende, zu ihren Gunsten sprechende Merkmale zu berufen vermag. Die der erbkundlichen Begutachtung weiten Raum gewährende deutsche Rechtsprechung (vgl. Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen 160 S. 63 und ebenso des Bundesgerichtshofes 7 S. 116) dürfte für schweizerische Vaterschaftsprozesse schon deshalb nicht wegleitend sein, weil es sich mit der kurzen Klagefrist des Art. 308 ZGB nicht wohl verträgt, ohne schlüssige Anhaltspunkte eine Verzögerung des Prozesses auf sich zu nehmen, wie sie sich daraus ergeben muss, dass eine erbbiologische Begutachtung erst, wenn das Kind mindestens zwei oder drei Jahre alt ist, mit Aussicht auf ein zuverlässiges Ergebnis stattfinden kann (vgl. DETTLING, SCHÖNBERG und SCHWARZ, Lehrbuch der gerichtlichen Medizin 1951 S. 391; D. PFANNENSTIEL, SJZ 1950 S. 222). Das mag jedoch dahingestellt bleiben, da das Obergericht die erbbiologische Expertise ja angeordnet und damit mindestens im Rahmen der ihm zustehenden prozessualen Befugnisse gehandelt hat. Heute geht es nur um die rechtliche Würdigung des dabei gewonnenen Beweisergebnisses.
3. Wie das Obergericht selbst ausführt, vermag dieses Ergebnis die exceptio plurium nicht zu entkräften, wenn man, wie es nach dem oben Gesagten richtig ist, an den von der Praxis aufgestellten Schranken der Entkräftungsmöglichkeit festhält. Der Richter muss sich auf einem solchen Sachgebiete, auf dem er nicht selber Fachmann sein kann, an die vom Experten vorgenommene Gesamtwertung der erhobenen Befunde halten. Es steht ihm nicht zu, Einzelbefunden eine höhere Bedeutung beizumessen und so zugunsten der (gegen-) beweisbelasteten Partei eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit bzw. an Unmöglichkeit grenzende Unwahrscheinlichkeit anzunehmen, die der Experte nicht zu bejahen vermochte. Wäre die Expertin im vorliegenden Falle zu einem so entschiedenen Gesamtbefund gelangt, so hätte sie das Schlussergebnis anders formuliert. Es ist ihr ja durchaus geläufig, dass der Grad der Wahrscheinlichkeit bei der Gesamtbeurteilung zum Ausdrucke zu kommen hat (vgl. ihre Ausführungen in SJZ 49 S. 105, wonach die Beurteilung je nach dem Ergebnis abzustufen ist von "Vaterschaft unwahrscheinlich" bis "im höchsten Grade unwahrscheinlich"; im letztern Falle könne die Vaterschaft "praktisch nicht mehr vermutet werden"; siehe im übrigen Neue Juristische Wochenschrift 1950 S. 563/4 über die Benennung von sechs Stufen der Wahrscheinlichkeit nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie). Das vorliegende Gutachten vermochte nur auszusagen, die Vaterschaft des Dritten, Uecker, müsse "als unwahrscheinlich bezeichnet werden" (also nicht "im höchsten Grade" oder "äusserst" unwahrscheinlich). Das entspricht dem Befund über den Beklagten, wonach es "sehr unwahrscheinlich" ist, "dass diese Ähnlichkeiten vom Zufall geprägt sind". Somit bleibt es bei dem im Gutachten angegebenen Schlussergebnis, dem die exceptio plurium bei Anwendung der zutreffenden Rechtsgrundsätze standhält.
Ist die Klage daher auf Grund dieser Einrede abzuweisen, so erübrigt sich eine Prüfung der vom Beklagten erhobenen Einrede aus Art. 315 ZGB.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 21. Juni 1955 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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de
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Perizia biologica sui fattori ereditari (prova della somiglianza e della dissomiglianza) nel processo di paternità. 1. Quale importanza ha tale mezzo di prova? (consid. 2).
2. Una perizia biologica sui fattori ereditari distrugge la presunzione stabilita dall'art. 314 cp. 1 CC e infirma l'exceptio plurium fondata sulla prova del concubito con un terzo durante il periodo critico soltanto se le conclusioni peritali attestano una probabilità prossima alla certezza (consid. 1 e 3).
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it
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-259%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 268
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82 II 268
Sachverhalt ab Seite 268
A.- H. gebar am 3. Juli 1954 ausserehelich den Knaben M. Vom Juli 1953 an und dann während der kritischen Zeit (6. Sept. 1953 - 4. Jan. 1954) hatte sie, damals 18 1/2 Jahre alt, wiederholt Geschlechtsverkehr mit dem um 5 Jahre älteren Sch. Sowohl das Bezirksgericht Arbon als das Obergericht des Kantons Thurgau (Urteil vom 5. April 1956) haben die vom Beklagten erhobene Einrede aus Art. 315 ZGB geschützt und die Vaterschaftsklage abgewiesen. Die Annahme unzüchtigen Lebenswandels der Klägerin gründen die Vorinstanzen auf folgende, für das Bundesgericht verbindlich festgestellte Tatsachen:
a) Im Juli 1953 nahm die Kindsmutter nach einem Tanzanlass im Hotel B. in A. ihren Liebhaber Sch. (den Beklagten) und ein zweites Paar (ihre Freundin W. und deren Begleiter, von dem nur der Vorname R. bekannt ist) mit nach Hause, wo die vier im Schlafzimmer der in den Ferien abwesenden Eltern paarweise in den zwei Betten übernachteten und wiederholt geschlechtlich verkehrten.
b) Einige Wochen später, in der Nacht vom 15. auf den 16. August 1953 nahm die Kindsmutter nach dem gemeinsamen Besuch des Seenachtfestes in R. ihren Liebhaber Sch. und einen Bekannten desselben, S., den sie erst an diesem Abend kennengelernt hatte, ins elterliche Schlafzimmer mit, wo sie mit Sch. im einen, S. im andern Bett nächtigten; dabei vollzog sie mit Sch. wiederholt den Geschlechtsverkehr, was S. im andern Bett hören und (in der Morgendämmerung) sehen konnte.
c) Am Morgen nach dieser Nacht (16. August 1953), als sich Sch. zu einer Besorgung für etwa eine halbe Stunde aus der Wohnung H. entfernte, kam es - wie die Vorinstanz angesichts der Behauptung des S. und trotz der Bestreitung der Klägerin verbindlich feststellt - im Wohnzimmer auf dem Sofa zwischen der Klägerin und S. zum Coitus, wobei sich erstere besonders indezent und initiativ benahm.
In ihrer Würdigung kommt die Vorinstanz zum Schlusse, bei diesen Fällen von Geschlechtsverkehr in Anwesenheit Dritter seien die in einigen früheren Urteilen vom Bundesgericht angenommenen Entschuldigungsgründe nicht gegeben. Weder hätten die Drittpersonen geschlafen oder sonst nichts gemerkt, noch habe für die Parteien irgendwelche Notwendigkeit bestanden, jene überhaupt im gleichen Schlafzimmer nächtigen zu lassen; das Motiv für die Klägerin hiezu könne nur in ihrem Bestreben, die eigene geschlechtliche Lust zu erhöhen, erblickt werden. Den Partner ihrer Freundin W. habe die Klägerin nur nach seinem Vornamen gekannt und den S. erst am Abend vor dem gemeinsamen Übernachten kennengelernt. Ein Mädchen, das mit seinem Liebhaber in Gegenwart von ihm nur flüchtig oder überhaupt nicht bekannten Personen wiederholt Geschlechtsverkehr pflege und überdies unmittelbar nachher sich einem Dritten auf die festgestellte ausgeschämte Art hingebe, handle derart schamlos, dass, obwohl diese Vorfälle sich einige Wochen vor Beginn der kritischen Zeit abspielten, die Schlussfolgerung sich aufdränge, sie habe auch während der Empfängniszeit noch mit andern Männern als dem Beklagten geschlechtlich verkehrt.
B.- Mit der vorliegenden Berufung machen die Kläger geltend, die Vorinstanz habe die Einrede aus Art. 315 ZGB zu Unrecht geschützt, und beantragen Gutheissung der Klage.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Wie das Bundesgericht kürzlich seine Praxis in Bezug auf Art. 315 ZGB zusammengefasst und präzisiert hat, beruht die Vorschrift, wie Art. 314 Abs. 2, auf dem Gedanken, dass die Klage abgewiesen werden muss, wenn die Vaterschaft des Beklagten unsicher ist, und will die Fälle treffen, wo zwar keine Tatsachen nachgewiesen sind, die erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 zu begründen vermöchten, wo aber die Lebensführung der Mutter als Ganzes eine einigermassen zuverlässige Feststellung der Vaterschaft unmöglich macht. Dies trifft dann - und nur dann - zu, wenn sich die Mutter um die Empfängniszeit in sexueller Beziehung gewohnheitsmässig so hemmungslos zeigte, dass sich der Verdacht aufdrängt, sie habe damals nicht nur mit dem Beklagten, sondern auch noch mit unbekannten weitern Männern Umgang gehabt (BGE 79 II 26).
Bei der Würdigung der Tatbestände unter diesem Gesichtspunkt hat sich die Rechtsprechung im Laufe der Jahre zu einer etwas weitergehenden subjektiven Differenzierung veranlasst gesehen, so insbesondere bezüglich der Schlüsse, die aus den Umständen, unter denen Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten stattgefunden hat, gezogen werden können, und hier u.a. auch im Hinblick auf den Vollzug des Geschlechtsverkehrs in Anwesenheit Dritter. So wurden Milderungsgründe darin erblickt, dass die Kindsmutter von der Anwesenheit einer Drittperson im Zimmer des Beklagten vorher keine Kenntnis gehabt hatte, die Drittperson schlief oder sich schlafend stellte oder schwerhörig, eine gute Bekannte, oder das zweite Paar in gleicher Weise mit sich selbst beschäftigt war (vgl. BGE 69 II 135, BGE 76 II 177, Urteil vom 23. Sept. 1948 i.S. Tuor, vom 25. April 1952 i.S. Hänni, vom 3. April 1952 i.S. Rehbeil).
Im vorliegenden Falle liegen mildernde Umstände darin, dass die Klägerin mit dem Beklagten von den beiden Familien her seit langem bekannt war, ein Verhältnis von längerer Dauer bestand und beim Vorfall vom Juli die eine Drittperson ihre Freundin war. Dagegen war deren Freund Roland ihr nicht näher und beim zweiten Vorfall vom August der Kamerad des Beklagten, S., ihr bisher überhaupt nicht bekannt gewesen. Sehr gravierend ist zweifellos der dritte Vorfall, wo sich die Klägerin nach der Nacht mit dem Beklagten während der kurzen Abwesenheit desselben dem Dritten hingab.
Die drei Vorfälle zusammen qualifizieren das damalige Verhalten der Klägerin ohne weiteres als unzüchtig. Schon eher fraglich erscheint, ob von unzüchtigem Lebenswandel gesprochen werden kann, worunter eine gewohnheitsmässige sexuelle Haltlosigkeit zu verstehen ist (BGE 79 II 25). Die vereinzelten Verfehlungen der Klägerin zeigen doch nicht eine Gewohnheit der Ausschweifung, eine Grundhaltung, sondern eher ein momentanes Überborden der Sinnlichkeit.
Nun fand der letzte Vorfall jedoch drei Wochen vor Beginn der kritischen Zeit und ca. 6 Wochen vor dem mutmasslichen effektiven Schwängerungsdatum (um den 3. Oktober 1953) statt. Für diesen Zeitpunkt wie für die ganze kritische Zeit ist ein verdächtiges Verhalten der Klägerin - abgesehen vom Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten - nicht dargetan. Ein unzüchtiger Lebenswandel vor oder nach der Empfängniszeit ist an sich nicht geeignet, die Einrede des Art. 315 zu begründen. Frage kann nur sein, ob das unzüchtige Verhalten der Kindsmutter vor der Empfängniszeit den sichern Schluss ziehen lasse, dass sie auch "um die Empfängniszeit" einen unzüchtigen Lebenswandel geführt habe. Die Vorinstanz bejaht dies in Ansehung der hochgradigen Schamlosigkeit, die die Klägerin anlässlich der drei Vorfälle im Juli/August an den Tag gelegt habe und angesichts deren sich die Schlussfolgerung "geradezu aufdränge", sie habe sich auch während der Empfängniszeit mit Dritten vergangen.
Ob sich diese Schlussfolgerung rechtfertigt, ist keine tatsächliche Feststellung, sondern eine der Überprüfung des Bundesgerichts unterliegende Rechtsfrage, nämlich die rechtliche Würdigung jener festgestellten Tatsachen nach der allgemeinen Lebenserfahrung (BGE 79 II 26f.).
Dass der für einen früheren Zeitpunkt festgestellte unzüchtige Lebenswandel auch während der kritischen Zeit fortgedauert habe, darf indessen nur angenommen werden, wenn auch für die kritische Zeit selber konkrete Anzeichen für verdächtige Beziehungen zu andern Männern vorliegen. Das Fortdauern des früheren Wandels kann nicht schon allein aus dem der menschlichen Natur erfahrungsgemäss innewohnenden Beharrungsvermögen abgeleitet werden, ebensowenig aus dem Fehlen von positiven Anhaltspunkten für eine inzwischen eingetretene Besserung der Gesinnung; dies käme einer Umkehrung der Beweislast gleich. Damit die fragliche Schlussfolgerung zulässig sei, müssen konkrete Anhaltspunkte in der kritischen Zeit vorhanden sein, die gleichsam eine Verbindung, eine Leitspur bilden vom festgestellten früheren zum späteren supponierten Verhalten (BGE 40 II 6, 168; BGE 43 II 143). So wurde ein Fortdauern des vorherigen unzüchtigen Lebenswandels einer Klägerin angenommen, weil sie in der kritischen Zeit nach wie vor sich in Bars herumgetrieben, dem Trunke ergeben, ausgelassen aufgeführt und gern mit Männern abgegeben, kurz in den Lebensgewohnheiten verharrt hatte, welche die leichtfertige Anknüpfung geschlechtlicher Beziehungen begünstigen (Urteil vom 3. März i.S. B. c. L.); ferner bezüglich einer Klägerin, die, nach einem extrem unzüchtigen Verhalten auf einer Autofahrt mit zwei Unbekannten vor der kritischen Zeit, während derselben immer wieder ganze Nächte bei Tanzanlässen wegblieb, sich von Burschen begleiten liess und solche auf ihr Zimmer nahm (Urteil vom 18. Dezember 1953 i.S. G. c. St.). Umgekehrt wurde es abgelehnt, aus häufigen abendlichen Ausgängen einer Klägerin in Herrenbegleitung in der kritischen Zeit auf geschlechtliche Abenteuer zu schliessen, weil aus der Zeit vorher und nachher keinerlei Vorfälle bekannt waren, die gezeigt hätten, dass solche Ausgänge bei ihr gern mit Abenteuern endeten (BGE 76 II 180).
Im vorliegenden Falle ist für die Zeit nach dem 16. August 1953 und für die (am 6. September 1953) beginnende) kritische Zeit nach den Feststellungen der Vorinstanz und dem Inhalt der Akten zu Lasten der Klägerin nichts nachgewiesen, ausser der Fortdauer des Verhältnisses mit dem Beklagten. Sie war damals (August 1953) noch nicht einmal 18 1/2 Jahre alt; nach ihrer Angabe - für deren Unrichtigkeit nichts spricht - war der Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten nach dem Tanzanlass im Juli ihr erster. Es ist nun durchaus denkbar, dass sie, als das Verhältnis zum Beklagten sich festigte, sich gänzlich an ihn hielt und die Hemmungslosigkeit, die sie im Juli/August anlässlich der ersten Ausbrüche ihrer Sinnlichkeit zeigte, in der Folge überwand. Sodann war es zu den beiden ersten Vorfällen im Anschluss an sommerliche Volksfeste und in Ferienabwesenheit der Eltern gekommen, sodass die Annahme einiges für sich hat, nach dem Wegfall jener Anlässe und Gelegenheit möge die Klägerin weniger in Versuchung gekommen sein. Jedenfalls liegt kein konkreter Hinweis dafür vor, und der Beklagte hat auch nicht Beweis dafür beantragt, dass sie sich weiterhin mit andern Burschen abgegeben hätte; und ohne solche Indizien vermag das frühere unzüchtige Betragen die Einrede des Art. 315 nicht zu begründen.
Ist mithin diese Einrede zu verwerfen, so bleibt weiter zu prüfen, ob Tatsachen im Sinne des Art. 314 Abs. 2 ZGB geltend gemacht werden können. Insbesondere ist eine Blutuntersuchung verlangt worden. Ferner sind die Ansprüche der Kläger vom Beklagten hinsichtlich der Höhe bestritten worden. Die Vorinstanz hat daher die Sache unter diesen Gesichtspunkten neu zu beurteilen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das angefochtene Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 5. April 1956 aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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Vaterschaftsklage; Art. 315 ZGB. Aus unzüchtigem Lebenswandel vor der Empfängniszeit darf auf ebensolches Verhalten während derselben nur geschlossen werden, wenn dafür konkrete Anhaltspunkte in dieser Zeit vorliegen.
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Sachverhalt ab Seite 268
A.- H. gebar am 3. Juli 1954 ausserehelich den Knaben M. Vom Juli 1953 an und dann während der kritischen Zeit (6. Sept. 1953 - 4. Jan. 1954) hatte sie, damals 18 1/2 Jahre alt, wiederholt Geschlechtsverkehr mit dem um 5 Jahre älteren Sch. Sowohl das Bezirksgericht Arbon als das Obergericht des Kantons Thurgau (Urteil vom 5. April 1956) haben die vom Beklagten erhobene Einrede aus Art. 315 ZGB geschützt und die Vaterschaftsklage abgewiesen. Die Annahme unzüchtigen Lebenswandels der Klägerin gründen die Vorinstanzen auf folgende, für das Bundesgericht verbindlich festgestellte Tatsachen:
a) Im Juli 1953 nahm die Kindsmutter nach einem Tanzanlass im Hotel B. in A. ihren Liebhaber Sch. (den Beklagten) und ein zweites Paar (ihre Freundin W. und deren Begleiter, von dem nur der Vorname R. bekannt ist) mit nach Hause, wo die vier im Schlafzimmer der in den Ferien abwesenden Eltern paarweise in den zwei Betten übernachteten und wiederholt geschlechtlich verkehrten.
b) Einige Wochen später, in der Nacht vom 15. auf den 16. August 1953 nahm die Kindsmutter nach dem gemeinsamen Besuch des Seenachtfestes in R. ihren Liebhaber Sch. und einen Bekannten desselben, S., den sie erst an diesem Abend kennengelernt hatte, ins elterliche Schlafzimmer mit, wo sie mit Sch. im einen, S. im andern Bett nächtigten; dabei vollzog sie mit Sch. wiederholt den Geschlechtsverkehr, was S. im andern Bett hören und (in der Morgendämmerung) sehen konnte.
c) Am Morgen nach dieser Nacht (16. August 1953), als sich Sch. zu einer Besorgung für etwa eine halbe Stunde aus der Wohnung H. entfernte, kam es - wie die Vorinstanz angesichts der Behauptung des S. und trotz der Bestreitung der Klägerin verbindlich feststellt - im Wohnzimmer auf dem Sofa zwischen der Klägerin und S. zum Coitus, wobei sich erstere besonders indezent und initiativ benahm.
In ihrer Würdigung kommt die Vorinstanz zum Schlusse, bei diesen Fällen von Geschlechtsverkehr in Anwesenheit Dritter seien die in einigen früheren Urteilen vom Bundesgericht angenommenen Entschuldigungsgründe nicht gegeben. Weder hätten die Drittpersonen geschlafen oder sonst nichts gemerkt, noch habe für die Parteien irgendwelche Notwendigkeit bestanden, jene überhaupt im gleichen Schlafzimmer nächtigen zu lassen; das Motiv für die Klägerin hiezu könne nur in ihrem Bestreben, die eigene geschlechtliche Lust zu erhöhen, erblickt werden. Den Partner ihrer Freundin W. habe die Klägerin nur nach seinem Vornamen gekannt und den S. erst am Abend vor dem gemeinsamen Übernachten kennengelernt. Ein Mädchen, das mit seinem Liebhaber in Gegenwart von ihm nur flüchtig oder überhaupt nicht bekannten Personen wiederholt Geschlechtsverkehr pflege und überdies unmittelbar nachher sich einem Dritten auf die festgestellte ausgeschämte Art hingebe, handle derart schamlos, dass, obwohl diese Vorfälle sich einige Wochen vor Beginn der kritischen Zeit abspielten, die Schlussfolgerung sich aufdränge, sie habe auch während der Empfängniszeit noch mit andern Männern als dem Beklagten geschlechtlich verkehrt.
B.- Mit der vorliegenden Berufung machen die Kläger geltend, die Vorinstanz habe die Einrede aus Art. 315 ZGB zu Unrecht geschützt, und beantragen Gutheissung der Klage.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Wie das Bundesgericht kürzlich seine Praxis in Bezug auf Art. 315 ZGB zusammengefasst und präzisiert hat, beruht die Vorschrift, wie Art. 314 Abs. 2, auf dem Gedanken, dass die Klage abgewiesen werden muss, wenn die Vaterschaft des Beklagten unsicher ist, und will die Fälle treffen, wo zwar keine Tatsachen nachgewiesen sind, die erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 zu begründen vermöchten, wo aber die Lebensführung der Mutter als Ganzes eine einigermassen zuverlässige Feststellung der Vaterschaft unmöglich macht. Dies trifft dann - und nur dann - zu, wenn sich die Mutter um die Empfängniszeit in sexueller Beziehung gewohnheitsmässig so hemmungslos zeigte, dass sich der Verdacht aufdrängt, sie habe damals nicht nur mit dem Beklagten, sondern auch noch mit unbekannten weitern Männern Umgang gehabt (BGE 79 II 26).
Bei der Würdigung der Tatbestände unter diesem Gesichtspunkt hat sich die Rechtsprechung im Laufe der Jahre zu einer etwas weitergehenden subjektiven Differenzierung veranlasst gesehen, so insbesondere bezüglich der Schlüsse, die aus den Umständen, unter denen Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten stattgefunden hat, gezogen werden können, und hier u.a. auch im Hinblick auf den Vollzug des Geschlechtsverkehrs in Anwesenheit Dritter. So wurden Milderungsgründe darin erblickt, dass die Kindsmutter von der Anwesenheit einer Drittperson im Zimmer des Beklagten vorher keine Kenntnis gehabt hatte, die Drittperson schlief oder sich schlafend stellte oder schwerhörig, eine gute Bekannte, oder das zweite Paar in gleicher Weise mit sich selbst beschäftigt war (vgl. BGE 69 II 135, BGE 76 II 177, Urteil vom 23. Sept. 1948 i.S. Tuor, vom 25. April 1952 i.S. Hänni, vom 3. April 1952 i.S. Rehbeil).
Im vorliegenden Falle liegen mildernde Umstände darin, dass die Klägerin mit dem Beklagten von den beiden Familien her seit langem bekannt war, ein Verhältnis von längerer Dauer bestand und beim Vorfall vom Juli die eine Drittperson ihre Freundin war. Dagegen war deren Freund Roland ihr nicht näher und beim zweiten Vorfall vom August der Kamerad des Beklagten, S., ihr bisher überhaupt nicht bekannt gewesen. Sehr gravierend ist zweifellos der dritte Vorfall, wo sich die Klägerin nach der Nacht mit dem Beklagten während der kurzen Abwesenheit desselben dem Dritten hingab.
Die drei Vorfälle zusammen qualifizieren das damalige Verhalten der Klägerin ohne weiteres als unzüchtig. Schon eher fraglich erscheint, ob von unzüchtigem Lebenswandel gesprochen werden kann, worunter eine gewohnheitsmässige sexuelle Haltlosigkeit zu verstehen ist (BGE 79 II 25). Die vereinzelten Verfehlungen der Klägerin zeigen doch nicht eine Gewohnheit der Ausschweifung, eine Grundhaltung, sondern eher ein momentanes Überborden der Sinnlichkeit.
Nun fand der letzte Vorfall jedoch drei Wochen vor Beginn der kritischen Zeit und ca. 6 Wochen vor dem mutmasslichen effektiven Schwängerungsdatum (um den 3. Oktober 1953) statt. Für diesen Zeitpunkt wie für die ganze kritische Zeit ist ein verdächtiges Verhalten der Klägerin - abgesehen vom Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten - nicht dargetan. Ein unzüchtiger Lebenswandel vor oder nach der Empfängniszeit ist an sich nicht geeignet, die Einrede des Art. 315 zu begründen. Frage kann nur sein, ob das unzüchtige Verhalten der Kindsmutter vor der Empfängniszeit den sichern Schluss ziehen lasse, dass sie auch "um die Empfängniszeit" einen unzüchtigen Lebenswandel geführt habe. Die Vorinstanz bejaht dies in Ansehung der hochgradigen Schamlosigkeit, die die Klägerin anlässlich der drei Vorfälle im Juli/August an den Tag gelegt habe und angesichts deren sich die Schlussfolgerung "geradezu aufdränge", sie habe sich auch während der Empfängniszeit mit Dritten vergangen.
Ob sich diese Schlussfolgerung rechtfertigt, ist keine tatsächliche Feststellung, sondern eine der Überprüfung des Bundesgerichts unterliegende Rechtsfrage, nämlich die rechtliche Würdigung jener festgestellten Tatsachen nach der allgemeinen Lebenserfahrung (BGE 79 II 26f.).
Dass der für einen früheren Zeitpunkt festgestellte unzüchtige Lebenswandel auch während der kritischen Zeit fortgedauert habe, darf indessen nur angenommen werden, wenn auch für die kritische Zeit selber konkrete Anzeichen für verdächtige Beziehungen zu andern Männern vorliegen. Das Fortdauern des früheren Wandels kann nicht schon allein aus dem der menschlichen Natur erfahrungsgemäss innewohnenden Beharrungsvermögen abgeleitet werden, ebensowenig aus dem Fehlen von positiven Anhaltspunkten für eine inzwischen eingetretene Besserung der Gesinnung; dies käme einer Umkehrung der Beweislast gleich. Damit die fragliche Schlussfolgerung zulässig sei, müssen konkrete Anhaltspunkte in der kritischen Zeit vorhanden sein, die gleichsam eine Verbindung, eine Leitspur bilden vom festgestellten früheren zum späteren supponierten Verhalten (BGE 40 II 6, 168; BGE 43 II 143). So wurde ein Fortdauern des vorherigen unzüchtigen Lebenswandels einer Klägerin angenommen, weil sie in der kritischen Zeit nach wie vor sich in Bars herumgetrieben, dem Trunke ergeben, ausgelassen aufgeführt und gern mit Männern abgegeben, kurz in den Lebensgewohnheiten verharrt hatte, welche die leichtfertige Anknüpfung geschlechtlicher Beziehungen begünstigen (Urteil vom 3. März i.S. B. c. L.); ferner bezüglich einer Klägerin, die, nach einem extrem unzüchtigen Verhalten auf einer Autofahrt mit zwei Unbekannten vor der kritischen Zeit, während derselben immer wieder ganze Nächte bei Tanzanlässen wegblieb, sich von Burschen begleiten liess und solche auf ihr Zimmer nahm (Urteil vom 18. Dezember 1953 i.S. G. c. St.). Umgekehrt wurde es abgelehnt, aus häufigen abendlichen Ausgängen einer Klägerin in Herrenbegleitung in der kritischen Zeit auf geschlechtliche Abenteuer zu schliessen, weil aus der Zeit vorher und nachher keinerlei Vorfälle bekannt waren, die gezeigt hätten, dass solche Ausgänge bei ihr gern mit Abenteuern endeten (BGE 76 II 180).
Im vorliegenden Falle ist für die Zeit nach dem 16. August 1953 und für die (am 6. September 1953) beginnende) kritische Zeit nach den Feststellungen der Vorinstanz und dem Inhalt der Akten zu Lasten der Klägerin nichts nachgewiesen, ausser der Fortdauer des Verhältnisses mit dem Beklagten. Sie war damals (August 1953) noch nicht einmal 18 1/2 Jahre alt; nach ihrer Angabe - für deren Unrichtigkeit nichts spricht - war der Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten nach dem Tanzanlass im Juli ihr erster. Es ist nun durchaus denkbar, dass sie, als das Verhältnis zum Beklagten sich festigte, sich gänzlich an ihn hielt und die Hemmungslosigkeit, die sie im Juli/August anlässlich der ersten Ausbrüche ihrer Sinnlichkeit zeigte, in der Folge überwand. Sodann war es zu den beiden ersten Vorfällen im Anschluss an sommerliche Volksfeste und in Ferienabwesenheit der Eltern gekommen, sodass die Annahme einiges für sich hat, nach dem Wegfall jener Anlässe und Gelegenheit möge die Klägerin weniger in Versuchung gekommen sein. Jedenfalls liegt kein konkreter Hinweis dafür vor, und der Beklagte hat auch nicht Beweis dafür beantragt, dass sie sich weiterhin mit andern Burschen abgegeben hätte; und ohne solche Indizien vermag das frühere unzüchtige Betragen die Einrede des Art. 315 nicht zu begründen.
Ist mithin diese Einrede zu verwerfen, so bleibt weiter zu prüfen, ob Tatsachen im Sinne des Art. 314 Abs. 2 ZGB geltend gemacht werden können. Insbesondere ist eine Blutuntersuchung verlangt worden. Ferner sind die Ansprüche der Kläger vom Beklagten hinsichtlich der Höhe bestritten worden. Die Vorinstanz hat daher die Sache unter diesen Gesichtspunkten neu zu beurteilen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das angefochtene Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 5. April 1956 aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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Action en paternité; art. 315 CC. Du fait que la mère vivait dans l'inconduite avant l'époque de la conception on ne peut conclure qu'elle a eu à cette époque un comportement semblable que si des circonstances concrètes qui se sont produites pendant la période critique justifient cette déduction.
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civil law
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82 II 268
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82 II 268
Sachverhalt ab Seite 268
A.- H. gebar am 3. Juli 1954 ausserehelich den Knaben M. Vom Juli 1953 an und dann während der kritischen Zeit (6. Sept. 1953 - 4. Jan. 1954) hatte sie, damals 18 1/2 Jahre alt, wiederholt Geschlechtsverkehr mit dem um 5 Jahre älteren Sch. Sowohl das Bezirksgericht Arbon als das Obergericht des Kantons Thurgau (Urteil vom 5. April 1956) haben die vom Beklagten erhobene Einrede aus Art. 315 ZGB geschützt und die Vaterschaftsklage abgewiesen. Die Annahme unzüchtigen Lebenswandels der Klägerin gründen die Vorinstanzen auf folgende, für das Bundesgericht verbindlich festgestellte Tatsachen:
a) Im Juli 1953 nahm die Kindsmutter nach einem Tanzanlass im Hotel B. in A. ihren Liebhaber Sch. (den Beklagten) und ein zweites Paar (ihre Freundin W. und deren Begleiter, von dem nur der Vorname R. bekannt ist) mit nach Hause, wo die vier im Schlafzimmer der in den Ferien abwesenden Eltern paarweise in den zwei Betten übernachteten und wiederholt geschlechtlich verkehrten.
b) Einige Wochen später, in der Nacht vom 15. auf den 16. August 1953 nahm die Kindsmutter nach dem gemeinsamen Besuch des Seenachtfestes in R. ihren Liebhaber Sch. und einen Bekannten desselben, S., den sie erst an diesem Abend kennengelernt hatte, ins elterliche Schlafzimmer mit, wo sie mit Sch. im einen, S. im andern Bett nächtigten; dabei vollzog sie mit Sch. wiederholt den Geschlechtsverkehr, was S. im andern Bett hören und (in der Morgendämmerung) sehen konnte.
c) Am Morgen nach dieser Nacht (16. August 1953), als sich Sch. zu einer Besorgung für etwa eine halbe Stunde aus der Wohnung H. entfernte, kam es - wie die Vorinstanz angesichts der Behauptung des S. und trotz der Bestreitung der Klägerin verbindlich feststellt - im Wohnzimmer auf dem Sofa zwischen der Klägerin und S. zum Coitus, wobei sich erstere besonders indezent und initiativ benahm.
In ihrer Würdigung kommt die Vorinstanz zum Schlusse, bei diesen Fällen von Geschlechtsverkehr in Anwesenheit Dritter seien die in einigen früheren Urteilen vom Bundesgericht angenommenen Entschuldigungsgründe nicht gegeben. Weder hätten die Drittpersonen geschlafen oder sonst nichts gemerkt, noch habe für die Parteien irgendwelche Notwendigkeit bestanden, jene überhaupt im gleichen Schlafzimmer nächtigen zu lassen; das Motiv für die Klägerin hiezu könne nur in ihrem Bestreben, die eigene geschlechtliche Lust zu erhöhen, erblickt werden. Den Partner ihrer Freundin W. habe die Klägerin nur nach seinem Vornamen gekannt und den S. erst am Abend vor dem gemeinsamen Übernachten kennengelernt. Ein Mädchen, das mit seinem Liebhaber in Gegenwart von ihm nur flüchtig oder überhaupt nicht bekannten Personen wiederholt Geschlechtsverkehr pflege und überdies unmittelbar nachher sich einem Dritten auf die festgestellte ausgeschämte Art hingebe, handle derart schamlos, dass, obwohl diese Vorfälle sich einige Wochen vor Beginn der kritischen Zeit abspielten, die Schlussfolgerung sich aufdränge, sie habe auch während der Empfängniszeit noch mit andern Männern als dem Beklagten geschlechtlich verkehrt.
B.- Mit der vorliegenden Berufung machen die Kläger geltend, die Vorinstanz habe die Einrede aus Art. 315 ZGB zu Unrecht geschützt, und beantragen Gutheissung der Klage.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Wie das Bundesgericht kürzlich seine Praxis in Bezug auf Art. 315 ZGB zusammengefasst und präzisiert hat, beruht die Vorschrift, wie Art. 314 Abs. 2, auf dem Gedanken, dass die Klage abgewiesen werden muss, wenn die Vaterschaft des Beklagten unsicher ist, und will die Fälle treffen, wo zwar keine Tatsachen nachgewiesen sind, die erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 zu begründen vermöchten, wo aber die Lebensführung der Mutter als Ganzes eine einigermassen zuverlässige Feststellung der Vaterschaft unmöglich macht. Dies trifft dann - und nur dann - zu, wenn sich die Mutter um die Empfängniszeit in sexueller Beziehung gewohnheitsmässig so hemmungslos zeigte, dass sich der Verdacht aufdrängt, sie habe damals nicht nur mit dem Beklagten, sondern auch noch mit unbekannten weitern Männern Umgang gehabt (BGE 79 II 26).
Bei der Würdigung der Tatbestände unter diesem Gesichtspunkt hat sich die Rechtsprechung im Laufe der Jahre zu einer etwas weitergehenden subjektiven Differenzierung veranlasst gesehen, so insbesondere bezüglich der Schlüsse, die aus den Umständen, unter denen Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten stattgefunden hat, gezogen werden können, und hier u.a. auch im Hinblick auf den Vollzug des Geschlechtsverkehrs in Anwesenheit Dritter. So wurden Milderungsgründe darin erblickt, dass die Kindsmutter von der Anwesenheit einer Drittperson im Zimmer des Beklagten vorher keine Kenntnis gehabt hatte, die Drittperson schlief oder sich schlafend stellte oder schwerhörig, eine gute Bekannte, oder das zweite Paar in gleicher Weise mit sich selbst beschäftigt war (vgl. BGE 69 II 135, BGE 76 II 177, Urteil vom 23. Sept. 1948 i.S. Tuor, vom 25. April 1952 i.S. Hänni, vom 3. April 1952 i.S. Rehbeil).
Im vorliegenden Falle liegen mildernde Umstände darin, dass die Klägerin mit dem Beklagten von den beiden Familien her seit langem bekannt war, ein Verhältnis von längerer Dauer bestand und beim Vorfall vom Juli die eine Drittperson ihre Freundin war. Dagegen war deren Freund Roland ihr nicht näher und beim zweiten Vorfall vom August der Kamerad des Beklagten, S., ihr bisher überhaupt nicht bekannt gewesen. Sehr gravierend ist zweifellos der dritte Vorfall, wo sich die Klägerin nach der Nacht mit dem Beklagten während der kurzen Abwesenheit desselben dem Dritten hingab.
Die drei Vorfälle zusammen qualifizieren das damalige Verhalten der Klägerin ohne weiteres als unzüchtig. Schon eher fraglich erscheint, ob von unzüchtigem Lebenswandel gesprochen werden kann, worunter eine gewohnheitsmässige sexuelle Haltlosigkeit zu verstehen ist (BGE 79 II 25). Die vereinzelten Verfehlungen der Klägerin zeigen doch nicht eine Gewohnheit der Ausschweifung, eine Grundhaltung, sondern eher ein momentanes Überborden der Sinnlichkeit.
Nun fand der letzte Vorfall jedoch drei Wochen vor Beginn der kritischen Zeit und ca. 6 Wochen vor dem mutmasslichen effektiven Schwängerungsdatum (um den 3. Oktober 1953) statt. Für diesen Zeitpunkt wie für die ganze kritische Zeit ist ein verdächtiges Verhalten der Klägerin - abgesehen vom Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten - nicht dargetan. Ein unzüchtiger Lebenswandel vor oder nach der Empfängniszeit ist an sich nicht geeignet, die Einrede des Art. 315 zu begründen. Frage kann nur sein, ob das unzüchtige Verhalten der Kindsmutter vor der Empfängniszeit den sichern Schluss ziehen lasse, dass sie auch "um die Empfängniszeit" einen unzüchtigen Lebenswandel geführt habe. Die Vorinstanz bejaht dies in Ansehung der hochgradigen Schamlosigkeit, die die Klägerin anlässlich der drei Vorfälle im Juli/August an den Tag gelegt habe und angesichts deren sich die Schlussfolgerung "geradezu aufdränge", sie habe sich auch während der Empfängniszeit mit Dritten vergangen.
Ob sich diese Schlussfolgerung rechtfertigt, ist keine tatsächliche Feststellung, sondern eine der Überprüfung des Bundesgerichts unterliegende Rechtsfrage, nämlich die rechtliche Würdigung jener festgestellten Tatsachen nach der allgemeinen Lebenserfahrung (BGE 79 II 26f.).
Dass der für einen früheren Zeitpunkt festgestellte unzüchtige Lebenswandel auch während der kritischen Zeit fortgedauert habe, darf indessen nur angenommen werden, wenn auch für die kritische Zeit selber konkrete Anzeichen für verdächtige Beziehungen zu andern Männern vorliegen. Das Fortdauern des früheren Wandels kann nicht schon allein aus dem der menschlichen Natur erfahrungsgemäss innewohnenden Beharrungsvermögen abgeleitet werden, ebensowenig aus dem Fehlen von positiven Anhaltspunkten für eine inzwischen eingetretene Besserung der Gesinnung; dies käme einer Umkehrung der Beweislast gleich. Damit die fragliche Schlussfolgerung zulässig sei, müssen konkrete Anhaltspunkte in der kritischen Zeit vorhanden sein, die gleichsam eine Verbindung, eine Leitspur bilden vom festgestellten früheren zum späteren supponierten Verhalten (BGE 40 II 6, 168; BGE 43 II 143). So wurde ein Fortdauern des vorherigen unzüchtigen Lebenswandels einer Klägerin angenommen, weil sie in der kritischen Zeit nach wie vor sich in Bars herumgetrieben, dem Trunke ergeben, ausgelassen aufgeführt und gern mit Männern abgegeben, kurz in den Lebensgewohnheiten verharrt hatte, welche die leichtfertige Anknüpfung geschlechtlicher Beziehungen begünstigen (Urteil vom 3. März i.S. B. c. L.); ferner bezüglich einer Klägerin, die, nach einem extrem unzüchtigen Verhalten auf einer Autofahrt mit zwei Unbekannten vor der kritischen Zeit, während derselben immer wieder ganze Nächte bei Tanzanlässen wegblieb, sich von Burschen begleiten liess und solche auf ihr Zimmer nahm (Urteil vom 18. Dezember 1953 i.S. G. c. St.). Umgekehrt wurde es abgelehnt, aus häufigen abendlichen Ausgängen einer Klägerin in Herrenbegleitung in der kritischen Zeit auf geschlechtliche Abenteuer zu schliessen, weil aus der Zeit vorher und nachher keinerlei Vorfälle bekannt waren, die gezeigt hätten, dass solche Ausgänge bei ihr gern mit Abenteuern endeten (BGE 76 II 180).
Im vorliegenden Falle ist für die Zeit nach dem 16. August 1953 und für die (am 6. September 1953) beginnende) kritische Zeit nach den Feststellungen der Vorinstanz und dem Inhalt der Akten zu Lasten der Klägerin nichts nachgewiesen, ausser der Fortdauer des Verhältnisses mit dem Beklagten. Sie war damals (August 1953) noch nicht einmal 18 1/2 Jahre alt; nach ihrer Angabe - für deren Unrichtigkeit nichts spricht - war der Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten nach dem Tanzanlass im Juli ihr erster. Es ist nun durchaus denkbar, dass sie, als das Verhältnis zum Beklagten sich festigte, sich gänzlich an ihn hielt und die Hemmungslosigkeit, die sie im Juli/August anlässlich der ersten Ausbrüche ihrer Sinnlichkeit zeigte, in der Folge überwand. Sodann war es zu den beiden ersten Vorfällen im Anschluss an sommerliche Volksfeste und in Ferienabwesenheit der Eltern gekommen, sodass die Annahme einiges für sich hat, nach dem Wegfall jener Anlässe und Gelegenheit möge die Klägerin weniger in Versuchung gekommen sein. Jedenfalls liegt kein konkreter Hinweis dafür vor, und der Beklagte hat auch nicht Beweis dafür beantragt, dass sie sich weiterhin mit andern Burschen abgegeben hätte; und ohne solche Indizien vermag das frühere unzüchtige Betragen die Einrede des Art. 315 nicht zu begründen.
Ist mithin diese Einrede zu verwerfen, so bleibt weiter zu prüfen, ob Tatsachen im Sinne des Art. 314 Abs. 2 ZGB geltend gemacht werden können. Insbesondere ist eine Blutuntersuchung verlangt worden. Ferner sind die Ansprüche der Kläger vom Beklagten hinsichtlich der Höhe bestritten worden. Die Vorinstanz hat daher die Sache unter diesen Gesichtspunkten neu zu beurteilen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das angefochtene Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 5. April 1956 aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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Azione di paternità; art. 315 CC. Dal fatto che la madre teneva una condotta scostumata prima dell'epoca del concepimento si può concludere che tenne la stessa condotta a tale epoca solo se quest'illazione è giustificata da circostanze concrete concernenti il periodo critico.
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-268%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 274
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82 II 274
Sachverhalt ab Seite 275
A.- Der am 7. Juli 1917 geborene X. bestand im Jahre 1938 die Maturität und wandte sich dann dem Studium der evangelischen Theologie zu. Nach zehnjährigem Besuch der Universitäten Bern, Basel und Zürich misslang ihm jedoch im Jahre 1948 das Staatsexamen.
Anscheinend fehlte nur ein halber Punkt zum Minimalergebnis; der abgewiesene Kandidat führte sein Missgeschick darauf zurück, dass ihm einzelne Mitglieder der Prüfungskommission, besonders deren Präsident, übel gesinnt gewesen seien. Seither stellte er sich zu keiner Prüfung mehr; er hat jedoch die Absicht nicht aufgegeben, es einmal nach Ausscheiden des Kommissionspräsidenten noch zu tun. Er betrieb sein Studium weiter, ohne in den letzten Jahren an einer Universität immatrikuliert gewesen zu sein, und befasste sich mit einer Prüfungsarbeit, die nach dem nun geltenden Prüfungsreglement nicht mehr verlangt wird.
B.- Zusammen mit seinen Geschwistern ist X. an einem Wohnhaus und an einem Chalet beteiligt. Sein Vermögen hat einen Wert von etwa Fr. 22'000.--; die jährlichen Erträgnisse betragen Fr. 550.--. Da er keiner regelmässigen Erwerbstätigkeit nachging, musste er trotz grosser Sparsamkeit das ererbte Vermögen angreifen.
C.- Die Vormundschaftskommission der Stadt Bern stellte am 16. Juni 1954 beim Regierungsstatthalter den Antrag auf Entmündigung des X. wegen Misswirtschaft (Art. 370 ZGB) und Geisteskrankheit (Art. 369 ZGB). Da sich der Gesuchsgegner widersetzte, wurden die Akten dem Amtsgericht Bern überwiesen. Auf dessen Anordnung erging eine psychiatrische Begutachtung, deren Ergebnis im Gutachten der Heil- und Pflegeanstalt Waldau vom 22. Oktober 1954 in folgender Weise zusammengefasst ist:
"a) Eine Geisteskrankheit lässt sich bei X. nicht nachweisen, hingegen besteht zweifelsohne eine Geistesschwäche im Sinne einer schweren schizoiden Psychopathie mit neurotischen Überlagerungen und reaktiven Störungen.
b) Der Explorand vermag aber trotzdem, mindestens vorläufig, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen und bedarf zu seinem Schutze weder des Beistandes, noch der Fürsorge. Er ist einvernahmefähig und kann sich eine Vorstellung über Wesen und Wirkung einer Vormundschaft machen.
c) Eine mildere Form vormundschaftlicher Massnahmen kommt wegen der Uneinsichtigkeit und Eigenwilligkeit des Exploranden ohnehin nicht in Frage."
Die antragstellende Behörde hielt nach wie vor eine Entmündigung für notwendig. Sie erklärte, die Lebenshaltung des Gesuchsgegners müsse als krankhaft und unsinnig bezeichnet werden. "Er vertrölt Jahr um Jahr, bis sein Vermögen aufgebraucht ist. Der Sinn vormundschaftlicher Massnahmen muss doch wohl der sein, einem solchen sinnlosen Verhalten Einhalt zu gebieten, bevor der letzte Franken aufgebraucht ist -". Indessen stellte der Gerichtspräsident das Verfahren vorläufig auf unbestimmte Zeit ein, "um dem Gesuchsgegner die Chance zu geben, zu zeigen, ob er sich endlich im Erwerbsleben durchzusetzen vermöge und sich einen Erwerb verschaffen könne".
Hierauf konnte X. stellvertretungsweise vom 12. April bis 10. September 1955 die Oberklasse (8. und 9. Schuljahr) einer Primarschule führen. In dem ihm von der Primarschulkommission ausgestellten Zeugnis heisst es, er habe die schwierige Klasse mit sehr viel Eifer und grossem Fleisse betreut und verdiene dafür Dank und Anerkennung.
D.- Mit Entscheid vom 4. Februar 1956 lehnte das Amtsgericht von Bern den Entmündigungsantrag ab. Es erklärte, jedenfalls zur Zeit sei der Gesuchsgegner nicht im Sinne von Art. 369 ZGB fürsorgebedürftig, und wies auf die erwähnte und zwei kürzere Lehrer-Stellvertretungen hin. Infolgedessen sei das Vermögen temporär unberührt geblieben, und der Gesuchsgegner sei auch niemandem zur Last gefallen. Seine sparsame Lebensweise verdiene Anerkennung. Er werde sich wohl auch in Zukunft allein durchschlagen können. "Er will zwar nicht Lehrer werden, sondern hofft immer noch, das theologische Staatsexamen bestehen zu können. Diese an sich eigenartige Idee gibt indessen heute noch keinen Grund zur Entmündigung ab." Auch Misswirtschaft liege nicht vor.
E.- Auf Appellation der Vormundschaftsbehörde sprach der Appellationshof des Kantons Bern am 13. März 1956 die Entmündigung in Anwendung von Art. 369 ZGB aus. Der Appellationshof hatte einen Bericht des Schulinspektors des 6. Kreises eingeholt. Nach dessen Ausführungen hatte der Gesuchsgegner mit seiner Klasse erhebliche Schwierigkeiten. Es fehle ihm nach den Beobachtungen des Inspektors an Lehrbegabung, auch gehe ihm die Fähigkeit ab, eine Schulklasse dauernd in der Hand zu behalten. Es sei unwahrscheinlich, dass der Gesuchsgegner das bernische Primarlehrerpatent erwerben könnte, was Voraussetzung für eine endgültige Anstellung an einer bernischen Primarschule wäre.
In seinem Entscheide geht der Appellationshof vom Sachverständigenbefunde aus, wonach "die biologischen Voraussetzungen" einer Entmündigung. nach Art. 369 ZGB fraglos gegeben seien. In der vom Experten verneinten Frage der Fürsorgebedürftigkeit weicht der Entscheid vom Gutachten ab. Er erklärt, der nun 39-jährige Gesuchsgegner sollte sein Studium längst beendigt haben und imstande sein, sich im Lebenskampfe selbständig zu behaupten. Statt dessen setze er angeblich die Examenvorbereitungen fort, obwohl er nach Meinung mehrerer Theologen selbst nach bestandener Abschlussprüfung nicht in der Lage wäre, ein Pfarramt zu übernehmen, was angesichts seiner Psychopathie einleuchte. Bisher habe er sich denn auch nicht im zukünftigen Berufe betätigt. Als Lehrer, was er nach seinen Angaben gar nicht werden wolle, hätte er schlechte Aussichten. Nachdem der Lehrermangel behoben sein werde, könne er wegen der bisherigen Erfahrungen kaum mehr Stellvertretungen erhalten. Zwar beurteile er nach Feststellung des Psychiaters die Lage objektiv; er unterlasse es aber, die sich aufdrängenden Konsequenzen zu ziehen. Unter diesen Umständen müsse ihm die Fähigkeit abgesprochen werden, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen. Denn eigene Angelegenheit sei auch "die in einem vernünftigen Mindestmass verstandene Sorge um die Gesundheit, Pflege und Heilung, sowie das Erlernen eines den persönlichen Eigenschaften Rechnung tragenden Berufes." Er müsse "von der verbohrten und hoffnungslosen Absicht, nach 18 Jahren praktisch erfolglosen Studiums weiter Theologie zu studieren, weggebracht und einem praktischen Berufe zugeführt werden", wobei er noch viele Wahlmöglichkeiten besitze. Bei seiner Einsichtslosigkeit lasse sich dies nur durch eine Entmündigung erzielen. Sollte er später einen praktischen Beruf ergreifen und einer geordneten Tätigkeit nachgehen, so werde trotz seiner Geistesschwäche die Aufhebung der Vormundschaft erwogen werden können. - Wäre vom medizinischen Standpunkt aus eine Geisteskrankheit oder Geistesschwäche nicht angenommen worden, so müsste der Gesuchsgegner nach Art. 370 ZGB wegen Misswirtschaft entmündigt werden. Diese läge in der Unfähigkeit des Gesuchsgegners begründet, seine Erwerbsverhältnisse ordnungsgemäss zu gestalten (BGE 54 II 353).
F.- Gegen diesen Entscheid hat X. Berufung an das Bundesgericht eingelegt, da die Voraussetzungen für eine Entmündigung nach Art. 369, eventuell 370 ZGB nicht gegeben seien.
Die Vormundschaftskommission der Stadt Bern trägt auf Abweisung der Berufung an.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Geisteskrankheit und Geistesschwäche wie auch ein dem landläufigen Begriff dieser Anomalien nicht entsprechender, aber um seiner Auswirkungen willen analog zu beachtender Geisteszustand (vgl. BGE 62 II 264) sind tatsächliche Gegebenheiten. Deren Feststellung durch die kantonalen Behörden ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 63 Abs. 2 OG). Die hierüber im angefochtenen Urteil enthaltenen Feststellungen stützen sich auf ein gemäss Art. 374 Abs. 2 ZGB eingeholtes Gutachten Sachverständiger. Der einvernahmefähige Gesuchsgegner ist ebenfalls persönlich zu Gehör gekommen. Der Appellationshof hat die in den Akten enthaltenen Einvernahmeprotokolle des erstinstanzlichen Verfahrens eingesehen. Dass er von einer nochmaligen Einvernahme in oberer Instanz absah, verstösst gegen keine Vorschriften des Bundesrechtes.
2. In welcher Weise sich die beim Gesuchsgegner festgestellte schizoide Psychopathie auf sein Denken, Wollen und Handeln äussert, ist dann aber nicht mehr reine Tatfrage. Innere Vorgänge lassen sich nur in beschränktem Masse als Tatsachen feststellen, und auch Handlungen und Unterlassungen sind im wahren Sinne feststellbar nur, soweit sie in der Vergangenheit liegen oder sich gerade jetzt ereignen. Ob eine mit geistigen Mängeln im Sinne von Art. 369 ZGB behaftete Person zu ihrem Schutz oder um der Sicherheit Anderer willen bevormundet werden müsse, ist im wesentlichen eine Frage der rechtlichen Würdigung der Tatsachen, also der Rechtsanwendung. Der Appellationshof urteilte im Rahmen seiner richterlichen Befugnis, wenn er in dieser Hinsicht die vom Gutachter geäusserten Ansichten nicht übernahm, sondern kritisch würdigte und im Ergebnis davon abwich. In der Beurteilung der Fürsorgebedürftigkeit des Gesuchsgegners - für eine Gefährdung der Sicherheit Anderer liegt nichts vor - ist das Bundesgericht seinerseits frei.
3. Geistige Mängel, die den Gesuchsgegner nach ihren offenkundigen Auswirkungen und nach allgemeiner Erfahrung ohne weiteres einer Bevormundung bedürftig machen würden, liegen nach den auf das Gutachten gestützten Feststellungen nicht vor. Er ist laut S. 18 des Gutachtens, wovon auch der Appellationshof ausgeht, ein normal intelligenter, schwer schizoider Psychopath mit einigen neurotischen Überlagerungen und reaktiven Störungen. Für eine paranoide Schizophrenie finden sich nur unschlüssige Anhaltspunkte. Der psychischen Abwegigkeit des Gesuchsgegners ist es nach der vom angefochtenen Urteil übernommenen Ansicht des Gutachters nun allerdings zuzuschreiben, "dass er mit den Aufgaben des Lebens nicht zurechtkommt" und seit dem missglückten Staatsexamen "keinerlei geordnete Tätigkeit mehr übernommen hat". Indessen wird anderseits seine grosse Sparsamkeit hervorgehoben, sodass es ihm voraussichtlich noch während einer Reihe von Jahren möglich sein werde, seinen Lebensunterhalt selber zu bestreiten. "Verwahrlost ist er nicht und wird es voraussichtlich auch in Zukunft nicht. Er führt wohl ein eigenartiges Leben und geht mit seinen Zielsetzungen von wirklichkeitsfremden Gedankengängen aus, aber er stösst mit seinem schrulligen Sonderlingsdasein eigentlich nirgends an, erregt kein Ärgernis und kommt allen seinen Verpflichtungen nach". Das Gutachten zieht auch die - in der Zwischenzeit weitgehend verwirklichte - Absicht des Gesuchsgegners in Betracht, vorübergehend eine Tätigkeit als Stellvertreter im Lehramt oder als Hilfskraft auf einem Bureau zu übernehmen, um damit seine finanzielle Lage wieder etwas zu verbessern.
Wenn der Appellationshof dennoch eine Entmündigung für notwendig hält, so sind dafür einzig Gründe der wirtschaftlichen Fürsorge massgebend. Denn in anderer Hinsicht hat sich der Gesuchsgegner bisher nicht als vormundschaftlicher Fürsorge bedürftig erwiesen. Was nun aber seine wirtschaftliche Lage betrifft, kann bei den gegenwärtigen Verhältnissen nicht von einer nahen Gefahr eines Notstandes gesprochen werden. Nachdem der Gesuchsgegner, freilich erst unter dem Druck des Entmündigungsverfahrens, sich ernstlich und mit beträchtlichem Erfolg um kürzere und längere Stellvertretungen im Lehramte bemüht hat, sodass sein Einkommen im Jahre 1955 anscheinend den bescheidenen Lebensaufwand aufzuwiegen vermochte (jedenfalls ist etwas Abweichendes nicht festgestellt), besteht zur Zeit kein genügender Grund zur Entmündigung, um auf die beruflichen Entschliessungen des Gesuchsgegners einzuwirken, d.h. ihn einem "praktischen Berufe" zuzuführen. Ob er sein Auskommen durch Wirksamkeit im Lehramt werde finden können, ist allerdings fraglich. Es darf aber nicht ohne weiteres angenommen werden, er finde als gebildeter Mann keine andern Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit. Bleibt er bei seinen geringen Ansprüchen an den Lebensaufwand, so genügt es zur Abwendung von Not, wenn er sich die für diesen Aufwand erforderlichen Mittel zu beschaffen vermag. Es darf ihm das Vertrauen geschenkt werden, er werde den auf die Vorhalte des erstinstanzlichen Gerichtes hin bewiesenen guten Willen auch weiterhin bewahren und in die Tat umsetzen. Dabei steht ihm anheim, sich vorderhand als Werkstudenten zu betrachten und die für den Erwerb nicht benötigte Zeit auf die Vollendung seines Studiums zu verwenden. Der Umstand, dass er wegen seines Misserfolges im Jahre 1948 immer noch gegen einzelne Mitglieder der Prüfungskommission vorzugehen beabsichtigt und die Ablegung der Schlussprüfung verschieben will, bis diese Kommission anders zusammengesetzt sein wird, erweckt allerdings gewisse Zweifel an seiner Lebenstüchtigkeit und an seiner Einsicht in die Wirklichkeit. Allein, selbst wenn man die vom Appellationshofe geteilten Bedenken theologischer Kreise gegenüber der Fähigkeit des Gesuchsgegners, ein Pfarramt auszuüben, für begründet hält, bleiben doch wohl andere Möglichkeiten theologischer Wirksamkeit, vorausgesetzt dass der von ihm erhoffte Studienabschluss sich noch erzielen lässt. Er hat vor, sich namentlich in der Jugendseelsorge zu betätigen, wofür er eine besondere Neigung verspürt. Jedenfalls hat er eine Lebensaufgabe vor Augen, die anscheinend seinen Anlagen entspricht, und wenn er es nicht um dieses immerhin unsichern Zieles willen vernachlässigt, sich um ein für seine Bedürfnisse genügendes Einkommen zu bemühen, besteht kein Grund zu vormundschaftlichen Massnahmen. Dass er so anspruchslos lebt, rechtfertigt an und für sich kein behördliches Einschreiten, da er, wie festgestellt wurde, nicht verwahrlost ist und auch seine Gesundheit nicht gefährdet. Vermag er sich bei dem ihm genügenden Lebensaufwande aus eigenen Mitteln zu erhalten, so ist staatlicher Zwang nicht am Platze, um ihn einem "praktischen" Berufe zuzuführen, nur damit er auf grösseren Verdienst komme. Es darf ihm nicht verwehrt werden, einen "idealen" Beruf anzustreben, der seinen Anlagen entspricht, auch wenn diese Tätigkeit wenig einträglich sein mag, sofern nur vermieden wird, dass sich der Gesuchsgegner einer Notlage aussetzt und trotz Arbeitsfähigkeit Andern zur Last fällt.
4. Besteht nach dem Gesagten kein zureichender Grund, den Gesuchsgegner als vormundschaftlicher Fürsorge im Sinne von Art. 369 ZGB bedürftig zu erachten, so ist auch eine Entmündigung nach Art. 370 ZGB nicht gerechtfertigt. Misswirtschaft kann ihm nicht vorgehalten werden, da sein Vermögen sicher und ertragreich angelegt ist und anscheinend in gehöriger Weise verwaltet wird. Aber auch unsolide Erwerbsverhältnisse, die eine Entmündigung nötig machen würden (BGE 54 II 353), liegen, wie ausgeführt, nicht vor angesichts der bescheidenen Lebenshaltung des Gesuchsgegners und der von ihm seit Einleitung des Entmündigungsverfahrens unternommenen Anstrengungen zur Erreichung eines dem Aufwand entsprechenden Arbeitsverdienstes.
5. Dem Appellationshof muss überlassen bleiben, dem Gesuchsgegner trotz Gutheissung seiner Berufung die Kosten der kantonalen Instanzen gemäss Art. 37 des bernischen EG zum ZGB aufzuerlegen. Es wird darüber eine neue Entscheidung zu ergehen haben, wobei es Ermessensfrage sein wird, bei der Bestimmung der Gebühren, sofern nicht bloss die Auslagen in Rechnung gestellt werden, den Ausgang der Sache zu berücksichtigen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
In Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern, III. Zivilkammer, vom 13. März 1956 aufgehoben und die Entmündigungsklage abgewiesen.
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de
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1. Entmündigung wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche (Art. 369 ZGB). Tat- und Rechtsfrage (Erw. 1 und 2). Ist wirtschaftliche Fürsorge geboten für einen in vorgerücktem Alter stehenden Studenten, der nur zeitweiligen Arbeitsverdienst hat? Das ist zu verneinen, wenn der Mann bescheiden lebt und sich durchbringt, ohne Andern zur Last zu fallen (Erw. 3). 2. Entmündigung wegen Misswirtschaft (Art. 370 ZGB). Bedeutung der Erwerbsverhältnisse (Erw. 4).
3. Kostenauflage im Entmündigungsverfahren: Für die kantonalen Instanzen gelten die kantonalen Kostenbestimmungen (Erw. 5).
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82 II 274
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82 II 274
Sachverhalt ab Seite 275
A.- Der am 7. Juli 1917 geborene X. bestand im Jahre 1938 die Maturität und wandte sich dann dem Studium der evangelischen Theologie zu. Nach zehnjährigem Besuch der Universitäten Bern, Basel und Zürich misslang ihm jedoch im Jahre 1948 das Staatsexamen.
Anscheinend fehlte nur ein halber Punkt zum Minimalergebnis; der abgewiesene Kandidat führte sein Missgeschick darauf zurück, dass ihm einzelne Mitglieder der Prüfungskommission, besonders deren Präsident, übel gesinnt gewesen seien. Seither stellte er sich zu keiner Prüfung mehr; er hat jedoch die Absicht nicht aufgegeben, es einmal nach Ausscheiden des Kommissionspräsidenten noch zu tun. Er betrieb sein Studium weiter, ohne in den letzten Jahren an einer Universität immatrikuliert gewesen zu sein, und befasste sich mit einer Prüfungsarbeit, die nach dem nun geltenden Prüfungsreglement nicht mehr verlangt wird.
B.- Zusammen mit seinen Geschwistern ist X. an einem Wohnhaus und an einem Chalet beteiligt. Sein Vermögen hat einen Wert von etwa Fr. 22'000.--; die jährlichen Erträgnisse betragen Fr. 550.--. Da er keiner regelmässigen Erwerbstätigkeit nachging, musste er trotz grosser Sparsamkeit das ererbte Vermögen angreifen.
C.- Die Vormundschaftskommission der Stadt Bern stellte am 16. Juni 1954 beim Regierungsstatthalter den Antrag auf Entmündigung des X. wegen Misswirtschaft (Art. 370 ZGB) und Geisteskrankheit (Art. 369 ZGB). Da sich der Gesuchsgegner widersetzte, wurden die Akten dem Amtsgericht Bern überwiesen. Auf dessen Anordnung erging eine psychiatrische Begutachtung, deren Ergebnis im Gutachten der Heil- und Pflegeanstalt Waldau vom 22. Oktober 1954 in folgender Weise zusammengefasst ist:
"a) Eine Geisteskrankheit lässt sich bei X. nicht nachweisen, hingegen besteht zweifelsohne eine Geistesschwäche im Sinne einer schweren schizoiden Psychopathie mit neurotischen Überlagerungen und reaktiven Störungen.
b) Der Explorand vermag aber trotzdem, mindestens vorläufig, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen und bedarf zu seinem Schutze weder des Beistandes, noch der Fürsorge. Er ist einvernahmefähig und kann sich eine Vorstellung über Wesen und Wirkung einer Vormundschaft machen.
c) Eine mildere Form vormundschaftlicher Massnahmen kommt wegen der Uneinsichtigkeit und Eigenwilligkeit des Exploranden ohnehin nicht in Frage."
Die antragstellende Behörde hielt nach wie vor eine Entmündigung für notwendig. Sie erklärte, die Lebenshaltung des Gesuchsgegners müsse als krankhaft und unsinnig bezeichnet werden. "Er vertrölt Jahr um Jahr, bis sein Vermögen aufgebraucht ist. Der Sinn vormundschaftlicher Massnahmen muss doch wohl der sein, einem solchen sinnlosen Verhalten Einhalt zu gebieten, bevor der letzte Franken aufgebraucht ist -". Indessen stellte der Gerichtspräsident das Verfahren vorläufig auf unbestimmte Zeit ein, "um dem Gesuchsgegner die Chance zu geben, zu zeigen, ob er sich endlich im Erwerbsleben durchzusetzen vermöge und sich einen Erwerb verschaffen könne".
Hierauf konnte X. stellvertretungsweise vom 12. April bis 10. September 1955 die Oberklasse (8. und 9. Schuljahr) einer Primarschule führen. In dem ihm von der Primarschulkommission ausgestellten Zeugnis heisst es, er habe die schwierige Klasse mit sehr viel Eifer und grossem Fleisse betreut und verdiene dafür Dank und Anerkennung.
D.- Mit Entscheid vom 4. Februar 1956 lehnte das Amtsgericht von Bern den Entmündigungsantrag ab. Es erklärte, jedenfalls zur Zeit sei der Gesuchsgegner nicht im Sinne von Art. 369 ZGB fürsorgebedürftig, und wies auf die erwähnte und zwei kürzere Lehrer-Stellvertretungen hin. Infolgedessen sei das Vermögen temporär unberührt geblieben, und der Gesuchsgegner sei auch niemandem zur Last gefallen. Seine sparsame Lebensweise verdiene Anerkennung. Er werde sich wohl auch in Zukunft allein durchschlagen können. "Er will zwar nicht Lehrer werden, sondern hofft immer noch, das theologische Staatsexamen bestehen zu können. Diese an sich eigenartige Idee gibt indessen heute noch keinen Grund zur Entmündigung ab." Auch Misswirtschaft liege nicht vor.
E.- Auf Appellation der Vormundschaftsbehörde sprach der Appellationshof des Kantons Bern am 13. März 1956 die Entmündigung in Anwendung von Art. 369 ZGB aus. Der Appellationshof hatte einen Bericht des Schulinspektors des 6. Kreises eingeholt. Nach dessen Ausführungen hatte der Gesuchsgegner mit seiner Klasse erhebliche Schwierigkeiten. Es fehle ihm nach den Beobachtungen des Inspektors an Lehrbegabung, auch gehe ihm die Fähigkeit ab, eine Schulklasse dauernd in der Hand zu behalten. Es sei unwahrscheinlich, dass der Gesuchsgegner das bernische Primarlehrerpatent erwerben könnte, was Voraussetzung für eine endgültige Anstellung an einer bernischen Primarschule wäre.
In seinem Entscheide geht der Appellationshof vom Sachverständigenbefunde aus, wonach "die biologischen Voraussetzungen" einer Entmündigung. nach Art. 369 ZGB fraglos gegeben seien. In der vom Experten verneinten Frage der Fürsorgebedürftigkeit weicht der Entscheid vom Gutachten ab. Er erklärt, der nun 39-jährige Gesuchsgegner sollte sein Studium längst beendigt haben und imstande sein, sich im Lebenskampfe selbständig zu behaupten. Statt dessen setze er angeblich die Examenvorbereitungen fort, obwohl er nach Meinung mehrerer Theologen selbst nach bestandener Abschlussprüfung nicht in der Lage wäre, ein Pfarramt zu übernehmen, was angesichts seiner Psychopathie einleuchte. Bisher habe er sich denn auch nicht im zukünftigen Berufe betätigt. Als Lehrer, was er nach seinen Angaben gar nicht werden wolle, hätte er schlechte Aussichten. Nachdem der Lehrermangel behoben sein werde, könne er wegen der bisherigen Erfahrungen kaum mehr Stellvertretungen erhalten. Zwar beurteile er nach Feststellung des Psychiaters die Lage objektiv; er unterlasse es aber, die sich aufdrängenden Konsequenzen zu ziehen. Unter diesen Umständen müsse ihm die Fähigkeit abgesprochen werden, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen. Denn eigene Angelegenheit sei auch "die in einem vernünftigen Mindestmass verstandene Sorge um die Gesundheit, Pflege und Heilung, sowie das Erlernen eines den persönlichen Eigenschaften Rechnung tragenden Berufes." Er müsse "von der verbohrten und hoffnungslosen Absicht, nach 18 Jahren praktisch erfolglosen Studiums weiter Theologie zu studieren, weggebracht und einem praktischen Berufe zugeführt werden", wobei er noch viele Wahlmöglichkeiten besitze. Bei seiner Einsichtslosigkeit lasse sich dies nur durch eine Entmündigung erzielen. Sollte er später einen praktischen Beruf ergreifen und einer geordneten Tätigkeit nachgehen, so werde trotz seiner Geistesschwäche die Aufhebung der Vormundschaft erwogen werden können. - Wäre vom medizinischen Standpunkt aus eine Geisteskrankheit oder Geistesschwäche nicht angenommen worden, so müsste der Gesuchsgegner nach Art. 370 ZGB wegen Misswirtschaft entmündigt werden. Diese läge in der Unfähigkeit des Gesuchsgegners begründet, seine Erwerbsverhältnisse ordnungsgemäss zu gestalten (BGE 54 II 353).
F.- Gegen diesen Entscheid hat X. Berufung an das Bundesgericht eingelegt, da die Voraussetzungen für eine Entmündigung nach Art. 369, eventuell 370 ZGB nicht gegeben seien.
Die Vormundschaftskommission der Stadt Bern trägt auf Abweisung der Berufung an.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Geisteskrankheit und Geistesschwäche wie auch ein dem landläufigen Begriff dieser Anomalien nicht entsprechender, aber um seiner Auswirkungen willen analog zu beachtender Geisteszustand (vgl. BGE 62 II 264) sind tatsächliche Gegebenheiten. Deren Feststellung durch die kantonalen Behörden ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 63 Abs. 2 OG). Die hierüber im angefochtenen Urteil enthaltenen Feststellungen stützen sich auf ein gemäss Art. 374 Abs. 2 ZGB eingeholtes Gutachten Sachverständiger. Der einvernahmefähige Gesuchsgegner ist ebenfalls persönlich zu Gehör gekommen. Der Appellationshof hat die in den Akten enthaltenen Einvernahmeprotokolle des erstinstanzlichen Verfahrens eingesehen. Dass er von einer nochmaligen Einvernahme in oberer Instanz absah, verstösst gegen keine Vorschriften des Bundesrechtes.
2. In welcher Weise sich die beim Gesuchsgegner festgestellte schizoide Psychopathie auf sein Denken, Wollen und Handeln äussert, ist dann aber nicht mehr reine Tatfrage. Innere Vorgänge lassen sich nur in beschränktem Masse als Tatsachen feststellen, und auch Handlungen und Unterlassungen sind im wahren Sinne feststellbar nur, soweit sie in der Vergangenheit liegen oder sich gerade jetzt ereignen. Ob eine mit geistigen Mängeln im Sinne von Art. 369 ZGB behaftete Person zu ihrem Schutz oder um der Sicherheit Anderer willen bevormundet werden müsse, ist im wesentlichen eine Frage der rechtlichen Würdigung der Tatsachen, also der Rechtsanwendung. Der Appellationshof urteilte im Rahmen seiner richterlichen Befugnis, wenn er in dieser Hinsicht die vom Gutachter geäusserten Ansichten nicht übernahm, sondern kritisch würdigte und im Ergebnis davon abwich. In der Beurteilung der Fürsorgebedürftigkeit des Gesuchsgegners - für eine Gefährdung der Sicherheit Anderer liegt nichts vor - ist das Bundesgericht seinerseits frei.
3. Geistige Mängel, die den Gesuchsgegner nach ihren offenkundigen Auswirkungen und nach allgemeiner Erfahrung ohne weiteres einer Bevormundung bedürftig machen würden, liegen nach den auf das Gutachten gestützten Feststellungen nicht vor. Er ist laut S. 18 des Gutachtens, wovon auch der Appellationshof ausgeht, ein normal intelligenter, schwer schizoider Psychopath mit einigen neurotischen Überlagerungen und reaktiven Störungen. Für eine paranoide Schizophrenie finden sich nur unschlüssige Anhaltspunkte. Der psychischen Abwegigkeit des Gesuchsgegners ist es nach der vom angefochtenen Urteil übernommenen Ansicht des Gutachters nun allerdings zuzuschreiben, "dass er mit den Aufgaben des Lebens nicht zurechtkommt" und seit dem missglückten Staatsexamen "keinerlei geordnete Tätigkeit mehr übernommen hat". Indessen wird anderseits seine grosse Sparsamkeit hervorgehoben, sodass es ihm voraussichtlich noch während einer Reihe von Jahren möglich sein werde, seinen Lebensunterhalt selber zu bestreiten. "Verwahrlost ist er nicht und wird es voraussichtlich auch in Zukunft nicht. Er führt wohl ein eigenartiges Leben und geht mit seinen Zielsetzungen von wirklichkeitsfremden Gedankengängen aus, aber er stösst mit seinem schrulligen Sonderlingsdasein eigentlich nirgends an, erregt kein Ärgernis und kommt allen seinen Verpflichtungen nach". Das Gutachten zieht auch die - in der Zwischenzeit weitgehend verwirklichte - Absicht des Gesuchsgegners in Betracht, vorübergehend eine Tätigkeit als Stellvertreter im Lehramt oder als Hilfskraft auf einem Bureau zu übernehmen, um damit seine finanzielle Lage wieder etwas zu verbessern.
Wenn der Appellationshof dennoch eine Entmündigung für notwendig hält, so sind dafür einzig Gründe der wirtschaftlichen Fürsorge massgebend. Denn in anderer Hinsicht hat sich der Gesuchsgegner bisher nicht als vormundschaftlicher Fürsorge bedürftig erwiesen. Was nun aber seine wirtschaftliche Lage betrifft, kann bei den gegenwärtigen Verhältnissen nicht von einer nahen Gefahr eines Notstandes gesprochen werden. Nachdem der Gesuchsgegner, freilich erst unter dem Druck des Entmündigungsverfahrens, sich ernstlich und mit beträchtlichem Erfolg um kürzere und längere Stellvertretungen im Lehramte bemüht hat, sodass sein Einkommen im Jahre 1955 anscheinend den bescheidenen Lebensaufwand aufzuwiegen vermochte (jedenfalls ist etwas Abweichendes nicht festgestellt), besteht zur Zeit kein genügender Grund zur Entmündigung, um auf die beruflichen Entschliessungen des Gesuchsgegners einzuwirken, d.h. ihn einem "praktischen Berufe" zuzuführen. Ob er sein Auskommen durch Wirksamkeit im Lehramt werde finden können, ist allerdings fraglich. Es darf aber nicht ohne weiteres angenommen werden, er finde als gebildeter Mann keine andern Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit. Bleibt er bei seinen geringen Ansprüchen an den Lebensaufwand, so genügt es zur Abwendung von Not, wenn er sich die für diesen Aufwand erforderlichen Mittel zu beschaffen vermag. Es darf ihm das Vertrauen geschenkt werden, er werde den auf die Vorhalte des erstinstanzlichen Gerichtes hin bewiesenen guten Willen auch weiterhin bewahren und in die Tat umsetzen. Dabei steht ihm anheim, sich vorderhand als Werkstudenten zu betrachten und die für den Erwerb nicht benötigte Zeit auf die Vollendung seines Studiums zu verwenden. Der Umstand, dass er wegen seines Misserfolges im Jahre 1948 immer noch gegen einzelne Mitglieder der Prüfungskommission vorzugehen beabsichtigt und die Ablegung der Schlussprüfung verschieben will, bis diese Kommission anders zusammengesetzt sein wird, erweckt allerdings gewisse Zweifel an seiner Lebenstüchtigkeit und an seiner Einsicht in die Wirklichkeit. Allein, selbst wenn man die vom Appellationshofe geteilten Bedenken theologischer Kreise gegenüber der Fähigkeit des Gesuchsgegners, ein Pfarramt auszuüben, für begründet hält, bleiben doch wohl andere Möglichkeiten theologischer Wirksamkeit, vorausgesetzt dass der von ihm erhoffte Studienabschluss sich noch erzielen lässt. Er hat vor, sich namentlich in der Jugendseelsorge zu betätigen, wofür er eine besondere Neigung verspürt. Jedenfalls hat er eine Lebensaufgabe vor Augen, die anscheinend seinen Anlagen entspricht, und wenn er es nicht um dieses immerhin unsichern Zieles willen vernachlässigt, sich um ein für seine Bedürfnisse genügendes Einkommen zu bemühen, besteht kein Grund zu vormundschaftlichen Massnahmen. Dass er so anspruchslos lebt, rechtfertigt an und für sich kein behördliches Einschreiten, da er, wie festgestellt wurde, nicht verwahrlost ist und auch seine Gesundheit nicht gefährdet. Vermag er sich bei dem ihm genügenden Lebensaufwande aus eigenen Mitteln zu erhalten, so ist staatlicher Zwang nicht am Platze, um ihn einem "praktischen" Berufe zuzuführen, nur damit er auf grösseren Verdienst komme. Es darf ihm nicht verwehrt werden, einen "idealen" Beruf anzustreben, der seinen Anlagen entspricht, auch wenn diese Tätigkeit wenig einträglich sein mag, sofern nur vermieden wird, dass sich der Gesuchsgegner einer Notlage aussetzt und trotz Arbeitsfähigkeit Andern zur Last fällt.
4. Besteht nach dem Gesagten kein zureichender Grund, den Gesuchsgegner als vormundschaftlicher Fürsorge im Sinne von Art. 369 ZGB bedürftig zu erachten, so ist auch eine Entmündigung nach Art. 370 ZGB nicht gerechtfertigt. Misswirtschaft kann ihm nicht vorgehalten werden, da sein Vermögen sicher und ertragreich angelegt ist und anscheinend in gehöriger Weise verwaltet wird. Aber auch unsolide Erwerbsverhältnisse, die eine Entmündigung nötig machen würden (BGE 54 II 353), liegen, wie ausgeführt, nicht vor angesichts der bescheidenen Lebenshaltung des Gesuchsgegners und der von ihm seit Einleitung des Entmündigungsverfahrens unternommenen Anstrengungen zur Erreichung eines dem Aufwand entsprechenden Arbeitsverdienstes.
5. Dem Appellationshof muss überlassen bleiben, dem Gesuchsgegner trotz Gutheissung seiner Berufung die Kosten der kantonalen Instanzen gemäss Art. 37 des bernischen EG zum ZGB aufzuerlegen. Es wird darüber eine neue Entscheidung zu ergehen haben, wobei es Ermessensfrage sein wird, bei der Bestimmung der Gebühren, sofern nicht bloss die Auslagen in Rechnung gestellt werden, den Ausgang der Sache zu berücksichtigen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
In Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern, III. Zivilkammer, vom 13. März 1956 aufgehoben und die Entmündigungsklage abgewiesen.
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1. Interdiction pour cause de maladie mentale ou de faiblesse d'esprit (art. 369 CC). Fait et droit (consid. 1 et 2). Un étudiant d'âge avancé qui n'a que de temps à autre un gain provenant de son travail a-t-il besoin de soins et secours au point de vue économique? Ce n'est pas le cas lorsqu'il vit modestement et subvient à ses besoins sans tomber à la charge d'autres personnes (consid. 3). 2. Interdiction pour cause de mauvaise gestion (art. 370 CC) Importance des conditions de revenu (consid. 4).
3. Question des frais dans la procédure d'interdiction: pour les instances cantonales ce sont les dispositions cantonales sur les frais qui s'appliquent (consid. 5).
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82 II 274
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82 II 274
Sachverhalt ab Seite 275
A.- Der am 7. Juli 1917 geborene X. bestand im Jahre 1938 die Maturität und wandte sich dann dem Studium der evangelischen Theologie zu. Nach zehnjährigem Besuch der Universitäten Bern, Basel und Zürich misslang ihm jedoch im Jahre 1948 das Staatsexamen.
Anscheinend fehlte nur ein halber Punkt zum Minimalergebnis; der abgewiesene Kandidat führte sein Missgeschick darauf zurück, dass ihm einzelne Mitglieder der Prüfungskommission, besonders deren Präsident, übel gesinnt gewesen seien. Seither stellte er sich zu keiner Prüfung mehr; er hat jedoch die Absicht nicht aufgegeben, es einmal nach Ausscheiden des Kommissionspräsidenten noch zu tun. Er betrieb sein Studium weiter, ohne in den letzten Jahren an einer Universität immatrikuliert gewesen zu sein, und befasste sich mit einer Prüfungsarbeit, die nach dem nun geltenden Prüfungsreglement nicht mehr verlangt wird.
B.- Zusammen mit seinen Geschwistern ist X. an einem Wohnhaus und an einem Chalet beteiligt. Sein Vermögen hat einen Wert von etwa Fr. 22'000.--; die jährlichen Erträgnisse betragen Fr. 550.--. Da er keiner regelmässigen Erwerbstätigkeit nachging, musste er trotz grosser Sparsamkeit das ererbte Vermögen angreifen.
C.- Die Vormundschaftskommission der Stadt Bern stellte am 16. Juni 1954 beim Regierungsstatthalter den Antrag auf Entmündigung des X. wegen Misswirtschaft (Art. 370 ZGB) und Geisteskrankheit (Art. 369 ZGB). Da sich der Gesuchsgegner widersetzte, wurden die Akten dem Amtsgericht Bern überwiesen. Auf dessen Anordnung erging eine psychiatrische Begutachtung, deren Ergebnis im Gutachten der Heil- und Pflegeanstalt Waldau vom 22. Oktober 1954 in folgender Weise zusammengefasst ist:
"a) Eine Geisteskrankheit lässt sich bei X. nicht nachweisen, hingegen besteht zweifelsohne eine Geistesschwäche im Sinne einer schweren schizoiden Psychopathie mit neurotischen Überlagerungen und reaktiven Störungen.
b) Der Explorand vermag aber trotzdem, mindestens vorläufig, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen und bedarf zu seinem Schutze weder des Beistandes, noch der Fürsorge. Er ist einvernahmefähig und kann sich eine Vorstellung über Wesen und Wirkung einer Vormundschaft machen.
c) Eine mildere Form vormundschaftlicher Massnahmen kommt wegen der Uneinsichtigkeit und Eigenwilligkeit des Exploranden ohnehin nicht in Frage."
Die antragstellende Behörde hielt nach wie vor eine Entmündigung für notwendig. Sie erklärte, die Lebenshaltung des Gesuchsgegners müsse als krankhaft und unsinnig bezeichnet werden. "Er vertrölt Jahr um Jahr, bis sein Vermögen aufgebraucht ist. Der Sinn vormundschaftlicher Massnahmen muss doch wohl der sein, einem solchen sinnlosen Verhalten Einhalt zu gebieten, bevor der letzte Franken aufgebraucht ist -". Indessen stellte der Gerichtspräsident das Verfahren vorläufig auf unbestimmte Zeit ein, "um dem Gesuchsgegner die Chance zu geben, zu zeigen, ob er sich endlich im Erwerbsleben durchzusetzen vermöge und sich einen Erwerb verschaffen könne".
Hierauf konnte X. stellvertretungsweise vom 12. April bis 10. September 1955 die Oberklasse (8. und 9. Schuljahr) einer Primarschule führen. In dem ihm von der Primarschulkommission ausgestellten Zeugnis heisst es, er habe die schwierige Klasse mit sehr viel Eifer und grossem Fleisse betreut und verdiene dafür Dank und Anerkennung.
D.- Mit Entscheid vom 4. Februar 1956 lehnte das Amtsgericht von Bern den Entmündigungsantrag ab. Es erklärte, jedenfalls zur Zeit sei der Gesuchsgegner nicht im Sinne von Art. 369 ZGB fürsorgebedürftig, und wies auf die erwähnte und zwei kürzere Lehrer-Stellvertretungen hin. Infolgedessen sei das Vermögen temporär unberührt geblieben, und der Gesuchsgegner sei auch niemandem zur Last gefallen. Seine sparsame Lebensweise verdiene Anerkennung. Er werde sich wohl auch in Zukunft allein durchschlagen können. "Er will zwar nicht Lehrer werden, sondern hofft immer noch, das theologische Staatsexamen bestehen zu können. Diese an sich eigenartige Idee gibt indessen heute noch keinen Grund zur Entmündigung ab." Auch Misswirtschaft liege nicht vor.
E.- Auf Appellation der Vormundschaftsbehörde sprach der Appellationshof des Kantons Bern am 13. März 1956 die Entmündigung in Anwendung von Art. 369 ZGB aus. Der Appellationshof hatte einen Bericht des Schulinspektors des 6. Kreises eingeholt. Nach dessen Ausführungen hatte der Gesuchsgegner mit seiner Klasse erhebliche Schwierigkeiten. Es fehle ihm nach den Beobachtungen des Inspektors an Lehrbegabung, auch gehe ihm die Fähigkeit ab, eine Schulklasse dauernd in der Hand zu behalten. Es sei unwahrscheinlich, dass der Gesuchsgegner das bernische Primarlehrerpatent erwerben könnte, was Voraussetzung für eine endgültige Anstellung an einer bernischen Primarschule wäre.
In seinem Entscheide geht der Appellationshof vom Sachverständigenbefunde aus, wonach "die biologischen Voraussetzungen" einer Entmündigung. nach Art. 369 ZGB fraglos gegeben seien. In der vom Experten verneinten Frage der Fürsorgebedürftigkeit weicht der Entscheid vom Gutachten ab. Er erklärt, der nun 39-jährige Gesuchsgegner sollte sein Studium längst beendigt haben und imstande sein, sich im Lebenskampfe selbständig zu behaupten. Statt dessen setze er angeblich die Examenvorbereitungen fort, obwohl er nach Meinung mehrerer Theologen selbst nach bestandener Abschlussprüfung nicht in der Lage wäre, ein Pfarramt zu übernehmen, was angesichts seiner Psychopathie einleuchte. Bisher habe er sich denn auch nicht im zukünftigen Berufe betätigt. Als Lehrer, was er nach seinen Angaben gar nicht werden wolle, hätte er schlechte Aussichten. Nachdem der Lehrermangel behoben sein werde, könne er wegen der bisherigen Erfahrungen kaum mehr Stellvertretungen erhalten. Zwar beurteile er nach Feststellung des Psychiaters die Lage objektiv; er unterlasse es aber, die sich aufdrängenden Konsequenzen zu ziehen. Unter diesen Umständen müsse ihm die Fähigkeit abgesprochen werden, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen. Denn eigene Angelegenheit sei auch "die in einem vernünftigen Mindestmass verstandene Sorge um die Gesundheit, Pflege und Heilung, sowie das Erlernen eines den persönlichen Eigenschaften Rechnung tragenden Berufes." Er müsse "von der verbohrten und hoffnungslosen Absicht, nach 18 Jahren praktisch erfolglosen Studiums weiter Theologie zu studieren, weggebracht und einem praktischen Berufe zugeführt werden", wobei er noch viele Wahlmöglichkeiten besitze. Bei seiner Einsichtslosigkeit lasse sich dies nur durch eine Entmündigung erzielen. Sollte er später einen praktischen Beruf ergreifen und einer geordneten Tätigkeit nachgehen, so werde trotz seiner Geistesschwäche die Aufhebung der Vormundschaft erwogen werden können. - Wäre vom medizinischen Standpunkt aus eine Geisteskrankheit oder Geistesschwäche nicht angenommen worden, so müsste der Gesuchsgegner nach Art. 370 ZGB wegen Misswirtschaft entmündigt werden. Diese läge in der Unfähigkeit des Gesuchsgegners begründet, seine Erwerbsverhältnisse ordnungsgemäss zu gestalten (BGE 54 II 353).
F.- Gegen diesen Entscheid hat X. Berufung an das Bundesgericht eingelegt, da die Voraussetzungen für eine Entmündigung nach Art. 369, eventuell 370 ZGB nicht gegeben seien.
Die Vormundschaftskommission der Stadt Bern trägt auf Abweisung der Berufung an.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Geisteskrankheit und Geistesschwäche wie auch ein dem landläufigen Begriff dieser Anomalien nicht entsprechender, aber um seiner Auswirkungen willen analog zu beachtender Geisteszustand (vgl. BGE 62 II 264) sind tatsächliche Gegebenheiten. Deren Feststellung durch die kantonalen Behörden ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 63 Abs. 2 OG). Die hierüber im angefochtenen Urteil enthaltenen Feststellungen stützen sich auf ein gemäss Art. 374 Abs. 2 ZGB eingeholtes Gutachten Sachverständiger. Der einvernahmefähige Gesuchsgegner ist ebenfalls persönlich zu Gehör gekommen. Der Appellationshof hat die in den Akten enthaltenen Einvernahmeprotokolle des erstinstanzlichen Verfahrens eingesehen. Dass er von einer nochmaligen Einvernahme in oberer Instanz absah, verstösst gegen keine Vorschriften des Bundesrechtes.
2. In welcher Weise sich die beim Gesuchsgegner festgestellte schizoide Psychopathie auf sein Denken, Wollen und Handeln äussert, ist dann aber nicht mehr reine Tatfrage. Innere Vorgänge lassen sich nur in beschränktem Masse als Tatsachen feststellen, und auch Handlungen und Unterlassungen sind im wahren Sinne feststellbar nur, soweit sie in der Vergangenheit liegen oder sich gerade jetzt ereignen. Ob eine mit geistigen Mängeln im Sinne von Art. 369 ZGB behaftete Person zu ihrem Schutz oder um der Sicherheit Anderer willen bevormundet werden müsse, ist im wesentlichen eine Frage der rechtlichen Würdigung der Tatsachen, also der Rechtsanwendung. Der Appellationshof urteilte im Rahmen seiner richterlichen Befugnis, wenn er in dieser Hinsicht die vom Gutachter geäusserten Ansichten nicht übernahm, sondern kritisch würdigte und im Ergebnis davon abwich. In der Beurteilung der Fürsorgebedürftigkeit des Gesuchsgegners - für eine Gefährdung der Sicherheit Anderer liegt nichts vor - ist das Bundesgericht seinerseits frei.
3. Geistige Mängel, die den Gesuchsgegner nach ihren offenkundigen Auswirkungen und nach allgemeiner Erfahrung ohne weiteres einer Bevormundung bedürftig machen würden, liegen nach den auf das Gutachten gestützten Feststellungen nicht vor. Er ist laut S. 18 des Gutachtens, wovon auch der Appellationshof ausgeht, ein normal intelligenter, schwer schizoider Psychopath mit einigen neurotischen Überlagerungen und reaktiven Störungen. Für eine paranoide Schizophrenie finden sich nur unschlüssige Anhaltspunkte. Der psychischen Abwegigkeit des Gesuchsgegners ist es nach der vom angefochtenen Urteil übernommenen Ansicht des Gutachters nun allerdings zuzuschreiben, "dass er mit den Aufgaben des Lebens nicht zurechtkommt" und seit dem missglückten Staatsexamen "keinerlei geordnete Tätigkeit mehr übernommen hat". Indessen wird anderseits seine grosse Sparsamkeit hervorgehoben, sodass es ihm voraussichtlich noch während einer Reihe von Jahren möglich sein werde, seinen Lebensunterhalt selber zu bestreiten. "Verwahrlost ist er nicht und wird es voraussichtlich auch in Zukunft nicht. Er führt wohl ein eigenartiges Leben und geht mit seinen Zielsetzungen von wirklichkeitsfremden Gedankengängen aus, aber er stösst mit seinem schrulligen Sonderlingsdasein eigentlich nirgends an, erregt kein Ärgernis und kommt allen seinen Verpflichtungen nach". Das Gutachten zieht auch die - in der Zwischenzeit weitgehend verwirklichte - Absicht des Gesuchsgegners in Betracht, vorübergehend eine Tätigkeit als Stellvertreter im Lehramt oder als Hilfskraft auf einem Bureau zu übernehmen, um damit seine finanzielle Lage wieder etwas zu verbessern.
Wenn der Appellationshof dennoch eine Entmündigung für notwendig hält, so sind dafür einzig Gründe der wirtschaftlichen Fürsorge massgebend. Denn in anderer Hinsicht hat sich der Gesuchsgegner bisher nicht als vormundschaftlicher Fürsorge bedürftig erwiesen. Was nun aber seine wirtschaftliche Lage betrifft, kann bei den gegenwärtigen Verhältnissen nicht von einer nahen Gefahr eines Notstandes gesprochen werden. Nachdem der Gesuchsgegner, freilich erst unter dem Druck des Entmündigungsverfahrens, sich ernstlich und mit beträchtlichem Erfolg um kürzere und längere Stellvertretungen im Lehramte bemüht hat, sodass sein Einkommen im Jahre 1955 anscheinend den bescheidenen Lebensaufwand aufzuwiegen vermochte (jedenfalls ist etwas Abweichendes nicht festgestellt), besteht zur Zeit kein genügender Grund zur Entmündigung, um auf die beruflichen Entschliessungen des Gesuchsgegners einzuwirken, d.h. ihn einem "praktischen Berufe" zuzuführen. Ob er sein Auskommen durch Wirksamkeit im Lehramt werde finden können, ist allerdings fraglich. Es darf aber nicht ohne weiteres angenommen werden, er finde als gebildeter Mann keine andern Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit. Bleibt er bei seinen geringen Ansprüchen an den Lebensaufwand, so genügt es zur Abwendung von Not, wenn er sich die für diesen Aufwand erforderlichen Mittel zu beschaffen vermag. Es darf ihm das Vertrauen geschenkt werden, er werde den auf die Vorhalte des erstinstanzlichen Gerichtes hin bewiesenen guten Willen auch weiterhin bewahren und in die Tat umsetzen. Dabei steht ihm anheim, sich vorderhand als Werkstudenten zu betrachten und die für den Erwerb nicht benötigte Zeit auf die Vollendung seines Studiums zu verwenden. Der Umstand, dass er wegen seines Misserfolges im Jahre 1948 immer noch gegen einzelne Mitglieder der Prüfungskommission vorzugehen beabsichtigt und die Ablegung der Schlussprüfung verschieben will, bis diese Kommission anders zusammengesetzt sein wird, erweckt allerdings gewisse Zweifel an seiner Lebenstüchtigkeit und an seiner Einsicht in die Wirklichkeit. Allein, selbst wenn man die vom Appellationshofe geteilten Bedenken theologischer Kreise gegenüber der Fähigkeit des Gesuchsgegners, ein Pfarramt auszuüben, für begründet hält, bleiben doch wohl andere Möglichkeiten theologischer Wirksamkeit, vorausgesetzt dass der von ihm erhoffte Studienabschluss sich noch erzielen lässt. Er hat vor, sich namentlich in der Jugendseelsorge zu betätigen, wofür er eine besondere Neigung verspürt. Jedenfalls hat er eine Lebensaufgabe vor Augen, die anscheinend seinen Anlagen entspricht, und wenn er es nicht um dieses immerhin unsichern Zieles willen vernachlässigt, sich um ein für seine Bedürfnisse genügendes Einkommen zu bemühen, besteht kein Grund zu vormundschaftlichen Massnahmen. Dass er so anspruchslos lebt, rechtfertigt an und für sich kein behördliches Einschreiten, da er, wie festgestellt wurde, nicht verwahrlost ist und auch seine Gesundheit nicht gefährdet. Vermag er sich bei dem ihm genügenden Lebensaufwande aus eigenen Mitteln zu erhalten, so ist staatlicher Zwang nicht am Platze, um ihn einem "praktischen" Berufe zuzuführen, nur damit er auf grösseren Verdienst komme. Es darf ihm nicht verwehrt werden, einen "idealen" Beruf anzustreben, der seinen Anlagen entspricht, auch wenn diese Tätigkeit wenig einträglich sein mag, sofern nur vermieden wird, dass sich der Gesuchsgegner einer Notlage aussetzt und trotz Arbeitsfähigkeit Andern zur Last fällt.
4. Besteht nach dem Gesagten kein zureichender Grund, den Gesuchsgegner als vormundschaftlicher Fürsorge im Sinne von Art. 369 ZGB bedürftig zu erachten, so ist auch eine Entmündigung nach Art. 370 ZGB nicht gerechtfertigt. Misswirtschaft kann ihm nicht vorgehalten werden, da sein Vermögen sicher und ertragreich angelegt ist und anscheinend in gehöriger Weise verwaltet wird. Aber auch unsolide Erwerbsverhältnisse, die eine Entmündigung nötig machen würden (BGE 54 II 353), liegen, wie ausgeführt, nicht vor angesichts der bescheidenen Lebenshaltung des Gesuchsgegners und der von ihm seit Einleitung des Entmündigungsverfahrens unternommenen Anstrengungen zur Erreichung eines dem Aufwand entsprechenden Arbeitsverdienstes.
5. Dem Appellationshof muss überlassen bleiben, dem Gesuchsgegner trotz Gutheissung seiner Berufung die Kosten der kantonalen Instanzen gemäss Art. 37 des bernischen EG zum ZGB aufzuerlegen. Es wird darüber eine neue Entscheidung zu ergehen haben, wobei es Ermessensfrage sein wird, bei der Bestimmung der Gebühren, sofern nicht bloss die Auslagen in Rechnung gestellt werden, den Ausgang der Sache zu berücksichtigen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
In Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern, III. Zivilkammer, vom 13. März 1956 aufgehoben und die Entmündigungsklage abgewiesen.
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de
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1. Tutela per causa di infermità o debolezza di mente (art. 369 CC). Questione di fatto e di diritto (consid. 1 e 2). Necessita di assistenza economica per uno studente in età avanzata che ha soltanto un guadagno intermittente? Non è il caso quando vive modestamente e provvede ai propri bisogni senza cadere a carico di altri (consid. 3). 2. Tutela per cattiva amministrazione (art. 370 CC). Importanza delle condizioni di guadagno (consid. 4).
3. Questione delle spese nella procedura d'interdizione: per le giurisdizioni cantonali fanno stato le disposizioni cantonali sulle spese (consid. 5).
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civil law
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II
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82 II 283
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82 II 283
Sachverhalt ab Seite 284
A.- Der in den Siebzigerjahren stehende Clà Puorger-Thun entschloss sich gegen Ende 1950, seinen Grundbesitz in Ramosch schon zu Lebzeiten auf seine fünf Kinder zu übertragen. Es handelte sich um das Wohnhaus (Nr. 62), den Anbau mit Ladenlokal und Restaurant (Nr. 62 A) und den Stall (Nr. 62 B). Am 29. Dezember 1950 wurde ein "act da partiziun" aufgesetzt, der in deutscher Übertragung lautet:
"Die Ehegatten Clà und Anna Puorger-Thun sind nach reiflicher Überlegung zum Entschluss gelangt, bereits heute ihr Haus Nr. 62 A ... zwischen ihren fünf Kindern teilen zu lassen. Die Kinder ziehen unter sich das Los, und diese Losziehung hat ergeben, dass das Haus der Tochter Anna Mengia Heinrich zufällt, welche von heute an einzige Eigentümerin des obgenannten Hauses wird. Zum Haus gehört auch der umliegende Boden, welcher auch an die Tochter Anna M. übergeht, alles zusammen für den Preis von Fr. 43'100.--. Was den Garten anbelangt, wird dieser heute nicht geteilt, vielmehr wird festgestellt, dass sowohl das Haus 62 A wie das Haus 62 B ihn gemeinsam nutzen können ... Ferner wird bekräftigt, dass die Tochter Anna Mengia vom Recht ausgeschlossen wird, zu gegebener Zeit an der Losziehung über das Haus 62 B teilzunehmen ... Die Eltern haben das Recht, solange sie wollen, im Haus 62 A zu wohnen. Kraft dessen wird vorliegende Urkunde eigenhändig von allen Partnern unterfertigt."
Die Urkunde trägt die Unterschrift der beiden Eltern und der fünf Kinder, ferner die Genehmigung der Vormundschaftsbehörde für den minderjährigen Sohn Lüzza. Auch Men Heinrich, der Ehemann der vom Los begünstigten Tochter Anna Mengia, unterzeichnete mit. Nach der Meinung der Vertragschliessenden sollte die begünstigte Tochter ihre Geschwister durch entsprechende Barbeträge abfinden. Unter der im Vertrag verwendeten Bezeichnung "Haus Nr. 62 A" wurde das Wohnhaus (Nr. 62) mit dem Anbau (Nr. 62 A) verstanden.
B.- Der Vertrag wurde beim Grundbuchamte zur Eintragung angemeldet. Der Grundbuchführer legte ihn dem kantonalen Grundbuchinspektorat vor, da sich Zweifel über die formelle Gültigkeit erhoben. Er erhielt Bescheid, es handle sich um einen Erbvertrag, der in der Form einer öffentlichen letztwilligen Verfügung abgeschlossen werden müsste, und wies die Anmeldung daher ab.
C.- Die Parteien gingen jedoch, ohne sich um die Schaffung einer Grundlage für die Eintragung zu kümmern, an den Vollzug ihrer Abmachung. Men Heinrich liess in der Zeit vom April bis September 1951 den einstöckigen Anbau Nr. 62 A um ein Stockwerk erhöhen, um dort mit seiner Frau Wohnung zu nehmen. Ferner errichtete er im Haus Nr. 62 ein Magazin, baute den Keller aus und liess diese Räume mit dem Anbau Nr. 62 A direkt verbinden. Vater Puorger, der bis zum 1. September 1951 Laden und Wirtschaft noch weiterführte, legte beim Aus- und Umbau bisweilen selber mit Hand an. Die gesamten Baukosten stellten sich auf Fr. 43'468.65 und wurden von Men Heinrich bezahlt. Dieser bezog auf den 1. September 1951 mit seiner Frau die im ersten Stockwerk errichtete Wohnung und übernahm vom Schwiegervater Laden und Wirtschaft. Den Steuerbehörden meldete Vater Puorger im Jahre 1951, er habe sein Vermögen den Kindern abgetreten. Die Steuern für die beiden Grundstücke liess er nun den Schwiegersohn Men Heinrich entrichten. Auf dessen Namen wurde das Haus Nr. 62 A bei der kantonalen Brandversicherungsanstalt umgeschrieben, und er zahlte die Prämien für dieses Haus wie für das Gebäude Nr. 62.
D.- Im Lauf des Jahres 1952 trat bei Vater Puorger ein Sinneswandel ein. Er hatte von einem verwandten Juristen vernommen, dass der aufgesetzte und allseits unterschriebene Vertrag vom 29. Dezember 1950 aus Formgründen unverbindlich und er Eigentümer der beiden Gebäude geblieben sei. Da sein Sohn Schimun zu dieser Zeit vor der Verehelichung stand und einer Wohnung bedurfte, wollte er nunmehr diesem das Wohnhaus Nr. 62 abtreten und den Eheleuten Heinrich nur noch den Anbau Nr. 62 A überlassen. Er legte Men Heinrich den Entwurf zu einem Kaufvertrage vor, wonach dieser den Anbau in seiner ursprünglichen Gestalt nebst Laden- und Wirtschaftsinventar zum Preise von Fr. 23'100.-- erstehen sollte. Der Entwurf enthielt zudem eine Klausel, laut welcher Keller und Magazin des Hauses Nr. 62 dem Eigentümer des Hauses Nr. 62 A vermietet werden sollten. Im Falle von Unannehmlichkeiten sollte es aber dem Eigentümer des Hauses Nr. 62 freistehen, diese Räumlichkeiten zu kündigen und den Zugang zu vermauern.
E.- Men Heinrich weigerte sich, zu diesem Vertrage Hand zu bieten. Er beharrte auf einer rechtsgültigen Abfassung und auf der Eintragung des sog. Erbvertrages vom Jahre 1950. Vater Puorger schlug dieses Begehren ab und verkaufte am 6. Juli 1952 das Wohnhaus Nr. 62 dem Sohn Schimun. Dieser kündigte in der Folgezeit dem Schwager Keller und Magazin. Die Eheleute Heinrich entschlossen sich hierauf zum Auszug. Heinrich nahm eine Stelle als Buchhalter in St. Moritz an. Am 10. Juni 1953 erfolgte unter Mitwirkung des Kreisamtes die Übergabe der Liegenschaften samt Inventar an Clà und Schimun Puorger.
F.- Am 16. Juli 1953 erhob Men Heinrich gegen seinen Schwiegervater Clà Puorger Klage auf Bezahlung der von ihm aufgewendeten Baukosten von Fr. 43'468.65 nebst Zins zu 5% seit 10. Juni 1953, ferner auf Bezahlung von Fr. 555.34 nebst Zins zu 5% seit 10. Juni 1954 aus Warenlieferung. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bot er vor Bezirksgericht eine Entschädigung von Fr. 20'000.-- für das vom Kläger verbaute Material an.
G.- Das Bezirksgericht schützte die erste Forderung im herabgesetzten Betrag von Fr. 39'000.-- und die zweite von Fr. 555.34 ganz; sie war anerkannt unter Vorbehalt einer Gegenforderung, auf die das Gericht aus formellen Gründen nicht eintrat. Dem Kläger wurde ferner Zins zugesprochen, jedoch nur zu 3 1/2%.
H.- Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Appellation ein, der sich der Kläger anschloss. Mit Urteil vom 23. August 1955 erhöhte das Kantonsgericht die Forderung aus Einbau auf Fr. 43'443.80 nebst Zins zu 5% seit 10. Juni 1953 und sprach ferner die Forderung aus Warenlieferung von Fr. 544.34 nebst Zins zu 5% seit 16. Juli 1953 zu.
I.- Mit vorliegender Berufung stellt der Beklagte die Anträge 1. auf Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils, 2. auf bloss teilweise Gutheissung der Klage im Betrage von Fr. 20'555.34 nebst Zins zu 2 1/2% seit 10. Juni 1953, 3. eventuell auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Schätzung des beim Umbau seines Hauses verwendeten Baumaterials, welchen Betrag er nebst Zins zu 3% seit Fälligkeit zu zahlen hätte, 4. und 5. ... (Kosten).
Der Kläger trägt auf Bestätigung des angefochtenen Urteils an.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Aktivlegitimation des Klägers zur Geltendmachung des streitigen Entschädigungsanspruches ist gegeben. Allerdings war das Eigentum an den Grundstücken Nr. 62 und 62 A seiner Ehefrau als Tochter des Beklagten zugedacht. Er selber hat jedoch den Um- und Ausbau auf eigene Kosten ausführen lassen und verlangt nun Ersatz seiner Aufwendungen.
2. Da das vom Kläger verwendete Material Bestandteil des im Eigentum des Beklagten verbliebenen Grund und Bodens geworden ist (Art. 667 und 671 Abs. 1 ZGB) und eine Lostrennung nicht in Frage kommt und denn auch von keiner Seite verlangt worden ist, steht dem Kläger nach Art. 672 ZGB grundsätzlich eine Entschädigung zu, die der Beklagte denn auch in bundesgerichtlicher Instanz in einem Betrage von Fr. 20'000.-- anerkennt. Der Streit geht, abgesehen von dem anzuwendenden Zinssatze, nur noch darum, ob der Beklagte bloss den Wert des vom Kläger verwendeten Materials oder alle ihm aus dem Einbau erwachsenen Auslagen im Betrage von Fr. 43'443.80 zu vergüten habe.
3. Das Kantonsgericht hat dem Kläger vollen Ersatz gewährt in Anwendung von Art. 672 Abs. 2 ZGB. Die Begründung geht dahin, der Beklagte sei als bösgläubig zu betrachten, während der Kläger als gutgläubig erscheine. Mit Recht hält jedoch der Beklagte die erwähnte Bestimmung nicht für anwendbar. Der Tatbestand, auf den sie sich unmittelbar bezieht - böser Glaube des bauenden Grundeigentümers - liegt zweifellos nicht vor. Denn gebaut hat nicht der Beklagte, sondern der Kläger. Nun ist freilich Art. 672 Abs. 2 analog anzuwenden, wenn der Grundeigentümer, ohne selber zu bauen, einen andern arglistig fremdes Material einbauen liess, d.h. ihn dazu veranlasste oder ihn gewähren liess, ohne ihn auf seinen Irrtum aufmerksam zu machen. Auch in einem solchen Falle trifft der gesetzgeberische Grund der in der erwähnten Bestimmung vorgesehenen vollen Schadenersatzpflicht zu: bösgläubige Bereicherung seiner selbst zum Nachteil des gutgläubigen Materialeigentümers. Dass aber dem Beklagten ein solches Verhalten nicht vorgeworfen werden darf, erklärt das Kantonsgericht selbst. Denn es hält es für glaubhaft - was angesichts der Vermutung des guten Glaubens nach Art. 3 ZGB genügt -, "dass beide Parteien sogar bis im Frühsommer 1952 der irrigen Meinung waren, dieser Übergang (des Grundeigentums) sei mit der Unterzeichnung des "act da partiziun" vom 29. Dezember 1950 rechtsgültig erfolgt". Wenn das Kantonsgericht dennoch den Beklagten als bösgläubig im Sinne von Art. 672 Abs. 2 ZGB betrachtet, so deshalb, weil als bösgläubig nicht nur anzusehen sei, wer einem andern den Einbau in zum voraus böser Absicht gestattet, sondern auch, "wer den Einbauer in der zunächst redlichen Absicht gewähren lässt, diesem das Eigentum am Baugrundstück zu verschaffen, sich dann aber nachträglich wieder zu einem andern entschliesst". Ein solcher Sachverhalt ist aber von Art. 672 Abs. 2 auch bei weitester Auslegung nicht mehr gedeckt. Eine mala fides superveniens des Grundeigentümers könnte im Rahmen dieser Bestimmung nur in Betracht fallen, wenn sie noch während der Bauarbeiten eingetreten wäre, und es liesse sich unter diesem Gesichtspunkt nicht der ganze Aufwand, sondern nur der Mehraufwand (mit allfälligem weiterem Schaden) berücksichtigen, der dem bauenden Materialeigentümer dadurch erwachsen wäre, dass der Grundeigentümer eben nicht, sobald wie tunlich, einen Abbruch der Bauvorkehren veranlasst hätte. Hier aber war der Um- und Ausbau, wie er nun vorliegt, bereits fertig, als der Beklagte, über die Rechtslage belehrt, auf die mit dem nicht formgültigen Vertrag vom 29. Dezember 1950 bekundete Absicht zurückkam.
4. Der Beklagte möchte seinerseits den Kläger als bösgläubig betrachtet wissen und ihn daher auf eine minimale Vergütung gemäss Art. 672 Abs. 3 ZGB verweisen. Bei bösem Glauben des bauenden Materialeigentümers kann danach der Richter "auch nur dasjenige zusprechen, was der Bau für den Grundeigentümer allermindestens wert ist". Nach der oben erwähnten Feststellung des Kantonsgerichtes war aber der Kläger während der ganzen Bauzeit gleich dem Beklagten der Meinung, seine Frau sei kraft des "act da partiziun" bereits Eigentümerin der beiden Grundstücke geworden. Ob er sich dieser Betrachtungsweise etwas fahrlässig hingab, ist belanglos. Denn jedenfalls baute er mit dem Willen des Eigentümers, also des Beklagten, was nach wiederholten eingehend begründeten Entscheidungen genügt, um ihn als gutgläubig gelten zu lassen (BGE 53 I 193, BGE 57 II 256). Es ist geradezu rechtsmissbräuchlich, wenn der Beklagte dem Kläger bösen Glauben vorhalten will, nachdem er es gewesen, der die Teilung seines Vermögens mit Zuweisung der beiden Grundstücke an die Tochter Anna Mengia ins Werk gesetzt hatte, bei den Bauarbeiten mithalf, den Steuerbehörden den vermeintlichen Übergang des Eigentums mitteilte und den Kläger fortwährend im Glauben liess, es handle sich um den Um- und Ausbau von Frauengut.
5. Kommt somit keine der Spezialbestimmungen, Art. 672 Abs. 2 oder Abs. 3, zur Anwendung, so bleibt es bei der allgemeinen Regel von Art. 672 Abs. 1, die den Grundeigentümer verpflichtet, "für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten". Diese Vorschrift bedarf indessen der Ergänzung; denn sie fasst nur das fremde Material ins Auge, sodass die Frage offen bleibt, wie es mit den übrigen Baukosten zu halten sei, die allenfalls dem bauenden Materialeigentümer oder einem Dritten erwachsen sind und deren Gegenwert nun zusammen mit dem Wert des Materials im vollendeten Bau liegt. Bei der Materialvergütung kann es sein Bewenden haben, wenn der Grundeigentümer selber das fremde Material verwendet hat, sodass die übrigen Baukosten ohnehin ihm erwachsen sind. Hat aber der Materialeigentümer, wie hier, auf eigene Kosten eingebaut, so ist dem ihm dadurch entstandenen, zum Wert des Materials hinzugetretenen Aufwande gleichfalls Rechnung zu tragen. Die einschränkende Auslegung des Art. 672 Abs. 1 ZGB durch den Beklagten, wonach nur für das Baumaterial "unter Ausschluss sonstigen Bauaufwandes" Entschädigung zu leisten wäre, entspricht nicht dem Willen des Gesetzes. Wenn dieses nur vom Material spricht, so deshalb, weil die Art. 671 ff. an und für sich nur die Folgen der Akzession regeln. Ein vom Materialeigentümer erbrachter Bauaufwand ist ihm grundsätzlich ebenfalls zu ersetzen, wobei zur Ausfüllung der in Art. 672 Abs. 1 offen gelassenen Lücke vor allem die Grundsätze über die ungerechtfertigte Bereicherung und über die Geschäftsführung ohne Auftrag wegleitend sein müssen. Art. 672 beruht ja auf dem Grundgedanken, dass der sich aus dem Akzessionsprinzip für den Grundeigentümer beim Einbau fremden Materials ergebende Zuwachs, wiewohl nicht grundlos, so doch unverdient und in diesem Sinne ungerechtfertigt ist (BGE 81 II 431 ff.). Den baulichen Veränderungen liegt nun neben dem dafür beschafften Material die zur Ausführung erforderliche Arbeit zugrunde, wie sie denn auch die vom Kläger vorgelegten Rechnungen ausweisen. Der von Dritten geleisteten Arbeit wurde bereits bei der Ausarbeitung des Gesetzes Beachtung geschenkt (Erl. II 88).
Auch in dieser Hinsicht kann der Richter nach Art. 672 Abs. 1 ZGB die gegebenen Umstände nach seinem Ermessen berücksichtigen. Indessen ist das Kantonsgericht, obwohl von Art. 672 Abs. 2 ausgehend, durch Zusprechung der gesamten Baukosten nicht zu weit gegangen. Der Um- und Ausbau, wie ihn der Kläger - vor den Augen des dabei noch mithelfenden Beklagten - vornahm, war nach dem Beweisergebnis zweckmässig und der dafür ergangene Kostenaufwand nicht übersetzt. Es ist recht und billig, den Beklagten zu vollem Ersatz zu verpflichten, was ihn nicht mehr kostet, als wenn er selber sein Grundeigentum so ausgestaltet hätte. Er wendet ein, für ihn habe die bauliche Veränderung nicht soviel Wert. Aber darauf kann es nicht ankommen, nachdem der Kläger im Vertrauen auf seine Erklärungen in guten Treuen gebaut hat. Bei dieser Sachlage kann der gerechte Ausgleich nur in der vollen Entlastung des Klägers bestehen.
6. Im übrigen ist nur noch der Verzugszins von 5% streitig, und zwar auch für die als solche vor Bundesgericht vorbehaltlos anerkannte Warenschuld von Fr. 544.34. Allein, das Kantonsgericht hat mit Recht jenen Prozentsatz gemäss dem Klagebegehren gelten lassen. Er ist gesetzlich so bestimmt und gilt, selbst wenn die vertraglichen Zinsen weniger hoch wären (Art. 104 OR). Auf diese Weise soll der Schaden vergütet werden, der gewöhnlich aus der Verspätung der Leistung entsteht, und den das Gesetz auf jenen Mindestansatz (unter Vorbehalt eines nachzuweisenden Mehrschadens, Art. 106 OR) bemisst.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts Graubünden vom 23. August 1955 bestätigt.
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Bau auf fremdem Grundstück. Ersatzansprüche des bauenden Materialeigentümers. Art. 672 Z GB. 1. Wie weit ist Art. 672 Abs. 2 ZGB analog anwendbar zu Gunsten eines bauenden Materialeigentümers, insbesondere bei mala fides superveniens des Grundeigentümers? (Erw. 3).
2. Wann ist der bauende Materialeigentümer als gutgläubig zu betrachten? (Erw. 4).
3. Art. 672 Abs. 1 ZGB ist dahin zu ergänzen, dass der Grundeigentümer den auf eigene Kosten bauenden gutgläubigen Materialeigentümer nach Ermessen des Richters auch für den ihm ausser dem Materialwert entstandenen Bauaufwand zu entschädigen hat (Erw. 5).
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Sachverhalt ab Seite 284
A.- Der in den Siebzigerjahren stehende Clà Puorger-Thun entschloss sich gegen Ende 1950, seinen Grundbesitz in Ramosch schon zu Lebzeiten auf seine fünf Kinder zu übertragen. Es handelte sich um das Wohnhaus (Nr. 62), den Anbau mit Ladenlokal und Restaurant (Nr. 62 A) und den Stall (Nr. 62 B). Am 29. Dezember 1950 wurde ein "act da partiziun" aufgesetzt, der in deutscher Übertragung lautet:
"Die Ehegatten Clà und Anna Puorger-Thun sind nach reiflicher Überlegung zum Entschluss gelangt, bereits heute ihr Haus Nr. 62 A ... zwischen ihren fünf Kindern teilen zu lassen. Die Kinder ziehen unter sich das Los, und diese Losziehung hat ergeben, dass das Haus der Tochter Anna Mengia Heinrich zufällt, welche von heute an einzige Eigentümerin des obgenannten Hauses wird. Zum Haus gehört auch der umliegende Boden, welcher auch an die Tochter Anna M. übergeht, alles zusammen für den Preis von Fr. 43'100.--. Was den Garten anbelangt, wird dieser heute nicht geteilt, vielmehr wird festgestellt, dass sowohl das Haus 62 A wie das Haus 62 B ihn gemeinsam nutzen können ... Ferner wird bekräftigt, dass die Tochter Anna Mengia vom Recht ausgeschlossen wird, zu gegebener Zeit an der Losziehung über das Haus 62 B teilzunehmen ... Die Eltern haben das Recht, solange sie wollen, im Haus 62 A zu wohnen. Kraft dessen wird vorliegende Urkunde eigenhändig von allen Partnern unterfertigt."
Die Urkunde trägt die Unterschrift der beiden Eltern und der fünf Kinder, ferner die Genehmigung der Vormundschaftsbehörde für den minderjährigen Sohn Lüzza. Auch Men Heinrich, der Ehemann der vom Los begünstigten Tochter Anna Mengia, unterzeichnete mit. Nach der Meinung der Vertragschliessenden sollte die begünstigte Tochter ihre Geschwister durch entsprechende Barbeträge abfinden. Unter der im Vertrag verwendeten Bezeichnung "Haus Nr. 62 A" wurde das Wohnhaus (Nr. 62) mit dem Anbau (Nr. 62 A) verstanden.
B.- Der Vertrag wurde beim Grundbuchamte zur Eintragung angemeldet. Der Grundbuchführer legte ihn dem kantonalen Grundbuchinspektorat vor, da sich Zweifel über die formelle Gültigkeit erhoben. Er erhielt Bescheid, es handle sich um einen Erbvertrag, der in der Form einer öffentlichen letztwilligen Verfügung abgeschlossen werden müsste, und wies die Anmeldung daher ab.
C.- Die Parteien gingen jedoch, ohne sich um die Schaffung einer Grundlage für die Eintragung zu kümmern, an den Vollzug ihrer Abmachung. Men Heinrich liess in der Zeit vom April bis September 1951 den einstöckigen Anbau Nr. 62 A um ein Stockwerk erhöhen, um dort mit seiner Frau Wohnung zu nehmen. Ferner errichtete er im Haus Nr. 62 ein Magazin, baute den Keller aus und liess diese Räume mit dem Anbau Nr. 62 A direkt verbinden. Vater Puorger, der bis zum 1. September 1951 Laden und Wirtschaft noch weiterführte, legte beim Aus- und Umbau bisweilen selber mit Hand an. Die gesamten Baukosten stellten sich auf Fr. 43'468.65 und wurden von Men Heinrich bezahlt. Dieser bezog auf den 1. September 1951 mit seiner Frau die im ersten Stockwerk errichtete Wohnung und übernahm vom Schwiegervater Laden und Wirtschaft. Den Steuerbehörden meldete Vater Puorger im Jahre 1951, er habe sein Vermögen den Kindern abgetreten. Die Steuern für die beiden Grundstücke liess er nun den Schwiegersohn Men Heinrich entrichten. Auf dessen Namen wurde das Haus Nr. 62 A bei der kantonalen Brandversicherungsanstalt umgeschrieben, und er zahlte die Prämien für dieses Haus wie für das Gebäude Nr. 62.
D.- Im Lauf des Jahres 1952 trat bei Vater Puorger ein Sinneswandel ein. Er hatte von einem verwandten Juristen vernommen, dass der aufgesetzte und allseits unterschriebene Vertrag vom 29. Dezember 1950 aus Formgründen unverbindlich und er Eigentümer der beiden Gebäude geblieben sei. Da sein Sohn Schimun zu dieser Zeit vor der Verehelichung stand und einer Wohnung bedurfte, wollte er nunmehr diesem das Wohnhaus Nr. 62 abtreten und den Eheleuten Heinrich nur noch den Anbau Nr. 62 A überlassen. Er legte Men Heinrich den Entwurf zu einem Kaufvertrage vor, wonach dieser den Anbau in seiner ursprünglichen Gestalt nebst Laden- und Wirtschaftsinventar zum Preise von Fr. 23'100.-- erstehen sollte. Der Entwurf enthielt zudem eine Klausel, laut welcher Keller und Magazin des Hauses Nr. 62 dem Eigentümer des Hauses Nr. 62 A vermietet werden sollten. Im Falle von Unannehmlichkeiten sollte es aber dem Eigentümer des Hauses Nr. 62 freistehen, diese Räumlichkeiten zu kündigen und den Zugang zu vermauern.
E.- Men Heinrich weigerte sich, zu diesem Vertrage Hand zu bieten. Er beharrte auf einer rechtsgültigen Abfassung und auf der Eintragung des sog. Erbvertrages vom Jahre 1950. Vater Puorger schlug dieses Begehren ab und verkaufte am 6. Juli 1952 das Wohnhaus Nr. 62 dem Sohn Schimun. Dieser kündigte in der Folgezeit dem Schwager Keller und Magazin. Die Eheleute Heinrich entschlossen sich hierauf zum Auszug. Heinrich nahm eine Stelle als Buchhalter in St. Moritz an. Am 10. Juni 1953 erfolgte unter Mitwirkung des Kreisamtes die Übergabe der Liegenschaften samt Inventar an Clà und Schimun Puorger.
F.- Am 16. Juli 1953 erhob Men Heinrich gegen seinen Schwiegervater Clà Puorger Klage auf Bezahlung der von ihm aufgewendeten Baukosten von Fr. 43'468.65 nebst Zins zu 5% seit 10. Juni 1953, ferner auf Bezahlung von Fr. 555.34 nebst Zins zu 5% seit 10. Juni 1954 aus Warenlieferung. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bot er vor Bezirksgericht eine Entschädigung von Fr. 20'000.-- für das vom Kläger verbaute Material an.
G.- Das Bezirksgericht schützte die erste Forderung im herabgesetzten Betrag von Fr. 39'000.-- und die zweite von Fr. 555.34 ganz; sie war anerkannt unter Vorbehalt einer Gegenforderung, auf die das Gericht aus formellen Gründen nicht eintrat. Dem Kläger wurde ferner Zins zugesprochen, jedoch nur zu 3 1/2%.
H.- Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Appellation ein, der sich der Kläger anschloss. Mit Urteil vom 23. August 1955 erhöhte das Kantonsgericht die Forderung aus Einbau auf Fr. 43'443.80 nebst Zins zu 5% seit 10. Juni 1953 und sprach ferner die Forderung aus Warenlieferung von Fr. 544.34 nebst Zins zu 5% seit 16. Juli 1953 zu.
I.- Mit vorliegender Berufung stellt der Beklagte die Anträge 1. auf Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils, 2. auf bloss teilweise Gutheissung der Klage im Betrage von Fr. 20'555.34 nebst Zins zu 2 1/2% seit 10. Juni 1953, 3. eventuell auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Schätzung des beim Umbau seines Hauses verwendeten Baumaterials, welchen Betrag er nebst Zins zu 3% seit Fälligkeit zu zahlen hätte, 4. und 5. ... (Kosten).
Der Kläger trägt auf Bestätigung des angefochtenen Urteils an.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Aktivlegitimation des Klägers zur Geltendmachung des streitigen Entschädigungsanspruches ist gegeben. Allerdings war das Eigentum an den Grundstücken Nr. 62 und 62 A seiner Ehefrau als Tochter des Beklagten zugedacht. Er selber hat jedoch den Um- und Ausbau auf eigene Kosten ausführen lassen und verlangt nun Ersatz seiner Aufwendungen.
2. Da das vom Kläger verwendete Material Bestandteil des im Eigentum des Beklagten verbliebenen Grund und Bodens geworden ist (Art. 667 und 671 Abs. 1 ZGB) und eine Lostrennung nicht in Frage kommt und denn auch von keiner Seite verlangt worden ist, steht dem Kläger nach Art. 672 ZGB grundsätzlich eine Entschädigung zu, die der Beklagte denn auch in bundesgerichtlicher Instanz in einem Betrage von Fr. 20'000.-- anerkennt. Der Streit geht, abgesehen von dem anzuwendenden Zinssatze, nur noch darum, ob der Beklagte bloss den Wert des vom Kläger verwendeten Materials oder alle ihm aus dem Einbau erwachsenen Auslagen im Betrage von Fr. 43'443.80 zu vergüten habe.
3. Das Kantonsgericht hat dem Kläger vollen Ersatz gewährt in Anwendung von Art. 672 Abs. 2 ZGB. Die Begründung geht dahin, der Beklagte sei als bösgläubig zu betrachten, während der Kläger als gutgläubig erscheine. Mit Recht hält jedoch der Beklagte die erwähnte Bestimmung nicht für anwendbar. Der Tatbestand, auf den sie sich unmittelbar bezieht - böser Glaube des bauenden Grundeigentümers - liegt zweifellos nicht vor. Denn gebaut hat nicht der Beklagte, sondern der Kläger. Nun ist freilich Art. 672 Abs. 2 analog anzuwenden, wenn der Grundeigentümer, ohne selber zu bauen, einen andern arglistig fremdes Material einbauen liess, d.h. ihn dazu veranlasste oder ihn gewähren liess, ohne ihn auf seinen Irrtum aufmerksam zu machen. Auch in einem solchen Falle trifft der gesetzgeberische Grund der in der erwähnten Bestimmung vorgesehenen vollen Schadenersatzpflicht zu: bösgläubige Bereicherung seiner selbst zum Nachteil des gutgläubigen Materialeigentümers. Dass aber dem Beklagten ein solches Verhalten nicht vorgeworfen werden darf, erklärt das Kantonsgericht selbst. Denn es hält es für glaubhaft - was angesichts der Vermutung des guten Glaubens nach Art. 3 ZGB genügt -, "dass beide Parteien sogar bis im Frühsommer 1952 der irrigen Meinung waren, dieser Übergang (des Grundeigentums) sei mit der Unterzeichnung des "act da partiziun" vom 29. Dezember 1950 rechtsgültig erfolgt". Wenn das Kantonsgericht dennoch den Beklagten als bösgläubig im Sinne von Art. 672 Abs. 2 ZGB betrachtet, so deshalb, weil als bösgläubig nicht nur anzusehen sei, wer einem andern den Einbau in zum voraus böser Absicht gestattet, sondern auch, "wer den Einbauer in der zunächst redlichen Absicht gewähren lässt, diesem das Eigentum am Baugrundstück zu verschaffen, sich dann aber nachträglich wieder zu einem andern entschliesst". Ein solcher Sachverhalt ist aber von Art. 672 Abs. 2 auch bei weitester Auslegung nicht mehr gedeckt. Eine mala fides superveniens des Grundeigentümers könnte im Rahmen dieser Bestimmung nur in Betracht fallen, wenn sie noch während der Bauarbeiten eingetreten wäre, und es liesse sich unter diesem Gesichtspunkt nicht der ganze Aufwand, sondern nur der Mehraufwand (mit allfälligem weiterem Schaden) berücksichtigen, der dem bauenden Materialeigentümer dadurch erwachsen wäre, dass der Grundeigentümer eben nicht, sobald wie tunlich, einen Abbruch der Bauvorkehren veranlasst hätte. Hier aber war der Um- und Ausbau, wie er nun vorliegt, bereits fertig, als der Beklagte, über die Rechtslage belehrt, auf die mit dem nicht formgültigen Vertrag vom 29. Dezember 1950 bekundete Absicht zurückkam.
4. Der Beklagte möchte seinerseits den Kläger als bösgläubig betrachtet wissen und ihn daher auf eine minimale Vergütung gemäss Art. 672 Abs. 3 ZGB verweisen. Bei bösem Glauben des bauenden Materialeigentümers kann danach der Richter "auch nur dasjenige zusprechen, was der Bau für den Grundeigentümer allermindestens wert ist". Nach der oben erwähnten Feststellung des Kantonsgerichtes war aber der Kläger während der ganzen Bauzeit gleich dem Beklagten der Meinung, seine Frau sei kraft des "act da partiziun" bereits Eigentümerin der beiden Grundstücke geworden. Ob er sich dieser Betrachtungsweise etwas fahrlässig hingab, ist belanglos. Denn jedenfalls baute er mit dem Willen des Eigentümers, also des Beklagten, was nach wiederholten eingehend begründeten Entscheidungen genügt, um ihn als gutgläubig gelten zu lassen (BGE 53 I 193, BGE 57 II 256). Es ist geradezu rechtsmissbräuchlich, wenn der Beklagte dem Kläger bösen Glauben vorhalten will, nachdem er es gewesen, der die Teilung seines Vermögens mit Zuweisung der beiden Grundstücke an die Tochter Anna Mengia ins Werk gesetzt hatte, bei den Bauarbeiten mithalf, den Steuerbehörden den vermeintlichen Übergang des Eigentums mitteilte und den Kläger fortwährend im Glauben liess, es handle sich um den Um- und Ausbau von Frauengut.
5. Kommt somit keine der Spezialbestimmungen, Art. 672 Abs. 2 oder Abs. 3, zur Anwendung, so bleibt es bei der allgemeinen Regel von Art. 672 Abs. 1, die den Grundeigentümer verpflichtet, "für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten". Diese Vorschrift bedarf indessen der Ergänzung; denn sie fasst nur das fremde Material ins Auge, sodass die Frage offen bleibt, wie es mit den übrigen Baukosten zu halten sei, die allenfalls dem bauenden Materialeigentümer oder einem Dritten erwachsen sind und deren Gegenwert nun zusammen mit dem Wert des Materials im vollendeten Bau liegt. Bei der Materialvergütung kann es sein Bewenden haben, wenn der Grundeigentümer selber das fremde Material verwendet hat, sodass die übrigen Baukosten ohnehin ihm erwachsen sind. Hat aber der Materialeigentümer, wie hier, auf eigene Kosten eingebaut, so ist dem ihm dadurch entstandenen, zum Wert des Materials hinzugetretenen Aufwande gleichfalls Rechnung zu tragen. Die einschränkende Auslegung des Art. 672 Abs. 1 ZGB durch den Beklagten, wonach nur für das Baumaterial "unter Ausschluss sonstigen Bauaufwandes" Entschädigung zu leisten wäre, entspricht nicht dem Willen des Gesetzes. Wenn dieses nur vom Material spricht, so deshalb, weil die Art. 671 ff. an und für sich nur die Folgen der Akzession regeln. Ein vom Materialeigentümer erbrachter Bauaufwand ist ihm grundsätzlich ebenfalls zu ersetzen, wobei zur Ausfüllung der in Art. 672 Abs. 1 offen gelassenen Lücke vor allem die Grundsätze über die ungerechtfertigte Bereicherung und über die Geschäftsführung ohne Auftrag wegleitend sein müssen. Art. 672 beruht ja auf dem Grundgedanken, dass der sich aus dem Akzessionsprinzip für den Grundeigentümer beim Einbau fremden Materials ergebende Zuwachs, wiewohl nicht grundlos, so doch unverdient und in diesem Sinne ungerechtfertigt ist (BGE 81 II 431 ff.). Den baulichen Veränderungen liegt nun neben dem dafür beschafften Material die zur Ausführung erforderliche Arbeit zugrunde, wie sie denn auch die vom Kläger vorgelegten Rechnungen ausweisen. Der von Dritten geleisteten Arbeit wurde bereits bei der Ausarbeitung des Gesetzes Beachtung geschenkt (Erl. II 88).
Auch in dieser Hinsicht kann der Richter nach Art. 672 Abs. 1 ZGB die gegebenen Umstände nach seinem Ermessen berücksichtigen. Indessen ist das Kantonsgericht, obwohl von Art. 672 Abs. 2 ausgehend, durch Zusprechung der gesamten Baukosten nicht zu weit gegangen. Der Um- und Ausbau, wie ihn der Kläger - vor den Augen des dabei noch mithelfenden Beklagten - vornahm, war nach dem Beweisergebnis zweckmässig und der dafür ergangene Kostenaufwand nicht übersetzt. Es ist recht und billig, den Beklagten zu vollem Ersatz zu verpflichten, was ihn nicht mehr kostet, als wenn er selber sein Grundeigentum so ausgestaltet hätte. Er wendet ein, für ihn habe die bauliche Veränderung nicht soviel Wert. Aber darauf kann es nicht ankommen, nachdem der Kläger im Vertrauen auf seine Erklärungen in guten Treuen gebaut hat. Bei dieser Sachlage kann der gerechte Ausgleich nur in der vollen Entlastung des Klägers bestehen.
6. Im übrigen ist nur noch der Verzugszins von 5% streitig, und zwar auch für die als solche vor Bundesgericht vorbehaltlos anerkannte Warenschuld von Fr. 544.34. Allein, das Kantonsgericht hat mit Recht jenen Prozentsatz gemäss dem Klagebegehren gelten lassen. Er ist gesetzlich so bestimmt und gilt, selbst wenn die vertraglichen Zinsen weniger hoch wären (Art. 104 OR). Auf diese Weise soll der Schaden vergütet werden, der gewöhnlich aus der Verspätung der Leistung entsteht, und den das Gesetz auf jenen Mindestansatz (unter Vorbehalt eines nachzuweisenden Mehrschadens, Art. 106 OR) bemisst.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts Graubünden vom 23. August 1955 bestätigt.
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de
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Constructions sur fonds d'autrui, créances d'indemnités du propriétaire des matériaux qui a construit, art. 672 CC. 1. Dans quelle mesure l'art. 672 al. 2 CC est-il applicable par analogie en faveur du propriétaire des matériaux qui a construit, spécialement en cas de mala fides superveniens du propriétaire du fonds? (consid. 3).
2. Quand le propriétaire des matériaux qui a construit doit-il être considéré comme de bonne foi? (consid. 4).
3. L'art. 672 al. 1 CC doit être complété dans ce sens que le propriétaire du fonds doit indemniser, selon l'appréciation du juge, le propriétaire des matériaux qui a construit de bonne foi à ses frais, pour les dépenses que la construction lui a causées à part la valeur des matériaux (consid. 5).
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fr
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-283%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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1,709 |
82 II 283
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82 II 283
Sachverhalt ab Seite 284
A.- Der in den Siebzigerjahren stehende Clà Puorger-Thun entschloss sich gegen Ende 1950, seinen Grundbesitz in Ramosch schon zu Lebzeiten auf seine fünf Kinder zu übertragen. Es handelte sich um das Wohnhaus (Nr. 62), den Anbau mit Ladenlokal und Restaurant (Nr. 62 A) und den Stall (Nr. 62 B). Am 29. Dezember 1950 wurde ein "act da partiziun" aufgesetzt, der in deutscher Übertragung lautet:
"Die Ehegatten Clà und Anna Puorger-Thun sind nach reiflicher Überlegung zum Entschluss gelangt, bereits heute ihr Haus Nr. 62 A ... zwischen ihren fünf Kindern teilen zu lassen. Die Kinder ziehen unter sich das Los, und diese Losziehung hat ergeben, dass das Haus der Tochter Anna Mengia Heinrich zufällt, welche von heute an einzige Eigentümerin des obgenannten Hauses wird. Zum Haus gehört auch der umliegende Boden, welcher auch an die Tochter Anna M. übergeht, alles zusammen für den Preis von Fr. 43'100.--. Was den Garten anbelangt, wird dieser heute nicht geteilt, vielmehr wird festgestellt, dass sowohl das Haus 62 A wie das Haus 62 B ihn gemeinsam nutzen können ... Ferner wird bekräftigt, dass die Tochter Anna Mengia vom Recht ausgeschlossen wird, zu gegebener Zeit an der Losziehung über das Haus 62 B teilzunehmen ... Die Eltern haben das Recht, solange sie wollen, im Haus 62 A zu wohnen. Kraft dessen wird vorliegende Urkunde eigenhändig von allen Partnern unterfertigt."
Die Urkunde trägt die Unterschrift der beiden Eltern und der fünf Kinder, ferner die Genehmigung der Vormundschaftsbehörde für den minderjährigen Sohn Lüzza. Auch Men Heinrich, der Ehemann der vom Los begünstigten Tochter Anna Mengia, unterzeichnete mit. Nach der Meinung der Vertragschliessenden sollte die begünstigte Tochter ihre Geschwister durch entsprechende Barbeträge abfinden. Unter der im Vertrag verwendeten Bezeichnung "Haus Nr. 62 A" wurde das Wohnhaus (Nr. 62) mit dem Anbau (Nr. 62 A) verstanden.
B.- Der Vertrag wurde beim Grundbuchamte zur Eintragung angemeldet. Der Grundbuchführer legte ihn dem kantonalen Grundbuchinspektorat vor, da sich Zweifel über die formelle Gültigkeit erhoben. Er erhielt Bescheid, es handle sich um einen Erbvertrag, der in der Form einer öffentlichen letztwilligen Verfügung abgeschlossen werden müsste, und wies die Anmeldung daher ab.
C.- Die Parteien gingen jedoch, ohne sich um die Schaffung einer Grundlage für die Eintragung zu kümmern, an den Vollzug ihrer Abmachung. Men Heinrich liess in der Zeit vom April bis September 1951 den einstöckigen Anbau Nr. 62 A um ein Stockwerk erhöhen, um dort mit seiner Frau Wohnung zu nehmen. Ferner errichtete er im Haus Nr. 62 ein Magazin, baute den Keller aus und liess diese Räume mit dem Anbau Nr. 62 A direkt verbinden. Vater Puorger, der bis zum 1. September 1951 Laden und Wirtschaft noch weiterführte, legte beim Aus- und Umbau bisweilen selber mit Hand an. Die gesamten Baukosten stellten sich auf Fr. 43'468.65 und wurden von Men Heinrich bezahlt. Dieser bezog auf den 1. September 1951 mit seiner Frau die im ersten Stockwerk errichtete Wohnung und übernahm vom Schwiegervater Laden und Wirtschaft. Den Steuerbehörden meldete Vater Puorger im Jahre 1951, er habe sein Vermögen den Kindern abgetreten. Die Steuern für die beiden Grundstücke liess er nun den Schwiegersohn Men Heinrich entrichten. Auf dessen Namen wurde das Haus Nr. 62 A bei der kantonalen Brandversicherungsanstalt umgeschrieben, und er zahlte die Prämien für dieses Haus wie für das Gebäude Nr. 62.
D.- Im Lauf des Jahres 1952 trat bei Vater Puorger ein Sinneswandel ein. Er hatte von einem verwandten Juristen vernommen, dass der aufgesetzte und allseits unterschriebene Vertrag vom 29. Dezember 1950 aus Formgründen unverbindlich und er Eigentümer der beiden Gebäude geblieben sei. Da sein Sohn Schimun zu dieser Zeit vor der Verehelichung stand und einer Wohnung bedurfte, wollte er nunmehr diesem das Wohnhaus Nr. 62 abtreten und den Eheleuten Heinrich nur noch den Anbau Nr. 62 A überlassen. Er legte Men Heinrich den Entwurf zu einem Kaufvertrage vor, wonach dieser den Anbau in seiner ursprünglichen Gestalt nebst Laden- und Wirtschaftsinventar zum Preise von Fr. 23'100.-- erstehen sollte. Der Entwurf enthielt zudem eine Klausel, laut welcher Keller und Magazin des Hauses Nr. 62 dem Eigentümer des Hauses Nr. 62 A vermietet werden sollten. Im Falle von Unannehmlichkeiten sollte es aber dem Eigentümer des Hauses Nr. 62 freistehen, diese Räumlichkeiten zu kündigen und den Zugang zu vermauern.
E.- Men Heinrich weigerte sich, zu diesem Vertrage Hand zu bieten. Er beharrte auf einer rechtsgültigen Abfassung und auf der Eintragung des sog. Erbvertrages vom Jahre 1950. Vater Puorger schlug dieses Begehren ab und verkaufte am 6. Juli 1952 das Wohnhaus Nr. 62 dem Sohn Schimun. Dieser kündigte in der Folgezeit dem Schwager Keller und Magazin. Die Eheleute Heinrich entschlossen sich hierauf zum Auszug. Heinrich nahm eine Stelle als Buchhalter in St. Moritz an. Am 10. Juni 1953 erfolgte unter Mitwirkung des Kreisamtes die Übergabe der Liegenschaften samt Inventar an Clà und Schimun Puorger.
F.- Am 16. Juli 1953 erhob Men Heinrich gegen seinen Schwiegervater Clà Puorger Klage auf Bezahlung der von ihm aufgewendeten Baukosten von Fr. 43'468.65 nebst Zins zu 5% seit 10. Juni 1953, ferner auf Bezahlung von Fr. 555.34 nebst Zins zu 5% seit 10. Juni 1954 aus Warenlieferung. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bot er vor Bezirksgericht eine Entschädigung von Fr. 20'000.-- für das vom Kläger verbaute Material an.
G.- Das Bezirksgericht schützte die erste Forderung im herabgesetzten Betrag von Fr. 39'000.-- und die zweite von Fr. 555.34 ganz; sie war anerkannt unter Vorbehalt einer Gegenforderung, auf die das Gericht aus formellen Gründen nicht eintrat. Dem Kläger wurde ferner Zins zugesprochen, jedoch nur zu 3 1/2%.
H.- Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Appellation ein, der sich der Kläger anschloss. Mit Urteil vom 23. August 1955 erhöhte das Kantonsgericht die Forderung aus Einbau auf Fr. 43'443.80 nebst Zins zu 5% seit 10. Juni 1953 und sprach ferner die Forderung aus Warenlieferung von Fr. 544.34 nebst Zins zu 5% seit 16. Juli 1953 zu.
I.- Mit vorliegender Berufung stellt der Beklagte die Anträge 1. auf Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils, 2. auf bloss teilweise Gutheissung der Klage im Betrage von Fr. 20'555.34 nebst Zins zu 2 1/2% seit 10. Juni 1953, 3. eventuell auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Schätzung des beim Umbau seines Hauses verwendeten Baumaterials, welchen Betrag er nebst Zins zu 3% seit Fälligkeit zu zahlen hätte, 4. und 5. ... (Kosten).
Der Kläger trägt auf Bestätigung des angefochtenen Urteils an.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Aktivlegitimation des Klägers zur Geltendmachung des streitigen Entschädigungsanspruches ist gegeben. Allerdings war das Eigentum an den Grundstücken Nr. 62 und 62 A seiner Ehefrau als Tochter des Beklagten zugedacht. Er selber hat jedoch den Um- und Ausbau auf eigene Kosten ausführen lassen und verlangt nun Ersatz seiner Aufwendungen.
2. Da das vom Kläger verwendete Material Bestandteil des im Eigentum des Beklagten verbliebenen Grund und Bodens geworden ist (Art. 667 und 671 Abs. 1 ZGB) und eine Lostrennung nicht in Frage kommt und denn auch von keiner Seite verlangt worden ist, steht dem Kläger nach Art. 672 ZGB grundsätzlich eine Entschädigung zu, die der Beklagte denn auch in bundesgerichtlicher Instanz in einem Betrage von Fr. 20'000.-- anerkennt. Der Streit geht, abgesehen von dem anzuwendenden Zinssatze, nur noch darum, ob der Beklagte bloss den Wert des vom Kläger verwendeten Materials oder alle ihm aus dem Einbau erwachsenen Auslagen im Betrage von Fr. 43'443.80 zu vergüten habe.
3. Das Kantonsgericht hat dem Kläger vollen Ersatz gewährt in Anwendung von Art. 672 Abs. 2 ZGB. Die Begründung geht dahin, der Beklagte sei als bösgläubig zu betrachten, während der Kläger als gutgläubig erscheine. Mit Recht hält jedoch der Beklagte die erwähnte Bestimmung nicht für anwendbar. Der Tatbestand, auf den sie sich unmittelbar bezieht - böser Glaube des bauenden Grundeigentümers - liegt zweifellos nicht vor. Denn gebaut hat nicht der Beklagte, sondern der Kläger. Nun ist freilich Art. 672 Abs. 2 analog anzuwenden, wenn der Grundeigentümer, ohne selber zu bauen, einen andern arglistig fremdes Material einbauen liess, d.h. ihn dazu veranlasste oder ihn gewähren liess, ohne ihn auf seinen Irrtum aufmerksam zu machen. Auch in einem solchen Falle trifft der gesetzgeberische Grund der in der erwähnten Bestimmung vorgesehenen vollen Schadenersatzpflicht zu: bösgläubige Bereicherung seiner selbst zum Nachteil des gutgläubigen Materialeigentümers. Dass aber dem Beklagten ein solches Verhalten nicht vorgeworfen werden darf, erklärt das Kantonsgericht selbst. Denn es hält es für glaubhaft - was angesichts der Vermutung des guten Glaubens nach Art. 3 ZGB genügt -, "dass beide Parteien sogar bis im Frühsommer 1952 der irrigen Meinung waren, dieser Übergang (des Grundeigentums) sei mit der Unterzeichnung des "act da partiziun" vom 29. Dezember 1950 rechtsgültig erfolgt". Wenn das Kantonsgericht dennoch den Beklagten als bösgläubig im Sinne von Art. 672 Abs. 2 ZGB betrachtet, so deshalb, weil als bösgläubig nicht nur anzusehen sei, wer einem andern den Einbau in zum voraus böser Absicht gestattet, sondern auch, "wer den Einbauer in der zunächst redlichen Absicht gewähren lässt, diesem das Eigentum am Baugrundstück zu verschaffen, sich dann aber nachträglich wieder zu einem andern entschliesst". Ein solcher Sachverhalt ist aber von Art. 672 Abs. 2 auch bei weitester Auslegung nicht mehr gedeckt. Eine mala fides superveniens des Grundeigentümers könnte im Rahmen dieser Bestimmung nur in Betracht fallen, wenn sie noch während der Bauarbeiten eingetreten wäre, und es liesse sich unter diesem Gesichtspunkt nicht der ganze Aufwand, sondern nur der Mehraufwand (mit allfälligem weiterem Schaden) berücksichtigen, der dem bauenden Materialeigentümer dadurch erwachsen wäre, dass der Grundeigentümer eben nicht, sobald wie tunlich, einen Abbruch der Bauvorkehren veranlasst hätte. Hier aber war der Um- und Ausbau, wie er nun vorliegt, bereits fertig, als der Beklagte, über die Rechtslage belehrt, auf die mit dem nicht formgültigen Vertrag vom 29. Dezember 1950 bekundete Absicht zurückkam.
4. Der Beklagte möchte seinerseits den Kläger als bösgläubig betrachtet wissen und ihn daher auf eine minimale Vergütung gemäss Art. 672 Abs. 3 ZGB verweisen. Bei bösem Glauben des bauenden Materialeigentümers kann danach der Richter "auch nur dasjenige zusprechen, was der Bau für den Grundeigentümer allermindestens wert ist". Nach der oben erwähnten Feststellung des Kantonsgerichtes war aber der Kläger während der ganzen Bauzeit gleich dem Beklagten der Meinung, seine Frau sei kraft des "act da partiziun" bereits Eigentümerin der beiden Grundstücke geworden. Ob er sich dieser Betrachtungsweise etwas fahrlässig hingab, ist belanglos. Denn jedenfalls baute er mit dem Willen des Eigentümers, also des Beklagten, was nach wiederholten eingehend begründeten Entscheidungen genügt, um ihn als gutgläubig gelten zu lassen (BGE 53 I 193, BGE 57 II 256). Es ist geradezu rechtsmissbräuchlich, wenn der Beklagte dem Kläger bösen Glauben vorhalten will, nachdem er es gewesen, der die Teilung seines Vermögens mit Zuweisung der beiden Grundstücke an die Tochter Anna Mengia ins Werk gesetzt hatte, bei den Bauarbeiten mithalf, den Steuerbehörden den vermeintlichen Übergang des Eigentums mitteilte und den Kläger fortwährend im Glauben liess, es handle sich um den Um- und Ausbau von Frauengut.
5. Kommt somit keine der Spezialbestimmungen, Art. 672 Abs. 2 oder Abs. 3, zur Anwendung, so bleibt es bei der allgemeinen Regel von Art. 672 Abs. 1, die den Grundeigentümer verpflichtet, "für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten". Diese Vorschrift bedarf indessen der Ergänzung; denn sie fasst nur das fremde Material ins Auge, sodass die Frage offen bleibt, wie es mit den übrigen Baukosten zu halten sei, die allenfalls dem bauenden Materialeigentümer oder einem Dritten erwachsen sind und deren Gegenwert nun zusammen mit dem Wert des Materials im vollendeten Bau liegt. Bei der Materialvergütung kann es sein Bewenden haben, wenn der Grundeigentümer selber das fremde Material verwendet hat, sodass die übrigen Baukosten ohnehin ihm erwachsen sind. Hat aber der Materialeigentümer, wie hier, auf eigene Kosten eingebaut, so ist dem ihm dadurch entstandenen, zum Wert des Materials hinzugetretenen Aufwande gleichfalls Rechnung zu tragen. Die einschränkende Auslegung des Art. 672 Abs. 1 ZGB durch den Beklagten, wonach nur für das Baumaterial "unter Ausschluss sonstigen Bauaufwandes" Entschädigung zu leisten wäre, entspricht nicht dem Willen des Gesetzes. Wenn dieses nur vom Material spricht, so deshalb, weil die Art. 671 ff. an und für sich nur die Folgen der Akzession regeln. Ein vom Materialeigentümer erbrachter Bauaufwand ist ihm grundsätzlich ebenfalls zu ersetzen, wobei zur Ausfüllung der in Art. 672 Abs. 1 offen gelassenen Lücke vor allem die Grundsätze über die ungerechtfertigte Bereicherung und über die Geschäftsführung ohne Auftrag wegleitend sein müssen. Art. 672 beruht ja auf dem Grundgedanken, dass der sich aus dem Akzessionsprinzip für den Grundeigentümer beim Einbau fremden Materials ergebende Zuwachs, wiewohl nicht grundlos, so doch unverdient und in diesem Sinne ungerechtfertigt ist (BGE 81 II 431 ff.). Den baulichen Veränderungen liegt nun neben dem dafür beschafften Material die zur Ausführung erforderliche Arbeit zugrunde, wie sie denn auch die vom Kläger vorgelegten Rechnungen ausweisen. Der von Dritten geleisteten Arbeit wurde bereits bei der Ausarbeitung des Gesetzes Beachtung geschenkt (Erl. II 88).
Auch in dieser Hinsicht kann der Richter nach Art. 672 Abs. 1 ZGB die gegebenen Umstände nach seinem Ermessen berücksichtigen. Indessen ist das Kantonsgericht, obwohl von Art. 672 Abs. 2 ausgehend, durch Zusprechung der gesamten Baukosten nicht zu weit gegangen. Der Um- und Ausbau, wie ihn der Kläger - vor den Augen des dabei noch mithelfenden Beklagten - vornahm, war nach dem Beweisergebnis zweckmässig und der dafür ergangene Kostenaufwand nicht übersetzt. Es ist recht und billig, den Beklagten zu vollem Ersatz zu verpflichten, was ihn nicht mehr kostet, als wenn er selber sein Grundeigentum so ausgestaltet hätte. Er wendet ein, für ihn habe die bauliche Veränderung nicht soviel Wert. Aber darauf kann es nicht ankommen, nachdem der Kläger im Vertrauen auf seine Erklärungen in guten Treuen gebaut hat. Bei dieser Sachlage kann der gerechte Ausgleich nur in der vollen Entlastung des Klägers bestehen.
6. Im übrigen ist nur noch der Verzugszins von 5% streitig, und zwar auch für die als solche vor Bundesgericht vorbehaltlos anerkannte Warenschuld von Fr. 544.34. Allein, das Kantonsgericht hat mit Recht jenen Prozentsatz gemäss dem Klagebegehren gelten lassen. Er ist gesetzlich so bestimmt und gilt, selbst wenn die vertraglichen Zinsen weniger hoch wären (Art. 104 OR). Auf diese Weise soll der Schaden vergütet werden, der gewöhnlich aus der Verspätung der Leistung entsteht, und den das Gesetz auf jenen Mindestansatz (unter Vorbehalt eines nachzuweisenden Mehrschadens, Art. 106 OR) bemisst.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts Graubünden vom 23. August 1955 bestätigt.
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Costruzione sul fondo altrui, risarcimento dovuto al costruttore, proprietario dei materiali. Art. 672 CC. 1. In quale misura l'art. 672 cp. 2 CC è applicabile per analogia in favore del costruttore, proprietario dei materiali, segnatamente nel caso di mala fides superveniens del proprietario del fondo? (consid. 3).
2. Quando il costruttore dev'essere considerato in buona fede? (consid. 4).
3. L'art. 672 cp. 1 CC dev'essere completato nel senso che il proprietario del fondo è tenuto a risarcire, secondo l'apprezzamento del giudice, il proprietario dei materiali, che ha costruito in buona fede a proprie spese, non solo per il valore dei materiali, ma anche per le altre spese di costruzione (consid. 5).
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-283%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 292
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82 II 292
Sachverhalt ab Seite 293
A.- Das "Groupement des Fournisseurs d'Horlogerie, Marché Suisse" ist gemäss seinen Statuten ein im Jahre 1925 gegründeter Verein im Sinne von Art. 60 ff. ZGB. Er bezweckt nach Art. 2 der Statuten die kollektive Wahrung der allgemeinen Berufsinteressen seiner Mitglieder, sowie die Förderung des Verkaufs von Schweizer Uhren hoher Qualität durch möglichste Vereinheitlichung von Verkaufs- und Zahlungsbedingungen. Als Mitglieder können dem Groupement schweizerische Uhrenfabriken und Unternehmen des Uhrengrosshandels angehören.
Zwischen dem Groupement und dem Zentralverband Schweizerischer Uhrenmacher (ZVSU), einer Vereinigung von Ladengeschäften des Uhrenhandels, besteht ein Vertrag, die sog. Schweizer Konvention für den Uhrenhandel. Nach deren Art. 3 sind die Mitglieder des Groupement verpflichtet, im Gebiete der Konvention Uhren nur an die Mitglieder des ZVSU zu liefern, während anderseits die Mitglieder des ZVSU Uhren ausschliesslich bei den Mitgliedern des Groupement beziehen dürfen (Art. 4). Das Gebiet der Kantone Genf, Neuenburg und Tessin ist der Konvention nicht unterstellt. Die dort ansässigen Mitglieder des ZVSU sind daher im Einkauf der Uhren frei und können solche auch bei Fabriken oder Grossisten beziehen, die dem Groupement nicht angehören.
Neben dem ZVSU besteht ein von diesem unabhängiger Verband Schweiz. Uhrenfachgeschäfte. Überdies gibt es noch Uhrengeschäfte, die keiner Organisation angeschlossen sind.
Die Gruen Watch Mfg Co. SA ist eine 1903 gegründete A.-G. mit Sitz in Biel. Ihr Geschäftszweck ist die Fabrikation von Uhren und der Handel mit solchen. Sie war vorerst lange Jahre ausschliesslich auf den Export nach den USA eingestellt, wo sie eine eigene Verkaufsgesellschaft hat, die Gruen Watch Comp. Inc. in Cincinnati. In den Jahren 1928-1939 verkaufte sie in Zusammenarbeit mit der Firma "Alpina" auch Uhren in der Schweiz, gab dies dann aber wegen des in den Krisenjahren eingetretenen Umsatzrückganges auf. Um nicht ausschliesslich vom Export nach den USA abhängig zu sein, nahm sie nach dem zweiten Weltkrieg Bestrebungen auf, ihre Erzeugnisse auch in andern Staaten abzusetzen und gründete zu diesem Zwecke die Gruen Watch Export Co. SA in Genf.
Am 23. März 1953 stellte die Uhrenfabrik Gruen das Gesuch um Aufnahme in das Groupement. Sie begründete dieses Begehren mit dem Wunsche, ihre Erzeugnisse auch auf dem Schweizer Markt verkaufen zu können.
Mit Generalversammlungsbeschluss vom 6. Juli 1953 lehnte jedoch das Groupement dieses Aufnahmegesuch ab und gab hievon der Bewerberin mit Schreiben vom 11. Juli 1953 Kenntnis, ohne die Gründe für die Aufnahmeverweigerung zu nennen.
B.- Am 16. Februar 1954 erhob die Firma Gruen Klage gegen das Groupement mit dem Begehren, der Beklagte sei zu verurteilen, sie als Mitglied aufzunehmen, unter Androhung der gesetzlichen Folgen im Unterlassungsfalle; eventuell sei die Klägerin auf die Liste der Lieferanten zu setzen, welche zur Belieferung der Mitglieder des ZVSU berechtigt sind. Ferner forderte sie eine gerichtlich zu bestimmende Schadenersatzsumme. Zur Begründung machte sie geltend, die Weigerung des Beklagten, sie als Mitglied aufzunehmen, stelle zusammen mit den Auswirkungen der durch die Schweizer Konvention geschaffenen Kartellordnung einen Verdrängungsboykott dar, der darauf gerichtet sei, sie als Konkurrenzunternehmen der Mitglieder des Beklagten auf dem schweizerischen Uhrenmarkt auszuschalten; denn es werde ihr auf diese Weise verunmöglicht, die von ihr hergestellten Uhren in der Schweiz abzusetzen. Ihre Existenz werde zwar dadurch nicht bedroht, aber sie werde doch in ihrer Geschäftstätigkeit in übermässiger Weise behindert. Schutzwürdige Interessen des Beklagten, die Klägerin vom schweizerischen Uhrenmarkt fernzuhalten, bestünden nicht. Der über sie verhängte Boykott sei daher unzulässig.
C.- Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Er bestritt das Vorliegen eines Boykottes, da die Klägerin ihre Erzeugnisse in der Schweiz auch absetzen könne, ohne dem Groupement anzugehören. Die Kantone Genf, Neuenburg und Tessin seien überhaupt frei, und auch in der übrigen Schweiz bestünden zahlreiche Uhrengeschäfte, die der Konvention nicht unterstehen. Die Klägerin habe jedoch keine nennenswerten Anstrengungen unternommen, um sich auf dem Schweizer Markt durchzusetzen. So nütze sie die in den drei freien Kantonen bestehenden Möglichkeiten nicht aus und betreibe keine intensive Propaganda. Anderseits gab der Beklagte zu, dass die Klägerin die statutarischen Aufnahmebedingungen erfülle und dass seit 1945 andere Bewerber in den Verband aufgenommen worden seien.
D.- Der Appellationshof des Kantons Bern wies mit Urteil vom 12. Oktober 1955 die Klage ab. Die Begründung dieses Entscheides geht im wesentlichen dahin, es liege überhaupt kein Boykott der Klägerin vor; denn der Kartellvertrag zwischen dem Beklagten und dem ZVSU schaffe kein Monopol der beiden Verbände, sodass die Weigerung des Beklagten, die Klägerin aufzunehmen, diese nicht vom Schweizer Markt ausschliesse, sondern ihr lediglich die Betätigung auf diesem in einem allerdings erheblichen Masse erschwere.
E.- Gegen das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern ergriff die Klägerin die Berufung an des Bundesgericht mit dem erneuten Antrag auf Verurteilung des Beklagten, sie als Mitglied aufzunehmen, unter Androhung der gesetzlichen Folgen im Unterlassungsfalle, eventuell, sie auf die Liste der Lieferanten zu setzen, welche zur Belieferung der Mitglieder des ZVSU berechtigt sind. Das Begehren auf Schadenersatz hat die Klägerin nicht aufrechterhalten.
Der Beklagte beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Zulässigkeit der Berufung, die von Amteswegen zu prüfen ist, steht ausser Zweifel. Der Streit um die Mitgliedschaft bei einem Verein ist nach der Rechtsprechung eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne von Art. 44 OG und daher ohne Rücksicht auf den Streitwert berufungsfähig (BGE 51 II 527); denn der Entschluss einer Person, ob sie einem Verein angehören wolle oder nicht, erfolgt in Ausübung ihres durch Art. 28 ZGB geschützten Rechtes der Persönlichkeit. Dass im vorliegenden Falle die wirtschaftliche Seite des Rechts der Persönlichkeit in Frage steht, nämlich die Freiheit zur unbehinderten Teilnahme am wirtschaftlichen Wettbewerb, ändert nichts. Bei der Genossenschaft ist zwar nach der neuesten Rechtsprechung (BGE 80 II 75) der Streit um die Mitgliedschaft dann als vermögensrechtlich anzusehen, wenn das Interesse an der Mitgliedschaft rein finanzieller Art ist, wie z.B. bei Versicherungsgenossenschaften, insbesondere Krankenkassen. Die gestützt auf das Recht der wirtschaftlichen Persönlichkeit beanspruchte Zugehörigkeit zu einem Verein erschöpft sich indessen auf jeden Fall dort nicht in den damit verbundenen geldwerten Interessen, wo durch die Nichtaufnahme die wirtschaftliche Existenz in Frage gestellt wird. Aber auch wo dies nicht der Fall ist, sondern wie hier die Fernhaltung vom Verein lediglich eine Behinderung in der Betätigung der wirtschaftlichen Persönlichkeit zur Folge hat, überwiegt das persönlichkeitsrechtliche Element.
Wollte man aber in Anlehnung an die erwähnte Rechtsprechung zum Genossenschaftsrecht auch den vorliegenden Fall als vermögensrechtliche Streitigkeit ansehen, weil überwiegend finanzielle Interessen der Klägerin auf dem Spiele stünden, so wäre die Berufungsfähigkeit gleichwohl gegeben: Das Unternehmen der Klägerin weist zugestandenermassen einen Jahresumsatz von 11-12 Millionen Fr. auf. Es liegt deshalb auf der Hand, dass durch die Fernhaltung vom schweizerischen Markt oder doch mindestens von einem erheblichen Teil desselben, welche nach den Behauptungen der Klägerin die Nichtaufnahme in den beklagten Verein zur Folge hat, finanzielle Interessen in Mitleidenschaft gezogen werden, welche den Berufungsstreitwert von Fr. 4000.-- (bzw. von Fr. 8000.--für das mündliche Verfahren) weit übersteigen.
Auf die Berufung ist somit einzutreten.
2. Die Vorinstanz verneint das Vorliegen eines Boykottes, weil der Kartellvertrag zwischen dem Beklagten und dem ZVSU diesen beiden Verbänden keine Monopolstellung verschaffe und die Klägerin somit vom schweizerischen Markt nicht ausgeschlossen werde. Diese Auffassung verkennt indessen das Wesen des Boykottes, das nach der Rechtsprechung in der organisierten Meidung eines Gewerbetreibenden besteht, um ihn zu einem bestimmten aktiven oder passiven Verhalten zu veranlassen oder ihn für ein solches zu massregeln (BGE 76 II 285, BGE 81 II 122).
Eine organisierte Meidung im Sinne dieser Begriffsumschreibung ist im vorliegenden Falle gegeben: Auf Grund der in der Schweizer Konvention getroffenen Abmachungen sind die im ZVSU zusammengeschlossenen Geschäfte verpflichtet, Uhren einzig bei den dem Beklagten angehörenden Fabrikations- und Grosshandelsgeschäften zu beziehen; sie dürfen sich bei Aussenseitern nicht eindecken. Infolge der Weigerung, die Klägerin in den beklagten Verband aufzunehmen, ist ihr also verwehrt, ihre Erzeugnisse in gleicher Weise wie die Mitglieder des Beklagten bei den im ZVSU organisierten Geschäften abzusetzen. Sie wird von diesen durch den Nichtabschluss von Geschäften gemieden. Diese Meidung ist organisiert, da sie planmässig, im gemeinsamen Einverständnis der an der Konvention beteiligten Wiederverkaufsgeschäfte und auf Veranlassung des beklagten Verbandes erfolgt.
Auch das weitere Begriffsmerkmal ist erfüllt, dass die Klägerin durch die organisierte Meidung zu einem bestimmten Verhalten veranlasst werden soll, nämlich dazu, auf ihr Vorhaben zu verzichten, ihre Uhren auf dem schweizerischen Markt auch durch Wiederverkaufsgeschäfte zu vertreiben, die dem ZVSU angehören.
Damit sind sämtliche Merkmale eines Boykottes verwirklicht, und zwar handelt es sich um einen Verdrängungsboykott, der auf die Ausschaltung eines Konkurrenzunternehmens der Mitglieder des beklagten Verbandes aus einem bestimmten Wirtschaftsbereich gerichtet ist. Ob der Beklagte durch die mit dem ZVSU getroffenen Abmachungen seinen Mitgliedern eine Monopolstellung zu verschaffen bezwecke und vermöge, ob mit andern Worten die Klägerin vom Schweizer Markt gänzlich oder nur teilweise ausgeschlossen werde, ist entgegen der Meinung der Vorinstanz für die Frage nach dem Vorliegen eines Boykottes nicht massgebend. Die Vereinbarung des ausschliesslichen Verbandsverkehrs bedeutet für jeden, der die betreffende Geschäftstätigkeit ausübt oder ausüben möchte, aber nicht in den Verband aufgenommen wird, einen Boykott. Mass und Umfang der Auswirkungen der Meidung sind für die Entscheidung der grundsätzlichen Frage, ob ein Boykott vorliegt, nicht von Belang; sie haben lediglich Bedeutung für die Frage nach der Zulässigkeit des Boykottes.
Unerheblich ist sodann auch, dass die Kartellorganisation nicht im Hinblick auf die Klägerin geschaffen worden ist, sondern schon lange bestand, bevor ihr Aufnahmegesuch in den beklagten Verband abgewiesen wurde (BGE 76 II 286). Es bedarf auch keiner besonderen Verrufserklärung; eine solche ist überflüssig, wenn die organisierte Meidung wie hier durch ein bereits bestehendes Vertragssystem und die darauf beruhenden gegenseitigen Verpflichtungen der Beteiligten automatisch ausgelöst wird (BGE 76 II 287).
3. Ist mithin das Vorliegen eines Boykottes der Klägerin zu bejahen, so erhebt sich die weitere Frage nach seiner Zulässigkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist der Boykott nicht unter allen Umständen unstatthaft. Er stellt vielmehr ein an sich erlaubtes Kampfmittel im Wirtschaftsleben dar. Denn mit der Verabredung und Durchsetzung der kartellmässigen Unterlassungspflicht übt der Urheber eines Boykottes an sich lediglich ein Recht aus, das ihm kraft der durch die schweizerische Rechtsordnung gewährleisteten privatrechtlichen Vertrags- und Koalitionsfreiheit zusteht. Unzulässig ist ein Boykott jedoch, wenn der mit ihm verfolgte Zweck oder die angewendeten Mittel rechtswidrig sind oder gegen die guten Sitten verstossen, oder wenn zwischen dem vom Urheber des Boykottes angestrebten Vorteil und dem Schaden, den der durch die Massnahme Betroffene erleidet, ein offenbares Missverhältnis besteht. Ein solcher übermässiger Eingriff verstösst gegen die guten Sitten und bedeutet zugleich eine vor Art. 28 ZGB nicht mehr haltbare Verletzung des Rechts auf Entfaltung der wirtschaftlichen Persönlichkeit des Boykottierten, das den oben genannten Freiheitsrechten des Urhebers des Boykottes gegenübersteht und diese einschränkt (vgl. hiezu BGE 81 II 124,BGE 76 II 287,BGE 73 II 76,BGE 69 II 82). Dabei ist zu beachten, dass es genügt, wenn auch nur ein einziger der in Betracht kommenden Unzulässigkeitsgründe - Unerlaubtheit des Mittels oder des Zweckes oder Übermass des Eingriffes in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen - verwirklicht ist (BGE 76 II 293Erw. 5).
4. Unerlaubtheit der vom Beklagten verwendeten Mittel oder des mit der Kartellordnung angestrebten Zwecks behauptet die Klägerin mit Recht selber nicht. In der Tat kann der Abschluss von Vereinbarungen, durch die der ausschliessliche Verbandsverkehr eingeführt wird, für sich allein nicht als rechts- oder sittenwidrig angesehen werden; dasselbe gilt für den mit der Kartellordnung unmittelbar verfolgten Zweck, den Handel mit Qualitätsuhren zu fördern und gesunde Preisverhältnisse zu gewährleisten.
Es kann sich daher einzig fragen, ob der durch die Aufnahmeverweigerung gegen die Klägerin ausgelöste Boykott wegen übermässiger Schwere seiner Folgen unzulässig sei.
5. a) Hinsichtlich der Wirkungen, die der Boykott für die Klägerin zur Folge hat, ergibt sich auf Grund der Akten und der Feststellungen der Vorinstanz das folgende Bild: Als Nichtmitglied des Beklagten kann die Klägerin die der Schweizer Konvention angeschlossenen Uhrengeschäfte nicht beliefern. In der ganzen Schweiz (mit Ausnahme der drei freien Kantone Genf, Neuenburg und Tessin) gibt es 931 solche Konventionsgeschäfte. Ihnen stehen - einschliesslich des Gebietes der drei genannten freien Kantone - ungefähr gleich viele freie Geschäfte gegenüber. Jedoch gehören - wiederum abgesehen von den drei freien Kantonen - die sog. Spitzengeschäfte, d.h. die alteingesessenen führenden Uhrenfachgeschäfte, welche die bekanntesten Markenuhren wie Omega, Zenith, Longines, Rolex usw. verkaufen, fast ausnahmslos der Konvention an. Wie die Vorinstanz weiter feststellt, befinden sich allerdings auch unter den nicht zur Konvention gehörenden, also frei belieferbaren Geschäften im Konventionsgebiet mehrere sog. Spitzengeschäfte, und daneben gibt es noch eine Anzahl sog. guter Geschäfte. Ferner kann die Klägerin in den drei freien Kantonen Genf, Neuenburg und Tessin mit sämtlichen Geschäften, also auch mit allen dort befindlichen Spitzengeschäften, frei Handel treiben, wobei dem Platze Genf im schweizerischen Uhrenhandel hervorstechende Bedeutung zukommt.
b) Die Klägerin ist somit vom schweizerischen Uhrenmarkt nicht völlig ausgeschlossen. Sie hat vielmehr auf ihm noch eine gewisse Betätigungsmöglichkeit, der jedoch, wie auch die Vorinstanz anerkennt, sehr fühlbare Schranken gesetzt sind. Die rechtliche Tragweite dieser Beschränkung wird nun aber von der Vorinstanz infolge ihrer unzutreffenden grundsätzlichen Auffassung des Boykottbegriffs unrichtig beurteilt. Nach den von der Vorinstanz als beweiskräftig befundenen Aussagen des Zeugen Manser, des Präsidenten des Verbands schweizerischer Uhrenfachgeschäfte (also einer Organisation nicht der Konvention angehörender Uhrenhändler) ist es nämlich für den Verkauf in der Schweiz nötig, die Spitzengeschäfte beliefern zu können, und zwar auch für eine auf dem Weltmarkt bereits eingeführte Marke. Anders ausgedrückt vermag sich also eine Uhrenmarke auf dem Schweizer Markt nicht mit Erfolg durchzusetzen, wenn sie sich nicht um die Kundschaft der sog. Spitzengeschäfte in der ganzen Schweiz bewerben, sondern sich nur an die konventionsfreien, zumeist weniger bedeutenden Wiederverkaufsgeschäfte und an die sämtlichen Geschäfte in den drei freien Kantonen Genf, Neuenburg und Tessin wenden kann. Dadurch, dass die Klägerin infolge der Aufnahmeverweigerung des Beklagten daran gehindert wird, ihre Uhren in nahezu sämtlichen führenden Geschäften des Konventionsgebietes abzusetzen, wird sie von einem wesentlichen Teil des inländischen Uhrenhandels ausgeschlossen, und zwar gerade von dem Teil, der für den Verkauf in der Schweiz von grösster Bedeutung ist.
Daneben hat der Boykott für die Klägerin eine weitere Wirkung. Sie wird durch ihn überdies aus dem freien Wettbewerb mit andern Herstellern von Qualitätsuhren verdrängt. Wie der Zeuge Manser weiter ausgesagt hat, ist es für den Vertrieb einer Uhr wichtig, dass sie in einem angesehenen und alteingesessenen Geschäft ausgestellt werden kann. Mit der Nichtaufnahme durch den Beklagten wird nun aber der Klägerin infolge der Kartellbindung der dem ZVSU angeschlossenen Ladengeschäfte die Möglichkeit genommen, ihre Erzeugnisse - von den erwähnten Ausnahmen abgesehen - in den Schaufenstern der bedeutendsten Spitzengeschäfte der grossen Städte und Kurorte neben den bekannten Markenuhren auszustellen. Es ist ihr damit verwehrt, mit den bestbekannten Uhrenfabriken in unmittelbaren Wettbewerb zu treten, deren Erzeugnisse mit den ihrigen vergleichen zu lassen und so auf dem Markte bekannt zu werden. Darin liegt eine unannehmbare Behinderung der Klägerin im freien Wettbewerb; diese wird verhindert, ihre wirtschaftliche Tätigkeit nach ihrem Willen und ihren Absichten zu gestalten. Diese Möglichkeit soll aber einem schweizerischen Fabrikationsunternehmen, das seine Waren auf dem Schweizer Markt bekannt machen und absetzen will, nicht genommen werden können durch einen Boykott, sofern hiefür nicht schutzwürdige Interessen nachgewiesen sind, denen bei objektiver Betrachtung der Vorrang vor den Interessen der Klägerin an der freien Betätigung im Konventionsgebiet zuerkannt werden muss. Das durch Art. 31 BV gewährleistete System des freien Wettbewerbes darf ohne hinreichende Gründe auch durch privatrechtliche Abmachungen nicht vereitelt werden.
6. Rechtlich schutzwürdige Interessen seiner Verbandsmitglieder, der Uhrenindustrie oder der Volkswirtschaft im allgemeinen, die im Sinne der vorstehenden Ausführungen die Fernhaltung der Klägerin von der Betätigung im Konventionsgebiet als begründet erscheinen liessen, hat der Beklagte nicht geltend gemacht. Das anerkennt auch die Vorinstanz. Wenn sie es gleichwohl unterlassen hat, die daraus sich ergebenden rechtlichen Schlussfolgerungen zu ziehen, so ist dies ausschliesslich ihrer rechtlich unzutreffenden Auffassung des Boykottbegriffs zuzuschreiben.
a) In der schriftlichen Mitteilung der Abweisung des Aufnahmegesuches der Klägerin gab der Beklagte überhaupt keine Gründe an und verweigerte auch auf Anfrage der Klägerin hin deren Bekanntgabe. Erst in der schriftlichen Klagebeantwortung vor der kantonalen Instanz machte der Beklagte dann gewisse Gründe geltend, die nach seiner Auffassung die Nichtaufnahme der Klägerin zu rechtfertigen vermöchten. So wies er darauf hin, dass der Klägerin anlässlich der Gründung des Verbandes (1925) der Beitritt freigestanden wäre, dass sie aber hievon keinen Gebrauch gemacht habe. Allein das ist kein zulänglicher Grund, sie heute nicht aufzunehmen. Denn es ist unbestritten, dass die Klägerin damals ausschliesslich auf den Export nach den USA ausgerichtet war, während sie heute ihre Erzeugnisse auch nach andern Ländern ausführen und sich auch auf dem Schweizer Markt betätigen möchte. Die wirtschaftlichen Verhältnisse haben sich somit geändert. Hatte die Klägerin vor 30 Jahren kein Interesse an der Mitgliedschaft beim Beklagten, so ist heute das Gegenteil der Fall. Dazu kommt, dass nach den Aussagen des Sekretärs des Beklagten seit 1945 eine Anzahl von Unternehmen, die vorher ebenfalls nicht in der Schweiz gearbeitet hatten, in den Verband aufgenommen worden sind.
b) Der Beklagte beruft sich weiter darauf, dass seinerzeit der Schweizer Markt unter grossen finanziellen Opfern seiner Mitglieder saniert worden sei; indem die Klägerin heute auf diesem vorbereiteten Gebiet tätig sein wolle, ohne vorher entsprechende Opfer auf sich genommen zu haben, wolle sie ernten, wo sie nicht gesät habe. Auch dieser Einwand hält nicht stand. Nach Art. 20 der Statuten des Beklagten hat jedes neueintretende Mitglied ein Eintrittsgeld zu leisten, dessen Höhe von der Generalversammlung bestimmt wird. Dieses Eintrittsgeld stellt das Entgelt für die Vorteile dar, die das neue Mitglied mit seinem Beitritt erlangt. Bei der Festsetzung dieses Betrages kann den von den bisherigen Mitgliedern gebrachten finanziellen Opfern in gewissem Umfang Rechnung getragen werden. Abgesehen hievon hat sich der Beklagte durch Überlegungen dieser Art nicht davon abhalten lassen, seit 1945 andere Bewerber aufzunehmen, für die dasselbe galt wie für die Klägerin.
c) Der Beklagte scheint sodann die Nichtaufnahme der Klägerin damit begründen zu wollen, dass sie auf dem Schweizer Markt auch tätig sein könne, ohne dem Groupement anzugehören. Demgegenüber ist auf die oben gemachten Feststellungen hinsichtlich der Bedeutung zu verweisen, welche die Zugehörigkeit zum Beklagten für den Uhrenhandel in der Schweiz hat. Unbehelflich ist insbesondere auch der Einwand des Beklagten, die Klägerin könne auch als Nichtmitglied die dem ZVSU angeschlossenen Geschäfte auf dem Umweg über einen dem Verband angehörenden Grossisten beliefern. Denn wegen des vom Grossisten beanspruchten Zwischengewinnes würde sich entweder der Verkaufspreis der Erzeugnisse der Klägerin entsprechend erhöhen oder ihre Gewinnspanne sich entsprechend verringern. Dadurch würde die Konkurrenzfähigkeit der Klägerin aber derart beeinträchtigt, dass dieser Zugang zum Markt im Konventionsgebiet praktisch als für sie ungangbar erachtet werden muss.
d) Nach der Meinung des Beklagten kann sich die Klägerin über ihre Nichtaufnahme schon deswegen nicht beschweren, weil sie die gebotenen Möglichkeiten zur Durchdringung des Schweizer Marktes nicht ausgenützt habe. Das trifft nach den Feststellungen der Vorinstanz an sich zu, da die Klägerin in Genf nur in drei Geschäften, in Neuenburg nur in einem Geschäft und im Tessin überhaupt nicht vertreten ist. Die Klägerin begründet diese Zurückhaltung jedoch damit, dass die Unkosten einer vermehrten Betätigung in keinem tragbaren Verhältnis zum möglichen Absatz stünden, solange sie nicht den gesamten Schweizer Markt frei bearbeiten könne. Diese Erklärung leuchtet ein, wenn man in Betracht zieht, dass nach den Aussagen des Zeugen Manser die Einführung einer Uhrenmarke auf dem Markt sehr hohe Propagandakosten erfordert und dass gemäss den Darlegungen des Sekretärs des Beklagten z.B. die Propagandakosten für die Omegauhr in der Schweiz allein Fr. 200'000.-- - 300'000.--, diejenigen für Longines nach den Angaben des Zeugen Wirth über Fr. 100'000.-- im Jahr betragen.
e) Der Beklagte will schliesslich die Nichtaufnahme der Klägerin mit der Behauptung rechtfertigen, sie sei am Schweizer Markt gar nicht so sehr interessiert, sondern wolle nur in den Auslagen alteingesessener Spitzengeschäfte in Gesellschaft der berühmtesten Markenuhren glänzen und so für den Absatz ihrer Erzeugnisse im Ausland Propaganda machen. Allein abgesehen davon, dass das fehlende Interesse der Klägerin am Schweizer Markt nicht feststeht - behauptet sie selber doch das Gegenteil -, ist nicht einzusehen, warum der Klägerin im Gegensatz zu den Mitgliedern des beklagten Verbandes diese für Qualitätsuhren wichtige Reklamemöglichkeit verwehrt sein soll. Wie der Zeuge Manser hervorgehoben hat, ist es für den Verkauf nach dem Ausland von Bedeutung, dass eine Uhr in den guten alten Geschäften ausgestellt ist, wenn sie bekannt werden will. Dann kann aber das Bestreben der Klägerin, sich diese über die Landesgrenzen hinausreichende Propagandawirkung gleich wie die übrigen, dem Beklagten angehörenden Fabrikanten ebenfalls zu Nutze zu machen, keinen Grund für die Aufnahmeverweigerung abgeben.
f) Dass das bisherige Verhalten der Klägerin die Bestrebungen des Beklagten zur Aufrechterhaltung gesunder Marktverhältnisse durchkreuzt hätte oder dass angenommen werden könnte, sie würde sich in Zukunft den Zielen und Zwecken des Verbandes nicht unterordnen, behauptet der Beklagte selber nicht. Ebenso fehlt jede Andeutung, dass die Aufnahme der Klägerin in den beklagten Verband mit dem Kartellzweck irgendwie unvereinbar wäre oder dass bestimmte Interessen der schweizerischen Uhrenindustrie oder der Volkswirtschaft im allgemeinen gegen ihre Aufnahme sprächen.
Was der Beklagte zur Begründung der Aufnahmeverweigerung vorbringt, ist somit unstichhaltig. Ob das blosse Bestreben zur Ausschaltung eines nicht genehmen Konkurrenten oder eine rein persönliche Einstellung gegen die Klägerin für den Beschluss der Generalversammlung des Beklagten vom 6. Juli 1953 massgebend waren, kann dahingestellt bleiben. Denn sind die zur Rechtfertigung der Aufnahmeverweigerung vorgebrachten Gründe nicht stichhaltig, so spielt es keine ausschlaggebende Rolle, auf was für andere, ungenannte Beweggründe die Abweisung der Klägerin zurückzuführen ist.
7. Die Abwägung der gegenseitigen Interessen ergibt somit, dass der Beklagte kein rechtsschutzwürdiges Interesse an der Fernhaltung der Klägerin geltend zu machen vermag, während für diese die Nichtaufnahme eine wenn auch nicht existenzgefährdende, so doch schwerwiegende Beschränkung und Behinderung in der Einführung und im Absatz ihrer Erzeugnisse auf dem Schweizer Markt sowie eine Verdrängung aus dem freien Wettbewerb bedeutet. Bei diesem Sachverhalt verstösst die Nichtzulassung der Klägerin zum beklagten Verband wegen der einschneidenden Folgen, die zu den Vorteilen für die Mitglieder des Beklagten in keinem Verhältnis stehen, gegen die guten Sitten und verletzt das wirtschaftliche Persönlichkeitsrecht der Klägerin im Sinne von Art. 28 ZGB. Der gegen sie gerichtete Boykott ist somit unzulässig, und sie hat Anspruch auf dessen Aufhebung.
8. Der einfachste und zweckmässigste Weg hiezu ist die Aufnahme der Klägerin in den beklagten Verband, wie die Klägerin dies mit ihrem Klagebegehren in erster Linie verlangt. Gegenüber einer blossen Lockerung der Sperre in dem Sinn, dass die Klägerin zur Belieferung der Mitglieder des ZVSU zugelassen wird, erscheint die Aufnahme in den Verband als die zweckmässigere Lösung, weil damit die Klägerin auch die aus der Mitgliedschaft fliessenden Pflichten auf sich nimmt, die auf die Aufrechterhaltung gesunder Preis- und Absatzverhältnisse auf dem schweizerischen Uhrenmarkt gerichteten Bestrebungen zu unterstützen und sich den vom Beklagten zu diesem Zweck getroffenen Anordnungen zu unterziehen.
Der Beklagte widersetzt sich dem Aufnahmebegehren der Klägerin unter Hinweis darauf, dass er als Verein befugt sei, einem Bewerber die Aufnahme auch ohne Grundangabe zu verweigern. Dieser Einwand ist jedoch nicht zu hören. Der Beklagte ist zwar äusserlich in die Rechtsform eines Vereins zu nicht wirtschaftlichen Zwecken im Sinne von Art. 60 ff. ZGB gekleidet. In Wirklichkeit handelt es sich aber bei ihm um einen Zusammenschluss von Gewerbetreibenden zur Verfolgung ausgesprochen wirtschaftlicher Ziele, wie die Zweckumschreibung in Art. 2 seiner Statuten klar erkennen lässt. Die dort genannten Ziele, nämlich die kollektive Verteidigung der allgemeinen Interessen der ihm angehörenden Fabrikanten und Grossisten - also nicht der Uhrenindustrie in ihrer Gesamtheit -, die Förderung und der Schutz des Uhrenhandels, die Vereinheitlichung der Verkaufs- und Zahlungsbedingungen, beziehen sich nicht auf irgendwelche ideale Zwecke, sondern sie sind darauf gerichtet, den Verbandsmitgliedern auf dem Wege der Marktregulierung eine Erhöhung des Umsatzes und des Gewinnes zu verschaffen. Es wäre daher sachlich richtiger und den Umständen angemessener gewesen, statt der Vereinsform diejenige der Genossenschaft zu wählen, bei der nach ausdrücklicher Gesetzesvorschrift (Art. 839 Abs. 2 OR) der Eintritt neuer Mitglieder nicht übermässig erschwert (und noch weniger überhaupt verunmöglicht) werden darf. Es ist daher geboten, bei Vereinen von der Art des Beklagten die genannte Bestimmung des Genossenschaftsrechts analog zur Anwendung zu bringen, wie dies schon im Falle desBGE 76 II 294angedeutet worden ist.
Die Klägerin stellt schliesslich das Begehren, der Beklagte sei unter Androhung der gesetzlichen Folgen im Unterlassungsfalle zu ihrer Aufnahme zu verpflichten. Allein das Prozessrecht des Bundes kennt für Berufungsurteile eine solche Strafandrohung nicht. Dem dahingehenden Berufungsantrag kann daher nicht entsprochen werden.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern vom 12. Oktober 1955 wird aufgehoben und der Berufungsbeklagte verpflichtet, die Berufungsklägerin als Mitglied aufzunehmen.
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de
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Boykott; Zulässigkeit der Berufung, Art. 44 OG, 28 ZGB, 41 OR. Nicht vermögensrechtliche Streitigkeit: Der Streit um die Mitgliedschaft bei einem Verein (Erw. 1).
Boykott, Begriff und Wesen; Verdrängungsboykott durch Nichtaufnahme in einen Verband (Erw. 2).
Voraussetzungen der Unzulässigkeit eines Boykotts (Erw. 3).
Unzulässigkeit wegen der Schwere der Folgen (Erw. 4-7).
Aufhebung des unzulässigen Boykotts durch Verpflichtung des Verbandes zur Aufnahme des Boykottierten (Erw. 8).
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de
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-292%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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1,711 |
82 II 292
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82 II 292
Sachverhalt ab Seite 293
A.- Das "Groupement des Fournisseurs d'Horlogerie, Marché Suisse" ist gemäss seinen Statuten ein im Jahre 1925 gegründeter Verein im Sinne von Art. 60 ff. ZGB. Er bezweckt nach Art. 2 der Statuten die kollektive Wahrung der allgemeinen Berufsinteressen seiner Mitglieder, sowie die Förderung des Verkaufs von Schweizer Uhren hoher Qualität durch möglichste Vereinheitlichung von Verkaufs- und Zahlungsbedingungen. Als Mitglieder können dem Groupement schweizerische Uhrenfabriken und Unternehmen des Uhrengrosshandels angehören.
Zwischen dem Groupement und dem Zentralverband Schweizerischer Uhrenmacher (ZVSU), einer Vereinigung von Ladengeschäften des Uhrenhandels, besteht ein Vertrag, die sog. Schweizer Konvention für den Uhrenhandel. Nach deren Art. 3 sind die Mitglieder des Groupement verpflichtet, im Gebiete der Konvention Uhren nur an die Mitglieder des ZVSU zu liefern, während anderseits die Mitglieder des ZVSU Uhren ausschliesslich bei den Mitgliedern des Groupement beziehen dürfen (Art. 4). Das Gebiet der Kantone Genf, Neuenburg und Tessin ist der Konvention nicht unterstellt. Die dort ansässigen Mitglieder des ZVSU sind daher im Einkauf der Uhren frei und können solche auch bei Fabriken oder Grossisten beziehen, die dem Groupement nicht angehören.
Neben dem ZVSU besteht ein von diesem unabhängiger Verband Schweiz. Uhrenfachgeschäfte. Überdies gibt es noch Uhrengeschäfte, die keiner Organisation angeschlossen sind.
Die Gruen Watch Mfg Co. SA ist eine 1903 gegründete A.-G. mit Sitz in Biel. Ihr Geschäftszweck ist die Fabrikation von Uhren und der Handel mit solchen. Sie war vorerst lange Jahre ausschliesslich auf den Export nach den USA eingestellt, wo sie eine eigene Verkaufsgesellschaft hat, die Gruen Watch Comp. Inc. in Cincinnati. In den Jahren 1928-1939 verkaufte sie in Zusammenarbeit mit der Firma "Alpina" auch Uhren in der Schweiz, gab dies dann aber wegen des in den Krisenjahren eingetretenen Umsatzrückganges auf. Um nicht ausschliesslich vom Export nach den USA abhängig zu sein, nahm sie nach dem zweiten Weltkrieg Bestrebungen auf, ihre Erzeugnisse auch in andern Staaten abzusetzen und gründete zu diesem Zwecke die Gruen Watch Export Co. SA in Genf.
Am 23. März 1953 stellte die Uhrenfabrik Gruen das Gesuch um Aufnahme in das Groupement. Sie begründete dieses Begehren mit dem Wunsche, ihre Erzeugnisse auch auf dem Schweizer Markt verkaufen zu können.
Mit Generalversammlungsbeschluss vom 6. Juli 1953 lehnte jedoch das Groupement dieses Aufnahmegesuch ab und gab hievon der Bewerberin mit Schreiben vom 11. Juli 1953 Kenntnis, ohne die Gründe für die Aufnahmeverweigerung zu nennen.
B.- Am 16. Februar 1954 erhob die Firma Gruen Klage gegen das Groupement mit dem Begehren, der Beklagte sei zu verurteilen, sie als Mitglied aufzunehmen, unter Androhung der gesetzlichen Folgen im Unterlassungsfalle; eventuell sei die Klägerin auf die Liste der Lieferanten zu setzen, welche zur Belieferung der Mitglieder des ZVSU berechtigt sind. Ferner forderte sie eine gerichtlich zu bestimmende Schadenersatzsumme. Zur Begründung machte sie geltend, die Weigerung des Beklagten, sie als Mitglied aufzunehmen, stelle zusammen mit den Auswirkungen der durch die Schweizer Konvention geschaffenen Kartellordnung einen Verdrängungsboykott dar, der darauf gerichtet sei, sie als Konkurrenzunternehmen der Mitglieder des Beklagten auf dem schweizerischen Uhrenmarkt auszuschalten; denn es werde ihr auf diese Weise verunmöglicht, die von ihr hergestellten Uhren in der Schweiz abzusetzen. Ihre Existenz werde zwar dadurch nicht bedroht, aber sie werde doch in ihrer Geschäftstätigkeit in übermässiger Weise behindert. Schutzwürdige Interessen des Beklagten, die Klägerin vom schweizerischen Uhrenmarkt fernzuhalten, bestünden nicht. Der über sie verhängte Boykott sei daher unzulässig.
C.- Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Er bestritt das Vorliegen eines Boykottes, da die Klägerin ihre Erzeugnisse in der Schweiz auch absetzen könne, ohne dem Groupement anzugehören. Die Kantone Genf, Neuenburg und Tessin seien überhaupt frei, und auch in der übrigen Schweiz bestünden zahlreiche Uhrengeschäfte, die der Konvention nicht unterstehen. Die Klägerin habe jedoch keine nennenswerten Anstrengungen unternommen, um sich auf dem Schweizer Markt durchzusetzen. So nütze sie die in den drei freien Kantonen bestehenden Möglichkeiten nicht aus und betreibe keine intensive Propaganda. Anderseits gab der Beklagte zu, dass die Klägerin die statutarischen Aufnahmebedingungen erfülle und dass seit 1945 andere Bewerber in den Verband aufgenommen worden seien.
D.- Der Appellationshof des Kantons Bern wies mit Urteil vom 12. Oktober 1955 die Klage ab. Die Begründung dieses Entscheides geht im wesentlichen dahin, es liege überhaupt kein Boykott der Klägerin vor; denn der Kartellvertrag zwischen dem Beklagten und dem ZVSU schaffe kein Monopol der beiden Verbände, sodass die Weigerung des Beklagten, die Klägerin aufzunehmen, diese nicht vom Schweizer Markt ausschliesse, sondern ihr lediglich die Betätigung auf diesem in einem allerdings erheblichen Masse erschwere.
E.- Gegen das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern ergriff die Klägerin die Berufung an des Bundesgericht mit dem erneuten Antrag auf Verurteilung des Beklagten, sie als Mitglied aufzunehmen, unter Androhung der gesetzlichen Folgen im Unterlassungsfalle, eventuell, sie auf die Liste der Lieferanten zu setzen, welche zur Belieferung der Mitglieder des ZVSU berechtigt sind. Das Begehren auf Schadenersatz hat die Klägerin nicht aufrechterhalten.
Der Beklagte beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Zulässigkeit der Berufung, die von Amteswegen zu prüfen ist, steht ausser Zweifel. Der Streit um die Mitgliedschaft bei einem Verein ist nach der Rechtsprechung eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne von Art. 44 OG und daher ohne Rücksicht auf den Streitwert berufungsfähig (BGE 51 II 527); denn der Entschluss einer Person, ob sie einem Verein angehören wolle oder nicht, erfolgt in Ausübung ihres durch Art. 28 ZGB geschützten Rechtes der Persönlichkeit. Dass im vorliegenden Falle die wirtschaftliche Seite des Rechts der Persönlichkeit in Frage steht, nämlich die Freiheit zur unbehinderten Teilnahme am wirtschaftlichen Wettbewerb, ändert nichts. Bei der Genossenschaft ist zwar nach der neuesten Rechtsprechung (BGE 80 II 75) der Streit um die Mitgliedschaft dann als vermögensrechtlich anzusehen, wenn das Interesse an der Mitgliedschaft rein finanzieller Art ist, wie z.B. bei Versicherungsgenossenschaften, insbesondere Krankenkassen. Die gestützt auf das Recht der wirtschaftlichen Persönlichkeit beanspruchte Zugehörigkeit zu einem Verein erschöpft sich indessen auf jeden Fall dort nicht in den damit verbundenen geldwerten Interessen, wo durch die Nichtaufnahme die wirtschaftliche Existenz in Frage gestellt wird. Aber auch wo dies nicht der Fall ist, sondern wie hier die Fernhaltung vom Verein lediglich eine Behinderung in der Betätigung der wirtschaftlichen Persönlichkeit zur Folge hat, überwiegt das persönlichkeitsrechtliche Element.
Wollte man aber in Anlehnung an die erwähnte Rechtsprechung zum Genossenschaftsrecht auch den vorliegenden Fall als vermögensrechtliche Streitigkeit ansehen, weil überwiegend finanzielle Interessen der Klägerin auf dem Spiele stünden, so wäre die Berufungsfähigkeit gleichwohl gegeben: Das Unternehmen der Klägerin weist zugestandenermassen einen Jahresumsatz von 11-12 Millionen Fr. auf. Es liegt deshalb auf der Hand, dass durch die Fernhaltung vom schweizerischen Markt oder doch mindestens von einem erheblichen Teil desselben, welche nach den Behauptungen der Klägerin die Nichtaufnahme in den beklagten Verein zur Folge hat, finanzielle Interessen in Mitleidenschaft gezogen werden, welche den Berufungsstreitwert von Fr. 4000.-- (bzw. von Fr. 8000.--für das mündliche Verfahren) weit übersteigen.
Auf die Berufung ist somit einzutreten.
2. Die Vorinstanz verneint das Vorliegen eines Boykottes, weil der Kartellvertrag zwischen dem Beklagten und dem ZVSU diesen beiden Verbänden keine Monopolstellung verschaffe und die Klägerin somit vom schweizerischen Markt nicht ausgeschlossen werde. Diese Auffassung verkennt indessen das Wesen des Boykottes, das nach der Rechtsprechung in der organisierten Meidung eines Gewerbetreibenden besteht, um ihn zu einem bestimmten aktiven oder passiven Verhalten zu veranlassen oder ihn für ein solches zu massregeln (BGE 76 II 285, BGE 81 II 122).
Eine organisierte Meidung im Sinne dieser Begriffsumschreibung ist im vorliegenden Falle gegeben: Auf Grund der in der Schweizer Konvention getroffenen Abmachungen sind die im ZVSU zusammengeschlossenen Geschäfte verpflichtet, Uhren einzig bei den dem Beklagten angehörenden Fabrikations- und Grosshandelsgeschäften zu beziehen; sie dürfen sich bei Aussenseitern nicht eindecken. Infolge der Weigerung, die Klägerin in den beklagten Verband aufzunehmen, ist ihr also verwehrt, ihre Erzeugnisse in gleicher Weise wie die Mitglieder des Beklagten bei den im ZVSU organisierten Geschäften abzusetzen. Sie wird von diesen durch den Nichtabschluss von Geschäften gemieden. Diese Meidung ist organisiert, da sie planmässig, im gemeinsamen Einverständnis der an der Konvention beteiligten Wiederverkaufsgeschäfte und auf Veranlassung des beklagten Verbandes erfolgt.
Auch das weitere Begriffsmerkmal ist erfüllt, dass die Klägerin durch die organisierte Meidung zu einem bestimmten Verhalten veranlasst werden soll, nämlich dazu, auf ihr Vorhaben zu verzichten, ihre Uhren auf dem schweizerischen Markt auch durch Wiederverkaufsgeschäfte zu vertreiben, die dem ZVSU angehören.
Damit sind sämtliche Merkmale eines Boykottes verwirklicht, und zwar handelt es sich um einen Verdrängungsboykott, der auf die Ausschaltung eines Konkurrenzunternehmens der Mitglieder des beklagten Verbandes aus einem bestimmten Wirtschaftsbereich gerichtet ist. Ob der Beklagte durch die mit dem ZVSU getroffenen Abmachungen seinen Mitgliedern eine Monopolstellung zu verschaffen bezwecke und vermöge, ob mit andern Worten die Klägerin vom Schweizer Markt gänzlich oder nur teilweise ausgeschlossen werde, ist entgegen der Meinung der Vorinstanz für die Frage nach dem Vorliegen eines Boykottes nicht massgebend. Die Vereinbarung des ausschliesslichen Verbandsverkehrs bedeutet für jeden, der die betreffende Geschäftstätigkeit ausübt oder ausüben möchte, aber nicht in den Verband aufgenommen wird, einen Boykott. Mass und Umfang der Auswirkungen der Meidung sind für die Entscheidung der grundsätzlichen Frage, ob ein Boykott vorliegt, nicht von Belang; sie haben lediglich Bedeutung für die Frage nach der Zulässigkeit des Boykottes.
Unerheblich ist sodann auch, dass die Kartellorganisation nicht im Hinblick auf die Klägerin geschaffen worden ist, sondern schon lange bestand, bevor ihr Aufnahmegesuch in den beklagten Verband abgewiesen wurde (BGE 76 II 286). Es bedarf auch keiner besonderen Verrufserklärung; eine solche ist überflüssig, wenn die organisierte Meidung wie hier durch ein bereits bestehendes Vertragssystem und die darauf beruhenden gegenseitigen Verpflichtungen der Beteiligten automatisch ausgelöst wird (BGE 76 II 287).
3. Ist mithin das Vorliegen eines Boykottes der Klägerin zu bejahen, so erhebt sich die weitere Frage nach seiner Zulässigkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist der Boykott nicht unter allen Umständen unstatthaft. Er stellt vielmehr ein an sich erlaubtes Kampfmittel im Wirtschaftsleben dar. Denn mit der Verabredung und Durchsetzung der kartellmässigen Unterlassungspflicht übt der Urheber eines Boykottes an sich lediglich ein Recht aus, das ihm kraft der durch die schweizerische Rechtsordnung gewährleisteten privatrechtlichen Vertrags- und Koalitionsfreiheit zusteht. Unzulässig ist ein Boykott jedoch, wenn der mit ihm verfolgte Zweck oder die angewendeten Mittel rechtswidrig sind oder gegen die guten Sitten verstossen, oder wenn zwischen dem vom Urheber des Boykottes angestrebten Vorteil und dem Schaden, den der durch die Massnahme Betroffene erleidet, ein offenbares Missverhältnis besteht. Ein solcher übermässiger Eingriff verstösst gegen die guten Sitten und bedeutet zugleich eine vor Art. 28 ZGB nicht mehr haltbare Verletzung des Rechts auf Entfaltung der wirtschaftlichen Persönlichkeit des Boykottierten, das den oben genannten Freiheitsrechten des Urhebers des Boykottes gegenübersteht und diese einschränkt (vgl. hiezu BGE 81 II 124,BGE 76 II 287,BGE 73 II 76,BGE 69 II 82). Dabei ist zu beachten, dass es genügt, wenn auch nur ein einziger der in Betracht kommenden Unzulässigkeitsgründe - Unerlaubtheit des Mittels oder des Zweckes oder Übermass des Eingriffes in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen - verwirklicht ist (BGE 76 II 293Erw. 5).
4. Unerlaubtheit der vom Beklagten verwendeten Mittel oder des mit der Kartellordnung angestrebten Zwecks behauptet die Klägerin mit Recht selber nicht. In der Tat kann der Abschluss von Vereinbarungen, durch die der ausschliessliche Verbandsverkehr eingeführt wird, für sich allein nicht als rechts- oder sittenwidrig angesehen werden; dasselbe gilt für den mit der Kartellordnung unmittelbar verfolgten Zweck, den Handel mit Qualitätsuhren zu fördern und gesunde Preisverhältnisse zu gewährleisten.
Es kann sich daher einzig fragen, ob der durch die Aufnahmeverweigerung gegen die Klägerin ausgelöste Boykott wegen übermässiger Schwere seiner Folgen unzulässig sei.
5. a) Hinsichtlich der Wirkungen, die der Boykott für die Klägerin zur Folge hat, ergibt sich auf Grund der Akten und der Feststellungen der Vorinstanz das folgende Bild: Als Nichtmitglied des Beklagten kann die Klägerin die der Schweizer Konvention angeschlossenen Uhrengeschäfte nicht beliefern. In der ganzen Schweiz (mit Ausnahme der drei freien Kantone Genf, Neuenburg und Tessin) gibt es 931 solche Konventionsgeschäfte. Ihnen stehen - einschliesslich des Gebietes der drei genannten freien Kantone - ungefähr gleich viele freie Geschäfte gegenüber. Jedoch gehören - wiederum abgesehen von den drei freien Kantonen - die sog. Spitzengeschäfte, d.h. die alteingesessenen führenden Uhrenfachgeschäfte, welche die bekanntesten Markenuhren wie Omega, Zenith, Longines, Rolex usw. verkaufen, fast ausnahmslos der Konvention an. Wie die Vorinstanz weiter feststellt, befinden sich allerdings auch unter den nicht zur Konvention gehörenden, also frei belieferbaren Geschäften im Konventionsgebiet mehrere sog. Spitzengeschäfte, und daneben gibt es noch eine Anzahl sog. guter Geschäfte. Ferner kann die Klägerin in den drei freien Kantonen Genf, Neuenburg und Tessin mit sämtlichen Geschäften, also auch mit allen dort befindlichen Spitzengeschäften, frei Handel treiben, wobei dem Platze Genf im schweizerischen Uhrenhandel hervorstechende Bedeutung zukommt.
b) Die Klägerin ist somit vom schweizerischen Uhrenmarkt nicht völlig ausgeschlossen. Sie hat vielmehr auf ihm noch eine gewisse Betätigungsmöglichkeit, der jedoch, wie auch die Vorinstanz anerkennt, sehr fühlbare Schranken gesetzt sind. Die rechtliche Tragweite dieser Beschränkung wird nun aber von der Vorinstanz infolge ihrer unzutreffenden grundsätzlichen Auffassung des Boykottbegriffs unrichtig beurteilt. Nach den von der Vorinstanz als beweiskräftig befundenen Aussagen des Zeugen Manser, des Präsidenten des Verbands schweizerischer Uhrenfachgeschäfte (also einer Organisation nicht der Konvention angehörender Uhrenhändler) ist es nämlich für den Verkauf in der Schweiz nötig, die Spitzengeschäfte beliefern zu können, und zwar auch für eine auf dem Weltmarkt bereits eingeführte Marke. Anders ausgedrückt vermag sich also eine Uhrenmarke auf dem Schweizer Markt nicht mit Erfolg durchzusetzen, wenn sie sich nicht um die Kundschaft der sog. Spitzengeschäfte in der ganzen Schweiz bewerben, sondern sich nur an die konventionsfreien, zumeist weniger bedeutenden Wiederverkaufsgeschäfte und an die sämtlichen Geschäfte in den drei freien Kantonen Genf, Neuenburg und Tessin wenden kann. Dadurch, dass die Klägerin infolge der Aufnahmeverweigerung des Beklagten daran gehindert wird, ihre Uhren in nahezu sämtlichen führenden Geschäften des Konventionsgebietes abzusetzen, wird sie von einem wesentlichen Teil des inländischen Uhrenhandels ausgeschlossen, und zwar gerade von dem Teil, der für den Verkauf in der Schweiz von grösster Bedeutung ist.
Daneben hat der Boykott für die Klägerin eine weitere Wirkung. Sie wird durch ihn überdies aus dem freien Wettbewerb mit andern Herstellern von Qualitätsuhren verdrängt. Wie der Zeuge Manser weiter ausgesagt hat, ist es für den Vertrieb einer Uhr wichtig, dass sie in einem angesehenen und alteingesessenen Geschäft ausgestellt werden kann. Mit der Nichtaufnahme durch den Beklagten wird nun aber der Klägerin infolge der Kartellbindung der dem ZVSU angeschlossenen Ladengeschäfte die Möglichkeit genommen, ihre Erzeugnisse - von den erwähnten Ausnahmen abgesehen - in den Schaufenstern der bedeutendsten Spitzengeschäfte der grossen Städte und Kurorte neben den bekannten Markenuhren auszustellen. Es ist ihr damit verwehrt, mit den bestbekannten Uhrenfabriken in unmittelbaren Wettbewerb zu treten, deren Erzeugnisse mit den ihrigen vergleichen zu lassen und so auf dem Markte bekannt zu werden. Darin liegt eine unannehmbare Behinderung der Klägerin im freien Wettbewerb; diese wird verhindert, ihre wirtschaftliche Tätigkeit nach ihrem Willen und ihren Absichten zu gestalten. Diese Möglichkeit soll aber einem schweizerischen Fabrikationsunternehmen, das seine Waren auf dem Schweizer Markt bekannt machen und absetzen will, nicht genommen werden können durch einen Boykott, sofern hiefür nicht schutzwürdige Interessen nachgewiesen sind, denen bei objektiver Betrachtung der Vorrang vor den Interessen der Klägerin an der freien Betätigung im Konventionsgebiet zuerkannt werden muss. Das durch Art. 31 BV gewährleistete System des freien Wettbewerbes darf ohne hinreichende Gründe auch durch privatrechtliche Abmachungen nicht vereitelt werden.
6. Rechtlich schutzwürdige Interessen seiner Verbandsmitglieder, der Uhrenindustrie oder der Volkswirtschaft im allgemeinen, die im Sinne der vorstehenden Ausführungen die Fernhaltung der Klägerin von der Betätigung im Konventionsgebiet als begründet erscheinen liessen, hat der Beklagte nicht geltend gemacht. Das anerkennt auch die Vorinstanz. Wenn sie es gleichwohl unterlassen hat, die daraus sich ergebenden rechtlichen Schlussfolgerungen zu ziehen, so ist dies ausschliesslich ihrer rechtlich unzutreffenden Auffassung des Boykottbegriffs zuzuschreiben.
a) In der schriftlichen Mitteilung der Abweisung des Aufnahmegesuches der Klägerin gab der Beklagte überhaupt keine Gründe an und verweigerte auch auf Anfrage der Klägerin hin deren Bekanntgabe. Erst in der schriftlichen Klagebeantwortung vor der kantonalen Instanz machte der Beklagte dann gewisse Gründe geltend, die nach seiner Auffassung die Nichtaufnahme der Klägerin zu rechtfertigen vermöchten. So wies er darauf hin, dass der Klägerin anlässlich der Gründung des Verbandes (1925) der Beitritt freigestanden wäre, dass sie aber hievon keinen Gebrauch gemacht habe. Allein das ist kein zulänglicher Grund, sie heute nicht aufzunehmen. Denn es ist unbestritten, dass die Klägerin damals ausschliesslich auf den Export nach den USA ausgerichtet war, während sie heute ihre Erzeugnisse auch nach andern Ländern ausführen und sich auch auf dem Schweizer Markt betätigen möchte. Die wirtschaftlichen Verhältnisse haben sich somit geändert. Hatte die Klägerin vor 30 Jahren kein Interesse an der Mitgliedschaft beim Beklagten, so ist heute das Gegenteil der Fall. Dazu kommt, dass nach den Aussagen des Sekretärs des Beklagten seit 1945 eine Anzahl von Unternehmen, die vorher ebenfalls nicht in der Schweiz gearbeitet hatten, in den Verband aufgenommen worden sind.
b) Der Beklagte beruft sich weiter darauf, dass seinerzeit der Schweizer Markt unter grossen finanziellen Opfern seiner Mitglieder saniert worden sei; indem die Klägerin heute auf diesem vorbereiteten Gebiet tätig sein wolle, ohne vorher entsprechende Opfer auf sich genommen zu haben, wolle sie ernten, wo sie nicht gesät habe. Auch dieser Einwand hält nicht stand. Nach Art. 20 der Statuten des Beklagten hat jedes neueintretende Mitglied ein Eintrittsgeld zu leisten, dessen Höhe von der Generalversammlung bestimmt wird. Dieses Eintrittsgeld stellt das Entgelt für die Vorteile dar, die das neue Mitglied mit seinem Beitritt erlangt. Bei der Festsetzung dieses Betrages kann den von den bisherigen Mitgliedern gebrachten finanziellen Opfern in gewissem Umfang Rechnung getragen werden. Abgesehen hievon hat sich der Beklagte durch Überlegungen dieser Art nicht davon abhalten lassen, seit 1945 andere Bewerber aufzunehmen, für die dasselbe galt wie für die Klägerin.
c) Der Beklagte scheint sodann die Nichtaufnahme der Klägerin damit begründen zu wollen, dass sie auf dem Schweizer Markt auch tätig sein könne, ohne dem Groupement anzugehören. Demgegenüber ist auf die oben gemachten Feststellungen hinsichtlich der Bedeutung zu verweisen, welche die Zugehörigkeit zum Beklagten für den Uhrenhandel in der Schweiz hat. Unbehelflich ist insbesondere auch der Einwand des Beklagten, die Klägerin könne auch als Nichtmitglied die dem ZVSU angeschlossenen Geschäfte auf dem Umweg über einen dem Verband angehörenden Grossisten beliefern. Denn wegen des vom Grossisten beanspruchten Zwischengewinnes würde sich entweder der Verkaufspreis der Erzeugnisse der Klägerin entsprechend erhöhen oder ihre Gewinnspanne sich entsprechend verringern. Dadurch würde die Konkurrenzfähigkeit der Klägerin aber derart beeinträchtigt, dass dieser Zugang zum Markt im Konventionsgebiet praktisch als für sie ungangbar erachtet werden muss.
d) Nach der Meinung des Beklagten kann sich die Klägerin über ihre Nichtaufnahme schon deswegen nicht beschweren, weil sie die gebotenen Möglichkeiten zur Durchdringung des Schweizer Marktes nicht ausgenützt habe. Das trifft nach den Feststellungen der Vorinstanz an sich zu, da die Klägerin in Genf nur in drei Geschäften, in Neuenburg nur in einem Geschäft und im Tessin überhaupt nicht vertreten ist. Die Klägerin begründet diese Zurückhaltung jedoch damit, dass die Unkosten einer vermehrten Betätigung in keinem tragbaren Verhältnis zum möglichen Absatz stünden, solange sie nicht den gesamten Schweizer Markt frei bearbeiten könne. Diese Erklärung leuchtet ein, wenn man in Betracht zieht, dass nach den Aussagen des Zeugen Manser die Einführung einer Uhrenmarke auf dem Markt sehr hohe Propagandakosten erfordert und dass gemäss den Darlegungen des Sekretärs des Beklagten z.B. die Propagandakosten für die Omegauhr in der Schweiz allein Fr. 200'000.-- - 300'000.--, diejenigen für Longines nach den Angaben des Zeugen Wirth über Fr. 100'000.-- im Jahr betragen.
e) Der Beklagte will schliesslich die Nichtaufnahme der Klägerin mit der Behauptung rechtfertigen, sie sei am Schweizer Markt gar nicht so sehr interessiert, sondern wolle nur in den Auslagen alteingesessener Spitzengeschäfte in Gesellschaft der berühmtesten Markenuhren glänzen und so für den Absatz ihrer Erzeugnisse im Ausland Propaganda machen. Allein abgesehen davon, dass das fehlende Interesse der Klägerin am Schweizer Markt nicht feststeht - behauptet sie selber doch das Gegenteil -, ist nicht einzusehen, warum der Klägerin im Gegensatz zu den Mitgliedern des beklagten Verbandes diese für Qualitätsuhren wichtige Reklamemöglichkeit verwehrt sein soll. Wie der Zeuge Manser hervorgehoben hat, ist es für den Verkauf nach dem Ausland von Bedeutung, dass eine Uhr in den guten alten Geschäften ausgestellt ist, wenn sie bekannt werden will. Dann kann aber das Bestreben der Klägerin, sich diese über die Landesgrenzen hinausreichende Propagandawirkung gleich wie die übrigen, dem Beklagten angehörenden Fabrikanten ebenfalls zu Nutze zu machen, keinen Grund für die Aufnahmeverweigerung abgeben.
f) Dass das bisherige Verhalten der Klägerin die Bestrebungen des Beklagten zur Aufrechterhaltung gesunder Marktverhältnisse durchkreuzt hätte oder dass angenommen werden könnte, sie würde sich in Zukunft den Zielen und Zwecken des Verbandes nicht unterordnen, behauptet der Beklagte selber nicht. Ebenso fehlt jede Andeutung, dass die Aufnahme der Klägerin in den beklagten Verband mit dem Kartellzweck irgendwie unvereinbar wäre oder dass bestimmte Interessen der schweizerischen Uhrenindustrie oder der Volkswirtschaft im allgemeinen gegen ihre Aufnahme sprächen.
Was der Beklagte zur Begründung der Aufnahmeverweigerung vorbringt, ist somit unstichhaltig. Ob das blosse Bestreben zur Ausschaltung eines nicht genehmen Konkurrenten oder eine rein persönliche Einstellung gegen die Klägerin für den Beschluss der Generalversammlung des Beklagten vom 6. Juli 1953 massgebend waren, kann dahingestellt bleiben. Denn sind die zur Rechtfertigung der Aufnahmeverweigerung vorgebrachten Gründe nicht stichhaltig, so spielt es keine ausschlaggebende Rolle, auf was für andere, ungenannte Beweggründe die Abweisung der Klägerin zurückzuführen ist.
7. Die Abwägung der gegenseitigen Interessen ergibt somit, dass der Beklagte kein rechtsschutzwürdiges Interesse an der Fernhaltung der Klägerin geltend zu machen vermag, während für diese die Nichtaufnahme eine wenn auch nicht existenzgefährdende, so doch schwerwiegende Beschränkung und Behinderung in der Einführung und im Absatz ihrer Erzeugnisse auf dem Schweizer Markt sowie eine Verdrängung aus dem freien Wettbewerb bedeutet. Bei diesem Sachverhalt verstösst die Nichtzulassung der Klägerin zum beklagten Verband wegen der einschneidenden Folgen, die zu den Vorteilen für die Mitglieder des Beklagten in keinem Verhältnis stehen, gegen die guten Sitten und verletzt das wirtschaftliche Persönlichkeitsrecht der Klägerin im Sinne von Art. 28 ZGB. Der gegen sie gerichtete Boykott ist somit unzulässig, und sie hat Anspruch auf dessen Aufhebung.
8. Der einfachste und zweckmässigste Weg hiezu ist die Aufnahme der Klägerin in den beklagten Verband, wie die Klägerin dies mit ihrem Klagebegehren in erster Linie verlangt. Gegenüber einer blossen Lockerung der Sperre in dem Sinn, dass die Klägerin zur Belieferung der Mitglieder des ZVSU zugelassen wird, erscheint die Aufnahme in den Verband als die zweckmässigere Lösung, weil damit die Klägerin auch die aus der Mitgliedschaft fliessenden Pflichten auf sich nimmt, die auf die Aufrechterhaltung gesunder Preis- und Absatzverhältnisse auf dem schweizerischen Uhrenmarkt gerichteten Bestrebungen zu unterstützen und sich den vom Beklagten zu diesem Zweck getroffenen Anordnungen zu unterziehen.
Der Beklagte widersetzt sich dem Aufnahmebegehren der Klägerin unter Hinweis darauf, dass er als Verein befugt sei, einem Bewerber die Aufnahme auch ohne Grundangabe zu verweigern. Dieser Einwand ist jedoch nicht zu hören. Der Beklagte ist zwar äusserlich in die Rechtsform eines Vereins zu nicht wirtschaftlichen Zwecken im Sinne von Art. 60 ff. ZGB gekleidet. In Wirklichkeit handelt es sich aber bei ihm um einen Zusammenschluss von Gewerbetreibenden zur Verfolgung ausgesprochen wirtschaftlicher Ziele, wie die Zweckumschreibung in Art. 2 seiner Statuten klar erkennen lässt. Die dort genannten Ziele, nämlich die kollektive Verteidigung der allgemeinen Interessen der ihm angehörenden Fabrikanten und Grossisten - also nicht der Uhrenindustrie in ihrer Gesamtheit -, die Förderung und der Schutz des Uhrenhandels, die Vereinheitlichung der Verkaufs- und Zahlungsbedingungen, beziehen sich nicht auf irgendwelche ideale Zwecke, sondern sie sind darauf gerichtet, den Verbandsmitgliedern auf dem Wege der Marktregulierung eine Erhöhung des Umsatzes und des Gewinnes zu verschaffen. Es wäre daher sachlich richtiger und den Umständen angemessener gewesen, statt der Vereinsform diejenige der Genossenschaft zu wählen, bei der nach ausdrücklicher Gesetzesvorschrift (Art. 839 Abs. 2 OR) der Eintritt neuer Mitglieder nicht übermässig erschwert (und noch weniger überhaupt verunmöglicht) werden darf. Es ist daher geboten, bei Vereinen von der Art des Beklagten die genannte Bestimmung des Genossenschaftsrechts analog zur Anwendung zu bringen, wie dies schon im Falle desBGE 76 II 294angedeutet worden ist.
Die Klägerin stellt schliesslich das Begehren, der Beklagte sei unter Androhung der gesetzlichen Folgen im Unterlassungsfalle zu ihrer Aufnahme zu verpflichten. Allein das Prozessrecht des Bundes kennt für Berufungsurteile eine solche Strafandrohung nicht. Dem dahingehenden Berufungsantrag kann daher nicht entsprochen werden.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern vom 12. Oktober 1955 wird aufgehoben und der Berufungsbeklagte verpflichtet, die Berufungsklägerin als Mitglied aufzunehmen.
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de
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Boykott; recevabilité du recours en réforme, art. 44 OJ, 28 CC, 41 CO. Est une affaire non pécuniaire le litige relatif à l'admission dans une association (consid. 1).
Boykott, notion et nature; boycott tendant à l'évincement du boycotté, consistant dans le fait que celui-ci n'est pas admis dans une association (consid. 2).
Quand un boycott est-il illicite? (consid. 3).
Illicéité en raison des conséquences graves qu'entraîne cette mesure (consid. 4 à 7).
Suppression du boycott illicite par l'obligation, imposée à l'association, d'admettre le boycotté comme membre (consid. 8).
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fr
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-292%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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1,712 |
82 II 292
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82 II 292
Sachverhalt ab Seite 293
A.- Das "Groupement des Fournisseurs d'Horlogerie, Marché Suisse" ist gemäss seinen Statuten ein im Jahre 1925 gegründeter Verein im Sinne von Art. 60 ff. ZGB. Er bezweckt nach Art. 2 der Statuten die kollektive Wahrung der allgemeinen Berufsinteressen seiner Mitglieder, sowie die Förderung des Verkaufs von Schweizer Uhren hoher Qualität durch möglichste Vereinheitlichung von Verkaufs- und Zahlungsbedingungen. Als Mitglieder können dem Groupement schweizerische Uhrenfabriken und Unternehmen des Uhrengrosshandels angehören.
Zwischen dem Groupement und dem Zentralverband Schweizerischer Uhrenmacher (ZVSU), einer Vereinigung von Ladengeschäften des Uhrenhandels, besteht ein Vertrag, die sog. Schweizer Konvention für den Uhrenhandel. Nach deren Art. 3 sind die Mitglieder des Groupement verpflichtet, im Gebiete der Konvention Uhren nur an die Mitglieder des ZVSU zu liefern, während anderseits die Mitglieder des ZVSU Uhren ausschliesslich bei den Mitgliedern des Groupement beziehen dürfen (Art. 4). Das Gebiet der Kantone Genf, Neuenburg und Tessin ist der Konvention nicht unterstellt. Die dort ansässigen Mitglieder des ZVSU sind daher im Einkauf der Uhren frei und können solche auch bei Fabriken oder Grossisten beziehen, die dem Groupement nicht angehören.
Neben dem ZVSU besteht ein von diesem unabhängiger Verband Schweiz. Uhrenfachgeschäfte. Überdies gibt es noch Uhrengeschäfte, die keiner Organisation angeschlossen sind.
Die Gruen Watch Mfg Co. SA ist eine 1903 gegründete A.-G. mit Sitz in Biel. Ihr Geschäftszweck ist die Fabrikation von Uhren und der Handel mit solchen. Sie war vorerst lange Jahre ausschliesslich auf den Export nach den USA eingestellt, wo sie eine eigene Verkaufsgesellschaft hat, die Gruen Watch Comp. Inc. in Cincinnati. In den Jahren 1928-1939 verkaufte sie in Zusammenarbeit mit der Firma "Alpina" auch Uhren in der Schweiz, gab dies dann aber wegen des in den Krisenjahren eingetretenen Umsatzrückganges auf. Um nicht ausschliesslich vom Export nach den USA abhängig zu sein, nahm sie nach dem zweiten Weltkrieg Bestrebungen auf, ihre Erzeugnisse auch in andern Staaten abzusetzen und gründete zu diesem Zwecke die Gruen Watch Export Co. SA in Genf.
Am 23. März 1953 stellte die Uhrenfabrik Gruen das Gesuch um Aufnahme in das Groupement. Sie begründete dieses Begehren mit dem Wunsche, ihre Erzeugnisse auch auf dem Schweizer Markt verkaufen zu können.
Mit Generalversammlungsbeschluss vom 6. Juli 1953 lehnte jedoch das Groupement dieses Aufnahmegesuch ab und gab hievon der Bewerberin mit Schreiben vom 11. Juli 1953 Kenntnis, ohne die Gründe für die Aufnahmeverweigerung zu nennen.
B.- Am 16. Februar 1954 erhob die Firma Gruen Klage gegen das Groupement mit dem Begehren, der Beklagte sei zu verurteilen, sie als Mitglied aufzunehmen, unter Androhung der gesetzlichen Folgen im Unterlassungsfalle; eventuell sei die Klägerin auf die Liste der Lieferanten zu setzen, welche zur Belieferung der Mitglieder des ZVSU berechtigt sind. Ferner forderte sie eine gerichtlich zu bestimmende Schadenersatzsumme. Zur Begründung machte sie geltend, die Weigerung des Beklagten, sie als Mitglied aufzunehmen, stelle zusammen mit den Auswirkungen der durch die Schweizer Konvention geschaffenen Kartellordnung einen Verdrängungsboykott dar, der darauf gerichtet sei, sie als Konkurrenzunternehmen der Mitglieder des Beklagten auf dem schweizerischen Uhrenmarkt auszuschalten; denn es werde ihr auf diese Weise verunmöglicht, die von ihr hergestellten Uhren in der Schweiz abzusetzen. Ihre Existenz werde zwar dadurch nicht bedroht, aber sie werde doch in ihrer Geschäftstätigkeit in übermässiger Weise behindert. Schutzwürdige Interessen des Beklagten, die Klägerin vom schweizerischen Uhrenmarkt fernzuhalten, bestünden nicht. Der über sie verhängte Boykott sei daher unzulässig.
C.- Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Er bestritt das Vorliegen eines Boykottes, da die Klägerin ihre Erzeugnisse in der Schweiz auch absetzen könne, ohne dem Groupement anzugehören. Die Kantone Genf, Neuenburg und Tessin seien überhaupt frei, und auch in der übrigen Schweiz bestünden zahlreiche Uhrengeschäfte, die der Konvention nicht unterstehen. Die Klägerin habe jedoch keine nennenswerten Anstrengungen unternommen, um sich auf dem Schweizer Markt durchzusetzen. So nütze sie die in den drei freien Kantonen bestehenden Möglichkeiten nicht aus und betreibe keine intensive Propaganda. Anderseits gab der Beklagte zu, dass die Klägerin die statutarischen Aufnahmebedingungen erfülle und dass seit 1945 andere Bewerber in den Verband aufgenommen worden seien.
D.- Der Appellationshof des Kantons Bern wies mit Urteil vom 12. Oktober 1955 die Klage ab. Die Begründung dieses Entscheides geht im wesentlichen dahin, es liege überhaupt kein Boykott der Klägerin vor; denn der Kartellvertrag zwischen dem Beklagten und dem ZVSU schaffe kein Monopol der beiden Verbände, sodass die Weigerung des Beklagten, die Klägerin aufzunehmen, diese nicht vom Schweizer Markt ausschliesse, sondern ihr lediglich die Betätigung auf diesem in einem allerdings erheblichen Masse erschwere.
E.- Gegen das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern ergriff die Klägerin die Berufung an des Bundesgericht mit dem erneuten Antrag auf Verurteilung des Beklagten, sie als Mitglied aufzunehmen, unter Androhung der gesetzlichen Folgen im Unterlassungsfalle, eventuell, sie auf die Liste der Lieferanten zu setzen, welche zur Belieferung der Mitglieder des ZVSU berechtigt sind. Das Begehren auf Schadenersatz hat die Klägerin nicht aufrechterhalten.
Der Beklagte beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Zulässigkeit der Berufung, die von Amteswegen zu prüfen ist, steht ausser Zweifel. Der Streit um die Mitgliedschaft bei einem Verein ist nach der Rechtsprechung eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne von Art. 44 OG und daher ohne Rücksicht auf den Streitwert berufungsfähig (BGE 51 II 527); denn der Entschluss einer Person, ob sie einem Verein angehören wolle oder nicht, erfolgt in Ausübung ihres durch Art. 28 ZGB geschützten Rechtes der Persönlichkeit. Dass im vorliegenden Falle die wirtschaftliche Seite des Rechts der Persönlichkeit in Frage steht, nämlich die Freiheit zur unbehinderten Teilnahme am wirtschaftlichen Wettbewerb, ändert nichts. Bei der Genossenschaft ist zwar nach der neuesten Rechtsprechung (BGE 80 II 75) der Streit um die Mitgliedschaft dann als vermögensrechtlich anzusehen, wenn das Interesse an der Mitgliedschaft rein finanzieller Art ist, wie z.B. bei Versicherungsgenossenschaften, insbesondere Krankenkassen. Die gestützt auf das Recht der wirtschaftlichen Persönlichkeit beanspruchte Zugehörigkeit zu einem Verein erschöpft sich indessen auf jeden Fall dort nicht in den damit verbundenen geldwerten Interessen, wo durch die Nichtaufnahme die wirtschaftliche Existenz in Frage gestellt wird. Aber auch wo dies nicht der Fall ist, sondern wie hier die Fernhaltung vom Verein lediglich eine Behinderung in der Betätigung der wirtschaftlichen Persönlichkeit zur Folge hat, überwiegt das persönlichkeitsrechtliche Element.
Wollte man aber in Anlehnung an die erwähnte Rechtsprechung zum Genossenschaftsrecht auch den vorliegenden Fall als vermögensrechtliche Streitigkeit ansehen, weil überwiegend finanzielle Interessen der Klägerin auf dem Spiele stünden, so wäre die Berufungsfähigkeit gleichwohl gegeben: Das Unternehmen der Klägerin weist zugestandenermassen einen Jahresumsatz von 11-12 Millionen Fr. auf. Es liegt deshalb auf der Hand, dass durch die Fernhaltung vom schweizerischen Markt oder doch mindestens von einem erheblichen Teil desselben, welche nach den Behauptungen der Klägerin die Nichtaufnahme in den beklagten Verein zur Folge hat, finanzielle Interessen in Mitleidenschaft gezogen werden, welche den Berufungsstreitwert von Fr. 4000.-- (bzw. von Fr. 8000.--für das mündliche Verfahren) weit übersteigen.
Auf die Berufung ist somit einzutreten.
2. Die Vorinstanz verneint das Vorliegen eines Boykottes, weil der Kartellvertrag zwischen dem Beklagten und dem ZVSU diesen beiden Verbänden keine Monopolstellung verschaffe und die Klägerin somit vom schweizerischen Markt nicht ausgeschlossen werde. Diese Auffassung verkennt indessen das Wesen des Boykottes, das nach der Rechtsprechung in der organisierten Meidung eines Gewerbetreibenden besteht, um ihn zu einem bestimmten aktiven oder passiven Verhalten zu veranlassen oder ihn für ein solches zu massregeln (BGE 76 II 285, BGE 81 II 122).
Eine organisierte Meidung im Sinne dieser Begriffsumschreibung ist im vorliegenden Falle gegeben: Auf Grund der in der Schweizer Konvention getroffenen Abmachungen sind die im ZVSU zusammengeschlossenen Geschäfte verpflichtet, Uhren einzig bei den dem Beklagten angehörenden Fabrikations- und Grosshandelsgeschäften zu beziehen; sie dürfen sich bei Aussenseitern nicht eindecken. Infolge der Weigerung, die Klägerin in den beklagten Verband aufzunehmen, ist ihr also verwehrt, ihre Erzeugnisse in gleicher Weise wie die Mitglieder des Beklagten bei den im ZVSU organisierten Geschäften abzusetzen. Sie wird von diesen durch den Nichtabschluss von Geschäften gemieden. Diese Meidung ist organisiert, da sie planmässig, im gemeinsamen Einverständnis der an der Konvention beteiligten Wiederverkaufsgeschäfte und auf Veranlassung des beklagten Verbandes erfolgt.
Auch das weitere Begriffsmerkmal ist erfüllt, dass die Klägerin durch die organisierte Meidung zu einem bestimmten Verhalten veranlasst werden soll, nämlich dazu, auf ihr Vorhaben zu verzichten, ihre Uhren auf dem schweizerischen Markt auch durch Wiederverkaufsgeschäfte zu vertreiben, die dem ZVSU angehören.
Damit sind sämtliche Merkmale eines Boykottes verwirklicht, und zwar handelt es sich um einen Verdrängungsboykott, der auf die Ausschaltung eines Konkurrenzunternehmens der Mitglieder des beklagten Verbandes aus einem bestimmten Wirtschaftsbereich gerichtet ist. Ob der Beklagte durch die mit dem ZVSU getroffenen Abmachungen seinen Mitgliedern eine Monopolstellung zu verschaffen bezwecke und vermöge, ob mit andern Worten die Klägerin vom Schweizer Markt gänzlich oder nur teilweise ausgeschlossen werde, ist entgegen der Meinung der Vorinstanz für die Frage nach dem Vorliegen eines Boykottes nicht massgebend. Die Vereinbarung des ausschliesslichen Verbandsverkehrs bedeutet für jeden, der die betreffende Geschäftstätigkeit ausübt oder ausüben möchte, aber nicht in den Verband aufgenommen wird, einen Boykott. Mass und Umfang der Auswirkungen der Meidung sind für die Entscheidung der grundsätzlichen Frage, ob ein Boykott vorliegt, nicht von Belang; sie haben lediglich Bedeutung für die Frage nach der Zulässigkeit des Boykottes.
Unerheblich ist sodann auch, dass die Kartellorganisation nicht im Hinblick auf die Klägerin geschaffen worden ist, sondern schon lange bestand, bevor ihr Aufnahmegesuch in den beklagten Verband abgewiesen wurde (BGE 76 II 286). Es bedarf auch keiner besonderen Verrufserklärung; eine solche ist überflüssig, wenn die organisierte Meidung wie hier durch ein bereits bestehendes Vertragssystem und die darauf beruhenden gegenseitigen Verpflichtungen der Beteiligten automatisch ausgelöst wird (BGE 76 II 287).
3. Ist mithin das Vorliegen eines Boykottes der Klägerin zu bejahen, so erhebt sich die weitere Frage nach seiner Zulässigkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist der Boykott nicht unter allen Umständen unstatthaft. Er stellt vielmehr ein an sich erlaubtes Kampfmittel im Wirtschaftsleben dar. Denn mit der Verabredung und Durchsetzung der kartellmässigen Unterlassungspflicht übt der Urheber eines Boykottes an sich lediglich ein Recht aus, das ihm kraft der durch die schweizerische Rechtsordnung gewährleisteten privatrechtlichen Vertrags- und Koalitionsfreiheit zusteht. Unzulässig ist ein Boykott jedoch, wenn der mit ihm verfolgte Zweck oder die angewendeten Mittel rechtswidrig sind oder gegen die guten Sitten verstossen, oder wenn zwischen dem vom Urheber des Boykottes angestrebten Vorteil und dem Schaden, den der durch die Massnahme Betroffene erleidet, ein offenbares Missverhältnis besteht. Ein solcher übermässiger Eingriff verstösst gegen die guten Sitten und bedeutet zugleich eine vor Art. 28 ZGB nicht mehr haltbare Verletzung des Rechts auf Entfaltung der wirtschaftlichen Persönlichkeit des Boykottierten, das den oben genannten Freiheitsrechten des Urhebers des Boykottes gegenübersteht und diese einschränkt (vgl. hiezu BGE 81 II 124,BGE 76 II 287,BGE 73 II 76,BGE 69 II 82). Dabei ist zu beachten, dass es genügt, wenn auch nur ein einziger der in Betracht kommenden Unzulässigkeitsgründe - Unerlaubtheit des Mittels oder des Zweckes oder Übermass des Eingriffes in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen - verwirklicht ist (BGE 76 II 293Erw. 5).
4. Unerlaubtheit der vom Beklagten verwendeten Mittel oder des mit der Kartellordnung angestrebten Zwecks behauptet die Klägerin mit Recht selber nicht. In der Tat kann der Abschluss von Vereinbarungen, durch die der ausschliessliche Verbandsverkehr eingeführt wird, für sich allein nicht als rechts- oder sittenwidrig angesehen werden; dasselbe gilt für den mit der Kartellordnung unmittelbar verfolgten Zweck, den Handel mit Qualitätsuhren zu fördern und gesunde Preisverhältnisse zu gewährleisten.
Es kann sich daher einzig fragen, ob der durch die Aufnahmeverweigerung gegen die Klägerin ausgelöste Boykott wegen übermässiger Schwere seiner Folgen unzulässig sei.
5. a) Hinsichtlich der Wirkungen, die der Boykott für die Klägerin zur Folge hat, ergibt sich auf Grund der Akten und der Feststellungen der Vorinstanz das folgende Bild: Als Nichtmitglied des Beklagten kann die Klägerin die der Schweizer Konvention angeschlossenen Uhrengeschäfte nicht beliefern. In der ganzen Schweiz (mit Ausnahme der drei freien Kantone Genf, Neuenburg und Tessin) gibt es 931 solche Konventionsgeschäfte. Ihnen stehen - einschliesslich des Gebietes der drei genannten freien Kantone - ungefähr gleich viele freie Geschäfte gegenüber. Jedoch gehören - wiederum abgesehen von den drei freien Kantonen - die sog. Spitzengeschäfte, d.h. die alteingesessenen führenden Uhrenfachgeschäfte, welche die bekanntesten Markenuhren wie Omega, Zenith, Longines, Rolex usw. verkaufen, fast ausnahmslos der Konvention an. Wie die Vorinstanz weiter feststellt, befinden sich allerdings auch unter den nicht zur Konvention gehörenden, also frei belieferbaren Geschäften im Konventionsgebiet mehrere sog. Spitzengeschäfte, und daneben gibt es noch eine Anzahl sog. guter Geschäfte. Ferner kann die Klägerin in den drei freien Kantonen Genf, Neuenburg und Tessin mit sämtlichen Geschäften, also auch mit allen dort befindlichen Spitzengeschäften, frei Handel treiben, wobei dem Platze Genf im schweizerischen Uhrenhandel hervorstechende Bedeutung zukommt.
b) Die Klägerin ist somit vom schweizerischen Uhrenmarkt nicht völlig ausgeschlossen. Sie hat vielmehr auf ihm noch eine gewisse Betätigungsmöglichkeit, der jedoch, wie auch die Vorinstanz anerkennt, sehr fühlbare Schranken gesetzt sind. Die rechtliche Tragweite dieser Beschränkung wird nun aber von der Vorinstanz infolge ihrer unzutreffenden grundsätzlichen Auffassung des Boykottbegriffs unrichtig beurteilt. Nach den von der Vorinstanz als beweiskräftig befundenen Aussagen des Zeugen Manser, des Präsidenten des Verbands schweizerischer Uhrenfachgeschäfte (also einer Organisation nicht der Konvention angehörender Uhrenhändler) ist es nämlich für den Verkauf in der Schweiz nötig, die Spitzengeschäfte beliefern zu können, und zwar auch für eine auf dem Weltmarkt bereits eingeführte Marke. Anders ausgedrückt vermag sich also eine Uhrenmarke auf dem Schweizer Markt nicht mit Erfolg durchzusetzen, wenn sie sich nicht um die Kundschaft der sog. Spitzengeschäfte in der ganzen Schweiz bewerben, sondern sich nur an die konventionsfreien, zumeist weniger bedeutenden Wiederverkaufsgeschäfte und an die sämtlichen Geschäfte in den drei freien Kantonen Genf, Neuenburg und Tessin wenden kann. Dadurch, dass die Klägerin infolge der Aufnahmeverweigerung des Beklagten daran gehindert wird, ihre Uhren in nahezu sämtlichen führenden Geschäften des Konventionsgebietes abzusetzen, wird sie von einem wesentlichen Teil des inländischen Uhrenhandels ausgeschlossen, und zwar gerade von dem Teil, der für den Verkauf in der Schweiz von grösster Bedeutung ist.
Daneben hat der Boykott für die Klägerin eine weitere Wirkung. Sie wird durch ihn überdies aus dem freien Wettbewerb mit andern Herstellern von Qualitätsuhren verdrängt. Wie der Zeuge Manser weiter ausgesagt hat, ist es für den Vertrieb einer Uhr wichtig, dass sie in einem angesehenen und alteingesessenen Geschäft ausgestellt werden kann. Mit der Nichtaufnahme durch den Beklagten wird nun aber der Klägerin infolge der Kartellbindung der dem ZVSU angeschlossenen Ladengeschäfte die Möglichkeit genommen, ihre Erzeugnisse - von den erwähnten Ausnahmen abgesehen - in den Schaufenstern der bedeutendsten Spitzengeschäfte der grossen Städte und Kurorte neben den bekannten Markenuhren auszustellen. Es ist ihr damit verwehrt, mit den bestbekannten Uhrenfabriken in unmittelbaren Wettbewerb zu treten, deren Erzeugnisse mit den ihrigen vergleichen zu lassen und so auf dem Markte bekannt zu werden. Darin liegt eine unannehmbare Behinderung der Klägerin im freien Wettbewerb; diese wird verhindert, ihre wirtschaftliche Tätigkeit nach ihrem Willen und ihren Absichten zu gestalten. Diese Möglichkeit soll aber einem schweizerischen Fabrikationsunternehmen, das seine Waren auf dem Schweizer Markt bekannt machen und absetzen will, nicht genommen werden können durch einen Boykott, sofern hiefür nicht schutzwürdige Interessen nachgewiesen sind, denen bei objektiver Betrachtung der Vorrang vor den Interessen der Klägerin an der freien Betätigung im Konventionsgebiet zuerkannt werden muss. Das durch Art. 31 BV gewährleistete System des freien Wettbewerbes darf ohne hinreichende Gründe auch durch privatrechtliche Abmachungen nicht vereitelt werden.
6. Rechtlich schutzwürdige Interessen seiner Verbandsmitglieder, der Uhrenindustrie oder der Volkswirtschaft im allgemeinen, die im Sinne der vorstehenden Ausführungen die Fernhaltung der Klägerin von der Betätigung im Konventionsgebiet als begründet erscheinen liessen, hat der Beklagte nicht geltend gemacht. Das anerkennt auch die Vorinstanz. Wenn sie es gleichwohl unterlassen hat, die daraus sich ergebenden rechtlichen Schlussfolgerungen zu ziehen, so ist dies ausschliesslich ihrer rechtlich unzutreffenden Auffassung des Boykottbegriffs zuzuschreiben.
a) In der schriftlichen Mitteilung der Abweisung des Aufnahmegesuches der Klägerin gab der Beklagte überhaupt keine Gründe an und verweigerte auch auf Anfrage der Klägerin hin deren Bekanntgabe. Erst in der schriftlichen Klagebeantwortung vor der kantonalen Instanz machte der Beklagte dann gewisse Gründe geltend, die nach seiner Auffassung die Nichtaufnahme der Klägerin zu rechtfertigen vermöchten. So wies er darauf hin, dass der Klägerin anlässlich der Gründung des Verbandes (1925) der Beitritt freigestanden wäre, dass sie aber hievon keinen Gebrauch gemacht habe. Allein das ist kein zulänglicher Grund, sie heute nicht aufzunehmen. Denn es ist unbestritten, dass die Klägerin damals ausschliesslich auf den Export nach den USA ausgerichtet war, während sie heute ihre Erzeugnisse auch nach andern Ländern ausführen und sich auch auf dem Schweizer Markt betätigen möchte. Die wirtschaftlichen Verhältnisse haben sich somit geändert. Hatte die Klägerin vor 30 Jahren kein Interesse an der Mitgliedschaft beim Beklagten, so ist heute das Gegenteil der Fall. Dazu kommt, dass nach den Aussagen des Sekretärs des Beklagten seit 1945 eine Anzahl von Unternehmen, die vorher ebenfalls nicht in der Schweiz gearbeitet hatten, in den Verband aufgenommen worden sind.
b) Der Beklagte beruft sich weiter darauf, dass seinerzeit der Schweizer Markt unter grossen finanziellen Opfern seiner Mitglieder saniert worden sei; indem die Klägerin heute auf diesem vorbereiteten Gebiet tätig sein wolle, ohne vorher entsprechende Opfer auf sich genommen zu haben, wolle sie ernten, wo sie nicht gesät habe. Auch dieser Einwand hält nicht stand. Nach Art. 20 der Statuten des Beklagten hat jedes neueintretende Mitglied ein Eintrittsgeld zu leisten, dessen Höhe von der Generalversammlung bestimmt wird. Dieses Eintrittsgeld stellt das Entgelt für die Vorteile dar, die das neue Mitglied mit seinem Beitritt erlangt. Bei der Festsetzung dieses Betrages kann den von den bisherigen Mitgliedern gebrachten finanziellen Opfern in gewissem Umfang Rechnung getragen werden. Abgesehen hievon hat sich der Beklagte durch Überlegungen dieser Art nicht davon abhalten lassen, seit 1945 andere Bewerber aufzunehmen, für die dasselbe galt wie für die Klägerin.
c) Der Beklagte scheint sodann die Nichtaufnahme der Klägerin damit begründen zu wollen, dass sie auf dem Schweizer Markt auch tätig sein könne, ohne dem Groupement anzugehören. Demgegenüber ist auf die oben gemachten Feststellungen hinsichtlich der Bedeutung zu verweisen, welche die Zugehörigkeit zum Beklagten für den Uhrenhandel in der Schweiz hat. Unbehelflich ist insbesondere auch der Einwand des Beklagten, die Klägerin könne auch als Nichtmitglied die dem ZVSU angeschlossenen Geschäfte auf dem Umweg über einen dem Verband angehörenden Grossisten beliefern. Denn wegen des vom Grossisten beanspruchten Zwischengewinnes würde sich entweder der Verkaufspreis der Erzeugnisse der Klägerin entsprechend erhöhen oder ihre Gewinnspanne sich entsprechend verringern. Dadurch würde die Konkurrenzfähigkeit der Klägerin aber derart beeinträchtigt, dass dieser Zugang zum Markt im Konventionsgebiet praktisch als für sie ungangbar erachtet werden muss.
d) Nach der Meinung des Beklagten kann sich die Klägerin über ihre Nichtaufnahme schon deswegen nicht beschweren, weil sie die gebotenen Möglichkeiten zur Durchdringung des Schweizer Marktes nicht ausgenützt habe. Das trifft nach den Feststellungen der Vorinstanz an sich zu, da die Klägerin in Genf nur in drei Geschäften, in Neuenburg nur in einem Geschäft und im Tessin überhaupt nicht vertreten ist. Die Klägerin begründet diese Zurückhaltung jedoch damit, dass die Unkosten einer vermehrten Betätigung in keinem tragbaren Verhältnis zum möglichen Absatz stünden, solange sie nicht den gesamten Schweizer Markt frei bearbeiten könne. Diese Erklärung leuchtet ein, wenn man in Betracht zieht, dass nach den Aussagen des Zeugen Manser die Einführung einer Uhrenmarke auf dem Markt sehr hohe Propagandakosten erfordert und dass gemäss den Darlegungen des Sekretärs des Beklagten z.B. die Propagandakosten für die Omegauhr in der Schweiz allein Fr. 200'000.-- - 300'000.--, diejenigen für Longines nach den Angaben des Zeugen Wirth über Fr. 100'000.-- im Jahr betragen.
e) Der Beklagte will schliesslich die Nichtaufnahme der Klägerin mit der Behauptung rechtfertigen, sie sei am Schweizer Markt gar nicht so sehr interessiert, sondern wolle nur in den Auslagen alteingesessener Spitzengeschäfte in Gesellschaft der berühmtesten Markenuhren glänzen und so für den Absatz ihrer Erzeugnisse im Ausland Propaganda machen. Allein abgesehen davon, dass das fehlende Interesse der Klägerin am Schweizer Markt nicht feststeht - behauptet sie selber doch das Gegenteil -, ist nicht einzusehen, warum der Klägerin im Gegensatz zu den Mitgliedern des beklagten Verbandes diese für Qualitätsuhren wichtige Reklamemöglichkeit verwehrt sein soll. Wie der Zeuge Manser hervorgehoben hat, ist es für den Verkauf nach dem Ausland von Bedeutung, dass eine Uhr in den guten alten Geschäften ausgestellt ist, wenn sie bekannt werden will. Dann kann aber das Bestreben der Klägerin, sich diese über die Landesgrenzen hinausreichende Propagandawirkung gleich wie die übrigen, dem Beklagten angehörenden Fabrikanten ebenfalls zu Nutze zu machen, keinen Grund für die Aufnahmeverweigerung abgeben.
f) Dass das bisherige Verhalten der Klägerin die Bestrebungen des Beklagten zur Aufrechterhaltung gesunder Marktverhältnisse durchkreuzt hätte oder dass angenommen werden könnte, sie würde sich in Zukunft den Zielen und Zwecken des Verbandes nicht unterordnen, behauptet der Beklagte selber nicht. Ebenso fehlt jede Andeutung, dass die Aufnahme der Klägerin in den beklagten Verband mit dem Kartellzweck irgendwie unvereinbar wäre oder dass bestimmte Interessen der schweizerischen Uhrenindustrie oder der Volkswirtschaft im allgemeinen gegen ihre Aufnahme sprächen.
Was der Beklagte zur Begründung der Aufnahmeverweigerung vorbringt, ist somit unstichhaltig. Ob das blosse Bestreben zur Ausschaltung eines nicht genehmen Konkurrenten oder eine rein persönliche Einstellung gegen die Klägerin für den Beschluss der Generalversammlung des Beklagten vom 6. Juli 1953 massgebend waren, kann dahingestellt bleiben. Denn sind die zur Rechtfertigung der Aufnahmeverweigerung vorgebrachten Gründe nicht stichhaltig, so spielt es keine ausschlaggebende Rolle, auf was für andere, ungenannte Beweggründe die Abweisung der Klägerin zurückzuführen ist.
7. Die Abwägung der gegenseitigen Interessen ergibt somit, dass der Beklagte kein rechtsschutzwürdiges Interesse an der Fernhaltung der Klägerin geltend zu machen vermag, während für diese die Nichtaufnahme eine wenn auch nicht existenzgefährdende, so doch schwerwiegende Beschränkung und Behinderung in der Einführung und im Absatz ihrer Erzeugnisse auf dem Schweizer Markt sowie eine Verdrängung aus dem freien Wettbewerb bedeutet. Bei diesem Sachverhalt verstösst die Nichtzulassung der Klägerin zum beklagten Verband wegen der einschneidenden Folgen, die zu den Vorteilen für die Mitglieder des Beklagten in keinem Verhältnis stehen, gegen die guten Sitten und verletzt das wirtschaftliche Persönlichkeitsrecht der Klägerin im Sinne von Art. 28 ZGB. Der gegen sie gerichtete Boykott ist somit unzulässig, und sie hat Anspruch auf dessen Aufhebung.
8. Der einfachste und zweckmässigste Weg hiezu ist die Aufnahme der Klägerin in den beklagten Verband, wie die Klägerin dies mit ihrem Klagebegehren in erster Linie verlangt. Gegenüber einer blossen Lockerung der Sperre in dem Sinn, dass die Klägerin zur Belieferung der Mitglieder des ZVSU zugelassen wird, erscheint die Aufnahme in den Verband als die zweckmässigere Lösung, weil damit die Klägerin auch die aus der Mitgliedschaft fliessenden Pflichten auf sich nimmt, die auf die Aufrechterhaltung gesunder Preis- und Absatzverhältnisse auf dem schweizerischen Uhrenmarkt gerichteten Bestrebungen zu unterstützen und sich den vom Beklagten zu diesem Zweck getroffenen Anordnungen zu unterziehen.
Der Beklagte widersetzt sich dem Aufnahmebegehren der Klägerin unter Hinweis darauf, dass er als Verein befugt sei, einem Bewerber die Aufnahme auch ohne Grundangabe zu verweigern. Dieser Einwand ist jedoch nicht zu hören. Der Beklagte ist zwar äusserlich in die Rechtsform eines Vereins zu nicht wirtschaftlichen Zwecken im Sinne von Art. 60 ff. ZGB gekleidet. In Wirklichkeit handelt es sich aber bei ihm um einen Zusammenschluss von Gewerbetreibenden zur Verfolgung ausgesprochen wirtschaftlicher Ziele, wie die Zweckumschreibung in Art. 2 seiner Statuten klar erkennen lässt. Die dort genannten Ziele, nämlich die kollektive Verteidigung der allgemeinen Interessen der ihm angehörenden Fabrikanten und Grossisten - also nicht der Uhrenindustrie in ihrer Gesamtheit -, die Förderung und der Schutz des Uhrenhandels, die Vereinheitlichung der Verkaufs- und Zahlungsbedingungen, beziehen sich nicht auf irgendwelche ideale Zwecke, sondern sie sind darauf gerichtet, den Verbandsmitgliedern auf dem Wege der Marktregulierung eine Erhöhung des Umsatzes und des Gewinnes zu verschaffen. Es wäre daher sachlich richtiger und den Umständen angemessener gewesen, statt der Vereinsform diejenige der Genossenschaft zu wählen, bei der nach ausdrücklicher Gesetzesvorschrift (Art. 839 Abs. 2 OR) der Eintritt neuer Mitglieder nicht übermässig erschwert (und noch weniger überhaupt verunmöglicht) werden darf. Es ist daher geboten, bei Vereinen von der Art des Beklagten die genannte Bestimmung des Genossenschaftsrechts analog zur Anwendung zu bringen, wie dies schon im Falle desBGE 76 II 294angedeutet worden ist.
Die Klägerin stellt schliesslich das Begehren, der Beklagte sei unter Androhung der gesetzlichen Folgen im Unterlassungsfalle zu ihrer Aufnahme zu verpflichten. Allein das Prozessrecht des Bundes kennt für Berufungsurteile eine solche Strafandrohung nicht. Dem dahingehenden Berufungsantrag kann daher nicht entsprochen werden.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern vom 12. Oktober 1955 wird aufgehoben und der Berufungsbeklagte verpflichtet, die Berufungsklägerin als Mitglied aufzunehmen.
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de
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Boicottaggiio; ammissibilità del ricorso per riforma, art. 44 OG, 28 CC, 41 CO. Causa per diritti di carattere non pecuniario: il litigio concernente l'ammissione in un'associazione (consid. 1).
Boicottaggio, nozione e natura; boicottaggio tendente all'eliminazione economica mediante il rifiuto di ammissione in un'associazione (consid. 2).
Presupposti dell'illeceità d'un boicottaggio (consid. 3).
Illeceità a motivo della gravità delle conseguenze (consid. 4-7).
Soppressione del boicottaggio illecito mediante l'obbligo, imposto all'associazione, di accogliere il boicottato come membro (consid. 8).
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civil law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-292%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 308
Sachverhalt ab Seite 309
A.- Der Schweizerische Lithographenbund (SLB), eine Genossenschaft mit Sitz in Zürich, bezweckt "die Organisation und die Vertretung der beruflichen Interessen aller im Flachdruck (Lithographie, Lichtdruck), Tiefdruck, Kupferdruck, Chemigraphie und der in diesen Fächern verwandten Berufen Beschäftigten" (Art. 30 der Statuten). Es gehören ihm sogut wie alle Arbeitnehmer dieser Berufszweige an. Seine Mitglieder "bilden Sektionen, deren Gebiet vom Zentralvorstand festgesetzt wird" (Art. 27 der Statuten). "Jede Sektion gibt sich eine eigene Verwaltung und ein Statut nach Massgabe ihrer Verhältnisse und den Bestimmungen der Zentralstatuten. Die Sektionsstatuten sowie prinzipielle Abänderungen derselben unterliegen der Genehmigung des Zentralvorstandes" (Art. 28 der Statuten).
Zwischen dem SLB und dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer (VSLB), in dem praktisch alle Arbeitgeber des Buchdruckergewerbes organisiert sind, besteht seit langem ein als "Berufsordnung" (BO) bezeichneter Gesamtarbeitsvertrag, der unter anderem folgende Bestimmungen enthält:
"Art. 9. Die BO verpflichtet in bezug auf die in Art. 4 aufgezählten Berufsarten:
1. Die Mitglieder des Vereins schweizerischer Lithographiebesitzer, nur solche Gehilfen zu beschäftigen, die dem Schweizerischen Lithographenbund angehören;
2. die Mitglieder des Schweizerischen Lithographenbundes, nur in solchen Betrieben tätig zu sein, deren Inhaber dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer angehören.
Art. 10. Verliert ein Prinzipal oder Gehilfe durch Austritt oder Ausschluss die Mitgliedschaft bei seinem Verband, so hat das Tarifamt auf Antrag der einen Vertragspartei die andere zur raschestmöglichen Auflösung des mit dem Betreffenden abgeschlossenen Dienstverhältnisses zu verpflichten.
Die Mitglieder des VSLB dürfen nur für ihre Kundschaft und andere Mitglieder des VSLB oder von Verbänden arbeiten, mit welchen entsprechende vertragliche Bindungen bestehen.
Firmen des Lithographiegewerbes und der verwandten Branchen, welche dem VSLB nicht angehören, dürfen auf keinen Fall beliefert werden. Es ist den Gehilfen des SLB ausdrücklich verboten, ohne Einverständnis ihres Prinzipals für Dritte Arbeiten des Lithographiegewerbes und der verwandten Branchen auszuführen."
Anton Hauser, ein im Jahre 1902 geborener, verheirateter Retoucheur, war Mitglied des SLB und gehörte 1950/51 dessen Sektion Bern an. Im August 1951 wurde er arbeitslos. Da er in der Folge mit seinen Gewerkschaftsbeiträgen von wöchentlich Fr. 8.40 in Rückstand kam, schloss ihn die Sektion Bern mit Zustimmung des Zentralvorstandes nach einer Auseinandersetzung über seine Beitragspflicht am 1. Februar 1952 aus dem SLB aus. Der Ausschluss, gegen den Hauser sich beschwerte, wurde im Juni 1952 von der Delegiertenversammlung des SLB bestätigt.
Nachdem im Frühling 1952 eine letzte Stellenbewerbung in Bern aus nicht ersichtlichen Gründen erfolglos geblieben war, siedelte Hauser Anfang Juli 1952 nach Zürich über. Dort fand er auf 16. Juli 1952 bei der dem VSLB angehörenden Firma Gebr. Fretz AG auf ein von dieser aufgegebenes Inserat hin eine Stelle als Tiefdruck-Retoucheur. Da er seit 1928 nicht mehr als Tiefdruck-, sondern als Positivretoucheur gearbeitet hatte, musste er sich zunächst wieder einarbeiten. Für die Anlaufzeit wurden ein wöchentlicher Grundlohn von Fr. 115.-- sowie Teuerungs- und Familienzulagen von monatlich Fr. 262.-- vereinbart. Der Grundlohn war um Fr. 9.60 tiefer als der Durchschnitt des wöchentlichen Grundlohnes der dem Gesamtarbeitsvertrag unterstellten Arbeitnehmer.
Nachdem Hauser die Arbeit bei der Gebr. Fretz AG aufgenommen hatte, gaben ihm Vertrauensmänner des SLB aus diesem Betriebe zu verstehen, dass er wieder in den SLB eintreten müsse, falls er hier arbeiten wolle. Hauser schrieb daher der Lithographia Zürich, Sektion des SLB, am 26. Juli 1952:
"Nach 10-monatiger Arbeitslosigkeit bin ich vor 10 Tagen in die Firma Fretz als Tiefdruckretoucheur eingetreten, mit einem wöchentlichen Grundlohn von Fr. 115.--.
Mit den Lohnverhältnissen auf dem Platze Zürich, und in dieser Sparte wenig vertraut, versicherte mir der Inhaber des Geschäftes, dass dies ein guter Durchschnittslohn wäre.
Nach meinen nachherigen Erkundigungen trifft dies jedoch nicht zu. Ein guter Retoucheur, in meinem Alter 50 Jahre darf ruhig Fr. 130.-- verlangen, es sei denn, dass man sich als ,Lohndrücker' besonders gut eignet.
Ich habe nun die Absicht, nach Ablauf von 4 Wochen im Bureau einen Zuschlag von Fr. 10.- die Woche zu verlangen, allenfalls werde ich aus der Firma austreten und als selbständigerwerbender Graphiker weiterarbeiten.
Nun möchte ich Sie anfragen, ob die Statuten und die Berufsordnung diesen Ausnahmefall bewilligen können, ohne dass ich Mitglied des Schweiz. Lithographenbundes werde. Sollte die Firma den Zuschlag bewilligen, so werde ich natürlich alle rückständigen Beiträge rückwirkend vom Tage meines Eintritts an nachzahlen.
Laut verschiedenen Offerten, die mir zugegangen sind, versuchen die Firmen eine neue Teuerungszulage mit der Senkung des Grundlohnes auszugleichen. Nach meiner Auffassung müssen solche Bestrebungen energisch bekampft werden."
Die Lithographia Zürich antwortete Hauser am 28. Juli 1952 mit eingeschriebenem Brief:
"Ihr Schreiben vom 26. Juli 1952 beantwortend, teilen wir Ihnen mit, dass Sie die Firma Fretz sofort verlassen müssen, da Sie nicht mehr Mitglied unserer Organisation sind.
Sie wissen genau, dass Sie von der Sektion Bern ausgeschlossen worden sind und Ihr Rekurs betr. den Ausschluss von der Delegiertenversammlung einstimmig abgelehnt wurde."
Die Lithographia Zürich und der SLB verlangten von der Gebr. Fretz AG die sofortige Entlassung Hausers. Die Gebr. Fretz AG antwortete dem Sekretariat des SLB am 4. August 1952:
"Wir bestätigen Ihr Schreiben vom 31. Juli a.c.
Die Sektion Zürich des SLB hat uns bereits telephonisch über die Situation Anton Hauser orientiert. Bei seinem Engagement haben wir Herrn Hauser gefragt, ob er dem Verband angehöre, was er verneinte. Wir erklärten ihm, dass er nur als Mitglied eingestellt werden könne, worauf er uns meldete, dass er sich bereits angemeldet habe. Des weitern war uns nicht bekannt, dass Sie einen gelernten Gehilfen aus dem Verband ausschliessen können. Vielleicht wäre es vernünftiger gewesen, Sie hätten uns - da Sie ja wussten, bei wem er die Stelle antrat - seine Aufnahmeverweigerung kurz mitgeteilt. In Zukunft werden wir jedem einzelnen, den wir engagieren, die Mitgliederkarte verlangen.
Wir teilten der Sektion Zürich mit, dass Herr Hauser entlassen wird, sobald der jetzige Retoucheur, welcher in den Ferien weilt, zurückkehrt. Herr Hauser wurde in diesem Sinne orientiert.
Wir hoffen, Sie nehmen an, dass die Berufsordnung uns wohl bekannt ist, und in dem Sinne möchten wir Sie ersuchen, bevor Ihnen die Sachlage bekannt ist, Drohungen mit dem Tarifamt zu unterlassen. Solche Bemerkungen stören nur das gute Einvernehmen zwischen VSLB-Mitgliedern und SLB."
Nachdem zwei Tiefdruckretoucheure der Gebr. Fretz AG aus den Ferien zurück waren, wurde Hauser am 9. August 1952 von ihr entlassen. Er fand von da an keine neue Arbeitsstelle, weder als Tiefdruck- noch als Positivretoucheur.
B.- Mit Klage vom 21. September 1953 gegen den SLB und die Lithographia Zürich legte Hauser dem Bezirksgericht Zürich folgende Fragen zur Entscheidung vor:
"1. Ist die von den Beklagten gegenüber dem Kläger ausgesprochene Sperre als widerrechtlich zu erklären?
2. Sind die Beklagten verpflichtet, den Kläger auf erfolgtes Gesuch hin entweder in ihren Verband aufzunehmen oder ihn als Nichtverbandsmitglied bei einer dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer angeschlossenen Firma arbeiten zu lassen?
3. Haben die Beklagten dem Kläger als Schadenersatz Fr. 10'000.-- plus 5% Zins seit 1.8.1953, eventuell einen gerichtlich festzusetzenden Betrag zu bezahlen?
Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten."
Unter dem "Schadenersatz" gemäss Rechtsbegehren 3 verstand der Kläger gemäss Klagebegründung den Ersatz materiellen Schadens und die Leistung einer Geldsumme als Genugtuung.
Das Bezirksgericht Zürich erkannte am 29. Oktober 1954:
"1. Die von den Beklagten am 28. Juli 1952 dem Kläger gegenüber erwirkte Aussperrung von der Arbeit bei der Firma Gebr. Fretz AG wird als widerrechtlich erklärt.
2. Von der Erklärung der Beklagten, dass sie den Kläger auf gestelltes Gesuch hin wieder als Verbandsmitglied aufnehmen werden, wird Vormerk genommen.
3. Das Begehren, die Beklagten seien zu verpflichten, den Kläger als Nichtverbandsmitglied bei einer dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer angeschlossenen Firma arbeiten zu lassen, wird abgewiesen.
4. Die Beklagten werden solidarisch verpflichtet, an den Kläger die folgenden Beträge zu leisten:
Fr. 6876.-- als Schadenersatz und
Fr. 1000.-- als Genugtuung, je mit 5% Verzugszins seit 1. August 1953; die Mehrforderung des Klägers wird abgewiesen."
Das Bezirksgericht verurteilte ferner die Beklagten solidarisch zu den Gerichtskosten und zur Entschädigung des Klägers für den Prozess.
Der Kläger appellierte mit den Anträgen: 1. Ziffer 3 des Urteils sei aufzuheben und die Beklagten seien zu verpflichten, ihn als Nichtverbandsmitglied (eventuell unter Leistung eines Solidaritätsbeitrages) bei einer dem VSLB angeschlossenen Firma arbeiten zu lassen; 2. die Schadenersatz- und Genugtuungsforderung sei im eingeklagten Betrage von Fr. 10'000.-- zu schützen.
Die Beklagten beantragten auf dem Wege der Appellation, die Klage sei in allen Teilen abzuweisen.
Das Obergericht des Kantons Zürich nahm im Urteil vom 13. Mai 1955 Vormerk von der Erklärung des SLB, dass er bereit sei, den Kläger auf Gesuch hin wieder als Verbandsmitglied aufzunehmen. Es wies die Klagebegehren 1 und 3 ab, auferlegte die Gerichtskosten beider Instanzen dem Kläger und verurteilte diesen zu einer Prozessentschädigung an die Beklagten.
C.- Der Kläger hat die Berufung erklärt. Er beantragt:
"1. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich sei aufzuheben.
2. Die von den Beklagten gegenüber dem Kläger ausgesprochene Sperre sei widerrechtlich zu erklären (Rechtsfrage 1).
3. Es wird Vormerk genommen von der Erklärung des Beklagten 1, dass er bereit ist, den Kläger auf gestelltes Gesuch hin wieder in den Verband aufzunehmen (Rechtsfrage 2 a).
Die Beklagten seien zu verpflichten, den Kläger als Nichtverbandsmitglied (eventuell gegen Leistung eines Solidaritätsbeitrages) bei einer dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer angeschlossenen Firma arbeiten zu lassen (Rechtsfrage 2 b).
4. Die Beklagten haben dem Kläger Fr. 10'000.-- oder einen gerichtlich festzusetzenden Betrag zu bezahlen. Eventuell sei der Fall zur neuen Beurteilung und Beweisabnahme an die Vorinstanz zurückzuweisen (Rechtsfrage 3);
unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten."
Die Beklagten beantragen, die Berufung sei abzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Kläger leitet seinen Schadenersatz- und Genugtuungsanspruch aus einer unerlaubten Handlung im Sinne des Art. 41 OR ab und sieht sie darin, dass die Beklagten ihn unter Berufung auf Art. 9 ihrer Berufsordnung aus seiner Arbeitsstelle bei der Gebr. Fretz AG verdrängt hätten. Hiegegen wenden die Beklagten ein, nicht sie hätten eine unerlaubte Handlung begangen, sondern wenn eine solche überhaupt vorliege, falle sie der Firma Gebr. Fretz AG, die den Kläger entlassen habe, zur Last; die Klage sei daher abzuweisen, weil die Beklagten den behaupteten Schaden und die angebliche Verletzung in den persönlichen Verhältnissen nicht verursacht hätten.
Dieser Einwand hält nicht Stich. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Bezirksgerichts, auf die das Obergericht verweist und die daher das Bundesgericht binden, ist nicht nur der Kläger von der Lithographia Zürich durch das Schreiben vom 28. Juli 1952 in Kenntnis gesetzt worden, dass er als Aussenseiter die Gebr. Fretz AG sofort verlassen müsse; vielmehr haben die Beklagten in gegenseitigem Einvernehmen ihren Standpunkt auch dieser Firma mitgeteilt und sofortige Entlassung des Klägers verlangt. Aus dem Schreiben der Gebr. Fretz AG vom 31. Juli 1952 ergibt sich, dass sie ihr dabei gedroht haben, das Tarifamt anzurufen. Sie haben also ihr Begehren als einen aus der Berufsordnung abgeleiteten Rechtsanspruch hingestellt und dessen Durchsetzung auf dem Wege eines Schiedsverfahrens angedroht. Damit haben sie den Anstoss zur Entlassung des Klägers gegeben, sie also verursacht. Der ursächliche Zusammenhang zwischen ihrem Verhalten und der Entlassung des Klägers ist auch adäquat und damit rechtserheblich; denn es lag nicht ausserhalb des gewöhnlichen Laufes der Dinge, dass die Gebr. Fretz AG sich beugte.
2. Die Ansprüche aus unerlaubter Handlung setzen die Widerrechtlichkeit der Tat voraus (Art. 41 Abs. 1 OR).
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind kollektive Massnahmen wirtschaftlicher Art mit dem Zwecke, von Dritten ein bestimmtes Verhalten zu erzwingen oder sie wegen eines solchen zu massregeln, nicht schlechthin erlaubt. Sie sind unzulässig, wenn der verfolgte Zweck oder die angewendeten Mittel rechtswidrig sind oder den guten Sitten widersprechen oder wenn der angestrebte Vorteil zum zugefügten Schaden in einem offenbaren Missverhältnis steht.
InBGE 62 II 280wurde entschieden, ein solches könne unter Umständen selbst dann verneint werden, wenn die Massnahme die wirtschaftliche Existenz des Betroffenen vernichte. AuchBGE 76 II 287führt noch aus, ein Boykott mit so einschneidender Wirkung sei zulässig, wenn schutzwürdige Interessen des Urhebers die Fernhaltung des Boykottierten von dem in Frage stehenden Wirtschaftsgebiet erheischten. Unter Hinweis auf diese Rechtsprechung ist das Bezirksgericht der Auffassung, eine Absperrklausel von der Art des Art. 9 BO sei dann zulässig, wenn, wie im vorliegenden Falle, ihr Zweck sie rechtfertige. Das Bezirksgericht verkennt indessen, dass die Frage, ob zwischen dem verfolgten Zwecke und den Auswirkungen der Massnahme für den Betroffenen ein Missverhältnis bestehe, sich nicht stellt, wenn die Massnahme schon deshalb widerrechtlich ist, weil ihr Zweck oder das angewendete Mittel gegen die Rechtsordnung verstösst, insbesondere den guten Sitten widerspricht oder den Betroffenen in seiner vom Rechte (Art. 28 ZGB) geschützten Persönlichkeit verletzt.
Bei Massnahmen, die darauf ausgehen, einen Arbeitnehmer zum Eintritt in eine Gewerkschaft zu zwingen, trifft das sozusagen immer zu. Gegen die guten Sitten und das Recht der Persönlichkeit verstossen insbesondere Vereinbarungen, durch welche Arbeitgeber verpflichtet werden, nur Mitglieder der vertragsschliessenden Gewerkschaft zu beschäftigen (BGE 75 II 315). Mit solchen Absperrklauseln gehen die Vertragsschliessenden darauf aus, den Aussenseitern die berufliche Betätigung als Arbeitnehmer zu verunmöglichen oder so zu erschweren, dass sie um des täglichen Brotes willen der Gewerkschaft beitreten. Der Entschluss, einer solchen anzugehören oder nicht anzugehören, muss aber nach der in der Schweiz vorherrschenden Auffassung über die persönliche Freiheit ungezwungen gefasst werden können. Dass auch der Staat die persönliche Freiheit einschränkt, ändert nichts. Die Bildung von Gewerkschaften und die Zugehörigkeit zu solchen hat er der freien Vereinbarung überlassen. Damit verträgt es sich nicht, dass eine Gewerkschaft jemanden zum Eintritt zwingt, indem sie ihm sonst die Möglichkeit, sich und seine Familie durch berufliche Arbeit zu ernähren, unterbindet oder erschwert.
b) Die Absperrklausel der Berufsordnung für das Lithographiegewerbe hält somit vor der Rechtsordnung nicht stand. Die Beklagten handelten widerrechtlich, indem sie den Kläger, weil er ihnen nicht angehörte, von seiner Arbeitsstelle bei der Gebr. Fretz AG verdrängten.
Der Einwand der Beklagten, der Kläger habe sich unter Anrufung der Delegiertenversammlung dem Ausschluss aus dem SLB widersetzt, weshalb der Zwang zum Wiedereintritt ihn in seiner Persönlichkeit nicht verletze, vermag nicht, hiegegen aufzukommen. Auf die Rechte der Persönlichkeit kann nicht verzichtet werden. Indem der Kläger dem SLB angehörte und sich gegen den Ausschluss zur Wehr setzte, konnte er sich des Rechts, später aus freiem Entschluss dem Verbande fernzubleiben und als Nichtmitglied eine Arbeitsstelle zu versehen, nicht entäussern.
Ebensowenig hilft der Einwand, der Kläger wünsche noch im vorliegenden Prozesse, in den SLB aufgenommen zu werden. Das Obergericht hat ihn mit der Begründung geschützt, durch dieses Verlangen anerkenne er die Berufsordnung, womit dem Angriff gegen deren Art. 9 der Boden entzogen sei und die Beklagten den Kläger von seiner Arbeitsstelle hätten verdrängen dürfen, solange er den Beitritt zum SLB, dem sie sich nicht widersetzten, nicht erklärt habe. Dem Kläger kann jedoch nicht unterschoben werden, er habe durch das Begehren um Feststellung, dass die Beklagten ihn auf Gesuch hin entweder als Mitglied aufzunehmen oder ihn als Nichtmitglied bei einem dem VSLB angeschlossenen Arbeitgeber arbeiten zu lassen hätten (Klagebegehren 2), die Rechtmässigkeit ihrer gesamten Berufsordnung, insbesondere auch des Art. 9, anerkennen wollen. Es wäre widersinnig gewesen, einerseits vom Gericht die Feststellung zu verlangen, dass die sich auf Art. 9 BO stützende Verdrängung des Klägers von seiner Arbeitsstelle widerrechtlich sei (Klagebegehren 1) und die Beklagten dem Kläger deswegen Schadenersatz schuldeten (Klagebegehren 3), und anderseits durch die Äusserung der Beitrittsabsicht die Rechtmässigkeit eben dieser beanstandeten Bestimmung der Berufsordnung anerkennen zu wollen. Mit Klagebegehren 2 hat der Kläger nur die Absicht kundgetan, allenfalls in Zukunft dem SLB und einer seiner Sektionen beizutreten, um weiteren Verdrängungsversuchen der Beklagten aus dem Wege zu gehen. Dass er die Verdrängung eines Nichtmitgliedes als widerrechtlich betrachtet, ergibt sich nicht nur klar aus Begehren 1 und 3, die sich auf den in der Vergangenheit liegenden Vorfall stützen, sondern auch aus dem zweiten Teil des Begehrens 2 selbst, wo der Kläger für den Fall, dass er nicht aufgenommen werden sollte, die Feststellung verlangt, dass die Beklagten ihn auch als Aussenseiter bei einer dem VSLB angeschlossenen Firma arbeiten lassen müssten.
3. Die Schadenersatzklage aus Art. 41 OR setzt ein Verschulden des Handelnden voraus, sei es Absicht, sei es Fahrlässigkeit.
Im vorliegenden Falle liegt Absicht vor, denn die Verdrängung des Klägers erfolgte bewusst und gewollt. Dass sie widerrechtlich sei, weil sie den Kläger in seiner Persönlichkeit verletze und gegen die guten Sitten verstosse, brauchten die handelnden Organe der Beklagten nicht zu wissen. Wenn das Rechtsgefühl des Schädigers mit der Rechtsordnung nicht übereinstimmt, hat er selber, nicht der Geschädigte, den Nachteil daraus zu tragen. Der Einwand der Beklagten, sie seien sich der Rechts- und Sittenwidrigkeit nicht bewusst gewesen, weil ihre Berufsordnung seit über vierzig Jahren in Kraft stehe und täglich unangefochten angewendet worden sei, hilft schon aus diesem Grunde nicht.
4. Das Begehren des Klägers um Ersatz des durch die Verdrängung verursachten Schadens ist somit grundsätzlich begründet. Die Beklagten haben indessen in ihrer Eingabe vom 7. Februar 1955 an das Obergericht den Schaden bestritten und auch in Zweifel gezogen, dass der Kläger sich nach dem Verlust der Stelle um einen angemessenen anderen Verdienst bemüht habe. Da das Obergericht zu diesen Anbringen nicht Stellung genommen hat, ist die Sache zur Neubeurteilung des Schadenersatzanspruches zurückzuweisen.
5. Auch über den Genugtuungsanspruch gemäss Art. 49 OR ist neu zu urteilen. Das Verschulden der Beklagten ist schwer, da sie die Tat absichtlich begangen haben. Das Vorgehen der Beklagten ist umso unverständlicher, als der Kläger mit seinem Schreiben vom 26. Juli 1952 die Absicht geäussert hatte, dem SLB beizutreten und vom Tage der Stellenannahme an die Beiträge nachzuzahlen, falls die Gebr. Fretz AG ihm nach vier Wochen den Lohn erhöhen würde. Ohne auf die Anfrage, ob er inzwischen ausnahmsweise als Aussenseiter seine Stelle beibehalten dürfe, überhaupt einzutreten, stellten die Beklagten sich mit dem Schreiben vom 28. Juli 1952 schroff auf den Standpunkt, dass er die Arbeitsstelle sofort zu verlassen habe, da er durch einstimmigen Beschluss der Delegiertenversammlung der Sektion Bern aus dem SLB ausgeschlossen worden sei.
Auch ist der Kläger durch das Verhalten der Beklagten in seinen persönlichen Verhältnissen schwer verletzt worden. Da praktisch alle Arbeitgeber des Buchdruckergewerbes dem VSLB angehören, sah er sich vor erneuter Arbeitslosigkeit, nachdem er schon seit einem Jahre ohne Anstellung gewesen war.
Dem Entscheide der Vorinstanz vorbehalten bleiben dagegen die Fragen des von den Beklagten behaupteten Mitverschuldens des Klägers sowie der Höhe der Genugtuung.
6. Dem Rechtsbegehren 1 halten die Beklagten entgegen, die Feststellung der Widerrechtlichkeit sei nur Motiv zu den in Rechtsbegehren 3 verlangten Leistungen, weshalb sie mangels rechtlichen Interesses unzulässig sei.
Richtig ist, dass die Feststellungsklage, die an sich von Bundesrechts wegen gegeben ist (BGE 77 II 344), ein Interesse des Klägers an der Feststellung gegenüber dem Beklagten voraussetzt. Im vorliegenden Falle besteht aber ein solches. Der Kläger hat ein Interesse an der Feststellung namentlich dann, wenn seine Leistungsklage abgewiesen werden sollte. Es besteht aber auch sonst. Der Kläger ist noch immer das Opfer der Verdrängung aus seiner Arbeitsstelle bei der Gebr. Fretz AG Er läuft Gefahr, auch von keinem anderen auf die Berufsordnung der Beklagten verpflichteten Arbeitgeber mehr angestellt zu werden, solange er nicht in den SLB eintritt. Diese Gefahr ist umso dringender, als die Beklagten hartnäckig an der Zulässigkeit der Absperrklausel festhalten. Es ist zu befürchten, dass sie weiterhin ihren Einfluss geltend machen werden, um die Anstellung des Klägers durch Mitglieder des VSLB zu verhindern oder ihn aus einer neuen Anstellung zu verdrängen. Da er nicht verpflichtet ist, dieser Gefahr durch Eintritt in den SLB vorzubeugen, hat das Obergericht das Klagebegehren 1 gutzuheissen.
7. Der Kläger will sich nicht damit abfinden, dass das Obergericht lediglich von der Bereitschaft des SLB, ihn auf Gesuch hin wieder aufzunehmen, Vormerk genommen und damit den Rest des Rechtsbegehrens 2 als gegenstandslos erachtet hat. Er macht geltend, dieses Begehren enthalte zwei selbständige Anträge. Die Bereitschaft des SLB, ihn als Mitglied aufzunehmen, nütze ihm nichts, solange er keine neue Stelle habe. Wenn das Gericht nicht ausserdem feststelle, dass er berechtigt sei, auch als Aussenseiter bei einem Mitgliede des VSLB zu arbeiten, werde er voraussichtlich nie mehr im schweizerischen Lithographiegewerbe arbeiten können.
Diese Rüge ist unbegründet. Mit Rechtsbegehren 2 hat der Kläger nicht verlangt, es sei festzustellen, dass die Beklagten sowohl verpflichtet seien, ihn auf Gesuch in den Verband aufzunehmen, als auch, ihn als Aussenseiter bei einer dem VSLB angeschlossenen Firma arbeiten zu lassen. Beantragt wurde vielmehr, es sei festzustellen, dass sie verpflichtet seien, entweder das eine oder das andere zu tun. Nachdem sie sich bereit erklärt haben, das eine zu tun, ist für die Feststellung, dass sie auch das andere tun müssten, kein Raum, die Berufung also insoweit abzuweisen.
8. Das Obergericht hat offen gelassen, ob die Lithographia Zürich parteifähig sei. Da sie die Parteifähigkeit, wie schon vor Obergericht, auch im Berufungsverfahren noch bestreitet, hat das Obergericht die Frage zu beurteilen. Der Entscheid hängt davon ab, ob die Lithographia Zürich nach den Bestimmungen des Bundesrechts rechtsfähig ist, d.h. Persönlichkeit besitzt. Das träfe nicht nur zu, wenn sie - wie der SLB, in dem sie die Stellung einer Sektion einnimmt - als Genossenschaft im Handelsregister eingetragen wäre; denn die Statuten des SLB verlangen diese Eigenschaft von ihr nicht. Sektion des SLB mit eigener Persönlichkeit kann sie auch sein, wenn sie ein Verein ist. Das setzt voraus, dass sie schriftliche Statuten habe, die ihren Willen, als Körperschaft zu bestehen, ausdrücken und über ihren Zweck, ihre Mittel und ihre Organisation Aufschluss geben (Art. 60 ZGB). Nach Art. 28 der Statuten des SLB müsste das zutreffen, doch bestreiten es die Beklagten, obschon die Lithographia Zürich einen Namen führt, im Volkshaus Zürich einen eigenen Sitz hat, Sektionsversammlungen durchführt, sich durch einen "Vorstand" selbst verwaltet, ein eigenes Sekretariat mit vollberuflichen Sekretären unterhält, eigene Beiträge erhebt, eigenes Vermögen besitzt und nach aussen handelnd auftritt.
Sollte sich ergeben, dass die Lithographia Zürich keine Statuten hat, so wäre die Klage ihr gegenüber abzuweisen. Sie hätte dann nicht nur keine Persönlichkeit, sondern könnte auch nicht gemäss Art. 62 ZGB einer einfachen Gesellschaft gleichgestellt werden, da sie alsdann nur Organ des SLB wäre, das wie durch sein rechtmässiges auch durch sein rechtswidriges Verhalten diesen Verband, und nur ihn, verpflichten würde. Übrigens wäre sie auch als einfache Gesellschaft nicht parteifähig.
Sollte das Obergericht dagegen als bewiesen erachten, dass die Lithographia Zürich Statuten habe, so wäre Rechtsbegehren 2 beiden Beklagten gegenüber gutzuheissen und über Rechtsbegehren 3 beiden gegenüber im Sinne der bundesgerichtlichen Erwägungen materiell neu zu urteilen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 13. Mai 1955 wird aufgehoben, und die Sache wird zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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de
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1. Art. 41, 49 OR, Art. 28 ZGB. Schadenersatz- und Genugtuungspflicht einer Gewerkschaft, die einen Aussenseiter in Anwendung der Absperrklausel eines Gesamtarbeitsvertrages von seinem Arbeitsplatz verdrängt. a) Ursächlicher Zusammenhang (Erw. 1).
b) Widerrechtlichkeit (Erw. 2).
c) Verschulden; Irrtum über die Widerrechtlichkeit schliesst es nicht aus (Erw. 3).
d) Schwere der Verletzung und des Verschuldens als Voraussetzung der Genugtuung (Erw. 5).
2. Klage auf Feststellung der Widerrechtlichkeit einer Verdrängung; Interesse des Klägers, der gleichzeitig eine Schadenersatz- und Genugtuungsklage erhebt (Erw. 6).
3. Art. 60 ZGB. Rechtsfähigkeit der Sektion einer als Genossenschaft organisierten Gewerkschaft? (Erw. 8).
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de
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-308%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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1,714 |
82 II 308
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82 II 308
Sachverhalt ab Seite 309
A.- Der Schweizerische Lithographenbund (SLB), eine Genossenschaft mit Sitz in Zürich, bezweckt "die Organisation und die Vertretung der beruflichen Interessen aller im Flachdruck (Lithographie, Lichtdruck), Tiefdruck, Kupferdruck, Chemigraphie und der in diesen Fächern verwandten Berufen Beschäftigten" (Art. 30 der Statuten). Es gehören ihm sogut wie alle Arbeitnehmer dieser Berufszweige an. Seine Mitglieder "bilden Sektionen, deren Gebiet vom Zentralvorstand festgesetzt wird" (Art. 27 der Statuten). "Jede Sektion gibt sich eine eigene Verwaltung und ein Statut nach Massgabe ihrer Verhältnisse und den Bestimmungen der Zentralstatuten. Die Sektionsstatuten sowie prinzipielle Abänderungen derselben unterliegen der Genehmigung des Zentralvorstandes" (Art. 28 der Statuten).
Zwischen dem SLB und dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer (VSLB), in dem praktisch alle Arbeitgeber des Buchdruckergewerbes organisiert sind, besteht seit langem ein als "Berufsordnung" (BO) bezeichneter Gesamtarbeitsvertrag, der unter anderem folgende Bestimmungen enthält:
"Art. 9. Die BO verpflichtet in bezug auf die in Art. 4 aufgezählten Berufsarten:
1. Die Mitglieder des Vereins schweizerischer Lithographiebesitzer, nur solche Gehilfen zu beschäftigen, die dem Schweizerischen Lithographenbund angehören;
2. die Mitglieder des Schweizerischen Lithographenbundes, nur in solchen Betrieben tätig zu sein, deren Inhaber dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer angehören.
Art. 10. Verliert ein Prinzipal oder Gehilfe durch Austritt oder Ausschluss die Mitgliedschaft bei seinem Verband, so hat das Tarifamt auf Antrag der einen Vertragspartei die andere zur raschestmöglichen Auflösung des mit dem Betreffenden abgeschlossenen Dienstverhältnisses zu verpflichten.
Die Mitglieder des VSLB dürfen nur für ihre Kundschaft und andere Mitglieder des VSLB oder von Verbänden arbeiten, mit welchen entsprechende vertragliche Bindungen bestehen.
Firmen des Lithographiegewerbes und der verwandten Branchen, welche dem VSLB nicht angehören, dürfen auf keinen Fall beliefert werden. Es ist den Gehilfen des SLB ausdrücklich verboten, ohne Einverständnis ihres Prinzipals für Dritte Arbeiten des Lithographiegewerbes und der verwandten Branchen auszuführen."
Anton Hauser, ein im Jahre 1902 geborener, verheirateter Retoucheur, war Mitglied des SLB und gehörte 1950/51 dessen Sektion Bern an. Im August 1951 wurde er arbeitslos. Da er in der Folge mit seinen Gewerkschaftsbeiträgen von wöchentlich Fr. 8.40 in Rückstand kam, schloss ihn die Sektion Bern mit Zustimmung des Zentralvorstandes nach einer Auseinandersetzung über seine Beitragspflicht am 1. Februar 1952 aus dem SLB aus. Der Ausschluss, gegen den Hauser sich beschwerte, wurde im Juni 1952 von der Delegiertenversammlung des SLB bestätigt.
Nachdem im Frühling 1952 eine letzte Stellenbewerbung in Bern aus nicht ersichtlichen Gründen erfolglos geblieben war, siedelte Hauser Anfang Juli 1952 nach Zürich über. Dort fand er auf 16. Juli 1952 bei der dem VSLB angehörenden Firma Gebr. Fretz AG auf ein von dieser aufgegebenes Inserat hin eine Stelle als Tiefdruck-Retoucheur. Da er seit 1928 nicht mehr als Tiefdruck-, sondern als Positivretoucheur gearbeitet hatte, musste er sich zunächst wieder einarbeiten. Für die Anlaufzeit wurden ein wöchentlicher Grundlohn von Fr. 115.-- sowie Teuerungs- und Familienzulagen von monatlich Fr. 262.-- vereinbart. Der Grundlohn war um Fr. 9.60 tiefer als der Durchschnitt des wöchentlichen Grundlohnes der dem Gesamtarbeitsvertrag unterstellten Arbeitnehmer.
Nachdem Hauser die Arbeit bei der Gebr. Fretz AG aufgenommen hatte, gaben ihm Vertrauensmänner des SLB aus diesem Betriebe zu verstehen, dass er wieder in den SLB eintreten müsse, falls er hier arbeiten wolle. Hauser schrieb daher der Lithographia Zürich, Sektion des SLB, am 26. Juli 1952:
"Nach 10-monatiger Arbeitslosigkeit bin ich vor 10 Tagen in die Firma Fretz als Tiefdruckretoucheur eingetreten, mit einem wöchentlichen Grundlohn von Fr. 115.--.
Mit den Lohnverhältnissen auf dem Platze Zürich, und in dieser Sparte wenig vertraut, versicherte mir der Inhaber des Geschäftes, dass dies ein guter Durchschnittslohn wäre.
Nach meinen nachherigen Erkundigungen trifft dies jedoch nicht zu. Ein guter Retoucheur, in meinem Alter 50 Jahre darf ruhig Fr. 130.-- verlangen, es sei denn, dass man sich als ,Lohndrücker' besonders gut eignet.
Ich habe nun die Absicht, nach Ablauf von 4 Wochen im Bureau einen Zuschlag von Fr. 10.- die Woche zu verlangen, allenfalls werde ich aus der Firma austreten und als selbständigerwerbender Graphiker weiterarbeiten.
Nun möchte ich Sie anfragen, ob die Statuten und die Berufsordnung diesen Ausnahmefall bewilligen können, ohne dass ich Mitglied des Schweiz. Lithographenbundes werde. Sollte die Firma den Zuschlag bewilligen, so werde ich natürlich alle rückständigen Beiträge rückwirkend vom Tage meines Eintritts an nachzahlen.
Laut verschiedenen Offerten, die mir zugegangen sind, versuchen die Firmen eine neue Teuerungszulage mit der Senkung des Grundlohnes auszugleichen. Nach meiner Auffassung müssen solche Bestrebungen energisch bekampft werden."
Die Lithographia Zürich antwortete Hauser am 28. Juli 1952 mit eingeschriebenem Brief:
"Ihr Schreiben vom 26. Juli 1952 beantwortend, teilen wir Ihnen mit, dass Sie die Firma Fretz sofort verlassen müssen, da Sie nicht mehr Mitglied unserer Organisation sind.
Sie wissen genau, dass Sie von der Sektion Bern ausgeschlossen worden sind und Ihr Rekurs betr. den Ausschluss von der Delegiertenversammlung einstimmig abgelehnt wurde."
Die Lithographia Zürich und der SLB verlangten von der Gebr. Fretz AG die sofortige Entlassung Hausers. Die Gebr. Fretz AG antwortete dem Sekretariat des SLB am 4. August 1952:
"Wir bestätigen Ihr Schreiben vom 31. Juli a.c.
Die Sektion Zürich des SLB hat uns bereits telephonisch über die Situation Anton Hauser orientiert. Bei seinem Engagement haben wir Herrn Hauser gefragt, ob er dem Verband angehöre, was er verneinte. Wir erklärten ihm, dass er nur als Mitglied eingestellt werden könne, worauf er uns meldete, dass er sich bereits angemeldet habe. Des weitern war uns nicht bekannt, dass Sie einen gelernten Gehilfen aus dem Verband ausschliessen können. Vielleicht wäre es vernünftiger gewesen, Sie hätten uns - da Sie ja wussten, bei wem er die Stelle antrat - seine Aufnahmeverweigerung kurz mitgeteilt. In Zukunft werden wir jedem einzelnen, den wir engagieren, die Mitgliederkarte verlangen.
Wir teilten der Sektion Zürich mit, dass Herr Hauser entlassen wird, sobald der jetzige Retoucheur, welcher in den Ferien weilt, zurückkehrt. Herr Hauser wurde in diesem Sinne orientiert.
Wir hoffen, Sie nehmen an, dass die Berufsordnung uns wohl bekannt ist, und in dem Sinne möchten wir Sie ersuchen, bevor Ihnen die Sachlage bekannt ist, Drohungen mit dem Tarifamt zu unterlassen. Solche Bemerkungen stören nur das gute Einvernehmen zwischen VSLB-Mitgliedern und SLB."
Nachdem zwei Tiefdruckretoucheure der Gebr. Fretz AG aus den Ferien zurück waren, wurde Hauser am 9. August 1952 von ihr entlassen. Er fand von da an keine neue Arbeitsstelle, weder als Tiefdruck- noch als Positivretoucheur.
B.- Mit Klage vom 21. September 1953 gegen den SLB und die Lithographia Zürich legte Hauser dem Bezirksgericht Zürich folgende Fragen zur Entscheidung vor:
"1. Ist die von den Beklagten gegenüber dem Kläger ausgesprochene Sperre als widerrechtlich zu erklären?
2. Sind die Beklagten verpflichtet, den Kläger auf erfolgtes Gesuch hin entweder in ihren Verband aufzunehmen oder ihn als Nichtverbandsmitglied bei einer dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer angeschlossenen Firma arbeiten zu lassen?
3. Haben die Beklagten dem Kläger als Schadenersatz Fr. 10'000.-- plus 5% Zins seit 1.8.1953, eventuell einen gerichtlich festzusetzenden Betrag zu bezahlen?
Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten."
Unter dem "Schadenersatz" gemäss Rechtsbegehren 3 verstand der Kläger gemäss Klagebegründung den Ersatz materiellen Schadens und die Leistung einer Geldsumme als Genugtuung.
Das Bezirksgericht Zürich erkannte am 29. Oktober 1954:
"1. Die von den Beklagten am 28. Juli 1952 dem Kläger gegenüber erwirkte Aussperrung von der Arbeit bei der Firma Gebr. Fretz AG wird als widerrechtlich erklärt.
2. Von der Erklärung der Beklagten, dass sie den Kläger auf gestelltes Gesuch hin wieder als Verbandsmitglied aufnehmen werden, wird Vormerk genommen.
3. Das Begehren, die Beklagten seien zu verpflichten, den Kläger als Nichtverbandsmitglied bei einer dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer angeschlossenen Firma arbeiten zu lassen, wird abgewiesen.
4. Die Beklagten werden solidarisch verpflichtet, an den Kläger die folgenden Beträge zu leisten:
Fr. 6876.-- als Schadenersatz und
Fr. 1000.-- als Genugtuung, je mit 5% Verzugszins seit 1. August 1953; die Mehrforderung des Klägers wird abgewiesen."
Das Bezirksgericht verurteilte ferner die Beklagten solidarisch zu den Gerichtskosten und zur Entschädigung des Klägers für den Prozess.
Der Kläger appellierte mit den Anträgen: 1. Ziffer 3 des Urteils sei aufzuheben und die Beklagten seien zu verpflichten, ihn als Nichtverbandsmitglied (eventuell unter Leistung eines Solidaritätsbeitrages) bei einer dem VSLB angeschlossenen Firma arbeiten zu lassen; 2. die Schadenersatz- und Genugtuungsforderung sei im eingeklagten Betrage von Fr. 10'000.-- zu schützen.
Die Beklagten beantragten auf dem Wege der Appellation, die Klage sei in allen Teilen abzuweisen.
Das Obergericht des Kantons Zürich nahm im Urteil vom 13. Mai 1955 Vormerk von der Erklärung des SLB, dass er bereit sei, den Kläger auf Gesuch hin wieder als Verbandsmitglied aufzunehmen. Es wies die Klagebegehren 1 und 3 ab, auferlegte die Gerichtskosten beider Instanzen dem Kläger und verurteilte diesen zu einer Prozessentschädigung an die Beklagten.
C.- Der Kläger hat die Berufung erklärt. Er beantragt:
"1. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich sei aufzuheben.
2. Die von den Beklagten gegenüber dem Kläger ausgesprochene Sperre sei widerrechtlich zu erklären (Rechtsfrage 1).
3. Es wird Vormerk genommen von der Erklärung des Beklagten 1, dass er bereit ist, den Kläger auf gestelltes Gesuch hin wieder in den Verband aufzunehmen (Rechtsfrage 2 a).
Die Beklagten seien zu verpflichten, den Kläger als Nichtverbandsmitglied (eventuell gegen Leistung eines Solidaritätsbeitrages) bei einer dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer angeschlossenen Firma arbeiten zu lassen (Rechtsfrage 2 b).
4. Die Beklagten haben dem Kläger Fr. 10'000.-- oder einen gerichtlich festzusetzenden Betrag zu bezahlen. Eventuell sei der Fall zur neuen Beurteilung und Beweisabnahme an die Vorinstanz zurückzuweisen (Rechtsfrage 3);
unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten."
Die Beklagten beantragen, die Berufung sei abzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Kläger leitet seinen Schadenersatz- und Genugtuungsanspruch aus einer unerlaubten Handlung im Sinne des Art. 41 OR ab und sieht sie darin, dass die Beklagten ihn unter Berufung auf Art. 9 ihrer Berufsordnung aus seiner Arbeitsstelle bei der Gebr. Fretz AG verdrängt hätten. Hiegegen wenden die Beklagten ein, nicht sie hätten eine unerlaubte Handlung begangen, sondern wenn eine solche überhaupt vorliege, falle sie der Firma Gebr. Fretz AG, die den Kläger entlassen habe, zur Last; die Klage sei daher abzuweisen, weil die Beklagten den behaupteten Schaden und die angebliche Verletzung in den persönlichen Verhältnissen nicht verursacht hätten.
Dieser Einwand hält nicht Stich. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Bezirksgerichts, auf die das Obergericht verweist und die daher das Bundesgericht binden, ist nicht nur der Kläger von der Lithographia Zürich durch das Schreiben vom 28. Juli 1952 in Kenntnis gesetzt worden, dass er als Aussenseiter die Gebr. Fretz AG sofort verlassen müsse; vielmehr haben die Beklagten in gegenseitigem Einvernehmen ihren Standpunkt auch dieser Firma mitgeteilt und sofortige Entlassung des Klägers verlangt. Aus dem Schreiben der Gebr. Fretz AG vom 31. Juli 1952 ergibt sich, dass sie ihr dabei gedroht haben, das Tarifamt anzurufen. Sie haben also ihr Begehren als einen aus der Berufsordnung abgeleiteten Rechtsanspruch hingestellt und dessen Durchsetzung auf dem Wege eines Schiedsverfahrens angedroht. Damit haben sie den Anstoss zur Entlassung des Klägers gegeben, sie also verursacht. Der ursächliche Zusammenhang zwischen ihrem Verhalten und der Entlassung des Klägers ist auch adäquat und damit rechtserheblich; denn es lag nicht ausserhalb des gewöhnlichen Laufes der Dinge, dass die Gebr. Fretz AG sich beugte.
2. Die Ansprüche aus unerlaubter Handlung setzen die Widerrechtlichkeit der Tat voraus (Art. 41 Abs. 1 OR).
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind kollektive Massnahmen wirtschaftlicher Art mit dem Zwecke, von Dritten ein bestimmtes Verhalten zu erzwingen oder sie wegen eines solchen zu massregeln, nicht schlechthin erlaubt. Sie sind unzulässig, wenn der verfolgte Zweck oder die angewendeten Mittel rechtswidrig sind oder den guten Sitten widersprechen oder wenn der angestrebte Vorteil zum zugefügten Schaden in einem offenbaren Missverhältnis steht.
InBGE 62 II 280wurde entschieden, ein solches könne unter Umständen selbst dann verneint werden, wenn die Massnahme die wirtschaftliche Existenz des Betroffenen vernichte. AuchBGE 76 II 287führt noch aus, ein Boykott mit so einschneidender Wirkung sei zulässig, wenn schutzwürdige Interessen des Urhebers die Fernhaltung des Boykottierten von dem in Frage stehenden Wirtschaftsgebiet erheischten. Unter Hinweis auf diese Rechtsprechung ist das Bezirksgericht der Auffassung, eine Absperrklausel von der Art des Art. 9 BO sei dann zulässig, wenn, wie im vorliegenden Falle, ihr Zweck sie rechtfertige. Das Bezirksgericht verkennt indessen, dass die Frage, ob zwischen dem verfolgten Zwecke und den Auswirkungen der Massnahme für den Betroffenen ein Missverhältnis bestehe, sich nicht stellt, wenn die Massnahme schon deshalb widerrechtlich ist, weil ihr Zweck oder das angewendete Mittel gegen die Rechtsordnung verstösst, insbesondere den guten Sitten widerspricht oder den Betroffenen in seiner vom Rechte (Art. 28 ZGB) geschützten Persönlichkeit verletzt.
Bei Massnahmen, die darauf ausgehen, einen Arbeitnehmer zum Eintritt in eine Gewerkschaft zu zwingen, trifft das sozusagen immer zu. Gegen die guten Sitten und das Recht der Persönlichkeit verstossen insbesondere Vereinbarungen, durch welche Arbeitgeber verpflichtet werden, nur Mitglieder der vertragsschliessenden Gewerkschaft zu beschäftigen (BGE 75 II 315). Mit solchen Absperrklauseln gehen die Vertragsschliessenden darauf aus, den Aussenseitern die berufliche Betätigung als Arbeitnehmer zu verunmöglichen oder so zu erschweren, dass sie um des täglichen Brotes willen der Gewerkschaft beitreten. Der Entschluss, einer solchen anzugehören oder nicht anzugehören, muss aber nach der in der Schweiz vorherrschenden Auffassung über die persönliche Freiheit ungezwungen gefasst werden können. Dass auch der Staat die persönliche Freiheit einschränkt, ändert nichts. Die Bildung von Gewerkschaften und die Zugehörigkeit zu solchen hat er der freien Vereinbarung überlassen. Damit verträgt es sich nicht, dass eine Gewerkschaft jemanden zum Eintritt zwingt, indem sie ihm sonst die Möglichkeit, sich und seine Familie durch berufliche Arbeit zu ernähren, unterbindet oder erschwert.
b) Die Absperrklausel der Berufsordnung für das Lithographiegewerbe hält somit vor der Rechtsordnung nicht stand. Die Beklagten handelten widerrechtlich, indem sie den Kläger, weil er ihnen nicht angehörte, von seiner Arbeitsstelle bei der Gebr. Fretz AG verdrängten.
Der Einwand der Beklagten, der Kläger habe sich unter Anrufung der Delegiertenversammlung dem Ausschluss aus dem SLB widersetzt, weshalb der Zwang zum Wiedereintritt ihn in seiner Persönlichkeit nicht verletze, vermag nicht, hiegegen aufzukommen. Auf die Rechte der Persönlichkeit kann nicht verzichtet werden. Indem der Kläger dem SLB angehörte und sich gegen den Ausschluss zur Wehr setzte, konnte er sich des Rechts, später aus freiem Entschluss dem Verbande fernzubleiben und als Nichtmitglied eine Arbeitsstelle zu versehen, nicht entäussern.
Ebensowenig hilft der Einwand, der Kläger wünsche noch im vorliegenden Prozesse, in den SLB aufgenommen zu werden. Das Obergericht hat ihn mit der Begründung geschützt, durch dieses Verlangen anerkenne er die Berufsordnung, womit dem Angriff gegen deren Art. 9 der Boden entzogen sei und die Beklagten den Kläger von seiner Arbeitsstelle hätten verdrängen dürfen, solange er den Beitritt zum SLB, dem sie sich nicht widersetzten, nicht erklärt habe. Dem Kläger kann jedoch nicht unterschoben werden, er habe durch das Begehren um Feststellung, dass die Beklagten ihn auf Gesuch hin entweder als Mitglied aufzunehmen oder ihn als Nichtmitglied bei einem dem VSLB angeschlossenen Arbeitgeber arbeiten zu lassen hätten (Klagebegehren 2), die Rechtmässigkeit ihrer gesamten Berufsordnung, insbesondere auch des Art. 9, anerkennen wollen. Es wäre widersinnig gewesen, einerseits vom Gericht die Feststellung zu verlangen, dass die sich auf Art. 9 BO stützende Verdrängung des Klägers von seiner Arbeitsstelle widerrechtlich sei (Klagebegehren 1) und die Beklagten dem Kläger deswegen Schadenersatz schuldeten (Klagebegehren 3), und anderseits durch die Äusserung der Beitrittsabsicht die Rechtmässigkeit eben dieser beanstandeten Bestimmung der Berufsordnung anerkennen zu wollen. Mit Klagebegehren 2 hat der Kläger nur die Absicht kundgetan, allenfalls in Zukunft dem SLB und einer seiner Sektionen beizutreten, um weiteren Verdrängungsversuchen der Beklagten aus dem Wege zu gehen. Dass er die Verdrängung eines Nichtmitgliedes als widerrechtlich betrachtet, ergibt sich nicht nur klar aus Begehren 1 und 3, die sich auf den in der Vergangenheit liegenden Vorfall stützen, sondern auch aus dem zweiten Teil des Begehrens 2 selbst, wo der Kläger für den Fall, dass er nicht aufgenommen werden sollte, die Feststellung verlangt, dass die Beklagten ihn auch als Aussenseiter bei einer dem VSLB angeschlossenen Firma arbeiten lassen müssten.
3. Die Schadenersatzklage aus Art. 41 OR setzt ein Verschulden des Handelnden voraus, sei es Absicht, sei es Fahrlässigkeit.
Im vorliegenden Falle liegt Absicht vor, denn die Verdrängung des Klägers erfolgte bewusst und gewollt. Dass sie widerrechtlich sei, weil sie den Kläger in seiner Persönlichkeit verletze und gegen die guten Sitten verstosse, brauchten die handelnden Organe der Beklagten nicht zu wissen. Wenn das Rechtsgefühl des Schädigers mit der Rechtsordnung nicht übereinstimmt, hat er selber, nicht der Geschädigte, den Nachteil daraus zu tragen. Der Einwand der Beklagten, sie seien sich der Rechts- und Sittenwidrigkeit nicht bewusst gewesen, weil ihre Berufsordnung seit über vierzig Jahren in Kraft stehe und täglich unangefochten angewendet worden sei, hilft schon aus diesem Grunde nicht.
4. Das Begehren des Klägers um Ersatz des durch die Verdrängung verursachten Schadens ist somit grundsätzlich begründet. Die Beklagten haben indessen in ihrer Eingabe vom 7. Februar 1955 an das Obergericht den Schaden bestritten und auch in Zweifel gezogen, dass der Kläger sich nach dem Verlust der Stelle um einen angemessenen anderen Verdienst bemüht habe. Da das Obergericht zu diesen Anbringen nicht Stellung genommen hat, ist die Sache zur Neubeurteilung des Schadenersatzanspruches zurückzuweisen.
5. Auch über den Genugtuungsanspruch gemäss Art. 49 OR ist neu zu urteilen. Das Verschulden der Beklagten ist schwer, da sie die Tat absichtlich begangen haben. Das Vorgehen der Beklagten ist umso unverständlicher, als der Kläger mit seinem Schreiben vom 26. Juli 1952 die Absicht geäussert hatte, dem SLB beizutreten und vom Tage der Stellenannahme an die Beiträge nachzuzahlen, falls die Gebr. Fretz AG ihm nach vier Wochen den Lohn erhöhen würde. Ohne auf die Anfrage, ob er inzwischen ausnahmsweise als Aussenseiter seine Stelle beibehalten dürfe, überhaupt einzutreten, stellten die Beklagten sich mit dem Schreiben vom 28. Juli 1952 schroff auf den Standpunkt, dass er die Arbeitsstelle sofort zu verlassen habe, da er durch einstimmigen Beschluss der Delegiertenversammlung der Sektion Bern aus dem SLB ausgeschlossen worden sei.
Auch ist der Kläger durch das Verhalten der Beklagten in seinen persönlichen Verhältnissen schwer verletzt worden. Da praktisch alle Arbeitgeber des Buchdruckergewerbes dem VSLB angehören, sah er sich vor erneuter Arbeitslosigkeit, nachdem er schon seit einem Jahre ohne Anstellung gewesen war.
Dem Entscheide der Vorinstanz vorbehalten bleiben dagegen die Fragen des von den Beklagten behaupteten Mitverschuldens des Klägers sowie der Höhe der Genugtuung.
6. Dem Rechtsbegehren 1 halten die Beklagten entgegen, die Feststellung der Widerrechtlichkeit sei nur Motiv zu den in Rechtsbegehren 3 verlangten Leistungen, weshalb sie mangels rechtlichen Interesses unzulässig sei.
Richtig ist, dass die Feststellungsklage, die an sich von Bundesrechts wegen gegeben ist (BGE 77 II 344), ein Interesse des Klägers an der Feststellung gegenüber dem Beklagten voraussetzt. Im vorliegenden Falle besteht aber ein solches. Der Kläger hat ein Interesse an der Feststellung namentlich dann, wenn seine Leistungsklage abgewiesen werden sollte. Es besteht aber auch sonst. Der Kläger ist noch immer das Opfer der Verdrängung aus seiner Arbeitsstelle bei der Gebr. Fretz AG Er läuft Gefahr, auch von keinem anderen auf die Berufsordnung der Beklagten verpflichteten Arbeitgeber mehr angestellt zu werden, solange er nicht in den SLB eintritt. Diese Gefahr ist umso dringender, als die Beklagten hartnäckig an der Zulässigkeit der Absperrklausel festhalten. Es ist zu befürchten, dass sie weiterhin ihren Einfluss geltend machen werden, um die Anstellung des Klägers durch Mitglieder des VSLB zu verhindern oder ihn aus einer neuen Anstellung zu verdrängen. Da er nicht verpflichtet ist, dieser Gefahr durch Eintritt in den SLB vorzubeugen, hat das Obergericht das Klagebegehren 1 gutzuheissen.
7. Der Kläger will sich nicht damit abfinden, dass das Obergericht lediglich von der Bereitschaft des SLB, ihn auf Gesuch hin wieder aufzunehmen, Vormerk genommen und damit den Rest des Rechtsbegehrens 2 als gegenstandslos erachtet hat. Er macht geltend, dieses Begehren enthalte zwei selbständige Anträge. Die Bereitschaft des SLB, ihn als Mitglied aufzunehmen, nütze ihm nichts, solange er keine neue Stelle habe. Wenn das Gericht nicht ausserdem feststelle, dass er berechtigt sei, auch als Aussenseiter bei einem Mitgliede des VSLB zu arbeiten, werde er voraussichtlich nie mehr im schweizerischen Lithographiegewerbe arbeiten können.
Diese Rüge ist unbegründet. Mit Rechtsbegehren 2 hat der Kläger nicht verlangt, es sei festzustellen, dass die Beklagten sowohl verpflichtet seien, ihn auf Gesuch in den Verband aufzunehmen, als auch, ihn als Aussenseiter bei einer dem VSLB angeschlossenen Firma arbeiten zu lassen. Beantragt wurde vielmehr, es sei festzustellen, dass sie verpflichtet seien, entweder das eine oder das andere zu tun. Nachdem sie sich bereit erklärt haben, das eine zu tun, ist für die Feststellung, dass sie auch das andere tun müssten, kein Raum, die Berufung also insoweit abzuweisen.
8. Das Obergericht hat offen gelassen, ob die Lithographia Zürich parteifähig sei. Da sie die Parteifähigkeit, wie schon vor Obergericht, auch im Berufungsverfahren noch bestreitet, hat das Obergericht die Frage zu beurteilen. Der Entscheid hängt davon ab, ob die Lithographia Zürich nach den Bestimmungen des Bundesrechts rechtsfähig ist, d.h. Persönlichkeit besitzt. Das träfe nicht nur zu, wenn sie - wie der SLB, in dem sie die Stellung einer Sektion einnimmt - als Genossenschaft im Handelsregister eingetragen wäre; denn die Statuten des SLB verlangen diese Eigenschaft von ihr nicht. Sektion des SLB mit eigener Persönlichkeit kann sie auch sein, wenn sie ein Verein ist. Das setzt voraus, dass sie schriftliche Statuten habe, die ihren Willen, als Körperschaft zu bestehen, ausdrücken und über ihren Zweck, ihre Mittel und ihre Organisation Aufschluss geben (Art. 60 ZGB). Nach Art. 28 der Statuten des SLB müsste das zutreffen, doch bestreiten es die Beklagten, obschon die Lithographia Zürich einen Namen führt, im Volkshaus Zürich einen eigenen Sitz hat, Sektionsversammlungen durchführt, sich durch einen "Vorstand" selbst verwaltet, ein eigenes Sekretariat mit vollberuflichen Sekretären unterhält, eigene Beiträge erhebt, eigenes Vermögen besitzt und nach aussen handelnd auftritt.
Sollte sich ergeben, dass die Lithographia Zürich keine Statuten hat, so wäre die Klage ihr gegenüber abzuweisen. Sie hätte dann nicht nur keine Persönlichkeit, sondern könnte auch nicht gemäss Art. 62 ZGB einer einfachen Gesellschaft gleichgestellt werden, da sie alsdann nur Organ des SLB wäre, das wie durch sein rechtmässiges auch durch sein rechtswidriges Verhalten diesen Verband, und nur ihn, verpflichten würde. Übrigens wäre sie auch als einfache Gesellschaft nicht parteifähig.
Sollte das Obergericht dagegen als bewiesen erachten, dass die Lithographia Zürich Statuten habe, so wäre Rechtsbegehren 2 beiden Beklagten gegenüber gutzuheissen und über Rechtsbegehren 3 beiden gegenüber im Sinne der bundesgerichtlichen Erwägungen materiell neu zu urteilen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 13. Mai 1955 wird aufgehoben, und die Sache wird zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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1. Art. 41, 49 CO, 28 CC. Dommages-intérêts et réparation morale dus par un syndicat qui, en vertu de la clause d'exclusivité d'un contrat collectif de travail, évince un dissident de sa place. a) Causalité (consid. 1).
b) Illicéité (consid. 2).
c) Faute; elle n'est pas exclue par l'erreur sur l'illicéité (consid. 3).
d) Gravité de la lésion et de la faute, considérée comme condition de la réparation morale (consid. 5).
2. Action en constatation de l'illicéité de l'évincement; intérêt du demandeur qui actionne également en dommages-intérêts et en réparation morale (consid. 6).
3. Art. 60 CC. La section d'un syndicat organisé sous forme de société coopérative a-t-elle la jouissance des droits civils? (consid. 8).
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-308%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 308
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82 II 308
Sachverhalt ab Seite 309
A.- Der Schweizerische Lithographenbund (SLB), eine Genossenschaft mit Sitz in Zürich, bezweckt "die Organisation und die Vertretung der beruflichen Interessen aller im Flachdruck (Lithographie, Lichtdruck), Tiefdruck, Kupferdruck, Chemigraphie und der in diesen Fächern verwandten Berufen Beschäftigten" (Art. 30 der Statuten). Es gehören ihm sogut wie alle Arbeitnehmer dieser Berufszweige an. Seine Mitglieder "bilden Sektionen, deren Gebiet vom Zentralvorstand festgesetzt wird" (Art. 27 der Statuten). "Jede Sektion gibt sich eine eigene Verwaltung und ein Statut nach Massgabe ihrer Verhältnisse und den Bestimmungen der Zentralstatuten. Die Sektionsstatuten sowie prinzipielle Abänderungen derselben unterliegen der Genehmigung des Zentralvorstandes" (Art. 28 der Statuten).
Zwischen dem SLB und dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer (VSLB), in dem praktisch alle Arbeitgeber des Buchdruckergewerbes organisiert sind, besteht seit langem ein als "Berufsordnung" (BO) bezeichneter Gesamtarbeitsvertrag, der unter anderem folgende Bestimmungen enthält:
"Art. 9. Die BO verpflichtet in bezug auf die in Art. 4 aufgezählten Berufsarten:
1. Die Mitglieder des Vereins schweizerischer Lithographiebesitzer, nur solche Gehilfen zu beschäftigen, die dem Schweizerischen Lithographenbund angehören;
2. die Mitglieder des Schweizerischen Lithographenbundes, nur in solchen Betrieben tätig zu sein, deren Inhaber dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer angehören.
Art. 10. Verliert ein Prinzipal oder Gehilfe durch Austritt oder Ausschluss die Mitgliedschaft bei seinem Verband, so hat das Tarifamt auf Antrag der einen Vertragspartei die andere zur raschestmöglichen Auflösung des mit dem Betreffenden abgeschlossenen Dienstverhältnisses zu verpflichten.
Die Mitglieder des VSLB dürfen nur für ihre Kundschaft und andere Mitglieder des VSLB oder von Verbänden arbeiten, mit welchen entsprechende vertragliche Bindungen bestehen.
Firmen des Lithographiegewerbes und der verwandten Branchen, welche dem VSLB nicht angehören, dürfen auf keinen Fall beliefert werden. Es ist den Gehilfen des SLB ausdrücklich verboten, ohne Einverständnis ihres Prinzipals für Dritte Arbeiten des Lithographiegewerbes und der verwandten Branchen auszuführen."
Anton Hauser, ein im Jahre 1902 geborener, verheirateter Retoucheur, war Mitglied des SLB und gehörte 1950/51 dessen Sektion Bern an. Im August 1951 wurde er arbeitslos. Da er in der Folge mit seinen Gewerkschaftsbeiträgen von wöchentlich Fr. 8.40 in Rückstand kam, schloss ihn die Sektion Bern mit Zustimmung des Zentralvorstandes nach einer Auseinandersetzung über seine Beitragspflicht am 1. Februar 1952 aus dem SLB aus. Der Ausschluss, gegen den Hauser sich beschwerte, wurde im Juni 1952 von der Delegiertenversammlung des SLB bestätigt.
Nachdem im Frühling 1952 eine letzte Stellenbewerbung in Bern aus nicht ersichtlichen Gründen erfolglos geblieben war, siedelte Hauser Anfang Juli 1952 nach Zürich über. Dort fand er auf 16. Juli 1952 bei der dem VSLB angehörenden Firma Gebr. Fretz AG auf ein von dieser aufgegebenes Inserat hin eine Stelle als Tiefdruck-Retoucheur. Da er seit 1928 nicht mehr als Tiefdruck-, sondern als Positivretoucheur gearbeitet hatte, musste er sich zunächst wieder einarbeiten. Für die Anlaufzeit wurden ein wöchentlicher Grundlohn von Fr. 115.-- sowie Teuerungs- und Familienzulagen von monatlich Fr. 262.-- vereinbart. Der Grundlohn war um Fr. 9.60 tiefer als der Durchschnitt des wöchentlichen Grundlohnes der dem Gesamtarbeitsvertrag unterstellten Arbeitnehmer.
Nachdem Hauser die Arbeit bei der Gebr. Fretz AG aufgenommen hatte, gaben ihm Vertrauensmänner des SLB aus diesem Betriebe zu verstehen, dass er wieder in den SLB eintreten müsse, falls er hier arbeiten wolle. Hauser schrieb daher der Lithographia Zürich, Sektion des SLB, am 26. Juli 1952:
"Nach 10-monatiger Arbeitslosigkeit bin ich vor 10 Tagen in die Firma Fretz als Tiefdruckretoucheur eingetreten, mit einem wöchentlichen Grundlohn von Fr. 115.--.
Mit den Lohnverhältnissen auf dem Platze Zürich, und in dieser Sparte wenig vertraut, versicherte mir der Inhaber des Geschäftes, dass dies ein guter Durchschnittslohn wäre.
Nach meinen nachherigen Erkundigungen trifft dies jedoch nicht zu. Ein guter Retoucheur, in meinem Alter 50 Jahre darf ruhig Fr. 130.-- verlangen, es sei denn, dass man sich als ,Lohndrücker' besonders gut eignet.
Ich habe nun die Absicht, nach Ablauf von 4 Wochen im Bureau einen Zuschlag von Fr. 10.- die Woche zu verlangen, allenfalls werde ich aus der Firma austreten und als selbständigerwerbender Graphiker weiterarbeiten.
Nun möchte ich Sie anfragen, ob die Statuten und die Berufsordnung diesen Ausnahmefall bewilligen können, ohne dass ich Mitglied des Schweiz. Lithographenbundes werde. Sollte die Firma den Zuschlag bewilligen, so werde ich natürlich alle rückständigen Beiträge rückwirkend vom Tage meines Eintritts an nachzahlen.
Laut verschiedenen Offerten, die mir zugegangen sind, versuchen die Firmen eine neue Teuerungszulage mit der Senkung des Grundlohnes auszugleichen. Nach meiner Auffassung müssen solche Bestrebungen energisch bekampft werden."
Die Lithographia Zürich antwortete Hauser am 28. Juli 1952 mit eingeschriebenem Brief:
"Ihr Schreiben vom 26. Juli 1952 beantwortend, teilen wir Ihnen mit, dass Sie die Firma Fretz sofort verlassen müssen, da Sie nicht mehr Mitglied unserer Organisation sind.
Sie wissen genau, dass Sie von der Sektion Bern ausgeschlossen worden sind und Ihr Rekurs betr. den Ausschluss von der Delegiertenversammlung einstimmig abgelehnt wurde."
Die Lithographia Zürich und der SLB verlangten von der Gebr. Fretz AG die sofortige Entlassung Hausers. Die Gebr. Fretz AG antwortete dem Sekretariat des SLB am 4. August 1952:
"Wir bestätigen Ihr Schreiben vom 31. Juli a.c.
Die Sektion Zürich des SLB hat uns bereits telephonisch über die Situation Anton Hauser orientiert. Bei seinem Engagement haben wir Herrn Hauser gefragt, ob er dem Verband angehöre, was er verneinte. Wir erklärten ihm, dass er nur als Mitglied eingestellt werden könne, worauf er uns meldete, dass er sich bereits angemeldet habe. Des weitern war uns nicht bekannt, dass Sie einen gelernten Gehilfen aus dem Verband ausschliessen können. Vielleicht wäre es vernünftiger gewesen, Sie hätten uns - da Sie ja wussten, bei wem er die Stelle antrat - seine Aufnahmeverweigerung kurz mitgeteilt. In Zukunft werden wir jedem einzelnen, den wir engagieren, die Mitgliederkarte verlangen.
Wir teilten der Sektion Zürich mit, dass Herr Hauser entlassen wird, sobald der jetzige Retoucheur, welcher in den Ferien weilt, zurückkehrt. Herr Hauser wurde in diesem Sinne orientiert.
Wir hoffen, Sie nehmen an, dass die Berufsordnung uns wohl bekannt ist, und in dem Sinne möchten wir Sie ersuchen, bevor Ihnen die Sachlage bekannt ist, Drohungen mit dem Tarifamt zu unterlassen. Solche Bemerkungen stören nur das gute Einvernehmen zwischen VSLB-Mitgliedern und SLB."
Nachdem zwei Tiefdruckretoucheure der Gebr. Fretz AG aus den Ferien zurück waren, wurde Hauser am 9. August 1952 von ihr entlassen. Er fand von da an keine neue Arbeitsstelle, weder als Tiefdruck- noch als Positivretoucheur.
B.- Mit Klage vom 21. September 1953 gegen den SLB und die Lithographia Zürich legte Hauser dem Bezirksgericht Zürich folgende Fragen zur Entscheidung vor:
"1. Ist die von den Beklagten gegenüber dem Kläger ausgesprochene Sperre als widerrechtlich zu erklären?
2. Sind die Beklagten verpflichtet, den Kläger auf erfolgtes Gesuch hin entweder in ihren Verband aufzunehmen oder ihn als Nichtverbandsmitglied bei einer dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer angeschlossenen Firma arbeiten zu lassen?
3. Haben die Beklagten dem Kläger als Schadenersatz Fr. 10'000.-- plus 5% Zins seit 1.8.1953, eventuell einen gerichtlich festzusetzenden Betrag zu bezahlen?
Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten."
Unter dem "Schadenersatz" gemäss Rechtsbegehren 3 verstand der Kläger gemäss Klagebegründung den Ersatz materiellen Schadens und die Leistung einer Geldsumme als Genugtuung.
Das Bezirksgericht Zürich erkannte am 29. Oktober 1954:
"1. Die von den Beklagten am 28. Juli 1952 dem Kläger gegenüber erwirkte Aussperrung von der Arbeit bei der Firma Gebr. Fretz AG wird als widerrechtlich erklärt.
2. Von der Erklärung der Beklagten, dass sie den Kläger auf gestelltes Gesuch hin wieder als Verbandsmitglied aufnehmen werden, wird Vormerk genommen.
3. Das Begehren, die Beklagten seien zu verpflichten, den Kläger als Nichtverbandsmitglied bei einer dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer angeschlossenen Firma arbeiten zu lassen, wird abgewiesen.
4. Die Beklagten werden solidarisch verpflichtet, an den Kläger die folgenden Beträge zu leisten:
Fr. 6876.-- als Schadenersatz und
Fr. 1000.-- als Genugtuung, je mit 5% Verzugszins seit 1. August 1953; die Mehrforderung des Klägers wird abgewiesen."
Das Bezirksgericht verurteilte ferner die Beklagten solidarisch zu den Gerichtskosten und zur Entschädigung des Klägers für den Prozess.
Der Kläger appellierte mit den Anträgen: 1. Ziffer 3 des Urteils sei aufzuheben und die Beklagten seien zu verpflichten, ihn als Nichtverbandsmitglied (eventuell unter Leistung eines Solidaritätsbeitrages) bei einer dem VSLB angeschlossenen Firma arbeiten zu lassen; 2. die Schadenersatz- und Genugtuungsforderung sei im eingeklagten Betrage von Fr. 10'000.-- zu schützen.
Die Beklagten beantragten auf dem Wege der Appellation, die Klage sei in allen Teilen abzuweisen.
Das Obergericht des Kantons Zürich nahm im Urteil vom 13. Mai 1955 Vormerk von der Erklärung des SLB, dass er bereit sei, den Kläger auf Gesuch hin wieder als Verbandsmitglied aufzunehmen. Es wies die Klagebegehren 1 und 3 ab, auferlegte die Gerichtskosten beider Instanzen dem Kläger und verurteilte diesen zu einer Prozessentschädigung an die Beklagten.
C.- Der Kläger hat die Berufung erklärt. Er beantragt:
"1. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich sei aufzuheben.
2. Die von den Beklagten gegenüber dem Kläger ausgesprochene Sperre sei widerrechtlich zu erklären (Rechtsfrage 1).
3. Es wird Vormerk genommen von der Erklärung des Beklagten 1, dass er bereit ist, den Kläger auf gestelltes Gesuch hin wieder in den Verband aufzunehmen (Rechtsfrage 2 a).
Die Beklagten seien zu verpflichten, den Kläger als Nichtverbandsmitglied (eventuell gegen Leistung eines Solidaritätsbeitrages) bei einer dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer angeschlossenen Firma arbeiten zu lassen (Rechtsfrage 2 b).
4. Die Beklagten haben dem Kläger Fr. 10'000.-- oder einen gerichtlich festzusetzenden Betrag zu bezahlen. Eventuell sei der Fall zur neuen Beurteilung und Beweisabnahme an die Vorinstanz zurückzuweisen (Rechtsfrage 3);
unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten."
Die Beklagten beantragen, die Berufung sei abzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Kläger leitet seinen Schadenersatz- und Genugtuungsanspruch aus einer unerlaubten Handlung im Sinne des Art. 41 OR ab und sieht sie darin, dass die Beklagten ihn unter Berufung auf Art. 9 ihrer Berufsordnung aus seiner Arbeitsstelle bei der Gebr. Fretz AG verdrängt hätten. Hiegegen wenden die Beklagten ein, nicht sie hätten eine unerlaubte Handlung begangen, sondern wenn eine solche überhaupt vorliege, falle sie der Firma Gebr. Fretz AG, die den Kläger entlassen habe, zur Last; die Klage sei daher abzuweisen, weil die Beklagten den behaupteten Schaden und die angebliche Verletzung in den persönlichen Verhältnissen nicht verursacht hätten.
Dieser Einwand hält nicht Stich. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Bezirksgerichts, auf die das Obergericht verweist und die daher das Bundesgericht binden, ist nicht nur der Kläger von der Lithographia Zürich durch das Schreiben vom 28. Juli 1952 in Kenntnis gesetzt worden, dass er als Aussenseiter die Gebr. Fretz AG sofort verlassen müsse; vielmehr haben die Beklagten in gegenseitigem Einvernehmen ihren Standpunkt auch dieser Firma mitgeteilt und sofortige Entlassung des Klägers verlangt. Aus dem Schreiben der Gebr. Fretz AG vom 31. Juli 1952 ergibt sich, dass sie ihr dabei gedroht haben, das Tarifamt anzurufen. Sie haben also ihr Begehren als einen aus der Berufsordnung abgeleiteten Rechtsanspruch hingestellt und dessen Durchsetzung auf dem Wege eines Schiedsverfahrens angedroht. Damit haben sie den Anstoss zur Entlassung des Klägers gegeben, sie also verursacht. Der ursächliche Zusammenhang zwischen ihrem Verhalten und der Entlassung des Klägers ist auch adäquat und damit rechtserheblich; denn es lag nicht ausserhalb des gewöhnlichen Laufes der Dinge, dass die Gebr. Fretz AG sich beugte.
2. Die Ansprüche aus unerlaubter Handlung setzen die Widerrechtlichkeit der Tat voraus (Art. 41 Abs. 1 OR).
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind kollektive Massnahmen wirtschaftlicher Art mit dem Zwecke, von Dritten ein bestimmtes Verhalten zu erzwingen oder sie wegen eines solchen zu massregeln, nicht schlechthin erlaubt. Sie sind unzulässig, wenn der verfolgte Zweck oder die angewendeten Mittel rechtswidrig sind oder den guten Sitten widersprechen oder wenn der angestrebte Vorteil zum zugefügten Schaden in einem offenbaren Missverhältnis steht.
InBGE 62 II 280wurde entschieden, ein solches könne unter Umständen selbst dann verneint werden, wenn die Massnahme die wirtschaftliche Existenz des Betroffenen vernichte. AuchBGE 76 II 287führt noch aus, ein Boykott mit so einschneidender Wirkung sei zulässig, wenn schutzwürdige Interessen des Urhebers die Fernhaltung des Boykottierten von dem in Frage stehenden Wirtschaftsgebiet erheischten. Unter Hinweis auf diese Rechtsprechung ist das Bezirksgericht der Auffassung, eine Absperrklausel von der Art des Art. 9 BO sei dann zulässig, wenn, wie im vorliegenden Falle, ihr Zweck sie rechtfertige. Das Bezirksgericht verkennt indessen, dass die Frage, ob zwischen dem verfolgten Zwecke und den Auswirkungen der Massnahme für den Betroffenen ein Missverhältnis bestehe, sich nicht stellt, wenn die Massnahme schon deshalb widerrechtlich ist, weil ihr Zweck oder das angewendete Mittel gegen die Rechtsordnung verstösst, insbesondere den guten Sitten widerspricht oder den Betroffenen in seiner vom Rechte (Art. 28 ZGB) geschützten Persönlichkeit verletzt.
Bei Massnahmen, die darauf ausgehen, einen Arbeitnehmer zum Eintritt in eine Gewerkschaft zu zwingen, trifft das sozusagen immer zu. Gegen die guten Sitten und das Recht der Persönlichkeit verstossen insbesondere Vereinbarungen, durch welche Arbeitgeber verpflichtet werden, nur Mitglieder der vertragsschliessenden Gewerkschaft zu beschäftigen (BGE 75 II 315). Mit solchen Absperrklauseln gehen die Vertragsschliessenden darauf aus, den Aussenseitern die berufliche Betätigung als Arbeitnehmer zu verunmöglichen oder so zu erschweren, dass sie um des täglichen Brotes willen der Gewerkschaft beitreten. Der Entschluss, einer solchen anzugehören oder nicht anzugehören, muss aber nach der in der Schweiz vorherrschenden Auffassung über die persönliche Freiheit ungezwungen gefasst werden können. Dass auch der Staat die persönliche Freiheit einschränkt, ändert nichts. Die Bildung von Gewerkschaften und die Zugehörigkeit zu solchen hat er der freien Vereinbarung überlassen. Damit verträgt es sich nicht, dass eine Gewerkschaft jemanden zum Eintritt zwingt, indem sie ihm sonst die Möglichkeit, sich und seine Familie durch berufliche Arbeit zu ernähren, unterbindet oder erschwert.
b) Die Absperrklausel der Berufsordnung für das Lithographiegewerbe hält somit vor der Rechtsordnung nicht stand. Die Beklagten handelten widerrechtlich, indem sie den Kläger, weil er ihnen nicht angehörte, von seiner Arbeitsstelle bei der Gebr. Fretz AG verdrängten.
Der Einwand der Beklagten, der Kläger habe sich unter Anrufung der Delegiertenversammlung dem Ausschluss aus dem SLB widersetzt, weshalb der Zwang zum Wiedereintritt ihn in seiner Persönlichkeit nicht verletze, vermag nicht, hiegegen aufzukommen. Auf die Rechte der Persönlichkeit kann nicht verzichtet werden. Indem der Kläger dem SLB angehörte und sich gegen den Ausschluss zur Wehr setzte, konnte er sich des Rechts, später aus freiem Entschluss dem Verbande fernzubleiben und als Nichtmitglied eine Arbeitsstelle zu versehen, nicht entäussern.
Ebensowenig hilft der Einwand, der Kläger wünsche noch im vorliegenden Prozesse, in den SLB aufgenommen zu werden. Das Obergericht hat ihn mit der Begründung geschützt, durch dieses Verlangen anerkenne er die Berufsordnung, womit dem Angriff gegen deren Art. 9 der Boden entzogen sei und die Beklagten den Kläger von seiner Arbeitsstelle hätten verdrängen dürfen, solange er den Beitritt zum SLB, dem sie sich nicht widersetzten, nicht erklärt habe. Dem Kläger kann jedoch nicht unterschoben werden, er habe durch das Begehren um Feststellung, dass die Beklagten ihn auf Gesuch hin entweder als Mitglied aufzunehmen oder ihn als Nichtmitglied bei einem dem VSLB angeschlossenen Arbeitgeber arbeiten zu lassen hätten (Klagebegehren 2), die Rechtmässigkeit ihrer gesamten Berufsordnung, insbesondere auch des Art. 9, anerkennen wollen. Es wäre widersinnig gewesen, einerseits vom Gericht die Feststellung zu verlangen, dass die sich auf Art. 9 BO stützende Verdrängung des Klägers von seiner Arbeitsstelle widerrechtlich sei (Klagebegehren 1) und die Beklagten dem Kläger deswegen Schadenersatz schuldeten (Klagebegehren 3), und anderseits durch die Äusserung der Beitrittsabsicht die Rechtmässigkeit eben dieser beanstandeten Bestimmung der Berufsordnung anerkennen zu wollen. Mit Klagebegehren 2 hat der Kläger nur die Absicht kundgetan, allenfalls in Zukunft dem SLB und einer seiner Sektionen beizutreten, um weiteren Verdrängungsversuchen der Beklagten aus dem Wege zu gehen. Dass er die Verdrängung eines Nichtmitgliedes als widerrechtlich betrachtet, ergibt sich nicht nur klar aus Begehren 1 und 3, die sich auf den in der Vergangenheit liegenden Vorfall stützen, sondern auch aus dem zweiten Teil des Begehrens 2 selbst, wo der Kläger für den Fall, dass er nicht aufgenommen werden sollte, die Feststellung verlangt, dass die Beklagten ihn auch als Aussenseiter bei einer dem VSLB angeschlossenen Firma arbeiten lassen müssten.
3. Die Schadenersatzklage aus Art. 41 OR setzt ein Verschulden des Handelnden voraus, sei es Absicht, sei es Fahrlässigkeit.
Im vorliegenden Falle liegt Absicht vor, denn die Verdrängung des Klägers erfolgte bewusst und gewollt. Dass sie widerrechtlich sei, weil sie den Kläger in seiner Persönlichkeit verletze und gegen die guten Sitten verstosse, brauchten die handelnden Organe der Beklagten nicht zu wissen. Wenn das Rechtsgefühl des Schädigers mit der Rechtsordnung nicht übereinstimmt, hat er selber, nicht der Geschädigte, den Nachteil daraus zu tragen. Der Einwand der Beklagten, sie seien sich der Rechts- und Sittenwidrigkeit nicht bewusst gewesen, weil ihre Berufsordnung seit über vierzig Jahren in Kraft stehe und täglich unangefochten angewendet worden sei, hilft schon aus diesem Grunde nicht.
4. Das Begehren des Klägers um Ersatz des durch die Verdrängung verursachten Schadens ist somit grundsätzlich begründet. Die Beklagten haben indessen in ihrer Eingabe vom 7. Februar 1955 an das Obergericht den Schaden bestritten und auch in Zweifel gezogen, dass der Kläger sich nach dem Verlust der Stelle um einen angemessenen anderen Verdienst bemüht habe. Da das Obergericht zu diesen Anbringen nicht Stellung genommen hat, ist die Sache zur Neubeurteilung des Schadenersatzanspruches zurückzuweisen.
5. Auch über den Genugtuungsanspruch gemäss Art. 49 OR ist neu zu urteilen. Das Verschulden der Beklagten ist schwer, da sie die Tat absichtlich begangen haben. Das Vorgehen der Beklagten ist umso unverständlicher, als der Kläger mit seinem Schreiben vom 26. Juli 1952 die Absicht geäussert hatte, dem SLB beizutreten und vom Tage der Stellenannahme an die Beiträge nachzuzahlen, falls die Gebr. Fretz AG ihm nach vier Wochen den Lohn erhöhen würde. Ohne auf die Anfrage, ob er inzwischen ausnahmsweise als Aussenseiter seine Stelle beibehalten dürfe, überhaupt einzutreten, stellten die Beklagten sich mit dem Schreiben vom 28. Juli 1952 schroff auf den Standpunkt, dass er die Arbeitsstelle sofort zu verlassen habe, da er durch einstimmigen Beschluss der Delegiertenversammlung der Sektion Bern aus dem SLB ausgeschlossen worden sei.
Auch ist der Kläger durch das Verhalten der Beklagten in seinen persönlichen Verhältnissen schwer verletzt worden. Da praktisch alle Arbeitgeber des Buchdruckergewerbes dem VSLB angehören, sah er sich vor erneuter Arbeitslosigkeit, nachdem er schon seit einem Jahre ohne Anstellung gewesen war.
Dem Entscheide der Vorinstanz vorbehalten bleiben dagegen die Fragen des von den Beklagten behaupteten Mitverschuldens des Klägers sowie der Höhe der Genugtuung.
6. Dem Rechtsbegehren 1 halten die Beklagten entgegen, die Feststellung der Widerrechtlichkeit sei nur Motiv zu den in Rechtsbegehren 3 verlangten Leistungen, weshalb sie mangels rechtlichen Interesses unzulässig sei.
Richtig ist, dass die Feststellungsklage, die an sich von Bundesrechts wegen gegeben ist (BGE 77 II 344), ein Interesse des Klägers an der Feststellung gegenüber dem Beklagten voraussetzt. Im vorliegenden Falle besteht aber ein solches. Der Kläger hat ein Interesse an der Feststellung namentlich dann, wenn seine Leistungsklage abgewiesen werden sollte. Es besteht aber auch sonst. Der Kläger ist noch immer das Opfer der Verdrängung aus seiner Arbeitsstelle bei der Gebr. Fretz AG Er läuft Gefahr, auch von keinem anderen auf die Berufsordnung der Beklagten verpflichteten Arbeitgeber mehr angestellt zu werden, solange er nicht in den SLB eintritt. Diese Gefahr ist umso dringender, als die Beklagten hartnäckig an der Zulässigkeit der Absperrklausel festhalten. Es ist zu befürchten, dass sie weiterhin ihren Einfluss geltend machen werden, um die Anstellung des Klägers durch Mitglieder des VSLB zu verhindern oder ihn aus einer neuen Anstellung zu verdrängen. Da er nicht verpflichtet ist, dieser Gefahr durch Eintritt in den SLB vorzubeugen, hat das Obergericht das Klagebegehren 1 gutzuheissen.
7. Der Kläger will sich nicht damit abfinden, dass das Obergericht lediglich von der Bereitschaft des SLB, ihn auf Gesuch hin wieder aufzunehmen, Vormerk genommen und damit den Rest des Rechtsbegehrens 2 als gegenstandslos erachtet hat. Er macht geltend, dieses Begehren enthalte zwei selbständige Anträge. Die Bereitschaft des SLB, ihn als Mitglied aufzunehmen, nütze ihm nichts, solange er keine neue Stelle habe. Wenn das Gericht nicht ausserdem feststelle, dass er berechtigt sei, auch als Aussenseiter bei einem Mitgliede des VSLB zu arbeiten, werde er voraussichtlich nie mehr im schweizerischen Lithographiegewerbe arbeiten können.
Diese Rüge ist unbegründet. Mit Rechtsbegehren 2 hat der Kläger nicht verlangt, es sei festzustellen, dass die Beklagten sowohl verpflichtet seien, ihn auf Gesuch in den Verband aufzunehmen, als auch, ihn als Aussenseiter bei einer dem VSLB angeschlossenen Firma arbeiten zu lassen. Beantragt wurde vielmehr, es sei festzustellen, dass sie verpflichtet seien, entweder das eine oder das andere zu tun. Nachdem sie sich bereit erklärt haben, das eine zu tun, ist für die Feststellung, dass sie auch das andere tun müssten, kein Raum, die Berufung also insoweit abzuweisen.
8. Das Obergericht hat offen gelassen, ob die Lithographia Zürich parteifähig sei. Da sie die Parteifähigkeit, wie schon vor Obergericht, auch im Berufungsverfahren noch bestreitet, hat das Obergericht die Frage zu beurteilen. Der Entscheid hängt davon ab, ob die Lithographia Zürich nach den Bestimmungen des Bundesrechts rechtsfähig ist, d.h. Persönlichkeit besitzt. Das träfe nicht nur zu, wenn sie - wie der SLB, in dem sie die Stellung einer Sektion einnimmt - als Genossenschaft im Handelsregister eingetragen wäre; denn die Statuten des SLB verlangen diese Eigenschaft von ihr nicht. Sektion des SLB mit eigener Persönlichkeit kann sie auch sein, wenn sie ein Verein ist. Das setzt voraus, dass sie schriftliche Statuten habe, die ihren Willen, als Körperschaft zu bestehen, ausdrücken und über ihren Zweck, ihre Mittel und ihre Organisation Aufschluss geben (Art. 60 ZGB). Nach Art. 28 der Statuten des SLB müsste das zutreffen, doch bestreiten es die Beklagten, obschon die Lithographia Zürich einen Namen führt, im Volkshaus Zürich einen eigenen Sitz hat, Sektionsversammlungen durchführt, sich durch einen "Vorstand" selbst verwaltet, ein eigenes Sekretariat mit vollberuflichen Sekretären unterhält, eigene Beiträge erhebt, eigenes Vermögen besitzt und nach aussen handelnd auftritt.
Sollte sich ergeben, dass die Lithographia Zürich keine Statuten hat, so wäre die Klage ihr gegenüber abzuweisen. Sie hätte dann nicht nur keine Persönlichkeit, sondern könnte auch nicht gemäss Art. 62 ZGB einer einfachen Gesellschaft gleichgestellt werden, da sie alsdann nur Organ des SLB wäre, das wie durch sein rechtmässiges auch durch sein rechtswidriges Verhalten diesen Verband, und nur ihn, verpflichten würde. Übrigens wäre sie auch als einfache Gesellschaft nicht parteifähig.
Sollte das Obergericht dagegen als bewiesen erachten, dass die Lithographia Zürich Statuten habe, so wäre Rechtsbegehren 2 beiden Beklagten gegenüber gutzuheissen und über Rechtsbegehren 3 beiden gegenüber im Sinne der bundesgerichtlichen Erwägungen materiell neu zu urteilen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 13. Mai 1955 wird aufgehoben, und die Sache wird zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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1. Art. 41, 49 CO, art. 28 CC. Risarcimento del danno e riparazione dovuti da un sindacato che, invocando la clausola d'esclusività d'un contratto collettivo di lavoro, fa perdere ad un dissidente il suo posto di lavoro. a) Causalità (consid. 1).
b) Illeceità (consid. 2).
c) Colpa; non è esclusa dall'errore sull'illeceità (consid. 3).
d) Gravità dell'offesa e della colpa quale presupposto della riparazione (consid. 5).
2. Azione di accertamento dell'illeceità dell'eliminazione economica; interesse dell'attore che promuove contemporaneamente un'azione di risarcimento del danno e di riparazione (consid. 6).
3. Art. 60 CC. La sezione d'un sindacato organizzato nella forma della società cooperativa gode dei diritti civili? (consid. 8).
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82 II 321
Sachverhalt ab Seite 322
A.- D. M., Ehefrau eines Zahnarztes in Villars bei Ollon, litt an einer chronischen Erkrankung des rechten Hüftgelenkes. Sie liess sich deswegen am 20. Juni 1952 durch Dr. B., Oberarzt an der chirurgischen Abteilung des Kantonsspitals in Aarau, mit dem ihr Ehemann seit der Studienzeit freundschaftliche Beziehungen unterhielt, beraten. Dr. B. untersuchte die Kranke und schlug Operation nach Methode Smith-Petersen vor. Als Zeitpunkt des Eingriffs wurde der Herbst 1952 in Aussicht genommen. Der Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Kantonsspitals, Dr. Othmar Häuptli, wohnte der Beratung vom 20. Juni 1952 nicht bei. Dr. B. erklärte jedoch der Untersuchten, die Rechnung hiefür werde im Namen des Dr. Häuptli ausgestellt werden. Das geschah denn auch am 7. Juli 1952. Am gleichen Tage schrieb Dr. M., Ehemann der Patientin, dem Dr. Häuptli was folgt:
"Je reçois votre facture du 7 ct. frs. 20.- pour la consultation que mon ami le Dr B. a donnée à ma femme dernièrement. Cette petite note sera réglée prochainement.
Il est envisagé pour l'automne prochain une intervention chirurgicale dans la région de la hanche avec inclusion d'une cupule de vitallium, et nous aimerions qu'elle soit effectuée dans votre accueillant hôpital d'Aarau par le Dr B.
Seriez-vous assez aimable pour me renseigner sur les frais d'intervention chirurgicale avec lesquels nous devrions compter (hospitalisation, imprévus et divers non compris), afin que nous puissions les envisager dès maintenant."
Am 26. Juli 1952 liess Dr. Häuptli durch seine Sekretärin, Schwester Elise Müller, antworten, dass sein Honorar etwa Fr. 400.-- betragen werde und die Tagestaxe sich für ausserkantonale Privatpatienten höchstens auf Fr. 22.- nebst 20% Teuerungszuschlag belaufe.
Ende September oder Anfang Oktober 1952 erhielt Dr. M. einen Expressbrief, in dem Dr. B. ihm mitteilte, die Privatpatienten der chirurgischen Abteilung würden grundsätzlich von Dr. Häuptli operiert, doch sei dieser bis 5. Oktober 1952 in den Ferien, weshalb Dr. B. bis dahin die Operation vornehmen könnte, ohne mit seinem Vorgesetzten Fühlung nehmen zu müssen; Frau M. möge daher am 3. Oktober 1952 in das Spital eintreten.
Frau M. tat das. Sie wurde von der Aufnahmeschwester der chirurgischen Abteilung, Marie Schweigler, empfangen. Diese vermerkte sie auf dem für die Spitalverwaltung bestimmten Personalienblatt und auf dem Tagesrapport als Patientin der Privatabteilung, da Schwester Müller sie in diesem Sinne unterrichtet hatte. Ohne jenes Blatt fertig auszufüllen, wies Schwester Schweigler Frau M. auf die Privatabteilung, deren Personal die Privatpatienten selber aufzunehmen pflegte. Hier führte Schwester Marguerite Humbel Frau M. in das Zimmer, das für sie vorbereitet worden war, und legte ihr noch am gleichen Tage das erwähnte Blatt zur Eintragung ihrer Personalien vor.
Am 4. Oktober 1952 wurde Frau M. von Dr. B. nach der Methode Judet operiert. Ab 6. Oktober behandelte Dr. Häuptli sie weiter, und zwar betreute er sie so, wie er seine Privatpatienten zu betreuen pflegte (täglich zwei Besuche in Begleitung einer Schwester). Sie blieb bis 7. Dezember 1952 im Kantonsspital. Dieses stellte ihr für ihre Verpflegung und gewisse andere Leistungen (Verpflegung der Privatschwester, Unkosten der Operation, Laboratoriumsgebühren usw.) am 7. November, 5. und 11. Dezember 1952 Rechnung. Die Rechnungen bezeichneten sie durch die Abkürzungen "Chir. Priv." als Privatpatientin der chirurgischen Abteilung. Dr. M. bezahlte die Saldi - Fr. 400.-- hatte die Patientin bei ihrem Eintritt vorgeschossen - am 20. November und 15. Dezember 1952. Am 9. Januar 1953 forderte Dr. Häuptli von ihrem Ehemanne "für ärztliche Bemühung vom 3. Oktober bis 17. Dezember 1952" Fr. 700.--. Dr. M. bezahlte die Rechnung am 4. April 1953.
B.- Mit Klage vom 14. Mai 1955 beantragt Frau M. dem Bundesgericht: 1. der Kanton Aargau sei zu verurteilen, ihr Fr. 149'216.-- nebst 5% Zins seit 29. September 1953 zu bezahlen; 2. der vom Beklagten in der Betreibung Nr. 12620 des Betreibungsamtes Aarau erhobene Rechtsvorschlag sei bis zu diesem Betrage als endgültig beseitigt zu erklären; 3. die Revision des Urteils sei für zwei Jahre vom Tage seiner Ausfällung an vorzubehalten.
Die Klägerin begründet die Forderung mit der Verantwortlichkeit des Kantons Aargau für fehlerhafte Operation und Behandlung durch Dr. B., der als Beamter in Ausübung seines Dienstes gehandelt habe.
C.- Der Kanton Aargau ist auf Ersuchen hin durch den Instruktionsrichter ermächtigt worden, die Antwort auf die Frage der Passivlegitimation zu beschränken. Er beantragt, die Klage sei unter Kosten- und Entschädigungsfolge abzuweisen.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, er hafte nicht, denn Dr. B. habe die Klägerin nicht in Ausübung seines Dienstes, sondern auf Grund eines privaten Auftrages operiert.
D.- Die Klägerin ist in der schriftlichen Replik und in ihren Ausführungen in der Hauptverhandlung auf ihrem Standpunkt geblieben. Sie beantragt, die Einwendung der fehlenden Passivlegitimation sei unter Kostenfolge als unbegründet zu erklären, eventuell, falls die Passivlegitimation verneint würde, seien die Kosten dennoch dem Beklagten aufzuerlegen.
E.- Der Beklagte hat in der Hauptverhandlung an seinen Anträgen festgehalten.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Es ist unbestritten, dass das Kantonsspital Aarau eine vom öffentlichen Recht des Kantons Aargau beherrschte unselbständige Anstalt ist (vgl. BGE 56 II 200 f.), dass der Oberarzt Dr. B. und der Chefarzt Dr. Häuptli der chirurgischen Abteilung schon zur Zeit der Operation und Behandlung der Klägerin Beamte waren (Dekret betreffend das Dienstverhältnis und die Besoldungen der Staatsbeamten, vom 8. Mai 1944, Anhang 18. Klasse; Verordnung über die Besoldungen der Beamten und Angestellten des Kantonsspitals Aarau, vom 16. März 1945 § 1) und dass der Kanton Aargau verpflichtet ist, für Schaden Ersatz zu leisten, der Dritten durch seine Beamten "in Ausübung ihres Dienstes widerrechtlich, sei es absichtlich, sei es fahrlässig, zugefügt wird" (Gesetz über die Verantwortlichkeit der öffentlichen Beamten und Angestellten und über die Haftung des Staates und der Gemeinden für ihre Beamten, vom 21. Dezember 1939 § 2).
"In Ausübung seines Dienstes" hat Dr. B. die Operation nur vorgenommen, wenn sie Gegenstand des öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnisses gewesen ist, in das die Klägerin durch ihre Aufnahme in das Spital getreten ist. Dass sie das war, versteht sich nicht von selbst. Zwar gehört das Kantonsspital Aarau zu jenen Krankenhäusern, die dem Patienten nicht nur Unterkunft und Verpflegung, sondern auch ärztliche Hilfe verschaffen. Das gilt aber nicht ausnahmslos.
a) Den Chefärzten ist gestattet, eine vom Regierungsrat bestimmte Anzahl Kranke, die sich in ihre Privatbehandlung begeben wollen, unter Anzeige an die zuständige Regierungsdirektion in besondere Zimmer aufnehmen zu lassen, soweit die erforderlichen Räume dafür vorhanden sind. Das wurde schon im revidierten Dekret vom 30. Dezember 1910 betreffend die Kostenvergütungen in der kantonalen Krankenanstalt Aarau so bestimmt (§ 14) und auch im gleich benannten Dekret vom 14. Februar 1921 (§ 20) sowie im Dekret vom 28. Juni 1934 betreffend die Kostenvergütungen im Kantonsspital Aarau (§ 20) ausdrücklich gesagt. Diese Normen bestimmten, die Aufnahme erfolge gegen Bezahlung der in anderen Paragraphen näher umschriebenen Taxen, die Entschädigung für die ärztliche Behandlung dagegen sei Privatsache und bleibe der freien Vereinbarung überlassen. Damit war klargestellt, dass der Kanton sich in diesen Fällen nicht verpflichtete, den Kranken ärztlich behandeln zu lassen, anderseits aber auch nicht an der Vergütung teilhatte, die der Kranke dem Arzt für die Behandlung schuldete, ja sich in das Verhältnis zwischen dem Privatpatienten und dem Chefarzt überhaupt nicht einmischte, insbesondere diesem nicht vorschrieb, wie hoch die Vergütung sein dürfe oder müsse. Die in Deutschland vertretene, aber keineswegs durchgedrungene Auffassung, dass der Chefarzt auch den Privatpatienten in Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten behandle und der Patient dem Krankenhaus verspreche, ihn dafür angemessen zu honorieren (vgl. E. MOLITOR, Krankenhaus und Chefarzt, 2. Aufl., 55 ff., 76 ff.; a.M. z.B. H. C. NIPPERDEY, Chefarzt und Krankenhaus, in "Der Krankenhausarzt" 1949 Heft 4 S. 4 ff.), lag somit der erwähnten aargauischen Regelung nicht zugrunde. Noch weniger galt das vom Privatpatienten zu zahlende Honorar für ärztliche Behandlung hier als eine Gebühr, die der Patient zwar dem Kanton schulde, dieser aber durch den Chefarzt einziehen lasse und ihm als Teil seiner Besoldung zur Verfügung stelle, ähnlich wie ein nach dem Sportelsystem entlöhnter Betreibungsbeamter die eingezogenen Gebühren behalten kann. Die Dekrete vom 8. Mai 1944 und 7. Dezember 1953 über das Dienstverhältnis und die Besoldung der Staatsbeamten enthielten denn auch keine Bestimmung, die diese Auffassung der Klägerin zu rechtfertigen vermöchte.
Als die Klägerin in das Kantonsspital Aarau eintrat, waren nicht mehr die erwähnten Dekrete über die Kostenvergütungen in Kraft, sondern es galt das Dekret vom 24. März 1947 über die Verpflegungstaxen des Kantonsspitals Aarau, das keine gleich lautende Bestimmung enthielt. Allein auch dieses Dekret ging davon aus, dass die Chefärzte zu privater Behandlung gewisser Kranker berechtigt seien, bestimmte es doch in § 6 lit. c, Patienten der Privatabteilung der Chefärzte bezahlten die gleichen Taxen wie die Patienten der I. Klasse, und sie hätten darüber hinaus den sie behandelnden Chefarzt gesondert zu entschädigen. Auch das heute geltende Dekret vom 6. Juli 1955 über die Kostenvergütung im Kantonsspital Aarau steht auf diesem Boden. Es enthält eigene Bestimmungen über die Privatabteilung (§§ 15 ff.); eine davon sagt, ärztliche Behandlung, Operation und Geburten seien in der Tagestaxe nicht inbegriffen (§ 17 lit. a). Es ist denn auch durch die Einvernahme der Chefärzte Dr. Häuptli und Prof. Dr. Alder und des früheren sowie des gegenwärtigen Sekretärs der kantonalen Gesundheitsdirektion bestätigt worden, dass die Dekrete von 1947 und 1955 materiell an der seit 1910 bestehenden Regelung betreffend Privatpatienten der Chefärzte nichts ändern wollten und sie nur deshalb nicht mehr ausdrücklich wiederholten, weil sie infolge ununterbrochener Anwendung seit 1910 als selbstverständlich galt. Die Botschaft des Regierungsrates vom 19. Februar 1954 zum Entwurf des heute geltenden Dekretes spricht noch ausdrücklich von Privatpatienten und führt aus, dass der leitende Arzt den Patienten der Privatabteilung für ärztliche Behandlung, Operation und Geburten direkt Rechnung stelle. Das ist auch an öffentlichen Spitälern anderer Kantone so, ohne dass je die ärztliche Behandlung der Privatpatienten als Teil der vom Spital versprochenen Leistungen, also nicht als Gegenstand eines rein privatrechtlichen Vertrages zwischen Patient und Arzt, betrachtet worden wäre. Für den Kanton Aargau ergibt sich eine andere Regelung nicht aus § 11 bezw. § 9 der Dekrete vom 8. Mai 1944 bezw. 7. Dezember 1953 über das Dienstverhältnis und die Besoldung der Staatsbeamten. Diese Bestimmungen, welche die Beamten verpflichten, während der vorgeschriebenen Arbeitszeit ihre volle Arbeitskraft dem Amte zu widmen, waren und sind zugunsten der Chefärzte des Kantonsspitals unter anderem dadurch durchbrochen, dass ihnen die Dekrete betreffend die Kostenvergütungen die private Behandlung der in die Privatabteilung aufgenommenen Patienten erlaubten und noch heute gestatten. Diese Regelung erklärt sich daraus, dass die geringe Besoldung nicht erlauben würde, tüchtige Chefärzte zu gewinnen, wenn ihnen die private Behandlung von Spitalpatienten und die weitere private Betätigung (Beratung, Abgabe von Gutachten; vgl. § 16 revidiertes Reglement vom 3. Dezember 1900 für die kantonale Krankenanstalt Aarau; § 15 revidiertes Dekret vom 30. Dezember 1910 betreffend die Kostenvergütungen in der kantonalen Krankenanstalt Aarau; § 12 revidiertes Dekret vom 26. Juni 1918 über die Organisation der kantonalen Krankenanstalt in Aarau; § 21 f. der Dekrete betreffend die Kostenvergütungen im Kantonsspital Aarau vom 14. Februar 1921 und 28. Juni 1934) nicht gestattet würde.
b) Dass auch die Oberärzte befugt seien, im Kantonsspital Aarau Patienten auf eigene Rechnung zu behandeln, wird mit Recht nicht behauptet. Für sie gilt das Gebot, während der Arbeitszeit ihre volle Arbeitskraft dem Amte zu widmen. Sie können aber gleichwohl in die Lage kommen, Privatpatienten anders als "in Ausübung ihres Dienstes" in das Spital aufzunehmen und sie zu behandeln. Das trifft dann zu, wenn sie es in Vertretung und auf Rechnung ihres Chefarztes tun. Sie haben diesen nicht nur in seiner amtlichen Stellung zu vertreten, sondern pflegen auch seine Privatpatienten zu behandeln, wenn er abwesend ist, insbesondere in den Ferien weilt. Das haben Dr. Häuptli, Prof. Dr. Alder und Dr. B. sowie die beiden einvernommenen Sekretäre Dubach und Eichenberger der kantonalen Gesundheitsdirektion bestätigt. Aus den Aussagen der beiden letzteren ergibt sich auch, dass das der Gesundheitsdirektion bekannt gewesen ist und dass sie es von jeher geduldet hat.
2. Dr. B. und Dr. Häuptli haben die Klägerin als private Auftraggeberin des letztern betrachtet und ihr sowie ihrem für sie handelnden Ehemann gegenüber diese Auffassung auch kundgetan. Schon am 20. Juni 1952 erklärte Dr. B. der Klägerin, für die Beratung von diesem Tage werde ihr Dr. Häuptli Rechnung stellen. Das geschah denn auch am 7. Juli 1952, und zwar stellte Dr. Häuptli die Rechnung nicht im Namen des Spitals, sondern in seinem eigenen Namen aus. Auch die Auskunft vom 26. Juli 1952, die seine Sekretärin dem Ehemann der Klägerin erteilte, verrät den Willen, einen privaten Auftrag zustande zu bringen. Die Schreiberin verwendete Papier mit Briefkopf des Dr. Häuptli. Die Auskunft spricht von "Honorar für die Operation des Chefarztes Dr. Häuptli". Ein Honorar konnte nur von einem Privatpatienten geschuldet werden, da für andere Patienten sowohl in der allgemeinen Abteilung als auch in der ersten Klasse Operation und ärztliche Behandlung in der Verpflegungstaxe inbegriffen sind. Auch bezeichnete das Schreiben die bekanntgegebene Taxe als solche für "Privatpatienten". Der Expressbrief von Ende September oder Anfang Oktober 1952, durch den Dr. B. die Klägerin zum Eintritt in das Spital einlud, sprach, wie die Klägerin zugibt, wiederum von Privatpatienten, indem Dr. B. ausführte, er dürfe diese nur solange operieren, als Dr. Häuptli in den Ferien sei. Am Tage der Aufnahme fiel keine Äusserung, die auf den Willen hätte schliessen lassen, die Klägerin werde nicht als private Auftraggeberin des Dr. Häuptli operiert, sondern Dr. B. und in der Folge auch der Chefarzt würden in Erfüllung amtlicher Pflichten handeln. Gegenteils wurde die Klägerin von den Schwestern Schweigler und Humbel, die sie auf Grund einer Mitteilung der Sekretärin des Dr. Häuptli als Privatpatientin betrachteten, auf die Privatabteilung gewiesen. Dass das, wie es gelegentlich für Patienten der ersten Klasse vorkam, nur deshalb geschehen sei, weil anderswo kein Platz vorhanden gewesen sei, wird nicht behauptet. Die Klägerin wurde von Dr. Häuptli auch wie eine Privatpatientin, nicht wie eine Kranke der allgemeinen Abteilung oder der ersten Klasse, behandelt, indem er sie täglich zweimal und nur in Begleitung einer Schwester besuchte. Er stellte ihr für die Operation und die Behandlung Rechnung. Das hätte er nicht tun dürfen, wenn er die Klägerin als Patientin der ersten Klasse oder der allgemeinen Abteilung betrachtet hätte. Dass der Klägerin keine schriftliche Erklärung abverlangt wurde, wonach sie auf die Privatabteilung aufgenommen zu werden wünsche, vermag diese Willensäusserungen nicht zu entkräften. Wohl waren gedruckte Formulare vorhanden, auf denen andere Privatpatienten des Dr. Häuptli solche Erklärungen abzugeben hatten. Sie wurden aber nur in Zweifelsfällen verwendet, nicht auch dann, wenn das Personal private Behandlung schon als vereinbart erachtete (Aussage Schwester Humbel).
Indem die Klägerin auf die erwähnten Willensäusserungen hin, insbesondere trotz der deutlich auf Vereinbarung eines privaten Auftrages abzielenden Briefe vom 7. Juli und von Ende September oder Anfang Oktober 1952 an ihren Ehemann, sich ohne gegenteilige Willenskundgebung zur Operation und Behandlung stellte, gab sie schlüssig ihre Zustimmung zu einem privaten Auftrag. Dass sie Dr. Häuptli nicht kannte, wohl aber ausdrücklich von Dr. B. operiert zu werden wünschte, steht dieser Auslegung ihres Verhaltens nicht im Wege. Die Klägerin wusste, dass Dr. B. den Auftrag als Vertreter des Dr. Häuptli ausführen würde. In dieser Eigenschaft hatte er schon die Beratung vom 20. Juni vorgenommen, wie der Klägerin und ihrem Ehemanne bekannt war. Auch hatte Dr. M. die Anfrage vom 7. Juli 1952 an Dr. Häuptli, nicht an Dr. B. oder die Spitalverwaltung gerichtet. Ebensowenig hilft der Einwand, die Klägerin habe unter einem "Privatpatienten" einfach einen in einem Einzelzimmer untergebrachten Kranken verstanden. "Privat" (privé) steht im Deutschen wie im Französischen im Gegensatz zu "öffentlich" (public) und durfte daher von den Eheleuten M. nicht in guten Treuen dahin verstanden werden, dass die Klägerin lediglich in einem Einzelzimmer (chambre particulière, im Gegensatz zu chambre commune) untergebracht werde, nicht auch einen privaten Auftrag zur Operation und Behandlung erteile. Am 9. Januar 1953 erhielt die Klägerin für "ärztliche Bemühung" eine Rechnung, die im Gegensatz zu den Rechnungen für die übrigen Leistungen nicht auf Formularen der Spitalverwaltung, sondern auf einem solchen des Dr. Häuptli ausgestellt war. Das entging ihr nicht, behauptet sie doch, sie und ihr Gatte hätten sich ob der Rechnungstellung des Dr. Häuptli aufgehalten, weil dieser die Klägerin gar nicht behandelt habe. Trotz dieser angeblichen Unstimmigkeit bezahlten die Eheleute M. die Rechnung am 4. April 1953, da es ihnen angeblich unangenehm war, die Rechnungstellung zu beanstanden. Damit pflichteten sie der Auffassung des Dr. Häuptli, dass die Klägerin seine Privatpatientin sei, aber erneut bei.
Anderseits fehlt jegliche Äusserung der Spitalverwaltung oder ihres Personals, wonach man der Klägerin Operation und Behandlung zu Lasten des Spitals hätte versprechen wollen. Die Klägerin wurde von allen Angestellten als Privatpatientin des Dr. Häuptli angesehen, nicht nur von dessen Sekretärin Schwester Müller, sondern auch von der Aufnahmeschwester Marie Schweigler, die auf dem Personalienblatt und dem Tagesrapport vom 3. Oktober 1952 entsprechende Eintragungen machte und die Klägerin auf die Privatabteilung wies, ebenso von Schwester Humbel, die dort die Aufnahmeformalitäten beendete. Auch teilte die Oberschwester dem Dr. B. vor der Operation mit, die Klägerin sei auf die Privatabteilung gekommen. Auf den Spitalrechnungen wurde die Klägerin durch die Abkürzung "Chir. Priv." als Privatpatientin der Abteilung für Chirurgie bezeichnet.
Der private Auftrag der Klägerin an Dr. B. als Stellvertreter des Dr. Häuptli schliesst die Haftung des Kantons Aargau für die behaupteten Fehler in der Operation und Behandlung aus. Die Klage ist daher abzuweisen, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob wirklich Fehler begangen worden sind und welche Folgen sie hatten.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Klage wird abgewiesen.
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de
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§ 2 aarg. Gesetz über die Verantwortlichkeit der öffentlichen Beamten und Angestellten und über die Haftung des Staates und der Gemeinden für ihre Beamten, vom 21. Dezember 1939. Der Kanton Aargau haftet nicht für die Behandlung, die ein Privatpatient im Kantonsspital durch den Stellvertreter des Chefarztes der chirurgischen Abteilung erfahren hat.
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-321%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 321
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82 II 321
Sachverhalt ab Seite 322
A.- D. M., Ehefrau eines Zahnarztes in Villars bei Ollon, litt an einer chronischen Erkrankung des rechten Hüftgelenkes. Sie liess sich deswegen am 20. Juni 1952 durch Dr. B., Oberarzt an der chirurgischen Abteilung des Kantonsspitals in Aarau, mit dem ihr Ehemann seit der Studienzeit freundschaftliche Beziehungen unterhielt, beraten. Dr. B. untersuchte die Kranke und schlug Operation nach Methode Smith-Petersen vor. Als Zeitpunkt des Eingriffs wurde der Herbst 1952 in Aussicht genommen. Der Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Kantonsspitals, Dr. Othmar Häuptli, wohnte der Beratung vom 20. Juni 1952 nicht bei. Dr. B. erklärte jedoch der Untersuchten, die Rechnung hiefür werde im Namen des Dr. Häuptli ausgestellt werden. Das geschah denn auch am 7. Juli 1952. Am gleichen Tage schrieb Dr. M., Ehemann der Patientin, dem Dr. Häuptli was folgt:
"Je reçois votre facture du 7 ct. frs. 20.- pour la consultation que mon ami le Dr B. a donnée à ma femme dernièrement. Cette petite note sera réglée prochainement.
Il est envisagé pour l'automne prochain une intervention chirurgicale dans la région de la hanche avec inclusion d'une cupule de vitallium, et nous aimerions qu'elle soit effectuée dans votre accueillant hôpital d'Aarau par le Dr B.
Seriez-vous assez aimable pour me renseigner sur les frais d'intervention chirurgicale avec lesquels nous devrions compter (hospitalisation, imprévus et divers non compris), afin que nous puissions les envisager dès maintenant."
Am 26. Juli 1952 liess Dr. Häuptli durch seine Sekretärin, Schwester Elise Müller, antworten, dass sein Honorar etwa Fr. 400.-- betragen werde und die Tagestaxe sich für ausserkantonale Privatpatienten höchstens auf Fr. 22.- nebst 20% Teuerungszuschlag belaufe.
Ende September oder Anfang Oktober 1952 erhielt Dr. M. einen Expressbrief, in dem Dr. B. ihm mitteilte, die Privatpatienten der chirurgischen Abteilung würden grundsätzlich von Dr. Häuptli operiert, doch sei dieser bis 5. Oktober 1952 in den Ferien, weshalb Dr. B. bis dahin die Operation vornehmen könnte, ohne mit seinem Vorgesetzten Fühlung nehmen zu müssen; Frau M. möge daher am 3. Oktober 1952 in das Spital eintreten.
Frau M. tat das. Sie wurde von der Aufnahmeschwester der chirurgischen Abteilung, Marie Schweigler, empfangen. Diese vermerkte sie auf dem für die Spitalverwaltung bestimmten Personalienblatt und auf dem Tagesrapport als Patientin der Privatabteilung, da Schwester Müller sie in diesem Sinne unterrichtet hatte. Ohne jenes Blatt fertig auszufüllen, wies Schwester Schweigler Frau M. auf die Privatabteilung, deren Personal die Privatpatienten selber aufzunehmen pflegte. Hier führte Schwester Marguerite Humbel Frau M. in das Zimmer, das für sie vorbereitet worden war, und legte ihr noch am gleichen Tage das erwähnte Blatt zur Eintragung ihrer Personalien vor.
Am 4. Oktober 1952 wurde Frau M. von Dr. B. nach der Methode Judet operiert. Ab 6. Oktober behandelte Dr. Häuptli sie weiter, und zwar betreute er sie so, wie er seine Privatpatienten zu betreuen pflegte (täglich zwei Besuche in Begleitung einer Schwester). Sie blieb bis 7. Dezember 1952 im Kantonsspital. Dieses stellte ihr für ihre Verpflegung und gewisse andere Leistungen (Verpflegung der Privatschwester, Unkosten der Operation, Laboratoriumsgebühren usw.) am 7. November, 5. und 11. Dezember 1952 Rechnung. Die Rechnungen bezeichneten sie durch die Abkürzungen "Chir. Priv." als Privatpatientin der chirurgischen Abteilung. Dr. M. bezahlte die Saldi - Fr. 400.-- hatte die Patientin bei ihrem Eintritt vorgeschossen - am 20. November und 15. Dezember 1952. Am 9. Januar 1953 forderte Dr. Häuptli von ihrem Ehemanne "für ärztliche Bemühung vom 3. Oktober bis 17. Dezember 1952" Fr. 700.--. Dr. M. bezahlte die Rechnung am 4. April 1953.
B.- Mit Klage vom 14. Mai 1955 beantragt Frau M. dem Bundesgericht: 1. der Kanton Aargau sei zu verurteilen, ihr Fr. 149'216.-- nebst 5% Zins seit 29. September 1953 zu bezahlen; 2. der vom Beklagten in der Betreibung Nr. 12620 des Betreibungsamtes Aarau erhobene Rechtsvorschlag sei bis zu diesem Betrage als endgültig beseitigt zu erklären; 3. die Revision des Urteils sei für zwei Jahre vom Tage seiner Ausfällung an vorzubehalten.
Die Klägerin begründet die Forderung mit der Verantwortlichkeit des Kantons Aargau für fehlerhafte Operation und Behandlung durch Dr. B., der als Beamter in Ausübung seines Dienstes gehandelt habe.
C.- Der Kanton Aargau ist auf Ersuchen hin durch den Instruktionsrichter ermächtigt worden, die Antwort auf die Frage der Passivlegitimation zu beschränken. Er beantragt, die Klage sei unter Kosten- und Entschädigungsfolge abzuweisen.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, er hafte nicht, denn Dr. B. habe die Klägerin nicht in Ausübung seines Dienstes, sondern auf Grund eines privaten Auftrages operiert.
D.- Die Klägerin ist in der schriftlichen Replik und in ihren Ausführungen in der Hauptverhandlung auf ihrem Standpunkt geblieben. Sie beantragt, die Einwendung der fehlenden Passivlegitimation sei unter Kostenfolge als unbegründet zu erklären, eventuell, falls die Passivlegitimation verneint würde, seien die Kosten dennoch dem Beklagten aufzuerlegen.
E.- Der Beklagte hat in der Hauptverhandlung an seinen Anträgen festgehalten.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Es ist unbestritten, dass das Kantonsspital Aarau eine vom öffentlichen Recht des Kantons Aargau beherrschte unselbständige Anstalt ist (vgl. BGE 56 II 200 f.), dass der Oberarzt Dr. B. und der Chefarzt Dr. Häuptli der chirurgischen Abteilung schon zur Zeit der Operation und Behandlung der Klägerin Beamte waren (Dekret betreffend das Dienstverhältnis und die Besoldungen der Staatsbeamten, vom 8. Mai 1944, Anhang 18. Klasse; Verordnung über die Besoldungen der Beamten und Angestellten des Kantonsspitals Aarau, vom 16. März 1945 § 1) und dass der Kanton Aargau verpflichtet ist, für Schaden Ersatz zu leisten, der Dritten durch seine Beamten "in Ausübung ihres Dienstes widerrechtlich, sei es absichtlich, sei es fahrlässig, zugefügt wird" (Gesetz über die Verantwortlichkeit der öffentlichen Beamten und Angestellten und über die Haftung des Staates und der Gemeinden für ihre Beamten, vom 21. Dezember 1939 § 2).
"In Ausübung seines Dienstes" hat Dr. B. die Operation nur vorgenommen, wenn sie Gegenstand des öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnisses gewesen ist, in das die Klägerin durch ihre Aufnahme in das Spital getreten ist. Dass sie das war, versteht sich nicht von selbst. Zwar gehört das Kantonsspital Aarau zu jenen Krankenhäusern, die dem Patienten nicht nur Unterkunft und Verpflegung, sondern auch ärztliche Hilfe verschaffen. Das gilt aber nicht ausnahmslos.
a) Den Chefärzten ist gestattet, eine vom Regierungsrat bestimmte Anzahl Kranke, die sich in ihre Privatbehandlung begeben wollen, unter Anzeige an die zuständige Regierungsdirektion in besondere Zimmer aufnehmen zu lassen, soweit die erforderlichen Räume dafür vorhanden sind. Das wurde schon im revidierten Dekret vom 30. Dezember 1910 betreffend die Kostenvergütungen in der kantonalen Krankenanstalt Aarau so bestimmt (§ 14) und auch im gleich benannten Dekret vom 14. Februar 1921 (§ 20) sowie im Dekret vom 28. Juni 1934 betreffend die Kostenvergütungen im Kantonsspital Aarau (§ 20) ausdrücklich gesagt. Diese Normen bestimmten, die Aufnahme erfolge gegen Bezahlung der in anderen Paragraphen näher umschriebenen Taxen, die Entschädigung für die ärztliche Behandlung dagegen sei Privatsache und bleibe der freien Vereinbarung überlassen. Damit war klargestellt, dass der Kanton sich in diesen Fällen nicht verpflichtete, den Kranken ärztlich behandeln zu lassen, anderseits aber auch nicht an der Vergütung teilhatte, die der Kranke dem Arzt für die Behandlung schuldete, ja sich in das Verhältnis zwischen dem Privatpatienten und dem Chefarzt überhaupt nicht einmischte, insbesondere diesem nicht vorschrieb, wie hoch die Vergütung sein dürfe oder müsse. Die in Deutschland vertretene, aber keineswegs durchgedrungene Auffassung, dass der Chefarzt auch den Privatpatienten in Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten behandle und der Patient dem Krankenhaus verspreche, ihn dafür angemessen zu honorieren (vgl. E. MOLITOR, Krankenhaus und Chefarzt, 2. Aufl., 55 ff., 76 ff.; a.M. z.B. H. C. NIPPERDEY, Chefarzt und Krankenhaus, in "Der Krankenhausarzt" 1949 Heft 4 S. 4 ff.), lag somit der erwähnten aargauischen Regelung nicht zugrunde. Noch weniger galt das vom Privatpatienten zu zahlende Honorar für ärztliche Behandlung hier als eine Gebühr, die der Patient zwar dem Kanton schulde, dieser aber durch den Chefarzt einziehen lasse und ihm als Teil seiner Besoldung zur Verfügung stelle, ähnlich wie ein nach dem Sportelsystem entlöhnter Betreibungsbeamter die eingezogenen Gebühren behalten kann. Die Dekrete vom 8. Mai 1944 und 7. Dezember 1953 über das Dienstverhältnis und die Besoldung der Staatsbeamten enthielten denn auch keine Bestimmung, die diese Auffassung der Klägerin zu rechtfertigen vermöchte.
Als die Klägerin in das Kantonsspital Aarau eintrat, waren nicht mehr die erwähnten Dekrete über die Kostenvergütungen in Kraft, sondern es galt das Dekret vom 24. März 1947 über die Verpflegungstaxen des Kantonsspitals Aarau, das keine gleich lautende Bestimmung enthielt. Allein auch dieses Dekret ging davon aus, dass die Chefärzte zu privater Behandlung gewisser Kranker berechtigt seien, bestimmte es doch in § 6 lit. c, Patienten der Privatabteilung der Chefärzte bezahlten die gleichen Taxen wie die Patienten der I. Klasse, und sie hätten darüber hinaus den sie behandelnden Chefarzt gesondert zu entschädigen. Auch das heute geltende Dekret vom 6. Juli 1955 über die Kostenvergütung im Kantonsspital Aarau steht auf diesem Boden. Es enthält eigene Bestimmungen über die Privatabteilung (§§ 15 ff.); eine davon sagt, ärztliche Behandlung, Operation und Geburten seien in der Tagestaxe nicht inbegriffen (§ 17 lit. a). Es ist denn auch durch die Einvernahme der Chefärzte Dr. Häuptli und Prof. Dr. Alder und des früheren sowie des gegenwärtigen Sekretärs der kantonalen Gesundheitsdirektion bestätigt worden, dass die Dekrete von 1947 und 1955 materiell an der seit 1910 bestehenden Regelung betreffend Privatpatienten der Chefärzte nichts ändern wollten und sie nur deshalb nicht mehr ausdrücklich wiederholten, weil sie infolge ununterbrochener Anwendung seit 1910 als selbstverständlich galt. Die Botschaft des Regierungsrates vom 19. Februar 1954 zum Entwurf des heute geltenden Dekretes spricht noch ausdrücklich von Privatpatienten und führt aus, dass der leitende Arzt den Patienten der Privatabteilung für ärztliche Behandlung, Operation und Geburten direkt Rechnung stelle. Das ist auch an öffentlichen Spitälern anderer Kantone so, ohne dass je die ärztliche Behandlung der Privatpatienten als Teil der vom Spital versprochenen Leistungen, also nicht als Gegenstand eines rein privatrechtlichen Vertrages zwischen Patient und Arzt, betrachtet worden wäre. Für den Kanton Aargau ergibt sich eine andere Regelung nicht aus § 11 bezw. § 9 der Dekrete vom 8. Mai 1944 bezw. 7. Dezember 1953 über das Dienstverhältnis und die Besoldung der Staatsbeamten. Diese Bestimmungen, welche die Beamten verpflichten, während der vorgeschriebenen Arbeitszeit ihre volle Arbeitskraft dem Amte zu widmen, waren und sind zugunsten der Chefärzte des Kantonsspitals unter anderem dadurch durchbrochen, dass ihnen die Dekrete betreffend die Kostenvergütungen die private Behandlung der in die Privatabteilung aufgenommenen Patienten erlaubten und noch heute gestatten. Diese Regelung erklärt sich daraus, dass die geringe Besoldung nicht erlauben würde, tüchtige Chefärzte zu gewinnen, wenn ihnen die private Behandlung von Spitalpatienten und die weitere private Betätigung (Beratung, Abgabe von Gutachten; vgl. § 16 revidiertes Reglement vom 3. Dezember 1900 für die kantonale Krankenanstalt Aarau; § 15 revidiertes Dekret vom 30. Dezember 1910 betreffend die Kostenvergütungen in der kantonalen Krankenanstalt Aarau; § 12 revidiertes Dekret vom 26. Juni 1918 über die Organisation der kantonalen Krankenanstalt in Aarau; § 21 f. der Dekrete betreffend die Kostenvergütungen im Kantonsspital Aarau vom 14. Februar 1921 und 28. Juni 1934) nicht gestattet würde.
b) Dass auch die Oberärzte befugt seien, im Kantonsspital Aarau Patienten auf eigene Rechnung zu behandeln, wird mit Recht nicht behauptet. Für sie gilt das Gebot, während der Arbeitszeit ihre volle Arbeitskraft dem Amte zu widmen. Sie können aber gleichwohl in die Lage kommen, Privatpatienten anders als "in Ausübung ihres Dienstes" in das Spital aufzunehmen und sie zu behandeln. Das trifft dann zu, wenn sie es in Vertretung und auf Rechnung ihres Chefarztes tun. Sie haben diesen nicht nur in seiner amtlichen Stellung zu vertreten, sondern pflegen auch seine Privatpatienten zu behandeln, wenn er abwesend ist, insbesondere in den Ferien weilt. Das haben Dr. Häuptli, Prof. Dr. Alder und Dr. B. sowie die beiden einvernommenen Sekretäre Dubach und Eichenberger der kantonalen Gesundheitsdirektion bestätigt. Aus den Aussagen der beiden letzteren ergibt sich auch, dass das der Gesundheitsdirektion bekannt gewesen ist und dass sie es von jeher geduldet hat.
2. Dr. B. und Dr. Häuptli haben die Klägerin als private Auftraggeberin des letztern betrachtet und ihr sowie ihrem für sie handelnden Ehemann gegenüber diese Auffassung auch kundgetan. Schon am 20. Juni 1952 erklärte Dr. B. der Klägerin, für die Beratung von diesem Tage werde ihr Dr. Häuptli Rechnung stellen. Das geschah denn auch am 7. Juli 1952, und zwar stellte Dr. Häuptli die Rechnung nicht im Namen des Spitals, sondern in seinem eigenen Namen aus. Auch die Auskunft vom 26. Juli 1952, die seine Sekretärin dem Ehemann der Klägerin erteilte, verrät den Willen, einen privaten Auftrag zustande zu bringen. Die Schreiberin verwendete Papier mit Briefkopf des Dr. Häuptli. Die Auskunft spricht von "Honorar für die Operation des Chefarztes Dr. Häuptli". Ein Honorar konnte nur von einem Privatpatienten geschuldet werden, da für andere Patienten sowohl in der allgemeinen Abteilung als auch in der ersten Klasse Operation und ärztliche Behandlung in der Verpflegungstaxe inbegriffen sind. Auch bezeichnete das Schreiben die bekanntgegebene Taxe als solche für "Privatpatienten". Der Expressbrief von Ende September oder Anfang Oktober 1952, durch den Dr. B. die Klägerin zum Eintritt in das Spital einlud, sprach, wie die Klägerin zugibt, wiederum von Privatpatienten, indem Dr. B. ausführte, er dürfe diese nur solange operieren, als Dr. Häuptli in den Ferien sei. Am Tage der Aufnahme fiel keine Äusserung, die auf den Willen hätte schliessen lassen, die Klägerin werde nicht als private Auftraggeberin des Dr. Häuptli operiert, sondern Dr. B. und in der Folge auch der Chefarzt würden in Erfüllung amtlicher Pflichten handeln. Gegenteils wurde die Klägerin von den Schwestern Schweigler und Humbel, die sie auf Grund einer Mitteilung der Sekretärin des Dr. Häuptli als Privatpatientin betrachteten, auf die Privatabteilung gewiesen. Dass das, wie es gelegentlich für Patienten der ersten Klasse vorkam, nur deshalb geschehen sei, weil anderswo kein Platz vorhanden gewesen sei, wird nicht behauptet. Die Klägerin wurde von Dr. Häuptli auch wie eine Privatpatientin, nicht wie eine Kranke der allgemeinen Abteilung oder der ersten Klasse, behandelt, indem er sie täglich zweimal und nur in Begleitung einer Schwester besuchte. Er stellte ihr für die Operation und die Behandlung Rechnung. Das hätte er nicht tun dürfen, wenn er die Klägerin als Patientin der ersten Klasse oder der allgemeinen Abteilung betrachtet hätte. Dass der Klägerin keine schriftliche Erklärung abverlangt wurde, wonach sie auf die Privatabteilung aufgenommen zu werden wünsche, vermag diese Willensäusserungen nicht zu entkräften. Wohl waren gedruckte Formulare vorhanden, auf denen andere Privatpatienten des Dr. Häuptli solche Erklärungen abzugeben hatten. Sie wurden aber nur in Zweifelsfällen verwendet, nicht auch dann, wenn das Personal private Behandlung schon als vereinbart erachtete (Aussage Schwester Humbel).
Indem die Klägerin auf die erwähnten Willensäusserungen hin, insbesondere trotz der deutlich auf Vereinbarung eines privaten Auftrages abzielenden Briefe vom 7. Juli und von Ende September oder Anfang Oktober 1952 an ihren Ehemann, sich ohne gegenteilige Willenskundgebung zur Operation und Behandlung stellte, gab sie schlüssig ihre Zustimmung zu einem privaten Auftrag. Dass sie Dr. Häuptli nicht kannte, wohl aber ausdrücklich von Dr. B. operiert zu werden wünschte, steht dieser Auslegung ihres Verhaltens nicht im Wege. Die Klägerin wusste, dass Dr. B. den Auftrag als Vertreter des Dr. Häuptli ausführen würde. In dieser Eigenschaft hatte er schon die Beratung vom 20. Juni vorgenommen, wie der Klägerin und ihrem Ehemanne bekannt war. Auch hatte Dr. M. die Anfrage vom 7. Juli 1952 an Dr. Häuptli, nicht an Dr. B. oder die Spitalverwaltung gerichtet. Ebensowenig hilft der Einwand, die Klägerin habe unter einem "Privatpatienten" einfach einen in einem Einzelzimmer untergebrachten Kranken verstanden. "Privat" (privé) steht im Deutschen wie im Französischen im Gegensatz zu "öffentlich" (public) und durfte daher von den Eheleuten M. nicht in guten Treuen dahin verstanden werden, dass die Klägerin lediglich in einem Einzelzimmer (chambre particulière, im Gegensatz zu chambre commune) untergebracht werde, nicht auch einen privaten Auftrag zur Operation und Behandlung erteile. Am 9. Januar 1953 erhielt die Klägerin für "ärztliche Bemühung" eine Rechnung, die im Gegensatz zu den Rechnungen für die übrigen Leistungen nicht auf Formularen der Spitalverwaltung, sondern auf einem solchen des Dr. Häuptli ausgestellt war. Das entging ihr nicht, behauptet sie doch, sie und ihr Gatte hätten sich ob der Rechnungstellung des Dr. Häuptli aufgehalten, weil dieser die Klägerin gar nicht behandelt habe. Trotz dieser angeblichen Unstimmigkeit bezahlten die Eheleute M. die Rechnung am 4. April 1953, da es ihnen angeblich unangenehm war, die Rechnungstellung zu beanstanden. Damit pflichteten sie der Auffassung des Dr. Häuptli, dass die Klägerin seine Privatpatientin sei, aber erneut bei.
Anderseits fehlt jegliche Äusserung der Spitalverwaltung oder ihres Personals, wonach man der Klägerin Operation und Behandlung zu Lasten des Spitals hätte versprechen wollen. Die Klägerin wurde von allen Angestellten als Privatpatientin des Dr. Häuptli angesehen, nicht nur von dessen Sekretärin Schwester Müller, sondern auch von der Aufnahmeschwester Marie Schweigler, die auf dem Personalienblatt und dem Tagesrapport vom 3. Oktober 1952 entsprechende Eintragungen machte und die Klägerin auf die Privatabteilung wies, ebenso von Schwester Humbel, die dort die Aufnahmeformalitäten beendete. Auch teilte die Oberschwester dem Dr. B. vor der Operation mit, die Klägerin sei auf die Privatabteilung gekommen. Auf den Spitalrechnungen wurde die Klägerin durch die Abkürzung "Chir. Priv." als Privatpatientin der Abteilung für Chirurgie bezeichnet.
Der private Auftrag der Klägerin an Dr. B. als Stellvertreter des Dr. Häuptli schliesst die Haftung des Kantons Aargau für die behaupteten Fehler in der Operation und Behandlung aus. Die Klage ist daher abzuweisen, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob wirklich Fehler begangen worden sind und welche Folgen sie hatten.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Klage wird abgewiesen.
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§ 2 de la loi argovienne du 21 décembre 1939 sur la responsabilité des fonctionnaires et employés publics et sur la responsabilité de l'Etat et des communes pour leurs fonctionnaires. Le canton d'Argovie ne répond pas du traitement que le médecin-chefde la division de chirurgie de l'hôpital cantonal fait subir à un client privé dans les locaux de l'hôpital.
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-321%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 321
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82 II 321
Sachverhalt ab Seite 322
A.- D. M., Ehefrau eines Zahnarztes in Villars bei Ollon, litt an einer chronischen Erkrankung des rechten Hüftgelenkes. Sie liess sich deswegen am 20. Juni 1952 durch Dr. B., Oberarzt an der chirurgischen Abteilung des Kantonsspitals in Aarau, mit dem ihr Ehemann seit der Studienzeit freundschaftliche Beziehungen unterhielt, beraten. Dr. B. untersuchte die Kranke und schlug Operation nach Methode Smith-Petersen vor. Als Zeitpunkt des Eingriffs wurde der Herbst 1952 in Aussicht genommen. Der Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Kantonsspitals, Dr. Othmar Häuptli, wohnte der Beratung vom 20. Juni 1952 nicht bei. Dr. B. erklärte jedoch der Untersuchten, die Rechnung hiefür werde im Namen des Dr. Häuptli ausgestellt werden. Das geschah denn auch am 7. Juli 1952. Am gleichen Tage schrieb Dr. M., Ehemann der Patientin, dem Dr. Häuptli was folgt:
"Je reçois votre facture du 7 ct. frs. 20.- pour la consultation que mon ami le Dr B. a donnée à ma femme dernièrement. Cette petite note sera réglée prochainement.
Il est envisagé pour l'automne prochain une intervention chirurgicale dans la région de la hanche avec inclusion d'une cupule de vitallium, et nous aimerions qu'elle soit effectuée dans votre accueillant hôpital d'Aarau par le Dr B.
Seriez-vous assez aimable pour me renseigner sur les frais d'intervention chirurgicale avec lesquels nous devrions compter (hospitalisation, imprévus et divers non compris), afin que nous puissions les envisager dès maintenant."
Am 26. Juli 1952 liess Dr. Häuptli durch seine Sekretärin, Schwester Elise Müller, antworten, dass sein Honorar etwa Fr. 400.-- betragen werde und die Tagestaxe sich für ausserkantonale Privatpatienten höchstens auf Fr. 22.- nebst 20% Teuerungszuschlag belaufe.
Ende September oder Anfang Oktober 1952 erhielt Dr. M. einen Expressbrief, in dem Dr. B. ihm mitteilte, die Privatpatienten der chirurgischen Abteilung würden grundsätzlich von Dr. Häuptli operiert, doch sei dieser bis 5. Oktober 1952 in den Ferien, weshalb Dr. B. bis dahin die Operation vornehmen könnte, ohne mit seinem Vorgesetzten Fühlung nehmen zu müssen; Frau M. möge daher am 3. Oktober 1952 in das Spital eintreten.
Frau M. tat das. Sie wurde von der Aufnahmeschwester der chirurgischen Abteilung, Marie Schweigler, empfangen. Diese vermerkte sie auf dem für die Spitalverwaltung bestimmten Personalienblatt und auf dem Tagesrapport als Patientin der Privatabteilung, da Schwester Müller sie in diesem Sinne unterrichtet hatte. Ohne jenes Blatt fertig auszufüllen, wies Schwester Schweigler Frau M. auf die Privatabteilung, deren Personal die Privatpatienten selber aufzunehmen pflegte. Hier führte Schwester Marguerite Humbel Frau M. in das Zimmer, das für sie vorbereitet worden war, und legte ihr noch am gleichen Tage das erwähnte Blatt zur Eintragung ihrer Personalien vor.
Am 4. Oktober 1952 wurde Frau M. von Dr. B. nach der Methode Judet operiert. Ab 6. Oktober behandelte Dr. Häuptli sie weiter, und zwar betreute er sie so, wie er seine Privatpatienten zu betreuen pflegte (täglich zwei Besuche in Begleitung einer Schwester). Sie blieb bis 7. Dezember 1952 im Kantonsspital. Dieses stellte ihr für ihre Verpflegung und gewisse andere Leistungen (Verpflegung der Privatschwester, Unkosten der Operation, Laboratoriumsgebühren usw.) am 7. November, 5. und 11. Dezember 1952 Rechnung. Die Rechnungen bezeichneten sie durch die Abkürzungen "Chir. Priv." als Privatpatientin der chirurgischen Abteilung. Dr. M. bezahlte die Saldi - Fr. 400.-- hatte die Patientin bei ihrem Eintritt vorgeschossen - am 20. November und 15. Dezember 1952. Am 9. Januar 1953 forderte Dr. Häuptli von ihrem Ehemanne "für ärztliche Bemühung vom 3. Oktober bis 17. Dezember 1952" Fr. 700.--. Dr. M. bezahlte die Rechnung am 4. April 1953.
B.- Mit Klage vom 14. Mai 1955 beantragt Frau M. dem Bundesgericht: 1. der Kanton Aargau sei zu verurteilen, ihr Fr. 149'216.-- nebst 5% Zins seit 29. September 1953 zu bezahlen; 2. der vom Beklagten in der Betreibung Nr. 12620 des Betreibungsamtes Aarau erhobene Rechtsvorschlag sei bis zu diesem Betrage als endgültig beseitigt zu erklären; 3. die Revision des Urteils sei für zwei Jahre vom Tage seiner Ausfällung an vorzubehalten.
Die Klägerin begründet die Forderung mit der Verantwortlichkeit des Kantons Aargau für fehlerhafte Operation und Behandlung durch Dr. B., der als Beamter in Ausübung seines Dienstes gehandelt habe.
C.- Der Kanton Aargau ist auf Ersuchen hin durch den Instruktionsrichter ermächtigt worden, die Antwort auf die Frage der Passivlegitimation zu beschränken. Er beantragt, die Klage sei unter Kosten- und Entschädigungsfolge abzuweisen.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, er hafte nicht, denn Dr. B. habe die Klägerin nicht in Ausübung seines Dienstes, sondern auf Grund eines privaten Auftrages operiert.
D.- Die Klägerin ist in der schriftlichen Replik und in ihren Ausführungen in der Hauptverhandlung auf ihrem Standpunkt geblieben. Sie beantragt, die Einwendung der fehlenden Passivlegitimation sei unter Kostenfolge als unbegründet zu erklären, eventuell, falls die Passivlegitimation verneint würde, seien die Kosten dennoch dem Beklagten aufzuerlegen.
E.- Der Beklagte hat in der Hauptverhandlung an seinen Anträgen festgehalten.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Es ist unbestritten, dass das Kantonsspital Aarau eine vom öffentlichen Recht des Kantons Aargau beherrschte unselbständige Anstalt ist (vgl. BGE 56 II 200 f.), dass der Oberarzt Dr. B. und der Chefarzt Dr. Häuptli der chirurgischen Abteilung schon zur Zeit der Operation und Behandlung der Klägerin Beamte waren (Dekret betreffend das Dienstverhältnis und die Besoldungen der Staatsbeamten, vom 8. Mai 1944, Anhang 18. Klasse; Verordnung über die Besoldungen der Beamten und Angestellten des Kantonsspitals Aarau, vom 16. März 1945 § 1) und dass der Kanton Aargau verpflichtet ist, für Schaden Ersatz zu leisten, der Dritten durch seine Beamten "in Ausübung ihres Dienstes widerrechtlich, sei es absichtlich, sei es fahrlässig, zugefügt wird" (Gesetz über die Verantwortlichkeit der öffentlichen Beamten und Angestellten und über die Haftung des Staates und der Gemeinden für ihre Beamten, vom 21. Dezember 1939 § 2).
"In Ausübung seines Dienstes" hat Dr. B. die Operation nur vorgenommen, wenn sie Gegenstand des öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnisses gewesen ist, in das die Klägerin durch ihre Aufnahme in das Spital getreten ist. Dass sie das war, versteht sich nicht von selbst. Zwar gehört das Kantonsspital Aarau zu jenen Krankenhäusern, die dem Patienten nicht nur Unterkunft und Verpflegung, sondern auch ärztliche Hilfe verschaffen. Das gilt aber nicht ausnahmslos.
a) Den Chefärzten ist gestattet, eine vom Regierungsrat bestimmte Anzahl Kranke, die sich in ihre Privatbehandlung begeben wollen, unter Anzeige an die zuständige Regierungsdirektion in besondere Zimmer aufnehmen zu lassen, soweit die erforderlichen Räume dafür vorhanden sind. Das wurde schon im revidierten Dekret vom 30. Dezember 1910 betreffend die Kostenvergütungen in der kantonalen Krankenanstalt Aarau so bestimmt (§ 14) und auch im gleich benannten Dekret vom 14. Februar 1921 (§ 20) sowie im Dekret vom 28. Juni 1934 betreffend die Kostenvergütungen im Kantonsspital Aarau (§ 20) ausdrücklich gesagt. Diese Normen bestimmten, die Aufnahme erfolge gegen Bezahlung der in anderen Paragraphen näher umschriebenen Taxen, die Entschädigung für die ärztliche Behandlung dagegen sei Privatsache und bleibe der freien Vereinbarung überlassen. Damit war klargestellt, dass der Kanton sich in diesen Fällen nicht verpflichtete, den Kranken ärztlich behandeln zu lassen, anderseits aber auch nicht an der Vergütung teilhatte, die der Kranke dem Arzt für die Behandlung schuldete, ja sich in das Verhältnis zwischen dem Privatpatienten und dem Chefarzt überhaupt nicht einmischte, insbesondere diesem nicht vorschrieb, wie hoch die Vergütung sein dürfe oder müsse. Die in Deutschland vertretene, aber keineswegs durchgedrungene Auffassung, dass der Chefarzt auch den Privatpatienten in Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten behandle und der Patient dem Krankenhaus verspreche, ihn dafür angemessen zu honorieren (vgl. E. MOLITOR, Krankenhaus und Chefarzt, 2. Aufl., 55 ff., 76 ff.; a.M. z.B. H. C. NIPPERDEY, Chefarzt und Krankenhaus, in "Der Krankenhausarzt" 1949 Heft 4 S. 4 ff.), lag somit der erwähnten aargauischen Regelung nicht zugrunde. Noch weniger galt das vom Privatpatienten zu zahlende Honorar für ärztliche Behandlung hier als eine Gebühr, die der Patient zwar dem Kanton schulde, dieser aber durch den Chefarzt einziehen lasse und ihm als Teil seiner Besoldung zur Verfügung stelle, ähnlich wie ein nach dem Sportelsystem entlöhnter Betreibungsbeamter die eingezogenen Gebühren behalten kann. Die Dekrete vom 8. Mai 1944 und 7. Dezember 1953 über das Dienstverhältnis und die Besoldung der Staatsbeamten enthielten denn auch keine Bestimmung, die diese Auffassung der Klägerin zu rechtfertigen vermöchte.
Als die Klägerin in das Kantonsspital Aarau eintrat, waren nicht mehr die erwähnten Dekrete über die Kostenvergütungen in Kraft, sondern es galt das Dekret vom 24. März 1947 über die Verpflegungstaxen des Kantonsspitals Aarau, das keine gleich lautende Bestimmung enthielt. Allein auch dieses Dekret ging davon aus, dass die Chefärzte zu privater Behandlung gewisser Kranker berechtigt seien, bestimmte es doch in § 6 lit. c, Patienten der Privatabteilung der Chefärzte bezahlten die gleichen Taxen wie die Patienten der I. Klasse, und sie hätten darüber hinaus den sie behandelnden Chefarzt gesondert zu entschädigen. Auch das heute geltende Dekret vom 6. Juli 1955 über die Kostenvergütung im Kantonsspital Aarau steht auf diesem Boden. Es enthält eigene Bestimmungen über die Privatabteilung (§§ 15 ff.); eine davon sagt, ärztliche Behandlung, Operation und Geburten seien in der Tagestaxe nicht inbegriffen (§ 17 lit. a). Es ist denn auch durch die Einvernahme der Chefärzte Dr. Häuptli und Prof. Dr. Alder und des früheren sowie des gegenwärtigen Sekretärs der kantonalen Gesundheitsdirektion bestätigt worden, dass die Dekrete von 1947 und 1955 materiell an der seit 1910 bestehenden Regelung betreffend Privatpatienten der Chefärzte nichts ändern wollten und sie nur deshalb nicht mehr ausdrücklich wiederholten, weil sie infolge ununterbrochener Anwendung seit 1910 als selbstverständlich galt. Die Botschaft des Regierungsrates vom 19. Februar 1954 zum Entwurf des heute geltenden Dekretes spricht noch ausdrücklich von Privatpatienten und führt aus, dass der leitende Arzt den Patienten der Privatabteilung für ärztliche Behandlung, Operation und Geburten direkt Rechnung stelle. Das ist auch an öffentlichen Spitälern anderer Kantone so, ohne dass je die ärztliche Behandlung der Privatpatienten als Teil der vom Spital versprochenen Leistungen, also nicht als Gegenstand eines rein privatrechtlichen Vertrages zwischen Patient und Arzt, betrachtet worden wäre. Für den Kanton Aargau ergibt sich eine andere Regelung nicht aus § 11 bezw. § 9 der Dekrete vom 8. Mai 1944 bezw. 7. Dezember 1953 über das Dienstverhältnis und die Besoldung der Staatsbeamten. Diese Bestimmungen, welche die Beamten verpflichten, während der vorgeschriebenen Arbeitszeit ihre volle Arbeitskraft dem Amte zu widmen, waren und sind zugunsten der Chefärzte des Kantonsspitals unter anderem dadurch durchbrochen, dass ihnen die Dekrete betreffend die Kostenvergütungen die private Behandlung der in die Privatabteilung aufgenommenen Patienten erlaubten und noch heute gestatten. Diese Regelung erklärt sich daraus, dass die geringe Besoldung nicht erlauben würde, tüchtige Chefärzte zu gewinnen, wenn ihnen die private Behandlung von Spitalpatienten und die weitere private Betätigung (Beratung, Abgabe von Gutachten; vgl. § 16 revidiertes Reglement vom 3. Dezember 1900 für die kantonale Krankenanstalt Aarau; § 15 revidiertes Dekret vom 30. Dezember 1910 betreffend die Kostenvergütungen in der kantonalen Krankenanstalt Aarau; § 12 revidiertes Dekret vom 26. Juni 1918 über die Organisation der kantonalen Krankenanstalt in Aarau; § 21 f. der Dekrete betreffend die Kostenvergütungen im Kantonsspital Aarau vom 14. Februar 1921 und 28. Juni 1934) nicht gestattet würde.
b) Dass auch die Oberärzte befugt seien, im Kantonsspital Aarau Patienten auf eigene Rechnung zu behandeln, wird mit Recht nicht behauptet. Für sie gilt das Gebot, während der Arbeitszeit ihre volle Arbeitskraft dem Amte zu widmen. Sie können aber gleichwohl in die Lage kommen, Privatpatienten anders als "in Ausübung ihres Dienstes" in das Spital aufzunehmen und sie zu behandeln. Das trifft dann zu, wenn sie es in Vertretung und auf Rechnung ihres Chefarztes tun. Sie haben diesen nicht nur in seiner amtlichen Stellung zu vertreten, sondern pflegen auch seine Privatpatienten zu behandeln, wenn er abwesend ist, insbesondere in den Ferien weilt. Das haben Dr. Häuptli, Prof. Dr. Alder und Dr. B. sowie die beiden einvernommenen Sekretäre Dubach und Eichenberger der kantonalen Gesundheitsdirektion bestätigt. Aus den Aussagen der beiden letzteren ergibt sich auch, dass das der Gesundheitsdirektion bekannt gewesen ist und dass sie es von jeher geduldet hat.
2. Dr. B. und Dr. Häuptli haben die Klägerin als private Auftraggeberin des letztern betrachtet und ihr sowie ihrem für sie handelnden Ehemann gegenüber diese Auffassung auch kundgetan. Schon am 20. Juni 1952 erklärte Dr. B. der Klägerin, für die Beratung von diesem Tage werde ihr Dr. Häuptli Rechnung stellen. Das geschah denn auch am 7. Juli 1952, und zwar stellte Dr. Häuptli die Rechnung nicht im Namen des Spitals, sondern in seinem eigenen Namen aus. Auch die Auskunft vom 26. Juli 1952, die seine Sekretärin dem Ehemann der Klägerin erteilte, verrät den Willen, einen privaten Auftrag zustande zu bringen. Die Schreiberin verwendete Papier mit Briefkopf des Dr. Häuptli. Die Auskunft spricht von "Honorar für die Operation des Chefarztes Dr. Häuptli". Ein Honorar konnte nur von einem Privatpatienten geschuldet werden, da für andere Patienten sowohl in der allgemeinen Abteilung als auch in der ersten Klasse Operation und ärztliche Behandlung in der Verpflegungstaxe inbegriffen sind. Auch bezeichnete das Schreiben die bekanntgegebene Taxe als solche für "Privatpatienten". Der Expressbrief von Ende September oder Anfang Oktober 1952, durch den Dr. B. die Klägerin zum Eintritt in das Spital einlud, sprach, wie die Klägerin zugibt, wiederum von Privatpatienten, indem Dr. B. ausführte, er dürfe diese nur solange operieren, als Dr. Häuptli in den Ferien sei. Am Tage der Aufnahme fiel keine Äusserung, die auf den Willen hätte schliessen lassen, die Klägerin werde nicht als private Auftraggeberin des Dr. Häuptli operiert, sondern Dr. B. und in der Folge auch der Chefarzt würden in Erfüllung amtlicher Pflichten handeln. Gegenteils wurde die Klägerin von den Schwestern Schweigler und Humbel, die sie auf Grund einer Mitteilung der Sekretärin des Dr. Häuptli als Privatpatientin betrachteten, auf die Privatabteilung gewiesen. Dass das, wie es gelegentlich für Patienten der ersten Klasse vorkam, nur deshalb geschehen sei, weil anderswo kein Platz vorhanden gewesen sei, wird nicht behauptet. Die Klägerin wurde von Dr. Häuptli auch wie eine Privatpatientin, nicht wie eine Kranke der allgemeinen Abteilung oder der ersten Klasse, behandelt, indem er sie täglich zweimal und nur in Begleitung einer Schwester besuchte. Er stellte ihr für die Operation und die Behandlung Rechnung. Das hätte er nicht tun dürfen, wenn er die Klägerin als Patientin der ersten Klasse oder der allgemeinen Abteilung betrachtet hätte. Dass der Klägerin keine schriftliche Erklärung abverlangt wurde, wonach sie auf die Privatabteilung aufgenommen zu werden wünsche, vermag diese Willensäusserungen nicht zu entkräften. Wohl waren gedruckte Formulare vorhanden, auf denen andere Privatpatienten des Dr. Häuptli solche Erklärungen abzugeben hatten. Sie wurden aber nur in Zweifelsfällen verwendet, nicht auch dann, wenn das Personal private Behandlung schon als vereinbart erachtete (Aussage Schwester Humbel).
Indem die Klägerin auf die erwähnten Willensäusserungen hin, insbesondere trotz der deutlich auf Vereinbarung eines privaten Auftrages abzielenden Briefe vom 7. Juli und von Ende September oder Anfang Oktober 1952 an ihren Ehemann, sich ohne gegenteilige Willenskundgebung zur Operation und Behandlung stellte, gab sie schlüssig ihre Zustimmung zu einem privaten Auftrag. Dass sie Dr. Häuptli nicht kannte, wohl aber ausdrücklich von Dr. B. operiert zu werden wünschte, steht dieser Auslegung ihres Verhaltens nicht im Wege. Die Klägerin wusste, dass Dr. B. den Auftrag als Vertreter des Dr. Häuptli ausführen würde. In dieser Eigenschaft hatte er schon die Beratung vom 20. Juni vorgenommen, wie der Klägerin und ihrem Ehemanne bekannt war. Auch hatte Dr. M. die Anfrage vom 7. Juli 1952 an Dr. Häuptli, nicht an Dr. B. oder die Spitalverwaltung gerichtet. Ebensowenig hilft der Einwand, die Klägerin habe unter einem "Privatpatienten" einfach einen in einem Einzelzimmer untergebrachten Kranken verstanden. "Privat" (privé) steht im Deutschen wie im Französischen im Gegensatz zu "öffentlich" (public) und durfte daher von den Eheleuten M. nicht in guten Treuen dahin verstanden werden, dass die Klägerin lediglich in einem Einzelzimmer (chambre particulière, im Gegensatz zu chambre commune) untergebracht werde, nicht auch einen privaten Auftrag zur Operation und Behandlung erteile. Am 9. Januar 1953 erhielt die Klägerin für "ärztliche Bemühung" eine Rechnung, die im Gegensatz zu den Rechnungen für die übrigen Leistungen nicht auf Formularen der Spitalverwaltung, sondern auf einem solchen des Dr. Häuptli ausgestellt war. Das entging ihr nicht, behauptet sie doch, sie und ihr Gatte hätten sich ob der Rechnungstellung des Dr. Häuptli aufgehalten, weil dieser die Klägerin gar nicht behandelt habe. Trotz dieser angeblichen Unstimmigkeit bezahlten die Eheleute M. die Rechnung am 4. April 1953, da es ihnen angeblich unangenehm war, die Rechnungstellung zu beanstanden. Damit pflichteten sie der Auffassung des Dr. Häuptli, dass die Klägerin seine Privatpatientin sei, aber erneut bei.
Anderseits fehlt jegliche Äusserung der Spitalverwaltung oder ihres Personals, wonach man der Klägerin Operation und Behandlung zu Lasten des Spitals hätte versprechen wollen. Die Klägerin wurde von allen Angestellten als Privatpatientin des Dr. Häuptli angesehen, nicht nur von dessen Sekretärin Schwester Müller, sondern auch von der Aufnahmeschwester Marie Schweigler, die auf dem Personalienblatt und dem Tagesrapport vom 3. Oktober 1952 entsprechende Eintragungen machte und die Klägerin auf die Privatabteilung wies, ebenso von Schwester Humbel, die dort die Aufnahmeformalitäten beendete. Auch teilte die Oberschwester dem Dr. B. vor der Operation mit, die Klägerin sei auf die Privatabteilung gekommen. Auf den Spitalrechnungen wurde die Klägerin durch die Abkürzung "Chir. Priv." als Privatpatientin der Abteilung für Chirurgie bezeichnet.
Der private Auftrag der Klägerin an Dr. B. als Stellvertreter des Dr. Häuptli schliesst die Haftung des Kantons Aargau für die behaupteten Fehler in der Operation und Behandlung aus. Die Klage ist daher abzuweisen, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob wirklich Fehler begangen worden sind und welche Folgen sie hatten.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Klage wird abgewiesen.
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§ 2 della legge argoviese 21 dicembre 1939 sulla responsabilità dei funzionari e impiegati pubblici e sulla responsabilità dello Stato e dei comuni per i loro funzionari. Il Cantone d'Argovia non risponde del trattamento cui un paziente privato è sottoposto nell'ospedale cantonale da parte del sostituto del medico in capo del reparto di chirurgia.
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82 II 332
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Sachverhalt ab Seite 332
A.- Walter Aeschbacher war Eigentümer eines Wohnhauses in Uetendorf. Im Jahre 1941 vereinbarte er mit seinem Schwiegervater Gottfried Jaussi, dass dieser mit seiner Ehefrau und der zweiten Tochter Klara im Hause Aeschbachers Wohnung nehmen solle. Zu diesem Zwecke wurde dort eine weitere Wohnung eingerichtet. Die hiefür notwendigen Umbauarbeiten führte Gottfried Jaussi, der von Beruf Maurer ist, zur Hauptsache selbst aus. Er bezahlte ferner eine Anzahl von Rechnungen anderer Bauhandwerker. Endlich stellte er Aeschbacher auch noch den Betrag von Fr. 3100.-- für den Kauf einer angrenzenden Landparzelle zur Verfügung.
Im Jahre 1943 zogen die Eheleute Jaussi mit ihrer Tochter Klara in die für sie bereitgestellte Wohnung ein. Kurz darauf unterzeichneten die Eheleute Aeschbacher im Hinblick auf die von Gottfried Jaussi für den Umbau bezahlten Rechnungen einen Vorempfangsschein, durch den sie anerkannten, von den Eltern Jaussi auf Anrechnung an das Erbteil der Frau Aeschbacher Fr. 12'000.-- erhalten zu haben. Gottfried Jaussi führte auch nach 1943 noch verschiedene Arbeiten im Hause seines Schwiegersohnes aus.
In der Folge verschlechterten sich die Beziehungen der Eheleute Aeschbacher, weshalb die Ehefrau im Frühjahr 1951 das Scheidungsverfahren einleitete. Daraufhin liess Aeschbacher im Juli 1951 seine Schwiegereltern aus dem Hause weisen. Im Scheidungsverfahren, das 1952 zur Auflösung der Ehe führte, machte Frau Aeschbacher den Vorempfang von Fr. 12'000.-- als Frauengutsforderung gegenüber dem Ehemann geltend. Dieser bezahlte hieran Fr. 8000.--. Über die restlichen Fr. 4000.-- wurde in der vom Gericht genehmigten Scheidungskonvention nichts gesagt.
Nach seiner Ausweisung machte Gottfried Jaussi in einem Aussöhnungsverfahren gegenüber Aeschbacher für die an dessen Haus geleistete Arbeit eine Forderung von Fr. 10'915.10 geltend. Eine Klage reichte er indessen nicht ein. Dagegen betrieb er Anfang Januar 1953 Aeschbacher auf Bezahlung von Fr. 14'915.10, wobei er als Grund der Forderung angab: "Vorempfangsschein und Rechnung für geleistete Arbeit". Aeschbacher erhob Rechtsvorschlag.
Am 20. Februar 1953 bezahlte Aeschbacher an einen gewissen Zimmermann, den Gottfried Jaussi und seine Tochter Alida, geschiedene Aeschbacher mit der Eintreibung ihrer Forderungen beauftragt hatten, Fr. 3000.-- "à conto Vorempfangsschein zu Handen von Familie Jaussi".
Am 17. November 1953 traten Gottfried und Alida Jaussi ihre restlichen Ansprüche gegen Aeschbacher an Klara Jaussi ab.
B.- Klara Jaussi belangte Aeschbacher auf Bezahlung eines Betrages von Fr. 11 915.10 nebst Zinsen und Kosten auf Grund der folgenden Rechnung:
Barleistungen gemäss Vorempfangsschein Fr. 12'000.--
Entschädigung für ausgeführte Bauarbei-
ten " 10'915.10
Total Fr. 22'915.10
abzüglich Zahlungen Aeschbachers " 11'000.--
Restschuld Fr. 11 915.10
Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage.
C.- Der Appellationshof des Kantons Bern schützte mit Urteil vom 31. Januar 1956 die Klage im Betrage von Fr. 1000.-- nebst Zins und Kosten und wies sie im übrigen ab.
Der Zuspruch der Fr. 1000.-- wurde damit begründet, dass es sich dabei um den Restbetrag der von Aeschbacher geschuldeten Frauengutsforderung laut Vorempfangsschein handle.
Einen Entschädigungsanspruch des Gottfried Jaussi für die von ihm am Hause des Beklagten geleistete Arbeit verneinte der Appellationshof mit der Begründung, Jaussi habe diese Arbeiten nicht auf Grund eines obligationenrechtlichen Vertrages ausgeführt, sondern ausschliesslich im Hinblick darauf, dass er nach der Meinung der Beteiligten mit seiner Frau bis zum Tode unentgeltlich im Hause des Beklagten wohnen könne. Es handle sich somit um Abmachungen und gegenseitige Leistungen zwischen Eltern und Kindern im Rahmen ihres besonderen familienrechtlichen Verhältnisses, die nach dem Willen der Beteiligten keine Lohn- oder Entschädigungsansprüche begründen sollten. Mit dem vom Beklagten veranlassten Verlassen des Hauses durch die Eheleute Jaussi sei der Grund für die Zuwendungen des Gottfried Jaussi weggefallen, so dass der Beklagte um den Wert der Arbeit des letzteren ungerechtfertigt bereichert worden sei. Der dadurch begründete Bereicherungsanspruch sei aber verjährt.
D.- Mit der vorliegenden Berufung beantragt die Klägerin Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung von Fr. 9847.10 nebst Zinsen und Kosten, eventuell die Rückweisung des Falles an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung.
Der Beklagte beantragt, es sei auf die Berufung nicht einzutreten. Eventuell schliesst er auf Abweisung der Berufung und auf dem Wege der Anschlussberufung auf gänzliche Abweisung der Klage.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Auf die Anschlussberufung kann nicht eingetreten werden, da der Beklagte die Frist des Art. 59 Abs. 1 OG zur Einreichung von Abänderungsanträgen versäumt hat und ein von ihm eingereichtes Wiederherstellungsgesuch durch Zwischenentscheid vom 7. Juni 1956 abgewiesen worden ist.
2. Zur Begründung seines Antrages, auf die Berufung sei nicht einzutreten, macht der Beklagte geltend, die Berufung behaupte zwar, das angefochtene Urteil verletze Bundesrecht, lasse es aber an einer entsprechenden Substanzierung völlig fehlen, und die ganze Begründung erschöpfe sich in einer Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung.
Wenn die Berufungsbegründung auch nicht als mustergültig bezeichnet werden kann, so rügt sie immerhin eindeutig, dass die Vorinstanz das Vorliegen eines obligationenrechtlichen Vertrages zwischen dem Beklagten und Gottfried Jaussi verneint habe. Das ist aber, wie im folgenden zu zeigen sein wird, gerade der Kern des heutigen Streites. Ob die Berufung dieses obligationenrechtliche Verhältnis, falls ein solches vorliegen sollte, rechtlich zutreffend charakterisiert, wenn sie von Werkvertrag und Darlehen spricht, ist unwesentlich, da der Richter den ihm von den Parteien zur Beurteilung unterbreiteten Tatbestand von Amtes wegen zu qualifizieren hat.
3. Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Beklagten und Gottfried Jaussi sind teilweise dadurch klargestellt und geordnet worden, dass die Eheleute Aeschbacher den Eheleuten Jaussi den Vorempfangsschein über Fr. 12'000.-- ausstellten. Dieser Vorempfangsschein bezog sich nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Urteil S. 5) auf die von Gottfried Jaussi zur Bezahlung von Handwerkerrechnungen und für den Zukauf der Landparzelle gemachten Barleistungen. Mit der Ausstellung des Vorempfangsscheins wurde zum Ausdruck gebracht, dass Gottfried Jaussi den Anspruch auf Ersatz dieser Auslagen seiner Tochter als Frauengut zuwende.
Infolge der Auflösung der Ehe Aeschbacher-Jaussi entstand dann auf Grund des Vorempfangsscheins eine Frauengutsschuld des Beklagten gegenüber seiner geschiedenen Frau in der Höhe von Fr. 12'000.--. Seine Schuldpflicht aus diesem Titel hat der Beklagte anerkannt, indem er daran im Scheidungsverfahren Fr. 8000.--- und später weitere Fr. 3000.-- abzahlte. Die restlichen Fr. 1000.-- hat er nun auch noch zu begleichen auf Grund des Urteils der Vorinstanz, das in diesem Punkte nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens bildet.
Damit sind die Barleistungen des Gottfried Jaussi in der Hauptsache als abgegolten zu betrachten. Es kann sich nur noch fragen, ob er, bezw. die Klägerin als seine Rechtsnachfolgerin, für die beim Wohnungsbau geleistete Arbeit vom Beklagten etwas zu fordern habe. Dieser Anspruch wird von der Klägerin im Berufungsverfahren noch auf Fr. 9847.15 beziffert.
4. Die Klägerin glaubt zu Unrecht, den genannten Betrag auf Grund eines Werkvertrages zwischen dem Beklagten und Gottfried Jaussi fordern zu können. Ein solcher scheidet nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz aus. Danach hatte nämlich Gottfried Jaussi nie die Absicht, einen derartigen Anspruch geltend zu machen. Man ging vielmehr beiderseits von der Meinung aus, dass, wenn Gottfried Jaussi beim Umbau mit Geld und Arbeit helfe, er und seine Frau dann bis zu ihrem Tod unentgeltlich im Hause des Beklagten wohnen könnten.
In diesem Sinne lag aber eine vertragliche Abmachung der Beteiligten vor. Wie die Klägerin im kantonalen Verfahren zutreffend ausführte, stellte das Einräumen der Wohnung die vertragliche Gegenleistung des Beklagten für die von Gottfried Jaussi erbrachten (Geld- und) Arbeitsleistungen dar. Dass die Klägerin im Berufungsverfahren ihren Anspruch nicht mehr in dieser Weise begründete, ist belanglos. Es genügt, dass ein Anspruch dieser Art als Rechtsgrund der eingeklagten Forderung aus dem Sachverhalt abgeleitet werden kann, der dem Richter zur Beurteilung unterbreitet wird.
Im Anschluss an die Feststellung, es habe die Meinung gehabt, dass die Eltern Jaussi bis zu ihrem Tode unentgeltlich im Hause des Beklagten wohnen könnten, hat die Vorinstanz weiter erklärt, Gottfried Jaussi habe nicht die Absicht gehabt, "darüberhinaus" für seine Arbeit etwas zu fordern. Die Vorinstanz verkennt jedoch, dass es im vorliegenden Streit nicht darum geht, ob Gottfried Jaussi über die Einräumung eines Wohnrechtes hinaus für seine Arbeit etwas zu fordern habe, sondern dass es vielmehr darauf ankommt, ob den Eltern Jaussi ein Rechtsanspruch zustehe, bis zum Ableben im Hause des Beklagten wohnen zu können.
Die Möglichkeit einer obligationenrechtlichen Abmachung dieses Inhalts wird von der Vorinstanz zu Unrecht verneint. Es ist nicht einzusehen, wieso nicht auch unter Verwandten eine solche Vereinbarung getroffen werden könnte, zumal es sich im vorliegenden Fall mit Rücksicht auf die von Gottfried Jaussi geleistete Arbeit nicht um die unentgeltliche Einräumung eines Wohnrechts handelte.
5. Dieser obligationenrechtliche Vertrag, der Leistung von Arbeit und vorläufige Finanzierung des Umbaus auf der einen und Einräumung eines Wohnrechts auf der andern Seite vorsah, ist nun vom Beklagten nicht erfüllt worden, indem er den Eltern Jaussi das Wohnrecht nicht während der ganzen in Aussicht genommenen Zeitspanne gewährt hat. Es handelt sich somit um eine Frage der Folgen der Nichterfüllung, nicht um eine solche der ungerechtfertigten Bereicherung, wie die Vorinstanz irrtümlich angenommen hat.
Nach Art. 97 Abs. 1 OR hat der Schuldner, wenn die Erfüllung einer Verbindlichkeit nicht oder nicht gehörig bewirkt werden kann, für den daraus erwachsenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last fällt.
Unmöglichkeit der Vertragserfüllung im Sinne dieser Bestimmung liegt auch bei bloss subjektiver Unmöglichkeit vor, und eine solche ist schon dann als verwirklicht anzusehen, wenn nach Treu und Glauben im Verkehr dem Schuldner die weitere Erfüllung nicht mehr zumutbar ist.
Mit einer subjektiven Unmöglichkeit in diesem Sinne hat man es hier zu tun. Dem Beklagten konnte nicht zugemutet werden, seinen ehemaligen Schwiegereltern auch nach der Scheidung weiterhin das Wohnrecht zu gewähren und auf diese Weise ständig Begegnungen mit seiner vormaligen Ehefrau ausgesetzt zu sein. Die Ausweisung der Eheleute Jaussi war daher die natürliche Lösung einer subjektiv unmöglich gewordenen Situation.
Für den aus dieser Unmöglichkeit der Vertragserfüllung erwachsenen Schaden hat der Beklagte nach der oben genannten Bestimmung Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm kein Verschulden zur Last fällt. Praktisch läuft das auf die Frage des Verschuldens des Beklagten an der Scheidung der Ehe hinaus, da die Unmöglichkeit der Erfüllung auf diese zurückzuführen ist.
Die Vorinstanz, an die der Fall zu neuer Beurteilung zurückzuweisen ist, hat daher zur Frage der Exkulpation des Beklagten Stellung zu nehmen. Kommt sie zum Schlusse, dieser Entlastungsbeweis sei nicht erbracht, so hat sie weiter die Höhe des Schadens und des vom Schuldner zu leistenden Ersatzes zu bestimmen. Dabei ist vom Wert des Wohnrechts auszugehen, das dieses im Zeitpunkt der Ausweisung der Eheleute Jaussi in Anbetracht ihrer Lebenserwartungen noch hatte. Das Mass der Haftung sodann richtet sich auf Grund von Art. 99 Abs. 2 OR nach der besonderen Natur des Geschäftes; im übrigen finden die Bestimmungen über das Mass der Haftung bei unerlaubten Handlungen entsprechende Anwendung (Art. 99 Abs. 3 OR). Es bleibt somit einmal Raum für die Berücksichtigung eines allfälligen Mitverschuldens der Ehefrau an der Ehescheidung. Darüber hinaus ist aber auch noch den besondern Umständen des Falles Rechnung zu tragen. Dazu gehört vorab, dass es sich um Beziehungen zwischen Verwandten handelte, dass der Berufungsbeklagte durch die Abtragung der Frauengutsforderung von Fr. 12'000.-- in diesem Umfange Barauslagen für die Erstellung der Wohnung auf sich genommen hat, dass auf der andern Seite Gottfried Jaussi seinerseits bei der Erstellung der Wohnung unbezahlte Arbeit geleistet hat usw.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Auf die Anschlussberufung wird nicht eingetreten. 2. - Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Appellationshofs des Kantons Bern vom 31. Januar 1956 aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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Wohnrechtsvertrag, Schadenersatz wegen Nichterfüllung, Berufung. Anforderungen an die Berufungsbegründung, Art. 55 Abs. 1 lit. c OG (Erw. 2).
Zulässigkeit eines Vertrags zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn auf Leistung von Arbeit bei Hausumbau und Finanzierung desselben gegen Einräumung eines Wohnrechts (Erw. 4).
Unmöglichkeit der Vertragserfüllung: Subjektive Unmöglichkeit genügt. Vorliegen solcher? Ermittlung des Schadens und Festsetzung des Ersatzes; Art. 97 Abs. 1 OR (Erw. 5).
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Sachverhalt ab Seite 332
A.- Walter Aeschbacher war Eigentümer eines Wohnhauses in Uetendorf. Im Jahre 1941 vereinbarte er mit seinem Schwiegervater Gottfried Jaussi, dass dieser mit seiner Ehefrau und der zweiten Tochter Klara im Hause Aeschbachers Wohnung nehmen solle. Zu diesem Zwecke wurde dort eine weitere Wohnung eingerichtet. Die hiefür notwendigen Umbauarbeiten führte Gottfried Jaussi, der von Beruf Maurer ist, zur Hauptsache selbst aus. Er bezahlte ferner eine Anzahl von Rechnungen anderer Bauhandwerker. Endlich stellte er Aeschbacher auch noch den Betrag von Fr. 3100.-- für den Kauf einer angrenzenden Landparzelle zur Verfügung.
Im Jahre 1943 zogen die Eheleute Jaussi mit ihrer Tochter Klara in die für sie bereitgestellte Wohnung ein. Kurz darauf unterzeichneten die Eheleute Aeschbacher im Hinblick auf die von Gottfried Jaussi für den Umbau bezahlten Rechnungen einen Vorempfangsschein, durch den sie anerkannten, von den Eltern Jaussi auf Anrechnung an das Erbteil der Frau Aeschbacher Fr. 12'000.-- erhalten zu haben. Gottfried Jaussi führte auch nach 1943 noch verschiedene Arbeiten im Hause seines Schwiegersohnes aus.
In der Folge verschlechterten sich die Beziehungen der Eheleute Aeschbacher, weshalb die Ehefrau im Frühjahr 1951 das Scheidungsverfahren einleitete. Daraufhin liess Aeschbacher im Juli 1951 seine Schwiegereltern aus dem Hause weisen. Im Scheidungsverfahren, das 1952 zur Auflösung der Ehe führte, machte Frau Aeschbacher den Vorempfang von Fr. 12'000.-- als Frauengutsforderung gegenüber dem Ehemann geltend. Dieser bezahlte hieran Fr. 8000.--. Über die restlichen Fr. 4000.-- wurde in der vom Gericht genehmigten Scheidungskonvention nichts gesagt.
Nach seiner Ausweisung machte Gottfried Jaussi in einem Aussöhnungsverfahren gegenüber Aeschbacher für die an dessen Haus geleistete Arbeit eine Forderung von Fr. 10'915.10 geltend. Eine Klage reichte er indessen nicht ein. Dagegen betrieb er Anfang Januar 1953 Aeschbacher auf Bezahlung von Fr. 14'915.10, wobei er als Grund der Forderung angab: "Vorempfangsschein und Rechnung für geleistete Arbeit". Aeschbacher erhob Rechtsvorschlag.
Am 20. Februar 1953 bezahlte Aeschbacher an einen gewissen Zimmermann, den Gottfried Jaussi und seine Tochter Alida, geschiedene Aeschbacher mit der Eintreibung ihrer Forderungen beauftragt hatten, Fr. 3000.-- "à conto Vorempfangsschein zu Handen von Familie Jaussi".
Am 17. November 1953 traten Gottfried und Alida Jaussi ihre restlichen Ansprüche gegen Aeschbacher an Klara Jaussi ab.
B.- Klara Jaussi belangte Aeschbacher auf Bezahlung eines Betrages von Fr. 11 915.10 nebst Zinsen und Kosten auf Grund der folgenden Rechnung:
Barleistungen gemäss Vorempfangsschein Fr. 12'000.--
Entschädigung für ausgeführte Bauarbei-
ten " 10'915.10
Total Fr. 22'915.10
abzüglich Zahlungen Aeschbachers " 11'000.--
Restschuld Fr. 11 915.10
Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage.
C.- Der Appellationshof des Kantons Bern schützte mit Urteil vom 31. Januar 1956 die Klage im Betrage von Fr. 1000.-- nebst Zins und Kosten und wies sie im übrigen ab.
Der Zuspruch der Fr. 1000.-- wurde damit begründet, dass es sich dabei um den Restbetrag der von Aeschbacher geschuldeten Frauengutsforderung laut Vorempfangsschein handle.
Einen Entschädigungsanspruch des Gottfried Jaussi für die von ihm am Hause des Beklagten geleistete Arbeit verneinte der Appellationshof mit der Begründung, Jaussi habe diese Arbeiten nicht auf Grund eines obligationenrechtlichen Vertrages ausgeführt, sondern ausschliesslich im Hinblick darauf, dass er nach der Meinung der Beteiligten mit seiner Frau bis zum Tode unentgeltlich im Hause des Beklagten wohnen könne. Es handle sich somit um Abmachungen und gegenseitige Leistungen zwischen Eltern und Kindern im Rahmen ihres besonderen familienrechtlichen Verhältnisses, die nach dem Willen der Beteiligten keine Lohn- oder Entschädigungsansprüche begründen sollten. Mit dem vom Beklagten veranlassten Verlassen des Hauses durch die Eheleute Jaussi sei der Grund für die Zuwendungen des Gottfried Jaussi weggefallen, so dass der Beklagte um den Wert der Arbeit des letzteren ungerechtfertigt bereichert worden sei. Der dadurch begründete Bereicherungsanspruch sei aber verjährt.
D.- Mit der vorliegenden Berufung beantragt die Klägerin Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung von Fr. 9847.10 nebst Zinsen und Kosten, eventuell die Rückweisung des Falles an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung.
Der Beklagte beantragt, es sei auf die Berufung nicht einzutreten. Eventuell schliesst er auf Abweisung der Berufung und auf dem Wege der Anschlussberufung auf gänzliche Abweisung der Klage.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Auf die Anschlussberufung kann nicht eingetreten werden, da der Beklagte die Frist des Art. 59 Abs. 1 OG zur Einreichung von Abänderungsanträgen versäumt hat und ein von ihm eingereichtes Wiederherstellungsgesuch durch Zwischenentscheid vom 7. Juni 1956 abgewiesen worden ist.
2. Zur Begründung seines Antrages, auf die Berufung sei nicht einzutreten, macht der Beklagte geltend, die Berufung behaupte zwar, das angefochtene Urteil verletze Bundesrecht, lasse es aber an einer entsprechenden Substanzierung völlig fehlen, und die ganze Begründung erschöpfe sich in einer Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung.
Wenn die Berufungsbegründung auch nicht als mustergültig bezeichnet werden kann, so rügt sie immerhin eindeutig, dass die Vorinstanz das Vorliegen eines obligationenrechtlichen Vertrages zwischen dem Beklagten und Gottfried Jaussi verneint habe. Das ist aber, wie im folgenden zu zeigen sein wird, gerade der Kern des heutigen Streites. Ob die Berufung dieses obligationenrechtliche Verhältnis, falls ein solches vorliegen sollte, rechtlich zutreffend charakterisiert, wenn sie von Werkvertrag und Darlehen spricht, ist unwesentlich, da der Richter den ihm von den Parteien zur Beurteilung unterbreiteten Tatbestand von Amtes wegen zu qualifizieren hat.
3. Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Beklagten und Gottfried Jaussi sind teilweise dadurch klargestellt und geordnet worden, dass die Eheleute Aeschbacher den Eheleuten Jaussi den Vorempfangsschein über Fr. 12'000.-- ausstellten. Dieser Vorempfangsschein bezog sich nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Urteil S. 5) auf die von Gottfried Jaussi zur Bezahlung von Handwerkerrechnungen und für den Zukauf der Landparzelle gemachten Barleistungen. Mit der Ausstellung des Vorempfangsscheins wurde zum Ausdruck gebracht, dass Gottfried Jaussi den Anspruch auf Ersatz dieser Auslagen seiner Tochter als Frauengut zuwende.
Infolge der Auflösung der Ehe Aeschbacher-Jaussi entstand dann auf Grund des Vorempfangsscheins eine Frauengutsschuld des Beklagten gegenüber seiner geschiedenen Frau in der Höhe von Fr. 12'000.--. Seine Schuldpflicht aus diesem Titel hat der Beklagte anerkannt, indem er daran im Scheidungsverfahren Fr. 8000.--- und später weitere Fr. 3000.-- abzahlte. Die restlichen Fr. 1000.-- hat er nun auch noch zu begleichen auf Grund des Urteils der Vorinstanz, das in diesem Punkte nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens bildet.
Damit sind die Barleistungen des Gottfried Jaussi in der Hauptsache als abgegolten zu betrachten. Es kann sich nur noch fragen, ob er, bezw. die Klägerin als seine Rechtsnachfolgerin, für die beim Wohnungsbau geleistete Arbeit vom Beklagten etwas zu fordern habe. Dieser Anspruch wird von der Klägerin im Berufungsverfahren noch auf Fr. 9847.15 beziffert.
4. Die Klägerin glaubt zu Unrecht, den genannten Betrag auf Grund eines Werkvertrages zwischen dem Beklagten und Gottfried Jaussi fordern zu können. Ein solcher scheidet nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz aus. Danach hatte nämlich Gottfried Jaussi nie die Absicht, einen derartigen Anspruch geltend zu machen. Man ging vielmehr beiderseits von der Meinung aus, dass, wenn Gottfried Jaussi beim Umbau mit Geld und Arbeit helfe, er und seine Frau dann bis zu ihrem Tod unentgeltlich im Hause des Beklagten wohnen könnten.
In diesem Sinne lag aber eine vertragliche Abmachung der Beteiligten vor. Wie die Klägerin im kantonalen Verfahren zutreffend ausführte, stellte das Einräumen der Wohnung die vertragliche Gegenleistung des Beklagten für die von Gottfried Jaussi erbrachten (Geld- und) Arbeitsleistungen dar. Dass die Klägerin im Berufungsverfahren ihren Anspruch nicht mehr in dieser Weise begründete, ist belanglos. Es genügt, dass ein Anspruch dieser Art als Rechtsgrund der eingeklagten Forderung aus dem Sachverhalt abgeleitet werden kann, der dem Richter zur Beurteilung unterbreitet wird.
Im Anschluss an die Feststellung, es habe die Meinung gehabt, dass die Eltern Jaussi bis zu ihrem Tode unentgeltlich im Hause des Beklagten wohnen könnten, hat die Vorinstanz weiter erklärt, Gottfried Jaussi habe nicht die Absicht gehabt, "darüberhinaus" für seine Arbeit etwas zu fordern. Die Vorinstanz verkennt jedoch, dass es im vorliegenden Streit nicht darum geht, ob Gottfried Jaussi über die Einräumung eines Wohnrechtes hinaus für seine Arbeit etwas zu fordern habe, sondern dass es vielmehr darauf ankommt, ob den Eltern Jaussi ein Rechtsanspruch zustehe, bis zum Ableben im Hause des Beklagten wohnen zu können.
Die Möglichkeit einer obligationenrechtlichen Abmachung dieses Inhalts wird von der Vorinstanz zu Unrecht verneint. Es ist nicht einzusehen, wieso nicht auch unter Verwandten eine solche Vereinbarung getroffen werden könnte, zumal es sich im vorliegenden Fall mit Rücksicht auf die von Gottfried Jaussi geleistete Arbeit nicht um die unentgeltliche Einräumung eines Wohnrechts handelte.
5. Dieser obligationenrechtliche Vertrag, der Leistung von Arbeit und vorläufige Finanzierung des Umbaus auf der einen und Einräumung eines Wohnrechts auf der andern Seite vorsah, ist nun vom Beklagten nicht erfüllt worden, indem er den Eltern Jaussi das Wohnrecht nicht während der ganzen in Aussicht genommenen Zeitspanne gewährt hat. Es handelt sich somit um eine Frage der Folgen der Nichterfüllung, nicht um eine solche der ungerechtfertigten Bereicherung, wie die Vorinstanz irrtümlich angenommen hat.
Nach Art. 97 Abs. 1 OR hat der Schuldner, wenn die Erfüllung einer Verbindlichkeit nicht oder nicht gehörig bewirkt werden kann, für den daraus erwachsenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last fällt.
Unmöglichkeit der Vertragserfüllung im Sinne dieser Bestimmung liegt auch bei bloss subjektiver Unmöglichkeit vor, und eine solche ist schon dann als verwirklicht anzusehen, wenn nach Treu und Glauben im Verkehr dem Schuldner die weitere Erfüllung nicht mehr zumutbar ist.
Mit einer subjektiven Unmöglichkeit in diesem Sinne hat man es hier zu tun. Dem Beklagten konnte nicht zugemutet werden, seinen ehemaligen Schwiegereltern auch nach der Scheidung weiterhin das Wohnrecht zu gewähren und auf diese Weise ständig Begegnungen mit seiner vormaligen Ehefrau ausgesetzt zu sein. Die Ausweisung der Eheleute Jaussi war daher die natürliche Lösung einer subjektiv unmöglich gewordenen Situation.
Für den aus dieser Unmöglichkeit der Vertragserfüllung erwachsenen Schaden hat der Beklagte nach der oben genannten Bestimmung Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm kein Verschulden zur Last fällt. Praktisch läuft das auf die Frage des Verschuldens des Beklagten an der Scheidung der Ehe hinaus, da die Unmöglichkeit der Erfüllung auf diese zurückzuführen ist.
Die Vorinstanz, an die der Fall zu neuer Beurteilung zurückzuweisen ist, hat daher zur Frage der Exkulpation des Beklagten Stellung zu nehmen. Kommt sie zum Schlusse, dieser Entlastungsbeweis sei nicht erbracht, so hat sie weiter die Höhe des Schadens und des vom Schuldner zu leistenden Ersatzes zu bestimmen. Dabei ist vom Wert des Wohnrechts auszugehen, das dieses im Zeitpunkt der Ausweisung der Eheleute Jaussi in Anbetracht ihrer Lebenserwartungen noch hatte. Das Mass der Haftung sodann richtet sich auf Grund von Art. 99 Abs. 2 OR nach der besonderen Natur des Geschäftes; im übrigen finden die Bestimmungen über das Mass der Haftung bei unerlaubten Handlungen entsprechende Anwendung (Art. 99 Abs. 3 OR). Es bleibt somit einmal Raum für die Berücksichtigung eines allfälligen Mitverschuldens der Ehefrau an der Ehescheidung. Darüber hinaus ist aber auch noch den besondern Umständen des Falles Rechnung zu tragen. Dazu gehört vorab, dass es sich um Beziehungen zwischen Verwandten handelte, dass der Berufungsbeklagte durch die Abtragung der Frauengutsforderung von Fr. 12'000.-- in diesem Umfange Barauslagen für die Erstellung der Wohnung auf sich genommen hat, dass auf der andern Seite Gottfried Jaussi seinerseits bei der Erstellung der Wohnung unbezahlte Arbeit geleistet hat usw.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Auf die Anschlussberufung wird nicht eingetreten. 2. - Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Appellationshofs des Kantons Bern vom 31. Januar 1956 aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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Contrat conférant un droit d'habitation, dommages-intérêts pour inexécution, recours en réforme. Conditions que doivent remplir les motifs d'un recours en réforme, art. 55 al. 1 litt. c OJ (consid. 2).
Est licite un contrat par lequel un beau-père et son gendre conviennent que le premier travaillera à la transformation d'un bâtiment et la financera, en échange d'un droit d'habitation (consid. 4).
Impossibilité d'exécuter le contrat: il suffit d'une impossibilité subjective. Quand est-elle donnée? Fixation du dommage et de la réparation; art. 97 al. 1 CO (consid. 5).
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Sachverhalt ab Seite 332
A.- Walter Aeschbacher war Eigentümer eines Wohnhauses in Uetendorf. Im Jahre 1941 vereinbarte er mit seinem Schwiegervater Gottfried Jaussi, dass dieser mit seiner Ehefrau und der zweiten Tochter Klara im Hause Aeschbachers Wohnung nehmen solle. Zu diesem Zwecke wurde dort eine weitere Wohnung eingerichtet. Die hiefür notwendigen Umbauarbeiten führte Gottfried Jaussi, der von Beruf Maurer ist, zur Hauptsache selbst aus. Er bezahlte ferner eine Anzahl von Rechnungen anderer Bauhandwerker. Endlich stellte er Aeschbacher auch noch den Betrag von Fr. 3100.-- für den Kauf einer angrenzenden Landparzelle zur Verfügung.
Im Jahre 1943 zogen die Eheleute Jaussi mit ihrer Tochter Klara in die für sie bereitgestellte Wohnung ein. Kurz darauf unterzeichneten die Eheleute Aeschbacher im Hinblick auf die von Gottfried Jaussi für den Umbau bezahlten Rechnungen einen Vorempfangsschein, durch den sie anerkannten, von den Eltern Jaussi auf Anrechnung an das Erbteil der Frau Aeschbacher Fr. 12'000.-- erhalten zu haben. Gottfried Jaussi führte auch nach 1943 noch verschiedene Arbeiten im Hause seines Schwiegersohnes aus.
In der Folge verschlechterten sich die Beziehungen der Eheleute Aeschbacher, weshalb die Ehefrau im Frühjahr 1951 das Scheidungsverfahren einleitete. Daraufhin liess Aeschbacher im Juli 1951 seine Schwiegereltern aus dem Hause weisen. Im Scheidungsverfahren, das 1952 zur Auflösung der Ehe führte, machte Frau Aeschbacher den Vorempfang von Fr. 12'000.-- als Frauengutsforderung gegenüber dem Ehemann geltend. Dieser bezahlte hieran Fr. 8000.--. Über die restlichen Fr. 4000.-- wurde in der vom Gericht genehmigten Scheidungskonvention nichts gesagt.
Nach seiner Ausweisung machte Gottfried Jaussi in einem Aussöhnungsverfahren gegenüber Aeschbacher für die an dessen Haus geleistete Arbeit eine Forderung von Fr. 10'915.10 geltend. Eine Klage reichte er indessen nicht ein. Dagegen betrieb er Anfang Januar 1953 Aeschbacher auf Bezahlung von Fr. 14'915.10, wobei er als Grund der Forderung angab: "Vorempfangsschein und Rechnung für geleistete Arbeit". Aeschbacher erhob Rechtsvorschlag.
Am 20. Februar 1953 bezahlte Aeschbacher an einen gewissen Zimmermann, den Gottfried Jaussi und seine Tochter Alida, geschiedene Aeschbacher mit der Eintreibung ihrer Forderungen beauftragt hatten, Fr. 3000.-- "à conto Vorempfangsschein zu Handen von Familie Jaussi".
Am 17. November 1953 traten Gottfried und Alida Jaussi ihre restlichen Ansprüche gegen Aeschbacher an Klara Jaussi ab.
B.- Klara Jaussi belangte Aeschbacher auf Bezahlung eines Betrages von Fr. 11 915.10 nebst Zinsen und Kosten auf Grund der folgenden Rechnung:
Barleistungen gemäss Vorempfangsschein Fr. 12'000.--
Entschädigung für ausgeführte Bauarbei-
ten " 10'915.10
Total Fr. 22'915.10
abzüglich Zahlungen Aeschbachers " 11'000.--
Restschuld Fr. 11 915.10
Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage.
C.- Der Appellationshof des Kantons Bern schützte mit Urteil vom 31. Januar 1956 die Klage im Betrage von Fr. 1000.-- nebst Zins und Kosten und wies sie im übrigen ab.
Der Zuspruch der Fr. 1000.-- wurde damit begründet, dass es sich dabei um den Restbetrag der von Aeschbacher geschuldeten Frauengutsforderung laut Vorempfangsschein handle.
Einen Entschädigungsanspruch des Gottfried Jaussi für die von ihm am Hause des Beklagten geleistete Arbeit verneinte der Appellationshof mit der Begründung, Jaussi habe diese Arbeiten nicht auf Grund eines obligationenrechtlichen Vertrages ausgeführt, sondern ausschliesslich im Hinblick darauf, dass er nach der Meinung der Beteiligten mit seiner Frau bis zum Tode unentgeltlich im Hause des Beklagten wohnen könne. Es handle sich somit um Abmachungen und gegenseitige Leistungen zwischen Eltern und Kindern im Rahmen ihres besonderen familienrechtlichen Verhältnisses, die nach dem Willen der Beteiligten keine Lohn- oder Entschädigungsansprüche begründen sollten. Mit dem vom Beklagten veranlassten Verlassen des Hauses durch die Eheleute Jaussi sei der Grund für die Zuwendungen des Gottfried Jaussi weggefallen, so dass der Beklagte um den Wert der Arbeit des letzteren ungerechtfertigt bereichert worden sei. Der dadurch begründete Bereicherungsanspruch sei aber verjährt.
D.- Mit der vorliegenden Berufung beantragt die Klägerin Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung von Fr. 9847.10 nebst Zinsen und Kosten, eventuell die Rückweisung des Falles an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung.
Der Beklagte beantragt, es sei auf die Berufung nicht einzutreten. Eventuell schliesst er auf Abweisung der Berufung und auf dem Wege der Anschlussberufung auf gänzliche Abweisung der Klage.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Auf die Anschlussberufung kann nicht eingetreten werden, da der Beklagte die Frist des Art. 59 Abs. 1 OG zur Einreichung von Abänderungsanträgen versäumt hat und ein von ihm eingereichtes Wiederherstellungsgesuch durch Zwischenentscheid vom 7. Juni 1956 abgewiesen worden ist.
2. Zur Begründung seines Antrages, auf die Berufung sei nicht einzutreten, macht der Beklagte geltend, die Berufung behaupte zwar, das angefochtene Urteil verletze Bundesrecht, lasse es aber an einer entsprechenden Substanzierung völlig fehlen, und die ganze Begründung erschöpfe sich in einer Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung.
Wenn die Berufungsbegründung auch nicht als mustergültig bezeichnet werden kann, so rügt sie immerhin eindeutig, dass die Vorinstanz das Vorliegen eines obligationenrechtlichen Vertrages zwischen dem Beklagten und Gottfried Jaussi verneint habe. Das ist aber, wie im folgenden zu zeigen sein wird, gerade der Kern des heutigen Streites. Ob die Berufung dieses obligationenrechtliche Verhältnis, falls ein solches vorliegen sollte, rechtlich zutreffend charakterisiert, wenn sie von Werkvertrag und Darlehen spricht, ist unwesentlich, da der Richter den ihm von den Parteien zur Beurteilung unterbreiteten Tatbestand von Amtes wegen zu qualifizieren hat.
3. Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Beklagten und Gottfried Jaussi sind teilweise dadurch klargestellt und geordnet worden, dass die Eheleute Aeschbacher den Eheleuten Jaussi den Vorempfangsschein über Fr. 12'000.-- ausstellten. Dieser Vorempfangsschein bezog sich nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Urteil S. 5) auf die von Gottfried Jaussi zur Bezahlung von Handwerkerrechnungen und für den Zukauf der Landparzelle gemachten Barleistungen. Mit der Ausstellung des Vorempfangsscheins wurde zum Ausdruck gebracht, dass Gottfried Jaussi den Anspruch auf Ersatz dieser Auslagen seiner Tochter als Frauengut zuwende.
Infolge der Auflösung der Ehe Aeschbacher-Jaussi entstand dann auf Grund des Vorempfangsscheins eine Frauengutsschuld des Beklagten gegenüber seiner geschiedenen Frau in der Höhe von Fr. 12'000.--. Seine Schuldpflicht aus diesem Titel hat der Beklagte anerkannt, indem er daran im Scheidungsverfahren Fr. 8000.--- und später weitere Fr. 3000.-- abzahlte. Die restlichen Fr. 1000.-- hat er nun auch noch zu begleichen auf Grund des Urteils der Vorinstanz, das in diesem Punkte nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens bildet.
Damit sind die Barleistungen des Gottfried Jaussi in der Hauptsache als abgegolten zu betrachten. Es kann sich nur noch fragen, ob er, bezw. die Klägerin als seine Rechtsnachfolgerin, für die beim Wohnungsbau geleistete Arbeit vom Beklagten etwas zu fordern habe. Dieser Anspruch wird von der Klägerin im Berufungsverfahren noch auf Fr. 9847.15 beziffert.
4. Die Klägerin glaubt zu Unrecht, den genannten Betrag auf Grund eines Werkvertrages zwischen dem Beklagten und Gottfried Jaussi fordern zu können. Ein solcher scheidet nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz aus. Danach hatte nämlich Gottfried Jaussi nie die Absicht, einen derartigen Anspruch geltend zu machen. Man ging vielmehr beiderseits von der Meinung aus, dass, wenn Gottfried Jaussi beim Umbau mit Geld und Arbeit helfe, er und seine Frau dann bis zu ihrem Tod unentgeltlich im Hause des Beklagten wohnen könnten.
In diesem Sinne lag aber eine vertragliche Abmachung der Beteiligten vor. Wie die Klägerin im kantonalen Verfahren zutreffend ausführte, stellte das Einräumen der Wohnung die vertragliche Gegenleistung des Beklagten für die von Gottfried Jaussi erbrachten (Geld- und) Arbeitsleistungen dar. Dass die Klägerin im Berufungsverfahren ihren Anspruch nicht mehr in dieser Weise begründete, ist belanglos. Es genügt, dass ein Anspruch dieser Art als Rechtsgrund der eingeklagten Forderung aus dem Sachverhalt abgeleitet werden kann, der dem Richter zur Beurteilung unterbreitet wird.
Im Anschluss an die Feststellung, es habe die Meinung gehabt, dass die Eltern Jaussi bis zu ihrem Tode unentgeltlich im Hause des Beklagten wohnen könnten, hat die Vorinstanz weiter erklärt, Gottfried Jaussi habe nicht die Absicht gehabt, "darüberhinaus" für seine Arbeit etwas zu fordern. Die Vorinstanz verkennt jedoch, dass es im vorliegenden Streit nicht darum geht, ob Gottfried Jaussi über die Einräumung eines Wohnrechtes hinaus für seine Arbeit etwas zu fordern habe, sondern dass es vielmehr darauf ankommt, ob den Eltern Jaussi ein Rechtsanspruch zustehe, bis zum Ableben im Hause des Beklagten wohnen zu können.
Die Möglichkeit einer obligationenrechtlichen Abmachung dieses Inhalts wird von der Vorinstanz zu Unrecht verneint. Es ist nicht einzusehen, wieso nicht auch unter Verwandten eine solche Vereinbarung getroffen werden könnte, zumal es sich im vorliegenden Fall mit Rücksicht auf die von Gottfried Jaussi geleistete Arbeit nicht um die unentgeltliche Einräumung eines Wohnrechts handelte.
5. Dieser obligationenrechtliche Vertrag, der Leistung von Arbeit und vorläufige Finanzierung des Umbaus auf der einen und Einräumung eines Wohnrechts auf der andern Seite vorsah, ist nun vom Beklagten nicht erfüllt worden, indem er den Eltern Jaussi das Wohnrecht nicht während der ganzen in Aussicht genommenen Zeitspanne gewährt hat. Es handelt sich somit um eine Frage der Folgen der Nichterfüllung, nicht um eine solche der ungerechtfertigten Bereicherung, wie die Vorinstanz irrtümlich angenommen hat.
Nach Art. 97 Abs. 1 OR hat der Schuldner, wenn die Erfüllung einer Verbindlichkeit nicht oder nicht gehörig bewirkt werden kann, für den daraus erwachsenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last fällt.
Unmöglichkeit der Vertragserfüllung im Sinne dieser Bestimmung liegt auch bei bloss subjektiver Unmöglichkeit vor, und eine solche ist schon dann als verwirklicht anzusehen, wenn nach Treu und Glauben im Verkehr dem Schuldner die weitere Erfüllung nicht mehr zumutbar ist.
Mit einer subjektiven Unmöglichkeit in diesem Sinne hat man es hier zu tun. Dem Beklagten konnte nicht zugemutet werden, seinen ehemaligen Schwiegereltern auch nach der Scheidung weiterhin das Wohnrecht zu gewähren und auf diese Weise ständig Begegnungen mit seiner vormaligen Ehefrau ausgesetzt zu sein. Die Ausweisung der Eheleute Jaussi war daher die natürliche Lösung einer subjektiv unmöglich gewordenen Situation.
Für den aus dieser Unmöglichkeit der Vertragserfüllung erwachsenen Schaden hat der Beklagte nach der oben genannten Bestimmung Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm kein Verschulden zur Last fällt. Praktisch läuft das auf die Frage des Verschuldens des Beklagten an der Scheidung der Ehe hinaus, da die Unmöglichkeit der Erfüllung auf diese zurückzuführen ist.
Die Vorinstanz, an die der Fall zu neuer Beurteilung zurückzuweisen ist, hat daher zur Frage der Exkulpation des Beklagten Stellung zu nehmen. Kommt sie zum Schlusse, dieser Entlastungsbeweis sei nicht erbracht, so hat sie weiter die Höhe des Schadens und des vom Schuldner zu leistenden Ersatzes zu bestimmen. Dabei ist vom Wert des Wohnrechts auszugehen, das dieses im Zeitpunkt der Ausweisung der Eheleute Jaussi in Anbetracht ihrer Lebenserwartungen noch hatte. Das Mass der Haftung sodann richtet sich auf Grund von Art. 99 Abs. 2 OR nach der besonderen Natur des Geschäftes; im übrigen finden die Bestimmungen über das Mass der Haftung bei unerlaubten Handlungen entsprechende Anwendung (Art. 99 Abs. 3 OR). Es bleibt somit einmal Raum für die Berücksichtigung eines allfälligen Mitverschuldens der Ehefrau an der Ehescheidung. Darüber hinaus ist aber auch noch den besondern Umständen des Falles Rechnung zu tragen. Dazu gehört vorab, dass es sich um Beziehungen zwischen Verwandten handelte, dass der Berufungsbeklagte durch die Abtragung der Frauengutsforderung von Fr. 12'000.-- in diesem Umfange Barauslagen für die Erstellung der Wohnung auf sich genommen hat, dass auf der andern Seite Gottfried Jaussi seinerseits bei der Erstellung der Wohnung unbezahlte Arbeit geleistet hat usw.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Auf die Anschlussberufung wird nicht eingetreten. 2. - Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Appellationshofs des Kantons Bern vom 31. Januar 1956 aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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Contratto che conferisce un diritto di abitazione; risarcimento dei danni per inadempimento; ricorso per riforma. Esigenze poste alla motivazione del ricorso per riforma, art. 55 cp. 1 lett. c OG (consid. 2).
È lecito il contratto col quale suocero e genero convengono che il primo presta il proprio lavoro per la trasformazione d'un edificio e sopporta le relative spese, mentre il secondo gli conferisce, quale controprestazione, un diritto di abitazione (consid. 4).
Impossibilità di adempiere il contratto: basta un'impossibilità soggettiva. Quando è data? Accertamento del danno e determinazione del risarcimento; art. 97 cp. 1 CO (consid. 5).
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1,722 |
82 II 340
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82 II 340
Sachverhalt ab Seite 340
Die Klägerin ist seit 1919 unter der Firma "Eisen und Metall A.-G." im Handelsregister eingetragen. Die Beklagte liess sich 1955 unter der Firma "EMET Eisen & Metall Aktiengesellschaft" eintragen. Sie treibt Handel mit Eisen und Metallen, Maschinen usw. und gibt eine Zeitschrift unter dem Titel "Eisen und Metall" heraus.
Die von der älteren Firma erhobene Klage auf Untersagung der weiteren Führung der Firma der Beklagten und die Verwendung des Zeitschriftentitels wurde vom Handelsgericht Zürich geschützt. Das Bundesgericht weist die Berufung der Beklagten ab aus den folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
1. Die Beklagte bestreitet, dass es sich bei der gemeinsamen Bezeichnung "Eisen und Metall" um den eigentlichen Kern, somit um den in die Augen springenden Hauptbestandteil beider Firmen handle, wie im angefochtenen Entscheid angenommen wird; tragender Bestandteil ihrer Firmabezeichnung sei vielmehr das Wort EMET, während den weiteren Worten Eisen und Metall lediglich aufklärende und erklärende Wirkung zukomme.
Diese Rüge ist unbegründet. Die Auffassung der Vorinstanz, bei beiden Firmen liege das Hauptgewicht auf dem gemeinsamen Bestandteil "Eisen und Metall", kann ernstlich nicht in Abrede gestellt werden. Übereinstimmung auch nur des hervorstechenden Bestandteils zweier Firmen genügt aber nach der Rechtsprechung zur Herbeiführung der Verwechselbarkeit.
Handelt es sich bei dem verwechselbaren Hauptbestandteil um eine allgemein verkehrsübliche Sachbezeichnung, die dem freien sprachlichen Gemeingut angehört, wie es hier der Fall ist, so kann allerdings unter Umständen schon die Verschiedenheit eines blossen Nebenbestandteils ausreichen. Hiefür ist aber erforderlich, dass dieser abweichende Nebenbestandteil einprägsam ist und über eine gewisse Unterscheidungskraft verfügt. Das trifft indessen, wie die Vorinstanz mit Recht entschieden hat, auf die Buchstabenfolge EMET, durch die allein sich die Firma der Beklagten von jener der Klägerin unterscheidet, nicht zu, da sie keinerlei Vorstellungen zu erwecken vermag und sich darum nicht einprägt.
2. Die Vorinstanz hat nicht verkannt, dass die Begriffe Eisen und Metall sprachliches Gemeingut darstellen und das Tätigkeitsgebiet beider Parteien bezeichnen. Sie betrachtet dies jedoch als unerheblich, weil der von der Klägerin schon seit 1919 gebrauchten Wortverbindung ein kennzeichnender, origineller Charakter zukomme.
Die Beklagte hält dem unter Anführung zahlreicher Beispiele entgegen, dass die Wortverbindung "Eisen und Metall" in dem in Frage stehenden Geschäftszweig für die Umschreibung des Tätigkeitsbereiches weit verbreitet sei und daher der Originalität ermangle. Diesem Einwand ist eine gewisse Berechtigung nicht abzusprechen. Er ist aber nicht entscheidend. Denn die von der Klägerin seit so vielen Jahren geführte Firma hat sich im Verkehr durchgesetzt und damit Verkehrsgeltung erlangt, weshalb sie nach der neueren Rechtsprechung auch ohne Originalität schutzwürdig ist. Dieser Grundsatz, der insbesondere bezüglich geographischer Bezeichnungen aufgestellt worden ist (vgl. z.B. Tavannes Watch Co,BGE 59 II 207), muss auch für Sachbezeichnungen gelten. Die Beklagte wird dadurch in ihren Rechten nicht verkürzt, da sie, wie schon die Vorinstanz zutreffend bemerkt hat, den Ausdruck "Eisen und Metall" als Zusatzbezeichnung verwenden darf, sofern das - dies muss ergänzend beigefügt werden - nicht in einer Art und Weise geschieht, die als unlauterer Wettbewerb angesprochen werden muss.
Wollte man anders entscheiden, so würden nicht nur wohlerworbene Recht der älteren Firma verletzt, sondern es würden auch öffentliche Interessen in Mitleidenschaft gezogen, indem Verwechslungen mit den daraus für das Publikum zu befürchtenden Schädigungsmöglichkeiten Vorschub geleistet würde. Das kann nicht geduldet werden. Wohl kann so der Zuerstkommende unter Umständen eine als Gemeingut anzusprechende Sachbezeichnung bis zu einem gewissen Grade für sich monopolisieren. Allein das ist die notwendige Folge der gesetzlichen Ordnung, wonach Aktiengesellschaften für ihre Firma auch Sachbezeichnungen verwenden dürfen.
Soweit die Berufung sich gegen die Unzulässigerklärung der Firma der Beklagten richtet, ist sie daher unbegründet.
3. Die Vorinstanz hat der Beklagten weiter verboten, die Bezeichnung "Eisen und Metall" im Titel ihrer Zeitschrift zu verwenden. Zur Begründung wird ausgeführt, soweit die Sonderbestimmungen des Firmenschutzes nicht ausreichten, müsse in Analogie zum Namensrecht auch eine Firmenanmassung als unzulässig erachtet werden. Eine solche liege hier vor, indem die Beklagte gerade den charakteristischen Teil der Firma der Klägerin als Titel ihrer Zeitschrift verwende.
Diese Einstellung verstösst entgegen der Meinung der Beklagten nicht gegen Bundesrecht. Ein derart erweiterter Firmenschutz drängt sich in der Tat auf (BGE 44 II 83ff.) Auch hier werden rechtsschutzwürdige Interessen der Beklagten nicht verletzt. Dieser wird ja wiederum nur die Übernahme des wesentlichsten Teils der Firma der Klägerin als Zeitschriftentitel untersagt, während es der Beklagten frei steht, die Ausdrücke Eisen und Metall in einer nicht gegen das UWG verstossenden Weise als Zusatzbezeichnung zu einem sich unmissverständlich von der Firma der Klägerin unterscheidenden Zeitungstitel zu verwenden. Wenn die Beklagte mehr verlangt, so beweist sie damit, dass es ihr in Wirklichkeit darum geht, sich in unzulässiger Weise an die Firma der Klägerin heranzupirschen und so aus dem guten Ruf dieses altbekannten Unternehmens für sich Vorteil zu ziehen. Dazu hat sie kein Recht.
Auch hinsichtlich des zweiten Punktes ist somit das vorinstanzliche Urteil nicht zu beanstanden.
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Firmenrecht, Namensrecht. Verwechselbarkeit von Firmabezeichnungen wegen Übereinstimmung des Hauptbestandteils (Erw. 1).
Bedeutung des Umstandes, dass der gemeinsame Hauptbestandteil eine gemeinfreie Sachbezeichnung ist (Erw. 2).
Unzulässige Namensanmassung die Verwendung des Hauptbestandteils einer andern Firma als Zeitschriftentitel (Erw. 3).
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civil law
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82 II 340
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82 II 340
Sachverhalt ab Seite 340
Die Klägerin ist seit 1919 unter der Firma "Eisen und Metall A.-G." im Handelsregister eingetragen. Die Beklagte liess sich 1955 unter der Firma "EMET Eisen & Metall Aktiengesellschaft" eintragen. Sie treibt Handel mit Eisen und Metallen, Maschinen usw. und gibt eine Zeitschrift unter dem Titel "Eisen und Metall" heraus.
Die von der älteren Firma erhobene Klage auf Untersagung der weiteren Führung der Firma der Beklagten und die Verwendung des Zeitschriftentitels wurde vom Handelsgericht Zürich geschützt. Das Bundesgericht weist die Berufung der Beklagten ab aus den folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
1. Die Beklagte bestreitet, dass es sich bei der gemeinsamen Bezeichnung "Eisen und Metall" um den eigentlichen Kern, somit um den in die Augen springenden Hauptbestandteil beider Firmen handle, wie im angefochtenen Entscheid angenommen wird; tragender Bestandteil ihrer Firmabezeichnung sei vielmehr das Wort EMET, während den weiteren Worten Eisen und Metall lediglich aufklärende und erklärende Wirkung zukomme.
Diese Rüge ist unbegründet. Die Auffassung der Vorinstanz, bei beiden Firmen liege das Hauptgewicht auf dem gemeinsamen Bestandteil "Eisen und Metall", kann ernstlich nicht in Abrede gestellt werden. Übereinstimmung auch nur des hervorstechenden Bestandteils zweier Firmen genügt aber nach der Rechtsprechung zur Herbeiführung der Verwechselbarkeit.
Handelt es sich bei dem verwechselbaren Hauptbestandteil um eine allgemein verkehrsübliche Sachbezeichnung, die dem freien sprachlichen Gemeingut angehört, wie es hier der Fall ist, so kann allerdings unter Umständen schon die Verschiedenheit eines blossen Nebenbestandteils ausreichen. Hiefür ist aber erforderlich, dass dieser abweichende Nebenbestandteil einprägsam ist und über eine gewisse Unterscheidungskraft verfügt. Das trifft indessen, wie die Vorinstanz mit Recht entschieden hat, auf die Buchstabenfolge EMET, durch die allein sich die Firma der Beklagten von jener der Klägerin unterscheidet, nicht zu, da sie keinerlei Vorstellungen zu erwecken vermag und sich darum nicht einprägt.
2. Die Vorinstanz hat nicht verkannt, dass die Begriffe Eisen und Metall sprachliches Gemeingut darstellen und das Tätigkeitsgebiet beider Parteien bezeichnen. Sie betrachtet dies jedoch als unerheblich, weil der von der Klägerin schon seit 1919 gebrauchten Wortverbindung ein kennzeichnender, origineller Charakter zukomme.
Die Beklagte hält dem unter Anführung zahlreicher Beispiele entgegen, dass die Wortverbindung "Eisen und Metall" in dem in Frage stehenden Geschäftszweig für die Umschreibung des Tätigkeitsbereiches weit verbreitet sei und daher der Originalität ermangle. Diesem Einwand ist eine gewisse Berechtigung nicht abzusprechen. Er ist aber nicht entscheidend. Denn die von der Klägerin seit so vielen Jahren geführte Firma hat sich im Verkehr durchgesetzt und damit Verkehrsgeltung erlangt, weshalb sie nach der neueren Rechtsprechung auch ohne Originalität schutzwürdig ist. Dieser Grundsatz, der insbesondere bezüglich geographischer Bezeichnungen aufgestellt worden ist (vgl. z.B. Tavannes Watch Co,BGE 59 II 207), muss auch für Sachbezeichnungen gelten. Die Beklagte wird dadurch in ihren Rechten nicht verkürzt, da sie, wie schon die Vorinstanz zutreffend bemerkt hat, den Ausdruck "Eisen und Metall" als Zusatzbezeichnung verwenden darf, sofern das - dies muss ergänzend beigefügt werden - nicht in einer Art und Weise geschieht, die als unlauterer Wettbewerb angesprochen werden muss.
Wollte man anders entscheiden, so würden nicht nur wohlerworbene Recht der älteren Firma verletzt, sondern es würden auch öffentliche Interessen in Mitleidenschaft gezogen, indem Verwechslungen mit den daraus für das Publikum zu befürchtenden Schädigungsmöglichkeiten Vorschub geleistet würde. Das kann nicht geduldet werden. Wohl kann so der Zuerstkommende unter Umständen eine als Gemeingut anzusprechende Sachbezeichnung bis zu einem gewissen Grade für sich monopolisieren. Allein das ist die notwendige Folge der gesetzlichen Ordnung, wonach Aktiengesellschaften für ihre Firma auch Sachbezeichnungen verwenden dürfen.
Soweit die Berufung sich gegen die Unzulässigerklärung der Firma der Beklagten richtet, ist sie daher unbegründet.
3. Die Vorinstanz hat der Beklagten weiter verboten, die Bezeichnung "Eisen und Metall" im Titel ihrer Zeitschrift zu verwenden. Zur Begründung wird ausgeführt, soweit die Sonderbestimmungen des Firmenschutzes nicht ausreichten, müsse in Analogie zum Namensrecht auch eine Firmenanmassung als unzulässig erachtet werden. Eine solche liege hier vor, indem die Beklagte gerade den charakteristischen Teil der Firma der Klägerin als Titel ihrer Zeitschrift verwende.
Diese Einstellung verstösst entgegen der Meinung der Beklagten nicht gegen Bundesrecht. Ein derart erweiterter Firmenschutz drängt sich in der Tat auf (BGE 44 II 83ff.) Auch hier werden rechtsschutzwürdige Interessen der Beklagten nicht verletzt. Dieser wird ja wiederum nur die Übernahme des wesentlichsten Teils der Firma der Klägerin als Zeitschriftentitel untersagt, während es der Beklagten frei steht, die Ausdrücke Eisen und Metall in einer nicht gegen das UWG verstossenden Weise als Zusatzbezeichnung zu einem sich unmissverständlich von der Firma der Klägerin unterscheidenden Zeitungstitel zu verwenden. Wenn die Beklagte mehr verlangt, so beweist sie damit, dass es ihr in Wirklichkeit darum geht, sich in unzulässiger Weise an die Firma der Klägerin heranzupirschen und so aus dem guten Ruf dieses altbekannten Unternehmens für sich Vorteil zu ziehen. Dazu hat sie kein Recht.
Auch hinsichtlich des zweiten Punktes ist somit das vorinstanzliche Urteil nicht zu beanstanden.
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Raisons de commerce, nom. Raisons de commerce susceptibles de confusion par suite de l'identité de leur élément principal (consid. 1).
Signification du fait que l'élément principal commun est une désignation générique qui fait partie du domaine public (consid. 2).
Constitue une usurpation illicite d'un nom l'utilisation, comme titre d'une revue, de l'élément principal de la raison de commerce d'un tiers (consid. 3).
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82 II 340
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82 II 340
Sachverhalt ab Seite 340
Die Klägerin ist seit 1919 unter der Firma "Eisen und Metall A.-G." im Handelsregister eingetragen. Die Beklagte liess sich 1955 unter der Firma "EMET Eisen & Metall Aktiengesellschaft" eintragen. Sie treibt Handel mit Eisen und Metallen, Maschinen usw. und gibt eine Zeitschrift unter dem Titel "Eisen und Metall" heraus.
Die von der älteren Firma erhobene Klage auf Untersagung der weiteren Führung der Firma der Beklagten und die Verwendung des Zeitschriftentitels wurde vom Handelsgericht Zürich geschützt. Das Bundesgericht weist die Berufung der Beklagten ab aus den folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
1. Die Beklagte bestreitet, dass es sich bei der gemeinsamen Bezeichnung "Eisen und Metall" um den eigentlichen Kern, somit um den in die Augen springenden Hauptbestandteil beider Firmen handle, wie im angefochtenen Entscheid angenommen wird; tragender Bestandteil ihrer Firmabezeichnung sei vielmehr das Wort EMET, während den weiteren Worten Eisen und Metall lediglich aufklärende und erklärende Wirkung zukomme.
Diese Rüge ist unbegründet. Die Auffassung der Vorinstanz, bei beiden Firmen liege das Hauptgewicht auf dem gemeinsamen Bestandteil "Eisen und Metall", kann ernstlich nicht in Abrede gestellt werden. Übereinstimmung auch nur des hervorstechenden Bestandteils zweier Firmen genügt aber nach der Rechtsprechung zur Herbeiführung der Verwechselbarkeit.
Handelt es sich bei dem verwechselbaren Hauptbestandteil um eine allgemein verkehrsübliche Sachbezeichnung, die dem freien sprachlichen Gemeingut angehört, wie es hier der Fall ist, so kann allerdings unter Umständen schon die Verschiedenheit eines blossen Nebenbestandteils ausreichen. Hiefür ist aber erforderlich, dass dieser abweichende Nebenbestandteil einprägsam ist und über eine gewisse Unterscheidungskraft verfügt. Das trifft indessen, wie die Vorinstanz mit Recht entschieden hat, auf die Buchstabenfolge EMET, durch die allein sich die Firma der Beklagten von jener der Klägerin unterscheidet, nicht zu, da sie keinerlei Vorstellungen zu erwecken vermag und sich darum nicht einprägt.
2. Die Vorinstanz hat nicht verkannt, dass die Begriffe Eisen und Metall sprachliches Gemeingut darstellen und das Tätigkeitsgebiet beider Parteien bezeichnen. Sie betrachtet dies jedoch als unerheblich, weil der von der Klägerin schon seit 1919 gebrauchten Wortverbindung ein kennzeichnender, origineller Charakter zukomme.
Die Beklagte hält dem unter Anführung zahlreicher Beispiele entgegen, dass die Wortverbindung "Eisen und Metall" in dem in Frage stehenden Geschäftszweig für die Umschreibung des Tätigkeitsbereiches weit verbreitet sei und daher der Originalität ermangle. Diesem Einwand ist eine gewisse Berechtigung nicht abzusprechen. Er ist aber nicht entscheidend. Denn die von der Klägerin seit so vielen Jahren geführte Firma hat sich im Verkehr durchgesetzt und damit Verkehrsgeltung erlangt, weshalb sie nach der neueren Rechtsprechung auch ohne Originalität schutzwürdig ist. Dieser Grundsatz, der insbesondere bezüglich geographischer Bezeichnungen aufgestellt worden ist (vgl. z.B. Tavannes Watch Co,BGE 59 II 207), muss auch für Sachbezeichnungen gelten. Die Beklagte wird dadurch in ihren Rechten nicht verkürzt, da sie, wie schon die Vorinstanz zutreffend bemerkt hat, den Ausdruck "Eisen und Metall" als Zusatzbezeichnung verwenden darf, sofern das - dies muss ergänzend beigefügt werden - nicht in einer Art und Weise geschieht, die als unlauterer Wettbewerb angesprochen werden muss.
Wollte man anders entscheiden, so würden nicht nur wohlerworbene Recht der älteren Firma verletzt, sondern es würden auch öffentliche Interessen in Mitleidenschaft gezogen, indem Verwechslungen mit den daraus für das Publikum zu befürchtenden Schädigungsmöglichkeiten Vorschub geleistet würde. Das kann nicht geduldet werden. Wohl kann so der Zuerstkommende unter Umständen eine als Gemeingut anzusprechende Sachbezeichnung bis zu einem gewissen Grade für sich monopolisieren. Allein das ist die notwendige Folge der gesetzlichen Ordnung, wonach Aktiengesellschaften für ihre Firma auch Sachbezeichnungen verwenden dürfen.
Soweit die Berufung sich gegen die Unzulässigerklärung der Firma der Beklagten richtet, ist sie daher unbegründet.
3. Die Vorinstanz hat der Beklagten weiter verboten, die Bezeichnung "Eisen und Metall" im Titel ihrer Zeitschrift zu verwenden. Zur Begründung wird ausgeführt, soweit die Sonderbestimmungen des Firmenschutzes nicht ausreichten, müsse in Analogie zum Namensrecht auch eine Firmenanmassung als unzulässig erachtet werden. Eine solche liege hier vor, indem die Beklagte gerade den charakteristischen Teil der Firma der Klägerin als Titel ihrer Zeitschrift verwende.
Diese Einstellung verstösst entgegen der Meinung der Beklagten nicht gegen Bundesrecht. Ein derart erweiterter Firmenschutz drängt sich in der Tat auf (BGE 44 II 83ff.) Auch hier werden rechtsschutzwürdige Interessen der Beklagten nicht verletzt. Dieser wird ja wiederum nur die Übernahme des wesentlichsten Teils der Firma der Klägerin als Zeitschriftentitel untersagt, während es der Beklagten frei steht, die Ausdrücke Eisen und Metall in einer nicht gegen das UWG verstossenden Weise als Zusatzbezeichnung zu einem sich unmissverständlich von der Firma der Klägerin unterscheidenden Zeitungstitel zu verwenden. Wenn die Beklagte mehr verlangt, so beweist sie damit, dass es ihr in Wirklichkeit darum geht, sich in unzulässiger Weise an die Firma der Klägerin heranzupirschen und so aus dem guten Ruf dieses altbekannten Unternehmens für sich Vorteil zu ziehen. Dazu hat sie kein Recht.
Auch hinsichtlich des zweiten Punktes ist somit das vorinstanzliche Urteil nicht zu beanstanden.
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Ditta commerciale, diritto al nome. Ditte commerciali suscettibili di confusione a motivo dell'identità del loro elemento principale (consid. 1).
Importanza del fatto che l'elemento principale comune è una designazione generica di dominio pubblico (consid. 2).
Costituisce usurpazione illecita d'un nome l'uso, quale titolo di una rivista, dell'elemento principale della ditta commerciale d'un terzo (consid. 3).
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it
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civil law
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82 II 343
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82 II 343
Sachverhalt ab Seite 344
A.- Dr. med. Franz Zwinggi klagte gegen die Krankenkasse Surental vor dem Schiedsgericht, das der Kanton Luzern gemäss Art. 25 KUVG zur Beurteilung von Streitigkeiten zwischen anerkannten Krankenkassen und Ärzten eingesetzt hat. Er verlangte Fr. 3105.44, doch sprach ihm das Gericht mit Urteil vom 24. September 1954 nur Fr. 2173.81 zu. Auf Revisionsgesuch des Klägers hin hob das Obergericht des Kantons Luzern das Urteil am 25. Mai 1956 auf und wies die Sache zu neuer Prüfung und Beurteilung an das Schiedsgericht zurück.
B.- Die Krankenkasse Surental führt gegen diesen Entscheid Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 68 ff. OG mit dem Antrag, er sei aufzuheben und das Obergericht habe sich unzuständig zu erklären. Sie macht geltend, der Entscheid verletze Art. 25 KUVG und die kantonale Verordnung vom 27. August 1945 über das Schiedsgerichtsverfahren nach Art. 25 KUVG; das Rechtsmittel der Revision sei gegen Urteile des erwähnten Schiedsgerichts nicht zulässig.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Ob die luzernischen Bestimmungen die Revision gegen Urteile des für Streitigkeiten zwischen anerkannten Krankenkassen und Ärzten eingesetzten Schiedsgerichtes zulassen, kann auf Nichtigkeitsbeschwerde hin nicht geprüft werden; denn die Verletzung von Bestimmungen über die sachliche Zuständigkeit der Behörden kann mit der Nichtigkeitsbeschwerde nur gerügt werden, wenn diese Normen dem eidgenössischen, nicht wenn sie dem kantonalen Recht angehören (Art. 68 Abs. 1 lit. b OG).
Das eidgenössische Recht aber verbietet die Revision von Urteilen der gemäss Art. 25 KUVG eingesetzten Schiedsgerichte nicht. Insbesondere schliesst diese Bestimmung sie nicht aus. Sie verlangt lediglich, dass die Kantonsregierung zur Beurteilung der dort erwähnten Streitigkeiten ein Schiedsgericht bezeichne, in dem beide Parteien eine Vertretung von gleicher Zahl erhalten, und dass sie das Verfahren ordne. Damit soll nur erreicht werden, dass bestimmte Kreise bei der einfach zu gestaltenden Beurteilung mitwirken können. Ob das allenfalls den Sinn hat, die Appellation an ein ordentliches Gericht sei ausgeschlossen, ist nicht zu entscheiden. Jedenfalls wird der Zweck des Art. 25 KUVG nicht beeinträchtigt, wenn die Kantone die Urteile dieser Schiedsgerichte bezüglich der ausserordentlichen Rechtsmittel, insbesondere der Revision, den Urteilen der ordentlichen Gerichte gleichstellen (vgl. in diesem Sinne auch GIORGIO und NABHOLZ, Die schweizerische obligatorische Unfallversicherung S. 164; M. GULDENER, Die Nichtigkeitsbeschwerde in Zivilsachen nach zürcherischem Recht 23; O. HUBER, Der Rechtsschutz in der Krankenversicherung 133). Es wäre gegenteils unnatürlich, Urteile zuzulassen, die trotz Bekanntwerden neuer Tatsachen der Revision nicht zugänglich wären. Das kann Art. 25 KUVG nicht wollen.
Nun sieht allerdings § 274 luz. ZPO die Möglichkeit vor, dass das Obergericht als Revisionsinstanz bei Gutheissung des Revisionsgesuchs den Streitfall nicht an die erste Instanz zurückweise, sondern in der Sache selber urteile. Ob im Revisionsverfahren gegen Urteile des Schiedsgerichtes nach Art. 25 KUVG nicht wenigstens das dem Bundesrecht widerspreche, kann indessen dahingestellt bleiben, da das Obergericht die vorliegende Sache nicht selber beurteilt, sondern sie an das Schiedsgericht zurückgewiesen hat.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten werden kann.
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Art. 25 KUVG verbietet die Revision von Urteilen der für Streitigkeiten zwischen anerkannten Krankenkassen und Ärzten eingesetzten Schiedsgerichte nicht.
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82 II 343
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82 II 343
Sachverhalt ab Seite 344
A.- Dr. med. Franz Zwinggi klagte gegen die Krankenkasse Surental vor dem Schiedsgericht, das der Kanton Luzern gemäss Art. 25 KUVG zur Beurteilung von Streitigkeiten zwischen anerkannten Krankenkassen und Ärzten eingesetzt hat. Er verlangte Fr. 3105.44, doch sprach ihm das Gericht mit Urteil vom 24. September 1954 nur Fr. 2173.81 zu. Auf Revisionsgesuch des Klägers hin hob das Obergericht des Kantons Luzern das Urteil am 25. Mai 1956 auf und wies die Sache zu neuer Prüfung und Beurteilung an das Schiedsgericht zurück.
B.- Die Krankenkasse Surental führt gegen diesen Entscheid Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 68 ff. OG mit dem Antrag, er sei aufzuheben und das Obergericht habe sich unzuständig zu erklären. Sie macht geltend, der Entscheid verletze Art. 25 KUVG und die kantonale Verordnung vom 27. August 1945 über das Schiedsgerichtsverfahren nach Art. 25 KUVG; das Rechtsmittel der Revision sei gegen Urteile des erwähnten Schiedsgerichts nicht zulässig.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Ob die luzernischen Bestimmungen die Revision gegen Urteile des für Streitigkeiten zwischen anerkannten Krankenkassen und Ärzten eingesetzten Schiedsgerichtes zulassen, kann auf Nichtigkeitsbeschwerde hin nicht geprüft werden; denn die Verletzung von Bestimmungen über die sachliche Zuständigkeit der Behörden kann mit der Nichtigkeitsbeschwerde nur gerügt werden, wenn diese Normen dem eidgenössischen, nicht wenn sie dem kantonalen Recht angehören (Art. 68 Abs. 1 lit. b OG).
Das eidgenössische Recht aber verbietet die Revision von Urteilen der gemäss Art. 25 KUVG eingesetzten Schiedsgerichte nicht. Insbesondere schliesst diese Bestimmung sie nicht aus. Sie verlangt lediglich, dass die Kantonsregierung zur Beurteilung der dort erwähnten Streitigkeiten ein Schiedsgericht bezeichne, in dem beide Parteien eine Vertretung von gleicher Zahl erhalten, und dass sie das Verfahren ordne. Damit soll nur erreicht werden, dass bestimmte Kreise bei der einfach zu gestaltenden Beurteilung mitwirken können. Ob das allenfalls den Sinn hat, die Appellation an ein ordentliches Gericht sei ausgeschlossen, ist nicht zu entscheiden. Jedenfalls wird der Zweck des Art. 25 KUVG nicht beeinträchtigt, wenn die Kantone die Urteile dieser Schiedsgerichte bezüglich der ausserordentlichen Rechtsmittel, insbesondere der Revision, den Urteilen der ordentlichen Gerichte gleichstellen (vgl. in diesem Sinne auch GIORGIO und NABHOLZ, Die schweizerische obligatorische Unfallversicherung S. 164; M. GULDENER, Die Nichtigkeitsbeschwerde in Zivilsachen nach zürcherischem Recht 23; O. HUBER, Der Rechtsschutz in der Krankenversicherung 133). Es wäre gegenteils unnatürlich, Urteile zuzulassen, die trotz Bekanntwerden neuer Tatsachen der Revision nicht zugänglich wären. Das kann Art. 25 KUVG nicht wollen.
Nun sieht allerdings § 274 luz. ZPO die Möglichkeit vor, dass das Obergericht als Revisionsinstanz bei Gutheissung des Revisionsgesuchs den Streitfall nicht an die erste Instanz zurückweise, sondern in der Sache selber urteile. Ob im Revisionsverfahren gegen Urteile des Schiedsgerichtes nach Art. 25 KUVG nicht wenigstens das dem Bundesrecht widerspreche, kann indessen dahingestellt bleiben, da das Obergericht die vorliegende Sache nicht selber beurteilt, sondern sie an das Schiedsgericht zurückgewiesen hat.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten werden kann.
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de
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L'art. 25 LAMA n'interdit pas la revision des jugements rendus par les tribunaux arbitraux institués pour juger les contestations entre les caisses-maladie reconnues et les médecins.
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fr
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civil law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-343%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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Sachverhalt ab Seite 344
A.- Dr. med. Franz Zwinggi klagte gegen die Krankenkasse Surental vor dem Schiedsgericht, das der Kanton Luzern gemäss Art. 25 KUVG zur Beurteilung von Streitigkeiten zwischen anerkannten Krankenkassen und Ärzten eingesetzt hat. Er verlangte Fr. 3105.44, doch sprach ihm das Gericht mit Urteil vom 24. September 1954 nur Fr. 2173.81 zu. Auf Revisionsgesuch des Klägers hin hob das Obergericht des Kantons Luzern das Urteil am 25. Mai 1956 auf und wies die Sache zu neuer Prüfung und Beurteilung an das Schiedsgericht zurück.
B.- Die Krankenkasse Surental führt gegen diesen Entscheid Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 68 ff. OG mit dem Antrag, er sei aufzuheben und das Obergericht habe sich unzuständig zu erklären. Sie macht geltend, der Entscheid verletze Art. 25 KUVG und die kantonale Verordnung vom 27. August 1945 über das Schiedsgerichtsverfahren nach Art. 25 KUVG; das Rechtsmittel der Revision sei gegen Urteile des erwähnten Schiedsgerichts nicht zulässig.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Ob die luzernischen Bestimmungen die Revision gegen Urteile des für Streitigkeiten zwischen anerkannten Krankenkassen und Ärzten eingesetzten Schiedsgerichtes zulassen, kann auf Nichtigkeitsbeschwerde hin nicht geprüft werden; denn die Verletzung von Bestimmungen über die sachliche Zuständigkeit der Behörden kann mit der Nichtigkeitsbeschwerde nur gerügt werden, wenn diese Normen dem eidgenössischen, nicht wenn sie dem kantonalen Recht angehören (Art. 68 Abs. 1 lit. b OG).
Das eidgenössische Recht aber verbietet die Revision von Urteilen der gemäss Art. 25 KUVG eingesetzten Schiedsgerichte nicht. Insbesondere schliesst diese Bestimmung sie nicht aus. Sie verlangt lediglich, dass die Kantonsregierung zur Beurteilung der dort erwähnten Streitigkeiten ein Schiedsgericht bezeichne, in dem beide Parteien eine Vertretung von gleicher Zahl erhalten, und dass sie das Verfahren ordne. Damit soll nur erreicht werden, dass bestimmte Kreise bei der einfach zu gestaltenden Beurteilung mitwirken können. Ob das allenfalls den Sinn hat, die Appellation an ein ordentliches Gericht sei ausgeschlossen, ist nicht zu entscheiden. Jedenfalls wird der Zweck des Art. 25 KUVG nicht beeinträchtigt, wenn die Kantone die Urteile dieser Schiedsgerichte bezüglich der ausserordentlichen Rechtsmittel, insbesondere der Revision, den Urteilen der ordentlichen Gerichte gleichstellen (vgl. in diesem Sinne auch GIORGIO und NABHOLZ, Die schweizerische obligatorische Unfallversicherung S. 164; M. GULDENER, Die Nichtigkeitsbeschwerde in Zivilsachen nach zürcherischem Recht 23; O. HUBER, Der Rechtsschutz in der Krankenversicherung 133). Es wäre gegenteils unnatürlich, Urteile zuzulassen, die trotz Bekanntwerden neuer Tatsachen der Revision nicht zugänglich wären. Das kann Art. 25 KUVG nicht wollen.
Nun sieht allerdings § 274 luz. ZPO die Möglichkeit vor, dass das Obergericht als Revisionsinstanz bei Gutheissung des Revisionsgesuchs den Streitfall nicht an die erste Instanz zurückweise, sondern in der Sache selber urteile. Ob im Revisionsverfahren gegen Urteile des Schiedsgerichtes nach Art. 25 KUVG nicht wenigstens das dem Bundesrecht widerspreche, kann indessen dahingestellt bleiben, da das Obergericht die vorliegende Sache nicht selber beurteilt, sondern sie an das Schiedsgericht zurückgewiesen hat.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten werden kann.
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L'art. 25 LAMI non vieta la revisione dei giudizi pronunciati dai tribunali arbitrali istituiti per decidere le contestazioni tra le casse-malati riconosciute ed i medici.
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Sachverhalt ab Seite 347
A.- Das im Simmental (Kt. Bern) gelegene Kurhaus Weissenburg-Bad mit der Weissenburger Mineralquelle sind Eigentum der Firma Haecky, Jenni & Co. Diese hat Gewinnung und Vertrieb des Mineralwassers an die Weissenburg-Mineralthermen A.-G. verpachtet.
Die Firma Haecky, Jenni & Co. ist Inhaberin einer erstmals 1935 hinterlegten, 1953 erneuerten Wort-Bildmarke, die für "Weissenburger Kurwasser, Mineral- und Tafelwasser, auch gemischt mit Fruchtsäften oder Essenzen" eingetragen ist. Die Marke ist in schwarz-weiss gehalten und besteht aus einem in schwarz punktierter Fläche weiss ausgesparten stilisierten Doppelturm mit der darunter in schwarzer Druckschrift angebrachten Bezeichnung "Weissenburger".
Für ihre Mineral- und Tafelwasser, insbesondere die in den Handel gebrachten Tafelgetränke unter Zusatz von Fruchtaroma oder Fruchtsäften verwendet die Weissenburg-Mineralthermen A.-G. farbige Flaschenetiketten, deren Grundfarbe vorwiegend dem jeweiligen Fruchtzusatz angepasst ist. Diese Etiketten weisen einen in der Grundfarbe weiss ausgesparten Doppelturm auf, der durch die schwarze Beschriftung der Etikette teilweise überdeckt wird, und zwar im oberen Drittel durch die in grossen gotischen Druckbuchstaben angebrachte Bezeichnung "Weissenburger" und im untern Teil durch die Beschreibung des Getränkes. Am Fusse der Etikette ist in weissen Buchstaben auf schwarzem Grund die Firma der Herstellerin des Getränks angegeben. Die Flaschenverschlüsse sind mit den allgemein üblichen Verschlussetiketten in der Grundfarbe der Flaschenetikette versehen. Die Weissenburg-Mineralthermen A.-G. macht auch Reklame durch Plakate, die in ihrer Ausgestaltung ungefähr den Flaschenetiketten entsprechen.
B.- Die Wasser der im Ried, Amt Schwarzenburg, also ebenfalls im Kanton Bern entspringenden Mineralquellen werden von einer 1931 gegründeten A.-G. ausgebeutet, die ursprünglich den Namen "Riedquell- und Riedstern A.-G." führte, den sie später in die heutige Firma "Mineralquelle Riedstern A.-G." abänderte. Dieses Unternehmen verkaufte während langen Jahren ihr natürliches Mineralwasser als "Riedquell", das gesüsste als "Riedstern". Nach 1945 begann sie, für ihre verschiedenen Getränke Phantasienamen zu verwenden, wie "Rida", "Frambo", "Silver-Star", "Mill-Citro" und dergl. Im Frühjahr 1954 änderte sie dann die Aufmachung ihrer Erzeugnisse von Grund auf, indem sie für diese den Namen "Schwarzenburger" übernahm und auf ihren Flaschen farbige, dem Fruchtzusatz entsprechende Etiketten anbrachte, bei denen auf dem farbigen Grund ein heraldischer Löwe weiss ausgespart ist. Quer über diesen ist in grosser lateinischer Druckschrift die Bezeichnung "Schwarzenburger" angebracht. Darüber steht in kleinerer Schrift die Firma der Herstellerin, und am Fusse der Etikette befindet sich eine Beschreibung des Getränks. Die Flaschen wurden weiter mit farbigen Verschlussetiketten ausgestattet. Auch in ihrer breit angelegten Reklametätigkeit verwendete die Mineralquelle Riedstern A.-G. Material in einer den Flaschenetiketten entsprechenden Aufmachung.
C.- Die Weissenburg-Mineralthermen A.-G. und die Firma Haecky, Jenni & Co. fühlten sich durch das Vorgehen der Mineralquelle Riedstern A.-G. in ihren Rechten verletzt und reichten, nach erfolglosen Vorstellungen bei dieser, im Sommer 1954 gegen sie Klage ein mit den folgenden Rechtsbegehren:
"1. Es sei festzustellen, dass die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" im geschäftlichen Verkehr, insbesondere zur Kennzeichnung der Produkte der Beklagten, sowie der Vertrieb von Tafelwasser mit Zitronenaroma, Himbeeraroma und Orangenaroma unter Verwendung der gelb/weissen, rot/weissen und orange/weissen Etiketten mit schwarzem Text unlauterer Wettbewerb ist.
2. Der Beklagten sei gerichtlich zu untersagen, die Bezeichnung "Schwarzenburger" im geschäftlichen Verkehr, insbesondere zur Kennzeichnung ihrer Erzeugnisse zu verwenden.
3. Der Beklagten sei gerichtlich zu verbieten, für ihre Tafelwasser mit Zitronenaroma, Himbeeraroma und Orangenaroma gelb/weisse, rot/weisse und orange/weisse Etiketten mit schwarzem Text zu verwenden, sowie Reklameplakate in dieser Form zu benützen.
4. Die Beklagte sei den Klägerinnen gegenüber zu einem angemessenen, gerichtlich bestimmenden Betrag als Schadenersatz zu verurteilen.
5. Die Klägerinnen seien zu ermächtigen, das Urteil auf Kosten der Beklagten in sechs von ihnen zu bezeichnenden Tageszeitungen zu veröffentlichen."
Die Beklagte bestritt, sich eines unlauteren Wettbewerbes schuldig gemacht zu haben, und beantragte Abweisung der Klage.
D.- Das Handelsgericht Bern entschied mit Urteil vom 15. Dezember 1955, dass die Verwendung der beanstandeten Etiketten durch die Beklagte unlauteren Wettbewerb darstelle, verbot ihr deren weitere Verwendung und verurteilte sie zur Bezahlung von Fr. 2000.-- Schadenersatz. Die verlangte Urteilsveröffentlichung lehnte es dagegen ab, und ebenso wurden die klägerischen Rechtsbegehren abgewiesen, soweit sie sich gegen die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" richteten.
E.- Mit der vorliegenden Berufung begehren die Klägerinnen den Schutz auch der vom kantonalen Richter abgewiesenen Rechtsbegehren, d.h. Feststellung, dass auch die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" durch die Beklagte unlauterer Wettbewerb sei, Untersagung von deren Verwendung, sowie Erhöhung der Schadenersatzsumme auf Fr. 6000.-- und Urteilsveröffentlichung; eventuell wird die Rückweisung der Sache beantragt.
Die Beklagte hat Anschlussberufung erklärt mit dem Antrag auf gänzliche Abweisung der Klage.
Die Klägerinnen beantragen Abweisung der Anschlussberufung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Vorinstanz erblickt in der Verwendung der beanstandeten Etiketten durch die Beklagte unlauteren Wettbewerb im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG, weil diese Etiketten sich nicht genügend von jenen der Klägerinnen unterscheiden. Massgebend für die fehlende Unterscheidbarkeit sei der Gesamteindruck, der geschaffen werde durch die Aussparung eines Warenzeichens in weiss auf gleicher oder sehr ähnlicher Grundfarbe, durch ähnliche Grösse der Etiketten, die schwarze Beschriftung und weitere Ähnlichkeiten des Schriftbildes in seiner Länge, sowie in der Höhe und Breite der einzelnen Buchstaben. Die durch das alles bewirkte Ähnlichkeit werde noch verstärkt durch die Wahl gleicher Flaschen für die gleichen Getränkesorten. So komme die Verschiedenheit des Bildelementes nicht stark zum Ausdruck. Es seien denn auch tatsächlich Verwechslungen vorgekommen.
Die Beklagte beanstandet in ihrer Anschlussberufung diese Betrachtungsweise. Sie macht geltend, die Eigenart der beidseitigen Etiketten werde durch bildliche Elemente gekennzeichnet; diese kämen für die Beurteilung des Gesamteindrucks nur wesentlich in Betracht, soweit sie originell seien. Das treffe nur zu auf die Burg mit den zwei Türmen bei den Etiketten der Klägerinnen und auf den von diesem Bildelement völlig verschiedenen heraldischen Löwen in der Etikette der Beklagten. Die Form der Etiketten und die Verteilung des Raumes auf ihnen sei bedingt durch die Fiaschen gleicher Art und Grösse, wie sie von der Beklagten seit Jahren verwendet worden und in der Schweiz allgemein gebräuchlich seien. Die Beschriftung weise genügende Verschiedenheiten auf. Die Klägerinnen hätten keine originellen Farbkombinationen geschaffen, während die Farben an sich, die Druckerschwärze und das Weiss des Etikettenpapiers Gemeingut bildeten. Alle Elemente der von den beiden Parteien gebrauchten Etiketten seien also entweder völlig verschieden oder gehörten dem Gemeingut an. Die verbleibenden Wortbezeichnungen "Weissenburger" und "Schwarzenburger" aber seien, wie die Vorinstanz zutreffend entschieden habe, nicht verwechselbar.
2. a) Die Beklagte irrt, wenn sie die bildlichen Bestandteile der Etiketten von vorneherein als entscheidend hinstellt. Auch Zeichen, die sich aus Wort- und Bildelementen zusammensetzen, sind beim Vergleich in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Diese Vergleichung des Gesamteindrucks, welche im Markenrecht die Regel bildet (BGE 78 II 380ff. und dort erwähnte Entscheide), muss auch im Wettbewerbsrecht dort gelten, wo es sich um die Beurteilung von Vergleichsgegenständen handelt, die, wie im vorliegenden Fall die Etiketten, zur Kennzeichnung der Erzeugnisse der Wettbewerber dienen. Denn die Kundschaft bekommt diese Etiketten als Ganzes zu Gesicht; sie dürfen daher auch für die Vergleichung nicht zergliedert werden.
So betrachtet unterscheiden sich die Erzeugnisse der beiden Parteien in ihrer Aufmachung nicht genügend voneinander, so dass die Gefahr von Verwechslungen der Erzeugnisse und damit der Herstellerinnen besteht. Den bildlichen Bestandteilen - Weissenburger Doppelturm einerseits, Schwarzenburger Löwe anderseits - kommt nicht die Unterscheidungskraft zu, welche die Beklagte wahrhaben möchte. Schon die Vorinstanz hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die Umrisse der weiss ausgesparten Bilder, weil diese zum Teil von der kräftigen Beschriftung überdeckt werden, nicht stark hervortreten. Zudem überwiegen die Farben, einmal auf den Etiketten selber, und noch mehr im Gesamtbild der Waren mit den farbigen Flaschen, gefärbtem Inhalt und den fast ganz farbigen Verschlussetiketten sehr ähnlicher Farbgebung. Besonders aber stimmt die Gesamtkonzeption der Etiketten der Beklagten mit den von den Klägerinnen seit Jahren verwendeten weitgehend überein, wie die Vorinstanz ebenfalls zutreffend dargelegt hat.
Angesichts dieser Gegebenheiten kommt den von der Beklagten hervorgehobenen Unterschieden geringe Bedeutung zu. Dass der Name des Mineralwassers auf den Etiketten der Klägerinnen in gotischer, auf jenen der Beklagten aber in lateinischer Schrift angegeben wird, ist belanglos, weil der Unterschied nicht so hervortritt wie bei Schriftproben auf weissem Blatt und weil der Kunde die beiderlei Flaschen selten nebeneinander zu Gesichte bekommen wird, so dass derartige Unterschiede in der Erinnerung leicht verschwinden, zumal an die Aufmerksamkeit bei Waren des täglichen Gebrauches keine weitgehenden Anforderungen gestellt werden dürfen (BGE 72 II 188und dort erwähnte Entscheide). Zudem wird der Charakter der lateinischen Druckschrift auf den Etiketten der Beklagten dadurch verwischt, dass die einzelnen Buchstaben nicht genau gleich hoch sind und nicht auf einer Linie stehen. Das bewirkt eine Unregelmässigkeit des Schriftbildes, welche dieses demjenigen der gotischen Schrift annähert. Für die sonstige Beschriftung der Etikette hat die Beklagte wie die Klägerinnen lateinische Buchstaben verwendet. Die Wahl einer andern Schriftform für die Sortenangabe Frambo, Citro, Ora schafft einen Gegensatz zur lateinischen Schrift des Namens "Schwarzenburger", die ein Gegenstück bildet zu der Gestaltung der Etiketten der Klägerinnen, auf denen der Namen "Weissenburger" gotisch, die Sortenbezeichnung Himbeeraroma usw. in lateinischer Schrift angegeben sind.
Die Abweichungen in den Einzelheiten wie auch die geringen Grössenunterschiede zwischen den Etiketten, wo Proportionen zwar an sich von grösserer Bedeutung sind, vermögen am Gesamteindruck nichts zu ändern.
b) Das Weiss des Papiers, die Farben an sich und besonders die schwarze Druckfarbe sind allerdings Gemeingut; aber wie schon dargelegt wurde, geht es nicht um die Vergleichung der Elemente, nicht einmal um die Vergleichung der einzelnen Bildbestandteile als solcher. Die von der Beklagten in dieser Hinsicht vorgebrachten Einwendungen sind daher unbehelflich. Richtig ist an ihnen nur, dass das Nachbilden nicht besonders geschützter Gegenstände im allgemeinen erlaubt ist und jedermann Gemeingut benützen kann. Die Ausgestaltung der Etiketten der Klägerinnen weist jedoch eine genügende Eigenart auf, um Nachahmungen als gegen Treu und Glauben verstossend (Art. 1 Abs. 2 Ingress UWG) erscheinen zu lassen. Daher versagt auch der Einwand, es lägen keine typischen Farbkombinationen vor. Denn die Ausgestaltung der Etiketten der Klägerinnen beschränkt sich nicht auf die blosse Kombination von Farben. An der durch den Gesamteindruck geschaffenen Verwechselbarkeit ändert auch nichts, dass Art, Form und Grösse der verwendeten Flaschen jedenfalls solange keinen Schutz geniessen, als es sich um solche handelt, die im betreffenden Geschäftszweig üblich sind, wie das Bundesgericht wiederholt entschieden hat (unveröffentlichte Urteile i.S. Emil Ebneter & Co. A.-G. gegen E. Hugentobler & Co., vom 10. Januar 1955, sowie i.S. Distillerie de la Suze SA gegen Dumur, vom 17. Mai 1955). Erörterungen darüber endlich, auf welche Entfernung und wie der Kunde die Flasche zu Gesicht bekomme, sind müssig, weil ihre Betrachtung je nach den Umständen auf sehr verschiedene Entfernungen erfolgen kann.
Die Vorinstanz hat daher die Verwechslungsgefahr mit Grund bejaht. Nach ihren verbindlichen Feststellungen sind denn auch tatsächlich Verwechslungen vorgekommen. Wenn solche für die fehlende Unterscheidungskraft auch nicht erforderlich sind (vgl. für das MarkenrechtBGE 78 II 382), so bilden sie doch ein gewichtiges Anzeichen für das Bestehen der Verwechslungsgefahr.
c) Gegen die Nachahmung ihrer Etiketten können die Klägerinnen schon unter dem Gesichtspunkt des Ausstattungsschutzes Einsprache erheben. Denn Mineralwasser - mit und ohne Zusätze - werden allgemein in Flaschen in den Handel gebracht. Die Herkunft der Ware kann also nur durch Kennzeichnung der Flaschen zum Ausdruck gebracht werden. Nun sind die Erzeugnisse der Klägerinnen unbestrittenermassen seit langer Zeit in der von der Beklagten nachgeahmten Aufmachung bei den Abnehmerkreisen eingeführt. Die Ausstattung, deren Schutz in Frage steht, hat Verkehrsgeltung erlangt. Trifft dies zu, so verstossen die Nachahmungen der Beklagten unter allen Umständen gegen Treu und Glauben. Denn je weiter die Entwicklung zur Verkehrsgeltung gediehen ist, desto geringer sind die Anforderungen an den Grad der wettbewerblichen Eigenart (BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 6. Aufl. S. 154). Bei Zulassung der verwechselbaren Etiketten würde die Beklagte Vorteil ziehen aus den grossen Reklameaufwendungen der Klägerinnen, die in den Jahren 1950/53, unmittelbar bevor die Beklagte zur Verwendung der beanstandeten Etiketten überging, jährlich Beträge zwischen Fr. 165'000.-- und 255'000.-- erreichten. Fremde Leistungen als Vorspann für die eigene Werbung auszunützen, ist aber unlauterer Wettbewerb.
d) Da für die Unterlassungs- und Feststellungsbegehren das Vorliegen des objektiven Tatbestandes des unlauteren Wettbewerbes genügt, ein Verschulden des Wettbewerbers also nicht erforderlich ist, erweist sich die Anschlussberufung unter allen Umständen grundsätzlich als unbegründet. Im Hinblick auf die von den Klägerinnen weiter erhobenen, von der Vorinstanz teilweise geschützten Schadenersatzbegehren ist aber schon in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass auch ein Verschulden der Beklagten zu bejahen ist. Die Beklagte hat ohne jeden zwingenden Grund die Etiketten der Klägerinnen nachgeahmt, während doch, wie schon die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, eine andere Ausgestaltung ohne weiteres möglich gewesen wäre. Dass reklametechnisch hiefur in der Praxis unbegrenzte Möglichkeiten bestehen, lehrt ein Blick auf die von den Klägerinnen zu den Akten gegebenen zahlreichen Etiketten anderer Firmen, die sich deutlich voneinander unterscheiden. Das ganze Vorgehen der Beklagten zeigt, dass sie bewusst und absichtlich die Etiketten der Klägerinnen nachgeahmt hat, um sich den guten Ruf von deren Erzeugnissen für d-en Vertrieb ihrer eigenen Produkte zu Nutze zu machen.
e) Erweisen sich die von der Beklagten gebrauchten Etiketten schon nach den Vorschriften des Wettbewerbsrechts als unzulässig, so braucht nicht untersucht zu werden, ob das Verbot der weiteren Verwendung auch unter dem Gesichtspunkt des Markenrechtes gerechtfertigt wäre; eine Stellungnahme zu dieser von der Vorinstanz verneinten Frage ist um so weniger nötig, als die Klägerinnen in ihren Berufungsbegehren keine Feststellung hierüber verlangen.
3. Mit der Hauptberufung halten die Klägerinnen an ihrem von der Vorinstanz abgewiesenen Begehren fest, dass der Beklagten auch die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" als solche zu untersagen sei.
a) Bei der Beurteilung dieser Frage ist davon auszugehen, dass es sich bei der von den Klägerinnen gebrauchten Bezeichnung "Weissenburger" um eine Herkunftsangabe, nicht dagegen um eine Beschaffenheitsangabe handelt, und zwar selbst dann nicht, wenn das Mineralwasser seinen Ruf unter dieser Bezeichnung erlangt haben sollte. Denn zur Beschaffenheitsangabe gewordene Herkunftsbezeichnungen sind bei Mineralwassern äusserst selten (vgl. hiezu STRITZKE in GRUR 1937 S. 1063 f; BAUMBACH/HEFERMEHL S. 196).
"Weissenburger" ist somit geographische Herkunftsbezeichnung. Gleichgültig ist dabei, ob das betreffende Naturerzeugnis unmittelbar dem Boden der angegebenen politischen Gemeinde entstammt; es genügt, wenn es wirtschaftlich dorthin gehört. Das trifft auf das Weissenburger Mineralwasser zu, da dieses seit Jahrhunderten im Bad Weissenburg benützt wurde und unter diesem Namen bekannt war.
In seinem nicht veröffentlichten Urteil vom 10. Mai 1955 i.S. Emil Ebneter & Co. A.-G. c. E. Hugentobler & Co. hat das Bundesgericht entschieden, dass Ortsnamen, weil sie Gemeingut sind, grundsätzlich nicht den wesentlichen oder ausschliesslichen Inhalt einer Marke bilden können; doch lasse die Praxis Ausnahmen zu, wo besondere Gründe dies rechtfertigen. Eine solche Ausnahme bilde z.B. der Fall, dass sich eine geographische Bezeichnung durchgesetzt habe. Diese Rechtsprechung wurde vom Bundesgericht als Verwaltungsgericht in BGE 81 I 299 Erw. 1 bestätigt.
Die erwähnte Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt, da die Bezeichnung "Weissenburger", welche die Klägerinnen schon 1935, also vor über 20 Jahren, eingetragen und seither ständig verwendet haben, zu ihren Gunsten Verkehrsgeltung erlangt hat. Die Beklagte dagegen ist erst unmittelbar vor dem Prozess, im Jahre 1954, dazu übergegangen, zur Kennzeichnung ihrer Erzeugnisse die Bezeichnung "Schwarzenburger" zu verwenden. Dass sie schon vor 1954 gelegentlich in Inseraten darauf hinwies, das von ihr vertriebene Mineralwasser stamme aus Schwarzenburg, ist belanglos; denn dieser Hinweis diente nicht zur Kennzeichnung des Erzeugnisses. Kennzeichen waren vielmehr die Worte "Riedstern" oder "Riedquell", sei es allein oder verbunden mit Phantasienamen, wie Frambo, Rido, Mill-Citro, Silver-Star und dergl. Eine kennzeichnende Herkunftsangabe kann entgegen der Meinung der Beklagten auch nicht darin erblickt werden, dass in § 2 ihrer Statuten als Gesellschaftszweck die Ausbeutung der Mineralquellen im Ried, bei Schwarzenburg, bezeichnet wird.
b) Es steht somit der Herkunftsbezeichnung "Weissenburger" mit ihrer Verkehrsgeltung zu Gunsten der Klägerinnen die von der Beklagten gebrauchte Bezeichnung "Schwarzenburger" gegenüber, welche keine Verkehrsgeltung erlangt hat und der Beklagten bis kurz vor dem vorliegenden Prozess überhaupt nie als Herkunftsbezeichnung diente. Grundsätzlich haben somit die Klägerinnen infolge der zu ihren Gunsten bestehenden Verkehrsgeltung Anspruch auf Schutz. Aus dem Werdegang der beiden Bezeichnungen lässt sich, weil gleichzeitig mit dem Übergang zu der Bezeichnung "Schwarzenburger" die Nachahmung der Etiketten erfolgte, der Schluss ziehen, dass die Beklagte mit der Einführung der neuen Bezeichnung die Verkehrsgeltung auch des Wortkennzeichens der klägerischen Erzeugnisse für sich ausnützen wollte. Denn es ist höchst auffällig, dass die Beklagte die neue Bezeichnung nicht etwa für sich allein und auf ihren bisherigen oder an diese angelehnten Etiketten angebracht hat und auch nicht auf neuen, von denen der Klägerinnen deutlich unterscheidbaren, sondern jene durchwegs in Verbindung mit den Nachahmungen der Etiketten und Warenausstattungen der Klägerin gebraucht hat. Diese Art der Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" ist jedenfalls sittenwidrig und stellt darum unlauteren Wettbewerb dar. Die Hauptberufung ist daher mit Bezug auf die Bezeichnung "Schwarzenburger" auf jeden Fall insoweit begründet, als sie sich gegen die vorgekommene Verwendungsart richtet.
c) Darüber hinaus stellt aber die Verwendung der genannten Bezeichnung auch für sich allein unlauteren Wettbewerb dar, weil sie an sich mit der Bezeichnung "Weissenburger" verwechselbar ist. Denn die beiden Bezeichnungen weisen bei ungefähr gleicher Wortlänge wegen der gemeinsamen Silben ".. enburger" auch klanglich grosse Ähnlichkeit auf. Die weiteren Bestandteile "Schwarz" und "Weiss" sind wohl Gegensätze, aber in der Bezeichnung von Farben, nicht in der Bezeichnung von Mineralwassern; für solche ist das eine wie das andere nichtssagend. Der Kunde wird sich zwar erinnern, dass die Bezeichnung des Produkts der Klägerinnen eine Farbangabe enthielt. Dass dies auch auf die von der Beklagten gewählte Bezeichnung zutrifft, leistet in Verbindung mit der Übereinstimmung der übrigen Wortbestandteile der Verwechslungsgefahr unzweifelhaft Vorschub. Die Tatsache, dass es sich bei den beiden Bezeichnungen um zwei verschiedene Ortschaftsnamen handelt, mag der im Kanton Bern ansässigen Bevölkerung allgemein bekannt sein. Für die übrige Schweiz, namentlich aber auch für die in Fremdenverkehrsgebieten bedeutsame ausländische Kundschaft und das häufig ausländische Bedienungspersonal, trifft dies dagegen nicht zu. Das genügt aber, um die Verwechslungsgefahr zu bejahen.
Die Beklagte behauptet, sie habe die streitige Bezeichnung gewählt, um ihren Erzeugnissen einen einheitlichen Namen zu geben und so der durch die vielen bisherigen Phantasienamen bewirkten Zersplitterung zu steuern; dabei habe die Wahl des Namens von Schwarzenburg nicht nur wegen der geographischen Beziehung nahegelegen, sondern auch im Hinblick auf das Bekanntsein des dortigen Kurzwellensenders. Eine einheitliche Bezeichnung, die auch eingeführt war, besass die Beklagte aber bereits in ihrem Firmabestandteil "Riedstern". Dass der Rundfunksender den Namen von Schwarzenburg besonders einprägsam macht, dürfte an sich stimmen. Wie jedoch die Vorinstanz verbindlich festgestellt hat, spielte bei der Wahl der Bezeichnung durch die Beklagte der Gedanke des Wettbewerbs zu den Erzeugnissen der Klägerinnen doch mit. Da angesichts des gesamten Verhaltens der Beklagten im übrigen die Absicht zu Tage liegt, sich der Bezeichnung der klägerischen Erzeugnisse anzunähern und die ihr eigene Verkehrsgeltung als Vorspann zu benutzen, kann den Versicherungen der Beklagten über die Gründe der Wahl ihrer neuen Bezeichnung kein Glauben geschenkt werden.
d) Dagegen muss der Schutz der Hauptberufung in einer Beziehung etwas eingeschränkt werden. Nach dem Wortlaut ihrer Rechtsbegehren fordern die Klägerinnen nämlich, dass jede geschäftliche Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" durch die Beklagte als unlauterer Wettbewerb erklärt und ihr jeglicher Gebrauch dieser Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr zu untersagen sei. Als unlauterer Wettbewerb kann aber neben der vorgekommenen Art der Verwendung des Wortes "Schwarzenburger" der Beklagten dessen weitere Verwendung allgemein nur untersagt werden, soweit sie zur Kennzeichnung ihrer Erzeugnisse erfolgt. Dagegen kann der Beklagten, da die von ihr ausgebeuteten Mineralquellen tatsächlich im Amt Schwarzenburg, wenn auch nicht auf dem Boden der Gemeinde selbst, so doch unweit von ihr entspringen, der Hinweis auf diese Herkunft des Mineralwassers nicht untersagt werden. Das darf aber nur in beiläufiger Form geschehen, nicht dagegen zur Kennzeichnung der Erzeugnisse, mit andern Worten also nicht reklamehaft unter besonderer Hervorhebung im Druck usw. (vgl. hiezu den nicht veröffentlichten Entscheid vom 20. Mai 1952 i.S. Emil Ebneter & Co. A.-G. gegen Pernod SA, Erw. 7 i.f. betr. die Zulässigkeit der Angabe eines marken- und wettbewerbsrechtlich unstatthaften Personennamens im Sinne eines blossen Herkunftshinweises).
e) Ist der Beklagten der Gebrauch der Bezeichnung "Schwarzenburger" schon aus dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechtes zu untersagen, so erübrigt sich auch hier eine Prüfung der Frage, ob er der Beklagten überdies nach markenrechtlichen Grundsätzen verboten werden müsste.
4. Neben dem Antrag, es sei der Beklagten die weitere Begehung von unlauteren Wettbewerbshandlungen der oben umschriebenen Art zu untersagen, haben die Klägerinnen auch das Begehren auf Feststellung der Widerrechtlichkeit des Verhaltens der Beklagten gestellt. Ein selbständiges Feststellungsbegehren ist, obwohl Art. 2 Abs. 1 lit. a UWG diesen Rechtsbehelf ausdrücklich vorsieht, wie jedes derartige Begehren nur beim Bestehen eines entsprechenden rechtlichen Interesses zulässig, wobei freilich kein allzustrenger Massstab angelegt werden darf (BGE 77 II 185f.; Urteil vom 31. Januar 1956 i.S. Chemosan-Union A.-G. c. Chemosan A.-G., nicht veröffentlichte Erw. 7). So ist nach der Rechtsprechung ein Feststellungsbegehren neben den verschiedenen Leistungsklagen als berechtigt anzusehen, wenn, wie gerade im vorliegenden Fall. die Urteilsveröffentlichung als geboten erscheint (vgl. unten Erw. 5). Dann besteht nämlich ein unbestreitbares Interesse des Klägers daran, dass die der Gegenpartei zur Last fallende Rechtsverletzung nicht nur in der Urteilsbegründung dargelegt, sondern auch im Dispositiv ausdrücklich festgehalten wird. Dem Feststellungsbegehren der Klägerinnen ist somit zu entsprechen.
5. Das von den Klägerinnen weiter gestellte Begehren auf Verurteilung der Beklagten zu Schadenersatz setzt ein Verschulden voraus (Art. 2 Abs. 1 lit. d UWG). Wie bereits ausgeführt wurde, ist diese Voraussetzung hier erfüllt, da die Beklagte ihre objektiv unlauteren Wettbewerbshandlungen absichtlich vorgenommen hat, um den guten Ruf der klägerischen Erzeugnisse für den Vertrieb ihrer eigenen Produkte auszunützen.
Die Vorinstanz hat den Klägerinnen Fr. 2000.-- Schadenersatz zugesprochen. Mit der Berufung stellen die Klägerinnen den Antrag, die Schadenersatzsumme sei auf Fr. 6000.-- zu erhöhen. In der Klage haben sie zunächst nur "einen angemessenen, gerichtlich zu bestimmenden Betrag" als Schadenersatz geltend gemacht; nachträglich haben sie dann ihre Forderung aber auf Fr. 4000.-- beziffert (Klageschrift S. 18, Urteil S. 23), also auf einen geringeren als den mit der Berufung geforderten Betrag. Auf das Berufungsbegehren kann aber nur eingetreten werden, soweit es im Rahmen des vor dem kantonalen Richter bezeichneten Streitwerts liegt, somit bis auf Fr. 4000.--.
Dass den Klägerinnen infolge der unlauteren Wettbewerbshandlungen der Beklagten ein gewisser Schaden verursacht worden ist, darf nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz auf Grund der Lebenserfahrung angenommen werden. Die Höhe dieses Schadens hat die Vorinstanz in Ausübung ihres richterlichen Ermessens auf Fr. 2000.-- veranschlagt, da die Klägerinnen es unterlassen hätten, irgendwelche Anhaltspunkte für die Höhe des von ihnen geltend gemachten Schadens von Fr. 4000.-- zu geben. Unter diesen Umständen könnte an Stelle der auf Ermessen beruhenden Schätzung der Vorinstanz nur eine neue Ermesensschätzung treten. Ebenso kann angesichts des von der Vorinstanz festgestellten Fehlens jeglicher Anhaltspunkte auch die Frage, ob die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" neben der Nachahmung der Etiketten und der übrigen Ausstattung die Schadenshöhe wesentlich zu beeinflussen vermochte, nur gestützt auf die Lebenserfahrung entschieden werden.
Nun ist aber auch die von den Klägerinnen weiter anbegehrte Veröffentlichung des Urteils ein Mittel zur Schadensgutmachung. Eine Veröffentlichung erscheint ohnehin als geboten, da es sich beim Verhalten der Beklagten um einen unlauteren Wettbewerb von erheblicher Schwere handelt, anderseits der entstandene Schaden schwer abzuschätzen und durch den von beiden Parteien betriebenen grossen Reklameaufwand auf dem Markt Verwirrung geschaffen worden ist (vgl. BGE 81 II 473 und dort erwähnte Entscheide). Von der Urteilsveröffentlichung abzusehen, besteht vorliegend umso weniger Anlass, als die Beklagte trotz der Verwarnung durch die Klägerinnen auf der Berechtigung ihres unlauteren Verhaltens beharrte. Wird aber die Urteilsveröffentlichung angeordnet, so ist die gleichzeitige Erhöhung des mit Fr. 2000.-- zugesprochenen Geldersatzes umso weniger angezeigt.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
In Gutheissung der Hauptberufung und Abweisung der Anschlussberufung wird das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Bern vom 15. Dezember 1955 wie folgt abgeändert:
a) Es wird festgestellt, dass
aa) der Vertrieb von Tafelwasser mit Zitronenaroma, Himbeeraroma und Orangenaroma unter Verwendung der gelb/weissen, rot/weissen und orange/weissen Etiketten mit schwarzem Text durch die Beklagte,
bb) die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" auf den vorerwähnten Etiketten und überhaupt zur Kennzeichnung für die Produkte der Beklagten, unlauterer Wettbewerb ist.
b) Der Beklagten wird untersagt,
aa) für ihre Tafelwasser mit Zitronenaroma, Himbeeraroma und Orangenaroma gelb/weisse, rot/ weisse und orange/weisse Etiketten mit schwarzem Text zu verwenden, sowie Reklameplakate in dieser Form zu benützen,
bb) die Bezeichnung "Schwarzenburger" zur Kennzeichnung ihrer Erzeugnisse zu verwenden.
c) Die Beklagte wird verpflichtet, an die Klägerinnen Fr. 2000.-- als Schadenersatz zu bezahlen.
d) Das vorliegende Urteilsdispositiv ist auf Kosten der Beklagten in drei von den Klägerinnen zu wählenden schweizerischen Zeitungen, im Umfang von höchstens 1/4 Seite, zu veröffentlichen.
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de
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Unlauterer Wettbewerb. Unzulässigkeit der Verwendung verwechselbarer Etiketten für Mineralwasserflaschen. Massgeblichkeit des Gesamteindrucks (Erw. 1, 2).
Unzulässigkeit der Bezeichnung "Schwarzenburger" für ein Mineralwasser wegen Verwechselbarkeit mit der Bezeichnung "Weissenburger". UWG Art. 1 Abs. 2 lit. d (Erw. 3).
Feststellungsklage, Voraussetzungen, UWG Art. 2 Abs. 1 lit. a (Erw. 4).
Schadenersatzklage, Schadensbemessung, UWG Art. 2 Abs. 1 lit. d (Erw. 5).
Urteilsveröffentlichung als Mittel zur Schadensgutmachung, UWG Art. 6 (Erw. 5).
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de
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-346%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 346
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82 II 346
Sachverhalt ab Seite 347
A.- Das im Simmental (Kt. Bern) gelegene Kurhaus Weissenburg-Bad mit der Weissenburger Mineralquelle sind Eigentum der Firma Haecky, Jenni & Co. Diese hat Gewinnung und Vertrieb des Mineralwassers an die Weissenburg-Mineralthermen A.-G. verpachtet.
Die Firma Haecky, Jenni & Co. ist Inhaberin einer erstmals 1935 hinterlegten, 1953 erneuerten Wort-Bildmarke, die für "Weissenburger Kurwasser, Mineral- und Tafelwasser, auch gemischt mit Fruchtsäften oder Essenzen" eingetragen ist. Die Marke ist in schwarz-weiss gehalten und besteht aus einem in schwarz punktierter Fläche weiss ausgesparten stilisierten Doppelturm mit der darunter in schwarzer Druckschrift angebrachten Bezeichnung "Weissenburger".
Für ihre Mineral- und Tafelwasser, insbesondere die in den Handel gebrachten Tafelgetränke unter Zusatz von Fruchtaroma oder Fruchtsäften verwendet die Weissenburg-Mineralthermen A.-G. farbige Flaschenetiketten, deren Grundfarbe vorwiegend dem jeweiligen Fruchtzusatz angepasst ist. Diese Etiketten weisen einen in der Grundfarbe weiss ausgesparten Doppelturm auf, der durch die schwarze Beschriftung der Etikette teilweise überdeckt wird, und zwar im oberen Drittel durch die in grossen gotischen Druckbuchstaben angebrachte Bezeichnung "Weissenburger" und im untern Teil durch die Beschreibung des Getränkes. Am Fusse der Etikette ist in weissen Buchstaben auf schwarzem Grund die Firma der Herstellerin des Getränks angegeben. Die Flaschenverschlüsse sind mit den allgemein üblichen Verschlussetiketten in der Grundfarbe der Flaschenetikette versehen. Die Weissenburg-Mineralthermen A.-G. macht auch Reklame durch Plakate, die in ihrer Ausgestaltung ungefähr den Flaschenetiketten entsprechen.
B.- Die Wasser der im Ried, Amt Schwarzenburg, also ebenfalls im Kanton Bern entspringenden Mineralquellen werden von einer 1931 gegründeten A.-G. ausgebeutet, die ursprünglich den Namen "Riedquell- und Riedstern A.-G." führte, den sie später in die heutige Firma "Mineralquelle Riedstern A.-G." abänderte. Dieses Unternehmen verkaufte während langen Jahren ihr natürliches Mineralwasser als "Riedquell", das gesüsste als "Riedstern". Nach 1945 begann sie, für ihre verschiedenen Getränke Phantasienamen zu verwenden, wie "Rida", "Frambo", "Silver-Star", "Mill-Citro" und dergl. Im Frühjahr 1954 änderte sie dann die Aufmachung ihrer Erzeugnisse von Grund auf, indem sie für diese den Namen "Schwarzenburger" übernahm und auf ihren Flaschen farbige, dem Fruchtzusatz entsprechende Etiketten anbrachte, bei denen auf dem farbigen Grund ein heraldischer Löwe weiss ausgespart ist. Quer über diesen ist in grosser lateinischer Druckschrift die Bezeichnung "Schwarzenburger" angebracht. Darüber steht in kleinerer Schrift die Firma der Herstellerin, und am Fusse der Etikette befindet sich eine Beschreibung des Getränks. Die Flaschen wurden weiter mit farbigen Verschlussetiketten ausgestattet. Auch in ihrer breit angelegten Reklametätigkeit verwendete die Mineralquelle Riedstern A.-G. Material in einer den Flaschenetiketten entsprechenden Aufmachung.
C.- Die Weissenburg-Mineralthermen A.-G. und die Firma Haecky, Jenni & Co. fühlten sich durch das Vorgehen der Mineralquelle Riedstern A.-G. in ihren Rechten verletzt und reichten, nach erfolglosen Vorstellungen bei dieser, im Sommer 1954 gegen sie Klage ein mit den folgenden Rechtsbegehren:
"1. Es sei festzustellen, dass die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" im geschäftlichen Verkehr, insbesondere zur Kennzeichnung der Produkte der Beklagten, sowie der Vertrieb von Tafelwasser mit Zitronenaroma, Himbeeraroma und Orangenaroma unter Verwendung der gelb/weissen, rot/weissen und orange/weissen Etiketten mit schwarzem Text unlauterer Wettbewerb ist.
2. Der Beklagten sei gerichtlich zu untersagen, die Bezeichnung "Schwarzenburger" im geschäftlichen Verkehr, insbesondere zur Kennzeichnung ihrer Erzeugnisse zu verwenden.
3. Der Beklagten sei gerichtlich zu verbieten, für ihre Tafelwasser mit Zitronenaroma, Himbeeraroma und Orangenaroma gelb/weisse, rot/weisse und orange/weisse Etiketten mit schwarzem Text zu verwenden, sowie Reklameplakate in dieser Form zu benützen.
4. Die Beklagte sei den Klägerinnen gegenüber zu einem angemessenen, gerichtlich bestimmenden Betrag als Schadenersatz zu verurteilen.
5. Die Klägerinnen seien zu ermächtigen, das Urteil auf Kosten der Beklagten in sechs von ihnen zu bezeichnenden Tageszeitungen zu veröffentlichen."
Die Beklagte bestritt, sich eines unlauteren Wettbewerbes schuldig gemacht zu haben, und beantragte Abweisung der Klage.
D.- Das Handelsgericht Bern entschied mit Urteil vom 15. Dezember 1955, dass die Verwendung der beanstandeten Etiketten durch die Beklagte unlauteren Wettbewerb darstelle, verbot ihr deren weitere Verwendung und verurteilte sie zur Bezahlung von Fr. 2000.-- Schadenersatz. Die verlangte Urteilsveröffentlichung lehnte es dagegen ab, und ebenso wurden die klägerischen Rechtsbegehren abgewiesen, soweit sie sich gegen die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" richteten.
E.- Mit der vorliegenden Berufung begehren die Klägerinnen den Schutz auch der vom kantonalen Richter abgewiesenen Rechtsbegehren, d.h. Feststellung, dass auch die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" durch die Beklagte unlauterer Wettbewerb sei, Untersagung von deren Verwendung, sowie Erhöhung der Schadenersatzsumme auf Fr. 6000.-- und Urteilsveröffentlichung; eventuell wird die Rückweisung der Sache beantragt.
Die Beklagte hat Anschlussberufung erklärt mit dem Antrag auf gänzliche Abweisung der Klage.
Die Klägerinnen beantragen Abweisung der Anschlussberufung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Vorinstanz erblickt in der Verwendung der beanstandeten Etiketten durch die Beklagte unlauteren Wettbewerb im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG, weil diese Etiketten sich nicht genügend von jenen der Klägerinnen unterscheiden. Massgebend für die fehlende Unterscheidbarkeit sei der Gesamteindruck, der geschaffen werde durch die Aussparung eines Warenzeichens in weiss auf gleicher oder sehr ähnlicher Grundfarbe, durch ähnliche Grösse der Etiketten, die schwarze Beschriftung und weitere Ähnlichkeiten des Schriftbildes in seiner Länge, sowie in der Höhe und Breite der einzelnen Buchstaben. Die durch das alles bewirkte Ähnlichkeit werde noch verstärkt durch die Wahl gleicher Flaschen für die gleichen Getränkesorten. So komme die Verschiedenheit des Bildelementes nicht stark zum Ausdruck. Es seien denn auch tatsächlich Verwechslungen vorgekommen.
Die Beklagte beanstandet in ihrer Anschlussberufung diese Betrachtungsweise. Sie macht geltend, die Eigenart der beidseitigen Etiketten werde durch bildliche Elemente gekennzeichnet; diese kämen für die Beurteilung des Gesamteindrucks nur wesentlich in Betracht, soweit sie originell seien. Das treffe nur zu auf die Burg mit den zwei Türmen bei den Etiketten der Klägerinnen und auf den von diesem Bildelement völlig verschiedenen heraldischen Löwen in der Etikette der Beklagten. Die Form der Etiketten und die Verteilung des Raumes auf ihnen sei bedingt durch die Fiaschen gleicher Art und Grösse, wie sie von der Beklagten seit Jahren verwendet worden und in der Schweiz allgemein gebräuchlich seien. Die Beschriftung weise genügende Verschiedenheiten auf. Die Klägerinnen hätten keine originellen Farbkombinationen geschaffen, während die Farben an sich, die Druckerschwärze und das Weiss des Etikettenpapiers Gemeingut bildeten. Alle Elemente der von den beiden Parteien gebrauchten Etiketten seien also entweder völlig verschieden oder gehörten dem Gemeingut an. Die verbleibenden Wortbezeichnungen "Weissenburger" und "Schwarzenburger" aber seien, wie die Vorinstanz zutreffend entschieden habe, nicht verwechselbar.
2. a) Die Beklagte irrt, wenn sie die bildlichen Bestandteile der Etiketten von vorneherein als entscheidend hinstellt. Auch Zeichen, die sich aus Wort- und Bildelementen zusammensetzen, sind beim Vergleich in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Diese Vergleichung des Gesamteindrucks, welche im Markenrecht die Regel bildet (BGE 78 II 380ff. und dort erwähnte Entscheide), muss auch im Wettbewerbsrecht dort gelten, wo es sich um die Beurteilung von Vergleichsgegenständen handelt, die, wie im vorliegenden Fall die Etiketten, zur Kennzeichnung der Erzeugnisse der Wettbewerber dienen. Denn die Kundschaft bekommt diese Etiketten als Ganzes zu Gesicht; sie dürfen daher auch für die Vergleichung nicht zergliedert werden.
So betrachtet unterscheiden sich die Erzeugnisse der beiden Parteien in ihrer Aufmachung nicht genügend voneinander, so dass die Gefahr von Verwechslungen der Erzeugnisse und damit der Herstellerinnen besteht. Den bildlichen Bestandteilen - Weissenburger Doppelturm einerseits, Schwarzenburger Löwe anderseits - kommt nicht die Unterscheidungskraft zu, welche die Beklagte wahrhaben möchte. Schon die Vorinstanz hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die Umrisse der weiss ausgesparten Bilder, weil diese zum Teil von der kräftigen Beschriftung überdeckt werden, nicht stark hervortreten. Zudem überwiegen die Farben, einmal auf den Etiketten selber, und noch mehr im Gesamtbild der Waren mit den farbigen Flaschen, gefärbtem Inhalt und den fast ganz farbigen Verschlussetiketten sehr ähnlicher Farbgebung. Besonders aber stimmt die Gesamtkonzeption der Etiketten der Beklagten mit den von den Klägerinnen seit Jahren verwendeten weitgehend überein, wie die Vorinstanz ebenfalls zutreffend dargelegt hat.
Angesichts dieser Gegebenheiten kommt den von der Beklagten hervorgehobenen Unterschieden geringe Bedeutung zu. Dass der Name des Mineralwassers auf den Etiketten der Klägerinnen in gotischer, auf jenen der Beklagten aber in lateinischer Schrift angegeben wird, ist belanglos, weil der Unterschied nicht so hervortritt wie bei Schriftproben auf weissem Blatt und weil der Kunde die beiderlei Flaschen selten nebeneinander zu Gesichte bekommen wird, so dass derartige Unterschiede in der Erinnerung leicht verschwinden, zumal an die Aufmerksamkeit bei Waren des täglichen Gebrauches keine weitgehenden Anforderungen gestellt werden dürfen (BGE 72 II 188und dort erwähnte Entscheide). Zudem wird der Charakter der lateinischen Druckschrift auf den Etiketten der Beklagten dadurch verwischt, dass die einzelnen Buchstaben nicht genau gleich hoch sind und nicht auf einer Linie stehen. Das bewirkt eine Unregelmässigkeit des Schriftbildes, welche dieses demjenigen der gotischen Schrift annähert. Für die sonstige Beschriftung der Etikette hat die Beklagte wie die Klägerinnen lateinische Buchstaben verwendet. Die Wahl einer andern Schriftform für die Sortenangabe Frambo, Citro, Ora schafft einen Gegensatz zur lateinischen Schrift des Namens "Schwarzenburger", die ein Gegenstück bildet zu der Gestaltung der Etiketten der Klägerinnen, auf denen der Namen "Weissenburger" gotisch, die Sortenbezeichnung Himbeeraroma usw. in lateinischer Schrift angegeben sind.
Die Abweichungen in den Einzelheiten wie auch die geringen Grössenunterschiede zwischen den Etiketten, wo Proportionen zwar an sich von grösserer Bedeutung sind, vermögen am Gesamteindruck nichts zu ändern.
b) Das Weiss des Papiers, die Farben an sich und besonders die schwarze Druckfarbe sind allerdings Gemeingut; aber wie schon dargelegt wurde, geht es nicht um die Vergleichung der Elemente, nicht einmal um die Vergleichung der einzelnen Bildbestandteile als solcher. Die von der Beklagten in dieser Hinsicht vorgebrachten Einwendungen sind daher unbehelflich. Richtig ist an ihnen nur, dass das Nachbilden nicht besonders geschützter Gegenstände im allgemeinen erlaubt ist und jedermann Gemeingut benützen kann. Die Ausgestaltung der Etiketten der Klägerinnen weist jedoch eine genügende Eigenart auf, um Nachahmungen als gegen Treu und Glauben verstossend (Art. 1 Abs. 2 Ingress UWG) erscheinen zu lassen. Daher versagt auch der Einwand, es lägen keine typischen Farbkombinationen vor. Denn die Ausgestaltung der Etiketten der Klägerinnen beschränkt sich nicht auf die blosse Kombination von Farben. An der durch den Gesamteindruck geschaffenen Verwechselbarkeit ändert auch nichts, dass Art, Form und Grösse der verwendeten Flaschen jedenfalls solange keinen Schutz geniessen, als es sich um solche handelt, die im betreffenden Geschäftszweig üblich sind, wie das Bundesgericht wiederholt entschieden hat (unveröffentlichte Urteile i.S. Emil Ebneter & Co. A.-G. gegen E. Hugentobler & Co., vom 10. Januar 1955, sowie i.S. Distillerie de la Suze SA gegen Dumur, vom 17. Mai 1955). Erörterungen darüber endlich, auf welche Entfernung und wie der Kunde die Flasche zu Gesicht bekomme, sind müssig, weil ihre Betrachtung je nach den Umständen auf sehr verschiedene Entfernungen erfolgen kann.
Die Vorinstanz hat daher die Verwechslungsgefahr mit Grund bejaht. Nach ihren verbindlichen Feststellungen sind denn auch tatsächlich Verwechslungen vorgekommen. Wenn solche für die fehlende Unterscheidungskraft auch nicht erforderlich sind (vgl. für das MarkenrechtBGE 78 II 382), so bilden sie doch ein gewichtiges Anzeichen für das Bestehen der Verwechslungsgefahr.
c) Gegen die Nachahmung ihrer Etiketten können die Klägerinnen schon unter dem Gesichtspunkt des Ausstattungsschutzes Einsprache erheben. Denn Mineralwasser - mit und ohne Zusätze - werden allgemein in Flaschen in den Handel gebracht. Die Herkunft der Ware kann also nur durch Kennzeichnung der Flaschen zum Ausdruck gebracht werden. Nun sind die Erzeugnisse der Klägerinnen unbestrittenermassen seit langer Zeit in der von der Beklagten nachgeahmten Aufmachung bei den Abnehmerkreisen eingeführt. Die Ausstattung, deren Schutz in Frage steht, hat Verkehrsgeltung erlangt. Trifft dies zu, so verstossen die Nachahmungen der Beklagten unter allen Umständen gegen Treu und Glauben. Denn je weiter die Entwicklung zur Verkehrsgeltung gediehen ist, desto geringer sind die Anforderungen an den Grad der wettbewerblichen Eigenart (BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 6. Aufl. S. 154). Bei Zulassung der verwechselbaren Etiketten würde die Beklagte Vorteil ziehen aus den grossen Reklameaufwendungen der Klägerinnen, die in den Jahren 1950/53, unmittelbar bevor die Beklagte zur Verwendung der beanstandeten Etiketten überging, jährlich Beträge zwischen Fr. 165'000.-- und 255'000.-- erreichten. Fremde Leistungen als Vorspann für die eigene Werbung auszunützen, ist aber unlauterer Wettbewerb.
d) Da für die Unterlassungs- und Feststellungsbegehren das Vorliegen des objektiven Tatbestandes des unlauteren Wettbewerbes genügt, ein Verschulden des Wettbewerbers also nicht erforderlich ist, erweist sich die Anschlussberufung unter allen Umständen grundsätzlich als unbegründet. Im Hinblick auf die von den Klägerinnen weiter erhobenen, von der Vorinstanz teilweise geschützten Schadenersatzbegehren ist aber schon in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass auch ein Verschulden der Beklagten zu bejahen ist. Die Beklagte hat ohne jeden zwingenden Grund die Etiketten der Klägerinnen nachgeahmt, während doch, wie schon die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, eine andere Ausgestaltung ohne weiteres möglich gewesen wäre. Dass reklametechnisch hiefur in der Praxis unbegrenzte Möglichkeiten bestehen, lehrt ein Blick auf die von den Klägerinnen zu den Akten gegebenen zahlreichen Etiketten anderer Firmen, die sich deutlich voneinander unterscheiden. Das ganze Vorgehen der Beklagten zeigt, dass sie bewusst und absichtlich die Etiketten der Klägerinnen nachgeahmt hat, um sich den guten Ruf von deren Erzeugnissen für d-en Vertrieb ihrer eigenen Produkte zu Nutze zu machen.
e) Erweisen sich die von der Beklagten gebrauchten Etiketten schon nach den Vorschriften des Wettbewerbsrechts als unzulässig, so braucht nicht untersucht zu werden, ob das Verbot der weiteren Verwendung auch unter dem Gesichtspunkt des Markenrechtes gerechtfertigt wäre; eine Stellungnahme zu dieser von der Vorinstanz verneinten Frage ist um so weniger nötig, als die Klägerinnen in ihren Berufungsbegehren keine Feststellung hierüber verlangen.
3. Mit der Hauptberufung halten die Klägerinnen an ihrem von der Vorinstanz abgewiesenen Begehren fest, dass der Beklagten auch die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" als solche zu untersagen sei.
a) Bei der Beurteilung dieser Frage ist davon auszugehen, dass es sich bei der von den Klägerinnen gebrauchten Bezeichnung "Weissenburger" um eine Herkunftsangabe, nicht dagegen um eine Beschaffenheitsangabe handelt, und zwar selbst dann nicht, wenn das Mineralwasser seinen Ruf unter dieser Bezeichnung erlangt haben sollte. Denn zur Beschaffenheitsangabe gewordene Herkunftsbezeichnungen sind bei Mineralwassern äusserst selten (vgl. hiezu STRITZKE in GRUR 1937 S. 1063 f; BAUMBACH/HEFERMEHL S. 196).
"Weissenburger" ist somit geographische Herkunftsbezeichnung. Gleichgültig ist dabei, ob das betreffende Naturerzeugnis unmittelbar dem Boden der angegebenen politischen Gemeinde entstammt; es genügt, wenn es wirtschaftlich dorthin gehört. Das trifft auf das Weissenburger Mineralwasser zu, da dieses seit Jahrhunderten im Bad Weissenburg benützt wurde und unter diesem Namen bekannt war.
In seinem nicht veröffentlichten Urteil vom 10. Mai 1955 i.S. Emil Ebneter & Co. A.-G. c. E. Hugentobler & Co. hat das Bundesgericht entschieden, dass Ortsnamen, weil sie Gemeingut sind, grundsätzlich nicht den wesentlichen oder ausschliesslichen Inhalt einer Marke bilden können; doch lasse die Praxis Ausnahmen zu, wo besondere Gründe dies rechtfertigen. Eine solche Ausnahme bilde z.B. der Fall, dass sich eine geographische Bezeichnung durchgesetzt habe. Diese Rechtsprechung wurde vom Bundesgericht als Verwaltungsgericht in BGE 81 I 299 Erw. 1 bestätigt.
Die erwähnte Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt, da die Bezeichnung "Weissenburger", welche die Klägerinnen schon 1935, also vor über 20 Jahren, eingetragen und seither ständig verwendet haben, zu ihren Gunsten Verkehrsgeltung erlangt hat. Die Beklagte dagegen ist erst unmittelbar vor dem Prozess, im Jahre 1954, dazu übergegangen, zur Kennzeichnung ihrer Erzeugnisse die Bezeichnung "Schwarzenburger" zu verwenden. Dass sie schon vor 1954 gelegentlich in Inseraten darauf hinwies, das von ihr vertriebene Mineralwasser stamme aus Schwarzenburg, ist belanglos; denn dieser Hinweis diente nicht zur Kennzeichnung des Erzeugnisses. Kennzeichen waren vielmehr die Worte "Riedstern" oder "Riedquell", sei es allein oder verbunden mit Phantasienamen, wie Frambo, Rido, Mill-Citro, Silver-Star und dergl. Eine kennzeichnende Herkunftsangabe kann entgegen der Meinung der Beklagten auch nicht darin erblickt werden, dass in § 2 ihrer Statuten als Gesellschaftszweck die Ausbeutung der Mineralquellen im Ried, bei Schwarzenburg, bezeichnet wird.
b) Es steht somit der Herkunftsbezeichnung "Weissenburger" mit ihrer Verkehrsgeltung zu Gunsten der Klägerinnen die von der Beklagten gebrauchte Bezeichnung "Schwarzenburger" gegenüber, welche keine Verkehrsgeltung erlangt hat und der Beklagten bis kurz vor dem vorliegenden Prozess überhaupt nie als Herkunftsbezeichnung diente. Grundsätzlich haben somit die Klägerinnen infolge der zu ihren Gunsten bestehenden Verkehrsgeltung Anspruch auf Schutz. Aus dem Werdegang der beiden Bezeichnungen lässt sich, weil gleichzeitig mit dem Übergang zu der Bezeichnung "Schwarzenburger" die Nachahmung der Etiketten erfolgte, der Schluss ziehen, dass die Beklagte mit der Einführung der neuen Bezeichnung die Verkehrsgeltung auch des Wortkennzeichens der klägerischen Erzeugnisse für sich ausnützen wollte. Denn es ist höchst auffällig, dass die Beklagte die neue Bezeichnung nicht etwa für sich allein und auf ihren bisherigen oder an diese angelehnten Etiketten angebracht hat und auch nicht auf neuen, von denen der Klägerinnen deutlich unterscheidbaren, sondern jene durchwegs in Verbindung mit den Nachahmungen der Etiketten und Warenausstattungen der Klägerin gebraucht hat. Diese Art der Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" ist jedenfalls sittenwidrig und stellt darum unlauteren Wettbewerb dar. Die Hauptberufung ist daher mit Bezug auf die Bezeichnung "Schwarzenburger" auf jeden Fall insoweit begründet, als sie sich gegen die vorgekommene Verwendungsart richtet.
c) Darüber hinaus stellt aber die Verwendung der genannten Bezeichnung auch für sich allein unlauteren Wettbewerb dar, weil sie an sich mit der Bezeichnung "Weissenburger" verwechselbar ist. Denn die beiden Bezeichnungen weisen bei ungefähr gleicher Wortlänge wegen der gemeinsamen Silben ".. enburger" auch klanglich grosse Ähnlichkeit auf. Die weiteren Bestandteile "Schwarz" und "Weiss" sind wohl Gegensätze, aber in der Bezeichnung von Farben, nicht in der Bezeichnung von Mineralwassern; für solche ist das eine wie das andere nichtssagend. Der Kunde wird sich zwar erinnern, dass die Bezeichnung des Produkts der Klägerinnen eine Farbangabe enthielt. Dass dies auch auf die von der Beklagten gewählte Bezeichnung zutrifft, leistet in Verbindung mit der Übereinstimmung der übrigen Wortbestandteile der Verwechslungsgefahr unzweifelhaft Vorschub. Die Tatsache, dass es sich bei den beiden Bezeichnungen um zwei verschiedene Ortschaftsnamen handelt, mag der im Kanton Bern ansässigen Bevölkerung allgemein bekannt sein. Für die übrige Schweiz, namentlich aber auch für die in Fremdenverkehrsgebieten bedeutsame ausländische Kundschaft und das häufig ausländische Bedienungspersonal, trifft dies dagegen nicht zu. Das genügt aber, um die Verwechslungsgefahr zu bejahen.
Die Beklagte behauptet, sie habe die streitige Bezeichnung gewählt, um ihren Erzeugnissen einen einheitlichen Namen zu geben und so der durch die vielen bisherigen Phantasienamen bewirkten Zersplitterung zu steuern; dabei habe die Wahl des Namens von Schwarzenburg nicht nur wegen der geographischen Beziehung nahegelegen, sondern auch im Hinblick auf das Bekanntsein des dortigen Kurzwellensenders. Eine einheitliche Bezeichnung, die auch eingeführt war, besass die Beklagte aber bereits in ihrem Firmabestandteil "Riedstern". Dass der Rundfunksender den Namen von Schwarzenburg besonders einprägsam macht, dürfte an sich stimmen. Wie jedoch die Vorinstanz verbindlich festgestellt hat, spielte bei der Wahl der Bezeichnung durch die Beklagte der Gedanke des Wettbewerbs zu den Erzeugnissen der Klägerinnen doch mit. Da angesichts des gesamten Verhaltens der Beklagten im übrigen die Absicht zu Tage liegt, sich der Bezeichnung der klägerischen Erzeugnisse anzunähern und die ihr eigene Verkehrsgeltung als Vorspann zu benutzen, kann den Versicherungen der Beklagten über die Gründe der Wahl ihrer neuen Bezeichnung kein Glauben geschenkt werden.
d) Dagegen muss der Schutz der Hauptberufung in einer Beziehung etwas eingeschränkt werden. Nach dem Wortlaut ihrer Rechtsbegehren fordern die Klägerinnen nämlich, dass jede geschäftliche Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" durch die Beklagte als unlauterer Wettbewerb erklärt und ihr jeglicher Gebrauch dieser Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr zu untersagen sei. Als unlauterer Wettbewerb kann aber neben der vorgekommenen Art der Verwendung des Wortes "Schwarzenburger" der Beklagten dessen weitere Verwendung allgemein nur untersagt werden, soweit sie zur Kennzeichnung ihrer Erzeugnisse erfolgt. Dagegen kann der Beklagten, da die von ihr ausgebeuteten Mineralquellen tatsächlich im Amt Schwarzenburg, wenn auch nicht auf dem Boden der Gemeinde selbst, so doch unweit von ihr entspringen, der Hinweis auf diese Herkunft des Mineralwassers nicht untersagt werden. Das darf aber nur in beiläufiger Form geschehen, nicht dagegen zur Kennzeichnung der Erzeugnisse, mit andern Worten also nicht reklamehaft unter besonderer Hervorhebung im Druck usw. (vgl. hiezu den nicht veröffentlichten Entscheid vom 20. Mai 1952 i.S. Emil Ebneter & Co. A.-G. gegen Pernod SA, Erw. 7 i.f. betr. die Zulässigkeit der Angabe eines marken- und wettbewerbsrechtlich unstatthaften Personennamens im Sinne eines blossen Herkunftshinweises).
e) Ist der Beklagten der Gebrauch der Bezeichnung "Schwarzenburger" schon aus dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechtes zu untersagen, so erübrigt sich auch hier eine Prüfung der Frage, ob er der Beklagten überdies nach markenrechtlichen Grundsätzen verboten werden müsste.
4. Neben dem Antrag, es sei der Beklagten die weitere Begehung von unlauteren Wettbewerbshandlungen der oben umschriebenen Art zu untersagen, haben die Klägerinnen auch das Begehren auf Feststellung der Widerrechtlichkeit des Verhaltens der Beklagten gestellt. Ein selbständiges Feststellungsbegehren ist, obwohl Art. 2 Abs. 1 lit. a UWG diesen Rechtsbehelf ausdrücklich vorsieht, wie jedes derartige Begehren nur beim Bestehen eines entsprechenden rechtlichen Interesses zulässig, wobei freilich kein allzustrenger Massstab angelegt werden darf (BGE 77 II 185f.; Urteil vom 31. Januar 1956 i.S. Chemosan-Union A.-G. c. Chemosan A.-G., nicht veröffentlichte Erw. 7). So ist nach der Rechtsprechung ein Feststellungsbegehren neben den verschiedenen Leistungsklagen als berechtigt anzusehen, wenn, wie gerade im vorliegenden Fall. die Urteilsveröffentlichung als geboten erscheint (vgl. unten Erw. 5). Dann besteht nämlich ein unbestreitbares Interesse des Klägers daran, dass die der Gegenpartei zur Last fallende Rechtsverletzung nicht nur in der Urteilsbegründung dargelegt, sondern auch im Dispositiv ausdrücklich festgehalten wird. Dem Feststellungsbegehren der Klägerinnen ist somit zu entsprechen.
5. Das von den Klägerinnen weiter gestellte Begehren auf Verurteilung der Beklagten zu Schadenersatz setzt ein Verschulden voraus (Art. 2 Abs. 1 lit. d UWG). Wie bereits ausgeführt wurde, ist diese Voraussetzung hier erfüllt, da die Beklagte ihre objektiv unlauteren Wettbewerbshandlungen absichtlich vorgenommen hat, um den guten Ruf der klägerischen Erzeugnisse für den Vertrieb ihrer eigenen Produkte auszunützen.
Die Vorinstanz hat den Klägerinnen Fr. 2000.-- Schadenersatz zugesprochen. Mit der Berufung stellen die Klägerinnen den Antrag, die Schadenersatzsumme sei auf Fr. 6000.-- zu erhöhen. In der Klage haben sie zunächst nur "einen angemessenen, gerichtlich zu bestimmenden Betrag" als Schadenersatz geltend gemacht; nachträglich haben sie dann ihre Forderung aber auf Fr. 4000.-- beziffert (Klageschrift S. 18, Urteil S. 23), also auf einen geringeren als den mit der Berufung geforderten Betrag. Auf das Berufungsbegehren kann aber nur eingetreten werden, soweit es im Rahmen des vor dem kantonalen Richter bezeichneten Streitwerts liegt, somit bis auf Fr. 4000.--.
Dass den Klägerinnen infolge der unlauteren Wettbewerbshandlungen der Beklagten ein gewisser Schaden verursacht worden ist, darf nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz auf Grund der Lebenserfahrung angenommen werden. Die Höhe dieses Schadens hat die Vorinstanz in Ausübung ihres richterlichen Ermessens auf Fr. 2000.-- veranschlagt, da die Klägerinnen es unterlassen hätten, irgendwelche Anhaltspunkte für die Höhe des von ihnen geltend gemachten Schadens von Fr. 4000.-- zu geben. Unter diesen Umständen könnte an Stelle der auf Ermessen beruhenden Schätzung der Vorinstanz nur eine neue Ermesensschätzung treten. Ebenso kann angesichts des von der Vorinstanz festgestellten Fehlens jeglicher Anhaltspunkte auch die Frage, ob die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" neben der Nachahmung der Etiketten und der übrigen Ausstattung die Schadenshöhe wesentlich zu beeinflussen vermochte, nur gestützt auf die Lebenserfahrung entschieden werden.
Nun ist aber auch die von den Klägerinnen weiter anbegehrte Veröffentlichung des Urteils ein Mittel zur Schadensgutmachung. Eine Veröffentlichung erscheint ohnehin als geboten, da es sich beim Verhalten der Beklagten um einen unlauteren Wettbewerb von erheblicher Schwere handelt, anderseits der entstandene Schaden schwer abzuschätzen und durch den von beiden Parteien betriebenen grossen Reklameaufwand auf dem Markt Verwirrung geschaffen worden ist (vgl. BGE 81 II 473 und dort erwähnte Entscheide). Von der Urteilsveröffentlichung abzusehen, besteht vorliegend umso weniger Anlass, als die Beklagte trotz der Verwarnung durch die Klägerinnen auf der Berechtigung ihres unlauteren Verhaltens beharrte. Wird aber die Urteilsveröffentlichung angeordnet, so ist die gleichzeitige Erhöhung des mit Fr. 2000.-- zugesprochenen Geldersatzes umso weniger angezeigt.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
In Gutheissung der Hauptberufung und Abweisung der Anschlussberufung wird das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Bern vom 15. Dezember 1955 wie folgt abgeändert:
a) Es wird festgestellt, dass
aa) der Vertrieb von Tafelwasser mit Zitronenaroma, Himbeeraroma und Orangenaroma unter Verwendung der gelb/weissen, rot/weissen und orange/weissen Etiketten mit schwarzem Text durch die Beklagte,
bb) die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" auf den vorerwähnten Etiketten und überhaupt zur Kennzeichnung für die Produkte der Beklagten, unlauterer Wettbewerb ist.
b) Der Beklagten wird untersagt,
aa) für ihre Tafelwasser mit Zitronenaroma, Himbeeraroma und Orangenaroma gelb/weisse, rot/ weisse und orange/weisse Etiketten mit schwarzem Text zu verwenden, sowie Reklameplakate in dieser Form zu benützen,
bb) die Bezeichnung "Schwarzenburger" zur Kennzeichnung ihrer Erzeugnisse zu verwenden.
c) Die Beklagte wird verpflichtet, an die Klägerinnen Fr. 2000.-- als Schadenersatz zu bezahlen.
d) Das vorliegende Urteilsdispositiv ist auf Kosten der Beklagten in drei von den Klägerinnen zu wählenden schweizerischen Zeitungen, im Umfang von höchstens 1/4 Seite, zu veröffentlichen.
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Concurrence déloyale. Il est illicite d'apposer sur des bouteilles d'eau minérale des étiquettes pouvant provoquer des confusions. C'est l'impression d'ensemble qui est déterminante (consid. 1 et 2).
Il est illicite de désigner une eau minérale par le terme "Schwarzenburger", celui-ci risquant d'être confondu avec la désignation "Weissenburger". Art. 1 al. 2 litt. d LCD (consid. 3).
Action en constatation de droit, conditions, art. 2 al. 1 litt. a LCD (consid. 4).
Action en dommages-intérêts, fixation du dommage, art. 2 al. 1 litt. d LCD (consid. 5).
Réparation du dommage par la publication du jugement, art. 6 LCD (consid. 5).
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82 II 346
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82 II 346
Sachverhalt ab Seite 347
A.- Das im Simmental (Kt. Bern) gelegene Kurhaus Weissenburg-Bad mit der Weissenburger Mineralquelle sind Eigentum der Firma Haecky, Jenni & Co. Diese hat Gewinnung und Vertrieb des Mineralwassers an die Weissenburg-Mineralthermen A.-G. verpachtet.
Die Firma Haecky, Jenni & Co. ist Inhaberin einer erstmals 1935 hinterlegten, 1953 erneuerten Wort-Bildmarke, die für "Weissenburger Kurwasser, Mineral- und Tafelwasser, auch gemischt mit Fruchtsäften oder Essenzen" eingetragen ist. Die Marke ist in schwarz-weiss gehalten und besteht aus einem in schwarz punktierter Fläche weiss ausgesparten stilisierten Doppelturm mit der darunter in schwarzer Druckschrift angebrachten Bezeichnung "Weissenburger".
Für ihre Mineral- und Tafelwasser, insbesondere die in den Handel gebrachten Tafelgetränke unter Zusatz von Fruchtaroma oder Fruchtsäften verwendet die Weissenburg-Mineralthermen A.-G. farbige Flaschenetiketten, deren Grundfarbe vorwiegend dem jeweiligen Fruchtzusatz angepasst ist. Diese Etiketten weisen einen in der Grundfarbe weiss ausgesparten Doppelturm auf, der durch die schwarze Beschriftung der Etikette teilweise überdeckt wird, und zwar im oberen Drittel durch die in grossen gotischen Druckbuchstaben angebrachte Bezeichnung "Weissenburger" und im untern Teil durch die Beschreibung des Getränkes. Am Fusse der Etikette ist in weissen Buchstaben auf schwarzem Grund die Firma der Herstellerin des Getränks angegeben. Die Flaschenverschlüsse sind mit den allgemein üblichen Verschlussetiketten in der Grundfarbe der Flaschenetikette versehen. Die Weissenburg-Mineralthermen A.-G. macht auch Reklame durch Plakate, die in ihrer Ausgestaltung ungefähr den Flaschenetiketten entsprechen.
B.- Die Wasser der im Ried, Amt Schwarzenburg, also ebenfalls im Kanton Bern entspringenden Mineralquellen werden von einer 1931 gegründeten A.-G. ausgebeutet, die ursprünglich den Namen "Riedquell- und Riedstern A.-G." führte, den sie später in die heutige Firma "Mineralquelle Riedstern A.-G." abänderte. Dieses Unternehmen verkaufte während langen Jahren ihr natürliches Mineralwasser als "Riedquell", das gesüsste als "Riedstern". Nach 1945 begann sie, für ihre verschiedenen Getränke Phantasienamen zu verwenden, wie "Rida", "Frambo", "Silver-Star", "Mill-Citro" und dergl. Im Frühjahr 1954 änderte sie dann die Aufmachung ihrer Erzeugnisse von Grund auf, indem sie für diese den Namen "Schwarzenburger" übernahm und auf ihren Flaschen farbige, dem Fruchtzusatz entsprechende Etiketten anbrachte, bei denen auf dem farbigen Grund ein heraldischer Löwe weiss ausgespart ist. Quer über diesen ist in grosser lateinischer Druckschrift die Bezeichnung "Schwarzenburger" angebracht. Darüber steht in kleinerer Schrift die Firma der Herstellerin, und am Fusse der Etikette befindet sich eine Beschreibung des Getränks. Die Flaschen wurden weiter mit farbigen Verschlussetiketten ausgestattet. Auch in ihrer breit angelegten Reklametätigkeit verwendete die Mineralquelle Riedstern A.-G. Material in einer den Flaschenetiketten entsprechenden Aufmachung.
C.- Die Weissenburg-Mineralthermen A.-G. und die Firma Haecky, Jenni & Co. fühlten sich durch das Vorgehen der Mineralquelle Riedstern A.-G. in ihren Rechten verletzt und reichten, nach erfolglosen Vorstellungen bei dieser, im Sommer 1954 gegen sie Klage ein mit den folgenden Rechtsbegehren:
"1. Es sei festzustellen, dass die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" im geschäftlichen Verkehr, insbesondere zur Kennzeichnung der Produkte der Beklagten, sowie der Vertrieb von Tafelwasser mit Zitronenaroma, Himbeeraroma und Orangenaroma unter Verwendung der gelb/weissen, rot/weissen und orange/weissen Etiketten mit schwarzem Text unlauterer Wettbewerb ist.
2. Der Beklagten sei gerichtlich zu untersagen, die Bezeichnung "Schwarzenburger" im geschäftlichen Verkehr, insbesondere zur Kennzeichnung ihrer Erzeugnisse zu verwenden.
3. Der Beklagten sei gerichtlich zu verbieten, für ihre Tafelwasser mit Zitronenaroma, Himbeeraroma und Orangenaroma gelb/weisse, rot/weisse und orange/weisse Etiketten mit schwarzem Text zu verwenden, sowie Reklameplakate in dieser Form zu benützen.
4. Die Beklagte sei den Klägerinnen gegenüber zu einem angemessenen, gerichtlich bestimmenden Betrag als Schadenersatz zu verurteilen.
5. Die Klägerinnen seien zu ermächtigen, das Urteil auf Kosten der Beklagten in sechs von ihnen zu bezeichnenden Tageszeitungen zu veröffentlichen."
Die Beklagte bestritt, sich eines unlauteren Wettbewerbes schuldig gemacht zu haben, und beantragte Abweisung der Klage.
D.- Das Handelsgericht Bern entschied mit Urteil vom 15. Dezember 1955, dass die Verwendung der beanstandeten Etiketten durch die Beklagte unlauteren Wettbewerb darstelle, verbot ihr deren weitere Verwendung und verurteilte sie zur Bezahlung von Fr. 2000.-- Schadenersatz. Die verlangte Urteilsveröffentlichung lehnte es dagegen ab, und ebenso wurden die klägerischen Rechtsbegehren abgewiesen, soweit sie sich gegen die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" richteten.
E.- Mit der vorliegenden Berufung begehren die Klägerinnen den Schutz auch der vom kantonalen Richter abgewiesenen Rechtsbegehren, d.h. Feststellung, dass auch die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" durch die Beklagte unlauterer Wettbewerb sei, Untersagung von deren Verwendung, sowie Erhöhung der Schadenersatzsumme auf Fr. 6000.-- und Urteilsveröffentlichung; eventuell wird die Rückweisung der Sache beantragt.
Die Beklagte hat Anschlussberufung erklärt mit dem Antrag auf gänzliche Abweisung der Klage.
Die Klägerinnen beantragen Abweisung der Anschlussberufung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Vorinstanz erblickt in der Verwendung der beanstandeten Etiketten durch die Beklagte unlauteren Wettbewerb im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG, weil diese Etiketten sich nicht genügend von jenen der Klägerinnen unterscheiden. Massgebend für die fehlende Unterscheidbarkeit sei der Gesamteindruck, der geschaffen werde durch die Aussparung eines Warenzeichens in weiss auf gleicher oder sehr ähnlicher Grundfarbe, durch ähnliche Grösse der Etiketten, die schwarze Beschriftung und weitere Ähnlichkeiten des Schriftbildes in seiner Länge, sowie in der Höhe und Breite der einzelnen Buchstaben. Die durch das alles bewirkte Ähnlichkeit werde noch verstärkt durch die Wahl gleicher Flaschen für die gleichen Getränkesorten. So komme die Verschiedenheit des Bildelementes nicht stark zum Ausdruck. Es seien denn auch tatsächlich Verwechslungen vorgekommen.
Die Beklagte beanstandet in ihrer Anschlussberufung diese Betrachtungsweise. Sie macht geltend, die Eigenart der beidseitigen Etiketten werde durch bildliche Elemente gekennzeichnet; diese kämen für die Beurteilung des Gesamteindrucks nur wesentlich in Betracht, soweit sie originell seien. Das treffe nur zu auf die Burg mit den zwei Türmen bei den Etiketten der Klägerinnen und auf den von diesem Bildelement völlig verschiedenen heraldischen Löwen in der Etikette der Beklagten. Die Form der Etiketten und die Verteilung des Raumes auf ihnen sei bedingt durch die Fiaschen gleicher Art und Grösse, wie sie von der Beklagten seit Jahren verwendet worden und in der Schweiz allgemein gebräuchlich seien. Die Beschriftung weise genügende Verschiedenheiten auf. Die Klägerinnen hätten keine originellen Farbkombinationen geschaffen, während die Farben an sich, die Druckerschwärze und das Weiss des Etikettenpapiers Gemeingut bildeten. Alle Elemente der von den beiden Parteien gebrauchten Etiketten seien also entweder völlig verschieden oder gehörten dem Gemeingut an. Die verbleibenden Wortbezeichnungen "Weissenburger" und "Schwarzenburger" aber seien, wie die Vorinstanz zutreffend entschieden habe, nicht verwechselbar.
2. a) Die Beklagte irrt, wenn sie die bildlichen Bestandteile der Etiketten von vorneherein als entscheidend hinstellt. Auch Zeichen, die sich aus Wort- und Bildelementen zusammensetzen, sind beim Vergleich in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Diese Vergleichung des Gesamteindrucks, welche im Markenrecht die Regel bildet (BGE 78 II 380ff. und dort erwähnte Entscheide), muss auch im Wettbewerbsrecht dort gelten, wo es sich um die Beurteilung von Vergleichsgegenständen handelt, die, wie im vorliegenden Fall die Etiketten, zur Kennzeichnung der Erzeugnisse der Wettbewerber dienen. Denn die Kundschaft bekommt diese Etiketten als Ganzes zu Gesicht; sie dürfen daher auch für die Vergleichung nicht zergliedert werden.
So betrachtet unterscheiden sich die Erzeugnisse der beiden Parteien in ihrer Aufmachung nicht genügend voneinander, so dass die Gefahr von Verwechslungen der Erzeugnisse und damit der Herstellerinnen besteht. Den bildlichen Bestandteilen - Weissenburger Doppelturm einerseits, Schwarzenburger Löwe anderseits - kommt nicht die Unterscheidungskraft zu, welche die Beklagte wahrhaben möchte. Schon die Vorinstanz hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die Umrisse der weiss ausgesparten Bilder, weil diese zum Teil von der kräftigen Beschriftung überdeckt werden, nicht stark hervortreten. Zudem überwiegen die Farben, einmal auf den Etiketten selber, und noch mehr im Gesamtbild der Waren mit den farbigen Flaschen, gefärbtem Inhalt und den fast ganz farbigen Verschlussetiketten sehr ähnlicher Farbgebung. Besonders aber stimmt die Gesamtkonzeption der Etiketten der Beklagten mit den von den Klägerinnen seit Jahren verwendeten weitgehend überein, wie die Vorinstanz ebenfalls zutreffend dargelegt hat.
Angesichts dieser Gegebenheiten kommt den von der Beklagten hervorgehobenen Unterschieden geringe Bedeutung zu. Dass der Name des Mineralwassers auf den Etiketten der Klägerinnen in gotischer, auf jenen der Beklagten aber in lateinischer Schrift angegeben wird, ist belanglos, weil der Unterschied nicht so hervortritt wie bei Schriftproben auf weissem Blatt und weil der Kunde die beiderlei Flaschen selten nebeneinander zu Gesichte bekommen wird, so dass derartige Unterschiede in der Erinnerung leicht verschwinden, zumal an die Aufmerksamkeit bei Waren des täglichen Gebrauches keine weitgehenden Anforderungen gestellt werden dürfen (BGE 72 II 188und dort erwähnte Entscheide). Zudem wird der Charakter der lateinischen Druckschrift auf den Etiketten der Beklagten dadurch verwischt, dass die einzelnen Buchstaben nicht genau gleich hoch sind und nicht auf einer Linie stehen. Das bewirkt eine Unregelmässigkeit des Schriftbildes, welche dieses demjenigen der gotischen Schrift annähert. Für die sonstige Beschriftung der Etikette hat die Beklagte wie die Klägerinnen lateinische Buchstaben verwendet. Die Wahl einer andern Schriftform für die Sortenangabe Frambo, Citro, Ora schafft einen Gegensatz zur lateinischen Schrift des Namens "Schwarzenburger", die ein Gegenstück bildet zu der Gestaltung der Etiketten der Klägerinnen, auf denen der Namen "Weissenburger" gotisch, die Sortenbezeichnung Himbeeraroma usw. in lateinischer Schrift angegeben sind.
Die Abweichungen in den Einzelheiten wie auch die geringen Grössenunterschiede zwischen den Etiketten, wo Proportionen zwar an sich von grösserer Bedeutung sind, vermögen am Gesamteindruck nichts zu ändern.
b) Das Weiss des Papiers, die Farben an sich und besonders die schwarze Druckfarbe sind allerdings Gemeingut; aber wie schon dargelegt wurde, geht es nicht um die Vergleichung der Elemente, nicht einmal um die Vergleichung der einzelnen Bildbestandteile als solcher. Die von der Beklagten in dieser Hinsicht vorgebrachten Einwendungen sind daher unbehelflich. Richtig ist an ihnen nur, dass das Nachbilden nicht besonders geschützter Gegenstände im allgemeinen erlaubt ist und jedermann Gemeingut benützen kann. Die Ausgestaltung der Etiketten der Klägerinnen weist jedoch eine genügende Eigenart auf, um Nachahmungen als gegen Treu und Glauben verstossend (Art. 1 Abs. 2 Ingress UWG) erscheinen zu lassen. Daher versagt auch der Einwand, es lägen keine typischen Farbkombinationen vor. Denn die Ausgestaltung der Etiketten der Klägerinnen beschränkt sich nicht auf die blosse Kombination von Farben. An der durch den Gesamteindruck geschaffenen Verwechselbarkeit ändert auch nichts, dass Art, Form und Grösse der verwendeten Flaschen jedenfalls solange keinen Schutz geniessen, als es sich um solche handelt, die im betreffenden Geschäftszweig üblich sind, wie das Bundesgericht wiederholt entschieden hat (unveröffentlichte Urteile i.S. Emil Ebneter & Co. A.-G. gegen E. Hugentobler & Co., vom 10. Januar 1955, sowie i.S. Distillerie de la Suze SA gegen Dumur, vom 17. Mai 1955). Erörterungen darüber endlich, auf welche Entfernung und wie der Kunde die Flasche zu Gesicht bekomme, sind müssig, weil ihre Betrachtung je nach den Umständen auf sehr verschiedene Entfernungen erfolgen kann.
Die Vorinstanz hat daher die Verwechslungsgefahr mit Grund bejaht. Nach ihren verbindlichen Feststellungen sind denn auch tatsächlich Verwechslungen vorgekommen. Wenn solche für die fehlende Unterscheidungskraft auch nicht erforderlich sind (vgl. für das MarkenrechtBGE 78 II 382), so bilden sie doch ein gewichtiges Anzeichen für das Bestehen der Verwechslungsgefahr.
c) Gegen die Nachahmung ihrer Etiketten können die Klägerinnen schon unter dem Gesichtspunkt des Ausstattungsschutzes Einsprache erheben. Denn Mineralwasser - mit und ohne Zusätze - werden allgemein in Flaschen in den Handel gebracht. Die Herkunft der Ware kann also nur durch Kennzeichnung der Flaschen zum Ausdruck gebracht werden. Nun sind die Erzeugnisse der Klägerinnen unbestrittenermassen seit langer Zeit in der von der Beklagten nachgeahmten Aufmachung bei den Abnehmerkreisen eingeführt. Die Ausstattung, deren Schutz in Frage steht, hat Verkehrsgeltung erlangt. Trifft dies zu, so verstossen die Nachahmungen der Beklagten unter allen Umständen gegen Treu und Glauben. Denn je weiter die Entwicklung zur Verkehrsgeltung gediehen ist, desto geringer sind die Anforderungen an den Grad der wettbewerblichen Eigenart (BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 6. Aufl. S. 154). Bei Zulassung der verwechselbaren Etiketten würde die Beklagte Vorteil ziehen aus den grossen Reklameaufwendungen der Klägerinnen, die in den Jahren 1950/53, unmittelbar bevor die Beklagte zur Verwendung der beanstandeten Etiketten überging, jährlich Beträge zwischen Fr. 165'000.-- und 255'000.-- erreichten. Fremde Leistungen als Vorspann für die eigene Werbung auszunützen, ist aber unlauterer Wettbewerb.
d) Da für die Unterlassungs- und Feststellungsbegehren das Vorliegen des objektiven Tatbestandes des unlauteren Wettbewerbes genügt, ein Verschulden des Wettbewerbers also nicht erforderlich ist, erweist sich die Anschlussberufung unter allen Umständen grundsätzlich als unbegründet. Im Hinblick auf die von den Klägerinnen weiter erhobenen, von der Vorinstanz teilweise geschützten Schadenersatzbegehren ist aber schon in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass auch ein Verschulden der Beklagten zu bejahen ist. Die Beklagte hat ohne jeden zwingenden Grund die Etiketten der Klägerinnen nachgeahmt, während doch, wie schon die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, eine andere Ausgestaltung ohne weiteres möglich gewesen wäre. Dass reklametechnisch hiefur in der Praxis unbegrenzte Möglichkeiten bestehen, lehrt ein Blick auf die von den Klägerinnen zu den Akten gegebenen zahlreichen Etiketten anderer Firmen, die sich deutlich voneinander unterscheiden. Das ganze Vorgehen der Beklagten zeigt, dass sie bewusst und absichtlich die Etiketten der Klägerinnen nachgeahmt hat, um sich den guten Ruf von deren Erzeugnissen für d-en Vertrieb ihrer eigenen Produkte zu Nutze zu machen.
e) Erweisen sich die von der Beklagten gebrauchten Etiketten schon nach den Vorschriften des Wettbewerbsrechts als unzulässig, so braucht nicht untersucht zu werden, ob das Verbot der weiteren Verwendung auch unter dem Gesichtspunkt des Markenrechtes gerechtfertigt wäre; eine Stellungnahme zu dieser von der Vorinstanz verneinten Frage ist um so weniger nötig, als die Klägerinnen in ihren Berufungsbegehren keine Feststellung hierüber verlangen.
3. Mit der Hauptberufung halten die Klägerinnen an ihrem von der Vorinstanz abgewiesenen Begehren fest, dass der Beklagten auch die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" als solche zu untersagen sei.
a) Bei der Beurteilung dieser Frage ist davon auszugehen, dass es sich bei der von den Klägerinnen gebrauchten Bezeichnung "Weissenburger" um eine Herkunftsangabe, nicht dagegen um eine Beschaffenheitsangabe handelt, und zwar selbst dann nicht, wenn das Mineralwasser seinen Ruf unter dieser Bezeichnung erlangt haben sollte. Denn zur Beschaffenheitsangabe gewordene Herkunftsbezeichnungen sind bei Mineralwassern äusserst selten (vgl. hiezu STRITZKE in GRUR 1937 S. 1063 f; BAUMBACH/HEFERMEHL S. 196).
"Weissenburger" ist somit geographische Herkunftsbezeichnung. Gleichgültig ist dabei, ob das betreffende Naturerzeugnis unmittelbar dem Boden der angegebenen politischen Gemeinde entstammt; es genügt, wenn es wirtschaftlich dorthin gehört. Das trifft auf das Weissenburger Mineralwasser zu, da dieses seit Jahrhunderten im Bad Weissenburg benützt wurde und unter diesem Namen bekannt war.
In seinem nicht veröffentlichten Urteil vom 10. Mai 1955 i.S. Emil Ebneter & Co. A.-G. c. E. Hugentobler & Co. hat das Bundesgericht entschieden, dass Ortsnamen, weil sie Gemeingut sind, grundsätzlich nicht den wesentlichen oder ausschliesslichen Inhalt einer Marke bilden können; doch lasse die Praxis Ausnahmen zu, wo besondere Gründe dies rechtfertigen. Eine solche Ausnahme bilde z.B. der Fall, dass sich eine geographische Bezeichnung durchgesetzt habe. Diese Rechtsprechung wurde vom Bundesgericht als Verwaltungsgericht in BGE 81 I 299 Erw. 1 bestätigt.
Die erwähnte Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt, da die Bezeichnung "Weissenburger", welche die Klägerinnen schon 1935, also vor über 20 Jahren, eingetragen und seither ständig verwendet haben, zu ihren Gunsten Verkehrsgeltung erlangt hat. Die Beklagte dagegen ist erst unmittelbar vor dem Prozess, im Jahre 1954, dazu übergegangen, zur Kennzeichnung ihrer Erzeugnisse die Bezeichnung "Schwarzenburger" zu verwenden. Dass sie schon vor 1954 gelegentlich in Inseraten darauf hinwies, das von ihr vertriebene Mineralwasser stamme aus Schwarzenburg, ist belanglos; denn dieser Hinweis diente nicht zur Kennzeichnung des Erzeugnisses. Kennzeichen waren vielmehr die Worte "Riedstern" oder "Riedquell", sei es allein oder verbunden mit Phantasienamen, wie Frambo, Rido, Mill-Citro, Silver-Star und dergl. Eine kennzeichnende Herkunftsangabe kann entgegen der Meinung der Beklagten auch nicht darin erblickt werden, dass in § 2 ihrer Statuten als Gesellschaftszweck die Ausbeutung der Mineralquellen im Ried, bei Schwarzenburg, bezeichnet wird.
b) Es steht somit der Herkunftsbezeichnung "Weissenburger" mit ihrer Verkehrsgeltung zu Gunsten der Klägerinnen die von der Beklagten gebrauchte Bezeichnung "Schwarzenburger" gegenüber, welche keine Verkehrsgeltung erlangt hat und der Beklagten bis kurz vor dem vorliegenden Prozess überhaupt nie als Herkunftsbezeichnung diente. Grundsätzlich haben somit die Klägerinnen infolge der zu ihren Gunsten bestehenden Verkehrsgeltung Anspruch auf Schutz. Aus dem Werdegang der beiden Bezeichnungen lässt sich, weil gleichzeitig mit dem Übergang zu der Bezeichnung "Schwarzenburger" die Nachahmung der Etiketten erfolgte, der Schluss ziehen, dass die Beklagte mit der Einführung der neuen Bezeichnung die Verkehrsgeltung auch des Wortkennzeichens der klägerischen Erzeugnisse für sich ausnützen wollte. Denn es ist höchst auffällig, dass die Beklagte die neue Bezeichnung nicht etwa für sich allein und auf ihren bisherigen oder an diese angelehnten Etiketten angebracht hat und auch nicht auf neuen, von denen der Klägerinnen deutlich unterscheidbaren, sondern jene durchwegs in Verbindung mit den Nachahmungen der Etiketten und Warenausstattungen der Klägerin gebraucht hat. Diese Art der Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" ist jedenfalls sittenwidrig und stellt darum unlauteren Wettbewerb dar. Die Hauptberufung ist daher mit Bezug auf die Bezeichnung "Schwarzenburger" auf jeden Fall insoweit begründet, als sie sich gegen die vorgekommene Verwendungsart richtet.
c) Darüber hinaus stellt aber die Verwendung der genannten Bezeichnung auch für sich allein unlauteren Wettbewerb dar, weil sie an sich mit der Bezeichnung "Weissenburger" verwechselbar ist. Denn die beiden Bezeichnungen weisen bei ungefähr gleicher Wortlänge wegen der gemeinsamen Silben ".. enburger" auch klanglich grosse Ähnlichkeit auf. Die weiteren Bestandteile "Schwarz" und "Weiss" sind wohl Gegensätze, aber in der Bezeichnung von Farben, nicht in der Bezeichnung von Mineralwassern; für solche ist das eine wie das andere nichtssagend. Der Kunde wird sich zwar erinnern, dass die Bezeichnung des Produkts der Klägerinnen eine Farbangabe enthielt. Dass dies auch auf die von der Beklagten gewählte Bezeichnung zutrifft, leistet in Verbindung mit der Übereinstimmung der übrigen Wortbestandteile der Verwechslungsgefahr unzweifelhaft Vorschub. Die Tatsache, dass es sich bei den beiden Bezeichnungen um zwei verschiedene Ortschaftsnamen handelt, mag der im Kanton Bern ansässigen Bevölkerung allgemein bekannt sein. Für die übrige Schweiz, namentlich aber auch für die in Fremdenverkehrsgebieten bedeutsame ausländische Kundschaft und das häufig ausländische Bedienungspersonal, trifft dies dagegen nicht zu. Das genügt aber, um die Verwechslungsgefahr zu bejahen.
Die Beklagte behauptet, sie habe die streitige Bezeichnung gewählt, um ihren Erzeugnissen einen einheitlichen Namen zu geben und so der durch die vielen bisherigen Phantasienamen bewirkten Zersplitterung zu steuern; dabei habe die Wahl des Namens von Schwarzenburg nicht nur wegen der geographischen Beziehung nahegelegen, sondern auch im Hinblick auf das Bekanntsein des dortigen Kurzwellensenders. Eine einheitliche Bezeichnung, die auch eingeführt war, besass die Beklagte aber bereits in ihrem Firmabestandteil "Riedstern". Dass der Rundfunksender den Namen von Schwarzenburg besonders einprägsam macht, dürfte an sich stimmen. Wie jedoch die Vorinstanz verbindlich festgestellt hat, spielte bei der Wahl der Bezeichnung durch die Beklagte der Gedanke des Wettbewerbs zu den Erzeugnissen der Klägerinnen doch mit. Da angesichts des gesamten Verhaltens der Beklagten im übrigen die Absicht zu Tage liegt, sich der Bezeichnung der klägerischen Erzeugnisse anzunähern und die ihr eigene Verkehrsgeltung als Vorspann zu benutzen, kann den Versicherungen der Beklagten über die Gründe der Wahl ihrer neuen Bezeichnung kein Glauben geschenkt werden.
d) Dagegen muss der Schutz der Hauptberufung in einer Beziehung etwas eingeschränkt werden. Nach dem Wortlaut ihrer Rechtsbegehren fordern die Klägerinnen nämlich, dass jede geschäftliche Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" durch die Beklagte als unlauterer Wettbewerb erklärt und ihr jeglicher Gebrauch dieser Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr zu untersagen sei. Als unlauterer Wettbewerb kann aber neben der vorgekommenen Art der Verwendung des Wortes "Schwarzenburger" der Beklagten dessen weitere Verwendung allgemein nur untersagt werden, soweit sie zur Kennzeichnung ihrer Erzeugnisse erfolgt. Dagegen kann der Beklagten, da die von ihr ausgebeuteten Mineralquellen tatsächlich im Amt Schwarzenburg, wenn auch nicht auf dem Boden der Gemeinde selbst, so doch unweit von ihr entspringen, der Hinweis auf diese Herkunft des Mineralwassers nicht untersagt werden. Das darf aber nur in beiläufiger Form geschehen, nicht dagegen zur Kennzeichnung der Erzeugnisse, mit andern Worten also nicht reklamehaft unter besonderer Hervorhebung im Druck usw. (vgl. hiezu den nicht veröffentlichten Entscheid vom 20. Mai 1952 i.S. Emil Ebneter & Co. A.-G. gegen Pernod SA, Erw. 7 i.f. betr. die Zulässigkeit der Angabe eines marken- und wettbewerbsrechtlich unstatthaften Personennamens im Sinne eines blossen Herkunftshinweises).
e) Ist der Beklagten der Gebrauch der Bezeichnung "Schwarzenburger" schon aus dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechtes zu untersagen, so erübrigt sich auch hier eine Prüfung der Frage, ob er der Beklagten überdies nach markenrechtlichen Grundsätzen verboten werden müsste.
4. Neben dem Antrag, es sei der Beklagten die weitere Begehung von unlauteren Wettbewerbshandlungen der oben umschriebenen Art zu untersagen, haben die Klägerinnen auch das Begehren auf Feststellung der Widerrechtlichkeit des Verhaltens der Beklagten gestellt. Ein selbständiges Feststellungsbegehren ist, obwohl Art. 2 Abs. 1 lit. a UWG diesen Rechtsbehelf ausdrücklich vorsieht, wie jedes derartige Begehren nur beim Bestehen eines entsprechenden rechtlichen Interesses zulässig, wobei freilich kein allzustrenger Massstab angelegt werden darf (BGE 77 II 185f.; Urteil vom 31. Januar 1956 i.S. Chemosan-Union A.-G. c. Chemosan A.-G., nicht veröffentlichte Erw. 7). So ist nach der Rechtsprechung ein Feststellungsbegehren neben den verschiedenen Leistungsklagen als berechtigt anzusehen, wenn, wie gerade im vorliegenden Fall. die Urteilsveröffentlichung als geboten erscheint (vgl. unten Erw. 5). Dann besteht nämlich ein unbestreitbares Interesse des Klägers daran, dass die der Gegenpartei zur Last fallende Rechtsverletzung nicht nur in der Urteilsbegründung dargelegt, sondern auch im Dispositiv ausdrücklich festgehalten wird. Dem Feststellungsbegehren der Klägerinnen ist somit zu entsprechen.
5. Das von den Klägerinnen weiter gestellte Begehren auf Verurteilung der Beklagten zu Schadenersatz setzt ein Verschulden voraus (Art. 2 Abs. 1 lit. d UWG). Wie bereits ausgeführt wurde, ist diese Voraussetzung hier erfüllt, da die Beklagte ihre objektiv unlauteren Wettbewerbshandlungen absichtlich vorgenommen hat, um den guten Ruf der klägerischen Erzeugnisse für den Vertrieb ihrer eigenen Produkte auszunützen.
Die Vorinstanz hat den Klägerinnen Fr. 2000.-- Schadenersatz zugesprochen. Mit der Berufung stellen die Klägerinnen den Antrag, die Schadenersatzsumme sei auf Fr. 6000.-- zu erhöhen. In der Klage haben sie zunächst nur "einen angemessenen, gerichtlich zu bestimmenden Betrag" als Schadenersatz geltend gemacht; nachträglich haben sie dann ihre Forderung aber auf Fr. 4000.-- beziffert (Klageschrift S. 18, Urteil S. 23), also auf einen geringeren als den mit der Berufung geforderten Betrag. Auf das Berufungsbegehren kann aber nur eingetreten werden, soweit es im Rahmen des vor dem kantonalen Richter bezeichneten Streitwerts liegt, somit bis auf Fr. 4000.--.
Dass den Klägerinnen infolge der unlauteren Wettbewerbshandlungen der Beklagten ein gewisser Schaden verursacht worden ist, darf nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz auf Grund der Lebenserfahrung angenommen werden. Die Höhe dieses Schadens hat die Vorinstanz in Ausübung ihres richterlichen Ermessens auf Fr. 2000.-- veranschlagt, da die Klägerinnen es unterlassen hätten, irgendwelche Anhaltspunkte für die Höhe des von ihnen geltend gemachten Schadens von Fr. 4000.-- zu geben. Unter diesen Umständen könnte an Stelle der auf Ermessen beruhenden Schätzung der Vorinstanz nur eine neue Ermesensschätzung treten. Ebenso kann angesichts des von der Vorinstanz festgestellten Fehlens jeglicher Anhaltspunkte auch die Frage, ob die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" neben der Nachahmung der Etiketten und der übrigen Ausstattung die Schadenshöhe wesentlich zu beeinflussen vermochte, nur gestützt auf die Lebenserfahrung entschieden werden.
Nun ist aber auch die von den Klägerinnen weiter anbegehrte Veröffentlichung des Urteils ein Mittel zur Schadensgutmachung. Eine Veröffentlichung erscheint ohnehin als geboten, da es sich beim Verhalten der Beklagten um einen unlauteren Wettbewerb von erheblicher Schwere handelt, anderseits der entstandene Schaden schwer abzuschätzen und durch den von beiden Parteien betriebenen grossen Reklameaufwand auf dem Markt Verwirrung geschaffen worden ist (vgl. BGE 81 II 473 und dort erwähnte Entscheide). Von der Urteilsveröffentlichung abzusehen, besteht vorliegend umso weniger Anlass, als die Beklagte trotz der Verwarnung durch die Klägerinnen auf der Berechtigung ihres unlauteren Verhaltens beharrte. Wird aber die Urteilsveröffentlichung angeordnet, so ist die gleichzeitige Erhöhung des mit Fr. 2000.-- zugesprochenen Geldersatzes umso weniger angezeigt.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
In Gutheissung der Hauptberufung und Abweisung der Anschlussberufung wird das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Bern vom 15. Dezember 1955 wie folgt abgeändert:
a) Es wird festgestellt, dass
aa) der Vertrieb von Tafelwasser mit Zitronenaroma, Himbeeraroma und Orangenaroma unter Verwendung der gelb/weissen, rot/weissen und orange/weissen Etiketten mit schwarzem Text durch die Beklagte,
bb) die Verwendung der Bezeichnung "Schwarzenburger" auf den vorerwähnten Etiketten und überhaupt zur Kennzeichnung für die Produkte der Beklagten, unlauterer Wettbewerb ist.
b) Der Beklagten wird untersagt,
aa) für ihre Tafelwasser mit Zitronenaroma, Himbeeraroma und Orangenaroma gelb/weisse, rot/ weisse und orange/weisse Etiketten mit schwarzem Text zu verwenden, sowie Reklameplakate in dieser Form zu benützen,
bb) die Bezeichnung "Schwarzenburger" zur Kennzeichnung ihrer Erzeugnisse zu verwenden.
c) Die Beklagte wird verpflichtet, an die Klägerinnen Fr. 2000.-- als Schadenersatz zu bezahlen.
d) Das vorliegende Urteilsdispositiv ist auf Kosten der Beklagten in drei von den Klägerinnen zu wählenden schweizerischen Zeitungen, im Umfang von höchstens 1/4 Seite, zu veröffentlichen.
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de
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Concorrenza sleale. È illecito di apporre su bottiglie d'acqua minerale etichette che possono generare confusione. Determinante è l'impressione d'insieme (consid. 1 e 2).
È illecito di designare un'acqua minerale col termine "Schwarzenburger", poichè questo rischia di essere confuso con la designazione "Weissenburger". Art. 1 cp. 2 lett. d LCS (consid. 3).
Azione di accertamento, presupposti, art. 2 cp. 1 lett. a LCS (consid. 4).
Azione di risarcimento dei danni, determinazione del danno, art. 2 cp. 1 lett. d LCS (consid. 5).
Riparazione del danno mediante pubblicazione della sentenza, art. 6 LCS (consid. 5).
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it
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82 II 36
Sachverhalt ab Seite 37
A.- Le 30 août 1953, Paul-Henri Rossier, né en 1898, professeur au collège de Vevey, circulait à motocyclette sur la route cantonale qui conduit d'Evionnaz à La Balmaz (Valais). Sur le siège arrière avait pris place son épouse, dame Blanche Rossier, née en 1899. Ils suivaient une file de trois ou quatre voitures. Raymond Peyaud, qui roulait au volant de son automobile à une vitesse de 70 à 80 km/h, les dépassa et commença de devancer également la file de voitures qui les précédait. Cependant, comme une automobile arrivait en sens inverse, il freina brusquement et sa voiture se mit en travers de la chaussée, coupant la route à Rossier. Celui-ci dut également freiner, mais il dérapa; son épouse fut désarçonnée et vint frapper de la tête contre l'aile droite arrière de l'automobile de Peyaud. Bien qu'elle ne parût pas gravement atteinte au premier abord, elle mourut quelques heures plus tard.
Peyaud fut traduit devant le Tribunal du district de St-Maurice, qui le condamna à une amende de 300 fr. pour infraction à la loi sur la circulation automobile et entrave à la circulation publique.
B.- Paul-Henri Rossier et ses trois enfants, Jeanne Spadini-Rossier, née en 1928, Louis Rossier, né en 1930, et Paul Rossier, né en 1932, réclamèrent à l'assureur de Peyaud, la compagnie d'assurances L'Urbaine et la Seine, à Paris, des indemnités à titre de dommages-intérêts et de réparation morale. N'ayant pas obtenu satisfaction, ils décidèrent de porter l'affaire en justice. A cet effet, l'Assurance Mutuelle Vaudoise se substitua à la compagnie française. En outre, les parties convinrent de soumettre le litige directement au Tribunal fédéral.
Par mémoire du 17 mars 1955, les demandeurs conclurent à ce qu'il plaise au Tribunal fédéral prononcer:
"I. que l'Assurance Mutuelle Vaudoise est la débitrice du demandeur Paul-Henri Rossier, professeur à Vevey, et lui doit prompt paiement des sommes suivantes:
a) fr. 7000.-- (sept mille francs) à titre de réparation morale, avec l'intérêt à 5% dès le 30 août 1953;
b) fr. 40 350.-- (quarante mille trois cent cinquante francs) à titre d'indemnité pour perte de soutien, avec l'intérêt à 5% dès le 30 août 1953;
c) fr. 2303.95 (deux mille trois cent trois francs et nonantecinq centimes) avec l'intérêt à 5% dès le 30 août 1953, autres frais...
II. que l'Assurance Mutuelle Vaudoise est la débitrice des demandeurs Louis Rossier, à Angers, Paul Rossier, à Hérémence, et delle Jeanne Rossier, à Bâle, et leur doit prompt paiement à chacun d'eux de la somme de fr. 1500.-- (mille cinq cents francs) à titre de réparation morale, avec l'intérêt à 5% dès le 30 août 1953..."
La défenderesse offrit de payer, à titre de réparation morale, 5000 fr. à Paul-Henri Rossier et 1000 fr. à chacun des autres demandeurs, ainsi que 2000 fr. pour les frais funéraires. Au surplus, elle conclut au rejet de la demande.
Erwägungen
Considérant en droit:
1. La valeur litigieuse est d'au moins 10 000 fr. et les parties sont convenues de saisir directement le Tribunal fédéral. Celui-ci est donc compétent pour connaître du litige (art. 41 litt. c OJ).
2. (Rossier et son épouse n'ont commis aucune faute et Peyaud répond seul, en vertu de l'art. 37 LA, des conséquences de l'accident. En outre, il ressort des preuves administrées que le décès de dame Rossier a été provoqué par le choc cérébral subi lors de la collision).
3. (Les dommages-intérêts dus en vertu de l'art. 45 al. 1 CO se montent à 2188 fr. 95).
4. a) Ainsi que le Tribunal fédéral l'a déjà jugé (RO 52 II 263, 57 II 181, 63 II 21), l'art. 41 CO ne permet d'allouer des dommages-intérêts qu'à la personne directement atteinte par l'acte illicite; les tiers lésés indirectement et par ricochet ne bénéficient pas d'un tel droit (cf. également VON TUHR, CO, p. 343; OSER/SCHÖNENBERGER, CO, ad. art. 41 rem. 52; BECKER, CO, ad art. 41 rem. 115). Cependant, en vertu de l'art. 45 al. 3 CO, ceux qui ont été privés de leur soutien doivent être indemnisés de cette perte par la personne qui en est responsable. Dans ce cas, ce n'est donc pas la personne directement lésée qui peut prétendre à des dommages-intérêts; ce droit appartient à des tiers qui ne sont atteints que par contre-coup. Dès lors, l'art. 45 al. 3 CO déroge au système général du code des obligations et, étant une règle exceptionnelle, il ne saurait être interprété extensivement.
Aussi le Tribunal fédéral, dans une jurisprudence constante (cf. notamment RO 53 II 52 et les références, 54 II 17), ne considère-t-il comme soutien que la personne qui, par des prestations gratuites dans leur principe, assure en fait l'entretien d'une autre ou y contribue. Cette assistance peut du reste affecter différentes formes. Le soutien n'est pas seulement celui qui remet à autrui les biens nécessaires à la vie ou de l'argent pour se les procurer. C'est aussi la personne qui consacre directement son travail à une autre, en préparant ses repas, en soignant ses vêtements et son logis, etc., car cette activité contribue également à l'entretien de celui qui en bénéficie. Aussi une femme peut-elle être considérée comme le soutien de son mari, même si elle ne fait que tenir son ménage (cf. RO 53 II 125/126, 57 II 182, arrêt du 30 octobre 1940 dans la cause Müller-Margot c. Marx-Willer et consorts, consid. 6 b). Pour que la personne assistée ait droit à des dommagesintérêts, il n'est du reste pas nécessaire qu'elle tombe dans la gêne par suite du décès de son soutien; il suffit qu'elle subisse une atteinte pécuniaire dans son genre de vie conforme à son état (RO 57 II 182/3, 59 II 463).
Pour juger si cette condition est remplie dans le cas où un mari réclame des dommages-intérêts selon l'art. 45 al. 3 CO en raison du décès de son épouse, il faut comparer la situation qu'il a avec celle dans laquelle il se serait trouvé si sa femme n'était pas décédée prématurément. On doit donc déduire de la valeur des prestations de l'épouse les montants que le mari eût consacrés à son entretien si elle avait vécu. Or, dans les milieux bourgeois, ces prestations réciproques se compensent en général, lorsque l'épouse se borne à tenir son ménage. Sans doute le veuf engagerat-il normalement une gouvernante, à qui il paiera des gages et fournira la pension et le logement; ou bien, il prendra ses repas au restaurant et devra recourir à l'aide d'une femme de ménage. En outre, il est certain qu'une ménagère mercenaire ne tirera généralement pas des moyens disponibles tout ce qu'une épouse peut en tirer. Mais, d'autre part, les frais d'entretien de l'épouse comprennent certaines dépenses (vêtements, divertissements, vacances, cadeaux, etc.) qu'on ne fait pas en faveur d'une servante. Or l'expérience apprend que, si le mari jouit d'une certaine aisance, ces dépenses supplémentaires ne sont pas inférieures, en règle générale, aux gages d'une gouvernante et aux pertes que peut provoquer le fait qu'elle n'a pas le même intérêt que l'épouse à la prospérité du ménage.
La situation est évidemment différente dans les milieux modestes. En outre, une telle compensation ne saurait être opposée aux enfants qui ont perdu leur mère (RO 57 II 184; arrêt du 30 octobre 1940 dans la cause Müller-Margot c. Marx-Willer et consorts, consid. 6 b).
b) En l'espèce, seul Paul-Henri Rossier réclame une indemnité pour perte de soutien. En sa qualité de professeur au collège de Vevey, il a un traitement annuel de 15 628 fr. 50, qu'il aurait pu affecter entièrement à son entretien et à celui de son épouse, attendu que leurs enfants pourvoient eux-mêmes à leur subsistance. Quant à dame Rossier, elle tenait le ménage et recourait à l'aide d'une blanchisseuse pour les lessives. Dans ces conditions, on peut admettre que les sommes que Rossier eût consacrées à son épouse ne sont pas inférieures aux frais que lui imposeraient la nourriture, le logement et le salaire d'une domestique. Il ne saurait donc prétendre à une indemnité pour perte de soutien, d'autant moins que, jusqu'à présent, il n'a pas engagé de servante et tient lui-même son ménage.
Rossier relève, il est vrai, que, réduit aux services d'une gouvernante, il n'en restera pas moins dépourvu de foyer et se verra privé de toute une partie de la vie sociale. C'est exact en soi, au moins en partie. Mais le dommage qu'il évoque par cet argument n'est pas pécuniaire et ne peut être compensé que par une indemnité pour tort moral.
Il explique en outre qu'il pourra prendre sa retraite à partir du 1er janvier 1960 et qu'il n'aura plus droit, alors, qu'à une pension de 8104 fr. 60 par année; ce montant, dit-il, est suffisant pour permettre à un couple de vivre modestement, mais il ne peut couvrir l'entretien d'un homme seul ainsi que la nourriture et le salaire d'une gouvernante. On peut cependant se demander s'il n'est pas possible d'exiger d'un veuf retraité et vivant seul qu'il tienne son ménage lui-même, au moins en partie, comme Rossier le fait depuis plus de deux ans. Certes, la présence de son épouse l'eût dispensé de ce travail supplémentaire, mais celui-ci est compensé par les ressources accrues dont l'intéressé dispose pour lui-même. Toutefois, cette question peut rester indécise en l'espèce. En effet, il est constant que dame Rossier avait été atteinte, dans sa jeunesse, d'une poliomyélite qui avait laissé des séquelles. Sans doute celles-ci ne l'empêchaient-elles point de tenir normalement son ménage, en s'aidant d'une canne. Mais, selon l'expert, c'est à partir de la cinquantaine que les lésions articulaires inséparables des séquelles graves de poliomyélite commencent à se décompenser, même si elles ont été bien supportées jusque là; il est donc vraisemblable que l'état fonctionnel de dame Rossier se serait assez rapidement altéré et qu'elle n'aurait pas tardé à voir sa capacité de travail diminuer. On doit déduire de ces considérations médicales que, même si son épouse n'était pas décédée prématurément, Paul-Henri Rossier eût vraisemblablement été obligé d'engager une employée ou de se charger lui-même de tout ou partie des travaux domestiques. Dès lors, l'argument qu'il tire de la modicité de sa pension de retraite n'est pas fondé.
5. Les demandeurs réclament enfin des indemnités pour tort moral, savoir 7000 fr. pour Paul-Henri Rossier 1500 fr. pour chacun des enfants. La défenderesse ne leur conteste pas - avec raison - le droit d'obtenir une réparation morale, mais elle soutient que les montants articulés par les demandeurs sont trop élevés.
A cet égard, il faut considérer que Peyaud a commis une faute manifeste en tentant de dépasser plusieurs véhicules alors qu'il n'avait pas la place nécessaire pour le faire. En outre, il est certain que le décès tragique de Blanche Rossier a profondément affecté son mari et ses enfants. Ces derniers, il est vrai, ne vivaient plus dans le foyer paternel, mais ils avaient conservé des liens d'affection étroits avec leurs parents, chez qui ils venaient souvent passer leurs vacances. Quant à Paul-Henri Rossier, l'accident causé par Peyaud l'a privé brutalement d'une épouse à laquelle il était très attaché et le laisse solitaire au seuil de la vieillesse.
Les demandeurs, se fondant sur l'arrêt Blondey (RO 60 II 325/6), estiment qu'il faut tenir compte en outre de la peine insuffisante prononcée par le juge de St-Maurice. Mais ils interprètent mal l'arrêt qu'ils invoquent. Si le Tribunal fédéral y critique la peine infligée à l'auteur du dommage, c'est seulement pour conclure que sa faute doit être appréciée plus sévèrement que ne l'avait fait le juge pénal; en revanche, il ne se fonde pas sur l'insuffisance de la peine pour augmenter l'indemnité pour tort moral. Aussi bien l'argumentation des demandeurs n'est-elle pas fondée. Elle reviendrait en effet à ériger, dans tous les cas d'application des art. 47 CO et 42 LA, le juge civil en censeur du juge pénal.
Tout bien considéré, les montants offerts par la défenderesse, savoir 5000 fr. pour Paul-Henri Rossier et 1000 fr. pour chacun des enfants, paraissent correspondre aux circonstances de la cause.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce:
La demande est admise en ce sens que la défenderesse est condamnée à payer:
a) à Paul-Henri Rossier un montant de 2188 fr. 95, avec intérêt à 5% dès le 30 août 1953, à charge pour lui de dédommager les autres demandeurs dans la mesure où ils ont participé aux dépenses couvertes par cette indemnité;
b) à Paul-Henri Rossier un montant de 5000 fr. avec intérêt à 5% dès le 30 août 1953;
c) à chacun des autres demandeurs un montant de 1000 fr. avec intérêt à 5% dès le 30 août 1953.
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fr
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Versorgerschaden, Genugtuung, Art. 45 Abs. 3 OR, 42 MFG, 47 OR. Begriff des Versorgers. Hat der Ehemann Anspruch auf Ersatz eines Versorgerschadens beim Tod der Ehefrau, die nur den Haushalt besorgte?
Genugtuungssumme. Unbeachtlichkeit des Umstandes, dass die vom Strafrichter über den Urheber der Verletzung verhängte Strafe als ungenügend erscheint.
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-36%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 36
Sachverhalt ab Seite 37
A.- Le 30 août 1953, Paul-Henri Rossier, né en 1898, professeur au collège de Vevey, circulait à motocyclette sur la route cantonale qui conduit d'Evionnaz à La Balmaz (Valais). Sur le siège arrière avait pris place son épouse, dame Blanche Rossier, née en 1899. Ils suivaient une file de trois ou quatre voitures. Raymond Peyaud, qui roulait au volant de son automobile à une vitesse de 70 à 80 km/h, les dépassa et commença de devancer également la file de voitures qui les précédait. Cependant, comme une automobile arrivait en sens inverse, il freina brusquement et sa voiture se mit en travers de la chaussée, coupant la route à Rossier. Celui-ci dut également freiner, mais il dérapa; son épouse fut désarçonnée et vint frapper de la tête contre l'aile droite arrière de l'automobile de Peyaud. Bien qu'elle ne parût pas gravement atteinte au premier abord, elle mourut quelques heures plus tard.
Peyaud fut traduit devant le Tribunal du district de St-Maurice, qui le condamna à une amende de 300 fr. pour infraction à la loi sur la circulation automobile et entrave à la circulation publique.
B.- Paul-Henri Rossier et ses trois enfants, Jeanne Spadini-Rossier, née en 1928, Louis Rossier, né en 1930, et Paul Rossier, né en 1932, réclamèrent à l'assureur de Peyaud, la compagnie d'assurances L'Urbaine et la Seine, à Paris, des indemnités à titre de dommages-intérêts et de réparation morale. N'ayant pas obtenu satisfaction, ils décidèrent de porter l'affaire en justice. A cet effet, l'Assurance Mutuelle Vaudoise se substitua à la compagnie française. En outre, les parties convinrent de soumettre le litige directement au Tribunal fédéral.
Par mémoire du 17 mars 1955, les demandeurs conclurent à ce qu'il plaise au Tribunal fédéral prononcer:
"I. que l'Assurance Mutuelle Vaudoise est la débitrice du demandeur Paul-Henri Rossier, professeur à Vevey, et lui doit prompt paiement des sommes suivantes:
a) fr. 7000.-- (sept mille francs) à titre de réparation morale, avec l'intérêt à 5% dès le 30 août 1953;
b) fr. 40 350.-- (quarante mille trois cent cinquante francs) à titre d'indemnité pour perte de soutien, avec l'intérêt à 5% dès le 30 août 1953;
c) fr. 2303.95 (deux mille trois cent trois francs et nonantecinq centimes) avec l'intérêt à 5% dès le 30 août 1953, autres frais...
II. que l'Assurance Mutuelle Vaudoise est la débitrice des demandeurs Louis Rossier, à Angers, Paul Rossier, à Hérémence, et delle Jeanne Rossier, à Bâle, et leur doit prompt paiement à chacun d'eux de la somme de fr. 1500.-- (mille cinq cents francs) à titre de réparation morale, avec l'intérêt à 5% dès le 30 août 1953..."
La défenderesse offrit de payer, à titre de réparation morale, 5000 fr. à Paul-Henri Rossier et 1000 fr. à chacun des autres demandeurs, ainsi que 2000 fr. pour les frais funéraires. Au surplus, elle conclut au rejet de la demande.
Erwägungen
Considérant en droit:
1. La valeur litigieuse est d'au moins 10 000 fr. et les parties sont convenues de saisir directement le Tribunal fédéral. Celui-ci est donc compétent pour connaître du litige (art. 41 litt. c OJ).
2. (Rossier et son épouse n'ont commis aucune faute et Peyaud répond seul, en vertu de l'art. 37 LA, des conséquences de l'accident. En outre, il ressort des preuves administrées que le décès de dame Rossier a été provoqué par le choc cérébral subi lors de la collision).
3. (Les dommages-intérêts dus en vertu de l'art. 45 al. 1 CO se montent à 2188 fr. 95).
4. a) Ainsi que le Tribunal fédéral l'a déjà jugé (RO 52 II 263, 57 II 181, 63 II 21), l'art. 41 CO ne permet d'allouer des dommages-intérêts qu'à la personne directement atteinte par l'acte illicite; les tiers lésés indirectement et par ricochet ne bénéficient pas d'un tel droit (cf. également VON TUHR, CO, p. 343; OSER/SCHÖNENBERGER, CO, ad. art. 41 rem. 52; BECKER, CO, ad art. 41 rem. 115). Cependant, en vertu de l'art. 45 al. 3 CO, ceux qui ont été privés de leur soutien doivent être indemnisés de cette perte par la personne qui en est responsable. Dans ce cas, ce n'est donc pas la personne directement lésée qui peut prétendre à des dommages-intérêts; ce droit appartient à des tiers qui ne sont atteints que par contre-coup. Dès lors, l'art. 45 al. 3 CO déroge au système général du code des obligations et, étant une règle exceptionnelle, il ne saurait être interprété extensivement.
Aussi le Tribunal fédéral, dans une jurisprudence constante (cf. notamment RO 53 II 52 et les références, 54 II 17), ne considère-t-il comme soutien que la personne qui, par des prestations gratuites dans leur principe, assure en fait l'entretien d'une autre ou y contribue. Cette assistance peut du reste affecter différentes formes. Le soutien n'est pas seulement celui qui remet à autrui les biens nécessaires à la vie ou de l'argent pour se les procurer. C'est aussi la personne qui consacre directement son travail à une autre, en préparant ses repas, en soignant ses vêtements et son logis, etc., car cette activité contribue également à l'entretien de celui qui en bénéficie. Aussi une femme peut-elle être considérée comme le soutien de son mari, même si elle ne fait que tenir son ménage (cf. RO 53 II 125/126, 57 II 182, arrêt du 30 octobre 1940 dans la cause Müller-Margot c. Marx-Willer et consorts, consid. 6 b). Pour que la personne assistée ait droit à des dommagesintérêts, il n'est du reste pas nécessaire qu'elle tombe dans la gêne par suite du décès de son soutien; il suffit qu'elle subisse une atteinte pécuniaire dans son genre de vie conforme à son état (RO 57 II 182/3, 59 II 463).
Pour juger si cette condition est remplie dans le cas où un mari réclame des dommages-intérêts selon l'art. 45 al. 3 CO en raison du décès de son épouse, il faut comparer la situation qu'il a avec celle dans laquelle il se serait trouvé si sa femme n'était pas décédée prématurément. On doit donc déduire de la valeur des prestations de l'épouse les montants que le mari eût consacrés à son entretien si elle avait vécu. Or, dans les milieux bourgeois, ces prestations réciproques se compensent en général, lorsque l'épouse se borne à tenir son ménage. Sans doute le veuf engagerat-il normalement une gouvernante, à qui il paiera des gages et fournira la pension et le logement; ou bien, il prendra ses repas au restaurant et devra recourir à l'aide d'une femme de ménage. En outre, il est certain qu'une ménagère mercenaire ne tirera généralement pas des moyens disponibles tout ce qu'une épouse peut en tirer. Mais, d'autre part, les frais d'entretien de l'épouse comprennent certaines dépenses (vêtements, divertissements, vacances, cadeaux, etc.) qu'on ne fait pas en faveur d'une servante. Or l'expérience apprend que, si le mari jouit d'une certaine aisance, ces dépenses supplémentaires ne sont pas inférieures, en règle générale, aux gages d'une gouvernante et aux pertes que peut provoquer le fait qu'elle n'a pas le même intérêt que l'épouse à la prospérité du ménage.
La situation est évidemment différente dans les milieux modestes. En outre, une telle compensation ne saurait être opposée aux enfants qui ont perdu leur mère (RO 57 II 184; arrêt du 30 octobre 1940 dans la cause Müller-Margot c. Marx-Willer et consorts, consid. 6 b).
b) En l'espèce, seul Paul-Henri Rossier réclame une indemnité pour perte de soutien. En sa qualité de professeur au collège de Vevey, il a un traitement annuel de 15 628 fr. 50, qu'il aurait pu affecter entièrement à son entretien et à celui de son épouse, attendu que leurs enfants pourvoient eux-mêmes à leur subsistance. Quant à dame Rossier, elle tenait le ménage et recourait à l'aide d'une blanchisseuse pour les lessives. Dans ces conditions, on peut admettre que les sommes que Rossier eût consacrées à son épouse ne sont pas inférieures aux frais que lui imposeraient la nourriture, le logement et le salaire d'une domestique. Il ne saurait donc prétendre à une indemnité pour perte de soutien, d'autant moins que, jusqu'à présent, il n'a pas engagé de servante et tient lui-même son ménage.
Rossier relève, il est vrai, que, réduit aux services d'une gouvernante, il n'en restera pas moins dépourvu de foyer et se verra privé de toute une partie de la vie sociale. C'est exact en soi, au moins en partie. Mais le dommage qu'il évoque par cet argument n'est pas pécuniaire et ne peut être compensé que par une indemnité pour tort moral.
Il explique en outre qu'il pourra prendre sa retraite à partir du 1er janvier 1960 et qu'il n'aura plus droit, alors, qu'à une pension de 8104 fr. 60 par année; ce montant, dit-il, est suffisant pour permettre à un couple de vivre modestement, mais il ne peut couvrir l'entretien d'un homme seul ainsi que la nourriture et le salaire d'une gouvernante. On peut cependant se demander s'il n'est pas possible d'exiger d'un veuf retraité et vivant seul qu'il tienne son ménage lui-même, au moins en partie, comme Rossier le fait depuis plus de deux ans. Certes, la présence de son épouse l'eût dispensé de ce travail supplémentaire, mais celui-ci est compensé par les ressources accrues dont l'intéressé dispose pour lui-même. Toutefois, cette question peut rester indécise en l'espèce. En effet, il est constant que dame Rossier avait été atteinte, dans sa jeunesse, d'une poliomyélite qui avait laissé des séquelles. Sans doute celles-ci ne l'empêchaient-elles point de tenir normalement son ménage, en s'aidant d'une canne. Mais, selon l'expert, c'est à partir de la cinquantaine que les lésions articulaires inséparables des séquelles graves de poliomyélite commencent à se décompenser, même si elles ont été bien supportées jusque là; il est donc vraisemblable que l'état fonctionnel de dame Rossier se serait assez rapidement altéré et qu'elle n'aurait pas tardé à voir sa capacité de travail diminuer. On doit déduire de ces considérations médicales que, même si son épouse n'était pas décédée prématurément, Paul-Henri Rossier eût vraisemblablement été obligé d'engager une employée ou de se charger lui-même de tout ou partie des travaux domestiques. Dès lors, l'argument qu'il tire de la modicité de sa pension de retraite n'est pas fondé.
5. Les demandeurs réclament enfin des indemnités pour tort moral, savoir 7000 fr. pour Paul-Henri Rossier 1500 fr. pour chacun des enfants. La défenderesse ne leur conteste pas - avec raison - le droit d'obtenir une réparation morale, mais elle soutient que les montants articulés par les demandeurs sont trop élevés.
A cet égard, il faut considérer que Peyaud a commis une faute manifeste en tentant de dépasser plusieurs véhicules alors qu'il n'avait pas la place nécessaire pour le faire. En outre, il est certain que le décès tragique de Blanche Rossier a profondément affecté son mari et ses enfants. Ces derniers, il est vrai, ne vivaient plus dans le foyer paternel, mais ils avaient conservé des liens d'affection étroits avec leurs parents, chez qui ils venaient souvent passer leurs vacances. Quant à Paul-Henri Rossier, l'accident causé par Peyaud l'a privé brutalement d'une épouse à laquelle il était très attaché et le laisse solitaire au seuil de la vieillesse.
Les demandeurs, se fondant sur l'arrêt Blondey (RO 60 II 325/6), estiment qu'il faut tenir compte en outre de la peine insuffisante prononcée par le juge de St-Maurice. Mais ils interprètent mal l'arrêt qu'ils invoquent. Si le Tribunal fédéral y critique la peine infligée à l'auteur du dommage, c'est seulement pour conclure que sa faute doit être appréciée plus sévèrement que ne l'avait fait le juge pénal; en revanche, il ne se fonde pas sur l'insuffisance de la peine pour augmenter l'indemnité pour tort moral. Aussi bien l'argumentation des demandeurs n'est-elle pas fondée. Elle reviendrait en effet à ériger, dans tous les cas d'application des art. 47 CO et 42 LA, le juge civil en censeur du juge pénal.
Tout bien considéré, les montants offerts par la défenderesse, savoir 5000 fr. pour Paul-Henri Rossier et 1000 fr. pour chacun des enfants, paraissent correspondre aux circonstances de la cause.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce:
La demande est admise en ce sens que la défenderesse est condamnée à payer:
a) à Paul-Henri Rossier un montant de 2188 fr. 95, avec intérêt à 5% dès le 30 août 1953, à charge pour lui de dédommager les autres demandeurs dans la mesure où ils ont participé aux dépenses couvertes par cette indemnité;
b) à Paul-Henri Rossier un montant de 5000 fr. avec intérêt à 5% dès le 30 août 1953;
c) à chacun des autres demandeurs un montant de 1000 fr. avec intérêt à 5% dès le 30 août 1953.
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Perte de soutien, tort moral, art. 45 al. 3 CO, 42 LA et 47 CO. Notion du soutien. Le mari peut-il prétendre à des dommagesintérêts pour perte de soutien en cas de décès de son épouse, lorsque celle-ci ne faisait que tenir son ménage?
Fixation de la réparation morale. Il n'y a pas lieu de tenir compte de l'insuffisance de la peine infligée par le juge pénal à l'auteur de l'atteinte.
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-36%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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Sachverhalt ab Seite 37
A.- Le 30 août 1953, Paul-Henri Rossier, né en 1898, professeur au collège de Vevey, circulait à motocyclette sur la route cantonale qui conduit d'Evionnaz à La Balmaz (Valais). Sur le siège arrière avait pris place son épouse, dame Blanche Rossier, née en 1899. Ils suivaient une file de trois ou quatre voitures. Raymond Peyaud, qui roulait au volant de son automobile à une vitesse de 70 à 80 km/h, les dépassa et commença de devancer également la file de voitures qui les précédait. Cependant, comme une automobile arrivait en sens inverse, il freina brusquement et sa voiture se mit en travers de la chaussée, coupant la route à Rossier. Celui-ci dut également freiner, mais il dérapa; son épouse fut désarçonnée et vint frapper de la tête contre l'aile droite arrière de l'automobile de Peyaud. Bien qu'elle ne parût pas gravement atteinte au premier abord, elle mourut quelques heures plus tard.
Peyaud fut traduit devant le Tribunal du district de St-Maurice, qui le condamna à une amende de 300 fr. pour infraction à la loi sur la circulation automobile et entrave à la circulation publique.
B.- Paul-Henri Rossier et ses trois enfants, Jeanne Spadini-Rossier, née en 1928, Louis Rossier, né en 1930, et Paul Rossier, né en 1932, réclamèrent à l'assureur de Peyaud, la compagnie d'assurances L'Urbaine et la Seine, à Paris, des indemnités à titre de dommages-intérêts et de réparation morale. N'ayant pas obtenu satisfaction, ils décidèrent de porter l'affaire en justice. A cet effet, l'Assurance Mutuelle Vaudoise se substitua à la compagnie française. En outre, les parties convinrent de soumettre le litige directement au Tribunal fédéral.
Par mémoire du 17 mars 1955, les demandeurs conclurent à ce qu'il plaise au Tribunal fédéral prononcer:
"I. que l'Assurance Mutuelle Vaudoise est la débitrice du demandeur Paul-Henri Rossier, professeur à Vevey, et lui doit prompt paiement des sommes suivantes:
a) fr. 7000.-- (sept mille francs) à titre de réparation morale, avec l'intérêt à 5% dès le 30 août 1953;
b) fr. 40 350.-- (quarante mille trois cent cinquante francs) à titre d'indemnité pour perte de soutien, avec l'intérêt à 5% dès le 30 août 1953;
c) fr. 2303.95 (deux mille trois cent trois francs et nonantecinq centimes) avec l'intérêt à 5% dès le 30 août 1953, autres frais...
II. que l'Assurance Mutuelle Vaudoise est la débitrice des demandeurs Louis Rossier, à Angers, Paul Rossier, à Hérémence, et delle Jeanne Rossier, à Bâle, et leur doit prompt paiement à chacun d'eux de la somme de fr. 1500.-- (mille cinq cents francs) à titre de réparation morale, avec l'intérêt à 5% dès le 30 août 1953..."
La défenderesse offrit de payer, à titre de réparation morale, 5000 fr. à Paul-Henri Rossier et 1000 fr. à chacun des autres demandeurs, ainsi que 2000 fr. pour les frais funéraires. Au surplus, elle conclut au rejet de la demande.
Erwägungen
Considérant en droit:
1. La valeur litigieuse est d'au moins 10 000 fr. et les parties sont convenues de saisir directement le Tribunal fédéral. Celui-ci est donc compétent pour connaître du litige (art. 41 litt. c OJ).
2. (Rossier et son épouse n'ont commis aucune faute et Peyaud répond seul, en vertu de l'art. 37 LA, des conséquences de l'accident. En outre, il ressort des preuves administrées que le décès de dame Rossier a été provoqué par le choc cérébral subi lors de la collision).
3. (Les dommages-intérêts dus en vertu de l'art. 45 al. 1 CO se montent à 2188 fr. 95).
4. a) Ainsi que le Tribunal fédéral l'a déjà jugé (RO 52 II 263, 57 II 181, 63 II 21), l'art. 41 CO ne permet d'allouer des dommages-intérêts qu'à la personne directement atteinte par l'acte illicite; les tiers lésés indirectement et par ricochet ne bénéficient pas d'un tel droit (cf. également VON TUHR, CO, p. 343; OSER/SCHÖNENBERGER, CO, ad. art. 41 rem. 52; BECKER, CO, ad art. 41 rem. 115). Cependant, en vertu de l'art. 45 al. 3 CO, ceux qui ont été privés de leur soutien doivent être indemnisés de cette perte par la personne qui en est responsable. Dans ce cas, ce n'est donc pas la personne directement lésée qui peut prétendre à des dommages-intérêts; ce droit appartient à des tiers qui ne sont atteints que par contre-coup. Dès lors, l'art. 45 al. 3 CO déroge au système général du code des obligations et, étant une règle exceptionnelle, il ne saurait être interprété extensivement.
Aussi le Tribunal fédéral, dans une jurisprudence constante (cf. notamment RO 53 II 52 et les références, 54 II 17), ne considère-t-il comme soutien que la personne qui, par des prestations gratuites dans leur principe, assure en fait l'entretien d'une autre ou y contribue. Cette assistance peut du reste affecter différentes formes. Le soutien n'est pas seulement celui qui remet à autrui les biens nécessaires à la vie ou de l'argent pour se les procurer. C'est aussi la personne qui consacre directement son travail à une autre, en préparant ses repas, en soignant ses vêtements et son logis, etc., car cette activité contribue également à l'entretien de celui qui en bénéficie. Aussi une femme peut-elle être considérée comme le soutien de son mari, même si elle ne fait que tenir son ménage (cf. RO 53 II 125/126, 57 II 182, arrêt du 30 octobre 1940 dans la cause Müller-Margot c. Marx-Willer et consorts, consid. 6 b). Pour que la personne assistée ait droit à des dommagesintérêts, il n'est du reste pas nécessaire qu'elle tombe dans la gêne par suite du décès de son soutien; il suffit qu'elle subisse une atteinte pécuniaire dans son genre de vie conforme à son état (RO 57 II 182/3, 59 II 463).
Pour juger si cette condition est remplie dans le cas où un mari réclame des dommages-intérêts selon l'art. 45 al. 3 CO en raison du décès de son épouse, il faut comparer la situation qu'il a avec celle dans laquelle il se serait trouvé si sa femme n'était pas décédée prématurément. On doit donc déduire de la valeur des prestations de l'épouse les montants que le mari eût consacrés à son entretien si elle avait vécu. Or, dans les milieux bourgeois, ces prestations réciproques se compensent en général, lorsque l'épouse se borne à tenir son ménage. Sans doute le veuf engagerat-il normalement une gouvernante, à qui il paiera des gages et fournira la pension et le logement; ou bien, il prendra ses repas au restaurant et devra recourir à l'aide d'une femme de ménage. En outre, il est certain qu'une ménagère mercenaire ne tirera généralement pas des moyens disponibles tout ce qu'une épouse peut en tirer. Mais, d'autre part, les frais d'entretien de l'épouse comprennent certaines dépenses (vêtements, divertissements, vacances, cadeaux, etc.) qu'on ne fait pas en faveur d'une servante. Or l'expérience apprend que, si le mari jouit d'une certaine aisance, ces dépenses supplémentaires ne sont pas inférieures, en règle générale, aux gages d'une gouvernante et aux pertes que peut provoquer le fait qu'elle n'a pas le même intérêt que l'épouse à la prospérité du ménage.
La situation est évidemment différente dans les milieux modestes. En outre, une telle compensation ne saurait être opposée aux enfants qui ont perdu leur mère (RO 57 II 184; arrêt du 30 octobre 1940 dans la cause Müller-Margot c. Marx-Willer et consorts, consid. 6 b).
b) En l'espèce, seul Paul-Henri Rossier réclame une indemnité pour perte de soutien. En sa qualité de professeur au collège de Vevey, il a un traitement annuel de 15 628 fr. 50, qu'il aurait pu affecter entièrement à son entretien et à celui de son épouse, attendu que leurs enfants pourvoient eux-mêmes à leur subsistance. Quant à dame Rossier, elle tenait le ménage et recourait à l'aide d'une blanchisseuse pour les lessives. Dans ces conditions, on peut admettre que les sommes que Rossier eût consacrées à son épouse ne sont pas inférieures aux frais que lui imposeraient la nourriture, le logement et le salaire d'une domestique. Il ne saurait donc prétendre à une indemnité pour perte de soutien, d'autant moins que, jusqu'à présent, il n'a pas engagé de servante et tient lui-même son ménage.
Rossier relève, il est vrai, que, réduit aux services d'une gouvernante, il n'en restera pas moins dépourvu de foyer et se verra privé de toute une partie de la vie sociale. C'est exact en soi, au moins en partie. Mais le dommage qu'il évoque par cet argument n'est pas pécuniaire et ne peut être compensé que par une indemnité pour tort moral.
Il explique en outre qu'il pourra prendre sa retraite à partir du 1er janvier 1960 et qu'il n'aura plus droit, alors, qu'à une pension de 8104 fr. 60 par année; ce montant, dit-il, est suffisant pour permettre à un couple de vivre modestement, mais il ne peut couvrir l'entretien d'un homme seul ainsi que la nourriture et le salaire d'une gouvernante. On peut cependant se demander s'il n'est pas possible d'exiger d'un veuf retraité et vivant seul qu'il tienne son ménage lui-même, au moins en partie, comme Rossier le fait depuis plus de deux ans. Certes, la présence de son épouse l'eût dispensé de ce travail supplémentaire, mais celui-ci est compensé par les ressources accrues dont l'intéressé dispose pour lui-même. Toutefois, cette question peut rester indécise en l'espèce. En effet, il est constant que dame Rossier avait été atteinte, dans sa jeunesse, d'une poliomyélite qui avait laissé des séquelles. Sans doute celles-ci ne l'empêchaient-elles point de tenir normalement son ménage, en s'aidant d'une canne. Mais, selon l'expert, c'est à partir de la cinquantaine que les lésions articulaires inséparables des séquelles graves de poliomyélite commencent à se décompenser, même si elles ont été bien supportées jusque là; il est donc vraisemblable que l'état fonctionnel de dame Rossier se serait assez rapidement altéré et qu'elle n'aurait pas tardé à voir sa capacité de travail diminuer. On doit déduire de ces considérations médicales que, même si son épouse n'était pas décédée prématurément, Paul-Henri Rossier eût vraisemblablement été obligé d'engager une employée ou de se charger lui-même de tout ou partie des travaux domestiques. Dès lors, l'argument qu'il tire de la modicité de sa pension de retraite n'est pas fondé.
5. Les demandeurs réclament enfin des indemnités pour tort moral, savoir 7000 fr. pour Paul-Henri Rossier 1500 fr. pour chacun des enfants. La défenderesse ne leur conteste pas - avec raison - le droit d'obtenir une réparation morale, mais elle soutient que les montants articulés par les demandeurs sont trop élevés.
A cet égard, il faut considérer que Peyaud a commis une faute manifeste en tentant de dépasser plusieurs véhicules alors qu'il n'avait pas la place nécessaire pour le faire. En outre, il est certain que le décès tragique de Blanche Rossier a profondément affecté son mari et ses enfants. Ces derniers, il est vrai, ne vivaient plus dans le foyer paternel, mais ils avaient conservé des liens d'affection étroits avec leurs parents, chez qui ils venaient souvent passer leurs vacances. Quant à Paul-Henri Rossier, l'accident causé par Peyaud l'a privé brutalement d'une épouse à laquelle il était très attaché et le laisse solitaire au seuil de la vieillesse.
Les demandeurs, se fondant sur l'arrêt Blondey (RO 60 II 325/6), estiment qu'il faut tenir compte en outre de la peine insuffisante prononcée par le juge de St-Maurice. Mais ils interprètent mal l'arrêt qu'ils invoquent. Si le Tribunal fédéral y critique la peine infligée à l'auteur du dommage, c'est seulement pour conclure que sa faute doit être appréciée plus sévèrement que ne l'avait fait le juge pénal; en revanche, il ne se fonde pas sur l'insuffisance de la peine pour augmenter l'indemnité pour tort moral. Aussi bien l'argumentation des demandeurs n'est-elle pas fondée. Elle reviendrait en effet à ériger, dans tous les cas d'application des art. 47 CO et 42 LA, le juge civil en censeur du juge pénal.
Tout bien considéré, les montants offerts par la défenderesse, savoir 5000 fr. pour Paul-Henri Rossier et 1000 fr. pour chacun des enfants, paraissent correspondre aux circonstances de la cause.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce:
La demande est admise en ce sens que la défenderesse est condamnée à payer:
a) à Paul-Henri Rossier un montant de 2188 fr. 95, avec intérêt à 5% dès le 30 août 1953, à charge pour lui de dédommager les autres demandeurs dans la mesure où ils ont participé aux dépenses couvertes par cette indemnité;
b) à Paul-Henri Rossier un montant de 5000 fr. avec intérêt à 5% dès le 30 août 1953;
c) à chacun des autres demandeurs un montant de 1000 fr. avec intérêt à 5% dès le 30 août 1953.
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fr
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Perdita di sostegno, torto morale, art. 45 cp. 3 CO, 42 LA e 47 CO. Nozione di sostegno. Può il marito pretendere un risarcimento per perdita di sostegno in caso di morte della moglie, quando questa si limitava a occuparsi dell'economia domestica?
Determinazione della riparazione morale. E'irrilevante la circostanza che la pena inflitta dal giudice penale all'autore del pregiudizio appare insufficiente.
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82 II 362
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Sachverhalt ab Seite 363
Am 12. Dezember 1952 gebar Mina Nagel ausserehelich das Kind Beatrice Susanne. Als Vater bezeichnete sie Kurt Salzmann. Am 9. Januar 1953 erklärte sich die Mutter damit einverstanden, dass das Kind an einen geeigneten Pflegeplatz gegeben werde, und stimmte einer allfälligen Adoption zu. Am 29. Juni 1955 schloss der Vormund des Kindes mit dessen Pflegeeltern einen Adoptionsvertrag. Nach vorausgegangener Beschlussfassung des Waisenamtes Thalwil stimmte der Bezirksrat Horgen als vormundschaftliche Aufsichtsbehörde dieser Adoption am 3. August 1955 im Sinne von Art. 442 Ziff. 1 ZGB zu. Gleichzeitig beschloss er als die nach dem massgebenden kantonalen Recht zum Entscheid über "Gesuche betreffend Kindesannahme" zuständige Behörde (§ 39 des zürch. EG zum ZGB; vgl. Art. 267 ZGB und Art. 54 SchlT) auf Antrag des Gemeinderates Thalwil, den Pflegeeltern werde "die Ermächtigung erteilt, ihr Pflegetöchterchen B. S. Nagel an Kindesstatt anzunehmen, womit die Adoption als vollzogen erklärt wird."
Am 15. August 1955 rekurrierten Kurt Salzmann und Mina Nagel gegen den "Adoptionsbeschluss" des Bezirksrates vom 3. August 1955 an den Regierungsrat des Kantons Zürich. Am 3. September 1955 heirateten sie. Am 14. Juni 1956 hat der Regierungsrat entschieden, der Rekurs der Eheleute Salzmann-Nagel gegen den Ermächtigungsbeschluss des Bezirksrates werde abgewiesen.
Gegen diesen Entscheid haben die Eheleute Salzmann die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Subsidiär haben sie ihn ausserdem mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 54 und 4 BV angefochten.
Der Regierungsrat beantragt in seinen Gegenbemerkungen zur Berufung, es sei hieraufnicht einzutreten; eventuell sei sie abzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Vormundschaftsbehörde Thalwil und der Bezirksrat Horgen, die in der Berufungsschrift als Berufungsbeklagte genannt sind, haben am kantonalen Verfahren nicht als Parteien, sondern als entscheidende Behörden teilgenommen. Antragsteller waren dort die Amtsvormundschaft des Bezirkes Horgen und der Gemeinderat Thalwil. Nur diese können daher vor Bundesgericht als Gegenpartei der Berufungskläger gelten.
2. Der angefochtene Entscheid betrifft die Frage, ob im vorliegenden Fall die Ermächtigung zur Adoption im Sinne von Art. 267 ZGB zu erteilen sei. Dabei handelt es sich wie bei der Zustimmung der vormundschaftlichen Behörden zu dem vom Vormund abgeschlossenen Adoptionsvertrag (Art. 422 Ziff. 1 ZGB), gegen die das zulässige kantonale Rechtsmittel, der Rekurs an die Justizdirektion als obere Aufsichtsbehörde in Vormundschaftssachen, nicht ergriffen wurde, um ein Geschäft der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit. Der angefochtene Entscheid ist also nicht in einer Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 44 OG ergangen (vgl.BGE 78 II 180).
Die Berufungskläger behaupten dies denn auch selber nicht, sondern machen geltend, gegen den angefochtenen Entscheid sei die Berufung nach Art. 44 lit. b OG zulässig, weil ihnen durch die Bewilligung der Adoption ihres Kindes, das durch ihre Heirat legitimiert worden sei, mittelbar die elterliche Gewalt entzogen werde. Dabei verkennen sie jedoch den klaren Sinn von Art. 44 lit. b OG. Diese Vorschrift spricht nur von der Entziehung und Wiederherstellung der elterlichen Gewalt gemäss Art. 285 und 287 ZGB und will unzweifelhaft nur die Möglichkeit schaffen, dass die Beteiligten die in Anwendung dieser Bestimmung getroffenen Entscheidungen durch das Bundesgericht überprüfen lassen können. Eine Entscheidung, die den Verlust der elterlichen Gewalt bewirkt, unterliegt also der Weiterziehung an das Bundesgericht nur dann, wenn sie sich auf Art. 285 ZGB stützt, nicht auch dann, wenn sich der Verlust der elterlichen Gewalt aus der Anwendung anderer Bestimmungen ergibt. Demgemäss wurde unter dem früheren OG, das als Rechtsmittel gegen kantonale Entscheidungen über den Entzug und die Wiederherstellung der elterlichen Gewalt im Sinne von Art. 285 und 287 ZGB anstelle der Berufung die zivilrechtliche Beschwerde vorsah (Art. 86 Ziff. 2 aoG), die Weiterziehung von Entscheidungen nach Art. 286 ZGB als unzulässig erklärt, obwohl durch die Bestellung eines Vormundes für die Kinder auf Grund dieser Bestimmung die elterliche Gewalt aufgehoben wird (BGE 38 II 771,BGE 65 II 119). Im vorliegenden Fall kann nichts anderes gelten. Ob die Adoption des Kindes Barbara Susanne zu bewilligen sei, wodurch die elterliche Gewalt der Berufungskläger beseitigt würde, ist eine Frage der Anwendung von Art. 267 ZGB. Art. 285 ZGB spielt bei dieser Entscheidung keine Rolle. Der angefochtene Entscheid fällt daher nicht unter Art. 44 lit. b OG.
BIRCHMEIER erklärt an der von den Berufungsklägern angerufenen Stelle (N. 6 b zu Art. 44 OG, S. 131) nicht allgemein, dass die Berufung auch bei bloss mittelbarem Gewaltentzug zulässig sei. Er sagt vielmehr nur, die elterliche Gewalt könne ausdrücklich oder dadurch entzogen werden, dass dem Unmündigen ein Vormund bestellt werde; auch in diesem Falle bloss mittelbaren Gewaltentzuges sei der Weiterzug zulässig. Damit wollte er die Ausführungen in der vorhergehenden Note (6 a), wonach es sich um einen Gewaltentzug nach Art. 285 ZGB handeln muss, offensichtlich nicht widerrufen. Das von ihm angeführte PräjudizBGE 47 II 16betrifft einen Fall, wo der Scheidungsrichter in gesetzwidriger Weise die Kinderzuteilung der Vormundschaftsbehörde überlassen und diese hierauf die Kinder "gemäss Art. 285 und 368 ZGB" unter Vormundschaft gestellt hatte. Diese von den kantonalen Rekursinstanzen bestätigte Massnahme lief zweifellos auf einen Entzug der elterlichen Gewalt gemäss Art. 285 ZGB hinaus. Indem das Bundesgericht in diesem Falle die zivilrechtliche Beschwerde im Sinne von Art. 86 Ziff. 2 aoG zuliess, bekannte es sich also keineswegs zur Auffassung, dass Entscheidungen, die den Verlust der elterlichen Gewalt nach sich ziehen, auch dann ans Bundesgericht weitergezogen werden können, wenn sie sich nicht auf Art. 285 ZGB stützen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
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Berufung. Gegen einen Entscheid über die Ermächtigung zur Adoption im Sinne von Art. 267 ZGB ist die Berufung an das Bundesgericht nicht zulässig, selbst wenn die Adoption zur Folge hat, dass die Eltern des Kindes die elterliche Gewalt verlieren.
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Am 12. Dezember 1952 gebar Mina Nagel ausserehelich das Kind Beatrice Susanne. Als Vater bezeichnete sie Kurt Salzmann. Am 9. Januar 1953 erklärte sich die Mutter damit einverstanden, dass das Kind an einen geeigneten Pflegeplatz gegeben werde, und stimmte einer allfälligen Adoption zu. Am 29. Juni 1955 schloss der Vormund des Kindes mit dessen Pflegeeltern einen Adoptionsvertrag. Nach vorausgegangener Beschlussfassung des Waisenamtes Thalwil stimmte der Bezirksrat Horgen als vormundschaftliche Aufsichtsbehörde dieser Adoption am 3. August 1955 im Sinne von Art. 442 Ziff. 1 ZGB zu. Gleichzeitig beschloss er als die nach dem massgebenden kantonalen Recht zum Entscheid über "Gesuche betreffend Kindesannahme" zuständige Behörde (§ 39 des zürch. EG zum ZGB; vgl. Art. 267 ZGB und Art. 54 SchlT) auf Antrag des Gemeinderates Thalwil, den Pflegeeltern werde "die Ermächtigung erteilt, ihr Pflegetöchterchen B. S. Nagel an Kindesstatt anzunehmen, womit die Adoption als vollzogen erklärt wird."
Am 15. August 1955 rekurrierten Kurt Salzmann und Mina Nagel gegen den "Adoptionsbeschluss" des Bezirksrates vom 3. August 1955 an den Regierungsrat des Kantons Zürich. Am 3. September 1955 heirateten sie. Am 14. Juni 1956 hat der Regierungsrat entschieden, der Rekurs der Eheleute Salzmann-Nagel gegen den Ermächtigungsbeschluss des Bezirksrates werde abgewiesen.
Gegen diesen Entscheid haben die Eheleute Salzmann die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Subsidiär haben sie ihn ausserdem mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 54 und 4 BV angefochten.
Der Regierungsrat beantragt in seinen Gegenbemerkungen zur Berufung, es sei hieraufnicht einzutreten; eventuell sei sie abzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Vormundschaftsbehörde Thalwil und der Bezirksrat Horgen, die in der Berufungsschrift als Berufungsbeklagte genannt sind, haben am kantonalen Verfahren nicht als Parteien, sondern als entscheidende Behörden teilgenommen. Antragsteller waren dort die Amtsvormundschaft des Bezirkes Horgen und der Gemeinderat Thalwil. Nur diese können daher vor Bundesgericht als Gegenpartei der Berufungskläger gelten.
2. Der angefochtene Entscheid betrifft die Frage, ob im vorliegenden Fall die Ermächtigung zur Adoption im Sinne von Art. 267 ZGB zu erteilen sei. Dabei handelt es sich wie bei der Zustimmung der vormundschaftlichen Behörden zu dem vom Vormund abgeschlossenen Adoptionsvertrag (Art. 422 Ziff. 1 ZGB), gegen die das zulässige kantonale Rechtsmittel, der Rekurs an die Justizdirektion als obere Aufsichtsbehörde in Vormundschaftssachen, nicht ergriffen wurde, um ein Geschäft der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit. Der angefochtene Entscheid ist also nicht in einer Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 44 OG ergangen (vgl.BGE 78 II 180).
Die Berufungskläger behaupten dies denn auch selber nicht, sondern machen geltend, gegen den angefochtenen Entscheid sei die Berufung nach Art. 44 lit. b OG zulässig, weil ihnen durch die Bewilligung der Adoption ihres Kindes, das durch ihre Heirat legitimiert worden sei, mittelbar die elterliche Gewalt entzogen werde. Dabei verkennen sie jedoch den klaren Sinn von Art. 44 lit. b OG. Diese Vorschrift spricht nur von der Entziehung und Wiederherstellung der elterlichen Gewalt gemäss Art. 285 und 287 ZGB und will unzweifelhaft nur die Möglichkeit schaffen, dass die Beteiligten die in Anwendung dieser Bestimmung getroffenen Entscheidungen durch das Bundesgericht überprüfen lassen können. Eine Entscheidung, die den Verlust der elterlichen Gewalt bewirkt, unterliegt also der Weiterziehung an das Bundesgericht nur dann, wenn sie sich auf Art. 285 ZGB stützt, nicht auch dann, wenn sich der Verlust der elterlichen Gewalt aus der Anwendung anderer Bestimmungen ergibt. Demgemäss wurde unter dem früheren OG, das als Rechtsmittel gegen kantonale Entscheidungen über den Entzug und die Wiederherstellung der elterlichen Gewalt im Sinne von Art. 285 und 287 ZGB anstelle der Berufung die zivilrechtliche Beschwerde vorsah (Art. 86 Ziff. 2 aoG), die Weiterziehung von Entscheidungen nach Art. 286 ZGB als unzulässig erklärt, obwohl durch die Bestellung eines Vormundes für die Kinder auf Grund dieser Bestimmung die elterliche Gewalt aufgehoben wird (BGE 38 II 771,BGE 65 II 119). Im vorliegenden Fall kann nichts anderes gelten. Ob die Adoption des Kindes Barbara Susanne zu bewilligen sei, wodurch die elterliche Gewalt der Berufungskläger beseitigt würde, ist eine Frage der Anwendung von Art. 267 ZGB. Art. 285 ZGB spielt bei dieser Entscheidung keine Rolle. Der angefochtene Entscheid fällt daher nicht unter Art. 44 lit. b OG.
BIRCHMEIER erklärt an der von den Berufungsklägern angerufenen Stelle (N. 6 b zu Art. 44 OG, S. 131) nicht allgemein, dass die Berufung auch bei bloss mittelbarem Gewaltentzug zulässig sei. Er sagt vielmehr nur, die elterliche Gewalt könne ausdrücklich oder dadurch entzogen werden, dass dem Unmündigen ein Vormund bestellt werde; auch in diesem Falle bloss mittelbaren Gewaltentzuges sei der Weiterzug zulässig. Damit wollte er die Ausführungen in der vorhergehenden Note (6 a), wonach es sich um einen Gewaltentzug nach Art. 285 ZGB handeln muss, offensichtlich nicht widerrufen. Das von ihm angeführte PräjudizBGE 47 II 16betrifft einen Fall, wo der Scheidungsrichter in gesetzwidriger Weise die Kinderzuteilung der Vormundschaftsbehörde überlassen und diese hierauf die Kinder "gemäss Art. 285 und 368 ZGB" unter Vormundschaft gestellt hatte. Diese von den kantonalen Rekursinstanzen bestätigte Massnahme lief zweifellos auf einen Entzug der elterlichen Gewalt gemäss Art. 285 ZGB hinaus. Indem das Bundesgericht in diesem Falle die zivilrechtliche Beschwerde im Sinne von Art. 86 Ziff. 2 aoG zuliess, bekannte es sich also keineswegs zur Auffassung, dass Entscheidungen, die den Verlust der elterlichen Gewalt nach sich ziehen, auch dann ans Bundesgericht weitergezogen werden können, wenn sie sich nicht auf Art. 285 ZGB stützen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
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Recours en réforme. Le recours en réforme n'est pas recevable contre une décision concernant l'autorisation de l'adoption au sens de l'art. 267 CC, même si l'adoption a pour effet de faire perdre la puissance paternelle aux parents de l'enfant.
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Am 12. Dezember 1952 gebar Mina Nagel ausserehelich das Kind Beatrice Susanne. Als Vater bezeichnete sie Kurt Salzmann. Am 9. Januar 1953 erklärte sich die Mutter damit einverstanden, dass das Kind an einen geeigneten Pflegeplatz gegeben werde, und stimmte einer allfälligen Adoption zu. Am 29. Juni 1955 schloss der Vormund des Kindes mit dessen Pflegeeltern einen Adoptionsvertrag. Nach vorausgegangener Beschlussfassung des Waisenamtes Thalwil stimmte der Bezirksrat Horgen als vormundschaftliche Aufsichtsbehörde dieser Adoption am 3. August 1955 im Sinne von Art. 442 Ziff. 1 ZGB zu. Gleichzeitig beschloss er als die nach dem massgebenden kantonalen Recht zum Entscheid über "Gesuche betreffend Kindesannahme" zuständige Behörde (§ 39 des zürch. EG zum ZGB; vgl. Art. 267 ZGB und Art. 54 SchlT) auf Antrag des Gemeinderates Thalwil, den Pflegeeltern werde "die Ermächtigung erteilt, ihr Pflegetöchterchen B. S. Nagel an Kindesstatt anzunehmen, womit die Adoption als vollzogen erklärt wird."
Am 15. August 1955 rekurrierten Kurt Salzmann und Mina Nagel gegen den "Adoptionsbeschluss" des Bezirksrates vom 3. August 1955 an den Regierungsrat des Kantons Zürich. Am 3. September 1955 heirateten sie. Am 14. Juni 1956 hat der Regierungsrat entschieden, der Rekurs der Eheleute Salzmann-Nagel gegen den Ermächtigungsbeschluss des Bezirksrates werde abgewiesen.
Gegen diesen Entscheid haben die Eheleute Salzmann die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Subsidiär haben sie ihn ausserdem mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 54 und 4 BV angefochten.
Der Regierungsrat beantragt in seinen Gegenbemerkungen zur Berufung, es sei hieraufnicht einzutreten; eventuell sei sie abzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Vormundschaftsbehörde Thalwil und der Bezirksrat Horgen, die in der Berufungsschrift als Berufungsbeklagte genannt sind, haben am kantonalen Verfahren nicht als Parteien, sondern als entscheidende Behörden teilgenommen. Antragsteller waren dort die Amtsvormundschaft des Bezirkes Horgen und der Gemeinderat Thalwil. Nur diese können daher vor Bundesgericht als Gegenpartei der Berufungskläger gelten.
2. Der angefochtene Entscheid betrifft die Frage, ob im vorliegenden Fall die Ermächtigung zur Adoption im Sinne von Art. 267 ZGB zu erteilen sei. Dabei handelt es sich wie bei der Zustimmung der vormundschaftlichen Behörden zu dem vom Vormund abgeschlossenen Adoptionsvertrag (Art. 422 Ziff. 1 ZGB), gegen die das zulässige kantonale Rechtsmittel, der Rekurs an die Justizdirektion als obere Aufsichtsbehörde in Vormundschaftssachen, nicht ergriffen wurde, um ein Geschäft der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit. Der angefochtene Entscheid ist also nicht in einer Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 44 OG ergangen (vgl.BGE 78 II 180).
Die Berufungskläger behaupten dies denn auch selber nicht, sondern machen geltend, gegen den angefochtenen Entscheid sei die Berufung nach Art. 44 lit. b OG zulässig, weil ihnen durch die Bewilligung der Adoption ihres Kindes, das durch ihre Heirat legitimiert worden sei, mittelbar die elterliche Gewalt entzogen werde. Dabei verkennen sie jedoch den klaren Sinn von Art. 44 lit. b OG. Diese Vorschrift spricht nur von der Entziehung und Wiederherstellung der elterlichen Gewalt gemäss Art. 285 und 287 ZGB und will unzweifelhaft nur die Möglichkeit schaffen, dass die Beteiligten die in Anwendung dieser Bestimmung getroffenen Entscheidungen durch das Bundesgericht überprüfen lassen können. Eine Entscheidung, die den Verlust der elterlichen Gewalt bewirkt, unterliegt also der Weiterziehung an das Bundesgericht nur dann, wenn sie sich auf Art. 285 ZGB stützt, nicht auch dann, wenn sich der Verlust der elterlichen Gewalt aus der Anwendung anderer Bestimmungen ergibt. Demgemäss wurde unter dem früheren OG, das als Rechtsmittel gegen kantonale Entscheidungen über den Entzug und die Wiederherstellung der elterlichen Gewalt im Sinne von Art. 285 und 287 ZGB anstelle der Berufung die zivilrechtliche Beschwerde vorsah (Art. 86 Ziff. 2 aoG), die Weiterziehung von Entscheidungen nach Art. 286 ZGB als unzulässig erklärt, obwohl durch die Bestellung eines Vormundes für die Kinder auf Grund dieser Bestimmung die elterliche Gewalt aufgehoben wird (BGE 38 II 771,BGE 65 II 119). Im vorliegenden Fall kann nichts anderes gelten. Ob die Adoption des Kindes Barbara Susanne zu bewilligen sei, wodurch die elterliche Gewalt der Berufungskläger beseitigt würde, ist eine Frage der Anwendung von Art. 267 ZGB. Art. 285 ZGB spielt bei dieser Entscheidung keine Rolle. Der angefochtene Entscheid fällt daher nicht unter Art. 44 lit. b OG.
BIRCHMEIER erklärt an der von den Berufungsklägern angerufenen Stelle (N. 6 b zu Art. 44 OG, S. 131) nicht allgemein, dass die Berufung auch bei bloss mittelbarem Gewaltentzug zulässig sei. Er sagt vielmehr nur, die elterliche Gewalt könne ausdrücklich oder dadurch entzogen werden, dass dem Unmündigen ein Vormund bestellt werde; auch in diesem Falle bloss mittelbaren Gewaltentzuges sei der Weiterzug zulässig. Damit wollte er die Ausführungen in der vorhergehenden Note (6 a), wonach es sich um einen Gewaltentzug nach Art. 285 ZGB handeln muss, offensichtlich nicht widerrufen. Das von ihm angeführte PräjudizBGE 47 II 16betrifft einen Fall, wo der Scheidungsrichter in gesetzwidriger Weise die Kinderzuteilung der Vormundschaftsbehörde überlassen und diese hierauf die Kinder "gemäss Art. 285 und 368 ZGB" unter Vormundschaft gestellt hatte. Diese von den kantonalen Rekursinstanzen bestätigte Massnahme lief zweifellos auf einen Entzug der elterlichen Gewalt gemäss Art. 285 ZGB hinaus. Indem das Bundesgericht in diesem Falle die zivilrechtliche Beschwerde im Sinne von Art. 86 Ziff. 2 aoG zuliess, bekannte es sich also keineswegs zur Auffassung, dass Entscheidungen, die den Verlust der elterlichen Gewalt nach sich ziehen, auch dann ans Bundesgericht weitergezogen werden können, wenn sie sich nicht auf Art. 285 ZGB stützen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
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Ricorso per riforma. Non può essere impugnata con ricorso per riforma la decisione concernente l'autorizzazione di adozione a sensi dell'art. 267 CC, anche se la per effetto di privare della potestà paterna i genitori dell'adottando.
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Sachverhalt ab Seite 366
Aus dem Tatbestand:
A.- Bei der Scheidung der Parteien wurde der am 3. März 1950 geborene Sohn Edgar der Mutter zugewiesen und der Vater zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr des Knaben verpflichtet. Die anfänglich auf je Fr. 100.-- bemessenen Beiträge wurden später rechtskräftig auf monatlich Fr. 60.- festgesetzt.
Am 9. November 1955 verlangte die Mutter eine Erhöhung um monatlich Fr. 20.- mit Rückwirkung auf 1. Mai 1954.
B.- Das Obergericht hiess die Klage mit Wirkung seit dem 9. November 1955 gut.
C.- Dagegen hat der Beklagte Berufung eingereicht.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
Die Klägerin und Appellantin beantragte vor Obergericht eine Erhöhung der monatlichen Unterhaltsbeiträge des Beklagten für das Kind um je Fr. 20.- vom 1. Mai 1954 bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr des Kindes. Die darüber ergangene Entscheidung unterliegt der Berufung nach Art. 46 OG nur bei einem Streitwert von mindestens Fr. 4000.--. Im Scheidungsprozess selbst kann allerdings das Urteil über die Unterhaltspflicht für Kinder nicht nur zusammen mit der Scheidungsfrage, sondern auch selbständig an das Bundesgericht weitergezogen werden, und zwar ohne Rücksicht auf den Streitwert (BGE 71 II 204). Das rechtfertigt sich jedoch nur deshalb, weil, wie jenes Urteil ausführt, "die Regelung jener Unterhaltspflicht einen notwendigen Bestandteil des Scheidungsurteils, also des Entscheides über eine nicht vermögensrechtliche Zivilrechtsstreitigkeit (Art. 44 OG) bildet". Für Änderungsklagen nach Art. 157 ZGB, die nur auf Erhöhung oder Ermässigung der Unterhaltsbeiträge gehen, trifft dies nicht zu. Es handelt sich dabei um rein vermögensrechtliche Streitigkeiten, weshalb die Zulässigkeit der Berufung an das Bundesgericht vom Streitwert abhängen muss.
Das erwähnte Begehren, wie es vor Obergericht noch streitig war, geht auf eine zusätzliche monatliche Leibrente von Fr. 20.- für einen Knaben vom erfüllten 4. bis zum erfüllten 18. Altersjahr. Der Barwert einer solchen Rente beträgt
nach der alten Tafel Piccard 8 M:
1323 x 2 = Fr. 2656.--,
nach der neuen Tafel Piccard 4 M:
1106 x 2,4 = Fr. 2654.50,
also weniger als Fr. 4000.--, womit sich die Berufung als unzulässig erweist.
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de
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Die Klage auf Änderung der im Scheidungsurteil getroffenen Gestaltung der Elternrechte nach Art. 157 ZGB ist, wenn sie nur die Höhe der Kinderalimente betrifft, rein vermögensrechtlicher Natur. Die Zulässigkeit der Berufung an das Bundesgericht hängt daher vom Streitwert ab; Art. 46 OG.
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de
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civil law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-366%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 366
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82 II 366
Sachverhalt ab Seite 366
Aus dem Tatbestand:
A.- Bei der Scheidung der Parteien wurde der am 3. März 1950 geborene Sohn Edgar der Mutter zugewiesen und der Vater zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr des Knaben verpflichtet. Die anfänglich auf je Fr. 100.-- bemessenen Beiträge wurden später rechtskräftig auf monatlich Fr. 60.- festgesetzt.
Am 9. November 1955 verlangte die Mutter eine Erhöhung um monatlich Fr. 20.- mit Rückwirkung auf 1. Mai 1954.
B.- Das Obergericht hiess die Klage mit Wirkung seit dem 9. November 1955 gut.
C.- Dagegen hat der Beklagte Berufung eingereicht.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
Die Klägerin und Appellantin beantragte vor Obergericht eine Erhöhung der monatlichen Unterhaltsbeiträge des Beklagten für das Kind um je Fr. 20.- vom 1. Mai 1954 bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr des Kindes. Die darüber ergangene Entscheidung unterliegt der Berufung nach Art. 46 OG nur bei einem Streitwert von mindestens Fr. 4000.--. Im Scheidungsprozess selbst kann allerdings das Urteil über die Unterhaltspflicht für Kinder nicht nur zusammen mit der Scheidungsfrage, sondern auch selbständig an das Bundesgericht weitergezogen werden, und zwar ohne Rücksicht auf den Streitwert (BGE 71 II 204). Das rechtfertigt sich jedoch nur deshalb, weil, wie jenes Urteil ausführt, "die Regelung jener Unterhaltspflicht einen notwendigen Bestandteil des Scheidungsurteils, also des Entscheides über eine nicht vermögensrechtliche Zivilrechtsstreitigkeit (Art. 44 OG) bildet". Für Änderungsklagen nach Art. 157 ZGB, die nur auf Erhöhung oder Ermässigung der Unterhaltsbeiträge gehen, trifft dies nicht zu. Es handelt sich dabei um rein vermögensrechtliche Streitigkeiten, weshalb die Zulässigkeit der Berufung an das Bundesgericht vom Streitwert abhängen muss.
Das erwähnte Begehren, wie es vor Obergericht noch streitig war, geht auf eine zusätzliche monatliche Leibrente von Fr. 20.- für einen Knaben vom erfüllten 4. bis zum erfüllten 18. Altersjahr. Der Barwert einer solchen Rente beträgt
nach der alten Tafel Piccard 8 M:
1323 x 2 = Fr. 2656.--,
nach der neuen Tafel Piccard 4 M:
1106 x 2,4 = Fr. 2654.50,
also weniger als Fr. 4000.--, womit sich die Berufung als unzulässig erweist.
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Lorsqu'elle ne concerne que le montant des aliments dus à l'enfant, l'action en modification des droits des parents fixés par le jugement de divorce prévue à l'art. 157 CC est de nature purement pécuniaire. La recevabilité du recours en réforme au Tribunal fédéral dépend dès lors de la valeur litigieuse (art. 46 OJ).
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fr
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Sachverhalt ab Seite 366
Aus dem Tatbestand:
A.- Bei der Scheidung der Parteien wurde der am 3. März 1950 geborene Sohn Edgar der Mutter zugewiesen und der Vater zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr des Knaben verpflichtet. Die anfänglich auf je Fr. 100.-- bemessenen Beiträge wurden später rechtskräftig auf monatlich Fr. 60.- festgesetzt.
Am 9. November 1955 verlangte die Mutter eine Erhöhung um monatlich Fr. 20.- mit Rückwirkung auf 1. Mai 1954.
B.- Das Obergericht hiess die Klage mit Wirkung seit dem 9. November 1955 gut.
C.- Dagegen hat der Beklagte Berufung eingereicht.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
Die Klägerin und Appellantin beantragte vor Obergericht eine Erhöhung der monatlichen Unterhaltsbeiträge des Beklagten für das Kind um je Fr. 20.- vom 1. Mai 1954 bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr des Kindes. Die darüber ergangene Entscheidung unterliegt der Berufung nach Art. 46 OG nur bei einem Streitwert von mindestens Fr. 4000.--. Im Scheidungsprozess selbst kann allerdings das Urteil über die Unterhaltspflicht für Kinder nicht nur zusammen mit der Scheidungsfrage, sondern auch selbständig an das Bundesgericht weitergezogen werden, und zwar ohne Rücksicht auf den Streitwert (BGE 71 II 204). Das rechtfertigt sich jedoch nur deshalb, weil, wie jenes Urteil ausführt, "die Regelung jener Unterhaltspflicht einen notwendigen Bestandteil des Scheidungsurteils, also des Entscheides über eine nicht vermögensrechtliche Zivilrechtsstreitigkeit (Art. 44 OG) bildet". Für Änderungsklagen nach Art. 157 ZGB, die nur auf Erhöhung oder Ermässigung der Unterhaltsbeiträge gehen, trifft dies nicht zu. Es handelt sich dabei um rein vermögensrechtliche Streitigkeiten, weshalb die Zulässigkeit der Berufung an das Bundesgericht vom Streitwert abhängen muss.
Das erwähnte Begehren, wie es vor Obergericht noch streitig war, geht auf eine zusätzliche monatliche Leibrente von Fr. 20.- für einen Knaben vom erfüllten 4. bis zum erfüllten 18. Altersjahr. Der Barwert einer solchen Rente beträgt
nach der alten Tafel Piccard 8 M:
1323 x 2 = Fr. 2656.--,
nach der neuen Tafel Piccard 4 M:
1106 x 2,4 = Fr. 2654.50,
also weniger als Fr. 4000.--, womit sich die Berufung als unzulässig erweist.
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Quando concerne solo l'ammontare della pensione alimentare dovuta al figlio, l'azione promossa a norma dell'art. 157 CC per ottenere la modificazione dei diritti dei genitori disciplinati nella sentenza di divorzio ha esclusivamente carattere pecuniario. L'ammissibilità del ricorso per riforma al Tribunale federale dipende quindi dal valore litigioso (art. 46 OG).
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it
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82 II 369
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82 II 369
Sachverhalt ab Seite 369
Am 20. Dezember 1951 schied das Amtsgericht Olten-Gösgen die Eheleute Seifert und genehmigte eine Vereinbarung, wonach Seifert an die beiden (der Mutter zugeteilten) Kinder je Fr. 150.-- und an die Ehefrau während 5 Jahren Fr. 100.-- und später Fr. 80.- pro Monat als Unterhaltsbeitrag zu zahlen hatte.
Am 12. November 1952 schlossen die geschiedenen Eheleute vor dem Richteramte Olten-Gösgen, wo Seifert eine Klage auf Herabsetzung der für die Frau zu zahlenden Beiträge eingeleitet hatte, folgenden Vergleich:
"1. Der Kläger anerkennt, verpflichtet zu sein, den Unterhaltsbeitrag für die beiden Kinder im Betrage von je Fr. 150.-- unwiderruflich und unabänderlich zu bezahlen.
2. Die Beklagte verzichtet auf den ihr zugesprochenen Unterhaltsbeitrag von Fr. 100.-- pro Monat.
Der Kläger ist jedoch verpflichtet, diesen Unterhaltsbeitrag dann weiterhin zu bezahlen, wenn sein monatliches Einkommen mindestens wieder Fr. 900.-- ausmacht."
Nach seiner Wiederverheiratung klagte Seifert im Mai 1955 auf Herabsetzung der Kinderalimente. Die solothurnischen Gerichte und das Bundesgericht weisen diese Klage ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
Durch die Vereinbarung vom 12. November 1952 hat einerseits die Beklagte unter dem Vorbehalt einer Besserung der finanziellen Lage des Klägers (Wiederanstieg seines monatlichen Einkommens auf mindestens Fr. 900.--) auf den Unterhaltsbeitrag verzichtet, der ihr nach der gerichtlich genehmigten Scheidungskonvention zukam, und anderseits der Kläger die Verpflichtung anerkannt, die in jener Konvention festgesetzten Unterhaltsbeiträge für die Kinder "unwiderruflich und unabänderlich" zu bezahlen. Diese Verpflichtung enthält den Verzicht des Klägers auf die Befugnis, bei einer Änderung der Verhältnisse im Sinne von Art. 157 ZGB eine Herabsetzung dieser Beiträge zu verlangen. Was die Ausdrücke "unwiderruflich" und "unabänderlich" bedeuten, ist auch für den Laien so klar, dass der Kläger sich über die Tragweite der von ihm eingegangenen Verpflichtung ohne weiteres Rechenschaft geben konnte. Dass die Beklagte ihrerseits auf das Recht verzichtet habe, gegebenenfalls eine Erhöhung der Kinderalimente zu verlangen, geht dagegen aus der Vereinbarung vom 12. November 1952 nicht hervor. Die Leistung der Beklagten bestand in nichts anderem als im Verzicht auf die ihr selber zukommenden Beiträge. Die Beklagte hat also mit dem Abschluss der erwähnten Vereinbarung keinerlei Rechte der Kinder preisgegeben, sondern im Gegenteil eine Verstärkung dieser Rechte erreicht. Die Gründe, die im FalleBGE 69 II 65ff. der Gültigkeit der von der Mutter geschlossenen Vereinbarung über die Kinderalimente entgegenstanden, treffen also im vorliegenden Falle nicht zu. Die Beklagte konnte die Vereinbarung vom 12. November 1952 ohne Mitwirkung eines Beistandes und ohne Zustimmung der Vormundschaftsbehörde abschliessen, und diese Vereinbarung brauchte auch nicht gerichtlich genehmigt zu werden.
Dass die Vereinbarung vom 12. November 1952 wegen Täuschung oder Grundlagenirrtums für den Kläger unverbindlich sei, wird erstmals vor Bundesgericht geltend gemacht. Es handelt sich hier nicht etwa nur um eine neue Rechtsbehauptung, sondern die Berufung auf Willensmängel schliesst das Verbringen neuer Tatsachen in sich und kann daher gemäss Art. 55 lit. c OG nicht gehört werden. Im übrigen hätte diese Einrede auch bei materieller Prüfung unzweifelhaft nicht geschützt werden können.
Schliesslich kann auch keine Rede davon sein, dass die Vereinbarung vom 12. November 1952 gegen die guten Sitten verstosse und aus diesem Grunde ungültig sei. Das Bundesgericht hat bereits entschieden, dass auf die Herabsetzbarkeit von Unterhaltsbeiträgen zugunsten des geschiedenen Ehegatten gültig verzichtet werden kann (BGE 67 II 6ff.). Wieso für Kmnderalimente etwas anderes gelten sollte, ist, wie die Vorinstanz zutreffend bemerkt, nicht einzusehen. Dass sich der Kläger mit dem Abschluss der streitigen Vereinbarung im Gebrauch seiner Freiheit in einer das Recht oder die Sittlichkeit verletzenden Grade beschränkt habe (Art. 27 Abs. 2 ZGB), kann bei der gegebenen Sachlage nicht anerkannt werden.
Die vorliegende Berufung muss also schon daran scheitern, dass der Kläger in gültiger Weise darauf verzichtet hat, eine Herabsetzung der bei der Scheidung festgesetzten Kinderalimente zu verlangen.
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de
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Ehescheidung, Kinderalimente. Verzicht des geschiedenen Ehemannes auf die Befugnis, bei einer Änderung der Verhältnisse im Sinne von Art. 157 ZGB eine Herabsetzung der bei der Scheidung festgesetzten Kinderalimente zu verlangen.
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82 II 369
Sachverhalt ab Seite 369
Am 20. Dezember 1951 schied das Amtsgericht Olten-Gösgen die Eheleute Seifert und genehmigte eine Vereinbarung, wonach Seifert an die beiden (der Mutter zugeteilten) Kinder je Fr. 150.-- und an die Ehefrau während 5 Jahren Fr. 100.-- und später Fr. 80.- pro Monat als Unterhaltsbeitrag zu zahlen hatte.
Am 12. November 1952 schlossen die geschiedenen Eheleute vor dem Richteramte Olten-Gösgen, wo Seifert eine Klage auf Herabsetzung der für die Frau zu zahlenden Beiträge eingeleitet hatte, folgenden Vergleich:
"1. Der Kläger anerkennt, verpflichtet zu sein, den Unterhaltsbeitrag für die beiden Kinder im Betrage von je Fr. 150.-- unwiderruflich und unabänderlich zu bezahlen.
2. Die Beklagte verzichtet auf den ihr zugesprochenen Unterhaltsbeitrag von Fr. 100.-- pro Monat.
Der Kläger ist jedoch verpflichtet, diesen Unterhaltsbeitrag dann weiterhin zu bezahlen, wenn sein monatliches Einkommen mindestens wieder Fr. 900.-- ausmacht."
Nach seiner Wiederverheiratung klagte Seifert im Mai 1955 auf Herabsetzung der Kinderalimente. Die solothurnischen Gerichte und das Bundesgericht weisen diese Klage ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
Durch die Vereinbarung vom 12. November 1952 hat einerseits die Beklagte unter dem Vorbehalt einer Besserung der finanziellen Lage des Klägers (Wiederanstieg seines monatlichen Einkommens auf mindestens Fr. 900.--) auf den Unterhaltsbeitrag verzichtet, der ihr nach der gerichtlich genehmigten Scheidungskonvention zukam, und anderseits der Kläger die Verpflichtung anerkannt, die in jener Konvention festgesetzten Unterhaltsbeiträge für die Kinder "unwiderruflich und unabänderlich" zu bezahlen. Diese Verpflichtung enthält den Verzicht des Klägers auf die Befugnis, bei einer Änderung der Verhältnisse im Sinne von Art. 157 ZGB eine Herabsetzung dieser Beiträge zu verlangen. Was die Ausdrücke "unwiderruflich" und "unabänderlich" bedeuten, ist auch für den Laien so klar, dass der Kläger sich über die Tragweite der von ihm eingegangenen Verpflichtung ohne weiteres Rechenschaft geben konnte. Dass die Beklagte ihrerseits auf das Recht verzichtet habe, gegebenenfalls eine Erhöhung der Kinderalimente zu verlangen, geht dagegen aus der Vereinbarung vom 12. November 1952 nicht hervor. Die Leistung der Beklagten bestand in nichts anderem als im Verzicht auf die ihr selber zukommenden Beiträge. Die Beklagte hat also mit dem Abschluss der erwähnten Vereinbarung keinerlei Rechte der Kinder preisgegeben, sondern im Gegenteil eine Verstärkung dieser Rechte erreicht. Die Gründe, die im FalleBGE 69 II 65ff. der Gültigkeit der von der Mutter geschlossenen Vereinbarung über die Kinderalimente entgegenstanden, treffen also im vorliegenden Falle nicht zu. Die Beklagte konnte die Vereinbarung vom 12. November 1952 ohne Mitwirkung eines Beistandes und ohne Zustimmung der Vormundschaftsbehörde abschliessen, und diese Vereinbarung brauchte auch nicht gerichtlich genehmigt zu werden.
Dass die Vereinbarung vom 12. November 1952 wegen Täuschung oder Grundlagenirrtums für den Kläger unverbindlich sei, wird erstmals vor Bundesgericht geltend gemacht. Es handelt sich hier nicht etwa nur um eine neue Rechtsbehauptung, sondern die Berufung auf Willensmängel schliesst das Verbringen neuer Tatsachen in sich und kann daher gemäss Art. 55 lit. c OG nicht gehört werden. Im übrigen hätte diese Einrede auch bei materieller Prüfung unzweifelhaft nicht geschützt werden können.
Schliesslich kann auch keine Rede davon sein, dass die Vereinbarung vom 12. November 1952 gegen die guten Sitten verstosse und aus diesem Grunde ungültig sei. Das Bundesgericht hat bereits entschieden, dass auf die Herabsetzbarkeit von Unterhaltsbeiträgen zugunsten des geschiedenen Ehegatten gültig verzichtet werden kann (BGE 67 II 6ff.). Wieso für Kmnderalimente etwas anderes gelten sollte, ist, wie die Vorinstanz zutreffend bemerkt, nicht einzusehen. Dass sich der Kläger mit dem Abschluss der streitigen Vereinbarung im Gebrauch seiner Freiheit in einer das Recht oder die Sittlichkeit verletzenden Grade beschränkt habe (Art. 27 Abs. 2 ZGB), kann bei der gegebenen Sachlage nicht anerkannt werden.
Die vorliegende Berufung muss also schon daran scheitern, dass der Kläger in gültiger Weise darauf verzichtet hat, eine Herabsetzung der bei der Scheidung festgesetzten Kinderalimente zu verlangen.
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Divorce, pension alimentaire en faveur des enfants. Renonciation du mari divorcé à la faculté de demander, en cas de faits nouveaux au sens de l'art. 157 CC, une réduction de la pension fixée lors du divorce.
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Sachverhalt ab Seite 369
Am 20. Dezember 1951 schied das Amtsgericht Olten-Gösgen die Eheleute Seifert und genehmigte eine Vereinbarung, wonach Seifert an die beiden (der Mutter zugeteilten) Kinder je Fr. 150.-- und an die Ehefrau während 5 Jahren Fr. 100.-- und später Fr. 80.- pro Monat als Unterhaltsbeitrag zu zahlen hatte.
Am 12. November 1952 schlossen die geschiedenen Eheleute vor dem Richteramte Olten-Gösgen, wo Seifert eine Klage auf Herabsetzung der für die Frau zu zahlenden Beiträge eingeleitet hatte, folgenden Vergleich:
"1. Der Kläger anerkennt, verpflichtet zu sein, den Unterhaltsbeitrag für die beiden Kinder im Betrage von je Fr. 150.-- unwiderruflich und unabänderlich zu bezahlen.
2. Die Beklagte verzichtet auf den ihr zugesprochenen Unterhaltsbeitrag von Fr. 100.-- pro Monat.
Der Kläger ist jedoch verpflichtet, diesen Unterhaltsbeitrag dann weiterhin zu bezahlen, wenn sein monatliches Einkommen mindestens wieder Fr. 900.-- ausmacht."
Nach seiner Wiederverheiratung klagte Seifert im Mai 1955 auf Herabsetzung der Kinderalimente. Die solothurnischen Gerichte und das Bundesgericht weisen diese Klage ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
Durch die Vereinbarung vom 12. November 1952 hat einerseits die Beklagte unter dem Vorbehalt einer Besserung der finanziellen Lage des Klägers (Wiederanstieg seines monatlichen Einkommens auf mindestens Fr. 900.--) auf den Unterhaltsbeitrag verzichtet, der ihr nach der gerichtlich genehmigten Scheidungskonvention zukam, und anderseits der Kläger die Verpflichtung anerkannt, die in jener Konvention festgesetzten Unterhaltsbeiträge für die Kinder "unwiderruflich und unabänderlich" zu bezahlen. Diese Verpflichtung enthält den Verzicht des Klägers auf die Befugnis, bei einer Änderung der Verhältnisse im Sinne von Art. 157 ZGB eine Herabsetzung dieser Beiträge zu verlangen. Was die Ausdrücke "unwiderruflich" und "unabänderlich" bedeuten, ist auch für den Laien so klar, dass der Kläger sich über die Tragweite der von ihm eingegangenen Verpflichtung ohne weiteres Rechenschaft geben konnte. Dass die Beklagte ihrerseits auf das Recht verzichtet habe, gegebenenfalls eine Erhöhung der Kinderalimente zu verlangen, geht dagegen aus der Vereinbarung vom 12. November 1952 nicht hervor. Die Leistung der Beklagten bestand in nichts anderem als im Verzicht auf die ihr selber zukommenden Beiträge. Die Beklagte hat also mit dem Abschluss der erwähnten Vereinbarung keinerlei Rechte der Kinder preisgegeben, sondern im Gegenteil eine Verstärkung dieser Rechte erreicht. Die Gründe, die im FalleBGE 69 II 65ff. der Gültigkeit der von der Mutter geschlossenen Vereinbarung über die Kinderalimente entgegenstanden, treffen also im vorliegenden Falle nicht zu. Die Beklagte konnte die Vereinbarung vom 12. November 1952 ohne Mitwirkung eines Beistandes und ohne Zustimmung der Vormundschaftsbehörde abschliessen, und diese Vereinbarung brauchte auch nicht gerichtlich genehmigt zu werden.
Dass die Vereinbarung vom 12. November 1952 wegen Täuschung oder Grundlagenirrtums für den Kläger unverbindlich sei, wird erstmals vor Bundesgericht geltend gemacht. Es handelt sich hier nicht etwa nur um eine neue Rechtsbehauptung, sondern die Berufung auf Willensmängel schliesst das Verbringen neuer Tatsachen in sich und kann daher gemäss Art. 55 lit. c OG nicht gehört werden. Im übrigen hätte diese Einrede auch bei materieller Prüfung unzweifelhaft nicht geschützt werden können.
Schliesslich kann auch keine Rede davon sein, dass die Vereinbarung vom 12. November 1952 gegen die guten Sitten verstosse und aus diesem Grunde ungültig sei. Das Bundesgericht hat bereits entschieden, dass auf die Herabsetzbarkeit von Unterhaltsbeiträgen zugunsten des geschiedenen Ehegatten gültig verzichtet werden kann (BGE 67 II 6ff.). Wieso für Kmnderalimente etwas anderes gelten sollte, ist, wie die Vorinstanz zutreffend bemerkt, nicht einzusehen. Dass sich der Kläger mit dem Abschluss der streitigen Vereinbarung im Gebrauch seiner Freiheit in einer das Recht oder die Sittlichkeit verletzenden Grade beschränkt habe (Art. 27 Abs. 2 ZGB), kann bei der gegebenen Sachlage nicht anerkannt werden.
Die vorliegende Berufung muss also schon daran scheitern, dass der Kläger in gültiger Weise darauf verzichtet hat, eine Herabsetzung der bei der Scheidung festgesetzten Kinderalimente zu verlangen.
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Divorzio, pensione alimentare in favore dei figli. Rinuncia del marito divorziato alla facoltà di chiedere, nel caso di modificazione delle circostanze a'sensi dell'art. 157 CC, una riduzione della pensione alimentare determinata in sede di divorzio.
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82 II 371
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82 II 371
Sachverhalt ab Seite 372
A.- Der mittellose C. Winistörfer, geb. 1877, musste vom Fürsorgeamt der Stadt Zürich vom 5. Mai 1949 bis zu seinem Tode (21. Dezember 1952) unterstützt werden. Am 16. Juni 1949 schloss das Fürsorgeamt mit dem im Kanton Bern wohnhaften Sohne Winistörfer eine Vereinbarung ab, wonach dieser ab 1. Mai 1949 an die Kosten der Unterstützung seines Vaters einen monatlichen Beitrag von Fr. 120.-- zu bezahlen hatte. Auf Grund dieser Verpflichtung bezahlte der Sohn dem Fürsorgeamt bis zum Tode des Vaters Fr. 5040.--. Für Fr. 5313.55 geleisteter Unterstützungen blieb das Fürsorgeamt ungedeckt.
Nach erfolglosen Verhandlungen mit dem Sohne stellte das Fürsorgeamt am 6. April 1955 beim Regierungsstatthalteramt Thun das Begehren, jener sei zu verpflichten, diesen Betrag von Fr. 5313.55 zu ersetzen.
B.- Der Regierungsstatthalter sowie, in Abweisung der Rekurse beider Parteien gegen dessen Entscheid, der Regierungsrat des Kantons Bern haben das Rückerstattungsbegehren teilweise gutgeheissen dahin, dass Winistörfer Sohn in Anwendung von Art. 328/29 ZGB verurteilt wird, dem Fürsorgeamt an die Unterstützung des Vaters für die Zeit vom 5. Mai 1949 bis zum Tode (21. Dezember 1952) einen weitern Betrag von Fr. 60.- im Monat, insgesamt (für 44 Monate) Fr. 2640.-- zu bezahlen.
Der Regierungsrat führt aus, der Beitrag von Fr. 120.-- des Beklagten sei durch einen aussergerichtlichen Vergleich festgesetzt worden. Das Fürsorgeamt sei damals, nach den vom Beklagten gegebenen Auskünften, von einem Bruttoeinkommen von Fr. 14 700.-- und einem Vermögen von Fr. 52'000.-- ausgegangen. Dabei habe ihm der Beklagte zugegebenermassen verschwiegen, dass er in seine Bieler Liegenschaft aus eigenen Mitteln Fr. 47 000.-- investiert und diese dadurch im Werte entsprechend erhöht hatte. Er habe also das Fürsorgeamt damals über die Höhe seines Vermögens in einen Irrtum versetzt. Dass es sich dabei um eine absichtliche Täuschung gehandelt hätte, sei nicht hinreichend nachgewiesen; es möge sein, dass der Beklagte wirklich nicht daran gedacht habe, dass er diese Aufwendungen in den Verhandlungen mit dem Amt hätte erwähnen müssen. Auf jeden Fall aber liege ein Irrtum über einen Sachverhalt vor, der vom Amt nach dem Grundsatz von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des abgeschlossenen Vergleiches betrachtet wurde. Dieser sei daher für das Fürsorgeamt im Sinne von Art. 24 Ziff. 4 OR unverbindlich. Von der Verheimlichung habe das Amt erst anlässlich des Verkaufes der Bieler Liegenschaft im November 1953 Kenntnis erhalten und noch im gleichen Monat den Beklagten zur Nachzahlung aufgefordert, den Vergleich also rechtzeitig angefochten. In Ansehung des neu entdeckten Vermögensteils von Fr. 47 000.--, anderseits der Tatsache, dass sich der Vater nie um den Sohn gekümmert habe, erscheine eine Nachzahlung von Fr. 60.- pro Unterstützungsmonat angemessen.
C.- Gegen diesen Entscheid legte das Fürsorgeamt die vorliegende Hauptberufung ein mit dem Begehren um Zusprechung seiner ganzen Nachforderung von Fr. 5313.55. Mit Anschlussberufung beantragt Winistörfer Abweisung des ganzen Nachleistungsbegehrens.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Beklagte bestreitet dem Fürsorgeamt zunächst die Aktivlegitimation zu der Nachforderung mit der Begründung, die öffentliche Armenpflege könne nur an Stelle des Unterstützungsbedürftigen und nur solange dieser einen Anspruch habe, einen Verwandtenunterstützungsanspruch geltend machen. Dieser erlösche daher mit dem Tode des Unterstützten und damit auch die Aktivlegitimation der Armenbehörde zur Inanspruchnahme des Verwandten. Würde man etwas anderes annehmen, so liefe das praktisch auf einen Rückerstattungsanspruch hinaus, was nicht der Sinn des Art. 328 ZGB sein könne.
Nach konstanter Rechtsprechung gibt jedoch das ZGB der unterstützungspflichtigen Armenbehörde die Befugnis, von den pflichtigen Verwandten neben laufenden Beiträgen Ersatz für die bereits geleisteten Unterstützungen zu verlangen. Dieser Ersatzanspruch ist aber auf die Leistungen beschränkt, die der Unterstützungsberechtigte oder die unterstützende Behörde bei Kenntnis der Person und der Verhältnisse des unterstützungspflichtigen Verwandten zu der Zeit hätte fordern können, da die Unterstützungen geleistet wurden, deren Ersatz verlangt wird (BGE 74 II 22,BGE 76 II 115). Dieser Rückgriffsanspruch muss vom unterstützenden Gemeinwesen - abgesehen von der eigentlichen Verjährung - mit tunlichster Beförderung geltend gemacht werden (a.a.O.). Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, erhält das Gemeinwesen, sobald es eine Unterstützung ausgerichtet hat, gegenüber dem beitragspflichtigen Verwandten im Sinne von Art. 329 Abs. 3 ZGB einen Ersatzanspruch nach Massgabe von Abs. 1. Auf Entstehung und Bestand desselben kann es keinen Einfluss haben, ob der Unterstützte zufälligerweise früher oder später stirbt; denn der Anspruch geht ja auf Ersatz von Leistungen, die dem Unterstützten zu seinen Lebzeiten tatsächlich ausgerichtet worden sind und die durch seinen Tod nicht ungeschehen gemacht werden. Eine andere Auslegung würde, wie die Vorinstanz zutreffend bemerkt, manchen unterstützungspflichtigen Verwandten dazu anreizen, die Verhandlungen mit der Armenbehörde über seine Beitragspflicht möglichst lange hinauszuziehen in der Hoffnung, der Unterstützte werde inzwischen sterben und damit der Ersatzanspruch dahinfallen. Das unterstützende Gemeinwesen kann auch nach dem Tode des Unterstützten bereits im Gange befindliche gerichtliche oder aussergerichtliche Verhandlungen mit dem Pflichtigen fortsetzen oder sogar solche neu beginnen. Es verliert seine Ansprüche gegenüber dem pflichtigen Blutsverwandten nur dann, wenn es mit deren Geltendmachung ungebührlich lange zögert oder wenn sich der Pflichtige geradezu auf die Verjährung berufen kann (BGE a.a.O.). Von einem Erlöschen des Ersatzanspruches und damit der Aktivlegitimation des Gemeinwesens mit dem Tode des Unterstützten kann keine Rede sein. Die Fälle sind häufig, wo das Gemeinwesen erst nach dem Tode des Unterstützten die pflichtigen Verwandten belangen kann (z.B. Urteil [staatsrl.] vom 12. Oktober 1950 i.S. Stadtgemeinde Zürich c. Lüthi und Schaffhausen; vom 20. Mai 1952 i.S. Schiesser c. Linthal); es kann sogar nach dem Tode des Unterstützten und des Unterstützungspflichtigen des letztern Erben in Anspruch nehmen (Urteil vom 18. Juni 1953 i.S. Hofstetter c. Teufen). Die Aktivlegitimation des Fürsorgeamtes der Stadt Zürich zur Nachforderung ist mithin gegeben.
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die zwischen dem Fürsorgeamt und dem Beklagten am 16. Juli 1949 geschlossene Vereinbarung als Vergleich im juristischtechnischen Sinne - Beseitigung des zwischen den Parteien inbezug auf ein Rechtsverhältnis bestehenden Streites durch gegenseitige Zugeständnisse (BGE 41 II 617) - oder als gewöhnlicher Vertrag zu betrachten ist; denn auch ein Vergleich kann wegen wesentlichen Grundlagenirrtums angefochten werden, nämlich wenn nachgewiesen ist, dass beide Parteien von einem gewissen Sachverhalte, der sich nachher als irrtümlich erweist, ausgegangen sind oder dass die eine Partei mit Wissen der andern Partei einen Sachverhalt irrtümlicherweise.als gegeben betrachtet hat (BGE 48 II 107f.; vgl. H. MONFRINI, La transaction extrajudiciaire, Diss. Lausanne 1937, S. 131 ff.).
a) Die Vorinstanz nimmt nun insofern einen Irrtum des Fürsorgeamtes an, als der Beklagte im Jahre 1949 diesem verschwiegen habe, aus eigenen Mitteln Fr. 47'000.-- für seine Liegenschaft in Biel aufgewendet und damit deren Wert im gleichen Betrage erhöht zu haben. Diese Feststellung tatsächlicher Natur ist für das Bundesgericht verbindlich. Soweit die Berufung geltend macht, der verschwiegene Teil des Vermögens mache mehr als Fr. 47 000.-- aus, ist sie daher nicht zu hören. Absichtliche Täuschung ist nicht nachgewiesen; nimmt die Vorinstanz doch als möglich an, dass der Beklagte nicht daran gedacht habe, dass er diese Investitionen in den Verhandlungen mit dem Fürsorgeamt hätte erwähnen müssen. Dagegen lag beim Fürsorgeamt ein Irrtum bezüglich eines für die Bemessung des Unterstützungsbeitrages wesentlichen Sachverhaltes, eben der Höhe des Vermögens des Beklagten, vor, der das Amt zur Anfechtung der Vereinbarung berechtigt.
b) Demgegenüber wendet der Beklagte in seiner Anschlussberufung ein, die Berufung auf den Irrtum sei in casu gemäss Art. 25 Abs. 1 OR unstatthaft, weil gegen Treu und Glauben verstossend. Es habe dem Fürsorgeamt damals freigestanden, neben der Auskunft des Beklagten weitere Beweismittel, insbesondere die Steuerakten, einzuverlangen und die gerichtliche Festsetzung der Unterstützungsbeiträge zu verlangen. Wenn das Fürsorgeamt sich mit den Auskünften des Beklagten begnügt und keinen Prozess eingeleitet habe, müsse es selber die Folge dieser Nachlässigkeit tragen und könne sich nicht auf wesentlichen Irrtum berufen.
Eine Wahrheitspflicht der in Anspruch genommenen Verwandten hat indessen die Rechtsprechung bejaht (BGE 76 II 115f.). Dass der Belangte bewusst falsche Angaben gemacht habe, ist für die Anfechtung nicht erforderlich, sonst läge absichtliche Täuschung im Sinne von Art. 28 OR vor. Aber selbst wenn der Beklagte keine Offenbarungspflicht verletzt hat, ist Irrtum des Vergleichspartners möglich und hier nach den Feststellungen der Vorinstanz gegeben. Auf seinen Irrtum darf sich selbst der fahrlässig Irrende berufen (Art. 26 OR). Höchstens um Fahrlässigkeit handelt es sich, wenn der Beklagte dem Fürsorgeamt vorwirft, es habe gewusst, dass er Eigentümer der Liegenschaft in Biel sei, und hätte sich daher mit den erhaltenen Auskünften nicht zufrieden geben dürfen. Die Auskunftsmittel, deren Nichtbenützung der Beklagte dem Amt entgegenhält, standen ja a fortiori ihm selbst zur Verfügung, und da er selbst zur Wahrheit verpflichtet war, kann er der Gegenpartei nicht vorwerfen, ihm vertraut zu haben.
c) Nachdem das Fürsorgeamt erst anlässlich des Verkaufes der Bieler Liegenschaft des Beklagten im November 1953 von der Verschweigung des darin liegenden Mehrwertes Kenntnis erhalten hatte, genügte die noch im gleichen Monat an den Beklagten gestellte Aufforderung zur Nachzahlung sowohl dem Erfordernis beförderlicher Geltendmachung im Sinne der Praxis (BGE 74 II 22) als der einjährigen Anfechtungsfrist gemäss Art. 31 Abs. 1 OR.
3. In der Anschlussberufung macht der Beklagte gegenüber der Nachforderung Verjährung geltend. Er hatte diese Einrede bereits in seiner Klageantwort vom 31. Mai 1955 an den Regierungsstatthalter von Thun erhoben und in der Rekursantwort vom 7. Januar 1956 an die Vorinstanz durch Verweisung auf jene aufrechterhalten. Die Einrede ist mithin vor Bundesgericht nicht neu vorgebracht.
Der Ersatzanspruch des Gemeinwesens gegen die Verwandten verjährt innert der 5jährigen Frist von Art. 128 Ziff. 1 OR. Die Verjährung tritt, da die Ersatzforderung mit der Auszahlung der Unterstützung durch das Gemeinwesen fällig wird, für jede einzelne von den Verwandten zu ersetzende Unterstützungsleistung mit Ablauf von 5 Jahren seit deren Erbringung durch das Gemeinwesen ein (BGE 76 II 117Erw. 5; zit. Urteil i.S. Hofstetter). Die Verjährung wurde durch die Rückerstattungsklage des Fürsorgeamtes vom 6. April 1955 unterbrochen (Art. 135 Ziff. 2 OR). Verjährt ist demnach die Nachforderung für die Unterstützungsleistungen vom 1. Mai 1949 bis 6. April 1950, also für 10 1/5 Monate.
4. .....
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Hauptberufung wird abgewiesen, die Anschlussberufung teilweise gutgeheissen und der vom Beklagten an die Klägerin nachzuzahlende Betrag auf Fr. 2028.-- festgesetzt.
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Verwandtenunterstützung, Art. 328/329 ZGB. 1. Ersatzanspruch des Gemeinwesens gegen pflichtigen Verwandten; kann auch noch nach dem Tode des Unterstützten geltend gemacht werden.
2. Anfechtung einer Vereinbarung zwischen der Armenbehörde und dem Verwandten über dessen Unterstützungsbeitrag wegen Irrtums (Verschweigung von Vermögen).
3. Verjährung des Ersatzanspruchs.
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82 II 371
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82 II 371
Sachverhalt ab Seite 372
A.- Der mittellose C. Winistörfer, geb. 1877, musste vom Fürsorgeamt der Stadt Zürich vom 5. Mai 1949 bis zu seinem Tode (21. Dezember 1952) unterstützt werden. Am 16. Juni 1949 schloss das Fürsorgeamt mit dem im Kanton Bern wohnhaften Sohne Winistörfer eine Vereinbarung ab, wonach dieser ab 1. Mai 1949 an die Kosten der Unterstützung seines Vaters einen monatlichen Beitrag von Fr. 120.-- zu bezahlen hatte. Auf Grund dieser Verpflichtung bezahlte der Sohn dem Fürsorgeamt bis zum Tode des Vaters Fr. 5040.--. Für Fr. 5313.55 geleisteter Unterstützungen blieb das Fürsorgeamt ungedeckt.
Nach erfolglosen Verhandlungen mit dem Sohne stellte das Fürsorgeamt am 6. April 1955 beim Regierungsstatthalteramt Thun das Begehren, jener sei zu verpflichten, diesen Betrag von Fr. 5313.55 zu ersetzen.
B.- Der Regierungsstatthalter sowie, in Abweisung der Rekurse beider Parteien gegen dessen Entscheid, der Regierungsrat des Kantons Bern haben das Rückerstattungsbegehren teilweise gutgeheissen dahin, dass Winistörfer Sohn in Anwendung von Art. 328/29 ZGB verurteilt wird, dem Fürsorgeamt an die Unterstützung des Vaters für die Zeit vom 5. Mai 1949 bis zum Tode (21. Dezember 1952) einen weitern Betrag von Fr. 60.- im Monat, insgesamt (für 44 Monate) Fr. 2640.-- zu bezahlen.
Der Regierungsrat führt aus, der Beitrag von Fr. 120.-- des Beklagten sei durch einen aussergerichtlichen Vergleich festgesetzt worden. Das Fürsorgeamt sei damals, nach den vom Beklagten gegebenen Auskünften, von einem Bruttoeinkommen von Fr. 14 700.-- und einem Vermögen von Fr. 52'000.-- ausgegangen. Dabei habe ihm der Beklagte zugegebenermassen verschwiegen, dass er in seine Bieler Liegenschaft aus eigenen Mitteln Fr. 47 000.-- investiert und diese dadurch im Werte entsprechend erhöht hatte. Er habe also das Fürsorgeamt damals über die Höhe seines Vermögens in einen Irrtum versetzt. Dass es sich dabei um eine absichtliche Täuschung gehandelt hätte, sei nicht hinreichend nachgewiesen; es möge sein, dass der Beklagte wirklich nicht daran gedacht habe, dass er diese Aufwendungen in den Verhandlungen mit dem Amt hätte erwähnen müssen. Auf jeden Fall aber liege ein Irrtum über einen Sachverhalt vor, der vom Amt nach dem Grundsatz von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des abgeschlossenen Vergleiches betrachtet wurde. Dieser sei daher für das Fürsorgeamt im Sinne von Art. 24 Ziff. 4 OR unverbindlich. Von der Verheimlichung habe das Amt erst anlässlich des Verkaufes der Bieler Liegenschaft im November 1953 Kenntnis erhalten und noch im gleichen Monat den Beklagten zur Nachzahlung aufgefordert, den Vergleich also rechtzeitig angefochten. In Ansehung des neu entdeckten Vermögensteils von Fr. 47 000.--, anderseits der Tatsache, dass sich der Vater nie um den Sohn gekümmert habe, erscheine eine Nachzahlung von Fr. 60.- pro Unterstützungsmonat angemessen.
C.- Gegen diesen Entscheid legte das Fürsorgeamt die vorliegende Hauptberufung ein mit dem Begehren um Zusprechung seiner ganzen Nachforderung von Fr. 5313.55. Mit Anschlussberufung beantragt Winistörfer Abweisung des ganzen Nachleistungsbegehrens.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Beklagte bestreitet dem Fürsorgeamt zunächst die Aktivlegitimation zu der Nachforderung mit der Begründung, die öffentliche Armenpflege könne nur an Stelle des Unterstützungsbedürftigen und nur solange dieser einen Anspruch habe, einen Verwandtenunterstützungsanspruch geltend machen. Dieser erlösche daher mit dem Tode des Unterstützten und damit auch die Aktivlegitimation der Armenbehörde zur Inanspruchnahme des Verwandten. Würde man etwas anderes annehmen, so liefe das praktisch auf einen Rückerstattungsanspruch hinaus, was nicht der Sinn des Art. 328 ZGB sein könne.
Nach konstanter Rechtsprechung gibt jedoch das ZGB der unterstützungspflichtigen Armenbehörde die Befugnis, von den pflichtigen Verwandten neben laufenden Beiträgen Ersatz für die bereits geleisteten Unterstützungen zu verlangen. Dieser Ersatzanspruch ist aber auf die Leistungen beschränkt, die der Unterstützungsberechtigte oder die unterstützende Behörde bei Kenntnis der Person und der Verhältnisse des unterstützungspflichtigen Verwandten zu der Zeit hätte fordern können, da die Unterstützungen geleistet wurden, deren Ersatz verlangt wird (BGE 74 II 22,BGE 76 II 115). Dieser Rückgriffsanspruch muss vom unterstützenden Gemeinwesen - abgesehen von der eigentlichen Verjährung - mit tunlichster Beförderung geltend gemacht werden (a.a.O.). Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, erhält das Gemeinwesen, sobald es eine Unterstützung ausgerichtet hat, gegenüber dem beitragspflichtigen Verwandten im Sinne von Art. 329 Abs. 3 ZGB einen Ersatzanspruch nach Massgabe von Abs. 1. Auf Entstehung und Bestand desselben kann es keinen Einfluss haben, ob der Unterstützte zufälligerweise früher oder später stirbt; denn der Anspruch geht ja auf Ersatz von Leistungen, die dem Unterstützten zu seinen Lebzeiten tatsächlich ausgerichtet worden sind und die durch seinen Tod nicht ungeschehen gemacht werden. Eine andere Auslegung würde, wie die Vorinstanz zutreffend bemerkt, manchen unterstützungspflichtigen Verwandten dazu anreizen, die Verhandlungen mit der Armenbehörde über seine Beitragspflicht möglichst lange hinauszuziehen in der Hoffnung, der Unterstützte werde inzwischen sterben und damit der Ersatzanspruch dahinfallen. Das unterstützende Gemeinwesen kann auch nach dem Tode des Unterstützten bereits im Gange befindliche gerichtliche oder aussergerichtliche Verhandlungen mit dem Pflichtigen fortsetzen oder sogar solche neu beginnen. Es verliert seine Ansprüche gegenüber dem pflichtigen Blutsverwandten nur dann, wenn es mit deren Geltendmachung ungebührlich lange zögert oder wenn sich der Pflichtige geradezu auf die Verjährung berufen kann (BGE a.a.O.). Von einem Erlöschen des Ersatzanspruches und damit der Aktivlegitimation des Gemeinwesens mit dem Tode des Unterstützten kann keine Rede sein. Die Fälle sind häufig, wo das Gemeinwesen erst nach dem Tode des Unterstützten die pflichtigen Verwandten belangen kann (z.B. Urteil [staatsrl.] vom 12. Oktober 1950 i.S. Stadtgemeinde Zürich c. Lüthi und Schaffhausen; vom 20. Mai 1952 i.S. Schiesser c. Linthal); es kann sogar nach dem Tode des Unterstützten und des Unterstützungspflichtigen des letztern Erben in Anspruch nehmen (Urteil vom 18. Juni 1953 i.S. Hofstetter c. Teufen). Die Aktivlegitimation des Fürsorgeamtes der Stadt Zürich zur Nachforderung ist mithin gegeben.
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die zwischen dem Fürsorgeamt und dem Beklagten am 16. Juli 1949 geschlossene Vereinbarung als Vergleich im juristischtechnischen Sinne - Beseitigung des zwischen den Parteien inbezug auf ein Rechtsverhältnis bestehenden Streites durch gegenseitige Zugeständnisse (BGE 41 II 617) - oder als gewöhnlicher Vertrag zu betrachten ist; denn auch ein Vergleich kann wegen wesentlichen Grundlagenirrtums angefochten werden, nämlich wenn nachgewiesen ist, dass beide Parteien von einem gewissen Sachverhalte, der sich nachher als irrtümlich erweist, ausgegangen sind oder dass die eine Partei mit Wissen der andern Partei einen Sachverhalt irrtümlicherweise.als gegeben betrachtet hat (BGE 48 II 107f.; vgl. H. MONFRINI, La transaction extrajudiciaire, Diss. Lausanne 1937, S. 131 ff.).
a) Die Vorinstanz nimmt nun insofern einen Irrtum des Fürsorgeamtes an, als der Beklagte im Jahre 1949 diesem verschwiegen habe, aus eigenen Mitteln Fr. 47'000.-- für seine Liegenschaft in Biel aufgewendet und damit deren Wert im gleichen Betrage erhöht zu haben. Diese Feststellung tatsächlicher Natur ist für das Bundesgericht verbindlich. Soweit die Berufung geltend macht, der verschwiegene Teil des Vermögens mache mehr als Fr. 47 000.-- aus, ist sie daher nicht zu hören. Absichtliche Täuschung ist nicht nachgewiesen; nimmt die Vorinstanz doch als möglich an, dass der Beklagte nicht daran gedacht habe, dass er diese Investitionen in den Verhandlungen mit dem Fürsorgeamt hätte erwähnen müssen. Dagegen lag beim Fürsorgeamt ein Irrtum bezüglich eines für die Bemessung des Unterstützungsbeitrages wesentlichen Sachverhaltes, eben der Höhe des Vermögens des Beklagten, vor, der das Amt zur Anfechtung der Vereinbarung berechtigt.
b) Demgegenüber wendet der Beklagte in seiner Anschlussberufung ein, die Berufung auf den Irrtum sei in casu gemäss Art. 25 Abs. 1 OR unstatthaft, weil gegen Treu und Glauben verstossend. Es habe dem Fürsorgeamt damals freigestanden, neben der Auskunft des Beklagten weitere Beweismittel, insbesondere die Steuerakten, einzuverlangen und die gerichtliche Festsetzung der Unterstützungsbeiträge zu verlangen. Wenn das Fürsorgeamt sich mit den Auskünften des Beklagten begnügt und keinen Prozess eingeleitet habe, müsse es selber die Folge dieser Nachlässigkeit tragen und könne sich nicht auf wesentlichen Irrtum berufen.
Eine Wahrheitspflicht der in Anspruch genommenen Verwandten hat indessen die Rechtsprechung bejaht (BGE 76 II 115f.). Dass der Belangte bewusst falsche Angaben gemacht habe, ist für die Anfechtung nicht erforderlich, sonst läge absichtliche Täuschung im Sinne von Art. 28 OR vor. Aber selbst wenn der Beklagte keine Offenbarungspflicht verletzt hat, ist Irrtum des Vergleichspartners möglich und hier nach den Feststellungen der Vorinstanz gegeben. Auf seinen Irrtum darf sich selbst der fahrlässig Irrende berufen (Art. 26 OR). Höchstens um Fahrlässigkeit handelt es sich, wenn der Beklagte dem Fürsorgeamt vorwirft, es habe gewusst, dass er Eigentümer der Liegenschaft in Biel sei, und hätte sich daher mit den erhaltenen Auskünften nicht zufrieden geben dürfen. Die Auskunftsmittel, deren Nichtbenützung der Beklagte dem Amt entgegenhält, standen ja a fortiori ihm selbst zur Verfügung, und da er selbst zur Wahrheit verpflichtet war, kann er der Gegenpartei nicht vorwerfen, ihm vertraut zu haben.
c) Nachdem das Fürsorgeamt erst anlässlich des Verkaufes der Bieler Liegenschaft des Beklagten im November 1953 von der Verschweigung des darin liegenden Mehrwertes Kenntnis erhalten hatte, genügte die noch im gleichen Monat an den Beklagten gestellte Aufforderung zur Nachzahlung sowohl dem Erfordernis beförderlicher Geltendmachung im Sinne der Praxis (BGE 74 II 22) als der einjährigen Anfechtungsfrist gemäss Art. 31 Abs. 1 OR.
3. In der Anschlussberufung macht der Beklagte gegenüber der Nachforderung Verjährung geltend. Er hatte diese Einrede bereits in seiner Klageantwort vom 31. Mai 1955 an den Regierungsstatthalter von Thun erhoben und in der Rekursantwort vom 7. Januar 1956 an die Vorinstanz durch Verweisung auf jene aufrechterhalten. Die Einrede ist mithin vor Bundesgericht nicht neu vorgebracht.
Der Ersatzanspruch des Gemeinwesens gegen die Verwandten verjährt innert der 5jährigen Frist von Art. 128 Ziff. 1 OR. Die Verjährung tritt, da die Ersatzforderung mit der Auszahlung der Unterstützung durch das Gemeinwesen fällig wird, für jede einzelne von den Verwandten zu ersetzende Unterstützungsleistung mit Ablauf von 5 Jahren seit deren Erbringung durch das Gemeinwesen ein (BGE 76 II 117Erw. 5; zit. Urteil i.S. Hofstetter). Die Verjährung wurde durch die Rückerstattungsklage des Fürsorgeamtes vom 6. April 1955 unterbrochen (Art. 135 Ziff. 2 OR). Verjährt ist demnach die Nachforderung für die Unterstützungsleistungen vom 1. Mai 1949 bis 6. April 1950, also für 10 1/5 Monate.
4. .....
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Hauptberufung wird abgewiesen, die Anschlussberufung teilweise gutgeheissen und der vom Beklagten an die Klägerin nachzuzahlende Betrag auf Fr. 2028.-- festgesetzt.
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Dette alimentaire des parents, art. 328/329 CC. 1. L'action de la corporation publique contre les parents débiteurs tendant au remboursement des prestations faites par elle à l'assisté peut être intentée même après la mort de celui-ci.
2. Convention entre l'autorité d'assistance et le parent débiteur au sujet du montant de la pension alimentaire. Contestation de la validité de cette convention pour cause d'erreur (omission d'indiquer certains éléments de fortune).
3. Prescription de l'action en remboursement de la corporation publique.
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Sachverhalt ab Seite 372
A.- Der mittellose C. Winistörfer, geb. 1877, musste vom Fürsorgeamt der Stadt Zürich vom 5. Mai 1949 bis zu seinem Tode (21. Dezember 1952) unterstützt werden. Am 16. Juni 1949 schloss das Fürsorgeamt mit dem im Kanton Bern wohnhaften Sohne Winistörfer eine Vereinbarung ab, wonach dieser ab 1. Mai 1949 an die Kosten der Unterstützung seines Vaters einen monatlichen Beitrag von Fr. 120.-- zu bezahlen hatte. Auf Grund dieser Verpflichtung bezahlte der Sohn dem Fürsorgeamt bis zum Tode des Vaters Fr. 5040.--. Für Fr. 5313.55 geleisteter Unterstützungen blieb das Fürsorgeamt ungedeckt.
Nach erfolglosen Verhandlungen mit dem Sohne stellte das Fürsorgeamt am 6. April 1955 beim Regierungsstatthalteramt Thun das Begehren, jener sei zu verpflichten, diesen Betrag von Fr. 5313.55 zu ersetzen.
B.- Der Regierungsstatthalter sowie, in Abweisung der Rekurse beider Parteien gegen dessen Entscheid, der Regierungsrat des Kantons Bern haben das Rückerstattungsbegehren teilweise gutgeheissen dahin, dass Winistörfer Sohn in Anwendung von Art. 328/29 ZGB verurteilt wird, dem Fürsorgeamt an die Unterstützung des Vaters für die Zeit vom 5. Mai 1949 bis zum Tode (21. Dezember 1952) einen weitern Betrag von Fr. 60.- im Monat, insgesamt (für 44 Monate) Fr. 2640.-- zu bezahlen.
Der Regierungsrat führt aus, der Beitrag von Fr. 120.-- des Beklagten sei durch einen aussergerichtlichen Vergleich festgesetzt worden. Das Fürsorgeamt sei damals, nach den vom Beklagten gegebenen Auskünften, von einem Bruttoeinkommen von Fr. 14 700.-- und einem Vermögen von Fr. 52'000.-- ausgegangen. Dabei habe ihm der Beklagte zugegebenermassen verschwiegen, dass er in seine Bieler Liegenschaft aus eigenen Mitteln Fr. 47 000.-- investiert und diese dadurch im Werte entsprechend erhöht hatte. Er habe also das Fürsorgeamt damals über die Höhe seines Vermögens in einen Irrtum versetzt. Dass es sich dabei um eine absichtliche Täuschung gehandelt hätte, sei nicht hinreichend nachgewiesen; es möge sein, dass der Beklagte wirklich nicht daran gedacht habe, dass er diese Aufwendungen in den Verhandlungen mit dem Amt hätte erwähnen müssen. Auf jeden Fall aber liege ein Irrtum über einen Sachverhalt vor, der vom Amt nach dem Grundsatz von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des abgeschlossenen Vergleiches betrachtet wurde. Dieser sei daher für das Fürsorgeamt im Sinne von Art. 24 Ziff. 4 OR unverbindlich. Von der Verheimlichung habe das Amt erst anlässlich des Verkaufes der Bieler Liegenschaft im November 1953 Kenntnis erhalten und noch im gleichen Monat den Beklagten zur Nachzahlung aufgefordert, den Vergleich also rechtzeitig angefochten. In Ansehung des neu entdeckten Vermögensteils von Fr. 47 000.--, anderseits der Tatsache, dass sich der Vater nie um den Sohn gekümmert habe, erscheine eine Nachzahlung von Fr. 60.- pro Unterstützungsmonat angemessen.
C.- Gegen diesen Entscheid legte das Fürsorgeamt die vorliegende Hauptberufung ein mit dem Begehren um Zusprechung seiner ganzen Nachforderung von Fr. 5313.55. Mit Anschlussberufung beantragt Winistörfer Abweisung des ganzen Nachleistungsbegehrens.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Beklagte bestreitet dem Fürsorgeamt zunächst die Aktivlegitimation zu der Nachforderung mit der Begründung, die öffentliche Armenpflege könne nur an Stelle des Unterstützungsbedürftigen und nur solange dieser einen Anspruch habe, einen Verwandtenunterstützungsanspruch geltend machen. Dieser erlösche daher mit dem Tode des Unterstützten und damit auch die Aktivlegitimation der Armenbehörde zur Inanspruchnahme des Verwandten. Würde man etwas anderes annehmen, so liefe das praktisch auf einen Rückerstattungsanspruch hinaus, was nicht der Sinn des Art. 328 ZGB sein könne.
Nach konstanter Rechtsprechung gibt jedoch das ZGB der unterstützungspflichtigen Armenbehörde die Befugnis, von den pflichtigen Verwandten neben laufenden Beiträgen Ersatz für die bereits geleisteten Unterstützungen zu verlangen. Dieser Ersatzanspruch ist aber auf die Leistungen beschränkt, die der Unterstützungsberechtigte oder die unterstützende Behörde bei Kenntnis der Person und der Verhältnisse des unterstützungspflichtigen Verwandten zu der Zeit hätte fordern können, da die Unterstützungen geleistet wurden, deren Ersatz verlangt wird (BGE 74 II 22,BGE 76 II 115). Dieser Rückgriffsanspruch muss vom unterstützenden Gemeinwesen - abgesehen von der eigentlichen Verjährung - mit tunlichster Beförderung geltend gemacht werden (a.a.O.). Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, erhält das Gemeinwesen, sobald es eine Unterstützung ausgerichtet hat, gegenüber dem beitragspflichtigen Verwandten im Sinne von Art. 329 Abs. 3 ZGB einen Ersatzanspruch nach Massgabe von Abs. 1. Auf Entstehung und Bestand desselben kann es keinen Einfluss haben, ob der Unterstützte zufälligerweise früher oder später stirbt; denn der Anspruch geht ja auf Ersatz von Leistungen, die dem Unterstützten zu seinen Lebzeiten tatsächlich ausgerichtet worden sind und die durch seinen Tod nicht ungeschehen gemacht werden. Eine andere Auslegung würde, wie die Vorinstanz zutreffend bemerkt, manchen unterstützungspflichtigen Verwandten dazu anreizen, die Verhandlungen mit der Armenbehörde über seine Beitragspflicht möglichst lange hinauszuziehen in der Hoffnung, der Unterstützte werde inzwischen sterben und damit der Ersatzanspruch dahinfallen. Das unterstützende Gemeinwesen kann auch nach dem Tode des Unterstützten bereits im Gange befindliche gerichtliche oder aussergerichtliche Verhandlungen mit dem Pflichtigen fortsetzen oder sogar solche neu beginnen. Es verliert seine Ansprüche gegenüber dem pflichtigen Blutsverwandten nur dann, wenn es mit deren Geltendmachung ungebührlich lange zögert oder wenn sich der Pflichtige geradezu auf die Verjährung berufen kann (BGE a.a.O.). Von einem Erlöschen des Ersatzanspruches und damit der Aktivlegitimation des Gemeinwesens mit dem Tode des Unterstützten kann keine Rede sein. Die Fälle sind häufig, wo das Gemeinwesen erst nach dem Tode des Unterstützten die pflichtigen Verwandten belangen kann (z.B. Urteil [staatsrl.] vom 12. Oktober 1950 i.S. Stadtgemeinde Zürich c. Lüthi und Schaffhausen; vom 20. Mai 1952 i.S. Schiesser c. Linthal); es kann sogar nach dem Tode des Unterstützten und des Unterstützungspflichtigen des letztern Erben in Anspruch nehmen (Urteil vom 18. Juni 1953 i.S. Hofstetter c. Teufen). Die Aktivlegitimation des Fürsorgeamtes der Stadt Zürich zur Nachforderung ist mithin gegeben.
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die zwischen dem Fürsorgeamt und dem Beklagten am 16. Juli 1949 geschlossene Vereinbarung als Vergleich im juristischtechnischen Sinne - Beseitigung des zwischen den Parteien inbezug auf ein Rechtsverhältnis bestehenden Streites durch gegenseitige Zugeständnisse (BGE 41 II 617) - oder als gewöhnlicher Vertrag zu betrachten ist; denn auch ein Vergleich kann wegen wesentlichen Grundlagenirrtums angefochten werden, nämlich wenn nachgewiesen ist, dass beide Parteien von einem gewissen Sachverhalte, der sich nachher als irrtümlich erweist, ausgegangen sind oder dass die eine Partei mit Wissen der andern Partei einen Sachverhalt irrtümlicherweise.als gegeben betrachtet hat (BGE 48 II 107f.; vgl. H. MONFRINI, La transaction extrajudiciaire, Diss. Lausanne 1937, S. 131 ff.).
a) Die Vorinstanz nimmt nun insofern einen Irrtum des Fürsorgeamtes an, als der Beklagte im Jahre 1949 diesem verschwiegen habe, aus eigenen Mitteln Fr. 47'000.-- für seine Liegenschaft in Biel aufgewendet und damit deren Wert im gleichen Betrage erhöht zu haben. Diese Feststellung tatsächlicher Natur ist für das Bundesgericht verbindlich. Soweit die Berufung geltend macht, der verschwiegene Teil des Vermögens mache mehr als Fr. 47 000.-- aus, ist sie daher nicht zu hören. Absichtliche Täuschung ist nicht nachgewiesen; nimmt die Vorinstanz doch als möglich an, dass der Beklagte nicht daran gedacht habe, dass er diese Investitionen in den Verhandlungen mit dem Fürsorgeamt hätte erwähnen müssen. Dagegen lag beim Fürsorgeamt ein Irrtum bezüglich eines für die Bemessung des Unterstützungsbeitrages wesentlichen Sachverhaltes, eben der Höhe des Vermögens des Beklagten, vor, der das Amt zur Anfechtung der Vereinbarung berechtigt.
b) Demgegenüber wendet der Beklagte in seiner Anschlussberufung ein, die Berufung auf den Irrtum sei in casu gemäss Art. 25 Abs. 1 OR unstatthaft, weil gegen Treu und Glauben verstossend. Es habe dem Fürsorgeamt damals freigestanden, neben der Auskunft des Beklagten weitere Beweismittel, insbesondere die Steuerakten, einzuverlangen und die gerichtliche Festsetzung der Unterstützungsbeiträge zu verlangen. Wenn das Fürsorgeamt sich mit den Auskünften des Beklagten begnügt und keinen Prozess eingeleitet habe, müsse es selber die Folge dieser Nachlässigkeit tragen und könne sich nicht auf wesentlichen Irrtum berufen.
Eine Wahrheitspflicht der in Anspruch genommenen Verwandten hat indessen die Rechtsprechung bejaht (BGE 76 II 115f.). Dass der Belangte bewusst falsche Angaben gemacht habe, ist für die Anfechtung nicht erforderlich, sonst läge absichtliche Täuschung im Sinne von Art. 28 OR vor. Aber selbst wenn der Beklagte keine Offenbarungspflicht verletzt hat, ist Irrtum des Vergleichspartners möglich und hier nach den Feststellungen der Vorinstanz gegeben. Auf seinen Irrtum darf sich selbst der fahrlässig Irrende berufen (Art. 26 OR). Höchstens um Fahrlässigkeit handelt es sich, wenn der Beklagte dem Fürsorgeamt vorwirft, es habe gewusst, dass er Eigentümer der Liegenschaft in Biel sei, und hätte sich daher mit den erhaltenen Auskünften nicht zufrieden geben dürfen. Die Auskunftsmittel, deren Nichtbenützung der Beklagte dem Amt entgegenhält, standen ja a fortiori ihm selbst zur Verfügung, und da er selbst zur Wahrheit verpflichtet war, kann er der Gegenpartei nicht vorwerfen, ihm vertraut zu haben.
c) Nachdem das Fürsorgeamt erst anlässlich des Verkaufes der Bieler Liegenschaft des Beklagten im November 1953 von der Verschweigung des darin liegenden Mehrwertes Kenntnis erhalten hatte, genügte die noch im gleichen Monat an den Beklagten gestellte Aufforderung zur Nachzahlung sowohl dem Erfordernis beförderlicher Geltendmachung im Sinne der Praxis (BGE 74 II 22) als der einjährigen Anfechtungsfrist gemäss Art. 31 Abs. 1 OR.
3. In der Anschlussberufung macht der Beklagte gegenüber der Nachforderung Verjährung geltend. Er hatte diese Einrede bereits in seiner Klageantwort vom 31. Mai 1955 an den Regierungsstatthalter von Thun erhoben und in der Rekursantwort vom 7. Januar 1956 an die Vorinstanz durch Verweisung auf jene aufrechterhalten. Die Einrede ist mithin vor Bundesgericht nicht neu vorgebracht.
Der Ersatzanspruch des Gemeinwesens gegen die Verwandten verjährt innert der 5jährigen Frist von Art. 128 Ziff. 1 OR. Die Verjährung tritt, da die Ersatzforderung mit der Auszahlung der Unterstützung durch das Gemeinwesen fällig wird, für jede einzelne von den Verwandten zu ersetzende Unterstützungsleistung mit Ablauf von 5 Jahren seit deren Erbringung durch das Gemeinwesen ein (BGE 76 II 117Erw. 5; zit. Urteil i.S. Hofstetter). Die Verjährung wurde durch die Rückerstattungsklage des Fürsorgeamtes vom 6. April 1955 unterbrochen (Art. 135 Ziff. 2 OR). Verjährt ist demnach die Nachforderung für die Unterstützungsleistungen vom 1. Mai 1949 bis 6. April 1950, also für 10 1/5 Monate.
4. .....
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Hauptberufung wird abgewiesen, die Anschlussberufung teilweise gutgeheissen und der vom Beklagten an die Klägerin nachzuzahlende Betrag auf Fr. 2028.-- festgesetzt.
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Assistenza tra i parenti, art. 328/329 CC. 1. L'azione dell'ente pubblico contro i parenti tenuti all'assistenza per il rimborso delle prestazioni corrisposte all'assistito può essere promossa anche dopo la sua morte.
2. Convenzione tra l'assistenza pubblica e il parente tenuto all'assistenza concernente l'importo delle prestazioni da farsi all'indigente. Contestazione della validità della convenzione, motivata da errore (omessa indicazione di fattori patrimoniali).
3. Prescrizione dell'azione di rimborso dell'ente pubblico.
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II
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82 II 378
Sachverhalt ab Seite 379
A.- Frau Frölich war früher zu einem Sechstel Miteigentümerin der Liegenschaft Spitalgasse 55 in Bern. Dort stand ein älteres Geschäftshaus, das östlich und westlich an die grossen Bauten stiess, die dem Betrieb des Warenhauses Loeb dienen und im Eigentum der zu diesem Unternehmen gehörenden Immobiliengesellschaften Warlo AG und Imlo AG stehen.
Da die Eheleute Frölich im Jahre 1950 infolge einer längern Krankheit des Ehemannes Bargeld benötigten, entschlossen sie sich, den Miteigentumsanteil der Ehefrau an deren Verwandte Frau Eberhard und Frau Zimmermann zu verkaufen, die bereits je einen Anteil von einem Viertel besassen. Im Kaufvertrag vom 16. Juni 1950, durch den Frau Eberhard und Frau Zimmermann den Anteil der Frau Frölich je zur Hälfte erwarben, wurde der Kaufpreis für diesen Anteil auf Grund einer Kaufofferte der Firma Berger, die für die ganze Liegenschaft Fr. 1'300,000.-- geboten hatte, auf ein Sechstel dieser Summe, d.h. auf Fr. 216'666.-- festgesetzt. Ziffer 6 des Kaufvertrages lautet:
"Sofern die Liegenschaft Spitalgasse 55 innert der nächsten 15 Jahre, d.h. vor dem 1. Juli 1965 an einen Dritten verkauft werden sollte, sind die heutigen Käuferinnen bereit, der Verkäuferin den auf den handändernden Miteigentumsanteil von 1/6 entfallenden Gewinn (Verkaufspreis abzüglich Erwerbspreis von Fr. 216'666.-- unter Hinzurechnung der Handänderungskosten und eventueller Kosten für wertvermehrende Aufwendungen) zukommen zu lassen...".
B.- Am 3. November 1954 schlossen die Miteigentümer der erwähnten Liegenschaft (worunter Frau Eberhard und Frau Zimmermann) mit den zu einer einfachen Gesellschaft verbundenen Immobiliengesellschaften Warlo AG und Imlo AG einen "Baurechtsvertrag mit Grundlast und Vorkaufsrecht", der u.a. die folgenden Bestimmungen enthält:
II.
"Die vorgenannten sieben Miteigentümer als Eigentümer der ganzen Liegenschaft räumen der einfachen Gesellschaft, bestehend aus den Aktiengesellschaften "Warlo" Immobilien A G und "Imlo" Immobilien A G ein selbständiges und dauerndes Baurecht auf der ganzen Liegenschaft Bern Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I im Halte von 1 Are 79 m2 an der Spitalgasse in Bern im Sinne von Art. 675 und 779 ZGB zu folgenden Bedingungen ein:
1. Der Baurechtsberechtigten wird das Recht eingeräumt, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über das Baurecht und der Bauvorschriften der Gemeinde Bern das auf der beschriebenen Liegenschaft stehende Gebäude abzureissen und an seiner Stelle auf und unter der Bodenfläche ein Geschäftshaus zu errichten. Es wird festgestellt, dass im Baurecht insbesondere das Recht der Eingliederung in die Nachbarhäuser eingeschlossen ist. Soviel an ihnen, verzichten die Baurechtsbelasteten auf die Errichtung von Scheidemauern. Die Fassade muss selbständig und unabhängig von den Nachbarhäusern gestaltet werden.
2. ...
3. Das Baurecht beginnt am 1. August 1955 und dauert fünfzig Jahre, also bis 1. August 2005...
4. Der Inhaber des Baurechts ist verpflichtet, den jeweiligen Eigentümern der belasteten Liegenschaft einen jährlichen Baurechtszins von Fr. 120'000.-- zu entrichten, zahlbar im voraus in vierteljährlichen Raten von Fr. 30'000.--, erstmals am 1. August 1955...
Dieser Baurechtszins basiert auf dem bei Vertragsabschluss geltenden Landesindex über die Kosten der Lebenshaltung, ausgearbeitet und publiziert vom Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Sektion Statistik (172 Punkte = 100%). Der Baurechtszins ist alle zehn Jahre seit Abschluss des Vertrages, erstmals auf 1. August 1965, dem Landesindex anzupassen, sofern sich dieser seit Abschluss des Vertrages bzw. seit der letzten, auf Grund dieser Bestimmung vorgenommenen Anpassung des Baurechtszinses um mindestens fünf Punkte erhöht oder ermässigt hat. Der Baurechtszins erhöht oder ermässigt sich in diesem Falle für die nächste zehnjährige Periode in entsprechendem prozentualen Verhältnis.
5. Dieser Baurechtszins ist als Grundlast im Grundbuch einzutragen. Der Gesamtwert beträgt Fr. 360'000.-- ... Diese Grundlast ist mit dem Baurecht untrennbar verbunden.
6. Zwei Jahre vor Ablauf des Baurechts werden sich die Parteien über eine allfällige Verlängerung zu verständigen versuchen. Kommt eine solche nicht zustande, so steht der Baurechtsberechtigte das Recht zu, den Grund und Boden käuflich zu erwerben. Der Kaufpreis beträgt den Kapitalwert eines jährlichen Baurechtszinses, dessen Höhe gemäss den in Ziff. 4 Abs. 2 hiervor aufgestellten Regeln nach dem am Verkaufstag geltenden Landesindex neu zu berechnen ist. Die Kapitalisierung erfolgt zu dem für I. Hypotheken geltenden Zinsfuss, maximal aber zu 4%. Macht sie von diesem Recht keinen Gebrauch, so fällt das Eigentum am Gebäude an die Eigentümer von Grund und Boden; sie haben der Baurechtsberechtigten hierfür eine angemessene Entschädigung zu bezahlen.
7. Die Baurechtsbelasteten räumen der Baurechtsberechtigten während der Dauer dieses Vertrages das Vorkaufsrecht an der Liegenschaft Bern Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I ein, im ganzen und in Bezug auf die Miteigentümeranteile. Handänderungen unter den Miteigentümern dieser Liegenschaft oder deren Erben bilden jedoch keinen Vorkaufsfall. Ausserdem bleibt das gesetzliche Vorkaufsrecht der Miteigentümer im Sinne von Art. 682 ZGB vorbehalten.
Die Baurechtsberechtigte erklärt für das ihr hiervor eingeräumte Vorkaufsrecht zum voraus bis zum Maximalbetrag von Fr. 3'000,000.-- den Nachgang für Grundpfandrechte, die später auf der belasteten Liegenschaft errichtet werden.
Dieses Vorkaufsrecht ist für die Dauer von zehn Jahren im Grundbuch vorzumerken.
8. Die auf das mit Baurecht belastete Grundstück entfallenden gegenwärtigen und zukünftigen Steuern und Abgaben gehen zu Lasten der Grundeigentümer, während Steuern und Abgaben für die von den Baurechtsberechtigten errichteten Gebäude und Anlagen sowie der Illuminationsbeitrag durch die Baurechtsberechtigte zu entrichten sind.
9. ...
10. ...
11. a) Das selbständige und dauernde Baurecht ist im Grundbuch einzutragen als Grundstück gemäss Art. 7 der Grundbuchverordnung vom 22. Februar 1910 zu Lasten der Besitzung Bern Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I.
b) Die Grundlast Baurechtszins Fr. 120'000.-- im Jahr, Gesamtwert der Grundlast Fr. 360'000.--, zugunsten der Besitzung Bern Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I und als Last auf dem für das selbständige und dauernde Baurecht zu errichtenden Grundbuchblatt.
c) Das Vorkaufsrecht als Vormerkung auf Bern Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I zu Gunsten der Baurechtsberechtigten.
12. ...
13. ..."
C.- Frau Frölich fand, der abgeschlossene Baurechtsvertrag komme in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen einem Verkauf der Liegenschaft gleich; Ziffer 6 des Kaufvertrags vom 16. Juni 1950 gewähre ihr eine Gewinnbeteiligung nicht nur bei einem Verkauf, sondern bei jeder Realisierung des Wertes der Liegenschaft, die innert der vertraglichen Frist von 15 Jahren erfolge; daher komme ihr vom Jahre 1955 bis zum Jahre 2005 eine jährliche Rente in Höhe des Betrages zu, um den der sechste Teil des jährlichen Baurechtszinses von Fr. 120'000.-- den Jahresbetrag einer bis zum Jahre 2005 laufenden jährlichen Rente im Kapitalwert des ihr bezahlten Kaufpreises von Fr. 216'666.-- übersteige. Da Frau Eberhard und Frau Zimmermann ihren Anspruch ablehnten, leitete sie gegen diese beiden am 11. Mai 1955 die vorliegende Klage ein mit Rechtsbegehren, deren endgültige Fassung wie folgt lautet:
"Die Beklagten seien zu verurteilen, der Klägerin ab 1. August 1955 und in den folgenden Jahren bis zum Jahre 2005 jeweilen am 1. August eines jeden Jahres einen Betrag von je Fr. 5480.-- zu bezahlen.
Eventuell: Die Beklagten seien zu verurteilen, der Klägerin am 1. August 1955 und in den folgenden Jahren bis zum Jahre 2005 jeweilen am 1. August eines jeden Jahres einen gerichtlich zu bestimmenden Betrag zu bezahlen.
Subeventuell: Die Beklagten seien zu verurteilen, der Klägerin am 1. August 1955 und in den folgenden Jahren jedes Vierteljahr jeweilen am 1. November, 1. Februar, 1. Mai und 1. August bis zum 1. Mai 2005 einen gerichtlich zu bestimmenden Betrag zu bezahlen."
Am 1. November 1955 hat der Appellationshof des Kantons Bern, III. Zivilkammer, die Klage abgewiesen.
D.- Mit ihrer Berufung an das Bundesgericht erneuert die Klägerin die im kantonalen Verfahren gestellten Begehren. Die Beklagten schliessen auf Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Wer ein Vermögensstück verkauft, gibt damit grundsätzlich alle Rechte daran auf. Insbesondere gewährt das Gesetz dem Verkäufer keinen Anspruch auf eine Beteiligung am Ertrag, den der Käufer aus dem Kaufgegenstande zieht, oder an einem Gewinn, den der Käufer bei der Weiterveräusserung erzielt. Der Verkäufer kann einen solchen Anspruch also nur erheben, wenn und soweit er sich dies vertraglich vorbehalten hat.
Im vorliegenden Falle hat die Klägerin nach Ziffer 6 des Kaufvertrages vom 16. Juni 1950 auf einen Gewinnanteil Anspruch, "sofern die Liegenschaft Spitalgasse 55 ... vor dem 1. Juli 1965 an einen Dritten verkauft" wird. Es ist zu prüfen, ob sie auf Grund dieser Klausel einen Anteil am Baurechtszins beanspruchen könne, den die Beklagten von der Warlo AG und Imlo AG gemäss Baurechtsvertrag vom 3. November 1954 beziehen. Dass noch eine weitere Vereinbarung bestehe, auf welche ihr Anspruch sich stützen könnte, behauptet die Klägerin selber nicht.
2. Während die Klägerin im kantonalen Verfahren zugegeben hatte, dass die Liegenschaft Spitalgasse 55 mit dem Vertrag vom 3. November 1954 nicht verkauft worden sei, und ihre Klage im wesentlichen nur damit begründet hatte, dass dieser Vertrag in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen einem Verkauf gleichkomme und dass die Gewinnbeteiligungsklausel auch für solche Fälle gelte, lässt sie vor Bundesgericht ausführen, nach den Umständen sei als gewiss anzusehen, dass die Baurechtsberechtigten bei Ablauf des Baurechts von ihrem Kaufsrecht gemäss Ziff. 6 des Vertrags vom 3. November 1954 Gebrauch machen würden; die Vertragsparteien seien sich auch bewusst gewesen, dass ein "Wiederaufleben des Eigentumsrechts" der Belasteten unter keinen Umständen in Frage kommen könne; daher könne mit Fug und Recht der Standpunkt vertreten werden, die Liegenschaft Spitalgasse 55 sei bereits am 3. November 1954 auf den 1. August 2005 verkauft worden. Hievon kann jedoch schon deshalb keine Rede sein, weil der Baurechtsvertrag den Berechtigten ein Kaufsrecht nicht unbedingt, sondern nur für den Fall gewährt, dass die Parteien sich vor Ablauf des Baurechts nicht über eine Verlängerung desselben verständigen können, und weil zudem keineswegs sicher ist, dass die Berechtigten im Jahre 2005 am Erwerb der Liegenschaft zu den im Baurechtsvertrag umschriebenen Bedingungen noch ein Interesse haben und daher beim Scheitern der Verhandlungen über eine Verlängerung des Baurechts von ihrem Kaufsrecht Gebrauch machen werden. Von den heutigen Verhältnissen aus beurteilt, mag dies freilich wahrscheinlich sein. Welche Verhältnisse in fünfzig Jahren herrschen werden, lässt sich jedoch in keiner Weise voraussehen.
Es steht mithin durchaus nicht fest, dass das Eigentum an der streitigen Liegenschaft im Jahre 2005 auf die Baurechtsberechtigten übergehen wird. Der Abschluss des Baurechtsvertrags fällt also unzweifelhaft nicht unter die Gewinnbeteiligungsklausel, wenn man den hier verwendeten Ausdruck "Verkauf" im juristischen Sinne auffasst.
3. Die Klägerin macht nun freilich nach wie vor geltend, die Anwendung von Ziff. 6 des Vertrags von 1950 setze nicht den Abschluss eines Kaufvertrags voraus, sondern diese Vertragsbestimmung gelte, sinngemäss ausgelegt, auch für Geschäfte, die zwar rechtlich keinen Verkauf darstellen, aber doch zur Umsetzung der Liegenschaft in Geld führen und sich daher wirtschaftlich wie ein Verkauf auswirken. Ob dies zutreffe, braucht indes nicht näher untersucht zu werden, weil der Abschluss des Baurechtsvertrages vom 3. November 1954 bei wirtschaftlicher Betrachtung so wenig wie bei rechtlicher Beurteilung einem Verkauf der Liegenschaft gleichgestellt werden kann.
Richtig ist zwar, dass dieser Vertrag den Berechtigten mit Bezug auf die streitige Liegenschaft ausserordentlich weitgehende Rechte einräumt. Sie können während der nächsten 50 Jahre darauf schalten und walten wie ein Eigentümer. Ihre Befugnisse beziehen sich aber, vom Vorkaufs- und Kaufsrecht abgesehen, doch nur auf die Benützung der Liegenschaft. Sie können diese weder veräussern noch hypothekarisch belasten. Diese Möglichkeiten bleiben vielmehr den Bestellern des Baurechts gewahrt, die als Eigentümer im Grundbuch eingetragen bleiben. Das Vorkaufsrecht ist kein Hindernis für einen Verkauf, sondern bewirkt nur, dass die Berechtigten in einen mit Dritten abgeschlossenen Kaufvertrag eintreten können. Ebensowenig steht das Kaufsrecht, das den Berechtigten bei Ablauf des Baurechts unter Umständen zustehen wird, einem vorherigen Verkauf der Liegenschaft durch die Besteller des Baurechts im Wege. Im Hinblick auf den Baurechtszins, den die jeweiligen Eigentümer der Liegenschaft zu beanspruchen haben, ist eine Veräusserung oder Belehnung der Liegenschaft während der Dauer des Baurechts auch wirtschaftlich sehr wohl möglich. Ob die Berechtigten bei Ablauf des Baurechts zur Ausübung des Kaufsrechts Gelegenheit erhalten und es auch wirklich ausüben werden, lässt sich, wie schon gesagt, nicht voraussagen. Tritt dieser Fall ein, so haben die Berechtigten für die Liegenschaft nicht etwa nur eine symbolische Zahlung zu leisten, sondern einen Kaufspreis zu entrichten, der zwar heute noch nicht beziffert werden kann, aber auf jeden Fall sehr hoch sein wird. Unter diesen Umständen lässt sich nicht sagen, der vorliegende Baurechtsvertrag habe praktisch die gleichen Wirkungen wie ein Kaufvertrag. Die Eigentümer haben damit nicht die Liegenschaft zu Geld gemacht, sondern den Bauberechtigten nur deren Gebrauch überlassen und sich dafür ein Entgelt ausbedungen. Sie haben sich damit einen sehr hohen Ertrag der Liegenschaft gesichert, sodass es abwegig ist, wenn die Klägerin behauptet, es sei ihnen nur die nuda proprietas geblieben. Der Baurechtszins hat wirtschaftlich keineswegs die gleiche Funktion wie ein Kaufpreis, sondern ist in dieser Hinsicht einem Miet- oder Pachtzins ähnlich. Die Baurechtsbelasteten behalten die Liegenschaft als Sachwert in ihrem Vermögen. Selbst wenn die Gewinnbeteiligungsklausel auch im Falle gälte, dass die Liegenschaft auf einem andern Wege als durch einen Verkauf im Rechtssinne in Geld umgesetzt wird, könnte der Abschluss des Baurechtsvertrages also nicht zur Anwendung dieser Vertragsbestimmung führen.
4. Dass die Klägerin nicht bloss an einem bei der Weiterveräusserung der Liegenschaft entstehenden Gewinn, sondern auch an einer Steigerung des Ertrags der Liegenschaft beteiligt sein soll, lässt sich aus der Klausel, auf welche die Klage sich stützt, nicht ableiten. Eine solche Auslegung ist mit der Bedeutung, die den im Vertrag verwendeten Ausdrücken "Verkauf" und "Gewinn" nach allgemeinem Sprachgebrauch zukommt, nicht vereinbar. Dafür, dass die Vertragsparteien diese Ausdrücke übereinstimmend in einem vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichenden Sinne verstanden und dies durch ihr Verhalten irgendwie zum Ausdruck gebracht hätten, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Die Klägerin gibt im Gegenteil zu, dass die Parteien zur Zeit des Vertragsabschlusses an einen andern Fall als denjenigen des Verkaufs nicht gedacht haben. Dachte die Klägerin selber nur an einen Verkauf, so lässt sich aber auch nicht mit Grund behaupten, die Beklagten hätten nach Treu und Glauben erkennen müssen, dass die streitige Klausel, die auf Wunsch der Klägerin in den Kaufvertrag aufgenommen wurde, einen über den Wortlaut weit hinausgehenden Sinn habe und insbesondere auch im Falle der Einräumung eines Baurechts gelte. Diese Klausel kann daher nicht so ausgelegt werden, dass sie der Klägerin eine Beteiligung an dem Mehrertrag der Liegenschaft gewährt, den die Beklagten durch den Abschluss des Baurechtsvertrags erzielt haben. Eine solche Auslegung verbietet sich um so eher, als der Vertrag die der Klägerin zukommende Leistung in einer Art umschreibt, die offensichtlich nur für den Fall der Veräusserung der Liegenschaft, dagegen keineswegs für den Fall einer blossen Steigerung ihres Ertrages passt ("Verkaufspreis abzüglich Erwerbspreis von Fr. 216'666.-- unter Hinzurechnung der Handänderungskosten und eventueller Kosten für wertvermehrende Aufwendungen").
Indem die Klägerin eine Beteiligung am Baurechtszins verlangt, mutet sie dem Richter also in Wirklichkeit eine Ergänzung des Vertrages zu. In der Klageschrift hat sie denn auch zur Begründung ihres Anspruchs selber ausgeführt, es könne mit Bestimmtheit gesagt werden, dass der Fall der Einräumung eines Baurechts ebenfalls in den Vertragstext aufgenommen worden wäre, wenn die Parteien daran gedacht hätten. Sie will also, dass auf etwas abgestellt werde, das die Parteien zwar nicht vereinbart haben, aber vereinbart hätten, wenn sie die Möglichkeit der Bestellung eines Baurechts in Betracht gezogen hätten.
Diesem Ansinnen kann nicht stattgegeben werden. Einmal ist durchaus ungewiss, ob die Klägerin (die Geld brauchte) bei den Vertragsverhandlungen neben der Beteiligung an einem allfälligen Verkaufsgewinn auch eine solche an einem erhöhten Ertrag der Liegenschaft hätte durchsetzen können, wenn sie diesen Punkt zur Sprache gebracht hätte. Vor allem aber hat man es hier nicht mit einem Fall zu tun, wo allenfalls eine Ergänzung der vertraglichen Abmachungen durch den Richter in Frage kommen könnte. Die Parteien haben in ihrem Vertrage nicht einen Nebenpunkt offen gelassen, der notwendigerweise der Regelung bedürfte. Ein Kaufvertrag, der keine Beteiligung des Verkäufers am künftigen Erlös oder Ertrag der Kaufsache oder neben der Beteiligung an einem allfälligen Verkaufsgewinn nicht auch eine solche an einer gesteigerten Rendite des Kaufgegenstandes vorsieht, ist deswegen keineswegs lückenhaft; denn es ist, wie schon zu Beginn der Erwägungen bemerkt, das Normale, dass der Verkäufer mit dem Verkauf alle Rechte an der verkauften Sache aufgibt. Die Klägerin kann sich aber auch nicht etwa darauf berufen, dass eine Änderung der Verhältnisse einen richterlichen Eingriff in das Vertragsverhältnis gebiete. Mit den Fällen, wo die Rechtsprechung die sog. clausula rebus sic stantibus zur Geltung brachte, hat der vorliegende Fall überhaupt nichts gemein. Es ist daher ausgeschlossen, die streitige Vertragsklausel in dem von der Klägerin gewünschten Sinne zu ergänzen.
5. Kommt der Abschluss des Baurechtsvertrags nicht einem Verkauf der Liegenschaft gleich und ist es nicht möglich, den Kaufvertrag so auszulegen oder zu ergänzen, dass er der Klägerin einen Anteil an einer Steigerung des Ertrags der Liegenschaft gewähren würde, so bedeutet es selbstverständlich auch keinen Rechtsmissbrauch, dass die Beklagten gegenüber der Klage den Einwand erheben, sie hätten die Liegenschaft nicht verkauft und seien daher der Klägerin nichts schuldig.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern, III. Zivilkammer, vom 1. November 1955 bestätigt.
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Verkauf eines Miteigentumsanteils an einer Liegenschaft. Klausel, wonach der Verkäufer am Gewinn aus einem allfälligen spätern Verkauf der Liegenschaft an einen Dritten beteiligt sein soll.
Ist diese Klausel anwendbar, wenn einem Dritten an der Liegenschaft gegen ein periodisch zu leistendes Entgelt ein Baurecht, verbunden mit einem aufschiebend bedingten Kaufsrecht, eingeräumt wird? Kann der Richter den Vertrag ergänzen?
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82 II 378
Sachverhalt ab Seite 379
A.- Frau Frölich war früher zu einem Sechstel Miteigentümerin der Liegenschaft Spitalgasse 55 in Bern. Dort stand ein älteres Geschäftshaus, das östlich und westlich an die grossen Bauten stiess, die dem Betrieb des Warenhauses Loeb dienen und im Eigentum der zu diesem Unternehmen gehörenden Immobiliengesellschaften Warlo AG und Imlo AG stehen.
Da die Eheleute Frölich im Jahre 1950 infolge einer längern Krankheit des Ehemannes Bargeld benötigten, entschlossen sie sich, den Miteigentumsanteil der Ehefrau an deren Verwandte Frau Eberhard und Frau Zimmermann zu verkaufen, die bereits je einen Anteil von einem Viertel besassen. Im Kaufvertrag vom 16. Juni 1950, durch den Frau Eberhard und Frau Zimmermann den Anteil der Frau Frölich je zur Hälfte erwarben, wurde der Kaufpreis für diesen Anteil auf Grund einer Kaufofferte der Firma Berger, die für die ganze Liegenschaft Fr. 1'300,000.-- geboten hatte, auf ein Sechstel dieser Summe, d.h. auf Fr. 216'666.-- festgesetzt. Ziffer 6 des Kaufvertrages lautet:
"Sofern die Liegenschaft Spitalgasse 55 innert der nächsten 15 Jahre, d.h. vor dem 1. Juli 1965 an einen Dritten verkauft werden sollte, sind die heutigen Käuferinnen bereit, der Verkäuferin den auf den handändernden Miteigentumsanteil von 1/6 entfallenden Gewinn (Verkaufspreis abzüglich Erwerbspreis von Fr. 216'666.-- unter Hinzurechnung der Handänderungskosten und eventueller Kosten für wertvermehrende Aufwendungen) zukommen zu lassen...".
B.- Am 3. November 1954 schlossen die Miteigentümer der erwähnten Liegenschaft (worunter Frau Eberhard und Frau Zimmermann) mit den zu einer einfachen Gesellschaft verbundenen Immobiliengesellschaften Warlo AG und Imlo AG einen "Baurechtsvertrag mit Grundlast und Vorkaufsrecht", der u.a. die folgenden Bestimmungen enthält:
II.
"Die vorgenannten sieben Miteigentümer als Eigentümer der ganzen Liegenschaft räumen der einfachen Gesellschaft, bestehend aus den Aktiengesellschaften "Warlo" Immobilien A G und "Imlo" Immobilien A G ein selbständiges und dauerndes Baurecht auf der ganzen Liegenschaft Bern Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I im Halte von 1 Are 79 m2 an der Spitalgasse in Bern im Sinne von Art. 675 und 779 ZGB zu folgenden Bedingungen ein:
1. Der Baurechtsberechtigten wird das Recht eingeräumt, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über das Baurecht und der Bauvorschriften der Gemeinde Bern das auf der beschriebenen Liegenschaft stehende Gebäude abzureissen und an seiner Stelle auf und unter der Bodenfläche ein Geschäftshaus zu errichten. Es wird festgestellt, dass im Baurecht insbesondere das Recht der Eingliederung in die Nachbarhäuser eingeschlossen ist. Soviel an ihnen, verzichten die Baurechtsbelasteten auf die Errichtung von Scheidemauern. Die Fassade muss selbständig und unabhängig von den Nachbarhäusern gestaltet werden.
2. ...
3. Das Baurecht beginnt am 1. August 1955 und dauert fünfzig Jahre, also bis 1. August 2005...
4. Der Inhaber des Baurechts ist verpflichtet, den jeweiligen Eigentümern der belasteten Liegenschaft einen jährlichen Baurechtszins von Fr. 120'000.-- zu entrichten, zahlbar im voraus in vierteljährlichen Raten von Fr. 30'000.--, erstmals am 1. August 1955...
Dieser Baurechtszins basiert auf dem bei Vertragsabschluss geltenden Landesindex über die Kosten der Lebenshaltung, ausgearbeitet und publiziert vom Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Sektion Statistik (172 Punkte = 100%). Der Baurechtszins ist alle zehn Jahre seit Abschluss des Vertrages, erstmals auf 1. August 1965, dem Landesindex anzupassen, sofern sich dieser seit Abschluss des Vertrages bzw. seit der letzten, auf Grund dieser Bestimmung vorgenommenen Anpassung des Baurechtszinses um mindestens fünf Punkte erhöht oder ermässigt hat. Der Baurechtszins erhöht oder ermässigt sich in diesem Falle für die nächste zehnjährige Periode in entsprechendem prozentualen Verhältnis.
5. Dieser Baurechtszins ist als Grundlast im Grundbuch einzutragen. Der Gesamtwert beträgt Fr. 360'000.-- ... Diese Grundlast ist mit dem Baurecht untrennbar verbunden.
6. Zwei Jahre vor Ablauf des Baurechts werden sich die Parteien über eine allfällige Verlängerung zu verständigen versuchen. Kommt eine solche nicht zustande, so steht der Baurechtsberechtigte das Recht zu, den Grund und Boden käuflich zu erwerben. Der Kaufpreis beträgt den Kapitalwert eines jährlichen Baurechtszinses, dessen Höhe gemäss den in Ziff. 4 Abs. 2 hiervor aufgestellten Regeln nach dem am Verkaufstag geltenden Landesindex neu zu berechnen ist. Die Kapitalisierung erfolgt zu dem für I. Hypotheken geltenden Zinsfuss, maximal aber zu 4%. Macht sie von diesem Recht keinen Gebrauch, so fällt das Eigentum am Gebäude an die Eigentümer von Grund und Boden; sie haben der Baurechtsberechtigten hierfür eine angemessene Entschädigung zu bezahlen.
7. Die Baurechtsbelasteten räumen der Baurechtsberechtigten während der Dauer dieses Vertrages das Vorkaufsrecht an der Liegenschaft Bern Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I ein, im ganzen und in Bezug auf die Miteigentümeranteile. Handänderungen unter den Miteigentümern dieser Liegenschaft oder deren Erben bilden jedoch keinen Vorkaufsfall. Ausserdem bleibt das gesetzliche Vorkaufsrecht der Miteigentümer im Sinne von Art. 682 ZGB vorbehalten.
Die Baurechtsberechtigte erklärt für das ihr hiervor eingeräumte Vorkaufsrecht zum voraus bis zum Maximalbetrag von Fr. 3'000,000.-- den Nachgang für Grundpfandrechte, die später auf der belasteten Liegenschaft errichtet werden.
Dieses Vorkaufsrecht ist für die Dauer von zehn Jahren im Grundbuch vorzumerken.
8. Die auf das mit Baurecht belastete Grundstück entfallenden gegenwärtigen und zukünftigen Steuern und Abgaben gehen zu Lasten der Grundeigentümer, während Steuern und Abgaben für die von den Baurechtsberechtigten errichteten Gebäude und Anlagen sowie der Illuminationsbeitrag durch die Baurechtsberechtigte zu entrichten sind.
9. ...
10. ...
11. a) Das selbständige und dauernde Baurecht ist im Grundbuch einzutragen als Grundstück gemäss Art. 7 der Grundbuchverordnung vom 22. Februar 1910 zu Lasten der Besitzung Bern Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I.
b) Die Grundlast Baurechtszins Fr. 120'000.-- im Jahr, Gesamtwert der Grundlast Fr. 360'000.--, zugunsten der Besitzung Bern Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I und als Last auf dem für das selbständige und dauernde Baurecht zu errichtenden Grundbuchblatt.
c) Das Vorkaufsrecht als Vormerkung auf Bern Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I zu Gunsten der Baurechtsberechtigten.
12. ...
13. ..."
C.- Frau Frölich fand, der abgeschlossene Baurechtsvertrag komme in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen einem Verkauf der Liegenschaft gleich; Ziffer 6 des Kaufvertrags vom 16. Juni 1950 gewähre ihr eine Gewinnbeteiligung nicht nur bei einem Verkauf, sondern bei jeder Realisierung des Wertes der Liegenschaft, die innert der vertraglichen Frist von 15 Jahren erfolge; daher komme ihr vom Jahre 1955 bis zum Jahre 2005 eine jährliche Rente in Höhe des Betrages zu, um den der sechste Teil des jährlichen Baurechtszinses von Fr. 120'000.-- den Jahresbetrag einer bis zum Jahre 2005 laufenden jährlichen Rente im Kapitalwert des ihr bezahlten Kaufpreises von Fr. 216'666.-- übersteige. Da Frau Eberhard und Frau Zimmermann ihren Anspruch ablehnten, leitete sie gegen diese beiden am 11. Mai 1955 die vorliegende Klage ein mit Rechtsbegehren, deren endgültige Fassung wie folgt lautet:
"Die Beklagten seien zu verurteilen, der Klägerin ab 1. August 1955 und in den folgenden Jahren bis zum Jahre 2005 jeweilen am 1. August eines jeden Jahres einen Betrag von je Fr. 5480.-- zu bezahlen.
Eventuell: Die Beklagten seien zu verurteilen, der Klägerin am 1. August 1955 und in den folgenden Jahren bis zum Jahre 2005 jeweilen am 1. August eines jeden Jahres einen gerichtlich zu bestimmenden Betrag zu bezahlen.
Subeventuell: Die Beklagten seien zu verurteilen, der Klägerin am 1. August 1955 und in den folgenden Jahren jedes Vierteljahr jeweilen am 1. November, 1. Februar, 1. Mai und 1. August bis zum 1. Mai 2005 einen gerichtlich zu bestimmenden Betrag zu bezahlen."
Am 1. November 1955 hat der Appellationshof des Kantons Bern, III. Zivilkammer, die Klage abgewiesen.
D.- Mit ihrer Berufung an das Bundesgericht erneuert die Klägerin die im kantonalen Verfahren gestellten Begehren. Die Beklagten schliessen auf Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Wer ein Vermögensstück verkauft, gibt damit grundsätzlich alle Rechte daran auf. Insbesondere gewährt das Gesetz dem Verkäufer keinen Anspruch auf eine Beteiligung am Ertrag, den der Käufer aus dem Kaufgegenstande zieht, oder an einem Gewinn, den der Käufer bei der Weiterveräusserung erzielt. Der Verkäufer kann einen solchen Anspruch also nur erheben, wenn und soweit er sich dies vertraglich vorbehalten hat.
Im vorliegenden Falle hat die Klägerin nach Ziffer 6 des Kaufvertrages vom 16. Juni 1950 auf einen Gewinnanteil Anspruch, "sofern die Liegenschaft Spitalgasse 55 ... vor dem 1. Juli 1965 an einen Dritten verkauft" wird. Es ist zu prüfen, ob sie auf Grund dieser Klausel einen Anteil am Baurechtszins beanspruchen könne, den die Beklagten von der Warlo AG und Imlo AG gemäss Baurechtsvertrag vom 3. November 1954 beziehen. Dass noch eine weitere Vereinbarung bestehe, auf welche ihr Anspruch sich stützen könnte, behauptet die Klägerin selber nicht.
2. Während die Klägerin im kantonalen Verfahren zugegeben hatte, dass die Liegenschaft Spitalgasse 55 mit dem Vertrag vom 3. November 1954 nicht verkauft worden sei, und ihre Klage im wesentlichen nur damit begründet hatte, dass dieser Vertrag in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen einem Verkauf gleichkomme und dass die Gewinnbeteiligungsklausel auch für solche Fälle gelte, lässt sie vor Bundesgericht ausführen, nach den Umständen sei als gewiss anzusehen, dass die Baurechtsberechtigten bei Ablauf des Baurechts von ihrem Kaufsrecht gemäss Ziff. 6 des Vertrags vom 3. November 1954 Gebrauch machen würden; die Vertragsparteien seien sich auch bewusst gewesen, dass ein "Wiederaufleben des Eigentumsrechts" der Belasteten unter keinen Umständen in Frage kommen könne; daher könne mit Fug und Recht der Standpunkt vertreten werden, die Liegenschaft Spitalgasse 55 sei bereits am 3. November 1954 auf den 1. August 2005 verkauft worden. Hievon kann jedoch schon deshalb keine Rede sein, weil der Baurechtsvertrag den Berechtigten ein Kaufsrecht nicht unbedingt, sondern nur für den Fall gewährt, dass die Parteien sich vor Ablauf des Baurechts nicht über eine Verlängerung desselben verständigen können, und weil zudem keineswegs sicher ist, dass die Berechtigten im Jahre 2005 am Erwerb der Liegenschaft zu den im Baurechtsvertrag umschriebenen Bedingungen noch ein Interesse haben und daher beim Scheitern der Verhandlungen über eine Verlängerung des Baurechts von ihrem Kaufsrecht Gebrauch machen werden. Von den heutigen Verhältnissen aus beurteilt, mag dies freilich wahrscheinlich sein. Welche Verhältnisse in fünfzig Jahren herrschen werden, lässt sich jedoch in keiner Weise voraussehen.
Es steht mithin durchaus nicht fest, dass das Eigentum an der streitigen Liegenschaft im Jahre 2005 auf die Baurechtsberechtigten übergehen wird. Der Abschluss des Baurechtsvertrags fällt also unzweifelhaft nicht unter die Gewinnbeteiligungsklausel, wenn man den hier verwendeten Ausdruck "Verkauf" im juristischen Sinne auffasst.
3. Die Klägerin macht nun freilich nach wie vor geltend, die Anwendung von Ziff. 6 des Vertrags von 1950 setze nicht den Abschluss eines Kaufvertrags voraus, sondern diese Vertragsbestimmung gelte, sinngemäss ausgelegt, auch für Geschäfte, die zwar rechtlich keinen Verkauf darstellen, aber doch zur Umsetzung der Liegenschaft in Geld führen und sich daher wirtschaftlich wie ein Verkauf auswirken. Ob dies zutreffe, braucht indes nicht näher untersucht zu werden, weil der Abschluss des Baurechtsvertrages vom 3. November 1954 bei wirtschaftlicher Betrachtung so wenig wie bei rechtlicher Beurteilung einem Verkauf der Liegenschaft gleichgestellt werden kann.
Richtig ist zwar, dass dieser Vertrag den Berechtigten mit Bezug auf die streitige Liegenschaft ausserordentlich weitgehende Rechte einräumt. Sie können während der nächsten 50 Jahre darauf schalten und walten wie ein Eigentümer. Ihre Befugnisse beziehen sich aber, vom Vorkaufs- und Kaufsrecht abgesehen, doch nur auf die Benützung der Liegenschaft. Sie können diese weder veräussern noch hypothekarisch belasten. Diese Möglichkeiten bleiben vielmehr den Bestellern des Baurechts gewahrt, die als Eigentümer im Grundbuch eingetragen bleiben. Das Vorkaufsrecht ist kein Hindernis für einen Verkauf, sondern bewirkt nur, dass die Berechtigten in einen mit Dritten abgeschlossenen Kaufvertrag eintreten können. Ebensowenig steht das Kaufsrecht, das den Berechtigten bei Ablauf des Baurechts unter Umständen zustehen wird, einem vorherigen Verkauf der Liegenschaft durch die Besteller des Baurechts im Wege. Im Hinblick auf den Baurechtszins, den die jeweiligen Eigentümer der Liegenschaft zu beanspruchen haben, ist eine Veräusserung oder Belehnung der Liegenschaft während der Dauer des Baurechts auch wirtschaftlich sehr wohl möglich. Ob die Berechtigten bei Ablauf des Baurechts zur Ausübung des Kaufsrechts Gelegenheit erhalten und es auch wirklich ausüben werden, lässt sich, wie schon gesagt, nicht voraussagen. Tritt dieser Fall ein, so haben die Berechtigten für die Liegenschaft nicht etwa nur eine symbolische Zahlung zu leisten, sondern einen Kaufspreis zu entrichten, der zwar heute noch nicht beziffert werden kann, aber auf jeden Fall sehr hoch sein wird. Unter diesen Umständen lässt sich nicht sagen, der vorliegende Baurechtsvertrag habe praktisch die gleichen Wirkungen wie ein Kaufvertrag. Die Eigentümer haben damit nicht die Liegenschaft zu Geld gemacht, sondern den Bauberechtigten nur deren Gebrauch überlassen und sich dafür ein Entgelt ausbedungen. Sie haben sich damit einen sehr hohen Ertrag der Liegenschaft gesichert, sodass es abwegig ist, wenn die Klägerin behauptet, es sei ihnen nur die nuda proprietas geblieben. Der Baurechtszins hat wirtschaftlich keineswegs die gleiche Funktion wie ein Kaufpreis, sondern ist in dieser Hinsicht einem Miet- oder Pachtzins ähnlich. Die Baurechtsbelasteten behalten die Liegenschaft als Sachwert in ihrem Vermögen. Selbst wenn die Gewinnbeteiligungsklausel auch im Falle gälte, dass die Liegenschaft auf einem andern Wege als durch einen Verkauf im Rechtssinne in Geld umgesetzt wird, könnte der Abschluss des Baurechtsvertrages also nicht zur Anwendung dieser Vertragsbestimmung führen.
4. Dass die Klägerin nicht bloss an einem bei der Weiterveräusserung der Liegenschaft entstehenden Gewinn, sondern auch an einer Steigerung des Ertrags der Liegenschaft beteiligt sein soll, lässt sich aus der Klausel, auf welche die Klage sich stützt, nicht ableiten. Eine solche Auslegung ist mit der Bedeutung, die den im Vertrag verwendeten Ausdrücken "Verkauf" und "Gewinn" nach allgemeinem Sprachgebrauch zukommt, nicht vereinbar. Dafür, dass die Vertragsparteien diese Ausdrücke übereinstimmend in einem vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichenden Sinne verstanden und dies durch ihr Verhalten irgendwie zum Ausdruck gebracht hätten, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Die Klägerin gibt im Gegenteil zu, dass die Parteien zur Zeit des Vertragsabschlusses an einen andern Fall als denjenigen des Verkaufs nicht gedacht haben. Dachte die Klägerin selber nur an einen Verkauf, so lässt sich aber auch nicht mit Grund behaupten, die Beklagten hätten nach Treu und Glauben erkennen müssen, dass die streitige Klausel, die auf Wunsch der Klägerin in den Kaufvertrag aufgenommen wurde, einen über den Wortlaut weit hinausgehenden Sinn habe und insbesondere auch im Falle der Einräumung eines Baurechts gelte. Diese Klausel kann daher nicht so ausgelegt werden, dass sie der Klägerin eine Beteiligung an dem Mehrertrag der Liegenschaft gewährt, den die Beklagten durch den Abschluss des Baurechtsvertrags erzielt haben. Eine solche Auslegung verbietet sich um so eher, als der Vertrag die der Klägerin zukommende Leistung in einer Art umschreibt, die offensichtlich nur für den Fall der Veräusserung der Liegenschaft, dagegen keineswegs für den Fall einer blossen Steigerung ihres Ertrages passt ("Verkaufspreis abzüglich Erwerbspreis von Fr. 216'666.-- unter Hinzurechnung der Handänderungskosten und eventueller Kosten für wertvermehrende Aufwendungen").
Indem die Klägerin eine Beteiligung am Baurechtszins verlangt, mutet sie dem Richter also in Wirklichkeit eine Ergänzung des Vertrages zu. In der Klageschrift hat sie denn auch zur Begründung ihres Anspruchs selber ausgeführt, es könne mit Bestimmtheit gesagt werden, dass der Fall der Einräumung eines Baurechts ebenfalls in den Vertragstext aufgenommen worden wäre, wenn die Parteien daran gedacht hätten. Sie will also, dass auf etwas abgestellt werde, das die Parteien zwar nicht vereinbart haben, aber vereinbart hätten, wenn sie die Möglichkeit der Bestellung eines Baurechts in Betracht gezogen hätten.
Diesem Ansinnen kann nicht stattgegeben werden. Einmal ist durchaus ungewiss, ob die Klägerin (die Geld brauchte) bei den Vertragsverhandlungen neben der Beteiligung an einem allfälligen Verkaufsgewinn auch eine solche an einem erhöhten Ertrag der Liegenschaft hätte durchsetzen können, wenn sie diesen Punkt zur Sprache gebracht hätte. Vor allem aber hat man es hier nicht mit einem Fall zu tun, wo allenfalls eine Ergänzung der vertraglichen Abmachungen durch den Richter in Frage kommen könnte. Die Parteien haben in ihrem Vertrage nicht einen Nebenpunkt offen gelassen, der notwendigerweise der Regelung bedürfte. Ein Kaufvertrag, der keine Beteiligung des Verkäufers am künftigen Erlös oder Ertrag der Kaufsache oder neben der Beteiligung an einem allfälligen Verkaufsgewinn nicht auch eine solche an einer gesteigerten Rendite des Kaufgegenstandes vorsieht, ist deswegen keineswegs lückenhaft; denn es ist, wie schon zu Beginn der Erwägungen bemerkt, das Normale, dass der Verkäufer mit dem Verkauf alle Rechte an der verkauften Sache aufgibt. Die Klägerin kann sich aber auch nicht etwa darauf berufen, dass eine Änderung der Verhältnisse einen richterlichen Eingriff in das Vertragsverhältnis gebiete. Mit den Fällen, wo die Rechtsprechung die sog. clausula rebus sic stantibus zur Geltung brachte, hat der vorliegende Fall überhaupt nichts gemein. Es ist daher ausgeschlossen, die streitige Vertragsklausel in dem von der Klägerin gewünschten Sinne zu ergänzen.
5. Kommt der Abschluss des Baurechtsvertrags nicht einem Verkauf der Liegenschaft gleich und ist es nicht möglich, den Kaufvertrag so auszulegen oder zu ergänzen, dass er der Klägerin einen Anteil an einer Steigerung des Ertrags der Liegenschaft gewähren würde, so bedeutet es selbstverständlich auch keinen Rechtsmissbrauch, dass die Beklagten gegenüber der Klage den Einwand erheben, sie hätten die Liegenschaft nicht verkauft und seien daher der Klägerin nichts schuldig.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern, III. Zivilkammer, vom 1. November 1955 bestätigt.
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Vente d'une part de copropriété sur un immeuble. Clause selon laquelle le vendeur aura droit à une part du bénéfice qui pourrait résulter de la vente ultérieure de l'immeuble à un tiers.
Cette clause est-elle applicable lorsqu'un tiers reçoit sur l'immeuble et contre paiement périodique d'une somme d'argent un droit de construire combiné avec un droit d'emption soumis à une condition suspensive? Le juge peut-il compléter le contrat?
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-378%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 378
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82 II 378
Sachverhalt ab Seite 379
A.- Frau Frölich war früher zu einem Sechstel Miteigentümerin der Liegenschaft Spitalgasse 55 in Bern. Dort stand ein älteres Geschäftshaus, das östlich und westlich an die grossen Bauten stiess, die dem Betrieb des Warenhauses Loeb dienen und im Eigentum der zu diesem Unternehmen gehörenden Immobiliengesellschaften Warlo AG und Imlo AG stehen.
Da die Eheleute Frölich im Jahre 1950 infolge einer längern Krankheit des Ehemannes Bargeld benötigten, entschlossen sie sich, den Miteigentumsanteil der Ehefrau an deren Verwandte Frau Eberhard und Frau Zimmermann zu verkaufen, die bereits je einen Anteil von einem Viertel besassen. Im Kaufvertrag vom 16. Juni 1950, durch den Frau Eberhard und Frau Zimmermann den Anteil der Frau Frölich je zur Hälfte erwarben, wurde der Kaufpreis für diesen Anteil auf Grund einer Kaufofferte der Firma Berger, die für die ganze Liegenschaft Fr. 1'300,000.-- geboten hatte, auf ein Sechstel dieser Summe, d.h. auf Fr. 216'666.-- festgesetzt. Ziffer 6 des Kaufvertrages lautet:
"Sofern die Liegenschaft Spitalgasse 55 innert der nächsten 15 Jahre, d.h. vor dem 1. Juli 1965 an einen Dritten verkauft werden sollte, sind die heutigen Käuferinnen bereit, der Verkäuferin den auf den handändernden Miteigentumsanteil von 1/6 entfallenden Gewinn (Verkaufspreis abzüglich Erwerbspreis von Fr. 216'666.-- unter Hinzurechnung der Handänderungskosten und eventueller Kosten für wertvermehrende Aufwendungen) zukommen zu lassen...".
B.- Am 3. November 1954 schlossen die Miteigentümer der erwähnten Liegenschaft (worunter Frau Eberhard und Frau Zimmermann) mit den zu einer einfachen Gesellschaft verbundenen Immobiliengesellschaften Warlo AG und Imlo AG einen "Baurechtsvertrag mit Grundlast und Vorkaufsrecht", der u.a. die folgenden Bestimmungen enthält:
II.
"Die vorgenannten sieben Miteigentümer als Eigentümer der ganzen Liegenschaft räumen der einfachen Gesellschaft, bestehend aus den Aktiengesellschaften "Warlo" Immobilien A G und "Imlo" Immobilien A G ein selbständiges und dauerndes Baurecht auf der ganzen Liegenschaft Bern Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I im Halte von 1 Are 79 m2 an der Spitalgasse in Bern im Sinne von Art. 675 und 779 ZGB zu folgenden Bedingungen ein:
1. Der Baurechtsberechtigten wird das Recht eingeräumt, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über das Baurecht und der Bauvorschriften der Gemeinde Bern das auf der beschriebenen Liegenschaft stehende Gebäude abzureissen und an seiner Stelle auf und unter der Bodenfläche ein Geschäftshaus zu errichten. Es wird festgestellt, dass im Baurecht insbesondere das Recht der Eingliederung in die Nachbarhäuser eingeschlossen ist. Soviel an ihnen, verzichten die Baurechtsbelasteten auf die Errichtung von Scheidemauern. Die Fassade muss selbständig und unabhängig von den Nachbarhäusern gestaltet werden.
2. ...
3. Das Baurecht beginnt am 1. August 1955 und dauert fünfzig Jahre, also bis 1. August 2005...
4. Der Inhaber des Baurechts ist verpflichtet, den jeweiligen Eigentümern der belasteten Liegenschaft einen jährlichen Baurechtszins von Fr. 120'000.-- zu entrichten, zahlbar im voraus in vierteljährlichen Raten von Fr. 30'000.--, erstmals am 1. August 1955...
Dieser Baurechtszins basiert auf dem bei Vertragsabschluss geltenden Landesindex über die Kosten der Lebenshaltung, ausgearbeitet und publiziert vom Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Sektion Statistik (172 Punkte = 100%). Der Baurechtszins ist alle zehn Jahre seit Abschluss des Vertrages, erstmals auf 1. August 1965, dem Landesindex anzupassen, sofern sich dieser seit Abschluss des Vertrages bzw. seit der letzten, auf Grund dieser Bestimmung vorgenommenen Anpassung des Baurechtszinses um mindestens fünf Punkte erhöht oder ermässigt hat. Der Baurechtszins erhöht oder ermässigt sich in diesem Falle für die nächste zehnjährige Periode in entsprechendem prozentualen Verhältnis.
5. Dieser Baurechtszins ist als Grundlast im Grundbuch einzutragen. Der Gesamtwert beträgt Fr. 360'000.-- ... Diese Grundlast ist mit dem Baurecht untrennbar verbunden.
6. Zwei Jahre vor Ablauf des Baurechts werden sich die Parteien über eine allfällige Verlängerung zu verständigen versuchen. Kommt eine solche nicht zustande, so steht der Baurechtsberechtigte das Recht zu, den Grund und Boden käuflich zu erwerben. Der Kaufpreis beträgt den Kapitalwert eines jährlichen Baurechtszinses, dessen Höhe gemäss den in Ziff. 4 Abs. 2 hiervor aufgestellten Regeln nach dem am Verkaufstag geltenden Landesindex neu zu berechnen ist. Die Kapitalisierung erfolgt zu dem für I. Hypotheken geltenden Zinsfuss, maximal aber zu 4%. Macht sie von diesem Recht keinen Gebrauch, so fällt das Eigentum am Gebäude an die Eigentümer von Grund und Boden; sie haben der Baurechtsberechtigten hierfür eine angemessene Entschädigung zu bezahlen.
7. Die Baurechtsbelasteten räumen der Baurechtsberechtigten während der Dauer dieses Vertrages das Vorkaufsrecht an der Liegenschaft Bern Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I ein, im ganzen und in Bezug auf die Miteigentümeranteile. Handänderungen unter den Miteigentümern dieser Liegenschaft oder deren Erben bilden jedoch keinen Vorkaufsfall. Ausserdem bleibt das gesetzliche Vorkaufsrecht der Miteigentümer im Sinne von Art. 682 ZGB vorbehalten.
Die Baurechtsberechtigte erklärt für das ihr hiervor eingeräumte Vorkaufsrecht zum voraus bis zum Maximalbetrag von Fr. 3'000,000.-- den Nachgang für Grundpfandrechte, die später auf der belasteten Liegenschaft errichtet werden.
Dieses Vorkaufsrecht ist für die Dauer von zehn Jahren im Grundbuch vorzumerken.
8. Die auf das mit Baurecht belastete Grundstück entfallenden gegenwärtigen und zukünftigen Steuern und Abgaben gehen zu Lasten der Grundeigentümer, während Steuern und Abgaben für die von den Baurechtsberechtigten errichteten Gebäude und Anlagen sowie der Illuminationsbeitrag durch die Baurechtsberechtigte zu entrichten sind.
9. ...
10. ...
11. a) Das selbständige und dauernde Baurecht ist im Grundbuch einzutragen als Grundstück gemäss Art. 7 der Grundbuchverordnung vom 22. Februar 1910 zu Lasten der Besitzung Bern Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I.
b) Die Grundlast Baurechtszins Fr. 120'000.-- im Jahr, Gesamtwert der Grundlast Fr. 360'000.--, zugunsten der Besitzung Bern Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I und als Last auf dem für das selbständige und dauernde Baurecht zu errichtenden Grundbuchblatt.
c) Das Vorkaufsrecht als Vormerkung auf Bern Grundbuchblatt Nr. 1021 Kreis I zu Gunsten der Baurechtsberechtigten.
12. ...
13. ..."
C.- Frau Frölich fand, der abgeschlossene Baurechtsvertrag komme in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen einem Verkauf der Liegenschaft gleich; Ziffer 6 des Kaufvertrags vom 16. Juni 1950 gewähre ihr eine Gewinnbeteiligung nicht nur bei einem Verkauf, sondern bei jeder Realisierung des Wertes der Liegenschaft, die innert der vertraglichen Frist von 15 Jahren erfolge; daher komme ihr vom Jahre 1955 bis zum Jahre 2005 eine jährliche Rente in Höhe des Betrages zu, um den der sechste Teil des jährlichen Baurechtszinses von Fr. 120'000.-- den Jahresbetrag einer bis zum Jahre 2005 laufenden jährlichen Rente im Kapitalwert des ihr bezahlten Kaufpreises von Fr. 216'666.-- übersteige. Da Frau Eberhard und Frau Zimmermann ihren Anspruch ablehnten, leitete sie gegen diese beiden am 11. Mai 1955 die vorliegende Klage ein mit Rechtsbegehren, deren endgültige Fassung wie folgt lautet:
"Die Beklagten seien zu verurteilen, der Klägerin ab 1. August 1955 und in den folgenden Jahren bis zum Jahre 2005 jeweilen am 1. August eines jeden Jahres einen Betrag von je Fr. 5480.-- zu bezahlen.
Eventuell: Die Beklagten seien zu verurteilen, der Klägerin am 1. August 1955 und in den folgenden Jahren bis zum Jahre 2005 jeweilen am 1. August eines jeden Jahres einen gerichtlich zu bestimmenden Betrag zu bezahlen.
Subeventuell: Die Beklagten seien zu verurteilen, der Klägerin am 1. August 1955 und in den folgenden Jahren jedes Vierteljahr jeweilen am 1. November, 1. Februar, 1. Mai und 1. August bis zum 1. Mai 2005 einen gerichtlich zu bestimmenden Betrag zu bezahlen."
Am 1. November 1955 hat der Appellationshof des Kantons Bern, III. Zivilkammer, die Klage abgewiesen.
D.- Mit ihrer Berufung an das Bundesgericht erneuert die Klägerin die im kantonalen Verfahren gestellten Begehren. Die Beklagten schliessen auf Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Wer ein Vermögensstück verkauft, gibt damit grundsätzlich alle Rechte daran auf. Insbesondere gewährt das Gesetz dem Verkäufer keinen Anspruch auf eine Beteiligung am Ertrag, den der Käufer aus dem Kaufgegenstande zieht, oder an einem Gewinn, den der Käufer bei der Weiterveräusserung erzielt. Der Verkäufer kann einen solchen Anspruch also nur erheben, wenn und soweit er sich dies vertraglich vorbehalten hat.
Im vorliegenden Falle hat die Klägerin nach Ziffer 6 des Kaufvertrages vom 16. Juni 1950 auf einen Gewinnanteil Anspruch, "sofern die Liegenschaft Spitalgasse 55 ... vor dem 1. Juli 1965 an einen Dritten verkauft" wird. Es ist zu prüfen, ob sie auf Grund dieser Klausel einen Anteil am Baurechtszins beanspruchen könne, den die Beklagten von der Warlo AG und Imlo AG gemäss Baurechtsvertrag vom 3. November 1954 beziehen. Dass noch eine weitere Vereinbarung bestehe, auf welche ihr Anspruch sich stützen könnte, behauptet die Klägerin selber nicht.
2. Während die Klägerin im kantonalen Verfahren zugegeben hatte, dass die Liegenschaft Spitalgasse 55 mit dem Vertrag vom 3. November 1954 nicht verkauft worden sei, und ihre Klage im wesentlichen nur damit begründet hatte, dass dieser Vertrag in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen einem Verkauf gleichkomme und dass die Gewinnbeteiligungsklausel auch für solche Fälle gelte, lässt sie vor Bundesgericht ausführen, nach den Umständen sei als gewiss anzusehen, dass die Baurechtsberechtigten bei Ablauf des Baurechts von ihrem Kaufsrecht gemäss Ziff. 6 des Vertrags vom 3. November 1954 Gebrauch machen würden; die Vertragsparteien seien sich auch bewusst gewesen, dass ein "Wiederaufleben des Eigentumsrechts" der Belasteten unter keinen Umständen in Frage kommen könne; daher könne mit Fug und Recht der Standpunkt vertreten werden, die Liegenschaft Spitalgasse 55 sei bereits am 3. November 1954 auf den 1. August 2005 verkauft worden. Hievon kann jedoch schon deshalb keine Rede sein, weil der Baurechtsvertrag den Berechtigten ein Kaufsrecht nicht unbedingt, sondern nur für den Fall gewährt, dass die Parteien sich vor Ablauf des Baurechts nicht über eine Verlängerung desselben verständigen können, und weil zudem keineswegs sicher ist, dass die Berechtigten im Jahre 2005 am Erwerb der Liegenschaft zu den im Baurechtsvertrag umschriebenen Bedingungen noch ein Interesse haben und daher beim Scheitern der Verhandlungen über eine Verlängerung des Baurechts von ihrem Kaufsrecht Gebrauch machen werden. Von den heutigen Verhältnissen aus beurteilt, mag dies freilich wahrscheinlich sein. Welche Verhältnisse in fünfzig Jahren herrschen werden, lässt sich jedoch in keiner Weise voraussehen.
Es steht mithin durchaus nicht fest, dass das Eigentum an der streitigen Liegenschaft im Jahre 2005 auf die Baurechtsberechtigten übergehen wird. Der Abschluss des Baurechtsvertrags fällt also unzweifelhaft nicht unter die Gewinnbeteiligungsklausel, wenn man den hier verwendeten Ausdruck "Verkauf" im juristischen Sinne auffasst.
3. Die Klägerin macht nun freilich nach wie vor geltend, die Anwendung von Ziff. 6 des Vertrags von 1950 setze nicht den Abschluss eines Kaufvertrags voraus, sondern diese Vertragsbestimmung gelte, sinngemäss ausgelegt, auch für Geschäfte, die zwar rechtlich keinen Verkauf darstellen, aber doch zur Umsetzung der Liegenschaft in Geld führen und sich daher wirtschaftlich wie ein Verkauf auswirken. Ob dies zutreffe, braucht indes nicht näher untersucht zu werden, weil der Abschluss des Baurechtsvertrages vom 3. November 1954 bei wirtschaftlicher Betrachtung so wenig wie bei rechtlicher Beurteilung einem Verkauf der Liegenschaft gleichgestellt werden kann.
Richtig ist zwar, dass dieser Vertrag den Berechtigten mit Bezug auf die streitige Liegenschaft ausserordentlich weitgehende Rechte einräumt. Sie können während der nächsten 50 Jahre darauf schalten und walten wie ein Eigentümer. Ihre Befugnisse beziehen sich aber, vom Vorkaufs- und Kaufsrecht abgesehen, doch nur auf die Benützung der Liegenschaft. Sie können diese weder veräussern noch hypothekarisch belasten. Diese Möglichkeiten bleiben vielmehr den Bestellern des Baurechts gewahrt, die als Eigentümer im Grundbuch eingetragen bleiben. Das Vorkaufsrecht ist kein Hindernis für einen Verkauf, sondern bewirkt nur, dass die Berechtigten in einen mit Dritten abgeschlossenen Kaufvertrag eintreten können. Ebensowenig steht das Kaufsrecht, das den Berechtigten bei Ablauf des Baurechts unter Umständen zustehen wird, einem vorherigen Verkauf der Liegenschaft durch die Besteller des Baurechts im Wege. Im Hinblick auf den Baurechtszins, den die jeweiligen Eigentümer der Liegenschaft zu beanspruchen haben, ist eine Veräusserung oder Belehnung der Liegenschaft während der Dauer des Baurechts auch wirtschaftlich sehr wohl möglich. Ob die Berechtigten bei Ablauf des Baurechts zur Ausübung des Kaufsrechts Gelegenheit erhalten und es auch wirklich ausüben werden, lässt sich, wie schon gesagt, nicht voraussagen. Tritt dieser Fall ein, so haben die Berechtigten für die Liegenschaft nicht etwa nur eine symbolische Zahlung zu leisten, sondern einen Kaufspreis zu entrichten, der zwar heute noch nicht beziffert werden kann, aber auf jeden Fall sehr hoch sein wird. Unter diesen Umständen lässt sich nicht sagen, der vorliegende Baurechtsvertrag habe praktisch die gleichen Wirkungen wie ein Kaufvertrag. Die Eigentümer haben damit nicht die Liegenschaft zu Geld gemacht, sondern den Bauberechtigten nur deren Gebrauch überlassen und sich dafür ein Entgelt ausbedungen. Sie haben sich damit einen sehr hohen Ertrag der Liegenschaft gesichert, sodass es abwegig ist, wenn die Klägerin behauptet, es sei ihnen nur die nuda proprietas geblieben. Der Baurechtszins hat wirtschaftlich keineswegs die gleiche Funktion wie ein Kaufpreis, sondern ist in dieser Hinsicht einem Miet- oder Pachtzins ähnlich. Die Baurechtsbelasteten behalten die Liegenschaft als Sachwert in ihrem Vermögen. Selbst wenn die Gewinnbeteiligungsklausel auch im Falle gälte, dass die Liegenschaft auf einem andern Wege als durch einen Verkauf im Rechtssinne in Geld umgesetzt wird, könnte der Abschluss des Baurechtsvertrages also nicht zur Anwendung dieser Vertragsbestimmung führen.
4. Dass die Klägerin nicht bloss an einem bei der Weiterveräusserung der Liegenschaft entstehenden Gewinn, sondern auch an einer Steigerung des Ertrags der Liegenschaft beteiligt sein soll, lässt sich aus der Klausel, auf welche die Klage sich stützt, nicht ableiten. Eine solche Auslegung ist mit der Bedeutung, die den im Vertrag verwendeten Ausdrücken "Verkauf" und "Gewinn" nach allgemeinem Sprachgebrauch zukommt, nicht vereinbar. Dafür, dass die Vertragsparteien diese Ausdrücke übereinstimmend in einem vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichenden Sinne verstanden und dies durch ihr Verhalten irgendwie zum Ausdruck gebracht hätten, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Die Klägerin gibt im Gegenteil zu, dass die Parteien zur Zeit des Vertragsabschlusses an einen andern Fall als denjenigen des Verkaufs nicht gedacht haben. Dachte die Klägerin selber nur an einen Verkauf, so lässt sich aber auch nicht mit Grund behaupten, die Beklagten hätten nach Treu und Glauben erkennen müssen, dass die streitige Klausel, die auf Wunsch der Klägerin in den Kaufvertrag aufgenommen wurde, einen über den Wortlaut weit hinausgehenden Sinn habe und insbesondere auch im Falle der Einräumung eines Baurechts gelte. Diese Klausel kann daher nicht so ausgelegt werden, dass sie der Klägerin eine Beteiligung an dem Mehrertrag der Liegenschaft gewährt, den die Beklagten durch den Abschluss des Baurechtsvertrags erzielt haben. Eine solche Auslegung verbietet sich um so eher, als der Vertrag die der Klägerin zukommende Leistung in einer Art umschreibt, die offensichtlich nur für den Fall der Veräusserung der Liegenschaft, dagegen keineswegs für den Fall einer blossen Steigerung ihres Ertrages passt ("Verkaufspreis abzüglich Erwerbspreis von Fr. 216'666.-- unter Hinzurechnung der Handänderungskosten und eventueller Kosten für wertvermehrende Aufwendungen").
Indem die Klägerin eine Beteiligung am Baurechtszins verlangt, mutet sie dem Richter also in Wirklichkeit eine Ergänzung des Vertrages zu. In der Klageschrift hat sie denn auch zur Begründung ihres Anspruchs selber ausgeführt, es könne mit Bestimmtheit gesagt werden, dass der Fall der Einräumung eines Baurechts ebenfalls in den Vertragstext aufgenommen worden wäre, wenn die Parteien daran gedacht hätten. Sie will also, dass auf etwas abgestellt werde, das die Parteien zwar nicht vereinbart haben, aber vereinbart hätten, wenn sie die Möglichkeit der Bestellung eines Baurechts in Betracht gezogen hätten.
Diesem Ansinnen kann nicht stattgegeben werden. Einmal ist durchaus ungewiss, ob die Klägerin (die Geld brauchte) bei den Vertragsverhandlungen neben der Beteiligung an einem allfälligen Verkaufsgewinn auch eine solche an einem erhöhten Ertrag der Liegenschaft hätte durchsetzen können, wenn sie diesen Punkt zur Sprache gebracht hätte. Vor allem aber hat man es hier nicht mit einem Fall zu tun, wo allenfalls eine Ergänzung der vertraglichen Abmachungen durch den Richter in Frage kommen könnte. Die Parteien haben in ihrem Vertrage nicht einen Nebenpunkt offen gelassen, der notwendigerweise der Regelung bedürfte. Ein Kaufvertrag, der keine Beteiligung des Verkäufers am künftigen Erlös oder Ertrag der Kaufsache oder neben der Beteiligung an einem allfälligen Verkaufsgewinn nicht auch eine solche an einer gesteigerten Rendite des Kaufgegenstandes vorsieht, ist deswegen keineswegs lückenhaft; denn es ist, wie schon zu Beginn der Erwägungen bemerkt, das Normale, dass der Verkäufer mit dem Verkauf alle Rechte an der verkauften Sache aufgibt. Die Klägerin kann sich aber auch nicht etwa darauf berufen, dass eine Änderung der Verhältnisse einen richterlichen Eingriff in das Vertragsverhältnis gebiete. Mit den Fällen, wo die Rechtsprechung die sog. clausula rebus sic stantibus zur Geltung brachte, hat der vorliegende Fall überhaupt nichts gemein. Es ist daher ausgeschlossen, die streitige Vertragsklausel in dem von der Klägerin gewünschten Sinne zu ergänzen.
5. Kommt der Abschluss des Baurechtsvertrags nicht einem Verkauf der Liegenschaft gleich und ist es nicht möglich, den Kaufvertrag so auszulegen oder zu ergänzen, dass er der Klägerin einen Anteil an einer Steigerung des Ertrags der Liegenschaft gewähren würde, so bedeutet es selbstverständlich auch keinen Rechtsmissbrauch, dass die Beklagten gegenüber der Klage den Einwand erheben, sie hätten die Liegenschaft nicht verkauft und seien daher der Klägerin nichts schuldig.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern, III. Zivilkammer, vom 1. November 1955 bestätigt.
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Vendita d'una parte di comproprietà su di un immobile. Clausola in base alla quale il venditore avrà diritto ad una parte del profitto che potrà essere conseguito con una futura vendita dell'immobile. È applicabile questa clausola quando, dietro pagamento di un'indennità periodica, è accordato al terzo un diritto di superficie sull'immobile, combinato con un diritto di compera subordinato ad una condizione sospensiva? Può il giudice completare il contratto?
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82 II 388
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Sachverhalt ab Seite 389
A.- Il 15 maggio 1911, Caterina Rossi nata Scaroni rilasciava, a Watsonville (California), una procura generale con cui incaricava suo fratello Lodovico Scaroni, a Gordola, di rappresentarla in tutti gli affari relativi ai suoi interessi o diritti nel Ticino. In virtù di questa procura, Lodovico Scaroni sottoscriveva per la sorella assente, nella primavera del 1919, l'atto di divisione dell'eredità lasciata dai genitori, Pietro e Caterina Scaroni-Borradori, e prendeva in consegna i beni a essa assegnati, consistenti in alcuni immobili, in un'azione al portatore di 100 fr. della S. A. Acqua Potabile Gordola nonchè in qualche mobile e capo di biancheria.
Pochi mesi dopo, e precisamente il 30 agosto 1919, Lodovico Scaroni vendeva al nipote Camillo Scaroni - fondandosi sempre sulla procura rilasciatagli - tutti i beni immobili toccati a Caterina Rossi-Scaroni; nel contratto di vendita, egli dichiarava di avere ricevuto dal compratore il prezzo convenuto, di 1000 fr., e di averlo spedito in America. Lo stesso giorno, Camillo Scaroni rivendeva detti immobili, al medesimo prezzo di 1000 fr., allo zio Lodovico, dichiarando a sua volta nel nuovo contratto che il prezzo, già pagato dal compratore, era stato spedito in America.
Trent'anni dopo e cioè nel 1950, Caterina Rossi - la quale non aveva in realtà ricevuto versamento alcuno a dipendenza delle due stipulazioni sopra indicate - faceva donazione di tutti i suoi beni in Svizzera al nipote Camillo Scaroni, che sin dal 1920 l'aveva raggiunta in America. Questi tornava allora nel Ticino e da qui comunicava alla zia che i beni immobili a lui donati erano passati, sin dal 1919, nella proprietà dello zio Lodovico Scaroni.
Insorgeva Caterina Rossi contro l'azione del fratello e, poichè Camillo Scaroni asseriva di essere del tutto estraneo a quei contratti, zia e nipote sporgevano denuncia penale per truffa e falsificazione di firma. Questa non aveva però seguito alcuno, già perchè l'azione penale era da tempo prescritta.
Poco tempo dopo che era stata inoltrata la querela penale, Caterina Rossi moriva, lasciando quali eredi legittimi i figli avuti in prime nozze. Questi e Camillo Scaroni promuovevano causa civile, con petizione 15 agosto 1952, direttamente davanti alla Camera civile del Tribunale di appello. Essi chiedevano che Lodovico Scaroni fosse condannato a consegnare loro tutti i beni che erano stati assegnati a Caterina Rossi nella successione dei suoi genitori e a pagare inoltre ai tre figli di Caterina Rossi 5000 fr. a titolo di risarcimento per gli utili illecitamente ricavati dal godimento dei beni medesimi. Circa gli immobili, gli attori facevano valere, anche in sede civile, che il convenuto se li era appropriati mediante contraffazione della firma di Camillo Scaroni e che i contratti di cui si tratta erano comunque simulati giacchè la volontà delle parti non era di trasmettere la proprietà a Camillo Scaroni.
Da parte sua, il convenuto contestava che i due negozi del 30 agosto 1919 fossero illeciti, pur ammettendo - come già nel corso dell'istruttoria penale - di non avere mai versato alla sorella, e dunque di ancora doverle, il prezzo stipulato, di 1000 fr. Per ciò che riguarda i beni mobili, egli sosteneva che il loro valore era praticamente nullo, eccezione fatta per l'azione della SA Acqua Potabile Gordola. In ogni modo, ai crediti degli attori era in diritto di opporre la compensazione con i suoi crediti propri, di importo ben maggiore. Del resto, le pretese della controparte erano prescritte mentre, per i beni immobili, egli poteva far valere il pacifico e incontestato possesso trentennale.
B.- Con sentenza del 20 marzo 1956, il Tribunale di appello condannava il convenuto a consegnare agli attori l'azione di 100 fr. della SA Acqua Potabile Gordola ma respingeva la petizione per il rimanente, considerando in sostanza quanto segue: La formale regolarità degli atti notarili 30 agosto 1919 dev'essere confermata, tanto più che gli attori non hanno nemmeno tentato di provare la contraffazione della firma di Camillo Scaroni. Occorre parimente escludere che i contratti fossero simulati e pertanto nulli. Le due stipulazioni di cui si tratta sono invece annullabili, perchè rappresentano un tipico esempio di "contratto di un rappresentante con se stesso". Cionondimeno, gli immobili compresi in quei contratti non possono più essere assegnati agli attori per il motivo che il convenuto ne è divenuto proprietario a norma dell'art. 662 CCS. Poichè Lodovico Scaroni non può invocare la buona fede, diversa è la questione per ciò che riguarda l'acquisto della proprietà dei beni mobili. Tuttavia, solo la consegna dell'azione di 100 fr. della SA Acqua Potabile Gordola può essere ordinata, in quanto circa gli altri beni mobili mancano indicazioni capaci di permetterne un'identificazione anche solo approssimativa. Infine, la domanda d'indennità per illecito godimento dei beni in discussione non può essere accolta per il motivo che la realtà di un apprezzabile reddito, non dimostrata dagli attori, è in ogni modo assai dubbia.
C.- Gli attori hanno interposto in tempo utile un ricorso per riforma al Tribunale federale, chiedendo in via principale che la petizione sia integralmente ammessa e, subordinatamente, che la causa sia rinviata al giudice cantonale per nuovo giudizio a norma dei considerandi, con spese e ripetibili di ambedue le sedi a carico del convenuto. In sede federale, essi hanno rinunciato all'argomento della contraffazione di firma, ma persistono ad affermare che i contratti del 30 agosto 1919 debbano essere dichiarati nulli per simulazione e non soltanto annullabili in quanto "illecita stipulazione di contratto ad opera di una sola persona". L'acquisto della proprietà sui beni immobili da parte del convenuto deve comunque essere negato quand'anche si vogliano applicare le norme sulla prescrizione acquisitiva. Dato che i beni immobili in discussione sono intavolati in un registro fondiario, sia pure provvisorio, non è infatti applicabile l'art. 662 cp. 1 CCS, bensì l'art. 661 CCS relativo alla prescrizione ordinaria decennale. Ora, il convenuto non ha potuto, giusta questo disposto, acquistare la proprietà perchè faceva difetto la sua buona fede.
Il convenuto ha concluso per la reiezione del gravame degli attori e ha chiesto, in via adesiva, che la petizione sia dichiarata temeraria nel valore indicato e respinta integralmente. Egli allega tra l'altro che la causa era dapprima stata promossa quale petizione di eredità giusta gli art. 598 sgg. CCS e che solo nelle conclusioni di causa fu trasformata in azione di rivendicazione della proprietà. Ora, l'autorità cantonale avrebbe, accettando tale mutamento sostanziale dell'azione, violato la procedura civile cantonale non meno che il diritto federale.
Erwägungen
Considerando in diritto:
1, 2, 3. - .....
4. Nel merito, occorre avantutto esaminare se, contrariamente a quanto ammesso dall'autorità cantonale, il convenuto potesse essere in buona fede all'atto della conclusione dei due contratti 30 agosto 1919. In questo caso, egli sarebbe infatti divenuto proprietario degli immobili litigiosi già in virtù del suo possesso decennale (art. 661 CCS).
Dalla sentenza impugnata risulta che il convenuto concluse i due contratti in questione unicamente per procurarsi, con l'intervento formale di una terza persona, la proprietà dei beni ereditati dalla sorella Caterma. Poichè riguardano le circostanze materiali della compravendita (contratti simultanei di cessione e d'acquisto della proprietà in nome proprio, mancato pagamento del prezzo di 1000 fr.) nonchè le intenzioni del convenuto (utilizzazione della procura per vendere a se stesso), questi accertamenti dell'autorità cantonale rientrano nel campo dei fatti e sono dunque vincolanti per il Tribunale federale. Essi dovrebbero però essere ritenuti inoppugnabili anche in caso di riesame, giacchè il comportamento del convenuto può essere spiegato soltanto con la sua preoccupazione di evitare formalmente, mediante la vendita preliminare al nipote Camillo, una stipulazione che materialmente rimane pur sempre un contratto di rappresentante con se stesso.
Ora, secondo la giurisprudenza costante del Tribunale federale, il mandatario può validamente concludere un contratto con se medesimo in nome del mandante soltanto quando non vi sia conflitto tra gli interessi del mandante e quelli del mandatario e sia dunque escluso il pericolo di un avvantaggiamento del primo ai danni del secondo. Per questo motivo, sarà per esempio sempre inammissibile, senza l'autorizzazione esplicita del mandante, la vendita da parte del mandatario a se stesso di beni che non hanno un prezzo di mercato o di borsa, che non erano destinati alla vendita, ecc. (cfr. a questo riguardo RU 39 II 568). Certo, una vendita stipulata in queste circostanze non è senz'altro nulla e di nessun effetto, come l'autorità cantonale giustamente ha ritenuto. Affinchè il contratto spieghi i suoi effetti, occorrerà però in ogni modo che il mandante lo ratifichi, analogamente a quanto l'art. 38 CO prevede per il contratto concluso da un rappresentante non autorizzato (RU 63 II 175).
Tenuto conto di questa giurisprudenza, l'inammissibilità dei due contratti 30 agosto 1919 appare evidente. Infatti, devesi escludere che la mandante li abbia autorizzati o anche solo ratificati successivamente, quando il convenuto medesimo ha dovuto ammettere che non le ha mai spedito il prezzo convenuto e che non l'ha mai nemmeno informata della situazione creatasi con la conclusione dei contratti medesimi. Vero è che la procura del 1911 conferiva al convenuto poteri apparentemente illimitati ("facoltà di compiere in generale, nel nostro nome o in altro modo, ogni e qualsiasi atto, qualunque ne sia lo scopo o l'effetto"). Tuttavia, è chiaro che una procura non può in nessun caso avere una portata tanto generale da annullare il suo contenuto essenziale e necessario, la tutela cioè degli interessi del mandante.
Ma se così stanno le cose, giustamente l'autorità cantonale ha negato l'acquisto della proprietà degli immobili litigiosi in forza dei contratti 30 agosto 1919. Poichè le circostanze in cui furono conclusi non permettono di ammettere nel convenuto neppure una buona fede soggettiva, è però parimente escluso che egli abbia potuto acquistare la proprietà in virtù della prescrizione decennale giusta l'art. 661 CCS. La situazione non sarebbe diversa per il convenuto, a questo riguardo, neppure qualora si volesse ritenere provata la mala fede di Camillo Scaroni, quale controparte contrattuale. Infatti, determinanti rimangono, per l'applicazione dell'art. 661 CCS, i rapporti tra il convenuto e la sorella, non già quelli tra il convenuto e Camillo Scaroni.
5. Se il convenuto fu indebitamente iscritto nel registro fondiario provvisorio di Gordola e non potè in ogni modo acquistare la proprietà in virtù dell'art. 661 CCS perchè faceva difetto la buona fede, l'autorità cantonale è non di meno del parere che l'acquisto della proprietà sarebbe avvenuto a norma dell'art. 662 CCS concernente la prescrizione acquisitiva straordinaria, con o senza buona fede, di fondi "non intavolati nel registro fondiario". Essa rileva in particolare che all'applicazione di questo disposto non si oppone nella fattispecie l'iscrizione del convenuto nel registro fondiario provvisorio, avvenuta il 23 settembre 1919, e cita a questo riguardo il parere di JENNY (Schweizerische Juristenzeitung, vol. 39, pag. 190/191), secondo cui "il possessore dei beni presenta in tale situazione un elemento positivo superiore ai requisiti dell'art. 662 CC, cosicchè non si giustificherebbe di trattarlo peggio del pretendente che ha soltanto il possesso di fatto".
Sennonchè, già il contesto dell'art. 662 CCS si oppone all'interpretazione che l'autorità cantonale ha voluto dargli. Infatti, la semplice costatazione che il convenuto "possiede da trent'anni, senza interruzione, pacificamente e come proprietario un fondo" non può avere per risultato che il diritto di proprietà invocato debba senz'altro essere tutelato e l'azione di rivendicazione degli attori respinta. Giusta il capoverso terzo dell'art. 662 CCS, deve in precedenza avvenire la pubblicazione di una grida ufficiale. Solo se non vi fu opposizione o se questa fu respinta, il giudice ordinerà "l'iscrizione" nel registro. Ora, è chiaro che nella fattispecie una pubblicazione di questa natura sarebbe priva di senso, il convenuto già essendo iscritto in un registro, sia pure provvisorio. Privo di senso sarebbe però anche il promovimento di una procedura di opposizione se la persona iscritta in un registro provvisorio potesse in ogni caso invocare la prescrizione acquisitiva straordinaria. Infatti, gli elementi essenziali di questa (possesso ininterrotto e pacifico come proprietario durante trent'anni), che il richiedente non iscritto deve avantutto rendere verosimili e sui quali verte successivamente, se è il caso, la procedura di opposizione, sarebbero già incontrovertibili quando il richiedente è iscritto (cfr. HAAB, nota 22 ad art. 662 CCS; PFISTER, Die Ersitzung nach schweizerischem Recht, pag. 58/59).
Comunque, nessun dubbio può sussistere, circa l'inapplicabilità dell'art. 662 CCS se il fondo è intavolato in un registro cantonale, ove si tenga presente il senso che il termine generale "registro fondiario" ha nella sistematica del CCS. Per "iscrizione nel registro fondiario" s'intende di regola quella nel registro fondiario federale o in un registro cantonale che ne fa provvisoriamente le veci. Tale è per esempio senza dubbio il caso quando l'art. 656 cp. 2 CCS dispone che "per l'acquisto della proprietà fondiaria occorre l'iscrizione nel registro fondiario", dato che l'acquisto della proprietà sarebbe altrimenti impossibile nelle regioni prive del registro fondiario federale. Aggiungasi che una precisazione circa la natura del registro fondiario contemplato nemmeno era necessaria, in quanto i Cantoni furono autorizzati, con gli art. 46 e 48 Tit. fin. CCS, a designare i registri cantonali che dovevano provvisoriamente avere effetti analoghi a quelli del registro fondiario federale. Ora, secondo la dottrina e la giurisprudenza questi effetti si estendono in particolare anche alle condizioni che devono essere adempiute per l'acquisto della proprietà mediante la prescrizione ordinaria (cfr. HAAB, nota 8 ad art. 661 CCS) e, a più forte ragione, mediante la prescrizione straordinaria (RU 56 II 182).
Vero è che secondo JENNY, citato dal Tribunale di appello, l'art. 662 CCS non potrebbe essere interpretato nel senso che la prescrizione acquisitiva trentennale sarebbe esclusa nel caso di un richiedente in male fede già iscritto. A suo modo di vedere, il fatto di essere iscritto costituirebbe infatti un plus rispetto al richiedente non iscritto. Questa tesi si rivela però inconciliabile con il testo chiaro della legge. In particolare, essa non tiene conto della circostanza che il CCS ha voluto sancire la prescrizione acquisitiva straordinaria soltanto per i casi estremamente rari in cui il registro fondiario non fornisce indicazione alcuna o il precedente proprietario è da tempo morto o scomparso (art. 662 cp. 1 e 2). Se queste condizioni non sono attuate, la prescrizione acquisitiva è invero facilitata giacchè la durata del possesso è ridotta a dieci anni; essa presuppone però sempre la buona fede (cfr. HUBER, Erläuterungen zum Vorentwurf eines schweizerischen ZGB, pag. 82/83).
6, 7. - .....
Dispositiv
Il Tribunale federale pronuncia:
In quanto ricevibile, il ricorso degli attori Pio Felix Codiga, Dalos Catrine Codiga e Geltrude Hemington è accolto e a questi attori è assegnata la proprietà sui beni immobili trasferiti nel marzo 1919 a Caterina Scaroni mediante divisione ereditaria (iscrizione n. 363 del 17 marzo 1919 del registro fondiario di Locarno). L'ufficiale del registro è autorizzato a procedere all'iscrizione nel registro fondiario di Locarno.
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it
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1. Selbstkontrahieren eines Beauftragten ist bei Konflikt seiner Interessen mit denen des Auftraggebers nur zulässig, wenn dieser es ausdrücklich bewilligt oder nachher genehmigt hat (Erw. 4). 2. Ordentliche (Art. 661 ZGB) und ausserordentliche Ersitzung (Art. 662 Z GB).
a) Nicht im "Grundbuch" aufgenommen ist ein Grundstück im Sinne von Art. 662 Abs. 1 ZGB dann, wenn es sich weder im eidgenössischen Grundbuch noch in einem mit Grundbuchwirkung ausgestatteten kantonalen provisorischen Register eingetragen findet.
b) Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, und sind es auch diejenigen des Art. 662 Abs. 2 ZGB nicht, so kommt nur die zehnjährige Tabularersitzung nach Art. 661 ZGB in Frage (Erw. 5).
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de
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-388%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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1,750 |
82 II 388
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82 II 388
Sachverhalt ab Seite 389
A.- Il 15 maggio 1911, Caterina Rossi nata Scaroni rilasciava, a Watsonville (California), una procura generale con cui incaricava suo fratello Lodovico Scaroni, a Gordola, di rappresentarla in tutti gli affari relativi ai suoi interessi o diritti nel Ticino. In virtù di questa procura, Lodovico Scaroni sottoscriveva per la sorella assente, nella primavera del 1919, l'atto di divisione dell'eredità lasciata dai genitori, Pietro e Caterina Scaroni-Borradori, e prendeva in consegna i beni a essa assegnati, consistenti in alcuni immobili, in un'azione al portatore di 100 fr. della S. A. Acqua Potabile Gordola nonchè in qualche mobile e capo di biancheria.
Pochi mesi dopo, e precisamente il 30 agosto 1919, Lodovico Scaroni vendeva al nipote Camillo Scaroni - fondandosi sempre sulla procura rilasciatagli - tutti i beni immobili toccati a Caterina Rossi-Scaroni; nel contratto di vendita, egli dichiarava di avere ricevuto dal compratore il prezzo convenuto, di 1000 fr., e di averlo spedito in America. Lo stesso giorno, Camillo Scaroni rivendeva detti immobili, al medesimo prezzo di 1000 fr., allo zio Lodovico, dichiarando a sua volta nel nuovo contratto che il prezzo, già pagato dal compratore, era stato spedito in America.
Trent'anni dopo e cioè nel 1950, Caterina Rossi - la quale non aveva in realtà ricevuto versamento alcuno a dipendenza delle due stipulazioni sopra indicate - faceva donazione di tutti i suoi beni in Svizzera al nipote Camillo Scaroni, che sin dal 1920 l'aveva raggiunta in America. Questi tornava allora nel Ticino e da qui comunicava alla zia che i beni immobili a lui donati erano passati, sin dal 1919, nella proprietà dello zio Lodovico Scaroni.
Insorgeva Caterina Rossi contro l'azione del fratello e, poichè Camillo Scaroni asseriva di essere del tutto estraneo a quei contratti, zia e nipote sporgevano denuncia penale per truffa e falsificazione di firma. Questa non aveva però seguito alcuno, già perchè l'azione penale era da tempo prescritta.
Poco tempo dopo che era stata inoltrata la querela penale, Caterina Rossi moriva, lasciando quali eredi legittimi i figli avuti in prime nozze. Questi e Camillo Scaroni promuovevano causa civile, con petizione 15 agosto 1952, direttamente davanti alla Camera civile del Tribunale di appello. Essi chiedevano che Lodovico Scaroni fosse condannato a consegnare loro tutti i beni che erano stati assegnati a Caterina Rossi nella successione dei suoi genitori e a pagare inoltre ai tre figli di Caterina Rossi 5000 fr. a titolo di risarcimento per gli utili illecitamente ricavati dal godimento dei beni medesimi. Circa gli immobili, gli attori facevano valere, anche in sede civile, che il convenuto se li era appropriati mediante contraffazione della firma di Camillo Scaroni e che i contratti di cui si tratta erano comunque simulati giacchè la volontà delle parti non era di trasmettere la proprietà a Camillo Scaroni.
Da parte sua, il convenuto contestava che i due negozi del 30 agosto 1919 fossero illeciti, pur ammettendo - come già nel corso dell'istruttoria penale - di non avere mai versato alla sorella, e dunque di ancora doverle, il prezzo stipulato, di 1000 fr. Per ciò che riguarda i beni mobili, egli sosteneva che il loro valore era praticamente nullo, eccezione fatta per l'azione della SA Acqua Potabile Gordola. In ogni modo, ai crediti degli attori era in diritto di opporre la compensazione con i suoi crediti propri, di importo ben maggiore. Del resto, le pretese della controparte erano prescritte mentre, per i beni immobili, egli poteva far valere il pacifico e incontestato possesso trentennale.
B.- Con sentenza del 20 marzo 1956, il Tribunale di appello condannava il convenuto a consegnare agli attori l'azione di 100 fr. della SA Acqua Potabile Gordola ma respingeva la petizione per il rimanente, considerando in sostanza quanto segue: La formale regolarità degli atti notarili 30 agosto 1919 dev'essere confermata, tanto più che gli attori non hanno nemmeno tentato di provare la contraffazione della firma di Camillo Scaroni. Occorre parimente escludere che i contratti fossero simulati e pertanto nulli. Le due stipulazioni di cui si tratta sono invece annullabili, perchè rappresentano un tipico esempio di "contratto di un rappresentante con se stesso". Cionondimeno, gli immobili compresi in quei contratti non possono più essere assegnati agli attori per il motivo che il convenuto ne è divenuto proprietario a norma dell'art. 662 CCS. Poichè Lodovico Scaroni non può invocare la buona fede, diversa è la questione per ciò che riguarda l'acquisto della proprietà dei beni mobili. Tuttavia, solo la consegna dell'azione di 100 fr. della SA Acqua Potabile Gordola può essere ordinata, in quanto circa gli altri beni mobili mancano indicazioni capaci di permetterne un'identificazione anche solo approssimativa. Infine, la domanda d'indennità per illecito godimento dei beni in discussione non può essere accolta per il motivo che la realtà di un apprezzabile reddito, non dimostrata dagli attori, è in ogni modo assai dubbia.
C.- Gli attori hanno interposto in tempo utile un ricorso per riforma al Tribunale federale, chiedendo in via principale che la petizione sia integralmente ammessa e, subordinatamente, che la causa sia rinviata al giudice cantonale per nuovo giudizio a norma dei considerandi, con spese e ripetibili di ambedue le sedi a carico del convenuto. In sede federale, essi hanno rinunciato all'argomento della contraffazione di firma, ma persistono ad affermare che i contratti del 30 agosto 1919 debbano essere dichiarati nulli per simulazione e non soltanto annullabili in quanto "illecita stipulazione di contratto ad opera di una sola persona". L'acquisto della proprietà sui beni immobili da parte del convenuto deve comunque essere negato quand'anche si vogliano applicare le norme sulla prescrizione acquisitiva. Dato che i beni immobili in discussione sono intavolati in un registro fondiario, sia pure provvisorio, non è infatti applicabile l'art. 662 cp. 1 CCS, bensì l'art. 661 CCS relativo alla prescrizione ordinaria decennale. Ora, il convenuto non ha potuto, giusta questo disposto, acquistare la proprietà perchè faceva difetto la sua buona fede.
Il convenuto ha concluso per la reiezione del gravame degli attori e ha chiesto, in via adesiva, che la petizione sia dichiarata temeraria nel valore indicato e respinta integralmente. Egli allega tra l'altro che la causa era dapprima stata promossa quale petizione di eredità giusta gli art. 598 sgg. CCS e che solo nelle conclusioni di causa fu trasformata in azione di rivendicazione della proprietà. Ora, l'autorità cantonale avrebbe, accettando tale mutamento sostanziale dell'azione, violato la procedura civile cantonale non meno che il diritto federale.
Erwägungen
Considerando in diritto:
1, 2, 3. - .....
4. Nel merito, occorre avantutto esaminare se, contrariamente a quanto ammesso dall'autorità cantonale, il convenuto potesse essere in buona fede all'atto della conclusione dei due contratti 30 agosto 1919. In questo caso, egli sarebbe infatti divenuto proprietario degli immobili litigiosi già in virtù del suo possesso decennale (art. 661 CCS).
Dalla sentenza impugnata risulta che il convenuto concluse i due contratti in questione unicamente per procurarsi, con l'intervento formale di una terza persona, la proprietà dei beni ereditati dalla sorella Caterma. Poichè riguardano le circostanze materiali della compravendita (contratti simultanei di cessione e d'acquisto della proprietà in nome proprio, mancato pagamento del prezzo di 1000 fr.) nonchè le intenzioni del convenuto (utilizzazione della procura per vendere a se stesso), questi accertamenti dell'autorità cantonale rientrano nel campo dei fatti e sono dunque vincolanti per il Tribunale federale. Essi dovrebbero però essere ritenuti inoppugnabili anche in caso di riesame, giacchè il comportamento del convenuto può essere spiegato soltanto con la sua preoccupazione di evitare formalmente, mediante la vendita preliminare al nipote Camillo, una stipulazione che materialmente rimane pur sempre un contratto di rappresentante con se stesso.
Ora, secondo la giurisprudenza costante del Tribunale federale, il mandatario può validamente concludere un contratto con se medesimo in nome del mandante soltanto quando non vi sia conflitto tra gli interessi del mandante e quelli del mandatario e sia dunque escluso il pericolo di un avvantaggiamento del primo ai danni del secondo. Per questo motivo, sarà per esempio sempre inammissibile, senza l'autorizzazione esplicita del mandante, la vendita da parte del mandatario a se stesso di beni che non hanno un prezzo di mercato o di borsa, che non erano destinati alla vendita, ecc. (cfr. a questo riguardo RU 39 II 568). Certo, una vendita stipulata in queste circostanze non è senz'altro nulla e di nessun effetto, come l'autorità cantonale giustamente ha ritenuto. Affinchè il contratto spieghi i suoi effetti, occorrerà però in ogni modo che il mandante lo ratifichi, analogamente a quanto l'art. 38 CO prevede per il contratto concluso da un rappresentante non autorizzato (RU 63 II 175).
Tenuto conto di questa giurisprudenza, l'inammissibilità dei due contratti 30 agosto 1919 appare evidente. Infatti, devesi escludere che la mandante li abbia autorizzati o anche solo ratificati successivamente, quando il convenuto medesimo ha dovuto ammettere che non le ha mai spedito il prezzo convenuto e che non l'ha mai nemmeno informata della situazione creatasi con la conclusione dei contratti medesimi. Vero è che la procura del 1911 conferiva al convenuto poteri apparentemente illimitati ("facoltà di compiere in generale, nel nostro nome o in altro modo, ogni e qualsiasi atto, qualunque ne sia lo scopo o l'effetto"). Tuttavia, è chiaro che una procura non può in nessun caso avere una portata tanto generale da annullare il suo contenuto essenziale e necessario, la tutela cioè degli interessi del mandante.
Ma se così stanno le cose, giustamente l'autorità cantonale ha negato l'acquisto della proprietà degli immobili litigiosi in forza dei contratti 30 agosto 1919. Poichè le circostanze in cui furono conclusi non permettono di ammettere nel convenuto neppure una buona fede soggettiva, è però parimente escluso che egli abbia potuto acquistare la proprietà in virtù della prescrizione decennale giusta l'art. 661 CCS. La situazione non sarebbe diversa per il convenuto, a questo riguardo, neppure qualora si volesse ritenere provata la mala fede di Camillo Scaroni, quale controparte contrattuale. Infatti, determinanti rimangono, per l'applicazione dell'art. 661 CCS, i rapporti tra il convenuto e la sorella, non già quelli tra il convenuto e Camillo Scaroni.
5. Se il convenuto fu indebitamente iscritto nel registro fondiario provvisorio di Gordola e non potè in ogni modo acquistare la proprietà in virtù dell'art. 661 CCS perchè faceva difetto la buona fede, l'autorità cantonale è non di meno del parere che l'acquisto della proprietà sarebbe avvenuto a norma dell'art. 662 CCS concernente la prescrizione acquisitiva straordinaria, con o senza buona fede, di fondi "non intavolati nel registro fondiario". Essa rileva in particolare che all'applicazione di questo disposto non si oppone nella fattispecie l'iscrizione del convenuto nel registro fondiario provvisorio, avvenuta il 23 settembre 1919, e cita a questo riguardo il parere di JENNY (Schweizerische Juristenzeitung, vol. 39, pag. 190/191), secondo cui "il possessore dei beni presenta in tale situazione un elemento positivo superiore ai requisiti dell'art. 662 CC, cosicchè non si giustificherebbe di trattarlo peggio del pretendente che ha soltanto il possesso di fatto".
Sennonchè, già il contesto dell'art. 662 CCS si oppone all'interpretazione che l'autorità cantonale ha voluto dargli. Infatti, la semplice costatazione che il convenuto "possiede da trent'anni, senza interruzione, pacificamente e come proprietario un fondo" non può avere per risultato che il diritto di proprietà invocato debba senz'altro essere tutelato e l'azione di rivendicazione degli attori respinta. Giusta il capoverso terzo dell'art. 662 CCS, deve in precedenza avvenire la pubblicazione di una grida ufficiale. Solo se non vi fu opposizione o se questa fu respinta, il giudice ordinerà "l'iscrizione" nel registro. Ora, è chiaro che nella fattispecie una pubblicazione di questa natura sarebbe priva di senso, il convenuto già essendo iscritto in un registro, sia pure provvisorio. Privo di senso sarebbe però anche il promovimento di una procedura di opposizione se la persona iscritta in un registro provvisorio potesse in ogni caso invocare la prescrizione acquisitiva straordinaria. Infatti, gli elementi essenziali di questa (possesso ininterrotto e pacifico come proprietario durante trent'anni), che il richiedente non iscritto deve avantutto rendere verosimili e sui quali verte successivamente, se è il caso, la procedura di opposizione, sarebbero già incontrovertibili quando il richiedente è iscritto (cfr. HAAB, nota 22 ad art. 662 CCS; PFISTER, Die Ersitzung nach schweizerischem Recht, pag. 58/59).
Comunque, nessun dubbio può sussistere, circa l'inapplicabilità dell'art. 662 CCS se il fondo è intavolato in un registro cantonale, ove si tenga presente il senso che il termine generale "registro fondiario" ha nella sistematica del CCS. Per "iscrizione nel registro fondiario" s'intende di regola quella nel registro fondiario federale o in un registro cantonale che ne fa provvisoriamente le veci. Tale è per esempio senza dubbio il caso quando l'art. 656 cp. 2 CCS dispone che "per l'acquisto della proprietà fondiaria occorre l'iscrizione nel registro fondiario", dato che l'acquisto della proprietà sarebbe altrimenti impossibile nelle regioni prive del registro fondiario federale. Aggiungasi che una precisazione circa la natura del registro fondiario contemplato nemmeno era necessaria, in quanto i Cantoni furono autorizzati, con gli art. 46 e 48 Tit. fin. CCS, a designare i registri cantonali che dovevano provvisoriamente avere effetti analoghi a quelli del registro fondiario federale. Ora, secondo la dottrina e la giurisprudenza questi effetti si estendono in particolare anche alle condizioni che devono essere adempiute per l'acquisto della proprietà mediante la prescrizione ordinaria (cfr. HAAB, nota 8 ad art. 661 CCS) e, a più forte ragione, mediante la prescrizione straordinaria (RU 56 II 182).
Vero è che secondo JENNY, citato dal Tribunale di appello, l'art. 662 CCS non potrebbe essere interpretato nel senso che la prescrizione acquisitiva trentennale sarebbe esclusa nel caso di un richiedente in male fede già iscritto. A suo modo di vedere, il fatto di essere iscritto costituirebbe infatti un plus rispetto al richiedente non iscritto. Questa tesi si rivela però inconciliabile con il testo chiaro della legge. In particolare, essa non tiene conto della circostanza che il CCS ha voluto sancire la prescrizione acquisitiva straordinaria soltanto per i casi estremamente rari in cui il registro fondiario non fornisce indicazione alcuna o il precedente proprietario è da tempo morto o scomparso (art. 662 cp. 1 e 2). Se queste condizioni non sono attuate, la prescrizione acquisitiva è invero facilitata giacchè la durata del possesso è ridotta a dieci anni; essa presuppone però sempre la buona fede (cfr. HUBER, Erläuterungen zum Vorentwurf eines schweizerischen ZGB, pag. 82/83).
6, 7. - .....
Dispositiv
Il Tribunale federale pronuncia:
In quanto ricevibile, il ricorso degli attori Pio Felix Codiga, Dalos Catrine Codiga e Geltrude Hemington è accolto e a questi attori è assegnata la proprietà sui beni immobili trasferiti nel marzo 1919 a Caterina Scaroni mediante divisione ereditaria (iscrizione n. 363 del 17 marzo 1919 del registro fondiario di Locarno). L'ufficiale del registro è autorizzato a procedere all'iscrizione nel registro fondiario di Locarno.
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1. Contrat conclu par un mandataire avec lui-même. En cas de conflit entre les intérêts du mandant et ceux du mandataire, un tel contrat n'est licite que si le mandant l'a expressement autorisé ou l'a ratifié après coup (consid. 4).
2. Prescription acquisitive ordinaire (art. 661 CC) et extraordinaire (art. 662 CC).
a) Un immeuble n'est pas "immatriculé" au sens de l'art. 662 al. 1 CC lorsqu'il n'est point inscrit au registre foncier fédéralni dans un registre cantonal provisoire investi des effets attachés au registre foncier fédéral.
b) Lorsque ni cette condition ni celles de l'art. 662 al. 2 CC ne sont remplies, la prescription acquisitive décennale de l'art. 661 CC entre seule en ligne de compte (consid. 5).
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1,751 |
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Sachverhalt ab Seite 389
A.- Il 15 maggio 1911, Caterina Rossi nata Scaroni rilasciava, a Watsonville (California), una procura generale con cui incaricava suo fratello Lodovico Scaroni, a Gordola, di rappresentarla in tutti gli affari relativi ai suoi interessi o diritti nel Ticino. In virtù di questa procura, Lodovico Scaroni sottoscriveva per la sorella assente, nella primavera del 1919, l'atto di divisione dell'eredità lasciata dai genitori, Pietro e Caterina Scaroni-Borradori, e prendeva in consegna i beni a essa assegnati, consistenti in alcuni immobili, in un'azione al portatore di 100 fr. della S. A. Acqua Potabile Gordola nonchè in qualche mobile e capo di biancheria.
Pochi mesi dopo, e precisamente il 30 agosto 1919, Lodovico Scaroni vendeva al nipote Camillo Scaroni - fondandosi sempre sulla procura rilasciatagli - tutti i beni immobili toccati a Caterina Rossi-Scaroni; nel contratto di vendita, egli dichiarava di avere ricevuto dal compratore il prezzo convenuto, di 1000 fr., e di averlo spedito in America. Lo stesso giorno, Camillo Scaroni rivendeva detti immobili, al medesimo prezzo di 1000 fr., allo zio Lodovico, dichiarando a sua volta nel nuovo contratto che il prezzo, già pagato dal compratore, era stato spedito in America.
Trent'anni dopo e cioè nel 1950, Caterina Rossi - la quale non aveva in realtà ricevuto versamento alcuno a dipendenza delle due stipulazioni sopra indicate - faceva donazione di tutti i suoi beni in Svizzera al nipote Camillo Scaroni, che sin dal 1920 l'aveva raggiunta in America. Questi tornava allora nel Ticino e da qui comunicava alla zia che i beni immobili a lui donati erano passati, sin dal 1919, nella proprietà dello zio Lodovico Scaroni.
Insorgeva Caterina Rossi contro l'azione del fratello e, poichè Camillo Scaroni asseriva di essere del tutto estraneo a quei contratti, zia e nipote sporgevano denuncia penale per truffa e falsificazione di firma. Questa non aveva però seguito alcuno, già perchè l'azione penale era da tempo prescritta.
Poco tempo dopo che era stata inoltrata la querela penale, Caterina Rossi moriva, lasciando quali eredi legittimi i figli avuti in prime nozze. Questi e Camillo Scaroni promuovevano causa civile, con petizione 15 agosto 1952, direttamente davanti alla Camera civile del Tribunale di appello. Essi chiedevano che Lodovico Scaroni fosse condannato a consegnare loro tutti i beni che erano stati assegnati a Caterina Rossi nella successione dei suoi genitori e a pagare inoltre ai tre figli di Caterina Rossi 5000 fr. a titolo di risarcimento per gli utili illecitamente ricavati dal godimento dei beni medesimi. Circa gli immobili, gli attori facevano valere, anche in sede civile, che il convenuto se li era appropriati mediante contraffazione della firma di Camillo Scaroni e che i contratti di cui si tratta erano comunque simulati giacchè la volontà delle parti non era di trasmettere la proprietà a Camillo Scaroni.
Da parte sua, il convenuto contestava che i due negozi del 30 agosto 1919 fossero illeciti, pur ammettendo - come già nel corso dell'istruttoria penale - di non avere mai versato alla sorella, e dunque di ancora doverle, il prezzo stipulato, di 1000 fr. Per ciò che riguarda i beni mobili, egli sosteneva che il loro valore era praticamente nullo, eccezione fatta per l'azione della SA Acqua Potabile Gordola. In ogni modo, ai crediti degli attori era in diritto di opporre la compensazione con i suoi crediti propri, di importo ben maggiore. Del resto, le pretese della controparte erano prescritte mentre, per i beni immobili, egli poteva far valere il pacifico e incontestato possesso trentennale.
B.- Con sentenza del 20 marzo 1956, il Tribunale di appello condannava il convenuto a consegnare agli attori l'azione di 100 fr. della SA Acqua Potabile Gordola ma respingeva la petizione per il rimanente, considerando in sostanza quanto segue: La formale regolarità degli atti notarili 30 agosto 1919 dev'essere confermata, tanto più che gli attori non hanno nemmeno tentato di provare la contraffazione della firma di Camillo Scaroni. Occorre parimente escludere che i contratti fossero simulati e pertanto nulli. Le due stipulazioni di cui si tratta sono invece annullabili, perchè rappresentano un tipico esempio di "contratto di un rappresentante con se stesso". Cionondimeno, gli immobili compresi in quei contratti non possono più essere assegnati agli attori per il motivo che il convenuto ne è divenuto proprietario a norma dell'art. 662 CCS. Poichè Lodovico Scaroni non può invocare la buona fede, diversa è la questione per ciò che riguarda l'acquisto della proprietà dei beni mobili. Tuttavia, solo la consegna dell'azione di 100 fr. della SA Acqua Potabile Gordola può essere ordinata, in quanto circa gli altri beni mobili mancano indicazioni capaci di permetterne un'identificazione anche solo approssimativa. Infine, la domanda d'indennità per illecito godimento dei beni in discussione non può essere accolta per il motivo che la realtà di un apprezzabile reddito, non dimostrata dagli attori, è in ogni modo assai dubbia.
C.- Gli attori hanno interposto in tempo utile un ricorso per riforma al Tribunale federale, chiedendo in via principale che la petizione sia integralmente ammessa e, subordinatamente, che la causa sia rinviata al giudice cantonale per nuovo giudizio a norma dei considerandi, con spese e ripetibili di ambedue le sedi a carico del convenuto. In sede federale, essi hanno rinunciato all'argomento della contraffazione di firma, ma persistono ad affermare che i contratti del 30 agosto 1919 debbano essere dichiarati nulli per simulazione e non soltanto annullabili in quanto "illecita stipulazione di contratto ad opera di una sola persona". L'acquisto della proprietà sui beni immobili da parte del convenuto deve comunque essere negato quand'anche si vogliano applicare le norme sulla prescrizione acquisitiva. Dato che i beni immobili in discussione sono intavolati in un registro fondiario, sia pure provvisorio, non è infatti applicabile l'art. 662 cp. 1 CCS, bensì l'art. 661 CCS relativo alla prescrizione ordinaria decennale. Ora, il convenuto non ha potuto, giusta questo disposto, acquistare la proprietà perchè faceva difetto la sua buona fede.
Il convenuto ha concluso per la reiezione del gravame degli attori e ha chiesto, in via adesiva, che la petizione sia dichiarata temeraria nel valore indicato e respinta integralmente. Egli allega tra l'altro che la causa era dapprima stata promossa quale petizione di eredità giusta gli art. 598 sgg. CCS e che solo nelle conclusioni di causa fu trasformata in azione di rivendicazione della proprietà. Ora, l'autorità cantonale avrebbe, accettando tale mutamento sostanziale dell'azione, violato la procedura civile cantonale non meno che il diritto federale.
Erwägungen
Considerando in diritto:
1, 2, 3. - .....
4. Nel merito, occorre avantutto esaminare se, contrariamente a quanto ammesso dall'autorità cantonale, il convenuto potesse essere in buona fede all'atto della conclusione dei due contratti 30 agosto 1919. In questo caso, egli sarebbe infatti divenuto proprietario degli immobili litigiosi già in virtù del suo possesso decennale (art. 661 CCS).
Dalla sentenza impugnata risulta che il convenuto concluse i due contratti in questione unicamente per procurarsi, con l'intervento formale di una terza persona, la proprietà dei beni ereditati dalla sorella Caterma. Poichè riguardano le circostanze materiali della compravendita (contratti simultanei di cessione e d'acquisto della proprietà in nome proprio, mancato pagamento del prezzo di 1000 fr.) nonchè le intenzioni del convenuto (utilizzazione della procura per vendere a se stesso), questi accertamenti dell'autorità cantonale rientrano nel campo dei fatti e sono dunque vincolanti per il Tribunale federale. Essi dovrebbero però essere ritenuti inoppugnabili anche in caso di riesame, giacchè il comportamento del convenuto può essere spiegato soltanto con la sua preoccupazione di evitare formalmente, mediante la vendita preliminare al nipote Camillo, una stipulazione che materialmente rimane pur sempre un contratto di rappresentante con se stesso.
Ora, secondo la giurisprudenza costante del Tribunale federale, il mandatario può validamente concludere un contratto con se medesimo in nome del mandante soltanto quando non vi sia conflitto tra gli interessi del mandante e quelli del mandatario e sia dunque escluso il pericolo di un avvantaggiamento del primo ai danni del secondo. Per questo motivo, sarà per esempio sempre inammissibile, senza l'autorizzazione esplicita del mandante, la vendita da parte del mandatario a se stesso di beni che non hanno un prezzo di mercato o di borsa, che non erano destinati alla vendita, ecc. (cfr. a questo riguardo RU 39 II 568). Certo, una vendita stipulata in queste circostanze non è senz'altro nulla e di nessun effetto, come l'autorità cantonale giustamente ha ritenuto. Affinchè il contratto spieghi i suoi effetti, occorrerà però in ogni modo che il mandante lo ratifichi, analogamente a quanto l'art. 38 CO prevede per il contratto concluso da un rappresentante non autorizzato (RU 63 II 175).
Tenuto conto di questa giurisprudenza, l'inammissibilità dei due contratti 30 agosto 1919 appare evidente. Infatti, devesi escludere che la mandante li abbia autorizzati o anche solo ratificati successivamente, quando il convenuto medesimo ha dovuto ammettere che non le ha mai spedito il prezzo convenuto e che non l'ha mai nemmeno informata della situazione creatasi con la conclusione dei contratti medesimi. Vero è che la procura del 1911 conferiva al convenuto poteri apparentemente illimitati ("facoltà di compiere in generale, nel nostro nome o in altro modo, ogni e qualsiasi atto, qualunque ne sia lo scopo o l'effetto"). Tuttavia, è chiaro che una procura non può in nessun caso avere una portata tanto generale da annullare il suo contenuto essenziale e necessario, la tutela cioè degli interessi del mandante.
Ma se così stanno le cose, giustamente l'autorità cantonale ha negato l'acquisto della proprietà degli immobili litigiosi in forza dei contratti 30 agosto 1919. Poichè le circostanze in cui furono conclusi non permettono di ammettere nel convenuto neppure una buona fede soggettiva, è però parimente escluso che egli abbia potuto acquistare la proprietà in virtù della prescrizione decennale giusta l'art. 661 CCS. La situazione non sarebbe diversa per il convenuto, a questo riguardo, neppure qualora si volesse ritenere provata la mala fede di Camillo Scaroni, quale controparte contrattuale. Infatti, determinanti rimangono, per l'applicazione dell'art. 661 CCS, i rapporti tra il convenuto e la sorella, non già quelli tra il convenuto e Camillo Scaroni.
5. Se il convenuto fu indebitamente iscritto nel registro fondiario provvisorio di Gordola e non potè in ogni modo acquistare la proprietà in virtù dell'art. 661 CCS perchè faceva difetto la buona fede, l'autorità cantonale è non di meno del parere che l'acquisto della proprietà sarebbe avvenuto a norma dell'art. 662 CCS concernente la prescrizione acquisitiva straordinaria, con o senza buona fede, di fondi "non intavolati nel registro fondiario". Essa rileva in particolare che all'applicazione di questo disposto non si oppone nella fattispecie l'iscrizione del convenuto nel registro fondiario provvisorio, avvenuta il 23 settembre 1919, e cita a questo riguardo il parere di JENNY (Schweizerische Juristenzeitung, vol. 39, pag. 190/191), secondo cui "il possessore dei beni presenta in tale situazione un elemento positivo superiore ai requisiti dell'art. 662 CC, cosicchè non si giustificherebbe di trattarlo peggio del pretendente che ha soltanto il possesso di fatto".
Sennonchè, già il contesto dell'art. 662 CCS si oppone all'interpretazione che l'autorità cantonale ha voluto dargli. Infatti, la semplice costatazione che il convenuto "possiede da trent'anni, senza interruzione, pacificamente e come proprietario un fondo" non può avere per risultato che il diritto di proprietà invocato debba senz'altro essere tutelato e l'azione di rivendicazione degli attori respinta. Giusta il capoverso terzo dell'art. 662 CCS, deve in precedenza avvenire la pubblicazione di una grida ufficiale. Solo se non vi fu opposizione o se questa fu respinta, il giudice ordinerà "l'iscrizione" nel registro. Ora, è chiaro che nella fattispecie una pubblicazione di questa natura sarebbe priva di senso, il convenuto già essendo iscritto in un registro, sia pure provvisorio. Privo di senso sarebbe però anche il promovimento di una procedura di opposizione se la persona iscritta in un registro provvisorio potesse in ogni caso invocare la prescrizione acquisitiva straordinaria. Infatti, gli elementi essenziali di questa (possesso ininterrotto e pacifico come proprietario durante trent'anni), che il richiedente non iscritto deve avantutto rendere verosimili e sui quali verte successivamente, se è il caso, la procedura di opposizione, sarebbero già incontrovertibili quando il richiedente è iscritto (cfr. HAAB, nota 22 ad art. 662 CCS; PFISTER, Die Ersitzung nach schweizerischem Recht, pag. 58/59).
Comunque, nessun dubbio può sussistere, circa l'inapplicabilità dell'art. 662 CCS se il fondo è intavolato in un registro cantonale, ove si tenga presente il senso che il termine generale "registro fondiario" ha nella sistematica del CCS. Per "iscrizione nel registro fondiario" s'intende di regola quella nel registro fondiario federale o in un registro cantonale che ne fa provvisoriamente le veci. Tale è per esempio senza dubbio il caso quando l'art. 656 cp. 2 CCS dispone che "per l'acquisto della proprietà fondiaria occorre l'iscrizione nel registro fondiario", dato che l'acquisto della proprietà sarebbe altrimenti impossibile nelle regioni prive del registro fondiario federale. Aggiungasi che una precisazione circa la natura del registro fondiario contemplato nemmeno era necessaria, in quanto i Cantoni furono autorizzati, con gli art. 46 e 48 Tit. fin. CCS, a designare i registri cantonali che dovevano provvisoriamente avere effetti analoghi a quelli del registro fondiario federale. Ora, secondo la dottrina e la giurisprudenza questi effetti si estendono in particolare anche alle condizioni che devono essere adempiute per l'acquisto della proprietà mediante la prescrizione ordinaria (cfr. HAAB, nota 8 ad art. 661 CCS) e, a più forte ragione, mediante la prescrizione straordinaria (RU 56 II 182).
Vero è che secondo JENNY, citato dal Tribunale di appello, l'art. 662 CCS non potrebbe essere interpretato nel senso che la prescrizione acquisitiva trentennale sarebbe esclusa nel caso di un richiedente in male fede già iscritto. A suo modo di vedere, il fatto di essere iscritto costituirebbe infatti un plus rispetto al richiedente non iscritto. Questa tesi si rivela però inconciliabile con il testo chiaro della legge. In particolare, essa non tiene conto della circostanza che il CCS ha voluto sancire la prescrizione acquisitiva straordinaria soltanto per i casi estremamente rari in cui il registro fondiario non fornisce indicazione alcuna o il precedente proprietario è da tempo morto o scomparso (art. 662 cp. 1 e 2). Se queste condizioni non sono attuate, la prescrizione acquisitiva è invero facilitata giacchè la durata del possesso è ridotta a dieci anni; essa presuppone però sempre la buona fede (cfr. HUBER, Erläuterungen zum Vorentwurf eines schweizerischen ZGB, pag. 82/83).
6, 7. - .....
Dispositiv
Il Tribunale federale pronuncia:
In quanto ricevibile, il ricorso degli attori Pio Felix Codiga, Dalos Catrine Codiga e Geltrude Hemington è accolto e a questi attori è assegnata la proprietà sui beni immobili trasferiti nel marzo 1919 a Caterina Scaroni mediante divisione ereditaria (iscrizione n. 363 del 17 marzo 1919 del registro fondiario di Locarno). L'ufficiale del registro è autorizzato a procedere all'iscrizione nel registro fondiario di Locarno.
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1. Contratto di un mandatario con se stesso. Quando vi sia conflitto tra gli interessi del mandante e quelli del mandatario, esso è ammissibile soltanto se il mandante l'abbia esplicitamente autorizzato o successivamente ratificato (consid. 4).
2. Prescrizione acquisitiva ordinaria (art. 661 CC) e straordinaria (art. 662 CC).
a) Un fondo non è intavolato nel "registro" a norma dell'art. 662 cp. 1 CC quando non sia intavolato nè nel registro fondiario federale nè in un registro provvisorio cantonale che ne fa le veci.
b) Se questa condizione non è adempiuta e non vi sono nemmeno i presupposti dell'art. 662 cp. 2 CC, solo la prescrizione acquisitiva decennale giusta l'art. 661 CC entra in considerazione (consid. 5).
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civil law
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82 II 397
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82 II 397
Sachverhalt ab Seite 397
A.- An die Westgrenze der dem Kläger Ulrich gehörenden Liegenschaft "Riedappel" (Grundbuchnummer 552) im Bezirk Küssnacht a.R. stossen auf eine Länge von 44 Metern die Liegenschaften Nr. 2926 und 2927 der Beklagten, Immobilien A.-G., Zug. Diese liess darauf im Frühjahr 1953 vier Achtfamilienhäuser errichten, wovon zwei (die Häuser Nr. 3 und 4) dem Grundstück des Klägers zugekehrt und zwar aneinander gebaut sind, aber keine gerade fortlaufende Fassadenflucht haben; vielmehr steht das Haus Nr. 3 etwas mehr von der Grenze zurück. Der Grenzabstand beträgt:
beim Haus beim Haus
Nr. 3 Nr. 4
von der Fassadenmauer aus gemessen 3,07 m 1,99 m
von der Kante der Dachrinne aus ge-
messen 2,23 m 1,15 m
vom Vorsprung der Freitreppe aus ge-
messen 1,47 m 0,74 m
B.- Wegen Nichteinhaltung des in § 143 des schwyzerischen EG zum ZGB vorgeschriebenen Grenzabstandes von 1,50 m verlangt der Kläger Schadenersatz. Er erhielt in erster Instanz Fr. 1050.--, in zweiter Instanz Fr. 10'050.-- nebst Zins zugesprochen.
C.- Gegen das obergerichtliche Urteil vom 22. November 1955 hat die Beklagte Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit dem Antrag auf vollumfängliche Abweisung der Klage.
D.- Der Kläger beantragt, die Berufung sei, soweit auf sie eingetreten werden könne, abzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Soweit die Klage in erster Instanz geschützt worden war, also im Teilbetrag von Fr. 1050.--, muss es dabei sein Bewenden haben, da sich die Appellation der Beklagten an das Obergericht mangels rechtzeitiger Leistung des Kostenvorschusses als unwirksam erwies. Der insofern vom Obergericht gefällte Nichteintretensentscheid beruht auf der vom Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht nachzuprüfenden Anwendung kantonalen Prozessrechtes (Art. 43 OG). Freilich rügt die Beklagte in der Berufungsschrift in diesem Punkte Willkür und damit eine Verletzung von Art. 4 BV. Das kann jedoch, was Art. 43 Abs. 1 Satz 2 OG noch ausdrücklich bestimmt, nicht mit Berufung geltend gemacht werden, und eine staatsrechtliche Beschwerde hätte in getrennter Eingabe erhoben werden müssen (BGE 63 II 38; dementsprechend auchBGE 68 IV 9).
Auf diesen Teil der Berufung ist somit nicht einzutreten.
2. § 143 des schwyzerischen EG zum ZGB bestimmt unter dem Randtitel "B. Nachbarrecht: I. Bauten: 1. Abstände: a) neue Baustellen":
"Gebäude dürfen ohne Zustimmung des Nachbars auf neuen Baustellen nur in einer Entfernung von wenigstens 1,50 Meter von der nachbarlichen Grenze aufgeführt werden. Diese Bestimmung gilt für jeden einzelnen Teil des Gebäudes.
Vorbehalten bleiben Bauten an öffentlichen Strassen mit zusammenhängenden Häuserreihen."
Der gesetzliche Grenzabstand gilt nach der Praxis der schwyzerischen Behörden nicht nur für die Umfassungsmauern, sondern auch für Dachvorsprünge (SJZ 26 S. 217 Nr. 160) und nach dem angefochtenen Entscheid auch für Freitreppen. Diese Anwendung des in Art. 686 ZGB vorbehaltenen kantonalen Rechtes ist für das Bundesgericht verbindlich. Somit hat die Beklagte den vorgeschriebenen Grenzabstand in der Tat nicht eingehalten, indem bei beiden Neubauten die Freitreppe und beim Haus Nr. 4 ausserdem der Dachvorsprung in die Sperrzone hineinragt.
3. Die Folgen einer Verletzung der kantonalen Bauvorschriften bestimmen sich nach Bundesrecht, wobei sowohl die für überragende Bauten geltenden Regeln (Art. 674 in Verbindung mit Art. 685 Abs. 2 ZGB) wie auch die allgemeine Verantwortlichkeit des Grundeigentümers für die Folgen einer Ueberschreitung seines Eigentums (Art. 679 ZGB) in Betracht fallen (vgl.BGE 41 II 215,BGE 53 II 221). Für den vom Kläger als fortdauernd geduldeten, einer dinglichen Belastung seines Grundstückes gleichkommenden "Näherbau" gebührt ihm somit "angemessene Entschädigung" bzw. "Schadenersatz" (Art. 674 Abs. 3, 679 ZGB).
4. Ob und welcher Schaden entstanden sei, ist grundsätzlich Tatfrage (BGE 47 II 192,BGE 56 II 126). Dagegen hat das Bundesgericht zu prüfen, ob der behauptete Schaden rechtlich genügend substanziert und bei der Schadensberechnung von richtigen Grundsätzen ausgegangen worden sei. Dementsprechend ist es auch eine Frage der Rechtsanwendung, ob der Richter bei ziffermässig nicht nachweisbarem Schaden richtigen Gebrauch von dem ihm durch Art. 42 OR eingeräumten Ermessen gemacht habe. Dass Art. 42 OR auch in Verbindung mit Art. 679 ZGB anwendbar ist, wird von Lehre und Rechtsprechung mit guten Gründen bejaht (vgl. HAAB, N. 18 zu Art. 679 ZGB, SJZ 14 S. 77 N. 24 und ZbJV 66 S. 20). Das gilt ebenso für die "angemessene Entschädigung" nach Art. 674 Abs. 3 ZGB.
5. Die kantonalen Gerichte gehen davon aus, infolge des "Näherbaues" der Beklagten werde ein dessen Ausmass entsprechender Landstreifen ausser der gesetzlichen Sperrzone für den Kläger unüberbaubar. Nach der Expertise handelt es sich um einen Streifen von 39,5 m Länge und, je nachdem ob die Rinnenkante oder die Freitreppe des Hauses 4 als massgebender Punkt für die Abstandsberechnung betrachtet wird, 35 oder 76 cm Breite. Das erstinstanzliche Gericht legt seinem Urteil das grössere dieser zwei Ausmasse zugrunde, fasst also einen für den Kläger unüberbaubar werdenden Landstreifen von 0,76 x 39,5 = 30 m2 ins Auge, mit einem Wert von Fr. 35.- pro m2 gemäss Expertenbefund, also ingesamt Fr. 1050.--. In diesem Betrag ist die Klage, wie erwähnt, aus prozessualen Gründen endgültig geschützt.
6. Zu überprüfen bleibt, ob das Obergericht dem Kläger mit Recht eine weitere Forderung von Fr. 9000.-- für entgehenden Baukubus zugesprochen habe (der auf Grund eines bloss 35 cm breiten Landstreifens berechnet wird, entsprechend der Herabsetzung des Klagebegehrens in zweiter Instanz).
Das angefochtene Urteil begründet diese Mehrforderung wie folgt:
"... Wohl sind die Kosten für eine Baute, die nicht ausgeführt werden kann, kein Schaden im Rechtssinne, sondern eine Einsparung an künftigem Aufwand. Dieser Aufwand ist nun aber kein unproduktiver, d.h. es entspricht ihm kein Gegenwert, der sich nicht vermögensvermehrend auswirkt. Vielmehr ist ein solcher Aufwand als Anlageaufwand und zwar als produktiver zu betrachten. Produktiv deshalb, weil der Kläger aus Miethäusern, die er auf seinen Parzellen baut, eine Rendite herausschlagen kann, die unzweifelhaft viel grösser ist, als z.B. bei einer landwirtschaftlichen Verpachtung. Anderseits ist dieser Aufwand das Mittel dazu, um Vermögen wertbeständig anzulegen. Diese Verstärkung der Sicherheit wird durch den Näherbau der Beklagten verunmöglicht. Zweifellos liegt ein Schaden nicht nur dann vor, wenn ein Vermögen rechtswidrig vermindert wird, sondern auch dann, wenn durch ein rechtswidriges Verhalten eines Dritten unmöglich gemacht wird, ein Vermögen von einer weniger sichern in eine sicherere Anlage überzuführen. Der Schaden stellt sich somit sowohl im Hinblick auf die Rendite als auch bezüglich der Sicherheit der Vermögensanlage als lucrum cessans dar ... Schaden infolge Verlust an Vermögensrendite und grösserer Anlagesicherheit ... unmittelbare Folge des Verlustes an Baukubus ... Das Obergericht findet es angemessen, dem Geschädigten als Schadenersatz auch jenen Betrag zuzusprechen, den er hätte aufwenden müssen, um eine rentablere und sicherere Vermögensanlage zu erzielen."
Dem kann nicht beigepflichtet werden. Die Vorinstanz übersieht, dass der Ersatz des Wertes eines Landstreifens, wie ihn das erstinstanzliche Urteil dem Kläger bei Annahme einer Breite von sogar 76 cm zugesprochen hatte, auch den Wert des über dem Streifen liegenden, d.h. des zugehörigen Baukubus deckt. Der Preis für Bauland bestimmt sich ja im Hinblick auf die mögliche Überbauung, und der Experte ist ausdrücklich vom Baulandpreis "wie bei einer Expropriation" ausgegangen und hat den Preis pro m2 noch etwas über dem Durchschnittspreis auf Fr. 35.- festgesetzt (S. 10 des Gutachtens). Es kann daher nicht in Frage kommen, dem Kläger ausser dem, wie angenommen wird, wegen des Näherbaues der Beklagten unüberbaut bleibenden Landstreifen noch einen Baukubus zu ersetzen, und es ist vollends abwegig, dem (leeren) Baukubus einen Wert beizumessen, der dem Betrag der auf ihn entfallenden Baukosten entsprechen würde.
Der vom Obergericht ferner herangezogene Gesichtspunkt eines Entganges von Kapitalanlagemöglichkeit ist gleichfalls zu verwerfen. Ersatz für lucrum cessans, d.h. für Gewinnentgang, ist nach allgemeiner Lehre nur geschuldet, soweit es sich um einen üblichen oder sonstwie sicher in Aussicht stehenden Gewinn handelt (vgl. v. TUHR, OR I § 13 Ziff. 10, BECKER, N. 9 zu Art. 41 und N. 31 und 34 ff. zu Art. 97 OR). Es kann dahingestellt bleiben, ob eine so indirekte Auswirkung eines Näherbaues wie der Verlust einer Möglichkeit der Geldanlage überhaupt nach Art. 674 Abs. 3 und Art. 679 ZGB in Betracht falle. Hier jedenfalls fehlt jeder Grund zur Annahme einer solchen Schadensfolge. Das angefochtene Urteil stützt sich nur auf unbestimmte Hypothesen, die keinen Ersatzanspruch zu begründen vermögen. Es liegt nichts dafür vor, dass der Kläger über soviel Geldmittel verfügt, dass die Überbauung seines grossen Restgrundstücks keine hinreichende Möglichkeit der Anlage zu bieten vermöchte. Übrigens dürfte nicht ohne weiteres angenommen werden, es fehle dem Kläger an andern, ebenso günstigen Anlagemöglichkeiten. Die Ausnützung des Bauvolumens, wie es dem Kläger nach Ansicht der Vorinstanz nun wegen des Näherbaues der Beklagten entgeht, wäre ohnehin nicht vorteilhaft, denn ein Grenzabstand von 1,50 m und ein ihm entsprechender Gebäudeabstand von 3 m ist für mehrstöckige Wohnhäuser - der Experte rechnet auch für den Kläger mit solchen von 13 m Höhe, wie sie die Beklagte errichtet hat - viel zu gering. Ob eine solche Ausnützung des Baulandes sich als sichere und ertragreiche Anlage und nicht vielmehr als Fehlinvestition erwiesen hätte, ist somit fraglich. Jedenfalls darf nicht das Gegenteil als feststehend betrachtet und auf solcher Grundlage ein Schadenersatzanspruch bejaht und berechnet werden.
Grundsätzlich wäre dagegen ein Ersatz für Entwertung des Restgrundstückes in Frage gekommen. Eine solche Entwertung ist aber nicht erwiesen und angesichts der Ausdehnung des Grundstückes des Klägers nicht anzunehmen.
7. Wenn der Kläger gemäss dem insofern endgültig gewordenen erstinstanzlichen Urteil den Preis eines Landstreifens von 76 cm Breite mit Fr. 1050.-- ersetzt erhält, wird er für die Folgen des unerlaubten Näherbaues der Beklagten reichlich entschädigt. Rückt er mit einem künftigen Miethausbau wirklich um soviel über den gesetzlichen Grenzabstand von 1,50 m hinaus von der Westgrenze weg, so gibt dazu gewiss nicht die um 76 cm zu weit vorspringende Freitreppe des Hauses Nr. 4 der Beklagten Veranlassung. Denn diese Freitreppe entzieht einem künftigen Neubau des Klägers so gut wie nichts an Luft und Licht, wie denn der nur in den Freitreppen (mit Stufen von 35 cm Breite laut S. 4 des Gutachtens) und im Dachvorsprung liegende Näherbau bei weitem nicht die Bedeutung eines Näherbaues der Häuserwände hat. Zur Einhaltung eines grössern als des durch die nachbarrechtlichen Gesetzesvorschriften bedingten Gebäudeabstandes wird sich der Kläger vielmehr deshalb veranlasst sehen, weil mehrstöckige Häuser, um ein angenehmes Wohnen zu ermöglichen, einen grössern Abstand haben müssen. Daraus erwächst ihm aber kein Anspruch auf Schadenersatz gegenüber der Beklagten. Dieser gegenüber fällt nur der Nachteil in Betracht, der dem Kläger aus der Einräumung einer Näherbauservitut entstünde, wobei diese auf Freitreppen und Dachvorsprünge wie sie nun vorliegen, beschränkt wäre (vgl. BGE 22 S. 1042 ff.). Selbst wenn zuträfe, dass der Kläger infolge jener unerlaubten Bauvorsprünge in Zukunft einen Landstreifen von 76 bzw. 35 cm unüberbaut lassen müsste, wäre zu berücksichtigen, dass er diesen freien Streifen nicht schlechtweg verliert, sondern zusammen mit der gesetzlichen Bausperrzone als Vorplatz, Gartenland und dergleichen verwenden kann, ganz abgesehen vom Vorteil, den er aus dem grösseren Zwischenraum der Häuser ziehen wird. Nach alldem besteht kein Grund zur Erhöhung der in erster Instanz auf Fr. 1050.-- bemessenen Entschädigung.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird in dem Sinne gutgeheissen, dass das angefochtene Urteil aufgehoben und die Forderung des Klägers und Berufungsbeklagten abgewiesen wird, soweit sie den Betrag von Fr. 1050.-- nebst Zins zu 5% seit dem 17. Mai 1954 übersteigt.
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Verletzung kantonaler Bauvorschriften (Grenzabstand von Gebäuden). Schadenersatz. Art. 674, 679, 685 ZGB, 42 OR. Tat- und Rechtsfrage. Grundsätzlich sind dem Nachbarn die Nachteile zu ersetzen, die sich für ihn aus der Einräumung einer dem Sachverhalt entsprechenden Näherbauservitut ergeben würden. Der Verkehrswert des Landstreifens, der für ihn infolge der Missachtung des Grenzabstandes unüberbaubar geworden ist, umfasst auch den Wert des zugehörigen Baukubus, sodass ihm dafür kein zusätzlicher Ersatz gebührt.
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Sachverhalt ab Seite 397
A.- An die Westgrenze der dem Kläger Ulrich gehörenden Liegenschaft "Riedappel" (Grundbuchnummer 552) im Bezirk Küssnacht a.R. stossen auf eine Länge von 44 Metern die Liegenschaften Nr. 2926 und 2927 der Beklagten, Immobilien A.-G., Zug. Diese liess darauf im Frühjahr 1953 vier Achtfamilienhäuser errichten, wovon zwei (die Häuser Nr. 3 und 4) dem Grundstück des Klägers zugekehrt und zwar aneinander gebaut sind, aber keine gerade fortlaufende Fassadenflucht haben; vielmehr steht das Haus Nr. 3 etwas mehr von der Grenze zurück. Der Grenzabstand beträgt:
beim Haus beim Haus
Nr. 3 Nr. 4
von der Fassadenmauer aus gemessen 3,07 m 1,99 m
von der Kante der Dachrinne aus ge-
messen 2,23 m 1,15 m
vom Vorsprung der Freitreppe aus ge-
messen 1,47 m 0,74 m
B.- Wegen Nichteinhaltung des in § 143 des schwyzerischen EG zum ZGB vorgeschriebenen Grenzabstandes von 1,50 m verlangt der Kläger Schadenersatz. Er erhielt in erster Instanz Fr. 1050.--, in zweiter Instanz Fr. 10'050.-- nebst Zins zugesprochen.
C.- Gegen das obergerichtliche Urteil vom 22. November 1955 hat die Beklagte Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit dem Antrag auf vollumfängliche Abweisung der Klage.
D.- Der Kläger beantragt, die Berufung sei, soweit auf sie eingetreten werden könne, abzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Soweit die Klage in erster Instanz geschützt worden war, also im Teilbetrag von Fr. 1050.--, muss es dabei sein Bewenden haben, da sich die Appellation der Beklagten an das Obergericht mangels rechtzeitiger Leistung des Kostenvorschusses als unwirksam erwies. Der insofern vom Obergericht gefällte Nichteintretensentscheid beruht auf der vom Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht nachzuprüfenden Anwendung kantonalen Prozessrechtes (Art. 43 OG). Freilich rügt die Beklagte in der Berufungsschrift in diesem Punkte Willkür und damit eine Verletzung von Art. 4 BV. Das kann jedoch, was Art. 43 Abs. 1 Satz 2 OG noch ausdrücklich bestimmt, nicht mit Berufung geltend gemacht werden, und eine staatsrechtliche Beschwerde hätte in getrennter Eingabe erhoben werden müssen (BGE 63 II 38; dementsprechend auchBGE 68 IV 9).
Auf diesen Teil der Berufung ist somit nicht einzutreten.
2. § 143 des schwyzerischen EG zum ZGB bestimmt unter dem Randtitel "B. Nachbarrecht: I. Bauten: 1. Abstände: a) neue Baustellen":
"Gebäude dürfen ohne Zustimmung des Nachbars auf neuen Baustellen nur in einer Entfernung von wenigstens 1,50 Meter von der nachbarlichen Grenze aufgeführt werden. Diese Bestimmung gilt für jeden einzelnen Teil des Gebäudes.
Vorbehalten bleiben Bauten an öffentlichen Strassen mit zusammenhängenden Häuserreihen."
Der gesetzliche Grenzabstand gilt nach der Praxis der schwyzerischen Behörden nicht nur für die Umfassungsmauern, sondern auch für Dachvorsprünge (SJZ 26 S. 217 Nr. 160) und nach dem angefochtenen Entscheid auch für Freitreppen. Diese Anwendung des in Art. 686 ZGB vorbehaltenen kantonalen Rechtes ist für das Bundesgericht verbindlich. Somit hat die Beklagte den vorgeschriebenen Grenzabstand in der Tat nicht eingehalten, indem bei beiden Neubauten die Freitreppe und beim Haus Nr. 4 ausserdem der Dachvorsprung in die Sperrzone hineinragt.
3. Die Folgen einer Verletzung der kantonalen Bauvorschriften bestimmen sich nach Bundesrecht, wobei sowohl die für überragende Bauten geltenden Regeln (Art. 674 in Verbindung mit Art. 685 Abs. 2 ZGB) wie auch die allgemeine Verantwortlichkeit des Grundeigentümers für die Folgen einer Ueberschreitung seines Eigentums (Art. 679 ZGB) in Betracht fallen (vgl.BGE 41 II 215,BGE 53 II 221). Für den vom Kläger als fortdauernd geduldeten, einer dinglichen Belastung seines Grundstückes gleichkommenden "Näherbau" gebührt ihm somit "angemessene Entschädigung" bzw. "Schadenersatz" (Art. 674 Abs. 3, 679 ZGB).
4. Ob und welcher Schaden entstanden sei, ist grundsätzlich Tatfrage (BGE 47 II 192,BGE 56 II 126). Dagegen hat das Bundesgericht zu prüfen, ob der behauptete Schaden rechtlich genügend substanziert und bei der Schadensberechnung von richtigen Grundsätzen ausgegangen worden sei. Dementsprechend ist es auch eine Frage der Rechtsanwendung, ob der Richter bei ziffermässig nicht nachweisbarem Schaden richtigen Gebrauch von dem ihm durch Art. 42 OR eingeräumten Ermessen gemacht habe. Dass Art. 42 OR auch in Verbindung mit Art. 679 ZGB anwendbar ist, wird von Lehre und Rechtsprechung mit guten Gründen bejaht (vgl. HAAB, N. 18 zu Art. 679 ZGB, SJZ 14 S. 77 N. 24 und ZbJV 66 S. 20). Das gilt ebenso für die "angemessene Entschädigung" nach Art. 674 Abs. 3 ZGB.
5. Die kantonalen Gerichte gehen davon aus, infolge des "Näherbaues" der Beklagten werde ein dessen Ausmass entsprechender Landstreifen ausser der gesetzlichen Sperrzone für den Kläger unüberbaubar. Nach der Expertise handelt es sich um einen Streifen von 39,5 m Länge und, je nachdem ob die Rinnenkante oder die Freitreppe des Hauses 4 als massgebender Punkt für die Abstandsberechnung betrachtet wird, 35 oder 76 cm Breite. Das erstinstanzliche Gericht legt seinem Urteil das grössere dieser zwei Ausmasse zugrunde, fasst also einen für den Kläger unüberbaubar werdenden Landstreifen von 0,76 x 39,5 = 30 m2 ins Auge, mit einem Wert von Fr. 35.- pro m2 gemäss Expertenbefund, also ingesamt Fr. 1050.--. In diesem Betrag ist die Klage, wie erwähnt, aus prozessualen Gründen endgültig geschützt.
6. Zu überprüfen bleibt, ob das Obergericht dem Kläger mit Recht eine weitere Forderung von Fr. 9000.-- für entgehenden Baukubus zugesprochen habe (der auf Grund eines bloss 35 cm breiten Landstreifens berechnet wird, entsprechend der Herabsetzung des Klagebegehrens in zweiter Instanz).
Das angefochtene Urteil begründet diese Mehrforderung wie folgt:
"... Wohl sind die Kosten für eine Baute, die nicht ausgeführt werden kann, kein Schaden im Rechtssinne, sondern eine Einsparung an künftigem Aufwand. Dieser Aufwand ist nun aber kein unproduktiver, d.h. es entspricht ihm kein Gegenwert, der sich nicht vermögensvermehrend auswirkt. Vielmehr ist ein solcher Aufwand als Anlageaufwand und zwar als produktiver zu betrachten. Produktiv deshalb, weil der Kläger aus Miethäusern, die er auf seinen Parzellen baut, eine Rendite herausschlagen kann, die unzweifelhaft viel grösser ist, als z.B. bei einer landwirtschaftlichen Verpachtung. Anderseits ist dieser Aufwand das Mittel dazu, um Vermögen wertbeständig anzulegen. Diese Verstärkung der Sicherheit wird durch den Näherbau der Beklagten verunmöglicht. Zweifellos liegt ein Schaden nicht nur dann vor, wenn ein Vermögen rechtswidrig vermindert wird, sondern auch dann, wenn durch ein rechtswidriges Verhalten eines Dritten unmöglich gemacht wird, ein Vermögen von einer weniger sichern in eine sicherere Anlage überzuführen. Der Schaden stellt sich somit sowohl im Hinblick auf die Rendite als auch bezüglich der Sicherheit der Vermögensanlage als lucrum cessans dar ... Schaden infolge Verlust an Vermögensrendite und grösserer Anlagesicherheit ... unmittelbare Folge des Verlustes an Baukubus ... Das Obergericht findet es angemessen, dem Geschädigten als Schadenersatz auch jenen Betrag zuzusprechen, den er hätte aufwenden müssen, um eine rentablere und sicherere Vermögensanlage zu erzielen."
Dem kann nicht beigepflichtet werden. Die Vorinstanz übersieht, dass der Ersatz des Wertes eines Landstreifens, wie ihn das erstinstanzliche Urteil dem Kläger bei Annahme einer Breite von sogar 76 cm zugesprochen hatte, auch den Wert des über dem Streifen liegenden, d.h. des zugehörigen Baukubus deckt. Der Preis für Bauland bestimmt sich ja im Hinblick auf die mögliche Überbauung, und der Experte ist ausdrücklich vom Baulandpreis "wie bei einer Expropriation" ausgegangen und hat den Preis pro m2 noch etwas über dem Durchschnittspreis auf Fr. 35.- festgesetzt (S. 10 des Gutachtens). Es kann daher nicht in Frage kommen, dem Kläger ausser dem, wie angenommen wird, wegen des Näherbaues der Beklagten unüberbaut bleibenden Landstreifen noch einen Baukubus zu ersetzen, und es ist vollends abwegig, dem (leeren) Baukubus einen Wert beizumessen, der dem Betrag der auf ihn entfallenden Baukosten entsprechen würde.
Der vom Obergericht ferner herangezogene Gesichtspunkt eines Entganges von Kapitalanlagemöglichkeit ist gleichfalls zu verwerfen. Ersatz für lucrum cessans, d.h. für Gewinnentgang, ist nach allgemeiner Lehre nur geschuldet, soweit es sich um einen üblichen oder sonstwie sicher in Aussicht stehenden Gewinn handelt (vgl. v. TUHR, OR I § 13 Ziff. 10, BECKER, N. 9 zu Art. 41 und N. 31 und 34 ff. zu Art. 97 OR). Es kann dahingestellt bleiben, ob eine so indirekte Auswirkung eines Näherbaues wie der Verlust einer Möglichkeit der Geldanlage überhaupt nach Art. 674 Abs. 3 und Art. 679 ZGB in Betracht falle. Hier jedenfalls fehlt jeder Grund zur Annahme einer solchen Schadensfolge. Das angefochtene Urteil stützt sich nur auf unbestimmte Hypothesen, die keinen Ersatzanspruch zu begründen vermögen. Es liegt nichts dafür vor, dass der Kläger über soviel Geldmittel verfügt, dass die Überbauung seines grossen Restgrundstücks keine hinreichende Möglichkeit der Anlage zu bieten vermöchte. Übrigens dürfte nicht ohne weiteres angenommen werden, es fehle dem Kläger an andern, ebenso günstigen Anlagemöglichkeiten. Die Ausnützung des Bauvolumens, wie es dem Kläger nach Ansicht der Vorinstanz nun wegen des Näherbaues der Beklagten entgeht, wäre ohnehin nicht vorteilhaft, denn ein Grenzabstand von 1,50 m und ein ihm entsprechender Gebäudeabstand von 3 m ist für mehrstöckige Wohnhäuser - der Experte rechnet auch für den Kläger mit solchen von 13 m Höhe, wie sie die Beklagte errichtet hat - viel zu gering. Ob eine solche Ausnützung des Baulandes sich als sichere und ertragreiche Anlage und nicht vielmehr als Fehlinvestition erwiesen hätte, ist somit fraglich. Jedenfalls darf nicht das Gegenteil als feststehend betrachtet und auf solcher Grundlage ein Schadenersatzanspruch bejaht und berechnet werden.
Grundsätzlich wäre dagegen ein Ersatz für Entwertung des Restgrundstückes in Frage gekommen. Eine solche Entwertung ist aber nicht erwiesen und angesichts der Ausdehnung des Grundstückes des Klägers nicht anzunehmen.
7. Wenn der Kläger gemäss dem insofern endgültig gewordenen erstinstanzlichen Urteil den Preis eines Landstreifens von 76 cm Breite mit Fr. 1050.-- ersetzt erhält, wird er für die Folgen des unerlaubten Näherbaues der Beklagten reichlich entschädigt. Rückt er mit einem künftigen Miethausbau wirklich um soviel über den gesetzlichen Grenzabstand von 1,50 m hinaus von der Westgrenze weg, so gibt dazu gewiss nicht die um 76 cm zu weit vorspringende Freitreppe des Hauses Nr. 4 der Beklagten Veranlassung. Denn diese Freitreppe entzieht einem künftigen Neubau des Klägers so gut wie nichts an Luft und Licht, wie denn der nur in den Freitreppen (mit Stufen von 35 cm Breite laut S. 4 des Gutachtens) und im Dachvorsprung liegende Näherbau bei weitem nicht die Bedeutung eines Näherbaues der Häuserwände hat. Zur Einhaltung eines grössern als des durch die nachbarrechtlichen Gesetzesvorschriften bedingten Gebäudeabstandes wird sich der Kläger vielmehr deshalb veranlasst sehen, weil mehrstöckige Häuser, um ein angenehmes Wohnen zu ermöglichen, einen grössern Abstand haben müssen. Daraus erwächst ihm aber kein Anspruch auf Schadenersatz gegenüber der Beklagten. Dieser gegenüber fällt nur der Nachteil in Betracht, der dem Kläger aus der Einräumung einer Näherbauservitut entstünde, wobei diese auf Freitreppen und Dachvorsprünge wie sie nun vorliegen, beschränkt wäre (vgl. BGE 22 S. 1042 ff.). Selbst wenn zuträfe, dass der Kläger infolge jener unerlaubten Bauvorsprünge in Zukunft einen Landstreifen von 76 bzw. 35 cm unüberbaut lassen müsste, wäre zu berücksichtigen, dass er diesen freien Streifen nicht schlechtweg verliert, sondern zusammen mit der gesetzlichen Bausperrzone als Vorplatz, Gartenland und dergleichen verwenden kann, ganz abgesehen vom Vorteil, den er aus dem grösseren Zwischenraum der Häuser ziehen wird. Nach alldem besteht kein Grund zur Erhöhung der in erster Instanz auf Fr. 1050.-- bemessenen Entschädigung.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird in dem Sinne gutgeheissen, dass das angefochtene Urteil aufgehoben und die Forderung des Klägers und Berufungsbeklagten abgewiesen wird, soweit sie den Betrag von Fr. 1050.-- nebst Zins zu 5% seit dem 17. Mai 1954 übersteigt.
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de
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Violation de prescriptions cantonales sur les constructions (distance de la limite à laquelle des constructions peuvent être élevées). Dommages-intérêts. Art. 674, 679, 685 CC, 42 CO. Fait et droit. En principe, le voisin doit être indemnisé pour le préjudice que lui causerait l'octroi d'une servitude correspondant à la situation de fait et autorisant les constructions à une distance inférieure à celle qui est prévue par la loi. La valeur vénale de la bande de terrain sur laquelle des constructions ne peuvent plus être élevées à la suite de l'inobservation de la distance légale comprend également la valeur du cube de construction qui en dépend, de sorte qu'une indemnité supplémentaire pour ce cube n'est pas due.
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fr
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-397%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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1,754 |
82 II 397
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82 II 397
Sachverhalt ab Seite 397
A.- An die Westgrenze der dem Kläger Ulrich gehörenden Liegenschaft "Riedappel" (Grundbuchnummer 552) im Bezirk Küssnacht a.R. stossen auf eine Länge von 44 Metern die Liegenschaften Nr. 2926 und 2927 der Beklagten, Immobilien A.-G., Zug. Diese liess darauf im Frühjahr 1953 vier Achtfamilienhäuser errichten, wovon zwei (die Häuser Nr. 3 und 4) dem Grundstück des Klägers zugekehrt und zwar aneinander gebaut sind, aber keine gerade fortlaufende Fassadenflucht haben; vielmehr steht das Haus Nr. 3 etwas mehr von der Grenze zurück. Der Grenzabstand beträgt:
beim Haus beim Haus
Nr. 3 Nr. 4
von der Fassadenmauer aus gemessen 3,07 m 1,99 m
von der Kante der Dachrinne aus ge-
messen 2,23 m 1,15 m
vom Vorsprung der Freitreppe aus ge-
messen 1,47 m 0,74 m
B.- Wegen Nichteinhaltung des in § 143 des schwyzerischen EG zum ZGB vorgeschriebenen Grenzabstandes von 1,50 m verlangt der Kläger Schadenersatz. Er erhielt in erster Instanz Fr. 1050.--, in zweiter Instanz Fr. 10'050.-- nebst Zins zugesprochen.
C.- Gegen das obergerichtliche Urteil vom 22. November 1955 hat die Beklagte Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit dem Antrag auf vollumfängliche Abweisung der Klage.
D.- Der Kläger beantragt, die Berufung sei, soweit auf sie eingetreten werden könne, abzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Soweit die Klage in erster Instanz geschützt worden war, also im Teilbetrag von Fr. 1050.--, muss es dabei sein Bewenden haben, da sich die Appellation der Beklagten an das Obergericht mangels rechtzeitiger Leistung des Kostenvorschusses als unwirksam erwies. Der insofern vom Obergericht gefällte Nichteintretensentscheid beruht auf der vom Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht nachzuprüfenden Anwendung kantonalen Prozessrechtes (Art. 43 OG). Freilich rügt die Beklagte in der Berufungsschrift in diesem Punkte Willkür und damit eine Verletzung von Art. 4 BV. Das kann jedoch, was Art. 43 Abs. 1 Satz 2 OG noch ausdrücklich bestimmt, nicht mit Berufung geltend gemacht werden, und eine staatsrechtliche Beschwerde hätte in getrennter Eingabe erhoben werden müssen (BGE 63 II 38; dementsprechend auchBGE 68 IV 9).
Auf diesen Teil der Berufung ist somit nicht einzutreten.
2. § 143 des schwyzerischen EG zum ZGB bestimmt unter dem Randtitel "B. Nachbarrecht: I. Bauten: 1. Abstände: a) neue Baustellen":
"Gebäude dürfen ohne Zustimmung des Nachbars auf neuen Baustellen nur in einer Entfernung von wenigstens 1,50 Meter von der nachbarlichen Grenze aufgeführt werden. Diese Bestimmung gilt für jeden einzelnen Teil des Gebäudes.
Vorbehalten bleiben Bauten an öffentlichen Strassen mit zusammenhängenden Häuserreihen."
Der gesetzliche Grenzabstand gilt nach der Praxis der schwyzerischen Behörden nicht nur für die Umfassungsmauern, sondern auch für Dachvorsprünge (SJZ 26 S. 217 Nr. 160) und nach dem angefochtenen Entscheid auch für Freitreppen. Diese Anwendung des in Art. 686 ZGB vorbehaltenen kantonalen Rechtes ist für das Bundesgericht verbindlich. Somit hat die Beklagte den vorgeschriebenen Grenzabstand in der Tat nicht eingehalten, indem bei beiden Neubauten die Freitreppe und beim Haus Nr. 4 ausserdem der Dachvorsprung in die Sperrzone hineinragt.
3. Die Folgen einer Verletzung der kantonalen Bauvorschriften bestimmen sich nach Bundesrecht, wobei sowohl die für überragende Bauten geltenden Regeln (Art. 674 in Verbindung mit Art. 685 Abs. 2 ZGB) wie auch die allgemeine Verantwortlichkeit des Grundeigentümers für die Folgen einer Ueberschreitung seines Eigentums (Art. 679 ZGB) in Betracht fallen (vgl.BGE 41 II 215,BGE 53 II 221). Für den vom Kläger als fortdauernd geduldeten, einer dinglichen Belastung seines Grundstückes gleichkommenden "Näherbau" gebührt ihm somit "angemessene Entschädigung" bzw. "Schadenersatz" (Art. 674 Abs. 3, 679 ZGB).
4. Ob und welcher Schaden entstanden sei, ist grundsätzlich Tatfrage (BGE 47 II 192,BGE 56 II 126). Dagegen hat das Bundesgericht zu prüfen, ob der behauptete Schaden rechtlich genügend substanziert und bei der Schadensberechnung von richtigen Grundsätzen ausgegangen worden sei. Dementsprechend ist es auch eine Frage der Rechtsanwendung, ob der Richter bei ziffermässig nicht nachweisbarem Schaden richtigen Gebrauch von dem ihm durch Art. 42 OR eingeräumten Ermessen gemacht habe. Dass Art. 42 OR auch in Verbindung mit Art. 679 ZGB anwendbar ist, wird von Lehre und Rechtsprechung mit guten Gründen bejaht (vgl. HAAB, N. 18 zu Art. 679 ZGB, SJZ 14 S. 77 N. 24 und ZbJV 66 S. 20). Das gilt ebenso für die "angemessene Entschädigung" nach Art. 674 Abs. 3 ZGB.
5. Die kantonalen Gerichte gehen davon aus, infolge des "Näherbaues" der Beklagten werde ein dessen Ausmass entsprechender Landstreifen ausser der gesetzlichen Sperrzone für den Kläger unüberbaubar. Nach der Expertise handelt es sich um einen Streifen von 39,5 m Länge und, je nachdem ob die Rinnenkante oder die Freitreppe des Hauses 4 als massgebender Punkt für die Abstandsberechnung betrachtet wird, 35 oder 76 cm Breite. Das erstinstanzliche Gericht legt seinem Urteil das grössere dieser zwei Ausmasse zugrunde, fasst also einen für den Kläger unüberbaubar werdenden Landstreifen von 0,76 x 39,5 = 30 m2 ins Auge, mit einem Wert von Fr. 35.- pro m2 gemäss Expertenbefund, also ingesamt Fr. 1050.--. In diesem Betrag ist die Klage, wie erwähnt, aus prozessualen Gründen endgültig geschützt.
6. Zu überprüfen bleibt, ob das Obergericht dem Kläger mit Recht eine weitere Forderung von Fr. 9000.-- für entgehenden Baukubus zugesprochen habe (der auf Grund eines bloss 35 cm breiten Landstreifens berechnet wird, entsprechend der Herabsetzung des Klagebegehrens in zweiter Instanz).
Das angefochtene Urteil begründet diese Mehrforderung wie folgt:
"... Wohl sind die Kosten für eine Baute, die nicht ausgeführt werden kann, kein Schaden im Rechtssinne, sondern eine Einsparung an künftigem Aufwand. Dieser Aufwand ist nun aber kein unproduktiver, d.h. es entspricht ihm kein Gegenwert, der sich nicht vermögensvermehrend auswirkt. Vielmehr ist ein solcher Aufwand als Anlageaufwand und zwar als produktiver zu betrachten. Produktiv deshalb, weil der Kläger aus Miethäusern, die er auf seinen Parzellen baut, eine Rendite herausschlagen kann, die unzweifelhaft viel grösser ist, als z.B. bei einer landwirtschaftlichen Verpachtung. Anderseits ist dieser Aufwand das Mittel dazu, um Vermögen wertbeständig anzulegen. Diese Verstärkung der Sicherheit wird durch den Näherbau der Beklagten verunmöglicht. Zweifellos liegt ein Schaden nicht nur dann vor, wenn ein Vermögen rechtswidrig vermindert wird, sondern auch dann, wenn durch ein rechtswidriges Verhalten eines Dritten unmöglich gemacht wird, ein Vermögen von einer weniger sichern in eine sicherere Anlage überzuführen. Der Schaden stellt sich somit sowohl im Hinblick auf die Rendite als auch bezüglich der Sicherheit der Vermögensanlage als lucrum cessans dar ... Schaden infolge Verlust an Vermögensrendite und grösserer Anlagesicherheit ... unmittelbare Folge des Verlustes an Baukubus ... Das Obergericht findet es angemessen, dem Geschädigten als Schadenersatz auch jenen Betrag zuzusprechen, den er hätte aufwenden müssen, um eine rentablere und sicherere Vermögensanlage zu erzielen."
Dem kann nicht beigepflichtet werden. Die Vorinstanz übersieht, dass der Ersatz des Wertes eines Landstreifens, wie ihn das erstinstanzliche Urteil dem Kläger bei Annahme einer Breite von sogar 76 cm zugesprochen hatte, auch den Wert des über dem Streifen liegenden, d.h. des zugehörigen Baukubus deckt. Der Preis für Bauland bestimmt sich ja im Hinblick auf die mögliche Überbauung, und der Experte ist ausdrücklich vom Baulandpreis "wie bei einer Expropriation" ausgegangen und hat den Preis pro m2 noch etwas über dem Durchschnittspreis auf Fr. 35.- festgesetzt (S. 10 des Gutachtens). Es kann daher nicht in Frage kommen, dem Kläger ausser dem, wie angenommen wird, wegen des Näherbaues der Beklagten unüberbaut bleibenden Landstreifen noch einen Baukubus zu ersetzen, und es ist vollends abwegig, dem (leeren) Baukubus einen Wert beizumessen, der dem Betrag der auf ihn entfallenden Baukosten entsprechen würde.
Der vom Obergericht ferner herangezogene Gesichtspunkt eines Entganges von Kapitalanlagemöglichkeit ist gleichfalls zu verwerfen. Ersatz für lucrum cessans, d.h. für Gewinnentgang, ist nach allgemeiner Lehre nur geschuldet, soweit es sich um einen üblichen oder sonstwie sicher in Aussicht stehenden Gewinn handelt (vgl. v. TUHR, OR I § 13 Ziff. 10, BECKER, N. 9 zu Art. 41 und N. 31 und 34 ff. zu Art. 97 OR). Es kann dahingestellt bleiben, ob eine so indirekte Auswirkung eines Näherbaues wie der Verlust einer Möglichkeit der Geldanlage überhaupt nach Art. 674 Abs. 3 und Art. 679 ZGB in Betracht falle. Hier jedenfalls fehlt jeder Grund zur Annahme einer solchen Schadensfolge. Das angefochtene Urteil stützt sich nur auf unbestimmte Hypothesen, die keinen Ersatzanspruch zu begründen vermögen. Es liegt nichts dafür vor, dass der Kläger über soviel Geldmittel verfügt, dass die Überbauung seines grossen Restgrundstücks keine hinreichende Möglichkeit der Anlage zu bieten vermöchte. Übrigens dürfte nicht ohne weiteres angenommen werden, es fehle dem Kläger an andern, ebenso günstigen Anlagemöglichkeiten. Die Ausnützung des Bauvolumens, wie es dem Kläger nach Ansicht der Vorinstanz nun wegen des Näherbaues der Beklagten entgeht, wäre ohnehin nicht vorteilhaft, denn ein Grenzabstand von 1,50 m und ein ihm entsprechender Gebäudeabstand von 3 m ist für mehrstöckige Wohnhäuser - der Experte rechnet auch für den Kläger mit solchen von 13 m Höhe, wie sie die Beklagte errichtet hat - viel zu gering. Ob eine solche Ausnützung des Baulandes sich als sichere und ertragreiche Anlage und nicht vielmehr als Fehlinvestition erwiesen hätte, ist somit fraglich. Jedenfalls darf nicht das Gegenteil als feststehend betrachtet und auf solcher Grundlage ein Schadenersatzanspruch bejaht und berechnet werden.
Grundsätzlich wäre dagegen ein Ersatz für Entwertung des Restgrundstückes in Frage gekommen. Eine solche Entwertung ist aber nicht erwiesen und angesichts der Ausdehnung des Grundstückes des Klägers nicht anzunehmen.
7. Wenn der Kläger gemäss dem insofern endgültig gewordenen erstinstanzlichen Urteil den Preis eines Landstreifens von 76 cm Breite mit Fr. 1050.-- ersetzt erhält, wird er für die Folgen des unerlaubten Näherbaues der Beklagten reichlich entschädigt. Rückt er mit einem künftigen Miethausbau wirklich um soviel über den gesetzlichen Grenzabstand von 1,50 m hinaus von der Westgrenze weg, so gibt dazu gewiss nicht die um 76 cm zu weit vorspringende Freitreppe des Hauses Nr. 4 der Beklagten Veranlassung. Denn diese Freitreppe entzieht einem künftigen Neubau des Klägers so gut wie nichts an Luft und Licht, wie denn der nur in den Freitreppen (mit Stufen von 35 cm Breite laut S. 4 des Gutachtens) und im Dachvorsprung liegende Näherbau bei weitem nicht die Bedeutung eines Näherbaues der Häuserwände hat. Zur Einhaltung eines grössern als des durch die nachbarrechtlichen Gesetzesvorschriften bedingten Gebäudeabstandes wird sich der Kläger vielmehr deshalb veranlasst sehen, weil mehrstöckige Häuser, um ein angenehmes Wohnen zu ermöglichen, einen grössern Abstand haben müssen. Daraus erwächst ihm aber kein Anspruch auf Schadenersatz gegenüber der Beklagten. Dieser gegenüber fällt nur der Nachteil in Betracht, der dem Kläger aus der Einräumung einer Näherbauservitut entstünde, wobei diese auf Freitreppen und Dachvorsprünge wie sie nun vorliegen, beschränkt wäre (vgl. BGE 22 S. 1042 ff.). Selbst wenn zuträfe, dass der Kläger infolge jener unerlaubten Bauvorsprünge in Zukunft einen Landstreifen von 76 bzw. 35 cm unüberbaut lassen müsste, wäre zu berücksichtigen, dass er diesen freien Streifen nicht schlechtweg verliert, sondern zusammen mit der gesetzlichen Bausperrzone als Vorplatz, Gartenland und dergleichen verwenden kann, ganz abgesehen vom Vorteil, den er aus dem grösseren Zwischenraum der Häuser ziehen wird. Nach alldem besteht kein Grund zur Erhöhung der in erster Instanz auf Fr. 1050.-- bemessenen Entschädigung.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird in dem Sinne gutgeheissen, dass das angefochtene Urteil aufgehoben und die Forderung des Klägers und Berufungsbeklagten abgewiesen wird, soweit sie den Betrag von Fr. 1050.-- nebst Zins zu 5% seit dem 17. Mai 1954 übersteigt.
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Violazione di prescrizioni cantonali sulle costruzioni (distanza da osservarsi nelle costruzioni). Risarcimento dei danni. Art. 674, 679, 685 CC, 42 CO. Questione di fatto e di diritto. Di massima, il vicino dev'essere indennizzato per il pregiudizio che gli causerebbe la concessione d'una servitù corrispondente alla situazione di fatto e autorizzante le costruzioni ad una distanza inferiore a quella prevista dalla legge. Il valore venale della striscia di terreno sulla quale il vicino non può più costruire in seguito all'inosservanza della distanza legale comprende anche il valore del volume di costruzione in tal modo sottrattogli, cosicchè a tale titolo non gli spetta un'indennità supplementare.
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82 II 4
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82 II 4
Sachverhalt ab Seite 5
Aus dem Tatbestand:
A.- Der am 4. März 1951 gestorbene Landwirt Gottfried Born-Graf hinterliess ein landwirtschaftliches Heimwesen in Rengershäusern-Thunstetten, das ein Wohnhaus mit Scheune, verschiedene Nebengebäude sowie ca. 7 1/2 ha Kulturland und Wald umfasste. Sein jüngster Sohn Hans, geb. 1902, der 11 Jahre als Knecht bei ihm gearbeitet und das Heimwesen seit dem Jahre 1929 als Pächter bewirtschaftet hatte, erhob gegenüber seinen Miterben (seiner Stiefmutter und seinen sieben Geschwistern) Anspruch darauf, dass dieses ihm gemäss Art. 620 ZGB zum Ertragswert ungeteilt zugewiesen werde. Die Miterben widersetzten sich diesem Begehren. Die Klagen, mit denen er im Frühjahr 1952 seine Geschwister einerseits und seine Stiefmutter anderseits getrennt ins Recht fasste, wurden vom Amtsgericht Aarwangen am 26. März 1954 wegen mangelnder Passivlegitimation abgewiesen.
B.- Während dieses ersten Prozesses, am 25. Mai 1953, brannte das Bauernhaus ab. Die Brandruinen stehen heute noch unverändert, weil die Parteien sich über einen Wiederaufbau nicht einigen konnten. Der Kläger führt den Betrieb weiter, obwohl vom abgebrannten Haus nur noch der Schweinestall benützbar ist. Er wohnt in einem benachbarten kleineren Hause, das er persönlich besitzt. Hier und in einem baufälligen alten Hause, das in der Nähe steht und ebenfalls ihm gehört, hat er auch die Pferde, das Rindvieh und einen Teil des Inventars untergebracht. Daneben benützt er Lagerräume in fremden Häusern.
C.- Mit der vorliegenden Klage, die er am 10. November 1954 gegen seine acht Miterben einleitete, stellte Hans Born das Rechtsbegehren, es sei ihm das in der Erbschaft befindliche landwirtschaftliche Heimwesen einschliesslich des Anspruchs an die Brandversicherungsanstalt des Kantons Bern aus dem Brande vom 25. Mai 1953 ungeteilt zum Ertragswert auf Anrechnung an seinen Erbteil zuzuweisen.
Die Beklagten beantragten Abweisung der Klage und stellten eventuell verschiedene Widerklagebegehren, die sich namentlich auf die Feststellung des Anrechnungswertes und auf ein angeblich vorhandenes Nebengewerbe bezogen.
Das Amtsgericht von Aarwangen wies mit Urteil vom 1. Juli 1955 die Klage ab, weil das Nachlassgrundstück, nachdem das Bauernhaus abgebrannt sei, nicht mehr ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB darstelle. Der Appellationshof des Kantons Bern, an den der Kläger appellierte, hat dagegen am 17. September 1955 erkannt:
1. Die Klage wird zugesprochen und dem Kläger das in der Erbschaft befindliche landwirtschaftliche Heimwesen zum Ertragswerte, ungeteilt und auf Anrechnung an seinen Erbteil zugewiesen.
2. Desgleichen wird dem Kläger der infolge des Brandes vom 25. Mai 1953 entstandene Anspruch gegen die Brandversicherungsanstalt des Kantons Bern zum Wiederaufbau der Gebäude... in vollem Umfange und ohne besondere Anrechnung an seinen Erbteil zugesprochen.
3. Es wird festgestellt, dass der Anrechnungswert des dem Kläger zugewiesenen landwirtschaftlichen Gewerbes einschliesslich Anspruch gegen die Brandversicherungsanstalt Fr. 55'100.-- beträgt. Im übrigen wird auf die eventuellen Widerklagebegehren nicht eingetreten.
4. Von der Erklärung des Klägers, wonach er die Beklagtschaft zur grundbuchlichen Vormerkung eines Gewinnbeteiligungsrechtes gemäss Art. 619 ZGB ermächtigt, wird Kenntnis genommen und gegeben und das bezügliche Widerklagebegehren als gegenstandslos erklärt.
.....
D.- Gegen dieses Urteil haben die Beklagten die Berufung an das Bundesgericht erklärt.
Das Bundesgericht bestätigt das angefochtene Urteil in grundsätzlicher Beziehung (weist jedoch die Sache an die Vorinstanz zurück, weil einige durch die Widerklagebegehren aufgeworfene Nebenfragen noch weiterer Abklärung bedürfen).
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Vor Bundesgericht wird mit Recht nicht mehr bestritten, dass der Kläger, der das väterliche Heimwesen schon seit mehr als 26 Jahren selbständig bewirtschaftet und den Betrieb nach dem eigenen Zugeständnis des Beklagten Jakob Born bis jetzt richtig geführt hat, im Sinne von Art. 620 ZGB für die Übernahme geeignet ist. Ein Rechtsbegehren auf Zuweisung der streitigen Liegenschaften zum Ertragswert ist von keinem andern Erben als von ihm gestellt worden. Der Beklagte Jakob Born liess in der Klageantwort allerdings vorbringen, er verlange, dass diese Grundstücke und der Anspruch gegen die Brandversicherungsanstalt ihm zugewiesen werden. Er hat jedoch auf die Erhebung einer dahingehenden Widerklage aus prozessualen Gründen verzichtet und die Zuweisung an sich selber, nach den vorliegenden Akten zu schliessen, auch nicht mit einer selbständigen Klage verlangt. Angesichts der gegebenen Verhältnisse, insbesondere der Tatsache, dass der Kläger der zur Selbstbewirtschaftung gewillte jüngste Sohn des Erblassers ist (vgl. Art. 72 des bern. EG zum ZGB) und seit seiner Jugend auf dem väterlichen Heimwesen gearbeitet hat, wogegen der im Jahre 1901 geborene Beklagte Jakob Born laut seiner eigenen Darstellung nach seinem 17. Altersjahr nur noch vorübergehend in der Landwirtschaft tätig war, hätte dieser Beklagte denn auch kaum hoffen können, gegenüber dem Kläger den Vorzug zu erhalten. Der Anspruch des Klägers ist daher zu schützen, wenn die streitigen Liegenschaften im Sinne von Art. 620 ZGB ein landwirtschaftliches Gewerbe darstellen, das eine wirtschaftliche Einheit bildet und eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz bietet.
Es steht ausser Frage, dass diese Liegenschaften vor dem Brande vom 25. Mai 1953 die Bedingungen des Art. 620 ZGB erfüllten. Die Zerstörung des Bauernhauses durch den Brand hatte entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zur Folge, dass diese Bestimmung unanwendbar wurde. Zwar ist richtig, dass zu einem landwirtschaflichen Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB ausser einer genügenden Fläche Landes dem Grundsatze nach auch die für deren Bewirtschaftung notwendigen wichtigeren Gebäulichkeiten, vor allem Wohnung und Ökonomiegebäude, gehören (BOREL/NEUKOMM, Das bäuerliche Erbrecht, 4. Aufl. 1954, S. 31) und dass auf den streitigen Liegenschaften die nötigen Wohn-, Stall- und Lagerräume heute nicht mehr vorhanden sind. Es ist jedoch nicht das gleiche, ob die notwendigen Gebäude überhaupt nie bestanden haben oder ob sie zur Zeit der Erbteilung nur deshalb fehlen, weil sie durch ein zufälliges Ereignis wie einen Brand zerstört wurden. Während im ersten Falle regelmässig nicht von einem landwirtschaftlichen Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB die Rede sein kann, ist im zweiten Falle mit der Vorinstanz und dem Gutachten von Prof. P. Liver anzunehmen, dass die Liegenschaften nach wie vor ein solches Gewerbe darstellen, wenn die zerstörten Gebäude voraussichtlich wieder aufgebaut werden. Ist ein solcher Wiederaufbau zu erwarten, so fehlt die aus Land und Gebäuden zusammengesetzte wirtschaftliche Einheit nur vorübergehend. Ein derartiger nur während verhältnismässig kurzer Zeit bestehender Ausnahmezustand darf unter dem Gesichtspunkte von Art. 620 Abs. 1 ZGB, der die Erhaltung bäuerlicher Gewerbe über Generationen hin fördern will, keine Beachtung finden. Vielmehr muss in solchen Fällen der Charakter massgebend sein, den die Liegenschaften vor der Zerstörung der Gebäude hatten und nach deren Wiederherstellung wieder haben werden. Es handelt sich hier nicht etwa um eine analoge Anwendung von Art. 620, sondern um die Auslegung, die vom Zweckgedanken dieser Bestimmung gefordert wird und im übrigen auch einer natürlichen Betrachtungsweise entspricht.
Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz in für das Bundesgericht verbindlicher Weise festgestellt, der Kläger habe in glaubhafter Weise erklärt, dass er die abgebrannten Gebäude wieder aufbauen und das Heimwesen selbst weiterbewirtschaften wolle. Er habe sich hiezu auch schriftlich verpflichtet. Seit 1929 bearbeite er das väterliche Heimwesen als gut ausgewiesener Landwirt. Auch nach dem Brand habe er es weiter bebaut. Er habe ferner einen Bau- und Finanzierungsplan vorgelegt, nach welchem die wirtschaftliche Tragbarkeit des Wiederaufbaus und der Weiterführung des Gewerbes als gewährleistet zu betrachten sei. Er werde von seinen Miterben als gut situiert bezeichnet. An die auf Fr. 66'000.-- veranschlagten Wiederaufbaukosten zahle die Brandversicherungsanstalt Fr. 49'152.--. Diese Leistung würde sich im Falle des Nichtwiederaufbaus um Fr. 16'460.-- verringern. Im Hinblick auf diese Umstände und die im angefochtenen Urteil hervorgehobene Erfahrungstatsache, dass in ländlichen Gegenden wie Thunstetten Bauernhöfe nach einer Brandkatastrophe wieder aufgebaut zu werden pflegen, war die Vorinstanz ohne Zweifel zur Annahme berechtigt, dass das abgebrannte Bauernhaus auf dem Grundstück Nr. 360 im Falle der Zuweisung der streitigen Liegenschaften und des Anspruchs auf die Wiederaufbauentschädigung an den Kläger voraussichtlich wieder aufgebaut werde.
Die Beklagten wenden vergeblich ein, dass die Vorinstanz, indem sie auf diese Annahme abstellte, den Entscheid darüber, ob ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB bestehe, von subjektiven, in der Person des Ansprechers liegenden Momenten (seinem Willen und seinen finanziellen Mitteln) abhängig gemacht habe, während diese Frage nur nach rein objektiven Kriterien beurteilt werden dürfe. Nach dem Sinne des Gesetzes kommt es in Fällen wie dem vorliegenden eben darauf an, ob ein Wiederaufbau zu erwarten sei, und dies bedingt, dass neben objektiven Gegebenheiten (zu denen hier u.a. die Tatsache gehört, dass in ländlichen Gegenden abgebrannte Höfe gewöhnlich wieder aufgebaut werden) auch die subjektiven Momente in Betracht gezogen werden, die nach der Lebenserfahrung ein Urteil darüber erlauben, ob es zu einem Wiederaufbau kommen wird oder nicht. Hierin liegt kein Widerspruch zu der von den Beklagten angezogenen Rechtsprechung, wonach für den Entscheid darüber, ob ein Gewerbe eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz biete, objektive Kriterien massgebend sind (BGE 81 II 101 ff.).
Unbehelflich ist auch der weitere Einwand der Beklagten, die Auffassung der Vorinstanz laufe darauf hinaus, dass Art. 620 ZGB nicht nur auf Grundstücke anwendbar sei, die bereits ein Heimwesen bilden, sondern auch auf solche, "mit welchen es erst noch geschaffen werden kann", was abzulehnen sei, weil das bäuerliche Erbrecht nur der Erhaltung, nicht der Schaffung von Heimwesen diene. Mit diesen Ausführungen setzen sich die Beklagten über die Tatsache hinweg, dass es sich im vorliegenden Falle nicht um die Erstellung eines neuen, sondern nur um die Wiederherstellung eines schon längst vorhandenen, durch ein zufälliges Ereignis beschädigten Heimwesens handelt. Einen zur Übernahme gewillten und geeigneten Erben diesen Zufall dadurch entgelten zu lassen, dass man die Anwendung von Art. 620 ZGB ohne Rücksicht auf den geplanten Wiederaufbau ausschlösse, wäre äusserst stossend, was bestätigt, dass die Auslegung, welche die Beklagten dieser Bestimmung geben, nicht richtig sein kann.
Wenn die Beklagten schliesslich noch geltend machen, der Wiederaufbau sei rechtlich nicht gesichert, so ist demgegenüber zu sagen, dass die Brandversicherungsanstalt die Wiederaufbauentschädigung nur auszahlt, wenn wirklich gebaut wird, und dass der Anreiz, die Liegenschaften unter Verzicht auf den Wiederaufbau mit Gewinn zu verkaufen, für den Übernehmer im Hinblick auf das Gewinnbeteiligungsrecht der Miterben (Art. 619 ZGB und Disp. 4 des angefochtenen Urteils) nur gering ist. Sollte der Übernehmer, was theoretisch auch noch denkbar wäre, die Liegenschaften zwar behalten, aber anstelle eines neuen Bauernhauses spekulative Wohn- oder Industriebauten darauf errichten, so liesse sich ernstlich erwägen, ob die Miterben nicht berechtigt wären. die Aufhebung der Zuweisung und eine entsprechende Abänderung der Erbteilung zu verlangen. Die Miterben sind also gegen Missbräuche weitgehend gesichert. Eine absolute Sicherheit kann hinsichtlich des Wiederaufbaus so wenig verlangt werden wie etwa hinsichtlich der Selbstbewirtschaftung durch den Übernehmer (Art. 621 Abs. 2 ZGB).
Dispositiv 1 des angefochtenen Urteils ist demnach grundsätzlich zu bestätigen, sofern der Kläger auch auf die für den Wiederaufbau benötigte Versicherungsleistung Anspruch erheben kann.
3. Die Vorinstanz hat den Anspruch auf die Wiederaufbauentschädigung dem Kläger zugesprochen mit der Begründung, dieser Anspruch sei zwar ein gewöhnliches Nachlassaktivum, bilde aber rechtlich und wirtschaftlich mit dem zugewiesenen Land eine Einheit und habe deshalb dem Lande zu folgen. Dem Kläger werde ja eben ein landwirtschaftliches Gewerbe zugewiesen, das die künftig zu erstellenden Gebäude bereits umfasse. Niemand als der Übernehmer wolle zudem aufbauen, so dass einzig er Anspruch auf den Zuschlag erheben könne, den die Versicherung lediglich im Falle des Wiederaufbaus ausrichte. Auch in diesem Punkte ist das angefochtene Urteil im Grundsatz zu bestätigen. Dabei ist unerheblich, ob die Vorinstanz bei der Feststellung, dass nur der Übernehmer aufbauen wolle, wie in der Berufungsschrift behauptet, einzig an den Kläger gedacht und dabei übersehen habe, dass auch der Beklagte Jakob Born das Heimwesen wieder aufbauen liesse, wenn er die Liegenschaften erhielte. Entscheidend ist die Erwägung, dass die streitige Versicherungsentschädigung wegen der Zerstörung eines zum Heimwesen gehörenden Gebäudes ausgerichtet wird und zu dessen Wiederherstellung bestimmt ist und damit der im Sinne des Gesetzes liegenden Erhaltung des Heimwesens dient, so dass sie, wie Liver zutreffend ausführt, im Zuweisungsprozess und bei der Erbteilung als Ersatz des untergegangenen Gebäudes behandelt und an dessen Stelle gesetzt werden muss, so gut wie die Versicherungsleistung auch in andern Fällen (bei der Nutzniessung, Art. 750 Abs. 3 ZGB, und im Falle des Liegenschaftenkaufs,BGE 51 II 171ff.) als Surrogat der untergegangenen Sache gilt.
Der Übernehmer erhält das Gewerbe nach Art. 620 ZGB ungeteilt, mit Einschluss der Gebäulichkeiten. Brennen diese nieder und wird dafür von der Versicherung eine Entschädigungssumme ausgerichtet, die für den Wiederaufbau bestimmt und entsprechend diesem Zwecke bemessen ist, so muss vernunftgemäss diese Ersatzleistung das rechtliche Schicksal erfahren, das die Gebäude ohne den Brand gehabt hätten.
Die notwendige Folge hievon ist, dass der Kläger sich diese Versicherungsleistung nicht besonders anrechnen lassen muss, sondern dass ihm für die Liegenschaften (mit den Brandruinen) und die Versicherungsleistung einfach der Ertragswert im Sinne von Art. 620 ZGB anzurechnen ist, den das Gewerbe vor dem Brande aufwies. Auf den Ertragswert nach dem Brande kommt nichts an.
Dispositiv 2 des angefochtenen Urteils besteht demnach zu Recht.
4. Während Art. 620 ZGB in seiner ursprünglichen Fassung bestimmt hatte, dass die Feststellung des Anrechnungswertes für das Ganze nach den Vorschriften über die Schätzung der Grundstücke, d.h. nach Art. 617/618 ZGB erfolge (Art. 620 Abs. 3; vgl.BGE 58 II 406ff.), sieht der durch das Bundesgesetz über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen vom 12. Dezember 1940 (LEG) abgeänderte Text in Abs. 2 vor, die Feststellung des Anrechnungswertes erfolge "in diesen Fällen" (d.h. in den Fällen von Abs. 1) nach dem eben genannten Gesetze. Art. 5 Abs. 1 LEG bestimmt, der nach diesem Gesetz für die Entschuldung und für die Zulässigkeit neuer Belastungen sowie für die Anwendung des bäuerlichen Erbrechts massgebende Wert der Heimwesen und Liegenschaften werde durch eine besondere Schätzung bestimmt. Der Schätzungswert im Sinne des LEG besteht nach Art. 6 Abs. 2 im Ertragswert gemäss dem vorausgehenden Absatz mit einem allfälligen Zuschlag von höchstens 25%. Daraus folgt aber trotz dem etwas verfänglichen Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 LEG nicht, dass für die Anwendung von Art. 620 ZGB statt des Ertragswerts der Schätzungswert im Sinne des LEG massgebend sei. Art. 620 Abs. 1 ZGB stellt nach wie vor auf den Ertragswert ab. Die Vorschriften des LEG (und der zugehörigen Verordnungen) sind deshalb bei der Anwendung von Art. 620 ZGB nur insoweit heranzuziehen, als sie die Grundlagen der Schätzung des Ertragswerts, die Zuständigkeit hiefür und das dabei zu befolgende Verfahren regeln.
Im vorliegenden Falle hat der Kläger am 7. Dezember 1951 im Zusammenhang mit seinem Begehren um Zuweisung des väterlichen Gewerbes bei der zuständigen Behörde (der Gültschatzungskommission des Amtes Aarwangen) das Gesuch um Schätzung der streitigen Liegenschaften gestellt. Diese hat am 21. Dezember 1951 den Ertragswert der in der Erbschaft befindlichen Liegenschaften mit Einschluss aller damals vorhandenen Gebäude auf Fr. 55'100.-- geschätzt. Der Rekurs, mit dem die Miterben diese Schätzung bei der Direktion der Landwirtschaft des Kantons Bern anfochten, ist am 11. Juni 1952 abgewiesen worden. Der Entscheid der kantonalen Rekursinstanz ist gemäss Art. 7 Abs. 1 LEG endgültig. Der Ertragswert, den die Liegenschaften vor dem Brande hatten, ist also rechtskräftig auf den erwähnten Betrag festgesetzt worden. Diese Schätzung ist gemäss Art. 7 Abs. 2 LEG für alle Behörden massgebend, die auf Grund dieses Gesetzes oder anderer Bestimmungen des Bundeszivilrechts tätig werden, also insbesondere auch für die Gerichte, die über ein Zuweisungsbegehren im Sinne von Art. 620 ZGB zu entscheiden haben.
Da die am 21. Dezember 1951 erfolgte Schätzung bereits mit Rücksicht auf das Zuweisungsbegehren des Klägers verlangt worden war, können die Beklagten nicht gestützt auf Art. 38 der Verordnung über die Verhütung der Überschuldung landwirtschaftlicher Liegenschaften vom 16. November 1945 (BS 9 S. 145 ff.) eine Neuschätzung der streitigen Grundstücke verlangen. Ebensowenig können sie eine Neuschätzung auf Grund von Art. 9 Abs. 2 LEG beantragen, weil es im vorliegenden Falle eben auf den - bereits rechtskräftig festgestellten - Ertragswert vor dem Brande ankommt. Vor diesem aus der Sondervorschrift von Art. 620 ZGB sich ergebenden Schlusse muss auch die von den Beklagten schliesslich noch angerufene Regel des Art. 617 ZGB zurücktreten, wonach Grundstücke den Erben zum Werte anzurechnen sind, der ihnen im Zeitpunkt der (hier noch ausstehenden) Teilung zukommt.
Es kann keine Rede davon sein, dass das Rechtsbegehren des Klägers, das auf die Zuweisung des Heimwesens samt der Versicherungsleistung zum Betrage von Fr. 55'100.-- abzielt, einen Rechtsmissbrauch im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB darstelle, wie in der Berufungsschrift behauptet wird. Die Rechnung, mit welcher die Beklagten dartun möchten, dass sie bei Gutheissung dieses Begehrens "ohne Rechtsgrund benachteiligt" würden, ist falsch. Der Kläger erhält das einschliesslich der Gebäude auf Fr. 55'100.-- geschätzte Heimwesen ohne das Hauptgebäude. Für dessen Wiederherstellung muss er laut Kostenvoranschlag Fr. 66'000.-- aufwenden, woran er von der Versicherung Fr. 49'512.-- erhält. Es stimmt also nicht, dass er infolge des Brandes einen Gewinn mache. Anderseits stellen sich die Beklagten, wenn dem Begehren des Klägers entsprochen wird, genau gleich, wie sie sich bei Zuweisung des Heimwesens an den Kläger beim Ausbleiben des Brandes gestellt hätten. Darauf, dass sie aus dem Brande einen Vorteil ziehen können, haben sie keinen Anspruch.
Auch Dispositiv 3, Satz 1, des angefochtenen Urteils ist deshalb grundsätzlich zu bestätigen.
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de
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Bäuerliches Erbrecht. Zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB gehören grundsätzlich auch die zur Bewirtschaftung des Landes notwendigen wichtigeren Gebäude.
Werden diese durch einen Brand zerstört, so kann ein Erbe, der für die Übernahme des Gewerbes geeignet ist, die Zuweisung der Liegenschaften samt der für den Wiederaufbau bestimmten Brandversicherungsleistung verlangen, wenn zu erwarten ist, dass er die zerstörten Gebäude wieder aufbauen wird.
Anrechnungswert ist in diesem Falle der Ertragswert vor dem Brande.
Feststellung des Ertragswerts (Art. 620 Abs. 2 ZGB, Art. 5 ff. LEG).
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-4%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 4
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82 II 4
Sachverhalt ab Seite 5
Aus dem Tatbestand:
A.- Der am 4. März 1951 gestorbene Landwirt Gottfried Born-Graf hinterliess ein landwirtschaftliches Heimwesen in Rengershäusern-Thunstetten, das ein Wohnhaus mit Scheune, verschiedene Nebengebäude sowie ca. 7 1/2 ha Kulturland und Wald umfasste. Sein jüngster Sohn Hans, geb. 1902, der 11 Jahre als Knecht bei ihm gearbeitet und das Heimwesen seit dem Jahre 1929 als Pächter bewirtschaftet hatte, erhob gegenüber seinen Miterben (seiner Stiefmutter und seinen sieben Geschwistern) Anspruch darauf, dass dieses ihm gemäss Art. 620 ZGB zum Ertragswert ungeteilt zugewiesen werde. Die Miterben widersetzten sich diesem Begehren. Die Klagen, mit denen er im Frühjahr 1952 seine Geschwister einerseits und seine Stiefmutter anderseits getrennt ins Recht fasste, wurden vom Amtsgericht Aarwangen am 26. März 1954 wegen mangelnder Passivlegitimation abgewiesen.
B.- Während dieses ersten Prozesses, am 25. Mai 1953, brannte das Bauernhaus ab. Die Brandruinen stehen heute noch unverändert, weil die Parteien sich über einen Wiederaufbau nicht einigen konnten. Der Kläger führt den Betrieb weiter, obwohl vom abgebrannten Haus nur noch der Schweinestall benützbar ist. Er wohnt in einem benachbarten kleineren Hause, das er persönlich besitzt. Hier und in einem baufälligen alten Hause, das in der Nähe steht und ebenfalls ihm gehört, hat er auch die Pferde, das Rindvieh und einen Teil des Inventars untergebracht. Daneben benützt er Lagerräume in fremden Häusern.
C.- Mit der vorliegenden Klage, die er am 10. November 1954 gegen seine acht Miterben einleitete, stellte Hans Born das Rechtsbegehren, es sei ihm das in der Erbschaft befindliche landwirtschaftliche Heimwesen einschliesslich des Anspruchs an die Brandversicherungsanstalt des Kantons Bern aus dem Brande vom 25. Mai 1953 ungeteilt zum Ertragswert auf Anrechnung an seinen Erbteil zuzuweisen.
Die Beklagten beantragten Abweisung der Klage und stellten eventuell verschiedene Widerklagebegehren, die sich namentlich auf die Feststellung des Anrechnungswertes und auf ein angeblich vorhandenes Nebengewerbe bezogen.
Das Amtsgericht von Aarwangen wies mit Urteil vom 1. Juli 1955 die Klage ab, weil das Nachlassgrundstück, nachdem das Bauernhaus abgebrannt sei, nicht mehr ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB darstelle. Der Appellationshof des Kantons Bern, an den der Kläger appellierte, hat dagegen am 17. September 1955 erkannt:
1. Die Klage wird zugesprochen und dem Kläger das in der Erbschaft befindliche landwirtschaftliche Heimwesen zum Ertragswerte, ungeteilt und auf Anrechnung an seinen Erbteil zugewiesen.
2. Desgleichen wird dem Kläger der infolge des Brandes vom 25. Mai 1953 entstandene Anspruch gegen die Brandversicherungsanstalt des Kantons Bern zum Wiederaufbau der Gebäude... in vollem Umfange und ohne besondere Anrechnung an seinen Erbteil zugesprochen.
3. Es wird festgestellt, dass der Anrechnungswert des dem Kläger zugewiesenen landwirtschaftlichen Gewerbes einschliesslich Anspruch gegen die Brandversicherungsanstalt Fr. 55'100.-- beträgt. Im übrigen wird auf die eventuellen Widerklagebegehren nicht eingetreten.
4. Von der Erklärung des Klägers, wonach er die Beklagtschaft zur grundbuchlichen Vormerkung eines Gewinnbeteiligungsrechtes gemäss Art. 619 ZGB ermächtigt, wird Kenntnis genommen und gegeben und das bezügliche Widerklagebegehren als gegenstandslos erklärt.
.....
D.- Gegen dieses Urteil haben die Beklagten die Berufung an das Bundesgericht erklärt.
Das Bundesgericht bestätigt das angefochtene Urteil in grundsätzlicher Beziehung (weist jedoch die Sache an die Vorinstanz zurück, weil einige durch die Widerklagebegehren aufgeworfene Nebenfragen noch weiterer Abklärung bedürfen).
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Vor Bundesgericht wird mit Recht nicht mehr bestritten, dass der Kläger, der das väterliche Heimwesen schon seit mehr als 26 Jahren selbständig bewirtschaftet und den Betrieb nach dem eigenen Zugeständnis des Beklagten Jakob Born bis jetzt richtig geführt hat, im Sinne von Art. 620 ZGB für die Übernahme geeignet ist. Ein Rechtsbegehren auf Zuweisung der streitigen Liegenschaften zum Ertragswert ist von keinem andern Erben als von ihm gestellt worden. Der Beklagte Jakob Born liess in der Klageantwort allerdings vorbringen, er verlange, dass diese Grundstücke und der Anspruch gegen die Brandversicherungsanstalt ihm zugewiesen werden. Er hat jedoch auf die Erhebung einer dahingehenden Widerklage aus prozessualen Gründen verzichtet und die Zuweisung an sich selber, nach den vorliegenden Akten zu schliessen, auch nicht mit einer selbständigen Klage verlangt. Angesichts der gegebenen Verhältnisse, insbesondere der Tatsache, dass der Kläger der zur Selbstbewirtschaftung gewillte jüngste Sohn des Erblassers ist (vgl. Art. 72 des bern. EG zum ZGB) und seit seiner Jugend auf dem väterlichen Heimwesen gearbeitet hat, wogegen der im Jahre 1901 geborene Beklagte Jakob Born laut seiner eigenen Darstellung nach seinem 17. Altersjahr nur noch vorübergehend in der Landwirtschaft tätig war, hätte dieser Beklagte denn auch kaum hoffen können, gegenüber dem Kläger den Vorzug zu erhalten. Der Anspruch des Klägers ist daher zu schützen, wenn die streitigen Liegenschaften im Sinne von Art. 620 ZGB ein landwirtschaftliches Gewerbe darstellen, das eine wirtschaftliche Einheit bildet und eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz bietet.
Es steht ausser Frage, dass diese Liegenschaften vor dem Brande vom 25. Mai 1953 die Bedingungen des Art. 620 ZGB erfüllten. Die Zerstörung des Bauernhauses durch den Brand hatte entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zur Folge, dass diese Bestimmung unanwendbar wurde. Zwar ist richtig, dass zu einem landwirtschaflichen Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB ausser einer genügenden Fläche Landes dem Grundsatze nach auch die für deren Bewirtschaftung notwendigen wichtigeren Gebäulichkeiten, vor allem Wohnung und Ökonomiegebäude, gehören (BOREL/NEUKOMM, Das bäuerliche Erbrecht, 4. Aufl. 1954, S. 31) und dass auf den streitigen Liegenschaften die nötigen Wohn-, Stall- und Lagerräume heute nicht mehr vorhanden sind. Es ist jedoch nicht das gleiche, ob die notwendigen Gebäude überhaupt nie bestanden haben oder ob sie zur Zeit der Erbteilung nur deshalb fehlen, weil sie durch ein zufälliges Ereignis wie einen Brand zerstört wurden. Während im ersten Falle regelmässig nicht von einem landwirtschaftlichen Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB die Rede sein kann, ist im zweiten Falle mit der Vorinstanz und dem Gutachten von Prof. P. Liver anzunehmen, dass die Liegenschaften nach wie vor ein solches Gewerbe darstellen, wenn die zerstörten Gebäude voraussichtlich wieder aufgebaut werden. Ist ein solcher Wiederaufbau zu erwarten, so fehlt die aus Land und Gebäuden zusammengesetzte wirtschaftliche Einheit nur vorübergehend. Ein derartiger nur während verhältnismässig kurzer Zeit bestehender Ausnahmezustand darf unter dem Gesichtspunkte von Art. 620 Abs. 1 ZGB, der die Erhaltung bäuerlicher Gewerbe über Generationen hin fördern will, keine Beachtung finden. Vielmehr muss in solchen Fällen der Charakter massgebend sein, den die Liegenschaften vor der Zerstörung der Gebäude hatten und nach deren Wiederherstellung wieder haben werden. Es handelt sich hier nicht etwa um eine analoge Anwendung von Art. 620, sondern um die Auslegung, die vom Zweckgedanken dieser Bestimmung gefordert wird und im übrigen auch einer natürlichen Betrachtungsweise entspricht.
Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz in für das Bundesgericht verbindlicher Weise festgestellt, der Kläger habe in glaubhafter Weise erklärt, dass er die abgebrannten Gebäude wieder aufbauen und das Heimwesen selbst weiterbewirtschaften wolle. Er habe sich hiezu auch schriftlich verpflichtet. Seit 1929 bearbeite er das väterliche Heimwesen als gut ausgewiesener Landwirt. Auch nach dem Brand habe er es weiter bebaut. Er habe ferner einen Bau- und Finanzierungsplan vorgelegt, nach welchem die wirtschaftliche Tragbarkeit des Wiederaufbaus und der Weiterführung des Gewerbes als gewährleistet zu betrachten sei. Er werde von seinen Miterben als gut situiert bezeichnet. An die auf Fr. 66'000.-- veranschlagten Wiederaufbaukosten zahle die Brandversicherungsanstalt Fr. 49'152.--. Diese Leistung würde sich im Falle des Nichtwiederaufbaus um Fr. 16'460.-- verringern. Im Hinblick auf diese Umstände und die im angefochtenen Urteil hervorgehobene Erfahrungstatsache, dass in ländlichen Gegenden wie Thunstetten Bauernhöfe nach einer Brandkatastrophe wieder aufgebaut zu werden pflegen, war die Vorinstanz ohne Zweifel zur Annahme berechtigt, dass das abgebrannte Bauernhaus auf dem Grundstück Nr. 360 im Falle der Zuweisung der streitigen Liegenschaften und des Anspruchs auf die Wiederaufbauentschädigung an den Kläger voraussichtlich wieder aufgebaut werde.
Die Beklagten wenden vergeblich ein, dass die Vorinstanz, indem sie auf diese Annahme abstellte, den Entscheid darüber, ob ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB bestehe, von subjektiven, in der Person des Ansprechers liegenden Momenten (seinem Willen und seinen finanziellen Mitteln) abhängig gemacht habe, während diese Frage nur nach rein objektiven Kriterien beurteilt werden dürfe. Nach dem Sinne des Gesetzes kommt es in Fällen wie dem vorliegenden eben darauf an, ob ein Wiederaufbau zu erwarten sei, und dies bedingt, dass neben objektiven Gegebenheiten (zu denen hier u.a. die Tatsache gehört, dass in ländlichen Gegenden abgebrannte Höfe gewöhnlich wieder aufgebaut werden) auch die subjektiven Momente in Betracht gezogen werden, die nach der Lebenserfahrung ein Urteil darüber erlauben, ob es zu einem Wiederaufbau kommen wird oder nicht. Hierin liegt kein Widerspruch zu der von den Beklagten angezogenen Rechtsprechung, wonach für den Entscheid darüber, ob ein Gewerbe eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz biete, objektive Kriterien massgebend sind (BGE 81 II 101 ff.).
Unbehelflich ist auch der weitere Einwand der Beklagten, die Auffassung der Vorinstanz laufe darauf hinaus, dass Art. 620 ZGB nicht nur auf Grundstücke anwendbar sei, die bereits ein Heimwesen bilden, sondern auch auf solche, "mit welchen es erst noch geschaffen werden kann", was abzulehnen sei, weil das bäuerliche Erbrecht nur der Erhaltung, nicht der Schaffung von Heimwesen diene. Mit diesen Ausführungen setzen sich die Beklagten über die Tatsache hinweg, dass es sich im vorliegenden Falle nicht um die Erstellung eines neuen, sondern nur um die Wiederherstellung eines schon längst vorhandenen, durch ein zufälliges Ereignis beschädigten Heimwesens handelt. Einen zur Übernahme gewillten und geeigneten Erben diesen Zufall dadurch entgelten zu lassen, dass man die Anwendung von Art. 620 ZGB ohne Rücksicht auf den geplanten Wiederaufbau ausschlösse, wäre äusserst stossend, was bestätigt, dass die Auslegung, welche die Beklagten dieser Bestimmung geben, nicht richtig sein kann.
Wenn die Beklagten schliesslich noch geltend machen, der Wiederaufbau sei rechtlich nicht gesichert, so ist demgegenüber zu sagen, dass die Brandversicherungsanstalt die Wiederaufbauentschädigung nur auszahlt, wenn wirklich gebaut wird, und dass der Anreiz, die Liegenschaften unter Verzicht auf den Wiederaufbau mit Gewinn zu verkaufen, für den Übernehmer im Hinblick auf das Gewinnbeteiligungsrecht der Miterben (Art. 619 ZGB und Disp. 4 des angefochtenen Urteils) nur gering ist. Sollte der Übernehmer, was theoretisch auch noch denkbar wäre, die Liegenschaften zwar behalten, aber anstelle eines neuen Bauernhauses spekulative Wohn- oder Industriebauten darauf errichten, so liesse sich ernstlich erwägen, ob die Miterben nicht berechtigt wären. die Aufhebung der Zuweisung und eine entsprechende Abänderung der Erbteilung zu verlangen. Die Miterben sind also gegen Missbräuche weitgehend gesichert. Eine absolute Sicherheit kann hinsichtlich des Wiederaufbaus so wenig verlangt werden wie etwa hinsichtlich der Selbstbewirtschaftung durch den Übernehmer (Art. 621 Abs. 2 ZGB).
Dispositiv 1 des angefochtenen Urteils ist demnach grundsätzlich zu bestätigen, sofern der Kläger auch auf die für den Wiederaufbau benötigte Versicherungsleistung Anspruch erheben kann.
3. Die Vorinstanz hat den Anspruch auf die Wiederaufbauentschädigung dem Kläger zugesprochen mit der Begründung, dieser Anspruch sei zwar ein gewöhnliches Nachlassaktivum, bilde aber rechtlich und wirtschaftlich mit dem zugewiesenen Land eine Einheit und habe deshalb dem Lande zu folgen. Dem Kläger werde ja eben ein landwirtschaftliches Gewerbe zugewiesen, das die künftig zu erstellenden Gebäude bereits umfasse. Niemand als der Übernehmer wolle zudem aufbauen, so dass einzig er Anspruch auf den Zuschlag erheben könne, den die Versicherung lediglich im Falle des Wiederaufbaus ausrichte. Auch in diesem Punkte ist das angefochtene Urteil im Grundsatz zu bestätigen. Dabei ist unerheblich, ob die Vorinstanz bei der Feststellung, dass nur der Übernehmer aufbauen wolle, wie in der Berufungsschrift behauptet, einzig an den Kläger gedacht und dabei übersehen habe, dass auch der Beklagte Jakob Born das Heimwesen wieder aufbauen liesse, wenn er die Liegenschaften erhielte. Entscheidend ist die Erwägung, dass die streitige Versicherungsentschädigung wegen der Zerstörung eines zum Heimwesen gehörenden Gebäudes ausgerichtet wird und zu dessen Wiederherstellung bestimmt ist und damit der im Sinne des Gesetzes liegenden Erhaltung des Heimwesens dient, so dass sie, wie Liver zutreffend ausführt, im Zuweisungsprozess und bei der Erbteilung als Ersatz des untergegangenen Gebäudes behandelt und an dessen Stelle gesetzt werden muss, so gut wie die Versicherungsleistung auch in andern Fällen (bei der Nutzniessung, Art. 750 Abs. 3 ZGB, und im Falle des Liegenschaftenkaufs,BGE 51 II 171ff.) als Surrogat der untergegangenen Sache gilt.
Der Übernehmer erhält das Gewerbe nach Art. 620 ZGB ungeteilt, mit Einschluss der Gebäulichkeiten. Brennen diese nieder und wird dafür von der Versicherung eine Entschädigungssumme ausgerichtet, die für den Wiederaufbau bestimmt und entsprechend diesem Zwecke bemessen ist, so muss vernunftgemäss diese Ersatzleistung das rechtliche Schicksal erfahren, das die Gebäude ohne den Brand gehabt hätten.
Die notwendige Folge hievon ist, dass der Kläger sich diese Versicherungsleistung nicht besonders anrechnen lassen muss, sondern dass ihm für die Liegenschaften (mit den Brandruinen) und die Versicherungsleistung einfach der Ertragswert im Sinne von Art. 620 ZGB anzurechnen ist, den das Gewerbe vor dem Brande aufwies. Auf den Ertragswert nach dem Brande kommt nichts an.
Dispositiv 2 des angefochtenen Urteils besteht demnach zu Recht.
4. Während Art. 620 ZGB in seiner ursprünglichen Fassung bestimmt hatte, dass die Feststellung des Anrechnungswertes für das Ganze nach den Vorschriften über die Schätzung der Grundstücke, d.h. nach Art. 617/618 ZGB erfolge (Art. 620 Abs. 3; vgl.BGE 58 II 406ff.), sieht der durch das Bundesgesetz über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen vom 12. Dezember 1940 (LEG) abgeänderte Text in Abs. 2 vor, die Feststellung des Anrechnungswertes erfolge "in diesen Fällen" (d.h. in den Fällen von Abs. 1) nach dem eben genannten Gesetze. Art. 5 Abs. 1 LEG bestimmt, der nach diesem Gesetz für die Entschuldung und für die Zulässigkeit neuer Belastungen sowie für die Anwendung des bäuerlichen Erbrechts massgebende Wert der Heimwesen und Liegenschaften werde durch eine besondere Schätzung bestimmt. Der Schätzungswert im Sinne des LEG besteht nach Art. 6 Abs. 2 im Ertragswert gemäss dem vorausgehenden Absatz mit einem allfälligen Zuschlag von höchstens 25%. Daraus folgt aber trotz dem etwas verfänglichen Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 LEG nicht, dass für die Anwendung von Art. 620 ZGB statt des Ertragswerts der Schätzungswert im Sinne des LEG massgebend sei. Art. 620 Abs. 1 ZGB stellt nach wie vor auf den Ertragswert ab. Die Vorschriften des LEG (und der zugehörigen Verordnungen) sind deshalb bei der Anwendung von Art. 620 ZGB nur insoweit heranzuziehen, als sie die Grundlagen der Schätzung des Ertragswerts, die Zuständigkeit hiefür und das dabei zu befolgende Verfahren regeln.
Im vorliegenden Falle hat der Kläger am 7. Dezember 1951 im Zusammenhang mit seinem Begehren um Zuweisung des väterlichen Gewerbes bei der zuständigen Behörde (der Gültschatzungskommission des Amtes Aarwangen) das Gesuch um Schätzung der streitigen Liegenschaften gestellt. Diese hat am 21. Dezember 1951 den Ertragswert der in der Erbschaft befindlichen Liegenschaften mit Einschluss aller damals vorhandenen Gebäude auf Fr. 55'100.-- geschätzt. Der Rekurs, mit dem die Miterben diese Schätzung bei der Direktion der Landwirtschaft des Kantons Bern anfochten, ist am 11. Juni 1952 abgewiesen worden. Der Entscheid der kantonalen Rekursinstanz ist gemäss Art. 7 Abs. 1 LEG endgültig. Der Ertragswert, den die Liegenschaften vor dem Brande hatten, ist also rechtskräftig auf den erwähnten Betrag festgesetzt worden. Diese Schätzung ist gemäss Art. 7 Abs. 2 LEG für alle Behörden massgebend, die auf Grund dieses Gesetzes oder anderer Bestimmungen des Bundeszivilrechts tätig werden, also insbesondere auch für die Gerichte, die über ein Zuweisungsbegehren im Sinne von Art. 620 ZGB zu entscheiden haben.
Da die am 21. Dezember 1951 erfolgte Schätzung bereits mit Rücksicht auf das Zuweisungsbegehren des Klägers verlangt worden war, können die Beklagten nicht gestützt auf Art. 38 der Verordnung über die Verhütung der Überschuldung landwirtschaftlicher Liegenschaften vom 16. November 1945 (BS 9 S. 145 ff.) eine Neuschätzung der streitigen Grundstücke verlangen. Ebensowenig können sie eine Neuschätzung auf Grund von Art. 9 Abs. 2 LEG beantragen, weil es im vorliegenden Falle eben auf den - bereits rechtskräftig festgestellten - Ertragswert vor dem Brande ankommt. Vor diesem aus der Sondervorschrift von Art. 620 ZGB sich ergebenden Schlusse muss auch die von den Beklagten schliesslich noch angerufene Regel des Art. 617 ZGB zurücktreten, wonach Grundstücke den Erben zum Werte anzurechnen sind, der ihnen im Zeitpunkt der (hier noch ausstehenden) Teilung zukommt.
Es kann keine Rede davon sein, dass das Rechtsbegehren des Klägers, das auf die Zuweisung des Heimwesens samt der Versicherungsleistung zum Betrage von Fr. 55'100.-- abzielt, einen Rechtsmissbrauch im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB darstelle, wie in der Berufungsschrift behauptet wird. Die Rechnung, mit welcher die Beklagten dartun möchten, dass sie bei Gutheissung dieses Begehrens "ohne Rechtsgrund benachteiligt" würden, ist falsch. Der Kläger erhält das einschliesslich der Gebäude auf Fr. 55'100.-- geschätzte Heimwesen ohne das Hauptgebäude. Für dessen Wiederherstellung muss er laut Kostenvoranschlag Fr. 66'000.-- aufwenden, woran er von der Versicherung Fr. 49'512.-- erhält. Es stimmt also nicht, dass er infolge des Brandes einen Gewinn mache. Anderseits stellen sich die Beklagten, wenn dem Begehren des Klägers entsprochen wird, genau gleich, wie sie sich bei Zuweisung des Heimwesens an den Kläger beim Ausbleiben des Brandes gestellt hätten. Darauf, dass sie aus dem Brande einen Vorteil ziehen können, haben sie keinen Anspruch.
Auch Dispositiv 3, Satz 1, des angefochtenen Urteils ist deshalb grundsätzlich zu bestätigen.
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Droit successoral paysan. Les bâtiments importants qui sont nécessaires à l'exploitation du domaine font en principe partie de l'entreprise agricole au sens de l'art. 620 CC.
S'ils sont détruits par un incendie, l'héritier qui est apte à reprendre l'exploitation peut demander l'attribution des immeubles avec l'indemnité d'assurance-incendie destinée à la reconstruction, si l'on peut attendre qu'il réédifiera ces bâtiments.
Le prix d'attribution est, dans ce cas, la valeur de rendement avant l'incendie.
Fixation de la valeur de rendement (art. 620 al. 2 CC, 5 ss LF sur le désendettement des domaines agricoles).
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82 II 4
Sachverhalt ab Seite 5
Aus dem Tatbestand:
A.- Der am 4. März 1951 gestorbene Landwirt Gottfried Born-Graf hinterliess ein landwirtschaftliches Heimwesen in Rengershäusern-Thunstetten, das ein Wohnhaus mit Scheune, verschiedene Nebengebäude sowie ca. 7 1/2 ha Kulturland und Wald umfasste. Sein jüngster Sohn Hans, geb. 1902, der 11 Jahre als Knecht bei ihm gearbeitet und das Heimwesen seit dem Jahre 1929 als Pächter bewirtschaftet hatte, erhob gegenüber seinen Miterben (seiner Stiefmutter und seinen sieben Geschwistern) Anspruch darauf, dass dieses ihm gemäss Art. 620 ZGB zum Ertragswert ungeteilt zugewiesen werde. Die Miterben widersetzten sich diesem Begehren. Die Klagen, mit denen er im Frühjahr 1952 seine Geschwister einerseits und seine Stiefmutter anderseits getrennt ins Recht fasste, wurden vom Amtsgericht Aarwangen am 26. März 1954 wegen mangelnder Passivlegitimation abgewiesen.
B.- Während dieses ersten Prozesses, am 25. Mai 1953, brannte das Bauernhaus ab. Die Brandruinen stehen heute noch unverändert, weil die Parteien sich über einen Wiederaufbau nicht einigen konnten. Der Kläger führt den Betrieb weiter, obwohl vom abgebrannten Haus nur noch der Schweinestall benützbar ist. Er wohnt in einem benachbarten kleineren Hause, das er persönlich besitzt. Hier und in einem baufälligen alten Hause, das in der Nähe steht und ebenfalls ihm gehört, hat er auch die Pferde, das Rindvieh und einen Teil des Inventars untergebracht. Daneben benützt er Lagerräume in fremden Häusern.
C.- Mit der vorliegenden Klage, die er am 10. November 1954 gegen seine acht Miterben einleitete, stellte Hans Born das Rechtsbegehren, es sei ihm das in der Erbschaft befindliche landwirtschaftliche Heimwesen einschliesslich des Anspruchs an die Brandversicherungsanstalt des Kantons Bern aus dem Brande vom 25. Mai 1953 ungeteilt zum Ertragswert auf Anrechnung an seinen Erbteil zuzuweisen.
Die Beklagten beantragten Abweisung der Klage und stellten eventuell verschiedene Widerklagebegehren, die sich namentlich auf die Feststellung des Anrechnungswertes und auf ein angeblich vorhandenes Nebengewerbe bezogen.
Das Amtsgericht von Aarwangen wies mit Urteil vom 1. Juli 1955 die Klage ab, weil das Nachlassgrundstück, nachdem das Bauernhaus abgebrannt sei, nicht mehr ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB darstelle. Der Appellationshof des Kantons Bern, an den der Kläger appellierte, hat dagegen am 17. September 1955 erkannt:
1. Die Klage wird zugesprochen und dem Kläger das in der Erbschaft befindliche landwirtschaftliche Heimwesen zum Ertragswerte, ungeteilt und auf Anrechnung an seinen Erbteil zugewiesen.
2. Desgleichen wird dem Kläger der infolge des Brandes vom 25. Mai 1953 entstandene Anspruch gegen die Brandversicherungsanstalt des Kantons Bern zum Wiederaufbau der Gebäude... in vollem Umfange und ohne besondere Anrechnung an seinen Erbteil zugesprochen.
3. Es wird festgestellt, dass der Anrechnungswert des dem Kläger zugewiesenen landwirtschaftlichen Gewerbes einschliesslich Anspruch gegen die Brandversicherungsanstalt Fr. 55'100.-- beträgt. Im übrigen wird auf die eventuellen Widerklagebegehren nicht eingetreten.
4. Von der Erklärung des Klägers, wonach er die Beklagtschaft zur grundbuchlichen Vormerkung eines Gewinnbeteiligungsrechtes gemäss Art. 619 ZGB ermächtigt, wird Kenntnis genommen und gegeben und das bezügliche Widerklagebegehren als gegenstandslos erklärt.
.....
D.- Gegen dieses Urteil haben die Beklagten die Berufung an das Bundesgericht erklärt.
Das Bundesgericht bestätigt das angefochtene Urteil in grundsätzlicher Beziehung (weist jedoch die Sache an die Vorinstanz zurück, weil einige durch die Widerklagebegehren aufgeworfene Nebenfragen noch weiterer Abklärung bedürfen).
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Vor Bundesgericht wird mit Recht nicht mehr bestritten, dass der Kläger, der das väterliche Heimwesen schon seit mehr als 26 Jahren selbständig bewirtschaftet und den Betrieb nach dem eigenen Zugeständnis des Beklagten Jakob Born bis jetzt richtig geführt hat, im Sinne von Art. 620 ZGB für die Übernahme geeignet ist. Ein Rechtsbegehren auf Zuweisung der streitigen Liegenschaften zum Ertragswert ist von keinem andern Erben als von ihm gestellt worden. Der Beklagte Jakob Born liess in der Klageantwort allerdings vorbringen, er verlange, dass diese Grundstücke und der Anspruch gegen die Brandversicherungsanstalt ihm zugewiesen werden. Er hat jedoch auf die Erhebung einer dahingehenden Widerklage aus prozessualen Gründen verzichtet und die Zuweisung an sich selber, nach den vorliegenden Akten zu schliessen, auch nicht mit einer selbständigen Klage verlangt. Angesichts der gegebenen Verhältnisse, insbesondere der Tatsache, dass der Kläger der zur Selbstbewirtschaftung gewillte jüngste Sohn des Erblassers ist (vgl. Art. 72 des bern. EG zum ZGB) und seit seiner Jugend auf dem väterlichen Heimwesen gearbeitet hat, wogegen der im Jahre 1901 geborene Beklagte Jakob Born laut seiner eigenen Darstellung nach seinem 17. Altersjahr nur noch vorübergehend in der Landwirtschaft tätig war, hätte dieser Beklagte denn auch kaum hoffen können, gegenüber dem Kläger den Vorzug zu erhalten. Der Anspruch des Klägers ist daher zu schützen, wenn die streitigen Liegenschaften im Sinne von Art. 620 ZGB ein landwirtschaftliches Gewerbe darstellen, das eine wirtschaftliche Einheit bildet und eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz bietet.
Es steht ausser Frage, dass diese Liegenschaften vor dem Brande vom 25. Mai 1953 die Bedingungen des Art. 620 ZGB erfüllten. Die Zerstörung des Bauernhauses durch den Brand hatte entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zur Folge, dass diese Bestimmung unanwendbar wurde. Zwar ist richtig, dass zu einem landwirtschaflichen Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB ausser einer genügenden Fläche Landes dem Grundsatze nach auch die für deren Bewirtschaftung notwendigen wichtigeren Gebäulichkeiten, vor allem Wohnung und Ökonomiegebäude, gehören (BOREL/NEUKOMM, Das bäuerliche Erbrecht, 4. Aufl. 1954, S. 31) und dass auf den streitigen Liegenschaften die nötigen Wohn-, Stall- und Lagerräume heute nicht mehr vorhanden sind. Es ist jedoch nicht das gleiche, ob die notwendigen Gebäude überhaupt nie bestanden haben oder ob sie zur Zeit der Erbteilung nur deshalb fehlen, weil sie durch ein zufälliges Ereignis wie einen Brand zerstört wurden. Während im ersten Falle regelmässig nicht von einem landwirtschaftlichen Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB die Rede sein kann, ist im zweiten Falle mit der Vorinstanz und dem Gutachten von Prof. P. Liver anzunehmen, dass die Liegenschaften nach wie vor ein solches Gewerbe darstellen, wenn die zerstörten Gebäude voraussichtlich wieder aufgebaut werden. Ist ein solcher Wiederaufbau zu erwarten, so fehlt die aus Land und Gebäuden zusammengesetzte wirtschaftliche Einheit nur vorübergehend. Ein derartiger nur während verhältnismässig kurzer Zeit bestehender Ausnahmezustand darf unter dem Gesichtspunkte von Art. 620 Abs. 1 ZGB, der die Erhaltung bäuerlicher Gewerbe über Generationen hin fördern will, keine Beachtung finden. Vielmehr muss in solchen Fällen der Charakter massgebend sein, den die Liegenschaften vor der Zerstörung der Gebäude hatten und nach deren Wiederherstellung wieder haben werden. Es handelt sich hier nicht etwa um eine analoge Anwendung von Art. 620, sondern um die Auslegung, die vom Zweckgedanken dieser Bestimmung gefordert wird und im übrigen auch einer natürlichen Betrachtungsweise entspricht.
Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz in für das Bundesgericht verbindlicher Weise festgestellt, der Kläger habe in glaubhafter Weise erklärt, dass er die abgebrannten Gebäude wieder aufbauen und das Heimwesen selbst weiterbewirtschaften wolle. Er habe sich hiezu auch schriftlich verpflichtet. Seit 1929 bearbeite er das väterliche Heimwesen als gut ausgewiesener Landwirt. Auch nach dem Brand habe er es weiter bebaut. Er habe ferner einen Bau- und Finanzierungsplan vorgelegt, nach welchem die wirtschaftliche Tragbarkeit des Wiederaufbaus und der Weiterführung des Gewerbes als gewährleistet zu betrachten sei. Er werde von seinen Miterben als gut situiert bezeichnet. An die auf Fr. 66'000.-- veranschlagten Wiederaufbaukosten zahle die Brandversicherungsanstalt Fr. 49'152.--. Diese Leistung würde sich im Falle des Nichtwiederaufbaus um Fr. 16'460.-- verringern. Im Hinblick auf diese Umstände und die im angefochtenen Urteil hervorgehobene Erfahrungstatsache, dass in ländlichen Gegenden wie Thunstetten Bauernhöfe nach einer Brandkatastrophe wieder aufgebaut zu werden pflegen, war die Vorinstanz ohne Zweifel zur Annahme berechtigt, dass das abgebrannte Bauernhaus auf dem Grundstück Nr. 360 im Falle der Zuweisung der streitigen Liegenschaften und des Anspruchs auf die Wiederaufbauentschädigung an den Kläger voraussichtlich wieder aufgebaut werde.
Die Beklagten wenden vergeblich ein, dass die Vorinstanz, indem sie auf diese Annahme abstellte, den Entscheid darüber, ob ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB bestehe, von subjektiven, in der Person des Ansprechers liegenden Momenten (seinem Willen und seinen finanziellen Mitteln) abhängig gemacht habe, während diese Frage nur nach rein objektiven Kriterien beurteilt werden dürfe. Nach dem Sinne des Gesetzes kommt es in Fällen wie dem vorliegenden eben darauf an, ob ein Wiederaufbau zu erwarten sei, und dies bedingt, dass neben objektiven Gegebenheiten (zu denen hier u.a. die Tatsache gehört, dass in ländlichen Gegenden abgebrannte Höfe gewöhnlich wieder aufgebaut werden) auch die subjektiven Momente in Betracht gezogen werden, die nach der Lebenserfahrung ein Urteil darüber erlauben, ob es zu einem Wiederaufbau kommen wird oder nicht. Hierin liegt kein Widerspruch zu der von den Beklagten angezogenen Rechtsprechung, wonach für den Entscheid darüber, ob ein Gewerbe eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz biete, objektive Kriterien massgebend sind (BGE 81 II 101 ff.).
Unbehelflich ist auch der weitere Einwand der Beklagten, die Auffassung der Vorinstanz laufe darauf hinaus, dass Art. 620 ZGB nicht nur auf Grundstücke anwendbar sei, die bereits ein Heimwesen bilden, sondern auch auf solche, "mit welchen es erst noch geschaffen werden kann", was abzulehnen sei, weil das bäuerliche Erbrecht nur der Erhaltung, nicht der Schaffung von Heimwesen diene. Mit diesen Ausführungen setzen sich die Beklagten über die Tatsache hinweg, dass es sich im vorliegenden Falle nicht um die Erstellung eines neuen, sondern nur um die Wiederherstellung eines schon längst vorhandenen, durch ein zufälliges Ereignis beschädigten Heimwesens handelt. Einen zur Übernahme gewillten und geeigneten Erben diesen Zufall dadurch entgelten zu lassen, dass man die Anwendung von Art. 620 ZGB ohne Rücksicht auf den geplanten Wiederaufbau ausschlösse, wäre äusserst stossend, was bestätigt, dass die Auslegung, welche die Beklagten dieser Bestimmung geben, nicht richtig sein kann.
Wenn die Beklagten schliesslich noch geltend machen, der Wiederaufbau sei rechtlich nicht gesichert, so ist demgegenüber zu sagen, dass die Brandversicherungsanstalt die Wiederaufbauentschädigung nur auszahlt, wenn wirklich gebaut wird, und dass der Anreiz, die Liegenschaften unter Verzicht auf den Wiederaufbau mit Gewinn zu verkaufen, für den Übernehmer im Hinblick auf das Gewinnbeteiligungsrecht der Miterben (Art. 619 ZGB und Disp. 4 des angefochtenen Urteils) nur gering ist. Sollte der Übernehmer, was theoretisch auch noch denkbar wäre, die Liegenschaften zwar behalten, aber anstelle eines neuen Bauernhauses spekulative Wohn- oder Industriebauten darauf errichten, so liesse sich ernstlich erwägen, ob die Miterben nicht berechtigt wären. die Aufhebung der Zuweisung und eine entsprechende Abänderung der Erbteilung zu verlangen. Die Miterben sind also gegen Missbräuche weitgehend gesichert. Eine absolute Sicherheit kann hinsichtlich des Wiederaufbaus so wenig verlangt werden wie etwa hinsichtlich der Selbstbewirtschaftung durch den Übernehmer (Art. 621 Abs. 2 ZGB).
Dispositiv 1 des angefochtenen Urteils ist demnach grundsätzlich zu bestätigen, sofern der Kläger auch auf die für den Wiederaufbau benötigte Versicherungsleistung Anspruch erheben kann.
3. Die Vorinstanz hat den Anspruch auf die Wiederaufbauentschädigung dem Kläger zugesprochen mit der Begründung, dieser Anspruch sei zwar ein gewöhnliches Nachlassaktivum, bilde aber rechtlich und wirtschaftlich mit dem zugewiesenen Land eine Einheit und habe deshalb dem Lande zu folgen. Dem Kläger werde ja eben ein landwirtschaftliches Gewerbe zugewiesen, das die künftig zu erstellenden Gebäude bereits umfasse. Niemand als der Übernehmer wolle zudem aufbauen, so dass einzig er Anspruch auf den Zuschlag erheben könne, den die Versicherung lediglich im Falle des Wiederaufbaus ausrichte. Auch in diesem Punkte ist das angefochtene Urteil im Grundsatz zu bestätigen. Dabei ist unerheblich, ob die Vorinstanz bei der Feststellung, dass nur der Übernehmer aufbauen wolle, wie in der Berufungsschrift behauptet, einzig an den Kläger gedacht und dabei übersehen habe, dass auch der Beklagte Jakob Born das Heimwesen wieder aufbauen liesse, wenn er die Liegenschaften erhielte. Entscheidend ist die Erwägung, dass die streitige Versicherungsentschädigung wegen der Zerstörung eines zum Heimwesen gehörenden Gebäudes ausgerichtet wird und zu dessen Wiederherstellung bestimmt ist und damit der im Sinne des Gesetzes liegenden Erhaltung des Heimwesens dient, so dass sie, wie Liver zutreffend ausführt, im Zuweisungsprozess und bei der Erbteilung als Ersatz des untergegangenen Gebäudes behandelt und an dessen Stelle gesetzt werden muss, so gut wie die Versicherungsleistung auch in andern Fällen (bei der Nutzniessung, Art. 750 Abs. 3 ZGB, und im Falle des Liegenschaftenkaufs,BGE 51 II 171ff.) als Surrogat der untergegangenen Sache gilt.
Der Übernehmer erhält das Gewerbe nach Art. 620 ZGB ungeteilt, mit Einschluss der Gebäulichkeiten. Brennen diese nieder und wird dafür von der Versicherung eine Entschädigungssumme ausgerichtet, die für den Wiederaufbau bestimmt und entsprechend diesem Zwecke bemessen ist, so muss vernunftgemäss diese Ersatzleistung das rechtliche Schicksal erfahren, das die Gebäude ohne den Brand gehabt hätten.
Die notwendige Folge hievon ist, dass der Kläger sich diese Versicherungsleistung nicht besonders anrechnen lassen muss, sondern dass ihm für die Liegenschaften (mit den Brandruinen) und die Versicherungsleistung einfach der Ertragswert im Sinne von Art. 620 ZGB anzurechnen ist, den das Gewerbe vor dem Brande aufwies. Auf den Ertragswert nach dem Brande kommt nichts an.
Dispositiv 2 des angefochtenen Urteils besteht demnach zu Recht.
4. Während Art. 620 ZGB in seiner ursprünglichen Fassung bestimmt hatte, dass die Feststellung des Anrechnungswertes für das Ganze nach den Vorschriften über die Schätzung der Grundstücke, d.h. nach Art. 617/618 ZGB erfolge (Art. 620 Abs. 3; vgl.BGE 58 II 406ff.), sieht der durch das Bundesgesetz über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen vom 12. Dezember 1940 (LEG) abgeänderte Text in Abs. 2 vor, die Feststellung des Anrechnungswertes erfolge "in diesen Fällen" (d.h. in den Fällen von Abs. 1) nach dem eben genannten Gesetze. Art. 5 Abs. 1 LEG bestimmt, der nach diesem Gesetz für die Entschuldung und für die Zulässigkeit neuer Belastungen sowie für die Anwendung des bäuerlichen Erbrechts massgebende Wert der Heimwesen und Liegenschaften werde durch eine besondere Schätzung bestimmt. Der Schätzungswert im Sinne des LEG besteht nach Art. 6 Abs. 2 im Ertragswert gemäss dem vorausgehenden Absatz mit einem allfälligen Zuschlag von höchstens 25%. Daraus folgt aber trotz dem etwas verfänglichen Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 LEG nicht, dass für die Anwendung von Art. 620 ZGB statt des Ertragswerts der Schätzungswert im Sinne des LEG massgebend sei. Art. 620 Abs. 1 ZGB stellt nach wie vor auf den Ertragswert ab. Die Vorschriften des LEG (und der zugehörigen Verordnungen) sind deshalb bei der Anwendung von Art. 620 ZGB nur insoweit heranzuziehen, als sie die Grundlagen der Schätzung des Ertragswerts, die Zuständigkeit hiefür und das dabei zu befolgende Verfahren regeln.
Im vorliegenden Falle hat der Kläger am 7. Dezember 1951 im Zusammenhang mit seinem Begehren um Zuweisung des väterlichen Gewerbes bei der zuständigen Behörde (der Gültschatzungskommission des Amtes Aarwangen) das Gesuch um Schätzung der streitigen Liegenschaften gestellt. Diese hat am 21. Dezember 1951 den Ertragswert der in der Erbschaft befindlichen Liegenschaften mit Einschluss aller damals vorhandenen Gebäude auf Fr. 55'100.-- geschätzt. Der Rekurs, mit dem die Miterben diese Schätzung bei der Direktion der Landwirtschaft des Kantons Bern anfochten, ist am 11. Juni 1952 abgewiesen worden. Der Entscheid der kantonalen Rekursinstanz ist gemäss Art. 7 Abs. 1 LEG endgültig. Der Ertragswert, den die Liegenschaften vor dem Brande hatten, ist also rechtskräftig auf den erwähnten Betrag festgesetzt worden. Diese Schätzung ist gemäss Art. 7 Abs. 2 LEG für alle Behörden massgebend, die auf Grund dieses Gesetzes oder anderer Bestimmungen des Bundeszivilrechts tätig werden, also insbesondere auch für die Gerichte, die über ein Zuweisungsbegehren im Sinne von Art. 620 ZGB zu entscheiden haben.
Da die am 21. Dezember 1951 erfolgte Schätzung bereits mit Rücksicht auf das Zuweisungsbegehren des Klägers verlangt worden war, können die Beklagten nicht gestützt auf Art. 38 der Verordnung über die Verhütung der Überschuldung landwirtschaftlicher Liegenschaften vom 16. November 1945 (BS 9 S. 145 ff.) eine Neuschätzung der streitigen Grundstücke verlangen. Ebensowenig können sie eine Neuschätzung auf Grund von Art. 9 Abs. 2 LEG beantragen, weil es im vorliegenden Falle eben auf den - bereits rechtskräftig festgestellten - Ertragswert vor dem Brande ankommt. Vor diesem aus der Sondervorschrift von Art. 620 ZGB sich ergebenden Schlusse muss auch die von den Beklagten schliesslich noch angerufene Regel des Art. 617 ZGB zurücktreten, wonach Grundstücke den Erben zum Werte anzurechnen sind, der ihnen im Zeitpunkt der (hier noch ausstehenden) Teilung zukommt.
Es kann keine Rede davon sein, dass das Rechtsbegehren des Klägers, das auf die Zuweisung des Heimwesens samt der Versicherungsleistung zum Betrage von Fr. 55'100.-- abzielt, einen Rechtsmissbrauch im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB darstelle, wie in der Berufungsschrift behauptet wird. Die Rechnung, mit welcher die Beklagten dartun möchten, dass sie bei Gutheissung dieses Begehrens "ohne Rechtsgrund benachteiligt" würden, ist falsch. Der Kläger erhält das einschliesslich der Gebäude auf Fr. 55'100.-- geschätzte Heimwesen ohne das Hauptgebäude. Für dessen Wiederherstellung muss er laut Kostenvoranschlag Fr. 66'000.-- aufwenden, woran er von der Versicherung Fr. 49'512.-- erhält. Es stimmt also nicht, dass er infolge des Brandes einen Gewinn mache. Anderseits stellen sich die Beklagten, wenn dem Begehren des Klägers entsprochen wird, genau gleich, wie sie sich bei Zuweisung des Heimwesens an den Kläger beim Ausbleiben des Brandes gestellt hätten. Darauf, dass sie aus dem Brande einen Vorteil ziehen können, haben sie keinen Anspruch.
Auch Dispositiv 3, Satz 1, des angefochtenen Urteils ist deshalb grundsätzlich zu bestätigen.
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Diritto successorio rurale. Gli immobili importanti che sono necessari per l'esercizio dell'azienda agricola fanno parte, di massima, dell'azienda agricola a'sensi dell'art. 620 CC.
Se sono distrutti da un incendio, l'erede che è idoneo ad assumere l'esercizio dell'azienda può chiedere l'assegnazione degli immobili nonchè dell'indennità di assicurazione contro gli incendi destinata alla ricostruzione, semprechè sia probabile che egli procederà allaricostruzione di tali immobili.
Il prezzo di attribuzione è, in questo caso, il valore di reddito determinato prima dell'incendio. Calcolo del valore di reddito (art. 620 cp. 2 CC, 5 ss. LSPA).
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it
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82 II 404
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82 II 404
Sachverhalt ab Seite 404
A.- Am 17. Juli 1952 verkaufte der Landwirt Edwin Beer dem Gipsermeister Fritz Stauffer ca. 1940 m2 Wiesland auf der Ormis in Meilen zum Preise von Fr. 21.- pro m2 und räumte ihm mit Bezug auf ein weiteres Stück Wiesland folgendes Vorkaufsrecht ein:
"Der Käufer, Fritz Stauffer, ist berechtigt, im Falle eines Verkaufes das Land sub Kat. No. 6231 auf der Ormis, des Verkäufers, soweit seewärts der im Bebauungsplan der Gemeinde Meilen vorgesehenen Strasse von der Allmend nach dem Vorrain ... liegend, vor einem Dritten als Vorkaufsberechtigter zu erwerben unter folgenden Bedingungen:
a. innert drei Jahren ab Vormerkung am Grundbuch kann der Erwerb zu dem, von einem Dritten offerierten Preis, maximal zu Fr. 21.- pro m2 erfolgen,
b. nach Ablauf dieser drei Jahre ab Vormerkung am Grundbuch kann der Erwerb zu dem von einem Dritten offerierten Preis erfolgen.
.....
Dauer der Vormerkung am Grundbuch: längstens 10 Jahre ab Eintragung." Dieses Vorkaufsrecht wurde am 23. September 1952 im Grundbuch vorgemerkt.
B.- Am 19. Januar 1953 verkaufte Beer das mit dem Vorkaufsrecht belastete Land (ca. 16 650 m2 von Parzelle Nr. 6560, früher 6231; heute Nr. 7042) zu Fr. 10.- pro m2 an die Politische Gemeinde Meilen und die Schulgemeinde Meilen "je zur unausgeschiedenen Hälfte Miteigentum". Der öffentlich beurkundete Kaufvertrag bestimmt u.a.:
"4. Baubeschränkung:
Die Käuferschaft verpflichtet sich gegenüber dem Verkäufer, auf dem Kaufobjekt ... keine Wohn- und Geschäftshäuser, keine Lagerhäuser oder industrielle Anlagen zu erstellen.
Auf Verlangen des Verkäufers wird diese Vereinbarung als Grunddienstbarkeit zu Lasten des Kaufobjektes ... und zu Gunsten der Restliegenschaft der Verkäufers ... im Grundbuch eingetragen. Das Begehren um Eintragung der vorstehenden Beschrankung ist innert einem Jahre nach erfolgter Eigentumsübertragung zu stellen.
Der Verkäufer erklärt die vorstehende Beschränkung zu einem Hauptbestandteil des vorliegenden Vertrages.
8. Genehmigungsvorbehalt:
Zur Gültigkeit gegenüber der Käuferschaft bedarf dieser Vertrag noch der Genehmigung durch den Gemeinderat Meilen und die Schulpflege Meilen. Ebenso bleibt die Genehmigung des Vertrages und die Kreditbewilligung durch die dannzumal hiefür gemäss Gemeindeordnung zuständige Gemeindeversammlung oder Urnenabstimmung ausdrücklich vorbehalten.
9. Für den Fall, dass der vorstehende Vertrag von der Gemeinde Meilen abgelehnt werden sollte, erklärt sich der Verkäufer ausdrücklich damit einverstanden, dass folgende Einwohner:
1. Hans Pfister, Molkereiverwalter, Austrasse, Obermeilen, und
2. Walter Schneider, Autotransporte, Rosengartenstrasse, Meilen,
mit den gleichen Rechten und Pflichten in diesen Vertrag eintreten.
Für den Fall ihres Eintrittes in diesen Vertrag verpflichten sich die vorgenannten Herren anderseits gegenüber der Politischen Gemeinde Meilen, der Gemeinde den westlichen, im Zonenplan der Gemeinde Meilen als Grünzone aufgenommenen Teil des vorerwähnten Kaufsobjektes innert dem 4. und 5. Jahre nach der erfolgten Eigentumsübertragung nochmals zum gleichen Preis, zuzüglich Zins und Kosten, zum Kaufe zu offerieren."
Der Vertrag wurde von Pfister und Schneider mitunterzeichnet.
C.- Mit Schreiben vom 22. Januar 1953 gab das Grundbuchamt Stauffer von diesem Verkaufe Kenntnis und setzte ihm im Sinne von Art. 681 ZGB eine Frist von 30 Tagen zur Abgabe der Erklärung, ob er von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen wolle. Dieser Mitteilung lag ein Exemplar des Kaufvertrags nebst einem Plan bei.
Am 19. Februar 1953 liess Stauffer dem Grundbuchamt "für sich und zuhanden des Herrn Edwin Beer, sowie der Politischen Gemeinde Meilen und der Schulgemeinde Meilen" mitteilen, er anerkenne die Fristansetzung nicht und verlange, dass ihm die Monatsfrist laut Art. 681 ZGB neu angesetzt werde, sobald der Kaufvertrag gemäss Ziff. 8 von den Käuferinnen genehmigt und der Kredit durch die zuständigen Gemeindeorgane bewilligt sei; erst dann sei der Vorkaufsfall gegeben. Dem Verkäufer Beer und den beiden Gemeinden liess er je eine Kopie dieser Mitteilung zustellen.
D.- Am 24. April 1953 genehmigte die Gemeindeversammlung den Kaufvertrag mit Beer. Der für den Landkauf erforderliche Kredit wurde vom Volk in der Urnenabstimmung vom 13. September 1953 bewilligt. Das Grundbuchamt brachte dies Stauffer mit Schreiben vom 24. September 1953 zur Kenntnis und setzte ihm Frist zur Erklärung, "ob er im vollen Umfang in den Kaufvertrag eintreten wolle". Hierauf liess Stauffer mit Schreiben an Beer, das Grundbuchamt, die Politische Gemeinde und die Schulgemeinde Meilen vom 12. Oktober 1953 erklären, er übe sein Vorkaufsrecht aus, halte aber dafür, dass die in Ziff. 4 des Kaufvertrages vom 19. Januar 1953 vereinbarte Baubeschränkung ihm gegenüber nicht zu Recht bestehe. Beer machte demgegenüber geltend, die Übertragung der Liegenschaft auf Stauffer könne nur zusammen mit der Dienstbarkeit betr. Baubeschränkung ins Grundbuch eingetragen werden. Wegen dieser Meinungsverschiedenheit konnte die Eintragung nicht erfolgen.
E.-- Am 15. März 1954 leitete Stauffer gegen Beer Klage ein, mit der er im wesentlichen verlangte, Beer sei zu verpflichten, ihm das Land, das Gegenstand des Kaufvertrags mit den beiden Gemeinden vom 19. Januar 1953 ist, zum Preise von Fr. 10.- pro m2 und "zu den Bedingungen laut Ziffern 1, 2, 3, 5, 6, 7 und 10, jedoch ohne die Baubeschränkung laut Ziffer 4" des eben erwähnten Vertrages, zu Eigentum zu übertragen.
Am 13. Oktober 1955 wies das Bezirksgericht Meilen die Klage ab mit der Begründung, der Vorkaufsfall sei trotz dem in Ziffer 8 des Kaufvertrags stipulierten Genehmigungsvorbehalte schon mit der öffentlichen Beurkundung vom 19. Januar 1953, durch die der Kaufvertrag rechtsgültig abgeschlossen worden sei, eingetreten; der Beklagte habe damit seinen Verkaufswillen unwiderruflich zum Ausdruck gebracht; die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts sei weder ausdrücklich noch durch schlüssiges Verhalten erstreckt worden, was nur vor Ablauf ihrer gesetzlichen Dauer hätte geschehen können; die Ausübungserklärung vom 12. Oktober 1953 sei daher verspätet und das Vorkaufsrecht verwirkt.
Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 28. März 1956 das erstinstanzliche Urteil bestätigt in der Erwägung, der Kaufvertrag mit den Gemeinden sei zwar im Hinblick auf Ziffer 8 erst mit der Urnenabstimmung vom 13. September 1953 perfekt geworden; Ziffer 9 enthalte aber einen rechtsgültig abgeschlossenen, suspensiv bedingten Kaufvertrag mit Pfister und Schneider; der Abschluss dieses Vertrages habe den Vorkaufsfall ausgelöst; einer Erstreckung der Frist bzw. einer Neuansetzung derselben nach Genehmigung des Vertrags und Krediterteilung durch die Gemeinden habe der Beklagte nicht zugestimmt; die Vorinstanz habe die Ausübungserklärung daher mit Recht als verspätet bezeichnet; diese Erklärung sei im übrigen auch deshalb unwirksam, weil sie nicht vorbehaltlos abgegeben worden sei.
F.- Mit seiner Berufung an das Bundesgericht erneuert der Kläger die Klagebegehren. Der Beklagte beantragt wie schon im kantonalen Verfahren, die Klage sei abzuweisen; eventuell sei der Kläger zu verpflichten, zusätzlich zum vertraglich vereinbarten Kaufpreis Fr. 50'000.-- zu bezahlen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob der am 19. Januar 1953 beurkundete Verkauf der streitigen Liegenschaft an die Politische Gemeinde und die Schulgemeinde Meilen, für sich allein genommen, schon von der Beurkundung an einen Verkauf im Sinne der Vorkaufsklausel im Vertrag vom 17. Juli 1952 dargestellt habe, oder ob dies erst nach der in Ziffer 8 vorbehaltenen Genehmigung und Krediterteilung durch die zuständigen Gemeindeorgane der Fall gewesen sei. Auch wenn man nämlich zugunsten des Klägers mit der Vorinstanz letzteres annehmen will, muss ein solcher Verkauf als schon am 19. Januar 1953 zustandegekommen gelten, sobald neben den Vertragsbestimmungen, die sich auf den Verkauf an die Gemeinden beziehen, die vom "Eintritt" Pfisters und Schneiders handelnde Ziffer 9 berücksichtigt wird.
Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man freilich geneigt sein, dem Kläger darin Recht zu geben, dass diese Bestimmung Pfister und Schneider nicht verpflichte, im Falle der Ablehnung des Kaufs durch die Gemeinden in den Vertrag einzutreten, sondern dass sie ihnen lediglich das Recht hiezu gewähre, m.a.W. dass es sich nur um die Einräumung eines bedingten Kaufsrechts handle. Diese Auslegung hält jedoch einer nähern Prüfung nicht stand, sodass nicht untersucht zu werden braucht, ob der unter Genehmigungsvorbehalt stehende Verkauf an die Gemeinden in Verbindung mit der Einräumung eines solchen Kaufsrechts an Pfister und Schneider als Vorkaufsfall im Sinne des Vertrags von 1952 gelten könnte. Ziffer 9 des Kaufvertrages vom 19. Januar 1953 begnügt sich nämlich nicht damit, zu sagen, dass im Falle der Ablehnung des Kaufs durch die Gemeinden Pfister und Schneider berechtigt seien, in den Vertrag einzutreten, sondern es heisst hier in Absatz 1, der Verkäufer erkläre sich für diesen Fall mit dem Eintritt der Genannten (damit, dass sie "mit den gleichen Rechten und Pflichten in diesen Vertrag eintreten") ausdrücklich einverstanden. Die Kundgabe des Einverständnisses mit einer Handlung hat nur dann einen Sinn, wenn der andere Teil diese Handlung wirklich vorzunehmen gewillt ist. Aus Ziffer 9 des von Pfister und Schneider mitunterzeichneten Kaufvertrags folgt also, dass diese beiden willens waren, die Liegenschaft für den Fall der Ablehnung des Kaufs durch die Gemeinden zu den für diese festgesetzten Bedingungen zu kaufen. Einen Hinweis darauf, dass Pfister und Schneider sich in diesem Sinne verpflichten wollten, enthält auch Ziffer 9 Absatz 2. Wenn sie hier "anderseits gegenüber der Politischen Gemeinde Meilen" eine Verpflichtung übernahmen, so wird dabei eine gegenüber dem Verkäufer eingegangene Verpflichtung vorausgesetzt. Für ihren Verpflichtungswillen spricht im übrigen auch die nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz mit der Transaktion verfolgte Absicht, das in Frage stehende Land wenn immer möglich den Gemeinden zu sichern. Die am Anfang von Ziffer 9 Absatz 2 stehende Wendung "Für den Fall ihres Eintrittes" bedeutet nach dem Zusammenhang nicht: "Für den Fall, dass Pfister und Schneider ihren Eintritt erklären sollten", sondern: "Für den Fall, dass der von ihnen bedingt erklärte Eintritt aktuell werden sollte". Die bedingte Verpflichtung Pfisters und Schneiders zum Kauf der Liegenschaft, die hienach aus Ziffer 9 hervorgeht, ist formgültig begründet worden, da Pfister und Schneider bei der öffentlichen Beurkundung des Vertrags, der diese Bestimmung enthält, mitgewirrkt haben. Die Vorinstanz hat also in Ziffer 9 des Kaufvertrages zu Recht einen aufschiebend bedingten Kaufvertrag des Beklagten mit Pfister und Schneider erblickt.
Hat der Beklagte die streitige Liegenschaft durch den Vertrag vom 19. Januar 1953 unter Vorbehalt der Genehmigung durch die zuständigen Gemeindeorgane an die Politische Gemeinde und die Schulgemeinde Meilen und für den Fall, dass diese Genehmigung verweigert werden sollte, an Pfister und Schneider verkauft, so stand schon mit dem Abschluss dieses Vertrages endgültig fest, dass die Liegenschaft zum Verkauf gelangen würde. Fraglich konnte damals nur noch sein, ob die Gemeinden oder aber Pfister und Schneider sie erwerben würden. Dass es sich so verhalte, konnte der Kläger auf Grund des ihm zugestellten Vertragsexemplars erkennen. Wer schliesslich die Käufer sein würden, konnte ihm gleichgültig sein; wesentlich waren für ihn nur die Verkaufsbedingungen, die für beide Fälle die gleichen waren. Unter diesen Umständen lässt sich nicht in Abrede stellen, dass der Abschluss des Kaufvertrags vom 19. Januar 1953 einen Verkauf im Sinne der Vorkaufsklausel bildete.
2. Der Kläger erhielt von diesem Verkauf durch das Schreiben des Grundbuchamtes vom 22. Januar 1953, das ihm am gleichen oder am folgenden Tage zuging, Kenntnis. Die Monatsfrist von Art. 681 Abs. 3 ZGB lief deshalb spätestens am 23. Februar 1953 ab. Innert dieser Frist hat der Kläger sein Vorkaufsrecht nicht ausgeübt. Daraus, dass der Beklagte das Schreiben des Vertreters des Klägers vom 19. Februar 1953 entgegennahm, ohne sich sofort gegen die darin vertretene Rechtsauffassung zu verwahren und das Verlangen nach späterer Neuansetzung der Frist von Art. 681 ausdrücklich abzulehnen, kann eine Zustimmung zu einer Erstreckung oder Neuansetzung der Frist nicht erblickt werden. Das Vorkaufsrecht des Klägers ist also gemäss Art. 681 Abs. 3 ZGB spätestens am 23. Februar 1953 erloschen. Dadurch, dass das Grundbuchamt dem Kläger später nochmals eine Frist ansetzte und der Beklagte sich in der Folge in eine Diskussion über die Eintragung des Eigentumsüberganges an den Kläger einliess, konnte das untergegangene Vorkaufsrecht nicht neu begründet werden.
3. Ist die Klage abzuweisen, weil der Kläger sein Vorkaufsrecht nicht fristgerecht ausgeübt hat, so kann dahingestellt bleiben, ob die Ausübungserklärung vom 12. Oktober 1953 einen ihre Wirksamkeit beeinträchtigenden Vorbehalt enthielt und ob die vom Beklagten sonst noch erhobenen Einreden begründet seien.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 28. März 1956 bestätigt.
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de
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Vorkaufsrecht (Art. 681 ZGB). Liegt ein Vorkaufsfall vor, wenn das mit dem Vorkaufsrecht belastete Grundstück unter Vorbehalt der Genehmigung durch die zuständigen Gemeindeorgane an eine Gemeinde verkauft wird und der Verkäufer sich für den Fall der Verweigerung dieser Genehmigung damit einverstanden erklärt, dass ein privater Mitunterzeichner des Kaufvertrags in diesen eintritt? Erstreckung der Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts?
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de
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-404%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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1,759 |
82 II 404
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82 II 404
Sachverhalt ab Seite 404
A.- Am 17. Juli 1952 verkaufte der Landwirt Edwin Beer dem Gipsermeister Fritz Stauffer ca. 1940 m2 Wiesland auf der Ormis in Meilen zum Preise von Fr. 21.- pro m2 und räumte ihm mit Bezug auf ein weiteres Stück Wiesland folgendes Vorkaufsrecht ein:
"Der Käufer, Fritz Stauffer, ist berechtigt, im Falle eines Verkaufes das Land sub Kat. No. 6231 auf der Ormis, des Verkäufers, soweit seewärts der im Bebauungsplan der Gemeinde Meilen vorgesehenen Strasse von der Allmend nach dem Vorrain ... liegend, vor einem Dritten als Vorkaufsberechtigter zu erwerben unter folgenden Bedingungen:
a. innert drei Jahren ab Vormerkung am Grundbuch kann der Erwerb zu dem, von einem Dritten offerierten Preis, maximal zu Fr. 21.- pro m2 erfolgen,
b. nach Ablauf dieser drei Jahre ab Vormerkung am Grundbuch kann der Erwerb zu dem von einem Dritten offerierten Preis erfolgen.
.....
Dauer der Vormerkung am Grundbuch: längstens 10 Jahre ab Eintragung." Dieses Vorkaufsrecht wurde am 23. September 1952 im Grundbuch vorgemerkt.
B.- Am 19. Januar 1953 verkaufte Beer das mit dem Vorkaufsrecht belastete Land (ca. 16 650 m2 von Parzelle Nr. 6560, früher 6231; heute Nr. 7042) zu Fr. 10.- pro m2 an die Politische Gemeinde Meilen und die Schulgemeinde Meilen "je zur unausgeschiedenen Hälfte Miteigentum". Der öffentlich beurkundete Kaufvertrag bestimmt u.a.:
"4. Baubeschränkung:
Die Käuferschaft verpflichtet sich gegenüber dem Verkäufer, auf dem Kaufobjekt ... keine Wohn- und Geschäftshäuser, keine Lagerhäuser oder industrielle Anlagen zu erstellen.
Auf Verlangen des Verkäufers wird diese Vereinbarung als Grunddienstbarkeit zu Lasten des Kaufobjektes ... und zu Gunsten der Restliegenschaft der Verkäufers ... im Grundbuch eingetragen. Das Begehren um Eintragung der vorstehenden Beschrankung ist innert einem Jahre nach erfolgter Eigentumsübertragung zu stellen.
Der Verkäufer erklärt die vorstehende Beschränkung zu einem Hauptbestandteil des vorliegenden Vertrages.
8. Genehmigungsvorbehalt:
Zur Gültigkeit gegenüber der Käuferschaft bedarf dieser Vertrag noch der Genehmigung durch den Gemeinderat Meilen und die Schulpflege Meilen. Ebenso bleibt die Genehmigung des Vertrages und die Kreditbewilligung durch die dannzumal hiefür gemäss Gemeindeordnung zuständige Gemeindeversammlung oder Urnenabstimmung ausdrücklich vorbehalten.
9. Für den Fall, dass der vorstehende Vertrag von der Gemeinde Meilen abgelehnt werden sollte, erklärt sich der Verkäufer ausdrücklich damit einverstanden, dass folgende Einwohner:
1. Hans Pfister, Molkereiverwalter, Austrasse, Obermeilen, und
2. Walter Schneider, Autotransporte, Rosengartenstrasse, Meilen,
mit den gleichen Rechten und Pflichten in diesen Vertrag eintreten.
Für den Fall ihres Eintrittes in diesen Vertrag verpflichten sich die vorgenannten Herren anderseits gegenüber der Politischen Gemeinde Meilen, der Gemeinde den westlichen, im Zonenplan der Gemeinde Meilen als Grünzone aufgenommenen Teil des vorerwähnten Kaufsobjektes innert dem 4. und 5. Jahre nach der erfolgten Eigentumsübertragung nochmals zum gleichen Preis, zuzüglich Zins und Kosten, zum Kaufe zu offerieren."
Der Vertrag wurde von Pfister und Schneider mitunterzeichnet.
C.- Mit Schreiben vom 22. Januar 1953 gab das Grundbuchamt Stauffer von diesem Verkaufe Kenntnis und setzte ihm im Sinne von Art. 681 ZGB eine Frist von 30 Tagen zur Abgabe der Erklärung, ob er von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen wolle. Dieser Mitteilung lag ein Exemplar des Kaufvertrags nebst einem Plan bei.
Am 19. Februar 1953 liess Stauffer dem Grundbuchamt "für sich und zuhanden des Herrn Edwin Beer, sowie der Politischen Gemeinde Meilen und der Schulgemeinde Meilen" mitteilen, er anerkenne die Fristansetzung nicht und verlange, dass ihm die Monatsfrist laut Art. 681 ZGB neu angesetzt werde, sobald der Kaufvertrag gemäss Ziff. 8 von den Käuferinnen genehmigt und der Kredit durch die zuständigen Gemeindeorgane bewilligt sei; erst dann sei der Vorkaufsfall gegeben. Dem Verkäufer Beer und den beiden Gemeinden liess er je eine Kopie dieser Mitteilung zustellen.
D.- Am 24. April 1953 genehmigte die Gemeindeversammlung den Kaufvertrag mit Beer. Der für den Landkauf erforderliche Kredit wurde vom Volk in der Urnenabstimmung vom 13. September 1953 bewilligt. Das Grundbuchamt brachte dies Stauffer mit Schreiben vom 24. September 1953 zur Kenntnis und setzte ihm Frist zur Erklärung, "ob er im vollen Umfang in den Kaufvertrag eintreten wolle". Hierauf liess Stauffer mit Schreiben an Beer, das Grundbuchamt, die Politische Gemeinde und die Schulgemeinde Meilen vom 12. Oktober 1953 erklären, er übe sein Vorkaufsrecht aus, halte aber dafür, dass die in Ziff. 4 des Kaufvertrages vom 19. Januar 1953 vereinbarte Baubeschränkung ihm gegenüber nicht zu Recht bestehe. Beer machte demgegenüber geltend, die Übertragung der Liegenschaft auf Stauffer könne nur zusammen mit der Dienstbarkeit betr. Baubeschränkung ins Grundbuch eingetragen werden. Wegen dieser Meinungsverschiedenheit konnte die Eintragung nicht erfolgen.
E.-- Am 15. März 1954 leitete Stauffer gegen Beer Klage ein, mit der er im wesentlichen verlangte, Beer sei zu verpflichten, ihm das Land, das Gegenstand des Kaufvertrags mit den beiden Gemeinden vom 19. Januar 1953 ist, zum Preise von Fr. 10.- pro m2 und "zu den Bedingungen laut Ziffern 1, 2, 3, 5, 6, 7 und 10, jedoch ohne die Baubeschränkung laut Ziffer 4" des eben erwähnten Vertrages, zu Eigentum zu übertragen.
Am 13. Oktober 1955 wies das Bezirksgericht Meilen die Klage ab mit der Begründung, der Vorkaufsfall sei trotz dem in Ziffer 8 des Kaufvertrags stipulierten Genehmigungsvorbehalte schon mit der öffentlichen Beurkundung vom 19. Januar 1953, durch die der Kaufvertrag rechtsgültig abgeschlossen worden sei, eingetreten; der Beklagte habe damit seinen Verkaufswillen unwiderruflich zum Ausdruck gebracht; die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts sei weder ausdrücklich noch durch schlüssiges Verhalten erstreckt worden, was nur vor Ablauf ihrer gesetzlichen Dauer hätte geschehen können; die Ausübungserklärung vom 12. Oktober 1953 sei daher verspätet und das Vorkaufsrecht verwirkt.
Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 28. März 1956 das erstinstanzliche Urteil bestätigt in der Erwägung, der Kaufvertrag mit den Gemeinden sei zwar im Hinblick auf Ziffer 8 erst mit der Urnenabstimmung vom 13. September 1953 perfekt geworden; Ziffer 9 enthalte aber einen rechtsgültig abgeschlossenen, suspensiv bedingten Kaufvertrag mit Pfister und Schneider; der Abschluss dieses Vertrages habe den Vorkaufsfall ausgelöst; einer Erstreckung der Frist bzw. einer Neuansetzung derselben nach Genehmigung des Vertrags und Krediterteilung durch die Gemeinden habe der Beklagte nicht zugestimmt; die Vorinstanz habe die Ausübungserklärung daher mit Recht als verspätet bezeichnet; diese Erklärung sei im übrigen auch deshalb unwirksam, weil sie nicht vorbehaltlos abgegeben worden sei.
F.- Mit seiner Berufung an das Bundesgericht erneuert der Kläger die Klagebegehren. Der Beklagte beantragt wie schon im kantonalen Verfahren, die Klage sei abzuweisen; eventuell sei der Kläger zu verpflichten, zusätzlich zum vertraglich vereinbarten Kaufpreis Fr. 50'000.-- zu bezahlen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob der am 19. Januar 1953 beurkundete Verkauf der streitigen Liegenschaft an die Politische Gemeinde und die Schulgemeinde Meilen, für sich allein genommen, schon von der Beurkundung an einen Verkauf im Sinne der Vorkaufsklausel im Vertrag vom 17. Juli 1952 dargestellt habe, oder ob dies erst nach der in Ziffer 8 vorbehaltenen Genehmigung und Krediterteilung durch die zuständigen Gemeindeorgane der Fall gewesen sei. Auch wenn man nämlich zugunsten des Klägers mit der Vorinstanz letzteres annehmen will, muss ein solcher Verkauf als schon am 19. Januar 1953 zustandegekommen gelten, sobald neben den Vertragsbestimmungen, die sich auf den Verkauf an die Gemeinden beziehen, die vom "Eintritt" Pfisters und Schneiders handelnde Ziffer 9 berücksichtigt wird.
Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man freilich geneigt sein, dem Kläger darin Recht zu geben, dass diese Bestimmung Pfister und Schneider nicht verpflichte, im Falle der Ablehnung des Kaufs durch die Gemeinden in den Vertrag einzutreten, sondern dass sie ihnen lediglich das Recht hiezu gewähre, m.a.W. dass es sich nur um die Einräumung eines bedingten Kaufsrechts handle. Diese Auslegung hält jedoch einer nähern Prüfung nicht stand, sodass nicht untersucht zu werden braucht, ob der unter Genehmigungsvorbehalt stehende Verkauf an die Gemeinden in Verbindung mit der Einräumung eines solchen Kaufsrechts an Pfister und Schneider als Vorkaufsfall im Sinne des Vertrags von 1952 gelten könnte. Ziffer 9 des Kaufvertrages vom 19. Januar 1953 begnügt sich nämlich nicht damit, zu sagen, dass im Falle der Ablehnung des Kaufs durch die Gemeinden Pfister und Schneider berechtigt seien, in den Vertrag einzutreten, sondern es heisst hier in Absatz 1, der Verkäufer erkläre sich für diesen Fall mit dem Eintritt der Genannten (damit, dass sie "mit den gleichen Rechten und Pflichten in diesen Vertrag eintreten") ausdrücklich einverstanden. Die Kundgabe des Einverständnisses mit einer Handlung hat nur dann einen Sinn, wenn der andere Teil diese Handlung wirklich vorzunehmen gewillt ist. Aus Ziffer 9 des von Pfister und Schneider mitunterzeichneten Kaufvertrags folgt also, dass diese beiden willens waren, die Liegenschaft für den Fall der Ablehnung des Kaufs durch die Gemeinden zu den für diese festgesetzten Bedingungen zu kaufen. Einen Hinweis darauf, dass Pfister und Schneider sich in diesem Sinne verpflichten wollten, enthält auch Ziffer 9 Absatz 2. Wenn sie hier "anderseits gegenüber der Politischen Gemeinde Meilen" eine Verpflichtung übernahmen, so wird dabei eine gegenüber dem Verkäufer eingegangene Verpflichtung vorausgesetzt. Für ihren Verpflichtungswillen spricht im übrigen auch die nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz mit der Transaktion verfolgte Absicht, das in Frage stehende Land wenn immer möglich den Gemeinden zu sichern. Die am Anfang von Ziffer 9 Absatz 2 stehende Wendung "Für den Fall ihres Eintrittes" bedeutet nach dem Zusammenhang nicht: "Für den Fall, dass Pfister und Schneider ihren Eintritt erklären sollten", sondern: "Für den Fall, dass der von ihnen bedingt erklärte Eintritt aktuell werden sollte". Die bedingte Verpflichtung Pfisters und Schneiders zum Kauf der Liegenschaft, die hienach aus Ziffer 9 hervorgeht, ist formgültig begründet worden, da Pfister und Schneider bei der öffentlichen Beurkundung des Vertrags, der diese Bestimmung enthält, mitgewirrkt haben. Die Vorinstanz hat also in Ziffer 9 des Kaufvertrages zu Recht einen aufschiebend bedingten Kaufvertrag des Beklagten mit Pfister und Schneider erblickt.
Hat der Beklagte die streitige Liegenschaft durch den Vertrag vom 19. Januar 1953 unter Vorbehalt der Genehmigung durch die zuständigen Gemeindeorgane an die Politische Gemeinde und die Schulgemeinde Meilen und für den Fall, dass diese Genehmigung verweigert werden sollte, an Pfister und Schneider verkauft, so stand schon mit dem Abschluss dieses Vertrages endgültig fest, dass die Liegenschaft zum Verkauf gelangen würde. Fraglich konnte damals nur noch sein, ob die Gemeinden oder aber Pfister und Schneider sie erwerben würden. Dass es sich so verhalte, konnte der Kläger auf Grund des ihm zugestellten Vertragsexemplars erkennen. Wer schliesslich die Käufer sein würden, konnte ihm gleichgültig sein; wesentlich waren für ihn nur die Verkaufsbedingungen, die für beide Fälle die gleichen waren. Unter diesen Umständen lässt sich nicht in Abrede stellen, dass der Abschluss des Kaufvertrags vom 19. Januar 1953 einen Verkauf im Sinne der Vorkaufsklausel bildete.
2. Der Kläger erhielt von diesem Verkauf durch das Schreiben des Grundbuchamtes vom 22. Januar 1953, das ihm am gleichen oder am folgenden Tage zuging, Kenntnis. Die Monatsfrist von Art. 681 Abs. 3 ZGB lief deshalb spätestens am 23. Februar 1953 ab. Innert dieser Frist hat der Kläger sein Vorkaufsrecht nicht ausgeübt. Daraus, dass der Beklagte das Schreiben des Vertreters des Klägers vom 19. Februar 1953 entgegennahm, ohne sich sofort gegen die darin vertretene Rechtsauffassung zu verwahren und das Verlangen nach späterer Neuansetzung der Frist von Art. 681 ausdrücklich abzulehnen, kann eine Zustimmung zu einer Erstreckung oder Neuansetzung der Frist nicht erblickt werden. Das Vorkaufsrecht des Klägers ist also gemäss Art. 681 Abs. 3 ZGB spätestens am 23. Februar 1953 erloschen. Dadurch, dass das Grundbuchamt dem Kläger später nochmals eine Frist ansetzte und der Beklagte sich in der Folge in eine Diskussion über die Eintragung des Eigentumsüberganges an den Kläger einliess, konnte das untergegangene Vorkaufsrecht nicht neu begründet werden.
3. Ist die Klage abzuweisen, weil der Kläger sein Vorkaufsrecht nicht fristgerecht ausgeübt hat, so kann dahingestellt bleiben, ob die Ausübungserklärung vom 12. Oktober 1953 einen ihre Wirksamkeit beeinträchtigenden Vorbehalt enthielt und ob die vom Beklagten sonst noch erhobenen Einreden begründet seien.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 28. März 1956 bestätigt.
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Droit de préemption (art. 681 CC). La vente du fonds grevé d'un droit de préemption donne-t-elle lieu à l'exercice de celui-ci lorsqu'elle est conclue avec une commune sous réserve de l'approbation par les organes communaux compétents et que le vendeur déclare être d'accord qu'un particulier cosignataire du contrat y prenne la place de la commune en cas de refus de l'approbation? Prolongation du délai pour exercer le droit de préemption?
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civil law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-404%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 404
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82 II 404
Sachverhalt ab Seite 404
A.- Am 17. Juli 1952 verkaufte der Landwirt Edwin Beer dem Gipsermeister Fritz Stauffer ca. 1940 m2 Wiesland auf der Ormis in Meilen zum Preise von Fr. 21.- pro m2 und räumte ihm mit Bezug auf ein weiteres Stück Wiesland folgendes Vorkaufsrecht ein:
"Der Käufer, Fritz Stauffer, ist berechtigt, im Falle eines Verkaufes das Land sub Kat. No. 6231 auf der Ormis, des Verkäufers, soweit seewärts der im Bebauungsplan der Gemeinde Meilen vorgesehenen Strasse von der Allmend nach dem Vorrain ... liegend, vor einem Dritten als Vorkaufsberechtigter zu erwerben unter folgenden Bedingungen:
a. innert drei Jahren ab Vormerkung am Grundbuch kann der Erwerb zu dem, von einem Dritten offerierten Preis, maximal zu Fr. 21.- pro m2 erfolgen,
b. nach Ablauf dieser drei Jahre ab Vormerkung am Grundbuch kann der Erwerb zu dem von einem Dritten offerierten Preis erfolgen.
.....
Dauer der Vormerkung am Grundbuch: längstens 10 Jahre ab Eintragung." Dieses Vorkaufsrecht wurde am 23. September 1952 im Grundbuch vorgemerkt.
B.- Am 19. Januar 1953 verkaufte Beer das mit dem Vorkaufsrecht belastete Land (ca. 16 650 m2 von Parzelle Nr. 6560, früher 6231; heute Nr. 7042) zu Fr. 10.- pro m2 an die Politische Gemeinde Meilen und die Schulgemeinde Meilen "je zur unausgeschiedenen Hälfte Miteigentum". Der öffentlich beurkundete Kaufvertrag bestimmt u.a.:
"4. Baubeschränkung:
Die Käuferschaft verpflichtet sich gegenüber dem Verkäufer, auf dem Kaufobjekt ... keine Wohn- und Geschäftshäuser, keine Lagerhäuser oder industrielle Anlagen zu erstellen.
Auf Verlangen des Verkäufers wird diese Vereinbarung als Grunddienstbarkeit zu Lasten des Kaufobjektes ... und zu Gunsten der Restliegenschaft der Verkäufers ... im Grundbuch eingetragen. Das Begehren um Eintragung der vorstehenden Beschrankung ist innert einem Jahre nach erfolgter Eigentumsübertragung zu stellen.
Der Verkäufer erklärt die vorstehende Beschränkung zu einem Hauptbestandteil des vorliegenden Vertrages.
8. Genehmigungsvorbehalt:
Zur Gültigkeit gegenüber der Käuferschaft bedarf dieser Vertrag noch der Genehmigung durch den Gemeinderat Meilen und die Schulpflege Meilen. Ebenso bleibt die Genehmigung des Vertrages und die Kreditbewilligung durch die dannzumal hiefür gemäss Gemeindeordnung zuständige Gemeindeversammlung oder Urnenabstimmung ausdrücklich vorbehalten.
9. Für den Fall, dass der vorstehende Vertrag von der Gemeinde Meilen abgelehnt werden sollte, erklärt sich der Verkäufer ausdrücklich damit einverstanden, dass folgende Einwohner:
1. Hans Pfister, Molkereiverwalter, Austrasse, Obermeilen, und
2. Walter Schneider, Autotransporte, Rosengartenstrasse, Meilen,
mit den gleichen Rechten und Pflichten in diesen Vertrag eintreten.
Für den Fall ihres Eintrittes in diesen Vertrag verpflichten sich die vorgenannten Herren anderseits gegenüber der Politischen Gemeinde Meilen, der Gemeinde den westlichen, im Zonenplan der Gemeinde Meilen als Grünzone aufgenommenen Teil des vorerwähnten Kaufsobjektes innert dem 4. und 5. Jahre nach der erfolgten Eigentumsübertragung nochmals zum gleichen Preis, zuzüglich Zins und Kosten, zum Kaufe zu offerieren."
Der Vertrag wurde von Pfister und Schneider mitunterzeichnet.
C.- Mit Schreiben vom 22. Januar 1953 gab das Grundbuchamt Stauffer von diesem Verkaufe Kenntnis und setzte ihm im Sinne von Art. 681 ZGB eine Frist von 30 Tagen zur Abgabe der Erklärung, ob er von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen wolle. Dieser Mitteilung lag ein Exemplar des Kaufvertrags nebst einem Plan bei.
Am 19. Februar 1953 liess Stauffer dem Grundbuchamt "für sich und zuhanden des Herrn Edwin Beer, sowie der Politischen Gemeinde Meilen und der Schulgemeinde Meilen" mitteilen, er anerkenne die Fristansetzung nicht und verlange, dass ihm die Monatsfrist laut Art. 681 ZGB neu angesetzt werde, sobald der Kaufvertrag gemäss Ziff. 8 von den Käuferinnen genehmigt und der Kredit durch die zuständigen Gemeindeorgane bewilligt sei; erst dann sei der Vorkaufsfall gegeben. Dem Verkäufer Beer und den beiden Gemeinden liess er je eine Kopie dieser Mitteilung zustellen.
D.- Am 24. April 1953 genehmigte die Gemeindeversammlung den Kaufvertrag mit Beer. Der für den Landkauf erforderliche Kredit wurde vom Volk in der Urnenabstimmung vom 13. September 1953 bewilligt. Das Grundbuchamt brachte dies Stauffer mit Schreiben vom 24. September 1953 zur Kenntnis und setzte ihm Frist zur Erklärung, "ob er im vollen Umfang in den Kaufvertrag eintreten wolle". Hierauf liess Stauffer mit Schreiben an Beer, das Grundbuchamt, die Politische Gemeinde und die Schulgemeinde Meilen vom 12. Oktober 1953 erklären, er übe sein Vorkaufsrecht aus, halte aber dafür, dass die in Ziff. 4 des Kaufvertrages vom 19. Januar 1953 vereinbarte Baubeschränkung ihm gegenüber nicht zu Recht bestehe. Beer machte demgegenüber geltend, die Übertragung der Liegenschaft auf Stauffer könne nur zusammen mit der Dienstbarkeit betr. Baubeschränkung ins Grundbuch eingetragen werden. Wegen dieser Meinungsverschiedenheit konnte die Eintragung nicht erfolgen.
E.-- Am 15. März 1954 leitete Stauffer gegen Beer Klage ein, mit der er im wesentlichen verlangte, Beer sei zu verpflichten, ihm das Land, das Gegenstand des Kaufvertrags mit den beiden Gemeinden vom 19. Januar 1953 ist, zum Preise von Fr. 10.- pro m2 und "zu den Bedingungen laut Ziffern 1, 2, 3, 5, 6, 7 und 10, jedoch ohne die Baubeschränkung laut Ziffer 4" des eben erwähnten Vertrages, zu Eigentum zu übertragen.
Am 13. Oktober 1955 wies das Bezirksgericht Meilen die Klage ab mit der Begründung, der Vorkaufsfall sei trotz dem in Ziffer 8 des Kaufvertrags stipulierten Genehmigungsvorbehalte schon mit der öffentlichen Beurkundung vom 19. Januar 1953, durch die der Kaufvertrag rechtsgültig abgeschlossen worden sei, eingetreten; der Beklagte habe damit seinen Verkaufswillen unwiderruflich zum Ausdruck gebracht; die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts sei weder ausdrücklich noch durch schlüssiges Verhalten erstreckt worden, was nur vor Ablauf ihrer gesetzlichen Dauer hätte geschehen können; die Ausübungserklärung vom 12. Oktober 1953 sei daher verspätet und das Vorkaufsrecht verwirkt.
Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 28. März 1956 das erstinstanzliche Urteil bestätigt in der Erwägung, der Kaufvertrag mit den Gemeinden sei zwar im Hinblick auf Ziffer 8 erst mit der Urnenabstimmung vom 13. September 1953 perfekt geworden; Ziffer 9 enthalte aber einen rechtsgültig abgeschlossenen, suspensiv bedingten Kaufvertrag mit Pfister und Schneider; der Abschluss dieses Vertrages habe den Vorkaufsfall ausgelöst; einer Erstreckung der Frist bzw. einer Neuansetzung derselben nach Genehmigung des Vertrags und Krediterteilung durch die Gemeinden habe der Beklagte nicht zugestimmt; die Vorinstanz habe die Ausübungserklärung daher mit Recht als verspätet bezeichnet; diese Erklärung sei im übrigen auch deshalb unwirksam, weil sie nicht vorbehaltlos abgegeben worden sei.
F.- Mit seiner Berufung an das Bundesgericht erneuert der Kläger die Klagebegehren. Der Beklagte beantragt wie schon im kantonalen Verfahren, die Klage sei abzuweisen; eventuell sei der Kläger zu verpflichten, zusätzlich zum vertraglich vereinbarten Kaufpreis Fr. 50'000.-- zu bezahlen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob der am 19. Januar 1953 beurkundete Verkauf der streitigen Liegenschaft an die Politische Gemeinde und die Schulgemeinde Meilen, für sich allein genommen, schon von der Beurkundung an einen Verkauf im Sinne der Vorkaufsklausel im Vertrag vom 17. Juli 1952 dargestellt habe, oder ob dies erst nach der in Ziffer 8 vorbehaltenen Genehmigung und Krediterteilung durch die zuständigen Gemeindeorgane der Fall gewesen sei. Auch wenn man nämlich zugunsten des Klägers mit der Vorinstanz letzteres annehmen will, muss ein solcher Verkauf als schon am 19. Januar 1953 zustandegekommen gelten, sobald neben den Vertragsbestimmungen, die sich auf den Verkauf an die Gemeinden beziehen, die vom "Eintritt" Pfisters und Schneiders handelnde Ziffer 9 berücksichtigt wird.
Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man freilich geneigt sein, dem Kläger darin Recht zu geben, dass diese Bestimmung Pfister und Schneider nicht verpflichte, im Falle der Ablehnung des Kaufs durch die Gemeinden in den Vertrag einzutreten, sondern dass sie ihnen lediglich das Recht hiezu gewähre, m.a.W. dass es sich nur um die Einräumung eines bedingten Kaufsrechts handle. Diese Auslegung hält jedoch einer nähern Prüfung nicht stand, sodass nicht untersucht zu werden braucht, ob der unter Genehmigungsvorbehalt stehende Verkauf an die Gemeinden in Verbindung mit der Einräumung eines solchen Kaufsrechts an Pfister und Schneider als Vorkaufsfall im Sinne des Vertrags von 1952 gelten könnte. Ziffer 9 des Kaufvertrages vom 19. Januar 1953 begnügt sich nämlich nicht damit, zu sagen, dass im Falle der Ablehnung des Kaufs durch die Gemeinden Pfister und Schneider berechtigt seien, in den Vertrag einzutreten, sondern es heisst hier in Absatz 1, der Verkäufer erkläre sich für diesen Fall mit dem Eintritt der Genannten (damit, dass sie "mit den gleichen Rechten und Pflichten in diesen Vertrag eintreten") ausdrücklich einverstanden. Die Kundgabe des Einverständnisses mit einer Handlung hat nur dann einen Sinn, wenn der andere Teil diese Handlung wirklich vorzunehmen gewillt ist. Aus Ziffer 9 des von Pfister und Schneider mitunterzeichneten Kaufvertrags folgt also, dass diese beiden willens waren, die Liegenschaft für den Fall der Ablehnung des Kaufs durch die Gemeinden zu den für diese festgesetzten Bedingungen zu kaufen. Einen Hinweis darauf, dass Pfister und Schneider sich in diesem Sinne verpflichten wollten, enthält auch Ziffer 9 Absatz 2. Wenn sie hier "anderseits gegenüber der Politischen Gemeinde Meilen" eine Verpflichtung übernahmen, so wird dabei eine gegenüber dem Verkäufer eingegangene Verpflichtung vorausgesetzt. Für ihren Verpflichtungswillen spricht im übrigen auch die nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz mit der Transaktion verfolgte Absicht, das in Frage stehende Land wenn immer möglich den Gemeinden zu sichern. Die am Anfang von Ziffer 9 Absatz 2 stehende Wendung "Für den Fall ihres Eintrittes" bedeutet nach dem Zusammenhang nicht: "Für den Fall, dass Pfister und Schneider ihren Eintritt erklären sollten", sondern: "Für den Fall, dass der von ihnen bedingt erklärte Eintritt aktuell werden sollte". Die bedingte Verpflichtung Pfisters und Schneiders zum Kauf der Liegenschaft, die hienach aus Ziffer 9 hervorgeht, ist formgültig begründet worden, da Pfister und Schneider bei der öffentlichen Beurkundung des Vertrags, der diese Bestimmung enthält, mitgewirrkt haben. Die Vorinstanz hat also in Ziffer 9 des Kaufvertrages zu Recht einen aufschiebend bedingten Kaufvertrag des Beklagten mit Pfister und Schneider erblickt.
Hat der Beklagte die streitige Liegenschaft durch den Vertrag vom 19. Januar 1953 unter Vorbehalt der Genehmigung durch die zuständigen Gemeindeorgane an die Politische Gemeinde und die Schulgemeinde Meilen und für den Fall, dass diese Genehmigung verweigert werden sollte, an Pfister und Schneider verkauft, so stand schon mit dem Abschluss dieses Vertrages endgültig fest, dass die Liegenschaft zum Verkauf gelangen würde. Fraglich konnte damals nur noch sein, ob die Gemeinden oder aber Pfister und Schneider sie erwerben würden. Dass es sich so verhalte, konnte der Kläger auf Grund des ihm zugestellten Vertragsexemplars erkennen. Wer schliesslich die Käufer sein würden, konnte ihm gleichgültig sein; wesentlich waren für ihn nur die Verkaufsbedingungen, die für beide Fälle die gleichen waren. Unter diesen Umständen lässt sich nicht in Abrede stellen, dass der Abschluss des Kaufvertrags vom 19. Januar 1953 einen Verkauf im Sinne der Vorkaufsklausel bildete.
2. Der Kläger erhielt von diesem Verkauf durch das Schreiben des Grundbuchamtes vom 22. Januar 1953, das ihm am gleichen oder am folgenden Tage zuging, Kenntnis. Die Monatsfrist von Art. 681 Abs. 3 ZGB lief deshalb spätestens am 23. Februar 1953 ab. Innert dieser Frist hat der Kläger sein Vorkaufsrecht nicht ausgeübt. Daraus, dass der Beklagte das Schreiben des Vertreters des Klägers vom 19. Februar 1953 entgegennahm, ohne sich sofort gegen die darin vertretene Rechtsauffassung zu verwahren und das Verlangen nach späterer Neuansetzung der Frist von Art. 681 ausdrücklich abzulehnen, kann eine Zustimmung zu einer Erstreckung oder Neuansetzung der Frist nicht erblickt werden. Das Vorkaufsrecht des Klägers ist also gemäss Art. 681 Abs. 3 ZGB spätestens am 23. Februar 1953 erloschen. Dadurch, dass das Grundbuchamt dem Kläger später nochmals eine Frist ansetzte und der Beklagte sich in der Folge in eine Diskussion über die Eintragung des Eigentumsüberganges an den Kläger einliess, konnte das untergegangene Vorkaufsrecht nicht neu begründet werden.
3. Ist die Klage abzuweisen, weil der Kläger sein Vorkaufsrecht nicht fristgerecht ausgeübt hat, so kann dahingestellt bleiben, ob die Ausübungserklärung vom 12. Oktober 1953 einen ihre Wirksamkeit beeinträchtigenden Vorbehalt enthielt und ob die vom Beklagten sonst noch erhobenen Einreden begründet seien.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 28. März 1956 bestätigt.
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de
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Diritto di prelazione (art. 681 CC). La vendita del fondo gravato d'un diritto di prelazione dà luogo all'esercizio di questo diritto quando è conclusa con un comune sotto riserva dell'approvazione da parte degli organi comunali competenti e il venditore dichiara di essere d'accordo che un terzo confirmatario del contratto si sostituisca al comune nel caso che l'autorizzazione dovesse essere rifiutata? Proroga del termine per esercitare il diritto di prelazione?
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it
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-404%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 411
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82 II 411
Sachverhalt ab Seite 412
A.- X. kaufte im Juni 1948 für seine Gemäldesammlung von Frau Y. ein Gemälde, das in zahlreichen kunstgeschichtlichen Werken als "Selbstporträt des Malers van Gogh" aufgeführt ist. Dieses Gemälde hatte zu der bekannten Sammlung des im Jahre 1935 verstorbenen Bankiers M. gehört, mit dem Frau Y. in erster Ehe verheiratet gewesen und von dem sie die erwähnte Sammlung geerbt hatte. Als Kaufpreis bezahlte X. Fr. 80'000.-- sowie 25'000 USA-Dollars. Abgeschlossen und vollzogen wurde der Kauf in den Tresorräumen der Schweiz. Kreditanstalt in Zürich, welcher die Eheleute Y. eine Anzahl Gemälde zur Aufbewahrung übergeben hatten.
Ende Januar 1952 hielt der französische Kunsthistoriker und van Gogh-Kenner Dr. De la Faille in Zürich einen Vortrag über van Gogh. Bei dieser Gelegenheit besichtigte er die Sammlung X. Dabei erklärte er diesem, das von der Frau Y. erworbene Gemälde sei ohne Zweifel falsch. Es stamme nicht von der Hand van Goghs, sondern sei von der Pariser Malerin Judith Gérard als Kopie eines Selbstporträts von van Gogh, das dieser Gauguin gewidmet habe, gemalt worden. Später sei diese Kopie in etwas abgeändertem Zustand, nämlich mit den auf dem Hintergrund angebrachten Blumen, im Kunsthandel als Originalwerk van Goghs aufgetaucht. Als Quelle für seine Auffassung wies De la Faille X. auf einen Artikel eines Gaston Poulain hin, der in der französischen Zeitung "Comoedia" im Jahre 1931 erschienen sei und auf den er in der 1939 erschienenen Ausgabe seines Werkes "Vincent van Gogh" unter Nr. 508 Bezug genommen habe.
Auf Grund dieser Erklärung De la Failles verschaffte sich X. die Nummer der Zeitschrift "Comoedia" vom 10. Dezember 1931 mit dem Artikel Poulains, worin dieser schilderte, wie Judith Gérard ihm unter Bekanntgabe der näheren Umstände erzählt habe, das angebliche Selbstbildnis van Goghs stamme in Wirklichkeit von ihrer Hand.
Daraufhin eröffnete X. der Frau Y. mit Schreiben vom 14. Februar 1952 unter Beilegung einer Kopie des Artikels von Poulain, er könne "angesichts der dezidierten Erklärung von Dr. De la Faille" das Bild nicht länger als echt ansehen und fordere sie daher auf, es zurückzunehmen und ihm den bezahlten Kaufpreis zurückzuerstatten, eventuell ganz oder teilweise in Verrechnung mit andern Bildern.
Die Frau Y. lehnte dieses Begehren ab unter Hinweis darauf, dass sie nicht Kunstsachverständige sei und X. das Gemälde, das in allen Werken über van Gogh abgebildet worden sei, ausschliesslich auf Grund seines eigenen Urteils und beraten von seinem beigezogenen Experten gekauft habe. Dass Dr. De la Faille schon 1939 die Echtheit des Bildes angezweifelt habe, hätte dem Kläger und seinem Experten bekannt sein müssen.
Weitere Bemühungen des X., die Verkäuferin zur Rücknahme des Bildes zu bewegen, blieben ohne Erfolg. Dagegen einigten sich die Parteien auf den Gerichtsstand Zürich.
B.- Am 9. Februar 1953 reichte X. beim Friedensrichteramt Zürich 1 gegen Frau Y. Klage ein mit den Begehren, die Beklagte sei gegen Rückgabe des angeblichen Selbstporträts des van Gogh zur Rückzahlung des Kaufpreises von Fr. 80'000.-- und USA-$ 25.000.-- zu verpflichten.
Zur Begründung seiner Begehren berief sich der Kläger auf die Vorschriften über die Gewährleistungspflicht des Verkäufers, sowie auf absichtliche Täuschung und Irrtum.
Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Sie stellte die Unechtheit des Bildes in Abrede und wendete ein, allfällige Ansprüche des Klägers aus Gewährleistung und wegen Irrtums wären verwirkt und verjährt.
C.- Das Bezirksgericht Zürich wies mit Urteil vom 22. Dezember 1955 die Klage ab. Es nahm an, der Kläger könne sich auf die Gewährspflicht der Beklagten nicht berufen, weil allfällige Ansprüche dieser Art mangels Nachweises einer absichtlichen Täuschung des Klägers durch die Verkäuferin verwirkt und verjährt seien. Ebenso seien die auf Irrtum gestützten Begehren des Klägers verjährt. Die Frage der Echtheit des Bildes liess das Bezirksgericht dahingestellt.
D.- Der Kläger zog die Sache an das Obergericht des Kantons Zürich weiter. Neben der erneuten Berufung auf Mängel der Kaufsache sowie auf Willensmängel machte er weiter Schadenersatzansprüche wegen Nichterfüllung geltend.
E.- Das Obergericht wies in Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheids die Klage mit Urteil vom 8. März 1956 ebenfalls ab. Es erklärte die Berufung des Klägers auf Nichterfüllung als unbegründet. Hinsichtlich der Frage der Gewährspflicht der Beklagten pflichtete es der Auffassung der ersten Instanz bei, dass die darauf gestützten Begehren des Klägers verwirkt und verjährt seien. Eine Berufung auf Willensmängel erachtete es neben derjenigen auf die Gewährleistung als unzulässig. Die Frage der Echtheit des Bildes liess auch das Obergericht offen.
F.- Mit der vorliegenden Berufung stellt der Kläger den Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen zur Abnahme des Beweises für die Unechtheit des verkauften Bildes und zu nachherigem Schutz der Klage gemäss den vor der ersten kantonalen Instanz gestellten Begehren.
Während der Kläger in der Berufungsschrift noch an den sämtlichen im kantonalen Verfahren eingenommenen Rechtsstandpunkten festgehalten und sich darüber hinaus auf ursprüngliche Unmöglichkeit des Inhalts des Kaufvertrages berufen hatte, erklärte er in der mündlichen Berufungsverhandlung, seine Ansprüche nicht mehr auf die Vorschriften über die Gewährleistung zu stützen und auch den Vorwurf absichtlicher Täuschung nicht aufrecht zu erhalten.
Die Beklagte hat beantragt, die Berufung sei abzuweisen und das auf Abweisung der Klage lautende Urteil der Vorinstanz sei zu bestätigen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
.....
3. a) Der Kläger stützt in der Berufung seinen Anspruch in erster Linie auf Nichterfüllung des Kaufvertrages (Art. 97 ff. OR). Zur Begründung dieses Standpunktes führt er aus, geschuldete Kaufsache sei ein Selbstbildnis von van Gogh gewesen. Die Beklagte habe aber eine von dritter Hand - nämlich von Frau Judith Gérard - angefertigte Kopie eines solchen Selbstbildnisses geliefert, also eine andere Sache, ein aliud. Ein unechtes Bild sei nämlich ein aliud, nicht bloss die mit einem Qualitätsmangel behaftete Kaufsache. Denn die Echtheit eines Gemäldes könne nicht nur eine körperliche Eigenschaft der verkauften Sache darstellen, sondern sie mache ihre Individualität aus. Die Vorinstanz gehe zu Unrecht davon aus, dass beim Spezieskauf ein aliud nur vorliege, wenn die Identität zu verneinen sei, und von einem aliud daher nicht gesprochen werden könne, wenn der Käufer die Sache erhielt, die er gesehen und gewünscht habe. Die von der Beklagten gelieferte Sache sei zwar mit der vom Kläger besichtigten identisch, aber sie sei es gleichwohl nicht mit der geschuldeten Sache. Denn geschuldet gewesen sei einzig ein von van Gogh gemaltes Selbstbildnis. Ein solches sei aber nicht geliefert und daher der Vertrag nicht erfüllt worden. Der Begriff der Identität dürfte beim Spezieskauf nicht äusserlich verstanden werden: es komme nicht auf die äussere Beschaffenheit der Sache an, sondern auf die "innere Identität", d.h. auf das, was die Parteien wirklich wollten. Da die Beklagte nicht erfüllt habe und unmöglich erfüllen könne, habe sie das gelieferte Bild zurückzunehmen und den Kaufpreis zurückzuerstatten.
b) Dieser Auffassung des Klägers kann nicht beigepflichtet werden. Wohl ist bei einem Spezieskauf die Erfüllungsklage und allenfalls die Klage auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung gegeben, wenn der Verkäufer eine andere Sache liefert als die verkaufte. Aber es muss sich wirklich um eine andere Sache als die verkaufte, um ein aliud, handeln. Wo dagegen die verkaufte Sache geliefert wurde, kann nicht von einem aliud gesprochen werden; dies gilt auch dann, wenn der gelieferten Sache gewisse Eigenschaften fehlen, d.h. wenn sie Mängel aufweist, die ihren Wert oder ihre vorausgesetzte Tauglichkeit dermassen herabsetzen, dass sie deswegen nach der Verkehrsauffassung als eine Sache von anderer Art, anderer Gattung bezeichnet wird. Wo tatsächlich die verkaufte Sache geliefert wurde, ist die geschuldete Sache geliefert, also der Vertrag - wenn auch vielleicht schlecht - erfüllt. Dann ist für die Klage auf Erfüllung oder auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung kein Raum, gleichgültig, ob die Mängel klein oder gross sind, und gleichgültig auch, ob es sich um blosse - "eigentliche" - Qualitätsmängel handelt oder um sog. Artmängel, d.h. "gattungsbestimmende, verkehrswesentliche Eigenschaften" (vgl. VON TUHR/SIEGWART OR II § 55 bei N. 14, § 68 bei N. 32). Auch da, wo eine Speziessache verkauft und geliefert wurde, welche wegen ihrer Mängel in Wirklichkeit etwas ganz anderes ist als das, wofür sie gehalten wurde, ist - weil es sich um eine Einzelsache (species) handelt - gleichwohl die verkaufte Sache geliefert, d.h. es besteht Identität zwischen der gelieferten Sache und derjenigen, welche Gegenstand des Kaufvertrages bildete; denn diese Einzelsache gibt es ja nur ein einziges Mal. Sie - nicht eine andere Sache - ist geliefert, auch wenn sie mit irgendwelchen Mängeln, einschliesslich sogenannter Artmängel, behaftet ist (BGE 22 S. 138).
Weist die verkaufte und gelieferte Einzelsache (species im Gegensatz zur Gattungssache) Mängel auf oder ist sie nicht das, als was sie angesehen, verkauft und gekauft wurde, so ist, wie bereits gesagt, die Klage auf Erfüllung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung ausgeschlossen; dagegen stehen dem Käufer die Rechtsbehelfe wegen Sachmängeln und allenfalls diejenigen wegen Willensmängeln, insbesondere wegen Grundlagenirrtums beim Vertragsschluss, zu Gebote.
c) So verhält es sich hier. Gewiss hat der Kläger (die behauptete Unechtheit des Gemäldes vorausgesetzt) tatsächlich oder wirtschaftlich nicht das erhalten, was er mit dem Kauf zu bekommen hoffte, nämlich ein bestimmtes, von van Gogh gemaltes Bild, das Selbstbildnis (mit Blumen auf dem Hintergrund) aus dem Jahre 1888. Er hat, wenn seine Behauptung stimmt, statt dessen eine von Judith Gérard hergestellte (und nachträglich von einem Dritten mit Blumen auf dem Hintergrund versehene) Kopie des von van Gogh im September 1888 gemalten und seinem Freund Gauguin gewidmeten Selbstbildnisses erhalten. Aber Gegenstand des von den Prozessparteien im Juni 1948 abgeschlossenen Kaufvertrages war das streitige Bild, das die Beklagte in den Tresorräumen der Schweiz. Kreditanstalt Zürich aufbewahrt hatte, dort dem Kläger mit andern Bildern zur Auswahl zeigte und zum Kaufe anbot und das der Kläger dann auswählte, kaufte und nach Hause mitnahm. Er erhielt das Bild, welches er gekauft hatte, nämlich das Bild, welches als Selbstbildnis van Goghs (mit Blumen auf dem Hintergrund) galt, während Jahrzehnten im Besitz von M. gewesen, als Selbstbildnis van Goghs in den Verzeichnissen der Werke des Künstlers aufgeführt, bekannt und vielfach abgebildet worden war. Dieses Bild wurde gekauft und geliefert, nicht ein anderes; das gelieferte Bild ist mit dem gekauften identisch. Der Kaufvertrag wurde erfüllt; es lag keine Lieferung eines aliud (Falschlieferung) vor, möglicherweise wurde der Kaufvertrag mangelhaft erfüllt (Schlechtlieferung), vielleicht ist er unter Einfluss eines Grundlagenirrtums zustandegekommen, aber erfüllt wurde er, weil der Kläger den Gegenstand erhielt, den er gekauft hatte. Die Klage auf Erfüllung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung steht ihm daher nicht mehr zu.
Hieran vermag die in der Berufungsschrift vertretene Unterscheidung von äusserer und innerer Identität nichts zu ändern, denn unter Identität von gekaufter und gelieferter Sache kann stets nur die äussere Identität verstanden werden. Das Fehlen der sog. inneren Identität kann lediglich unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung oder des Grundlagenirrtums von Belang sein. Die gelegentlich in der Literatur vertretene Meinung, bei Unechtheit eines als echt gekauften Gemäldes liege ein aliud vor (so BECKER, OR Art. 24 N. 22, Vorbem. zu Art. 197-210 N. 4, Art. 197 N. 2), hält angesichts der oben gemachten Ausführungen über Vertragsinhalt und Erfüllung beim Kauf einer Speziessache nicht stand. Das Bundesgericht hat nie im Sinne der genannten Auffassung entschieden. Es hat gegenteils im Falle des Kaufs eines Perserteppichs, den der Käufer irrtümlich für ein altes Stück hielt, erklärt, der verkaufte und gelieferte Teppich sei der von ihm vor dem Kauf besichtigte gewesen (BGE (BGE 52 II 145). Ebenso hat es im EntscheidBGE 56 II 428die Tatsache der Erfüllung des Vertrages bei einem als echt verkauften und gelieferten, aber in Wirklichkeit unechten Gemälde ausdrücklich bejaht; spricht es doch dort vom "Kaufvertrag, so wie er erfüllt wurde". (Dass unmittelbar vor der genannten Stelle von "mangelnder Erfüllung" die Rede ist, beruht offensichtlich auf einem Verschrieb; nach dem gesamten Zusammenhang muss es unzweifelhaft "mangelhafte Erfüllung" heissen).
Aus diesen Darlegungen erhellt, dass dem Kläger die Klage auf Erfüllung des Kaufvertrages, bezw. Schadenersatz wegen Nichterfüllung, versagt ist. Damit ist sein Hauptstandpunkt aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt. Auf die von der Berufung in diesem Zusammenhang weiter erörterten Fragen (Anwendbarkeit der Vorschriften über die Rügepfllicht, Verjährung, Rechtsnatur des Anspruchs auf Rückerstattung des Kaufpreises, Beweis des fehlenden Verschuldens des Verkäufers) braucht nicht eingegangen zu werden.
4. Für den Fall der Verwerfung seines Hauptstandpunktes macht der Kläger geltend, es liege ursprüngliche Unmöglichkeit des Inhaltes des Kaufvertrags vor, weshalb dieser gemäss Art. 20 Abs. 1 OR nichtig gewesen sei. Unmöglichkeit sei deshalb anzunehmen, weil die Beklagte ein Selbstbildnis van Goghs nicht besass und die Verschaffung eines solchen durch sie praktisch als ausgeschlossen zu betrachten sei, die versprochene Leistung also überhaupt nicht erbracht werden konnte.
Diesen Standpunkt hat der Kläger vor der Vorinstanz nicht vorgebracht. Ob er, wie die Berufung meint, von Amtes wegen zu prüfen sei und darum kein neues, vor Bundesgericht unzulässiges Vorbringen darstelle, kann dahingestellt bleiben, denn er ist auf jeden Fall materiellrechtlich verfehlt. Der Kläger übersieht auch hier, worin die versprochene Leistung bestand. Verkauft und gekauft war das Bild, das der Kläger besichtigte, auswählte und nach Hause mitnahm, das Bild, das bisher stets als Selbstbildnis van Goghs gegolten hatte. Ein Kaufvertrag dieses Inhalts war möglich und der hierüber geschlossene Kaufvertrag war erfüllbar und ist erfüllt worden, wie oben (Erw. 3) dargelegt wurde. Mit der Verwerfung des dort erörterten Rechtsstandpunktes des Klägers ist auch dem vorliegenden Eventualstandpunkt der Boden entzogen.
5. Gemäss Erw. 3 hätte sich der Kläger bei Unechtheit des streitigen Gemäldes an sich auf mangelhafte Erfüllung des Kaufvertrags berufen und die daraus folgenden Gewährleistungsansprüche geltend machen können. An dieser Begründung seiner Forderung hat er indessen in der Berufung mit Recht nicht mehr festgehalten. Denn ein allfälliger Gewährleistungsanspruch wäre verjährt, weil die für die Geltendmachung eines solchen vorgeschriebene Jahresfrist seit Ablieferung der Kaufsache (Art. 210 Abs. 1 OR) längst verstrichen ist und der Beklagten eine absichtliche Täuschung des Klägers, deretwegen ihr gemäss Art. 210 Abs. 3 OR die Berufung auf die Verjährung verwehrt wäre, nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht zur Last gelegt werden kann, wie der Kläger heute selber anerkennt. Es kann sich daher lediglich noch fragen, ob der Kläger den bezahlten Kaufpreis wegen Unverbindlichkeit des Kaufvertrages infolge Grundlagenirrtums zurückzufordern befugt ist, wie er weiter behauptet.
6. a) Das Obergericht hat die Anrufung der Irrtumsvorschriften neben jenen über die Gewährleistung grundsätzlich als unzulässig erklärt, im wesentlichen mit der Begründung, dass sonst die im Interesse der Verkehrssicherheit aufgestellte gesetzliche Kaufsordnung mit ihrer kurzen Verjährungsfrist weitgehend illusorisch gemacht würde; auch handle es sich beim Gewährleistungsrecht um Sondervorschriften, die den allgemeinen Grundsätzen vorgehen.
b) Das Bundesgericht hat sich in ständiger Rechtsprechung für die alternative Anwendbarkeit der beiden Rechtsbehelfe ausgesprochen (BGE 42 II 498,BGE 52 II 145,BGE 56 II 424,BGE 57 II 290,BGE 70 II 50,BGE 73 II 222, BGE 81 II 217).
Auf diesem Boden steht auch die in der schweizerischen Literatur herrschende Meinung (vgl. OSER/SCHÖNENBERGER OR Art. 197 N. 5, VON TUHR/SIEGWART OR I S. 276 f., SCHÖNENBERGER in SJZ 40 S. 305 ff. und die dort aufgeführten Abhandlungen, SIMONIUS in der Festschrift für Guhl S. 55 f., HINDERLING in ZSR 1952 S. 626 f., LÜTHI Sachgewährleistungspflicht beim Specieskauf im System des schweiz. OR, S. 96 ff., insbes. S. 106-116; a.A., d.h. für ausschliessliche Anwendbarkeit der Gewährleistungsvorschriften, BECKER OR Art. 24 N. 22 f., Vorbemerkungen zu Art. 197-210 N. 4 am Ende, ferner MERZ, Sachgewährleistung und Irrtumsanfechtung, in der Festschrift Guhl, S. 87 ff.).
Die deutsche Gerichtspraxis und mit ihr auch die Mehrheit der Literatur verneint die wahlweise Anwendbarkeit der Irrtumsvorschriften (RGZ 61 S. 174 f., seither bestätigt in zahlreichen Entscheiden bis RGZ 138 S. 356; vgl. die Übersicht bei ENNECCERUS/LEHMANN, Schuldrecht, 1954, § 112 III S. 443 f.). Immerhin wird von zahlreichen Autoren auch die alternative Berufung auf Irrtum als zulässig angesehen (vgl. F. LEONHARD, Schuldrecht, II, 1931, § 38 S. 83 ff. und die dort aufgeführten Autoren).
Für das französische Recht nimmt PLANIOL/RIPERT/ESMEIN, Traité pratique de droit civil français, Band 6 Nr. 184, für die ausschliessliche Anwendbarkeit des Gewährleistungsrechts Stellung, während französische Gerichte wiederholt auch die wahlweise Anwendung der Irrtumsregeln zugelassen haben.
c) Auch bei erneuter Überprüfung der Frage ist an der alternativen Anwendbarkeit der beiden Rechtsbehelfe, wie sie das Bundesgericht bisher in ständiger Rechtsprechung angenommen hat, festzuhalten.
Die Gegner dieser Lösung begründen ihre ablehnende Stellungnahme u.a. damit, die Gewährleistungsbestimmungen stellten gegenüber den Irrtumsvorschriften Spezialbestimmungen dar, die nach dem Satze lex specialis derogat legi generali ausschliesslich Geltung beanspruchten. Diese Auffassung übersieht indessen den Wesensunterschied zwischen der Unverbindlichkeit wegen Irrtums und der Gewährleistung. Diese ist kein Sonderfall der Willensmängel, sondern gehört systematisch in das Gebiet der Vertragserfüllung. Der Irrtum dagegen beschlägt das Zustandekommen des Vertrages. Die beiden Gruppen von Bestimmungen und die daran geknüpften Rechtsbehelfe beruhen somit auf verschiedenem Rechtsgrund. Sie stehen also in Wirklichkeit zu einander nicht im Verhältnis von lex generalis und lex specialis, weshalb aus der genannten Regel nichts abgeleitet werden kann. Die beiden Tatbestände überschneiden sich vielmehr, keiner von ihnen umfasst den andern völlig, sondern sie weisen neben gewissen, beiden gemeinsamen Merkmalen auch solche auf, die nur beim einen oder beim andern vorkommen. Theoretisch steht daher der wahlweisen Anwendung beider Normengruppen nichts im Wege. Die Natur der beiden Rechtsbehelfe verbietet eine solche nicht (vgl.BGE 56 II 428).
Auch der weitere Einwand, dass das Gewährleistungsrecht bei alternativer Anwendbarkeit der Irrtumsvorschriften praktisch bedeutungslos würde, ist nicht stichhaltig. Er wäre allenfalls zu hören, wenn die Irrtumsanfechtung für den Käufer stets günstiger wäre als die Berufung auf Gewährleistung. Das ist jedoch nicht der Fall. An sich ist im Gegenteil die Geltendmachung der Gewährleistung für den Käufer erheblich vorteilhafter. Bei Anrufung der Unverbindlichkeit hat er nämlich den Irrtum, dessen Wesentlichkeit und Kausalität für den Vertragsschluss nachzuweisen, während für die Gewährspflicht des Verkäufers Wesentlichkeit des Mangels i.S. von Art. 24 OR nicht erforderlich ist. Ferner wird nach Gewährleistungsrecht vermutet, dass der Käufer den Mangel nicht gekannt habe; Kenntnis desselben muss ihm nachgewiesen werden. Bei der Gewährleistung kann der Käufer unter Umständen Schadenersatz beanspruchen, beim Irrtum nicht; gemäss Art. 26 OR kann er gegenteils bei fahrlässigem Irrtum zum Ersatz des negativen Interesses, gegebenenfalls sogar zu weiterem Schadenersatz verhalten werden.
Für den Käufer günstiger ist die Berufung auf Irrtum allerdings, wenn er die Gewährleistungsansprüche verloren hat, weil er die rechtzeitige Prüfung der Sache und rechtzeitige Mängelrüge unterliess (Art. 201 OR) oder weil er den Mangel erst mehr als ein Jahr nach Ablieferung der Sache entdeckt hat. Diese Einschränkung der Rechtsstellung des Käufers rechtfertigt es indessen (entgegen der Meinung von MERZ, S. 100) nicht, im Endergebnis die Berufung auf Irrtum als den vorteilhafteren Rechtsbehelf zu bezeichnen. Die in der Rügepflicht und in der kurzen Verjährung liegende Beschränkung ist lediglich das Gegenstück zu der weitgehenden Begünstigung, die dem Käufer durch das Gewährleistungsrecht im allgemeinen eingeräumt wird. Sie bezweckt, die Bevorzugung in einem angemessenen Rahmen zu halten, um den berechtigten Interessen auch des Käufers gebührend Rechnung zu tragen.
Bei dieser Sachlage kann nicht gesagt werden, das Gewährleistungsrecht würde zwecklos, überflüssig gemacht, wenn man die alternative Anwendung der Irrtumsbestimmungen zulasse. Der Zweck der Gewährleistungsbestimmungen geht einerseits dahin, dem Käufer Schutz gegen die Lieferung mangelhafter Ware zu bieten, anderseits aber auch darauf, durch die Vorschriften über die Mängelrüge eine Abwicklung des im Verkehr so häufigen Kaufsgeschäfts innert verhältnismässig kurzer Frist herbeizuführen, um auf diese Weise die Verkehrssicherheit zu gewährleisten und Spätprozesse zu vermeiden, in denen die Feststellung des ursprünglichen Sachverhalts schwierig wäre. Dieser Zweck wird aber nicht vereitelt, wenn man dem Käufer neben den Rechtsbehelfen des Gewährleistungsrechts wahlweise auch die Anfechtung wegen Irrtums gestattet. Da das Gewährleistungsrecht, wie ausgeführt, für den Käufer nach verschiedenen Richtungen hin günstiger ist, wird er diesem den Vorzug geben und darum schon in seinem eigenen Interesse die Prüfung der Sache rechtzeitig vornehmen, allfällige Mängel rügen und den Streit in der Regel auf dem Boden des Gewährleistungsrechts zum Austrag bringen.
Es bedeutet daher eine Verkennung der tatsächlichen Verhältnisse, wenn behauptet wird, der Käufer, dem die Irrtumsanfechtung eingeräumt bliebe, würde sich um die Gewährleistungsvorschriften nicht mehr bekümmern und könnte unter dem Vorwand der Mangelhaftigkeit des Vertragsschlusses auf dem Rücken des Verkäufers spekulieren, so dass, wie die Vorinstanz meint, die gesetzliche Kaufsordnung weitgehend illusorisch gemacht und die in Art. 197 ff. OR vorgesehene Regelung des Kaufrechts in Frage gestellt würden. Dieser Gefahr kann im Ernste keine sehr grosse Bedeutung beigemessen werden. Das beweist die Tatsache, dass die Fälle, in denen sich der Käufer auf Irrtum statt auf Gewährleistung beruft, selten sind.
Schliesslich ist nicht zu verkennen, dass die Gewährleistungsvorschriften sehr streng sind und dass sich vor allem ihre zeitlichen Beschränkungen und die kurze Verjährung für den Käufer ungebührlich hart auswirken können, insbesondere dort, wo ein wesentlicher Mangel der Sache erst nachträglich entdeckt wird. In solchen Fällen ist ein über die Gewährleistung hinausreichender Rechtsschutz nötig, sobald die besonderen Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung vorliegen; denn trotz allem ist der Käufer der schutzwürdigere Teil, weil er schlecht bedient worden ist. Missbräuchlicher Berufung auf Irrtum kann gestützt auf Art. 25 und 26 OR ausreichend entgegengetreten werden.
7. Steht somit nach dem Gesagten dem Kläger die Berufung auf Irrtum grundsätzlich zu Gebote, so fragt sich im weiteren, ob ein Irrtum über die Echtheit des gekauften Gemäldes als Grundlagenirrtum im Sinne des Art. 24 Ziff. 4 OR anzusehen wäre. Das ist zu bejahen. Die Echtheit des Gemäldes, die beim Vertragsschluss von beiden Parteien als gegeben vorausgesetzt wurde, stellt einen Umstand dar, der bei objektiver Betrachtung vom Standpunkt des loyalen Geschäftsverkehrs aus als unerlässlich erscheint, so dass ein Irrtum über ihn nicht als blosser unbeachtlicher Motivirrtum angesehen werden kann (BGE 79 II 164). Es versteht sich von selbst, dass der Kläger das Bild nicht gekauft und namentlich den dafür ausgelegten Kaufpreis nicht bezahlt hätte, wenn er von der Echtheit des Bildes nicht überzeugt gewesen wäre. Auf der andern Seite hätte auch die Beklagte nach Treu und Glauben den streitigen Vertrag nicht abschliessen dürfen, wenn sie gewusst hätte, dass das Bild in Wirklichkeit nicht von der Hand van Goghs stamme. Irrtum über die Echtheit eines Gemäldes ist denn auch in der Rechtsprechung (BGE 56 II 424ff.) als Grundlagenirrtum anerkannt worden.
8. Ein wegen wesentlichen Irrtums unverbindlicher Vertrag fällt nur dahin, wenn der Irrende spätestens innert Jahresfrist seit der Entdeckung seines Irrtums der Gegenpartei eröffnet, dass er den Vertrag nicht halten wolle; unterlässt er eine solche Erklärung, so gilt der Vertrag nach Art. 31 Abs. 1 OR als genehmigt.
a) Die Beklagte macht geltend, der Kläger habe schon zwischen 1948 und 1950 Kenntnis von der angeblichen Unechtheit des Bildes erlangt, weil damals der Kunstsachverständige John Rewald anlässlich einer Besichtigung der Sammlung des Klägers Zweifel an der Echtheit des Bildes verlauten liess; die Anfechtungserklärung vom 14. Februar 1952 sei daher verspätet erfolgt.
Mit der Angelegenheit Rewald hat es folgende Bewandtnis: Rewald, der ein Werk über den Maler Gauguin zu schreiben beabsichtigte, hatte im Jahre 1947 oder 1948 Frau Gérard in Paris aufgesucht, um sich ihre Erinnerungen an Gauguin erzählen zu lassen. Bei diesem Besuche gab sie ihm auch von ihrer Darstellung der Geschichte des streitigen Bildes Kenntnis und übergab ihm auch den 1931 in der "Comoedia" erschienenen Artikel Poulains. Später, zwischen 1948 und 1950, anlässlich einer Besichtigung der Sammlung des Klägers, sah Rewald auch das streitige Gemälde.
Die Vorinstanz hat nun angenommen, Rewald habe bei dieser Gelegenheit "irgend etwas von solchen Zweifeln" verlauten lassen; denn nachdem er einige Zeit vorher von Frau Gérard gehört, sie habe das fragliche Bild gemalt, sei es "mehr als wahrscheinlich, dass er dem Kläger irgendetwas von dieser Sache mitgeteilt" habe.
Diese Annahme der Vorinstanz beruht jedoch auf blossen Vermutungen, die das Bundesgericht nicht binden. Der Kläger hat bestritten, dass Rewald anlässlich der Besichtigung irgendwelche Zweifel geäussert oder ihm von seinem Besuch bei Frau Gérard und ihrer Erzählung etwas mitgeteilt habe. Nach seiner Darstellung hat er erst nach Einreichung der Klageschrift vom Besuch Rewalds bei Frau Gérard, von ihren damaligen Äusserungen und den von Rewald gehegten Zweifeln erfahren. Das Schreiben Rewalds vom 13. Oktober 1954, auf das die Vorinstanz hinweist, vermag ihre oben erwähnte Annahme nicht zu stützen. In diesem Schreiben schildert Rewald seinen Besuch bei Frau Gérard und führt weiter aus, als er dann später das Bild beim Kläger gesehen, habe es ihm in der Tat geschienen, dass die Blumen erst nachträglich auf der schon erhärteten Farbe des Hintergrundes angebracht worden seien, wie Frau Gérard dies behauptet habe. Dass er aber dem Kläger von der Erzählung der Frau Gérard und den von ihm bei der Besichtigung des Bildes gemachten Beobachtungen schon damals irgendetwas mitgeteilt habe, geht aus dem Schreiben Rewalds nicht hervor und darf nach der Lebenserfahrung auch nicht ohne weiteres als gegeben erachtet werden. Es kann deshalb nicht als erwiesen angesehen werden, dass der Kläger schon anlässlich des Besuchs Rewalds von 1948/50 etwas erfuhr, das ihm die für eine Kenntnis des heute behaupteten Irrtums erforderliche Gewissheit zu verschaffen vermocht hätte. Blosse unbestimmte, nicht näher belegte Zweifelsäusserungen eines Dritten, um die allein es auch nach der Auffassung der Vorinstanz bei allfälligen Andeutungen Rewalds sich hätte handeln können, sind nicht geeignet, die für eine Irrtumsanfechtung notwendige Kenntnis zu vermitteln. Wenn der Kläger solchen Zweifelsandeutungen Rewalds vorerst keine Bedeutung beimass, so erscheint das als verständlich angesichts der Tatsache, dass bis dahin das streitige Gemälde, soweit ihm bekannt war, allgemein als unzweifelhaft echt angesehen worden war und in zahlreichen Werken über van Gogh Aufnahme gefunden hatte. Mit Rücksicht hierauf kann. auch nicht gesagt werden, der Kläger wäre verpflichtet gewesen, unverzüglich weitere Nachforschungen anzustellen. Selbst wenn ihm Rewald gewisse unbestimmte Andeutungen gemacht haben sollte, dass ihm die Echtheit des Bildes zweifelhaft erscheine, so hätte für den Kläger noch kein hinreichender Anlass zur Vornahme irgendwelcher Erhebungen bestanden, solange er selber von der Echtheit des Bildes überzeugt war und nach der Sachlage überzeugt sein durfte. Das Unterlassen solcher Nachforschungen kann ihm daher nicht zum Nachteil gereichen. Es lässt sich somit nicht sagen, der Kläger habe schon auf Grund von Äusserungen Rewalds zwischen 1948 und 1950 Kenntnis vom heute geltend gemachten Irrtum gehabt.
b) Gleich verhält es sich mit dem weiteren Einwand der Beklagten, die Irrtumsanfechtung sei verspätet, weil "vor Ende 1951" der Kunsthändler Rosenberg dem Kläger gegenüber ebenfalls gewisse Zweifel an der Echtheit des Bildes bekundete. Die Annahme der Vorinstanz, Rosenberg habe dem Kläger die Gründe für seine Zweifel genannt, beruht auch hier auf einer blossen Vermutung und steht im Widerspruch mit der glaubhaften Erklärung des Klägers, er habe diese Bemerkung Rosenbergs nicht ernst genommen weil sie nicht belegt war und von einem Kunsthändler gegenüber einem nicht von ihm gelieferten Gemälde gemacht wurde. Aber selbst wenn man annehmen wollte, der Kläger hätte Anlass zu weiteren Nachforschungen gehabt, nachdem die Echtheit des Bildes nun angeblich schon zum zweiten Male angezweifelt worden war, müsste der Einwand der Verspätung gleichwohl als unbegründet erachtet werden. Da eine Abklärung der Angelegenheit immerhin einige Zeit in Anspruch genommen hätte, ist davon auszugehen, dass sie nicht vor Ende Januar 1952 hätte abgeschlossen sein können, also nicht vor der am 29. Januar 1952 erfolgten Äusserung De la Failles, durch welche der Kläger sich erst veranlasst fühlte, der Sache nachzugehen.
c) Ob man im übrigen annehmen will, der Irrtum sei schon mit der Äusserung De la Failles entdeckt gewesen oder erst nach Prüfung des Zeitungsartikels Poulains, ist für die Frage der Rechtzeitigkeit der Irrtumsanfechtung belanglos. Denn im einen wie im andern Falle hat der Kläger mit seiner am 14. Februar 1952 abgegebenen Anfechtungserklärung die Jahresfrist des Art. 31 OR gewahrt.
9. Die Frage des Zeitpunktes der genauen Kenntnis ist aber in anderer Hinsicht von Bedeutung. Mit der Geltendmachung des Irrtums fällt der Vertrag dahin und die gemachten Leistungen entbehren des Rechtsgrundes, weshalb sie gemäss den Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung rückforderbar sind. Dieser Bereicherungsanspruch verjährt nach Art. 67 OR mit Ablauf eines Jahres, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat. Der Kläger hat den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises am 9. Februar 1953 eingeklagt. Hatte er von seinem Rückforderungsanspruch bereits auf Grund der Äusserung De la Failles vom 29. Januar 1952 Kenntnis, wie die Beklagte geltend macht und auch die kantonalen Instanzen angenommen haben, so war die Bereicherungsklage im Zeitpunkt der Klageerhebung verjährt. Der Kläger vertritt demgegenüber die Ansicht, er habe die in Art. 67 OR vorausgesetzte Kenntnis frühestens erlangt, nachdem er sich auf die Äusserung De la Failles hin die Nummer der Zeitschrift "Comoedia" vom 10. Dezember 1931 beschafft und den Artikel Poulains einer Prüfung unterzogen hatte.
a) NachBGE 63 II 258ff. kommt es für die Frage, wie der Begriff der Kenntnis des Bereichungsanspruches im Sinne von Art. 67 OR zu verstehen sei, darauf an, wann der Kläger genügende Unterlagen und hinlängliche Veranlassung hatte, die Unverbindlicherklärung auszusprechen und eine Klage auf Rückerstattung des Kaufpreises anzuheben. Dazu genügt nicht jeder Anfang einer Erkenntnis vom Mangel der Gültigkeit des Geschäftes, das zur ungerechtfertigten Bereicherung Anlass gab. Es ist vielmehr eine derartige Wahrscheinlichkeit, ein solcher Grad von Gewissheit über das Bestehen des Bereicherungsanspruches notwendig, dass nach Treu und Glauben gesagt werden muss, der Kläger habe nunmehr keinen Anlass oder keine Möglichkeit mehr zu weiterer Abklärung und anderseits genügend Unterlagen zur Klageerhebung, so dass ihm eine solche vernünftigerweise zugemutet werden dürfe.
b) Diese Voraussetzungen waren aber mit der Erklärung De la Failles vom 29. Januar 1952 noch nicht erfüllt. Wenn dieser auch als hervorragender Kenner des Schaffens van Goghs und als Autorität auf diesem Gebiete betrachtet wird, so hatte er doch selber nie mit Judith Gérard gesprochen, sondern sein Urteil stützte sich - neben der kurzen Besichtigung des Bildes - ausschliesslich auf den Artikel Poulains. Nach den oben dargelegten Grundsätzen war daher der Kläger zweifellos berechtigt, sich diese einzige Quelle anzusehen, also sich den genannten Zeitungsartikel zu beschaffen, ihn zu prüfen und sich hernach schlüssig zu werden, ob er das Bild noch länger als echt ansehen könne. Da es auf jeden Fall etliche Tage dauerte, bis der Kläger die aus dem Jahre 1931 stammende Nummer einer in Zürich der Allgemeinheit unbekannten Zeitung ausfindig gemacht hatte und da ihm für seinen Entschluss noch eine gewisse Überlegungsfrist zugestanden werden muss, ist davon auszugehen, dass er erst unmittelbar vor der Abgabe der Erklärung vom 14. Februar 1952 Kenntnis vom Rückforderungsanspruch im Sinne von Art. 67 OR erlangte. Begann aber die Verjährungsfrist erst mit diesem Datum zu laufen, so war der Anspruch im Zeitpunkt der Klageerhebung, am 9. Februar 1953, noch nicht verjährt.
10. Der Berufung des Klägers auf Grundlagenirrtum kann auch nicht entgegengehalten werden, sie verstosse gegen Treu und Glauben und sei darum nach Art. 25 Abs. 1 OR unstatthaft. Ebenso lässt sich nicht sagen, der Kläger hätte seinen Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben und habe daher gemäss Art. 26 OR der Beklagten einen aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenden Schaden zu ersetzen. Er durfte sich, so gut wie die Beklagte selber, darauf verlassen, dass das Bild in zahlreichen Werken der Fachliteratur als Originalwerk van Goghs gegolten hatte.
11. Ist somit bei Unechtheit des Bildes die Berufung des Klägers auf Irrtum begründet und hat er seine Ansprüche hieraus rechtzeitig geltend gemacht, so ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Durchführung des Beweisverfahrens über die vom Kläger behauptete Unechtheit des Bildes und zu neuem Urteil an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts Zürich, I. Zivilkammer, vom 8. März 1956 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Gemäldekauf. Anwendbarkeit der Vorschriften über die Nichterfüllung (Art. 97 ff. OR) oder über die Unmöglichkeit des Vertragsinhalts (Art. 20 OR), wenn ein als echt verkauftes Gemälde sich als unecht herausstellt? (Erw. 3 und 4).
Alternative Anwendbarkeit der Irrtumsvorschriften (Art. 23 ff. OR) neben denjenigen über die Gewährleistung (Art. 197 ff. OR)? (Erw. 6).
Grundlagenirrtum der Irrtum über die Echtheit eines Gemäldes (Erw. 7).
Kenntnis vom Irrtum, Anforderungen (Erw. 8).
Begriff der Kenntnis vom Bereicherungsanspruch (Erw. 9).
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civil law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-411%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 411
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82 II 411
Sachverhalt ab Seite 412
A.- X. kaufte im Juni 1948 für seine Gemäldesammlung von Frau Y. ein Gemälde, das in zahlreichen kunstgeschichtlichen Werken als "Selbstporträt des Malers van Gogh" aufgeführt ist. Dieses Gemälde hatte zu der bekannten Sammlung des im Jahre 1935 verstorbenen Bankiers M. gehört, mit dem Frau Y. in erster Ehe verheiratet gewesen und von dem sie die erwähnte Sammlung geerbt hatte. Als Kaufpreis bezahlte X. Fr. 80'000.-- sowie 25'000 USA-Dollars. Abgeschlossen und vollzogen wurde der Kauf in den Tresorräumen der Schweiz. Kreditanstalt in Zürich, welcher die Eheleute Y. eine Anzahl Gemälde zur Aufbewahrung übergeben hatten.
Ende Januar 1952 hielt der französische Kunsthistoriker und van Gogh-Kenner Dr. De la Faille in Zürich einen Vortrag über van Gogh. Bei dieser Gelegenheit besichtigte er die Sammlung X. Dabei erklärte er diesem, das von der Frau Y. erworbene Gemälde sei ohne Zweifel falsch. Es stamme nicht von der Hand van Goghs, sondern sei von der Pariser Malerin Judith Gérard als Kopie eines Selbstporträts von van Gogh, das dieser Gauguin gewidmet habe, gemalt worden. Später sei diese Kopie in etwas abgeändertem Zustand, nämlich mit den auf dem Hintergrund angebrachten Blumen, im Kunsthandel als Originalwerk van Goghs aufgetaucht. Als Quelle für seine Auffassung wies De la Faille X. auf einen Artikel eines Gaston Poulain hin, der in der französischen Zeitung "Comoedia" im Jahre 1931 erschienen sei und auf den er in der 1939 erschienenen Ausgabe seines Werkes "Vincent van Gogh" unter Nr. 508 Bezug genommen habe.
Auf Grund dieser Erklärung De la Failles verschaffte sich X. die Nummer der Zeitschrift "Comoedia" vom 10. Dezember 1931 mit dem Artikel Poulains, worin dieser schilderte, wie Judith Gérard ihm unter Bekanntgabe der näheren Umstände erzählt habe, das angebliche Selbstbildnis van Goghs stamme in Wirklichkeit von ihrer Hand.
Daraufhin eröffnete X. der Frau Y. mit Schreiben vom 14. Februar 1952 unter Beilegung einer Kopie des Artikels von Poulain, er könne "angesichts der dezidierten Erklärung von Dr. De la Faille" das Bild nicht länger als echt ansehen und fordere sie daher auf, es zurückzunehmen und ihm den bezahlten Kaufpreis zurückzuerstatten, eventuell ganz oder teilweise in Verrechnung mit andern Bildern.
Die Frau Y. lehnte dieses Begehren ab unter Hinweis darauf, dass sie nicht Kunstsachverständige sei und X. das Gemälde, das in allen Werken über van Gogh abgebildet worden sei, ausschliesslich auf Grund seines eigenen Urteils und beraten von seinem beigezogenen Experten gekauft habe. Dass Dr. De la Faille schon 1939 die Echtheit des Bildes angezweifelt habe, hätte dem Kläger und seinem Experten bekannt sein müssen.
Weitere Bemühungen des X., die Verkäuferin zur Rücknahme des Bildes zu bewegen, blieben ohne Erfolg. Dagegen einigten sich die Parteien auf den Gerichtsstand Zürich.
B.- Am 9. Februar 1953 reichte X. beim Friedensrichteramt Zürich 1 gegen Frau Y. Klage ein mit den Begehren, die Beklagte sei gegen Rückgabe des angeblichen Selbstporträts des van Gogh zur Rückzahlung des Kaufpreises von Fr. 80'000.-- und USA-$ 25.000.-- zu verpflichten.
Zur Begründung seiner Begehren berief sich der Kläger auf die Vorschriften über die Gewährleistungspflicht des Verkäufers, sowie auf absichtliche Täuschung und Irrtum.
Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Sie stellte die Unechtheit des Bildes in Abrede und wendete ein, allfällige Ansprüche des Klägers aus Gewährleistung und wegen Irrtums wären verwirkt und verjährt.
C.- Das Bezirksgericht Zürich wies mit Urteil vom 22. Dezember 1955 die Klage ab. Es nahm an, der Kläger könne sich auf die Gewährspflicht der Beklagten nicht berufen, weil allfällige Ansprüche dieser Art mangels Nachweises einer absichtlichen Täuschung des Klägers durch die Verkäuferin verwirkt und verjährt seien. Ebenso seien die auf Irrtum gestützten Begehren des Klägers verjährt. Die Frage der Echtheit des Bildes liess das Bezirksgericht dahingestellt.
D.- Der Kläger zog die Sache an das Obergericht des Kantons Zürich weiter. Neben der erneuten Berufung auf Mängel der Kaufsache sowie auf Willensmängel machte er weiter Schadenersatzansprüche wegen Nichterfüllung geltend.
E.- Das Obergericht wies in Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheids die Klage mit Urteil vom 8. März 1956 ebenfalls ab. Es erklärte die Berufung des Klägers auf Nichterfüllung als unbegründet. Hinsichtlich der Frage der Gewährspflicht der Beklagten pflichtete es der Auffassung der ersten Instanz bei, dass die darauf gestützten Begehren des Klägers verwirkt und verjährt seien. Eine Berufung auf Willensmängel erachtete es neben derjenigen auf die Gewährleistung als unzulässig. Die Frage der Echtheit des Bildes liess auch das Obergericht offen.
F.- Mit der vorliegenden Berufung stellt der Kläger den Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen zur Abnahme des Beweises für die Unechtheit des verkauften Bildes und zu nachherigem Schutz der Klage gemäss den vor der ersten kantonalen Instanz gestellten Begehren.
Während der Kläger in der Berufungsschrift noch an den sämtlichen im kantonalen Verfahren eingenommenen Rechtsstandpunkten festgehalten und sich darüber hinaus auf ursprüngliche Unmöglichkeit des Inhalts des Kaufvertrages berufen hatte, erklärte er in der mündlichen Berufungsverhandlung, seine Ansprüche nicht mehr auf die Vorschriften über die Gewährleistung zu stützen und auch den Vorwurf absichtlicher Täuschung nicht aufrecht zu erhalten.
Die Beklagte hat beantragt, die Berufung sei abzuweisen und das auf Abweisung der Klage lautende Urteil der Vorinstanz sei zu bestätigen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
.....
3. a) Der Kläger stützt in der Berufung seinen Anspruch in erster Linie auf Nichterfüllung des Kaufvertrages (Art. 97 ff. OR). Zur Begründung dieses Standpunktes führt er aus, geschuldete Kaufsache sei ein Selbstbildnis von van Gogh gewesen. Die Beklagte habe aber eine von dritter Hand - nämlich von Frau Judith Gérard - angefertigte Kopie eines solchen Selbstbildnisses geliefert, also eine andere Sache, ein aliud. Ein unechtes Bild sei nämlich ein aliud, nicht bloss die mit einem Qualitätsmangel behaftete Kaufsache. Denn die Echtheit eines Gemäldes könne nicht nur eine körperliche Eigenschaft der verkauften Sache darstellen, sondern sie mache ihre Individualität aus. Die Vorinstanz gehe zu Unrecht davon aus, dass beim Spezieskauf ein aliud nur vorliege, wenn die Identität zu verneinen sei, und von einem aliud daher nicht gesprochen werden könne, wenn der Käufer die Sache erhielt, die er gesehen und gewünscht habe. Die von der Beklagten gelieferte Sache sei zwar mit der vom Kläger besichtigten identisch, aber sie sei es gleichwohl nicht mit der geschuldeten Sache. Denn geschuldet gewesen sei einzig ein von van Gogh gemaltes Selbstbildnis. Ein solches sei aber nicht geliefert und daher der Vertrag nicht erfüllt worden. Der Begriff der Identität dürfte beim Spezieskauf nicht äusserlich verstanden werden: es komme nicht auf die äussere Beschaffenheit der Sache an, sondern auf die "innere Identität", d.h. auf das, was die Parteien wirklich wollten. Da die Beklagte nicht erfüllt habe und unmöglich erfüllen könne, habe sie das gelieferte Bild zurückzunehmen und den Kaufpreis zurückzuerstatten.
b) Dieser Auffassung des Klägers kann nicht beigepflichtet werden. Wohl ist bei einem Spezieskauf die Erfüllungsklage und allenfalls die Klage auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung gegeben, wenn der Verkäufer eine andere Sache liefert als die verkaufte. Aber es muss sich wirklich um eine andere Sache als die verkaufte, um ein aliud, handeln. Wo dagegen die verkaufte Sache geliefert wurde, kann nicht von einem aliud gesprochen werden; dies gilt auch dann, wenn der gelieferten Sache gewisse Eigenschaften fehlen, d.h. wenn sie Mängel aufweist, die ihren Wert oder ihre vorausgesetzte Tauglichkeit dermassen herabsetzen, dass sie deswegen nach der Verkehrsauffassung als eine Sache von anderer Art, anderer Gattung bezeichnet wird. Wo tatsächlich die verkaufte Sache geliefert wurde, ist die geschuldete Sache geliefert, also der Vertrag - wenn auch vielleicht schlecht - erfüllt. Dann ist für die Klage auf Erfüllung oder auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung kein Raum, gleichgültig, ob die Mängel klein oder gross sind, und gleichgültig auch, ob es sich um blosse - "eigentliche" - Qualitätsmängel handelt oder um sog. Artmängel, d.h. "gattungsbestimmende, verkehrswesentliche Eigenschaften" (vgl. VON TUHR/SIEGWART OR II § 55 bei N. 14, § 68 bei N. 32). Auch da, wo eine Speziessache verkauft und geliefert wurde, welche wegen ihrer Mängel in Wirklichkeit etwas ganz anderes ist als das, wofür sie gehalten wurde, ist - weil es sich um eine Einzelsache (species) handelt - gleichwohl die verkaufte Sache geliefert, d.h. es besteht Identität zwischen der gelieferten Sache und derjenigen, welche Gegenstand des Kaufvertrages bildete; denn diese Einzelsache gibt es ja nur ein einziges Mal. Sie - nicht eine andere Sache - ist geliefert, auch wenn sie mit irgendwelchen Mängeln, einschliesslich sogenannter Artmängel, behaftet ist (BGE 22 S. 138).
Weist die verkaufte und gelieferte Einzelsache (species im Gegensatz zur Gattungssache) Mängel auf oder ist sie nicht das, als was sie angesehen, verkauft und gekauft wurde, so ist, wie bereits gesagt, die Klage auf Erfüllung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung ausgeschlossen; dagegen stehen dem Käufer die Rechtsbehelfe wegen Sachmängeln und allenfalls diejenigen wegen Willensmängeln, insbesondere wegen Grundlagenirrtums beim Vertragsschluss, zu Gebote.
c) So verhält es sich hier. Gewiss hat der Kläger (die behauptete Unechtheit des Gemäldes vorausgesetzt) tatsächlich oder wirtschaftlich nicht das erhalten, was er mit dem Kauf zu bekommen hoffte, nämlich ein bestimmtes, von van Gogh gemaltes Bild, das Selbstbildnis (mit Blumen auf dem Hintergrund) aus dem Jahre 1888. Er hat, wenn seine Behauptung stimmt, statt dessen eine von Judith Gérard hergestellte (und nachträglich von einem Dritten mit Blumen auf dem Hintergrund versehene) Kopie des von van Gogh im September 1888 gemalten und seinem Freund Gauguin gewidmeten Selbstbildnisses erhalten. Aber Gegenstand des von den Prozessparteien im Juni 1948 abgeschlossenen Kaufvertrages war das streitige Bild, das die Beklagte in den Tresorräumen der Schweiz. Kreditanstalt Zürich aufbewahrt hatte, dort dem Kläger mit andern Bildern zur Auswahl zeigte und zum Kaufe anbot und das der Kläger dann auswählte, kaufte und nach Hause mitnahm. Er erhielt das Bild, welches er gekauft hatte, nämlich das Bild, welches als Selbstbildnis van Goghs (mit Blumen auf dem Hintergrund) galt, während Jahrzehnten im Besitz von M. gewesen, als Selbstbildnis van Goghs in den Verzeichnissen der Werke des Künstlers aufgeführt, bekannt und vielfach abgebildet worden war. Dieses Bild wurde gekauft und geliefert, nicht ein anderes; das gelieferte Bild ist mit dem gekauften identisch. Der Kaufvertrag wurde erfüllt; es lag keine Lieferung eines aliud (Falschlieferung) vor, möglicherweise wurde der Kaufvertrag mangelhaft erfüllt (Schlechtlieferung), vielleicht ist er unter Einfluss eines Grundlagenirrtums zustandegekommen, aber erfüllt wurde er, weil der Kläger den Gegenstand erhielt, den er gekauft hatte. Die Klage auf Erfüllung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung steht ihm daher nicht mehr zu.
Hieran vermag die in der Berufungsschrift vertretene Unterscheidung von äusserer und innerer Identität nichts zu ändern, denn unter Identität von gekaufter und gelieferter Sache kann stets nur die äussere Identität verstanden werden. Das Fehlen der sog. inneren Identität kann lediglich unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung oder des Grundlagenirrtums von Belang sein. Die gelegentlich in der Literatur vertretene Meinung, bei Unechtheit eines als echt gekauften Gemäldes liege ein aliud vor (so BECKER, OR Art. 24 N. 22, Vorbem. zu Art. 197-210 N. 4, Art. 197 N. 2), hält angesichts der oben gemachten Ausführungen über Vertragsinhalt und Erfüllung beim Kauf einer Speziessache nicht stand. Das Bundesgericht hat nie im Sinne der genannten Auffassung entschieden. Es hat gegenteils im Falle des Kaufs eines Perserteppichs, den der Käufer irrtümlich für ein altes Stück hielt, erklärt, der verkaufte und gelieferte Teppich sei der von ihm vor dem Kauf besichtigte gewesen (BGE (BGE 52 II 145). Ebenso hat es im EntscheidBGE 56 II 428die Tatsache der Erfüllung des Vertrages bei einem als echt verkauften und gelieferten, aber in Wirklichkeit unechten Gemälde ausdrücklich bejaht; spricht es doch dort vom "Kaufvertrag, so wie er erfüllt wurde". (Dass unmittelbar vor der genannten Stelle von "mangelnder Erfüllung" die Rede ist, beruht offensichtlich auf einem Verschrieb; nach dem gesamten Zusammenhang muss es unzweifelhaft "mangelhafte Erfüllung" heissen).
Aus diesen Darlegungen erhellt, dass dem Kläger die Klage auf Erfüllung des Kaufvertrages, bezw. Schadenersatz wegen Nichterfüllung, versagt ist. Damit ist sein Hauptstandpunkt aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt. Auf die von der Berufung in diesem Zusammenhang weiter erörterten Fragen (Anwendbarkeit der Vorschriften über die Rügepfllicht, Verjährung, Rechtsnatur des Anspruchs auf Rückerstattung des Kaufpreises, Beweis des fehlenden Verschuldens des Verkäufers) braucht nicht eingegangen zu werden.
4. Für den Fall der Verwerfung seines Hauptstandpunktes macht der Kläger geltend, es liege ursprüngliche Unmöglichkeit des Inhaltes des Kaufvertrags vor, weshalb dieser gemäss Art. 20 Abs. 1 OR nichtig gewesen sei. Unmöglichkeit sei deshalb anzunehmen, weil die Beklagte ein Selbstbildnis van Goghs nicht besass und die Verschaffung eines solchen durch sie praktisch als ausgeschlossen zu betrachten sei, die versprochene Leistung also überhaupt nicht erbracht werden konnte.
Diesen Standpunkt hat der Kläger vor der Vorinstanz nicht vorgebracht. Ob er, wie die Berufung meint, von Amtes wegen zu prüfen sei und darum kein neues, vor Bundesgericht unzulässiges Vorbringen darstelle, kann dahingestellt bleiben, denn er ist auf jeden Fall materiellrechtlich verfehlt. Der Kläger übersieht auch hier, worin die versprochene Leistung bestand. Verkauft und gekauft war das Bild, das der Kläger besichtigte, auswählte und nach Hause mitnahm, das Bild, das bisher stets als Selbstbildnis van Goghs gegolten hatte. Ein Kaufvertrag dieses Inhalts war möglich und der hierüber geschlossene Kaufvertrag war erfüllbar und ist erfüllt worden, wie oben (Erw. 3) dargelegt wurde. Mit der Verwerfung des dort erörterten Rechtsstandpunktes des Klägers ist auch dem vorliegenden Eventualstandpunkt der Boden entzogen.
5. Gemäss Erw. 3 hätte sich der Kläger bei Unechtheit des streitigen Gemäldes an sich auf mangelhafte Erfüllung des Kaufvertrags berufen und die daraus folgenden Gewährleistungsansprüche geltend machen können. An dieser Begründung seiner Forderung hat er indessen in der Berufung mit Recht nicht mehr festgehalten. Denn ein allfälliger Gewährleistungsanspruch wäre verjährt, weil die für die Geltendmachung eines solchen vorgeschriebene Jahresfrist seit Ablieferung der Kaufsache (Art. 210 Abs. 1 OR) längst verstrichen ist und der Beklagten eine absichtliche Täuschung des Klägers, deretwegen ihr gemäss Art. 210 Abs. 3 OR die Berufung auf die Verjährung verwehrt wäre, nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht zur Last gelegt werden kann, wie der Kläger heute selber anerkennt. Es kann sich daher lediglich noch fragen, ob der Kläger den bezahlten Kaufpreis wegen Unverbindlichkeit des Kaufvertrages infolge Grundlagenirrtums zurückzufordern befugt ist, wie er weiter behauptet.
6. a) Das Obergericht hat die Anrufung der Irrtumsvorschriften neben jenen über die Gewährleistung grundsätzlich als unzulässig erklärt, im wesentlichen mit der Begründung, dass sonst die im Interesse der Verkehrssicherheit aufgestellte gesetzliche Kaufsordnung mit ihrer kurzen Verjährungsfrist weitgehend illusorisch gemacht würde; auch handle es sich beim Gewährleistungsrecht um Sondervorschriften, die den allgemeinen Grundsätzen vorgehen.
b) Das Bundesgericht hat sich in ständiger Rechtsprechung für die alternative Anwendbarkeit der beiden Rechtsbehelfe ausgesprochen (BGE 42 II 498,BGE 52 II 145,BGE 56 II 424,BGE 57 II 290,BGE 70 II 50,BGE 73 II 222, BGE 81 II 217).
Auf diesem Boden steht auch die in der schweizerischen Literatur herrschende Meinung (vgl. OSER/SCHÖNENBERGER OR Art. 197 N. 5, VON TUHR/SIEGWART OR I S. 276 f., SCHÖNENBERGER in SJZ 40 S. 305 ff. und die dort aufgeführten Abhandlungen, SIMONIUS in der Festschrift für Guhl S. 55 f., HINDERLING in ZSR 1952 S. 626 f., LÜTHI Sachgewährleistungspflicht beim Specieskauf im System des schweiz. OR, S. 96 ff., insbes. S. 106-116; a.A., d.h. für ausschliessliche Anwendbarkeit der Gewährleistungsvorschriften, BECKER OR Art. 24 N. 22 f., Vorbemerkungen zu Art. 197-210 N. 4 am Ende, ferner MERZ, Sachgewährleistung und Irrtumsanfechtung, in der Festschrift Guhl, S. 87 ff.).
Die deutsche Gerichtspraxis und mit ihr auch die Mehrheit der Literatur verneint die wahlweise Anwendbarkeit der Irrtumsvorschriften (RGZ 61 S. 174 f., seither bestätigt in zahlreichen Entscheiden bis RGZ 138 S. 356; vgl. die Übersicht bei ENNECCERUS/LEHMANN, Schuldrecht, 1954, § 112 III S. 443 f.). Immerhin wird von zahlreichen Autoren auch die alternative Berufung auf Irrtum als zulässig angesehen (vgl. F. LEONHARD, Schuldrecht, II, 1931, § 38 S. 83 ff. und die dort aufgeführten Autoren).
Für das französische Recht nimmt PLANIOL/RIPERT/ESMEIN, Traité pratique de droit civil français, Band 6 Nr. 184, für die ausschliessliche Anwendbarkeit des Gewährleistungsrechts Stellung, während französische Gerichte wiederholt auch die wahlweise Anwendung der Irrtumsregeln zugelassen haben.
c) Auch bei erneuter Überprüfung der Frage ist an der alternativen Anwendbarkeit der beiden Rechtsbehelfe, wie sie das Bundesgericht bisher in ständiger Rechtsprechung angenommen hat, festzuhalten.
Die Gegner dieser Lösung begründen ihre ablehnende Stellungnahme u.a. damit, die Gewährleistungsbestimmungen stellten gegenüber den Irrtumsvorschriften Spezialbestimmungen dar, die nach dem Satze lex specialis derogat legi generali ausschliesslich Geltung beanspruchten. Diese Auffassung übersieht indessen den Wesensunterschied zwischen der Unverbindlichkeit wegen Irrtums und der Gewährleistung. Diese ist kein Sonderfall der Willensmängel, sondern gehört systematisch in das Gebiet der Vertragserfüllung. Der Irrtum dagegen beschlägt das Zustandekommen des Vertrages. Die beiden Gruppen von Bestimmungen und die daran geknüpften Rechtsbehelfe beruhen somit auf verschiedenem Rechtsgrund. Sie stehen also in Wirklichkeit zu einander nicht im Verhältnis von lex generalis und lex specialis, weshalb aus der genannten Regel nichts abgeleitet werden kann. Die beiden Tatbestände überschneiden sich vielmehr, keiner von ihnen umfasst den andern völlig, sondern sie weisen neben gewissen, beiden gemeinsamen Merkmalen auch solche auf, die nur beim einen oder beim andern vorkommen. Theoretisch steht daher der wahlweisen Anwendung beider Normengruppen nichts im Wege. Die Natur der beiden Rechtsbehelfe verbietet eine solche nicht (vgl.BGE 56 II 428).
Auch der weitere Einwand, dass das Gewährleistungsrecht bei alternativer Anwendbarkeit der Irrtumsvorschriften praktisch bedeutungslos würde, ist nicht stichhaltig. Er wäre allenfalls zu hören, wenn die Irrtumsanfechtung für den Käufer stets günstiger wäre als die Berufung auf Gewährleistung. Das ist jedoch nicht der Fall. An sich ist im Gegenteil die Geltendmachung der Gewährleistung für den Käufer erheblich vorteilhafter. Bei Anrufung der Unverbindlichkeit hat er nämlich den Irrtum, dessen Wesentlichkeit und Kausalität für den Vertragsschluss nachzuweisen, während für die Gewährspflicht des Verkäufers Wesentlichkeit des Mangels i.S. von Art. 24 OR nicht erforderlich ist. Ferner wird nach Gewährleistungsrecht vermutet, dass der Käufer den Mangel nicht gekannt habe; Kenntnis desselben muss ihm nachgewiesen werden. Bei der Gewährleistung kann der Käufer unter Umständen Schadenersatz beanspruchen, beim Irrtum nicht; gemäss Art. 26 OR kann er gegenteils bei fahrlässigem Irrtum zum Ersatz des negativen Interesses, gegebenenfalls sogar zu weiterem Schadenersatz verhalten werden.
Für den Käufer günstiger ist die Berufung auf Irrtum allerdings, wenn er die Gewährleistungsansprüche verloren hat, weil er die rechtzeitige Prüfung der Sache und rechtzeitige Mängelrüge unterliess (Art. 201 OR) oder weil er den Mangel erst mehr als ein Jahr nach Ablieferung der Sache entdeckt hat. Diese Einschränkung der Rechtsstellung des Käufers rechtfertigt es indessen (entgegen der Meinung von MERZ, S. 100) nicht, im Endergebnis die Berufung auf Irrtum als den vorteilhafteren Rechtsbehelf zu bezeichnen. Die in der Rügepflicht und in der kurzen Verjährung liegende Beschränkung ist lediglich das Gegenstück zu der weitgehenden Begünstigung, die dem Käufer durch das Gewährleistungsrecht im allgemeinen eingeräumt wird. Sie bezweckt, die Bevorzugung in einem angemessenen Rahmen zu halten, um den berechtigten Interessen auch des Käufers gebührend Rechnung zu tragen.
Bei dieser Sachlage kann nicht gesagt werden, das Gewährleistungsrecht würde zwecklos, überflüssig gemacht, wenn man die alternative Anwendung der Irrtumsbestimmungen zulasse. Der Zweck der Gewährleistungsbestimmungen geht einerseits dahin, dem Käufer Schutz gegen die Lieferung mangelhafter Ware zu bieten, anderseits aber auch darauf, durch die Vorschriften über die Mängelrüge eine Abwicklung des im Verkehr so häufigen Kaufsgeschäfts innert verhältnismässig kurzer Frist herbeizuführen, um auf diese Weise die Verkehrssicherheit zu gewährleisten und Spätprozesse zu vermeiden, in denen die Feststellung des ursprünglichen Sachverhalts schwierig wäre. Dieser Zweck wird aber nicht vereitelt, wenn man dem Käufer neben den Rechtsbehelfen des Gewährleistungsrechts wahlweise auch die Anfechtung wegen Irrtums gestattet. Da das Gewährleistungsrecht, wie ausgeführt, für den Käufer nach verschiedenen Richtungen hin günstiger ist, wird er diesem den Vorzug geben und darum schon in seinem eigenen Interesse die Prüfung der Sache rechtzeitig vornehmen, allfällige Mängel rügen und den Streit in der Regel auf dem Boden des Gewährleistungsrechts zum Austrag bringen.
Es bedeutet daher eine Verkennung der tatsächlichen Verhältnisse, wenn behauptet wird, der Käufer, dem die Irrtumsanfechtung eingeräumt bliebe, würde sich um die Gewährleistungsvorschriften nicht mehr bekümmern und könnte unter dem Vorwand der Mangelhaftigkeit des Vertragsschlusses auf dem Rücken des Verkäufers spekulieren, so dass, wie die Vorinstanz meint, die gesetzliche Kaufsordnung weitgehend illusorisch gemacht und die in Art. 197 ff. OR vorgesehene Regelung des Kaufrechts in Frage gestellt würden. Dieser Gefahr kann im Ernste keine sehr grosse Bedeutung beigemessen werden. Das beweist die Tatsache, dass die Fälle, in denen sich der Käufer auf Irrtum statt auf Gewährleistung beruft, selten sind.
Schliesslich ist nicht zu verkennen, dass die Gewährleistungsvorschriften sehr streng sind und dass sich vor allem ihre zeitlichen Beschränkungen und die kurze Verjährung für den Käufer ungebührlich hart auswirken können, insbesondere dort, wo ein wesentlicher Mangel der Sache erst nachträglich entdeckt wird. In solchen Fällen ist ein über die Gewährleistung hinausreichender Rechtsschutz nötig, sobald die besonderen Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung vorliegen; denn trotz allem ist der Käufer der schutzwürdigere Teil, weil er schlecht bedient worden ist. Missbräuchlicher Berufung auf Irrtum kann gestützt auf Art. 25 und 26 OR ausreichend entgegengetreten werden.
7. Steht somit nach dem Gesagten dem Kläger die Berufung auf Irrtum grundsätzlich zu Gebote, so fragt sich im weiteren, ob ein Irrtum über die Echtheit des gekauften Gemäldes als Grundlagenirrtum im Sinne des Art. 24 Ziff. 4 OR anzusehen wäre. Das ist zu bejahen. Die Echtheit des Gemäldes, die beim Vertragsschluss von beiden Parteien als gegeben vorausgesetzt wurde, stellt einen Umstand dar, der bei objektiver Betrachtung vom Standpunkt des loyalen Geschäftsverkehrs aus als unerlässlich erscheint, so dass ein Irrtum über ihn nicht als blosser unbeachtlicher Motivirrtum angesehen werden kann (BGE 79 II 164). Es versteht sich von selbst, dass der Kläger das Bild nicht gekauft und namentlich den dafür ausgelegten Kaufpreis nicht bezahlt hätte, wenn er von der Echtheit des Bildes nicht überzeugt gewesen wäre. Auf der andern Seite hätte auch die Beklagte nach Treu und Glauben den streitigen Vertrag nicht abschliessen dürfen, wenn sie gewusst hätte, dass das Bild in Wirklichkeit nicht von der Hand van Goghs stamme. Irrtum über die Echtheit eines Gemäldes ist denn auch in der Rechtsprechung (BGE 56 II 424ff.) als Grundlagenirrtum anerkannt worden.
8. Ein wegen wesentlichen Irrtums unverbindlicher Vertrag fällt nur dahin, wenn der Irrende spätestens innert Jahresfrist seit der Entdeckung seines Irrtums der Gegenpartei eröffnet, dass er den Vertrag nicht halten wolle; unterlässt er eine solche Erklärung, so gilt der Vertrag nach Art. 31 Abs. 1 OR als genehmigt.
a) Die Beklagte macht geltend, der Kläger habe schon zwischen 1948 und 1950 Kenntnis von der angeblichen Unechtheit des Bildes erlangt, weil damals der Kunstsachverständige John Rewald anlässlich einer Besichtigung der Sammlung des Klägers Zweifel an der Echtheit des Bildes verlauten liess; die Anfechtungserklärung vom 14. Februar 1952 sei daher verspätet erfolgt.
Mit der Angelegenheit Rewald hat es folgende Bewandtnis: Rewald, der ein Werk über den Maler Gauguin zu schreiben beabsichtigte, hatte im Jahre 1947 oder 1948 Frau Gérard in Paris aufgesucht, um sich ihre Erinnerungen an Gauguin erzählen zu lassen. Bei diesem Besuche gab sie ihm auch von ihrer Darstellung der Geschichte des streitigen Bildes Kenntnis und übergab ihm auch den 1931 in der "Comoedia" erschienenen Artikel Poulains. Später, zwischen 1948 und 1950, anlässlich einer Besichtigung der Sammlung des Klägers, sah Rewald auch das streitige Gemälde.
Die Vorinstanz hat nun angenommen, Rewald habe bei dieser Gelegenheit "irgend etwas von solchen Zweifeln" verlauten lassen; denn nachdem er einige Zeit vorher von Frau Gérard gehört, sie habe das fragliche Bild gemalt, sei es "mehr als wahrscheinlich, dass er dem Kläger irgendetwas von dieser Sache mitgeteilt" habe.
Diese Annahme der Vorinstanz beruht jedoch auf blossen Vermutungen, die das Bundesgericht nicht binden. Der Kläger hat bestritten, dass Rewald anlässlich der Besichtigung irgendwelche Zweifel geäussert oder ihm von seinem Besuch bei Frau Gérard und ihrer Erzählung etwas mitgeteilt habe. Nach seiner Darstellung hat er erst nach Einreichung der Klageschrift vom Besuch Rewalds bei Frau Gérard, von ihren damaligen Äusserungen und den von Rewald gehegten Zweifeln erfahren. Das Schreiben Rewalds vom 13. Oktober 1954, auf das die Vorinstanz hinweist, vermag ihre oben erwähnte Annahme nicht zu stützen. In diesem Schreiben schildert Rewald seinen Besuch bei Frau Gérard und führt weiter aus, als er dann später das Bild beim Kläger gesehen, habe es ihm in der Tat geschienen, dass die Blumen erst nachträglich auf der schon erhärteten Farbe des Hintergrundes angebracht worden seien, wie Frau Gérard dies behauptet habe. Dass er aber dem Kläger von der Erzählung der Frau Gérard und den von ihm bei der Besichtigung des Bildes gemachten Beobachtungen schon damals irgendetwas mitgeteilt habe, geht aus dem Schreiben Rewalds nicht hervor und darf nach der Lebenserfahrung auch nicht ohne weiteres als gegeben erachtet werden. Es kann deshalb nicht als erwiesen angesehen werden, dass der Kläger schon anlässlich des Besuchs Rewalds von 1948/50 etwas erfuhr, das ihm die für eine Kenntnis des heute behaupteten Irrtums erforderliche Gewissheit zu verschaffen vermocht hätte. Blosse unbestimmte, nicht näher belegte Zweifelsäusserungen eines Dritten, um die allein es auch nach der Auffassung der Vorinstanz bei allfälligen Andeutungen Rewalds sich hätte handeln können, sind nicht geeignet, die für eine Irrtumsanfechtung notwendige Kenntnis zu vermitteln. Wenn der Kläger solchen Zweifelsandeutungen Rewalds vorerst keine Bedeutung beimass, so erscheint das als verständlich angesichts der Tatsache, dass bis dahin das streitige Gemälde, soweit ihm bekannt war, allgemein als unzweifelhaft echt angesehen worden war und in zahlreichen Werken über van Gogh Aufnahme gefunden hatte. Mit Rücksicht hierauf kann. auch nicht gesagt werden, der Kläger wäre verpflichtet gewesen, unverzüglich weitere Nachforschungen anzustellen. Selbst wenn ihm Rewald gewisse unbestimmte Andeutungen gemacht haben sollte, dass ihm die Echtheit des Bildes zweifelhaft erscheine, so hätte für den Kläger noch kein hinreichender Anlass zur Vornahme irgendwelcher Erhebungen bestanden, solange er selber von der Echtheit des Bildes überzeugt war und nach der Sachlage überzeugt sein durfte. Das Unterlassen solcher Nachforschungen kann ihm daher nicht zum Nachteil gereichen. Es lässt sich somit nicht sagen, der Kläger habe schon auf Grund von Äusserungen Rewalds zwischen 1948 und 1950 Kenntnis vom heute geltend gemachten Irrtum gehabt.
b) Gleich verhält es sich mit dem weiteren Einwand der Beklagten, die Irrtumsanfechtung sei verspätet, weil "vor Ende 1951" der Kunsthändler Rosenberg dem Kläger gegenüber ebenfalls gewisse Zweifel an der Echtheit des Bildes bekundete. Die Annahme der Vorinstanz, Rosenberg habe dem Kläger die Gründe für seine Zweifel genannt, beruht auch hier auf einer blossen Vermutung und steht im Widerspruch mit der glaubhaften Erklärung des Klägers, er habe diese Bemerkung Rosenbergs nicht ernst genommen weil sie nicht belegt war und von einem Kunsthändler gegenüber einem nicht von ihm gelieferten Gemälde gemacht wurde. Aber selbst wenn man annehmen wollte, der Kläger hätte Anlass zu weiteren Nachforschungen gehabt, nachdem die Echtheit des Bildes nun angeblich schon zum zweiten Male angezweifelt worden war, müsste der Einwand der Verspätung gleichwohl als unbegründet erachtet werden. Da eine Abklärung der Angelegenheit immerhin einige Zeit in Anspruch genommen hätte, ist davon auszugehen, dass sie nicht vor Ende Januar 1952 hätte abgeschlossen sein können, also nicht vor der am 29. Januar 1952 erfolgten Äusserung De la Failles, durch welche der Kläger sich erst veranlasst fühlte, der Sache nachzugehen.
c) Ob man im übrigen annehmen will, der Irrtum sei schon mit der Äusserung De la Failles entdeckt gewesen oder erst nach Prüfung des Zeitungsartikels Poulains, ist für die Frage der Rechtzeitigkeit der Irrtumsanfechtung belanglos. Denn im einen wie im andern Falle hat der Kläger mit seiner am 14. Februar 1952 abgegebenen Anfechtungserklärung die Jahresfrist des Art. 31 OR gewahrt.
9. Die Frage des Zeitpunktes der genauen Kenntnis ist aber in anderer Hinsicht von Bedeutung. Mit der Geltendmachung des Irrtums fällt der Vertrag dahin und die gemachten Leistungen entbehren des Rechtsgrundes, weshalb sie gemäss den Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung rückforderbar sind. Dieser Bereicherungsanspruch verjährt nach Art. 67 OR mit Ablauf eines Jahres, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat. Der Kläger hat den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises am 9. Februar 1953 eingeklagt. Hatte er von seinem Rückforderungsanspruch bereits auf Grund der Äusserung De la Failles vom 29. Januar 1952 Kenntnis, wie die Beklagte geltend macht und auch die kantonalen Instanzen angenommen haben, so war die Bereicherungsklage im Zeitpunkt der Klageerhebung verjährt. Der Kläger vertritt demgegenüber die Ansicht, er habe die in Art. 67 OR vorausgesetzte Kenntnis frühestens erlangt, nachdem er sich auf die Äusserung De la Failles hin die Nummer der Zeitschrift "Comoedia" vom 10. Dezember 1931 beschafft und den Artikel Poulains einer Prüfung unterzogen hatte.
a) NachBGE 63 II 258ff. kommt es für die Frage, wie der Begriff der Kenntnis des Bereichungsanspruches im Sinne von Art. 67 OR zu verstehen sei, darauf an, wann der Kläger genügende Unterlagen und hinlängliche Veranlassung hatte, die Unverbindlicherklärung auszusprechen und eine Klage auf Rückerstattung des Kaufpreises anzuheben. Dazu genügt nicht jeder Anfang einer Erkenntnis vom Mangel der Gültigkeit des Geschäftes, das zur ungerechtfertigten Bereicherung Anlass gab. Es ist vielmehr eine derartige Wahrscheinlichkeit, ein solcher Grad von Gewissheit über das Bestehen des Bereicherungsanspruches notwendig, dass nach Treu und Glauben gesagt werden muss, der Kläger habe nunmehr keinen Anlass oder keine Möglichkeit mehr zu weiterer Abklärung und anderseits genügend Unterlagen zur Klageerhebung, so dass ihm eine solche vernünftigerweise zugemutet werden dürfe.
b) Diese Voraussetzungen waren aber mit der Erklärung De la Failles vom 29. Januar 1952 noch nicht erfüllt. Wenn dieser auch als hervorragender Kenner des Schaffens van Goghs und als Autorität auf diesem Gebiete betrachtet wird, so hatte er doch selber nie mit Judith Gérard gesprochen, sondern sein Urteil stützte sich - neben der kurzen Besichtigung des Bildes - ausschliesslich auf den Artikel Poulains. Nach den oben dargelegten Grundsätzen war daher der Kläger zweifellos berechtigt, sich diese einzige Quelle anzusehen, also sich den genannten Zeitungsartikel zu beschaffen, ihn zu prüfen und sich hernach schlüssig zu werden, ob er das Bild noch länger als echt ansehen könne. Da es auf jeden Fall etliche Tage dauerte, bis der Kläger die aus dem Jahre 1931 stammende Nummer einer in Zürich der Allgemeinheit unbekannten Zeitung ausfindig gemacht hatte und da ihm für seinen Entschluss noch eine gewisse Überlegungsfrist zugestanden werden muss, ist davon auszugehen, dass er erst unmittelbar vor der Abgabe der Erklärung vom 14. Februar 1952 Kenntnis vom Rückforderungsanspruch im Sinne von Art. 67 OR erlangte. Begann aber die Verjährungsfrist erst mit diesem Datum zu laufen, so war der Anspruch im Zeitpunkt der Klageerhebung, am 9. Februar 1953, noch nicht verjährt.
10. Der Berufung des Klägers auf Grundlagenirrtum kann auch nicht entgegengehalten werden, sie verstosse gegen Treu und Glauben und sei darum nach Art. 25 Abs. 1 OR unstatthaft. Ebenso lässt sich nicht sagen, der Kläger hätte seinen Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben und habe daher gemäss Art. 26 OR der Beklagten einen aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenden Schaden zu ersetzen. Er durfte sich, so gut wie die Beklagte selber, darauf verlassen, dass das Bild in zahlreichen Werken der Fachliteratur als Originalwerk van Goghs gegolten hatte.
11. Ist somit bei Unechtheit des Bildes die Berufung des Klägers auf Irrtum begründet und hat er seine Ansprüche hieraus rechtzeitig geltend gemacht, so ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Durchführung des Beweisverfahrens über die vom Kläger behauptete Unechtheit des Bildes und zu neuem Urteil an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts Zürich, I. Zivilkammer, vom 8. März 1956 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Vente d'un tableau. Lorsqu'un tableau vendu comme authentique se révèle être un faux, peut-on appliquer les dispositions relatives à l'inexécution des obligations (art. 97 et suiv. CO) ou considérer que le contrat a pour objet une chose impossible (art. 20 CO)? (consid. 3 et 4).
Peut-on appliquer alternativement les dispositions qui règlent l'erreur (art. 23 et suiv. CO) et celles qui règlent la garantie (art. 197 et suiv. CO)? (consid. 6).
L'erreur sur l'authenticité d'un tableau constitue une erreur sur des éléments nécessaires du contrat (consid. 7).
Connaissance de l'erreur, conditions (consid. 8).
Notion de la connaissance du droit de répétition (consid. 9).
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civil law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-411%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 411
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82 II 411
Sachverhalt ab Seite 412
A.- X. kaufte im Juni 1948 für seine Gemäldesammlung von Frau Y. ein Gemälde, das in zahlreichen kunstgeschichtlichen Werken als "Selbstporträt des Malers van Gogh" aufgeführt ist. Dieses Gemälde hatte zu der bekannten Sammlung des im Jahre 1935 verstorbenen Bankiers M. gehört, mit dem Frau Y. in erster Ehe verheiratet gewesen und von dem sie die erwähnte Sammlung geerbt hatte. Als Kaufpreis bezahlte X. Fr. 80'000.-- sowie 25'000 USA-Dollars. Abgeschlossen und vollzogen wurde der Kauf in den Tresorräumen der Schweiz. Kreditanstalt in Zürich, welcher die Eheleute Y. eine Anzahl Gemälde zur Aufbewahrung übergeben hatten.
Ende Januar 1952 hielt der französische Kunsthistoriker und van Gogh-Kenner Dr. De la Faille in Zürich einen Vortrag über van Gogh. Bei dieser Gelegenheit besichtigte er die Sammlung X. Dabei erklärte er diesem, das von der Frau Y. erworbene Gemälde sei ohne Zweifel falsch. Es stamme nicht von der Hand van Goghs, sondern sei von der Pariser Malerin Judith Gérard als Kopie eines Selbstporträts von van Gogh, das dieser Gauguin gewidmet habe, gemalt worden. Später sei diese Kopie in etwas abgeändertem Zustand, nämlich mit den auf dem Hintergrund angebrachten Blumen, im Kunsthandel als Originalwerk van Goghs aufgetaucht. Als Quelle für seine Auffassung wies De la Faille X. auf einen Artikel eines Gaston Poulain hin, der in der französischen Zeitung "Comoedia" im Jahre 1931 erschienen sei und auf den er in der 1939 erschienenen Ausgabe seines Werkes "Vincent van Gogh" unter Nr. 508 Bezug genommen habe.
Auf Grund dieser Erklärung De la Failles verschaffte sich X. die Nummer der Zeitschrift "Comoedia" vom 10. Dezember 1931 mit dem Artikel Poulains, worin dieser schilderte, wie Judith Gérard ihm unter Bekanntgabe der näheren Umstände erzählt habe, das angebliche Selbstbildnis van Goghs stamme in Wirklichkeit von ihrer Hand.
Daraufhin eröffnete X. der Frau Y. mit Schreiben vom 14. Februar 1952 unter Beilegung einer Kopie des Artikels von Poulain, er könne "angesichts der dezidierten Erklärung von Dr. De la Faille" das Bild nicht länger als echt ansehen und fordere sie daher auf, es zurückzunehmen und ihm den bezahlten Kaufpreis zurückzuerstatten, eventuell ganz oder teilweise in Verrechnung mit andern Bildern.
Die Frau Y. lehnte dieses Begehren ab unter Hinweis darauf, dass sie nicht Kunstsachverständige sei und X. das Gemälde, das in allen Werken über van Gogh abgebildet worden sei, ausschliesslich auf Grund seines eigenen Urteils und beraten von seinem beigezogenen Experten gekauft habe. Dass Dr. De la Faille schon 1939 die Echtheit des Bildes angezweifelt habe, hätte dem Kläger und seinem Experten bekannt sein müssen.
Weitere Bemühungen des X., die Verkäuferin zur Rücknahme des Bildes zu bewegen, blieben ohne Erfolg. Dagegen einigten sich die Parteien auf den Gerichtsstand Zürich.
B.- Am 9. Februar 1953 reichte X. beim Friedensrichteramt Zürich 1 gegen Frau Y. Klage ein mit den Begehren, die Beklagte sei gegen Rückgabe des angeblichen Selbstporträts des van Gogh zur Rückzahlung des Kaufpreises von Fr. 80'000.-- und USA-$ 25.000.-- zu verpflichten.
Zur Begründung seiner Begehren berief sich der Kläger auf die Vorschriften über die Gewährleistungspflicht des Verkäufers, sowie auf absichtliche Täuschung und Irrtum.
Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Sie stellte die Unechtheit des Bildes in Abrede und wendete ein, allfällige Ansprüche des Klägers aus Gewährleistung und wegen Irrtums wären verwirkt und verjährt.
C.- Das Bezirksgericht Zürich wies mit Urteil vom 22. Dezember 1955 die Klage ab. Es nahm an, der Kläger könne sich auf die Gewährspflicht der Beklagten nicht berufen, weil allfällige Ansprüche dieser Art mangels Nachweises einer absichtlichen Täuschung des Klägers durch die Verkäuferin verwirkt und verjährt seien. Ebenso seien die auf Irrtum gestützten Begehren des Klägers verjährt. Die Frage der Echtheit des Bildes liess das Bezirksgericht dahingestellt.
D.- Der Kläger zog die Sache an das Obergericht des Kantons Zürich weiter. Neben der erneuten Berufung auf Mängel der Kaufsache sowie auf Willensmängel machte er weiter Schadenersatzansprüche wegen Nichterfüllung geltend.
E.- Das Obergericht wies in Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheids die Klage mit Urteil vom 8. März 1956 ebenfalls ab. Es erklärte die Berufung des Klägers auf Nichterfüllung als unbegründet. Hinsichtlich der Frage der Gewährspflicht der Beklagten pflichtete es der Auffassung der ersten Instanz bei, dass die darauf gestützten Begehren des Klägers verwirkt und verjährt seien. Eine Berufung auf Willensmängel erachtete es neben derjenigen auf die Gewährleistung als unzulässig. Die Frage der Echtheit des Bildes liess auch das Obergericht offen.
F.- Mit der vorliegenden Berufung stellt der Kläger den Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen zur Abnahme des Beweises für die Unechtheit des verkauften Bildes und zu nachherigem Schutz der Klage gemäss den vor der ersten kantonalen Instanz gestellten Begehren.
Während der Kläger in der Berufungsschrift noch an den sämtlichen im kantonalen Verfahren eingenommenen Rechtsstandpunkten festgehalten und sich darüber hinaus auf ursprüngliche Unmöglichkeit des Inhalts des Kaufvertrages berufen hatte, erklärte er in der mündlichen Berufungsverhandlung, seine Ansprüche nicht mehr auf die Vorschriften über die Gewährleistung zu stützen und auch den Vorwurf absichtlicher Täuschung nicht aufrecht zu erhalten.
Die Beklagte hat beantragt, die Berufung sei abzuweisen und das auf Abweisung der Klage lautende Urteil der Vorinstanz sei zu bestätigen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
.....
3. a) Der Kläger stützt in der Berufung seinen Anspruch in erster Linie auf Nichterfüllung des Kaufvertrages (Art. 97 ff. OR). Zur Begründung dieses Standpunktes führt er aus, geschuldete Kaufsache sei ein Selbstbildnis von van Gogh gewesen. Die Beklagte habe aber eine von dritter Hand - nämlich von Frau Judith Gérard - angefertigte Kopie eines solchen Selbstbildnisses geliefert, also eine andere Sache, ein aliud. Ein unechtes Bild sei nämlich ein aliud, nicht bloss die mit einem Qualitätsmangel behaftete Kaufsache. Denn die Echtheit eines Gemäldes könne nicht nur eine körperliche Eigenschaft der verkauften Sache darstellen, sondern sie mache ihre Individualität aus. Die Vorinstanz gehe zu Unrecht davon aus, dass beim Spezieskauf ein aliud nur vorliege, wenn die Identität zu verneinen sei, und von einem aliud daher nicht gesprochen werden könne, wenn der Käufer die Sache erhielt, die er gesehen und gewünscht habe. Die von der Beklagten gelieferte Sache sei zwar mit der vom Kläger besichtigten identisch, aber sie sei es gleichwohl nicht mit der geschuldeten Sache. Denn geschuldet gewesen sei einzig ein von van Gogh gemaltes Selbstbildnis. Ein solches sei aber nicht geliefert und daher der Vertrag nicht erfüllt worden. Der Begriff der Identität dürfte beim Spezieskauf nicht äusserlich verstanden werden: es komme nicht auf die äussere Beschaffenheit der Sache an, sondern auf die "innere Identität", d.h. auf das, was die Parteien wirklich wollten. Da die Beklagte nicht erfüllt habe und unmöglich erfüllen könne, habe sie das gelieferte Bild zurückzunehmen und den Kaufpreis zurückzuerstatten.
b) Dieser Auffassung des Klägers kann nicht beigepflichtet werden. Wohl ist bei einem Spezieskauf die Erfüllungsklage und allenfalls die Klage auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung gegeben, wenn der Verkäufer eine andere Sache liefert als die verkaufte. Aber es muss sich wirklich um eine andere Sache als die verkaufte, um ein aliud, handeln. Wo dagegen die verkaufte Sache geliefert wurde, kann nicht von einem aliud gesprochen werden; dies gilt auch dann, wenn der gelieferten Sache gewisse Eigenschaften fehlen, d.h. wenn sie Mängel aufweist, die ihren Wert oder ihre vorausgesetzte Tauglichkeit dermassen herabsetzen, dass sie deswegen nach der Verkehrsauffassung als eine Sache von anderer Art, anderer Gattung bezeichnet wird. Wo tatsächlich die verkaufte Sache geliefert wurde, ist die geschuldete Sache geliefert, also der Vertrag - wenn auch vielleicht schlecht - erfüllt. Dann ist für die Klage auf Erfüllung oder auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung kein Raum, gleichgültig, ob die Mängel klein oder gross sind, und gleichgültig auch, ob es sich um blosse - "eigentliche" - Qualitätsmängel handelt oder um sog. Artmängel, d.h. "gattungsbestimmende, verkehrswesentliche Eigenschaften" (vgl. VON TUHR/SIEGWART OR II § 55 bei N. 14, § 68 bei N. 32). Auch da, wo eine Speziessache verkauft und geliefert wurde, welche wegen ihrer Mängel in Wirklichkeit etwas ganz anderes ist als das, wofür sie gehalten wurde, ist - weil es sich um eine Einzelsache (species) handelt - gleichwohl die verkaufte Sache geliefert, d.h. es besteht Identität zwischen der gelieferten Sache und derjenigen, welche Gegenstand des Kaufvertrages bildete; denn diese Einzelsache gibt es ja nur ein einziges Mal. Sie - nicht eine andere Sache - ist geliefert, auch wenn sie mit irgendwelchen Mängeln, einschliesslich sogenannter Artmängel, behaftet ist (BGE 22 S. 138).
Weist die verkaufte und gelieferte Einzelsache (species im Gegensatz zur Gattungssache) Mängel auf oder ist sie nicht das, als was sie angesehen, verkauft und gekauft wurde, so ist, wie bereits gesagt, die Klage auf Erfüllung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung ausgeschlossen; dagegen stehen dem Käufer die Rechtsbehelfe wegen Sachmängeln und allenfalls diejenigen wegen Willensmängeln, insbesondere wegen Grundlagenirrtums beim Vertragsschluss, zu Gebote.
c) So verhält es sich hier. Gewiss hat der Kläger (die behauptete Unechtheit des Gemäldes vorausgesetzt) tatsächlich oder wirtschaftlich nicht das erhalten, was er mit dem Kauf zu bekommen hoffte, nämlich ein bestimmtes, von van Gogh gemaltes Bild, das Selbstbildnis (mit Blumen auf dem Hintergrund) aus dem Jahre 1888. Er hat, wenn seine Behauptung stimmt, statt dessen eine von Judith Gérard hergestellte (und nachträglich von einem Dritten mit Blumen auf dem Hintergrund versehene) Kopie des von van Gogh im September 1888 gemalten und seinem Freund Gauguin gewidmeten Selbstbildnisses erhalten. Aber Gegenstand des von den Prozessparteien im Juni 1948 abgeschlossenen Kaufvertrages war das streitige Bild, das die Beklagte in den Tresorräumen der Schweiz. Kreditanstalt Zürich aufbewahrt hatte, dort dem Kläger mit andern Bildern zur Auswahl zeigte und zum Kaufe anbot und das der Kläger dann auswählte, kaufte und nach Hause mitnahm. Er erhielt das Bild, welches er gekauft hatte, nämlich das Bild, welches als Selbstbildnis van Goghs (mit Blumen auf dem Hintergrund) galt, während Jahrzehnten im Besitz von M. gewesen, als Selbstbildnis van Goghs in den Verzeichnissen der Werke des Künstlers aufgeführt, bekannt und vielfach abgebildet worden war. Dieses Bild wurde gekauft und geliefert, nicht ein anderes; das gelieferte Bild ist mit dem gekauften identisch. Der Kaufvertrag wurde erfüllt; es lag keine Lieferung eines aliud (Falschlieferung) vor, möglicherweise wurde der Kaufvertrag mangelhaft erfüllt (Schlechtlieferung), vielleicht ist er unter Einfluss eines Grundlagenirrtums zustandegekommen, aber erfüllt wurde er, weil der Kläger den Gegenstand erhielt, den er gekauft hatte. Die Klage auf Erfüllung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung steht ihm daher nicht mehr zu.
Hieran vermag die in der Berufungsschrift vertretene Unterscheidung von äusserer und innerer Identität nichts zu ändern, denn unter Identität von gekaufter und gelieferter Sache kann stets nur die äussere Identität verstanden werden. Das Fehlen der sog. inneren Identität kann lediglich unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung oder des Grundlagenirrtums von Belang sein. Die gelegentlich in der Literatur vertretene Meinung, bei Unechtheit eines als echt gekauften Gemäldes liege ein aliud vor (so BECKER, OR Art. 24 N. 22, Vorbem. zu Art. 197-210 N. 4, Art. 197 N. 2), hält angesichts der oben gemachten Ausführungen über Vertragsinhalt und Erfüllung beim Kauf einer Speziessache nicht stand. Das Bundesgericht hat nie im Sinne der genannten Auffassung entschieden. Es hat gegenteils im Falle des Kaufs eines Perserteppichs, den der Käufer irrtümlich für ein altes Stück hielt, erklärt, der verkaufte und gelieferte Teppich sei der von ihm vor dem Kauf besichtigte gewesen (BGE (BGE 52 II 145). Ebenso hat es im EntscheidBGE 56 II 428die Tatsache der Erfüllung des Vertrages bei einem als echt verkauften und gelieferten, aber in Wirklichkeit unechten Gemälde ausdrücklich bejaht; spricht es doch dort vom "Kaufvertrag, so wie er erfüllt wurde". (Dass unmittelbar vor der genannten Stelle von "mangelnder Erfüllung" die Rede ist, beruht offensichtlich auf einem Verschrieb; nach dem gesamten Zusammenhang muss es unzweifelhaft "mangelhafte Erfüllung" heissen).
Aus diesen Darlegungen erhellt, dass dem Kläger die Klage auf Erfüllung des Kaufvertrages, bezw. Schadenersatz wegen Nichterfüllung, versagt ist. Damit ist sein Hauptstandpunkt aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt. Auf die von der Berufung in diesem Zusammenhang weiter erörterten Fragen (Anwendbarkeit der Vorschriften über die Rügepfllicht, Verjährung, Rechtsnatur des Anspruchs auf Rückerstattung des Kaufpreises, Beweis des fehlenden Verschuldens des Verkäufers) braucht nicht eingegangen zu werden.
4. Für den Fall der Verwerfung seines Hauptstandpunktes macht der Kläger geltend, es liege ursprüngliche Unmöglichkeit des Inhaltes des Kaufvertrags vor, weshalb dieser gemäss Art. 20 Abs. 1 OR nichtig gewesen sei. Unmöglichkeit sei deshalb anzunehmen, weil die Beklagte ein Selbstbildnis van Goghs nicht besass und die Verschaffung eines solchen durch sie praktisch als ausgeschlossen zu betrachten sei, die versprochene Leistung also überhaupt nicht erbracht werden konnte.
Diesen Standpunkt hat der Kläger vor der Vorinstanz nicht vorgebracht. Ob er, wie die Berufung meint, von Amtes wegen zu prüfen sei und darum kein neues, vor Bundesgericht unzulässiges Vorbringen darstelle, kann dahingestellt bleiben, denn er ist auf jeden Fall materiellrechtlich verfehlt. Der Kläger übersieht auch hier, worin die versprochene Leistung bestand. Verkauft und gekauft war das Bild, das der Kläger besichtigte, auswählte und nach Hause mitnahm, das Bild, das bisher stets als Selbstbildnis van Goghs gegolten hatte. Ein Kaufvertrag dieses Inhalts war möglich und der hierüber geschlossene Kaufvertrag war erfüllbar und ist erfüllt worden, wie oben (Erw. 3) dargelegt wurde. Mit der Verwerfung des dort erörterten Rechtsstandpunktes des Klägers ist auch dem vorliegenden Eventualstandpunkt der Boden entzogen.
5. Gemäss Erw. 3 hätte sich der Kläger bei Unechtheit des streitigen Gemäldes an sich auf mangelhafte Erfüllung des Kaufvertrags berufen und die daraus folgenden Gewährleistungsansprüche geltend machen können. An dieser Begründung seiner Forderung hat er indessen in der Berufung mit Recht nicht mehr festgehalten. Denn ein allfälliger Gewährleistungsanspruch wäre verjährt, weil die für die Geltendmachung eines solchen vorgeschriebene Jahresfrist seit Ablieferung der Kaufsache (Art. 210 Abs. 1 OR) längst verstrichen ist und der Beklagten eine absichtliche Täuschung des Klägers, deretwegen ihr gemäss Art. 210 Abs. 3 OR die Berufung auf die Verjährung verwehrt wäre, nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht zur Last gelegt werden kann, wie der Kläger heute selber anerkennt. Es kann sich daher lediglich noch fragen, ob der Kläger den bezahlten Kaufpreis wegen Unverbindlichkeit des Kaufvertrages infolge Grundlagenirrtums zurückzufordern befugt ist, wie er weiter behauptet.
6. a) Das Obergericht hat die Anrufung der Irrtumsvorschriften neben jenen über die Gewährleistung grundsätzlich als unzulässig erklärt, im wesentlichen mit der Begründung, dass sonst die im Interesse der Verkehrssicherheit aufgestellte gesetzliche Kaufsordnung mit ihrer kurzen Verjährungsfrist weitgehend illusorisch gemacht würde; auch handle es sich beim Gewährleistungsrecht um Sondervorschriften, die den allgemeinen Grundsätzen vorgehen.
b) Das Bundesgericht hat sich in ständiger Rechtsprechung für die alternative Anwendbarkeit der beiden Rechtsbehelfe ausgesprochen (BGE 42 II 498,BGE 52 II 145,BGE 56 II 424,BGE 57 II 290,BGE 70 II 50,BGE 73 II 222, BGE 81 II 217).
Auf diesem Boden steht auch die in der schweizerischen Literatur herrschende Meinung (vgl. OSER/SCHÖNENBERGER OR Art. 197 N. 5, VON TUHR/SIEGWART OR I S. 276 f., SCHÖNENBERGER in SJZ 40 S. 305 ff. und die dort aufgeführten Abhandlungen, SIMONIUS in der Festschrift für Guhl S. 55 f., HINDERLING in ZSR 1952 S. 626 f., LÜTHI Sachgewährleistungspflicht beim Specieskauf im System des schweiz. OR, S. 96 ff., insbes. S. 106-116; a.A., d.h. für ausschliessliche Anwendbarkeit der Gewährleistungsvorschriften, BECKER OR Art. 24 N. 22 f., Vorbemerkungen zu Art. 197-210 N. 4 am Ende, ferner MERZ, Sachgewährleistung und Irrtumsanfechtung, in der Festschrift Guhl, S. 87 ff.).
Die deutsche Gerichtspraxis und mit ihr auch die Mehrheit der Literatur verneint die wahlweise Anwendbarkeit der Irrtumsvorschriften (RGZ 61 S. 174 f., seither bestätigt in zahlreichen Entscheiden bis RGZ 138 S. 356; vgl. die Übersicht bei ENNECCERUS/LEHMANN, Schuldrecht, 1954, § 112 III S. 443 f.). Immerhin wird von zahlreichen Autoren auch die alternative Berufung auf Irrtum als zulässig angesehen (vgl. F. LEONHARD, Schuldrecht, II, 1931, § 38 S. 83 ff. und die dort aufgeführten Autoren).
Für das französische Recht nimmt PLANIOL/RIPERT/ESMEIN, Traité pratique de droit civil français, Band 6 Nr. 184, für die ausschliessliche Anwendbarkeit des Gewährleistungsrechts Stellung, während französische Gerichte wiederholt auch die wahlweise Anwendung der Irrtumsregeln zugelassen haben.
c) Auch bei erneuter Überprüfung der Frage ist an der alternativen Anwendbarkeit der beiden Rechtsbehelfe, wie sie das Bundesgericht bisher in ständiger Rechtsprechung angenommen hat, festzuhalten.
Die Gegner dieser Lösung begründen ihre ablehnende Stellungnahme u.a. damit, die Gewährleistungsbestimmungen stellten gegenüber den Irrtumsvorschriften Spezialbestimmungen dar, die nach dem Satze lex specialis derogat legi generali ausschliesslich Geltung beanspruchten. Diese Auffassung übersieht indessen den Wesensunterschied zwischen der Unverbindlichkeit wegen Irrtums und der Gewährleistung. Diese ist kein Sonderfall der Willensmängel, sondern gehört systematisch in das Gebiet der Vertragserfüllung. Der Irrtum dagegen beschlägt das Zustandekommen des Vertrages. Die beiden Gruppen von Bestimmungen und die daran geknüpften Rechtsbehelfe beruhen somit auf verschiedenem Rechtsgrund. Sie stehen also in Wirklichkeit zu einander nicht im Verhältnis von lex generalis und lex specialis, weshalb aus der genannten Regel nichts abgeleitet werden kann. Die beiden Tatbestände überschneiden sich vielmehr, keiner von ihnen umfasst den andern völlig, sondern sie weisen neben gewissen, beiden gemeinsamen Merkmalen auch solche auf, die nur beim einen oder beim andern vorkommen. Theoretisch steht daher der wahlweisen Anwendung beider Normengruppen nichts im Wege. Die Natur der beiden Rechtsbehelfe verbietet eine solche nicht (vgl.BGE 56 II 428).
Auch der weitere Einwand, dass das Gewährleistungsrecht bei alternativer Anwendbarkeit der Irrtumsvorschriften praktisch bedeutungslos würde, ist nicht stichhaltig. Er wäre allenfalls zu hören, wenn die Irrtumsanfechtung für den Käufer stets günstiger wäre als die Berufung auf Gewährleistung. Das ist jedoch nicht der Fall. An sich ist im Gegenteil die Geltendmachung der Gewährleistung für den Käufer erheblich vorteilhafter. Bei Anrufung der Unverbindlichkeit hat er nämlich den Irrtum, dessen Wesentlichkeit und Kausalität für den Vertragsschluss nachzuweisen, während für die Gewährspflicht des Verkäufers Wesentlichkeit des Mangels i.S. von Art. 24 OR nicht erforderlich ist. Ferner wird nach Gewährleistungsrecht vermutet, dass der Käufer den Mangel nicht gekannt habe; Kenntnis desselben muss ihm nachgewiesen werden. Bei der Gewährleistung kann der Käufer unter Umständen Schadenersatz beanspruchen, beim Irrtum nicht; gemäss Art. 26 OR kann er gegenteils bei fahrlässigem Irrtum zum Ersatz des negativen Interesses, gegebenenfalls sogar zu weiterem Schadenersatz verhalten werden.
Für den Käufer günstiger ist die Berufung auf Irrtum allerdings, wenn er die Gewährleistungsansprüche verloren hat, weil er die rechtzeitige Prüfung der Sache und rechtzeitige Mängelrüge unterliess (Art. 201 OR) oder weil er den Mangel erst mehr als ein Jahr nach Ablieferung der Sache entdeckt hat. Diese Einschränkung der Rechtsstellung des Käufers rechtfertigt es indessen (entgegen der Meinung von MERZ, S. 100) nicht, im Endergebnis die Berufung auf Irrtum als den vorteilhafteren Rechtsbehelf zu bezeichnen. Die in der Rügepflicht und in der kurzen Verjährung liegende Beschränkung ist lediglich das Gegenstück zu der weitgehenden Begünstigung, die dem Käufer durch das Gewährleistungsrecht im allgemeinen eingeräumt wird. Sie bezweckt, die Bevorzugung in einem angemessenen Rahmen zu halten, um den berechtigten Interessen auch des Käufers gebührend Rechnung zu tragen.
Bei dieser Sachlage kann nicht gesagt werden, das Gewährleistungsrecht würde zwecklos, überflüssig gemacht, wenn man die alternative Anwendung der Irrtumsbestimmungen zulasse. Der Zweck der Gewährleistungsbestimmungen geht einerseits dahin, dem Käufer Schutz gegen die Lieferung mangelhafter Ware zu bieten, anderseits aber auch darauf, durch die Vorschriften über die Mängelrüge eine Abwicklung des im Verkehr so häufigen Kaufsgeschäfts innert verhältnismässig kurzer Frist herbeizuführen, um auf diese Weise die Verkehrssicherheit zu gewährleisten und Spätprozesse zu vermeiden, in denen die Feststellung des ursprünglichen Sachverhalts schwierig wäre. Dieser Zweck wird aber nicht vereitelt, wenn man dem Käufer neben den Rechtsbehelfen des Gewährleistungsrechts wahlweise auch die Anfechtung wegen Irrtums gestattet. Da das Gewährleistungsrecht, wie ausgeführt, für den Käufer nach verschiedenen Richtungen hin günstiger ist, wird er diesem den Vorzug geben und darum schon in seinem eigenen Interesse die Prüfung der Sache rechtzeitig vornehmen, allfällige Mängel rügen und den Streit in der Regel auf dem Boden des Gewährleistungsrechts zum Austrag bringen.
Es bedeutet daher eine Verkennung der tatsächlichen Verhältnisse, wenn behauptet wird, der Käufer, dem die Irrtumsanfechtung eingeräumt bliebe, würde sich um die Gewährleistungsvorschriften nicht mehr bekümmern und könnte unter dem Vorwand der Mangelhaftigkeit des Vertragsschlusses auf dem Rücken des Verkäufers spekulieren, so dass, wie die Vorinstanz meint, die gesetzliche Kaufsordnung weitgehend illusorisch gemacht und die in Art. 197 ff. OR vorgesehene Regelung des Kaufrechts in Frage gestellt würden. Dieser Gefahr kann im Ernste keine sehr grosse Bedeutung beigemessen werden. Das beweist die Tatsache, dass die Fälle, in denen sich der Käufer auf Irrtum statt auf Gewährleistung beruft, selten sind.
Schliesslich ist nicht zu verkennen, dass die Gewährleistungsvorschriften sehr streng sind und dass sich vor allem ihre zeitlichen Beschränkungen und die kurze Verjährung für den Käufer ungebührlich hart auswirken können, insbesondere dort, wo ein wesentlicher Mangel der Sache erst nachträglich entdeckt wird. In solchen Fällen ist ein über die Gewährleistung hinausreichender Rechtsschutz nötig, sobald die besonderen Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung vorliegen; denn trotz allem ist der Käufer der schutzwürdigere Teil, weil er schlecht bedient worden ist. Missbräuchlicher Berufung auf Irrtum kann gestützt auf Art. 25 und 26 OR ausreichend entgegengetreten werden.
7. Steht somit nach dem Gesagten dem Kläger die Berufung auf Irrtum grundsätzlich zu Gebote, so fragt sich im weiteren, ob ein Irrtum über die Echtheit des gekauften Gemäldes als Grundlagenirrtum im Sinne des Art. 24 Ziff. 4 OR anzusehen wäre. Das ist zu bejahen. Die Echtheit des Gemäldes, die beim Vertragsschluss von beiden Parteien als gegeben vorausgesetzt wurde, stellt einen Umstand dar, der bei objektiver Betrachtung vom Standpunkt des loyalen Geschäftsverkehrs aus als unerlässlich erscheint, so dass ein Irrtum über ihn nicht als blosser unbeachtlicher Motivirrtum angesehen werden kann (BGE 79 II 164). Es versteht sich von selbst, dass der Kläger das Bild nicht gekauft und namentlich den dafür ausgelegten Kaufpreis nicht bezahlt hätte, wenn er von der Echtheit des Bildes nicht überzeugt gewesen wäre. Auf der andern Seite hätte auch die Beklagte nach Treu und Glauben den streitigen Vertrag nicht abschliessen dürfen, wenn sie gewusst hätte, dass das Bild in Wirklichkeit nicht von der Hand van Goghs stamme. Irrtum über die Echtheit eines Gemäldes ist denn auch in der Rechtsprechung (BGE 56 II 424ff.) als Grundlagenirrtum anerkannt worden.
8. Ein wegen wesentlichen Irrtums unverbindlicher Vertrag fällt nur dahin, wenn der Irrende spätestens innert Jahresfrist seit der Entdeckung seines Irrtums der Gegenpartei eröffnet, dass er den Vertrag nicht halten wolle; unterlässt er eine solche Erklärung, so gilt der Vertrag nach Art. 31 Abs. 1 OR als genehmigt.
a) Die Beklagte macht geltend, der Kläger habe schon zwischen 1948 und 1950 Kenntnis von der angeblichen Unechtheit des Bildes erlangt, weil damals der Kunstsachverständige John Rewald anlässlich einer Besichtigung der Sammlung des Klägers Zweifel an der Echtheit des Bildes verlauten liess; die Anfechtungserklärung vom 14. Februar 1952 sei daher verspätet erfolgt.
Mit der Angelegenheit Rewald hat es folgende Bewandtnis: Rewald, der ein Werk über den Maler Gauguin zu schreiben beabsichtigte, hatte im Jahre 1947 oder 1948 Frau Gérard in Paris aufgesucht, um sich ihre Erinnerungen an Gauguin erzählen zu lassen. Bei diesem Besuche gab sie ihm auch von ihrer Darstellung der Geschichte des streitigen Bildes Kenntnis und übergab ihm auch den 1931 in der "Comoedia" erschienenen Artikel Poulains. Später, zwischen 1948 und 1950, anlässlich einer Besichtigung der Sammlung des Klägers, sah Rewald auch das streitige Gemälde.
Die Vorinstanz hat nun angenommen, Rewald habe bei dieser Gelegenheit "irgend etwas von solchen Zweifeln" verlauten lassen; denn nachdem er einige Zeit vorher von Frau Gérard gehört, sie habe das fragliche Bild gemalt, sei es "mehr als wahrscheinlich, dass er dem Kläger irgendetwas von dieser Sache mitgeteilt" habe.
Diese Annahme der Vorinstanz beruht jedoch auf blossen Vermutungen, die das Bundesgericht nicht binden. Der Kläger hat bestritten, dass Rewald anlässlich der Besichtigung irgendwelche Zweifel geäussert oder ihm von seinem Besuch bei Frau Gérard und ihrer Erzählung etwas mitgeteilt habe. Nach seiner Darstellung hat er erst nach Einreichung der Klageschrift vom Besuch Rewalds bei Frau Gérard, von ihren damaligen Äusserungen und den von Rewald gehegten Zweifeln erfahren. Das Schreiben Rewalds vom 13. Oktober 1954, auf das die Vorinstanz hinweist, vermag ihre oben erwähnte Annahme nicht zu stützen. In diesem Schreiben schildert Rewald seinen Besuch bei Frau Gérard und führt weiter aus, als er dann später das Bild beim Kläger gesehen, habe es ihm in der Tat geschienen, dass die Blumen erst nachträglich auf der schon erhärteten Farbe des Hintergrundes angebracht worden seien, wie Frau Gérard dies behauptet habe. Dass er aber dem Kläger von der Erzählung der Frau Gérard und den von ihm bei der Besichtigung des Bildes gemachten Beobachtungen schon damals irgendetwas mitgeteilt habe, geht aus dem Schreiben Rewalds nicht hervor und darf nach der Lebenserfahrung auch nicht ohne weiteres als gegeben erachtet werden. Es kann deshalb nicht als erwiesen angesehen werden, dass der Kläger schon anlässlich des Besuchs Rewalds von 1948/50 etwas erfuhr, das ihm die für eine Kenntnis des heute behaupteten Irrtums erforderliche Gewissheit zu verschaffen vermocht hätte. Blosse unbestimmte, nicht näher belegte Zweifelsäusserungen eines Dritten, um die allein es auch nach der Auffassung der Vorinstanz bei allfälligen Andeutungen Rewalds sich hätte handeln können, sind nicht geeignet, die für eine Irrtumsanfechtung notwendige Kenntnis zu vermitteln. Wenn der Kläger solchen Zweifelsandeutungen Rewalds vorerst keine Bedeutung beimass, so erscheint das als verständlich angesichts der Tatsache, dass bis dahin das streitige Gemälde, soweit ihm bekannt war, allgemein als unzweifelhaft echt angesehen worden war und in zahlreichen Werken über van Gogh Aufnahme gefunden hatte. Mit Rücksicht hierauf kann. auch nicht gesagt werden, der Kläger wäre verpflichtet gewesen, unverzüglich weitere Nachforschungen anzustellen. Selbst wenn ihm Rewald gewisse unbestimmte Andeutungen gemacht haben sollte, dass ihm die Echtheit des Bildes zweifelhaft erscheine, so hätte für den Kläger noch kein hinreichender Anlass zur Vornahme irgendwelcher Erhebungen bestanden, solange er selber von der Echtheit des Bildes überzeugt war und nach der Sachlage überzeugt sein durfte. Das Unterlassen solcher Nachforschungen kann ihm daher nicht zum Nachteil gereichen. Es lässt sich somit nicht sagen, der Kläger habe schon auf Grund von Äusserungen Rewalds zwischen 1948 und 1950 Kenntnis vom heute geltend gemachten Irrtum gehabt.
b) Gleich verhält es sich mit dem weiteren Einwand der Beklagten, die Irrtumsanfechtung sei verspätet, weil "vor Ende 1951" der Kunsthändler Rosenberg dem Kläger gegenüber ebenfalls gewisse Zweifel an der Echtheit des Bildes bekundete. Die Annahme der Vorinstanz, Rosenberg habe dem Kläger die Gründe für seine Zweifel genannt, beruht auch hier auf einer blossen Vermutung und steht im Widerspruch mit der glaubhaften Erklärung des Klägers, er habe diese Bemerkung Rosenbergs nicht ernst genommen weil sie nicht belegt war und von einem Kunsthändler gegenüber einem nicht von ihm gelieferten Gemälde gemacht wurde. Aber selbst wenn man annehmen wollte, der Kläger hätte Anlass zu weiteren Nachforschungen gehabt, nachdem die Echtheit des Bildes nun angeblich schon zum zweiten Male angezweifelt worden war, müsste der Einwand der Verspätung gleichwohl als unbegründet erachtet werden. Da eine Abklärung der Angelegenheit immerhin einige Zeit in Anspruch genommen hätte, ist davon auszugehen, dass sie nicht vor Ende Januar 1952 hätte abgeschlossen sein können, also nicht vor der am 29. Januar 1952 erfolgten Äusserung De la Failles, durch welche der Kläger sich erst veranlasst fühlte, der Sache nachzugehen.
c) Ob man im übrigen annehmen will, der Irrtum sei schon mit der Äusserung De la Failles entdeckt gewesen oder erst nach Prüfung des Zeitungsartikels Poulains, ist für die Frage der Rechtzeitigkeit der Irrtumsanfechtung belanglos. Denn im einen wie im andern Falle hat der Kläger mit seiner am 14. Februar 1952 abgegebenen Anfechtungserklärung die Jahresfrist des Art. 31 OR gewahrt.
9. Die Frage des Zeitpunktes der genauen Kenntnis ist aber in anderer Hinsicht von Bedeutung. Mit der Geltendmachung des Irrtums fällt der Vertrag dahin und die gemachten Leistungen entbehren des Rechtsgrundes, weshalb sie gemäss den Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung rückforderbar sind. Dieser Bereicherungsanspruch verjährt nach Art. 67 OR mit Ablauf eines Jahres, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat. Der Kläger hat den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises am 9. Februar 1953 eingeklagt. Hatte er von seinem Rückforderungsanspruch bereits auf Grund der Äusserung De la Failles vom 29. Januar 1952 Kenntnis, wie die Beklagte geltend macht und auch die kantonalen Instanzen angenommen haben, so war die Bereicherungsklage im Zeitpunkt der Klageerhebung verjährt. Der Kläger vertritt demgegenüber die Ansicht, er habe die in Art. 67 OR vorausgesetzte Kenntnis frühestens erlangt, nachdem er sich auf die Äusserung De la Failles hin die Nummer der Zeitschrift "Comoedia" vom 10. Dezember 1931 beschafft und den Artikel Poulains einer Prüfung unterzogen hatte.
a) NachBGE 63 II 258ff. kommt es für die Frage, wie der Begriff der Kenntnis des Bereichungsanspruches im Sinne von Art. 67 OR zu verstehen sei, darauf an, wann der Kläger genügende Unterlagen und hinlängliche Veranlassung hatte, die Unverbindlicherklärung auszusprechen und eine Klage auf Rückerstattung des Kaufpreises anzuheben. Dazu genügt nicht jeder Anfang einer Erkenntnis vom Mangel der Gültigkeit des Geschäftes, das zur ungerechtfertigten Bereicherung Anlass gab. Es ist vielmehr eine derartige Wahrscheinlichkeit, ein solcher Grad von Gewissheit über das Bestehen des Bereicherungsanspruches notwendig, dass nach Treu und Glauben gesagt werden muss, der Kläger habe nunmehr keinen Anlass oder keine Möglichkeit mehr zu weiterer Abklärung und anderseits genügend Unterlagen zur Klageerhebung, so dass ihm eine solche vernünftigerweise zugemutet werden dürfe.
b) Diese Voraussetzungen waren aber mit der Erklärung De la Failles vom 29. Januar 1952 noch nicht erfüllt. Wenn dieser auch als hervorragender Kenner des Schaffens van Goghs und als Autorität auf diesem Gebiete betrachtet wird, so hatte er doch selber nie mit Judith Gérard gesprochen, sondern sein Urteil stützte sich - neben der kurzen Besichtigung des Bildes - ausschliesslich auf den Artikel Poulains. Nach den oben dargelegten Grundsätzen war daher der Kläger zweifellos berechtigt, sich diese einzige Quelle anzusehen, also sich den genannten Zeitungsartikel zu beschaffen, ihn zu prüfen und sich hernach schlüssig zu werden, ob er das Bild noch länger als echt ansehen könne. Da es auf jeden Fall etliche Tage dauerte, bis der Kläger die aus dem Jahre 1931 stammende Nummer einer in Zürich der Allgemeinheit unbekannten Zeitung ausfindig gemacht hatte und da ihm für seinen Entschluss noch eine gewisse Überlegungsfrist zugestanden werden muss, ist davon auszugehen, dass er erst unmittelbar vor der Abgabe der Erklärung vom 14. Februar 1952 Kenntnis vom Rückforderungsanspruch im Sinne von Art. 67 OR erlangte. Begann aber die Verjährungsfrist erst mit diesem Datum zu laufen, so war der Anspruch im Zeitpunkt der Klageerhebung, am 9. Februar 1953, noch nicht verjährt.
10. Der Berufung des Klägers auf Grundlagenirrtum kann auch nicht entgegengehalten werden, sie verstosse gegen Treu und Glauben und sei darum nach Art. 25 Abs. 1 OR unstatthaft. Ebenso lässt sich nicht sagen, der Kläger hätte seinen Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben und habe daher gemäss Art. 26 OR der Beklagten einen aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenden Schaden zu ersetzen. Er durfte sich, so gut wie die Beklagte selber, darauf verlassen, dass das Bild in zahlreichen Werken der Fachliteratur als Originalwerk van Goghs gegolten hatte.
11. Ist somit bei Unechtheit des Bildes die Berufung des Klägers auf Irrtum begründet und hat er seine Ansprüche hieraus rechtzeitig geltend gemacht, so ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Durchführung des Beweisverfahrens über die vom Kläger behauptete Unechtheit des Bildes und zu neuem Urteil an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts Zürich, I. Zivilkammer, vom 8. März 1956 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Vendita d'un quadro. Se un quadro venduto come autentico si rivela un falso, si possono applicare le disposizioni relative all'inadempimento delle obbligazioni (art. 97 sgg. CO) o si può considerare che il contratto ha per oggetto una cosa impossibile (art. 20 CO)? (consid. 3 e 4).
Le norme sull'errore (art. 23 sgg. CO) e quelle sulla garanzia (art. 197 sgg. CO) sono applicabili alternativamente? (consid. 6).
L'errore sull'autenticità d'un quadro verte su elementi necessari del contratto (consid. 7).
Conoscenza dell'errore, condizioni (consid. 8).
Nozione della conoscenza del diritto di ripetizione (consid. 9).
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civil law
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82 II 43
Sachverhalt ab Seite 43
A.- Jakob Born führte am 13. Dezember 1951 von seiner Grube in der Steinbille her auf der Hauptstrasse Aarburg-Oftringen mit einem Motorlastwagen nasses Kies. Das aus der Ladung tropfende Wasser vereiste die Fahrbahn. Daher begann der Personenwagen des Karl Peyer am gleichen Tage auf der Fahrt von Oftringen gegen Aarburg zu gleiten, als Peyer bremste, um einem von rechts von der Steinbille her Richtung Aarburg einschwenkenden Motorlastwagen der Bau AG den Vortritt zu lassen. Er drehte sich und stiess mit dem von Aarburg gegen Oftringen fahrenden Personenwagen des Paul Meer zusammen. Beide Fahrzeuge wurden beschädigt.
Das Obergericht des Kantons Aargau sprach Peyer am 29. August 1952 von der Anschuldigung der Übertretung des Art. 25 Abs. 1 MFG frei, weil er die Vereisung nicht habe voraussehen können.
B.- Meer liess Born auf 25. Juni 1953 zu einem amtlichen Sühneversuch vorladen und klagte am 14. November 1953 gegen ihn auf Fr. 4438.30 Schadenersatz nebst Zins zu 5% seit Friedensrichtervorstand. Born beantragte Abweisung der Klage. Er machte unter anderem geltend, die Schadenersatzforderung sei verjährt.
Das Bezirksgericht Zofingen hiess die Klage im Betrage von Fr. 4038.30 nebst Zins gut, wogegen das Obergericht des Kantons Aargau sie am 9. September 1955 auf Appellation des Beklagten wegen Verjährung abwies.
C.- Der Kläger hat Berufung erklärt mit dem Antrag, das oberinstanzliche Urteil sei aufzuheben und der Beklagte zu verurteilen, ihm Fr. 4038.30 nebst 5% Zins seit 25. Juni 1953 zu bezahlen, eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen.
D.- Der Beklagte beantragt, die Berufung sei abzuweisen und das Urteil des Obergerichts zu bestätigen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. a) Der Anspruch auf Schadenersatz aus unerlaubter Handlung verjährt in einem Jahre von dem Tage hinweg, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat (Art. 60 Abs. 1 OR).
Vom Schaden hat der Betroffene nicht schon Kenntnis, wenn ihm bekannt ist, dass er geschädigt wurde, sondern erst, wenn er weiss, worin der Schaden besteht und wie hoch er ist. Denn solange er die tatsächlichen Voraussetzungen seines Anspruches nicht kennt, ist er ausserstande, die Schadenersatzklage zu begründen (BGE 74 II 33ff.). Aus der gleichen Überlegung kann die "Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen" nicht schon bejaht werden, wenn der Geschädigte vermutet, die betreffende Person könnte Ersatz schulden, sondern erst, wenn er die Tatsachen kennt, die ihre Ersatzpflicht begründen. Nicht nötig ist dagegen, dass ihm auch die Rechtssätze bekannt seien, aus denen sich diese ergibt; Rechtsirrtum, sei er entschuldbar oder nicht, steht dem Lauf der Verjährung nicht im Wege (Urteil der I. Zivilabteilung vom 26. Juni 1954 i.S. Bochatey c. Roten).
b) Der Kläger versucht mit Recht nicht, die Auffassung des Obergerichts, er habe spätestens mit dem Empfang der Reparaturrechnung vom 18. Februar 1952 vom Schaden Kenntnis gehabt, zu widerlegen. Er macht dagegen geltend, er habe erst mit der am 29. September 1952 erfolgten Zustellung des freisprechenden Urteils gegen Peyer vom 29. August 1952 von der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt, weil er erst damals erfahren habe, dass der Wagen Peyers ohne Verschulden des Führers zufolge der Vereisung der Strasse ins Schleudern gekommen sei und somit Born für den Schaden hafte.
Dem ist nicht beizupflichten. Wie das Obergericht ausführt, erfuhr der Kläger "sicherlich" unmittelbar nach dem Zusammenstoss auf der Unfallstelle, dass der Schaden durch die dort vorhandene Vereisung der Strasse mitverursacht worden war, und hatte er auf jeden Fall anlässlich seiner Einvernahme vor Bezirksamt Zofingen vom 7. Februar 1952 davon Kenntnis. Ferner ist das Obergericht davon überzeugt, dass der Kläger schon unmittelbar nach dem Unfall oder wenigstens in den nächsten Tagen oder Wochen erfuhr, dass die Vereisung durch Nasskiestransporte des Beklagten verursacht worden war. Diese Feststellungen sind tatsächlicher Natur. Das Obergericht legt ihnen nicht unzutreffende Rechtsbegriffe zugrunde, was denn auch der Kläger nicht behauptet. Insbesondere verkennt es den Begriff der Mitverursachung nicht. Die Feststellungen sind auch nicht in Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen. Das Bundesgericht ist deshalb an sie gebunden (Art. 43 Abs. 3, 55 Abs. 1 lit. c OG). Da der Kläger nicht behauptet, er habe zunächst gemeint, besondere Tatsachen (irrige Vorstellung über den Zustand des Kieses usw.) vermöchten das Verhalten des Beklagten zu entschuldigen, war ihm somit spätestens in den nächsten Wochen nach dem Unfalle alles bekannt, was er wissen musste, um im Beklagten die Person eines Ersatzpflichtigen aus unerlaubter Handlung im Sinne der Art. 41 ff. OR zu sehen.
Spätestens in der zweiten Hälfte Februar 1952 (Eingang der Reparaturrechnung) begann daher die einjährige Frist des Art. 60 Abs. 1 OR zu laufen. Dass Peyer den Unfall nicht mitverschuldet habe, brauchte der Kläger nicht zu wissen; hievon hing weder die Grösse des Schadens, noch die Ersatzpflicht des Beklagten ab. Schon deshalb kommt nichts darauf an, dass Peyer erst am 29. August 1952 freigesprochen wurde und der Kläger vom Urteil erst am 29. September 1952 Kenntnis erhalten haben will. Übrigens betraf dieses Urteil nur die Frage der Strafbarkeit, nicht auch der zivilrechtlichen Verantwortung. Als dem Beklagten die Vorladung zum amtlichen Sühneversuch vom 25. Juni 1953 zugestellt wurde, war daher der Schadenersatzanspruch aus Art. 41 ff. OR verjährt. Dass die Frist, wenn sie spätestens in der zweiten Hälfte Februar 1952 zu laufen begann, unterbrochen worden sei (Art. 135 OR), behauptet der Kläger nicht.
2. Die Ansprüche gegen den Halter eines Motorfahrzeuges verjähren in zwei Jahren vom Tage hinweg, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat (Art. 44 Abs. 1 MFG). Diese Frist ist im vorliegenden Falle gemäss Art. 44 Abs. 2 MFG in Verbindung mit Art. 135 Ziff. 2 und 138 Abs. 1 OR wiederholt unterbrochen worden und noch nicht abgelaufen.
Sie ist jedoch nicht massgebend, da der Beklagte für das ihm zur Last gelegte Verhalten nicht nach Art. 37 ff. MFG haftet. Diese Bestimmungen gelten nur, wenn der Schaden "durch den Betrieb eines Motorfahrzeugs" verursacht worden ist (Art. 37 Abs. 1 MFG). Das trifft entgegen der Auffassung des Klägers hier nicht zu. Durch den Betrieb eines Motorfahrzeuges entstanden ist ein Schaden nur, wenn er auf den Gebrauch der maschinellen Einrichtungen (Motor, Scheinwerfer usw.) dieses Verkehrsmittels zurückgeht, d.h. Folge der besonderen Unfallgefahr ist, die dieser Gebrauch, insbesondere die Fortbewegung des Motorfahrzeuges, mit sich bringt (BGE 64 II 240,BGE 72 II 220). Es genügt also nicht, dass die Schadensursache anlässlich des Betriebes eines solchen Fahrzeuges gesetzt worden sei, sondern sie muss auf die diesem Betrieb eigene besondere Gefahr zurückgehen. Das Wasser aus dem vom Beklagten geführten Kies ist indessen nur anlässlich des Betriebes des Lastwagens auf die Strasse abgetropft, nicht wegen der diesem Betriebe innewohnenden besonderen Unfallgefahren. Es hätte mit gleicher Auswirkung auch aus einem stille stehenden Lastwagen, einem Pferdefuhrwerk oder einem Handkarren auf die Strasse gelangen und dort gefrieren können. Ob die motorische Erschütterung des Lastwagens das Abtropfen förderte, wie der Kläger in der Berufung anbringt, ist unerheblich; denn für den Umfang der Vernässung der Strasse ist in erster Linie der Wassergehalt der Ladung massgebend. Zudem kann von einem langsamer fahrenden Pferdefuhrwerk mit einer Kiesladung unter Umständen mehr Wasser auf eine bestimmte Strassenstrecke abtropfen als von einem Motorlastwagen, der sie in kürzerer Zeit durchfährt.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der I. Abteilung des Obergerichts des Kantons Aargau vom 9. September 1955 bestätigt.
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1. Art. 60 Abs. 1 OR, Beginn der Verjährung. Wann hat der Geschädigte vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt? (Erw. 1). 2. Art. 37 Abs. 1 MFG. Wann ist der Schaden "durch den Betrieb eines Motorfahrzeuges" verursacht worden? (Erw. 2).
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Sachverhalt ab Seite 43
A.- Jakob Born führte am 13. Dezember 1951 von seiner Grube in der Steinbille her auf der Hauptstrasse Aarburg-Oftringen mit einem Motorlastwagen nasses Kies. Das aus der Ladung tropfende Wasser vereiste die Fahrbahn. Daher begann der Personenwagen des Karl Peyer am gleichen Tage auf der Fahrt von Oftringen gegen Aarburg zu gleiten, als Peyer bremste, um einem von rechts von der Steinbille her Richtung Aarburg einschwenkenden Motorlastwagen der Bau AG den Vortritt zu lassen. Er drehte sich und stiess mit dem von Aarburg gegen Oftringen fahrenden Personenwagen des Paul Meer zusammen. Beide Fahrzeuge wurden beschädigt.
Das Obergericht des Kantons Aargau sprach Peyer am 29. August 1952 von der Anschuldigung der Übertretung des Art. 25 Abs. 1 MFG frei, weil er die Vereisung nicht habe voraussehen können.
B.- Meer liess Born auf 25. Juni 1953 zu einem amtlichen Sühneversuch vorladen und klagte am 14. November 1953 gegen ihn auf Fr. 4438.30 Schadenersatz nebst Zins zu 5% seit Friedensrichtervorstand. Born beantragte Abweisung der Klage. Er machte unter anderem geltend, die Schadenersatzforderung sei verjährt.
Das Bezirksgericht Zofingen hiess die Klage im Betrage von Fr. 4038.30 nebst Zins gut, wogegen das Obergericht des Kantons Aargau sie am 9. September 1955 auf Appellation des Beklagten wegen Verjährung abwies.
C.- Der Kläger hat Berufung erklärt mit dem Antrag, das oberinstanzliche Urteil sei aufzuheben und der Beklagte zu verurteilen, ihm Fr. 4038.30 nebst 5% Zins seit 25. Juni 1953 zu bezahlen, eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen.
D.- Der Beklagte beantragt, die Berufung sei abzuweisen und das Urteil des Obergerichts zu bestätigen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. a) Der Anspruch auf Schadenersatz aus unerlaubter Handlung verjährt in einem Jahre von dem Tage hinweg, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat (Art. 60 Abs. 1 OR).
Vom Schaden hat der Betroffene nicht schon Kenntnis, wenn ihm bekannt ist, dass er geschädigt wurde, sondern erst, wenn er weiss, worin der Schaden besteht und wie hoch er ist. Denn solange er die tatsächlichen Voraussetzungen seines Anspruches nicht kennt, ist er ausserstande, die Schadenersatzklage zu begründen (BGE 74 II 33ff.). Aus der gleichen Überlegung kann die "Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen" nicht schon bejaht werden, wenn der Geschädigte vermutet, die betreffende Person könnte Ersatz schulden, sondern erst, wenn er die Tatsachen kennt, die ihre Ersatzpflicht begründen. Nicht nötig ist dagegen, dass ihm auch die Rechtssätze bekannt seien, aus denen sich diese ergibt; Rechtsirrtum, sei er entschuldbar oder nicht, steht dem Lauf der Verjährung nicht im Wege (Urteil der I. Zivilabteilung vom 26. Juni 1954 i.S. Bochatey c. Roten).
b) Der Kläger versucht mit Recht nicht, die Auffassung des Obergerichts, er habe spätestens mit dem Empfang der Reparaturrechnung vom 18. Februar 1952 vom Schaden Kenntnis gehabt, zu widerlegen. Er macht dagegen geltend, er habe erst mit der am 29. September 1952 erfolgten Zustellung des freisprechenden Urteils gegen Peyer vom 29. August 1952 von der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt, weil er erst damals erfahren habe, dass der Wagen Peyers ohne Verschulden des Führers zufolge der Vereisung der Strasse ins Schleudern gekommen sei und somit Born für den Schaden hafte.
Dem ist nicht beizupflichten. Wie das Obergericht ausführt, erfuhr der Kläger "sicherlich" unmittelbar nach dem Zusammenstoss auf der Unfallstelle, dass der Schaden durch die dort vorhandene Vereisung der Strasse mitverursacht worden war, und hatte er auf jeden Fall anlässlich seiner Einvernahme vor Bezirksamt Zofingen vom 7. Februar 1952 davon Kenntnis. Ferner ist das Obergericht davon überzeugt, dass der Kläger schon unmittelbar nach dem Unfall oder wenigstens in den nächsten Tagen oder Wochen erfuhr, dass die Vereisung durch Nasskiestransporte des Beklagten verursacht worden war. Diese Feststellungen sind tatsächlicher Natur. Das Obergericht legt ihnen nicht unzutreffende Rechtsbegriffe zugrunde, was denn auch der Kläger nicht behauptet. Insbesondere verkennt es den Begriff der Mitverursachung nicht. Die Feststellungen sind auch nicht in Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen. Das Bundesgericht ist deshalb an sie gebunden (Art. 43 Abs. 3, 55 Abs. 1 lit. c OG). Da der Kläger nicht behauptet, er habe zunächst gemeint, besondere Tatsachen (irrige Vorstellung über den Zustand des Kieses usw.) vermöchten das Verhalten des Beklagten zu entschuldigen, war ihm somit spätestens in den nächsten Wochen nach dem Unfalle alles bekannt, was er wissen musste, um im Beklagten die Person eines Ersatzpflichtigen aus unerlaubter Handlung im Sinne der Art. 41 ff. OR zu sehen.
Spätestens in der zweiten Hälfte Februar 1952 (Eingang der Reparaturrechnung) begann daher die einjährige Frist des Art. 60 Abs. 1 OR zu laufen. Dass Peyer den Unfall nicht mitverschuldet habe, brauchte der Kläger nicht zu wissen; hievon hing weder die Grösse des Schadens, noch die Ersatzpflicht des Beklagten ab. Schon deshalb kommt nichts darauf an, dass Peyer erst am 29. August 1952 freigesprochen wurde und der Kläger vom Urteil erst am 29. September 1952 Kenntnis erhalten haben will. Übrigens betraf dieses Urteil nur die Frage der Strafbarkeit, nicht auch der zivilrechtlichen Verantwortung. Als dem Beklagten die Vorladung zum amtlichen Sühneversuch vom 25. Juni 1953 zugestellt wurde, war daher der Schadenersatzanspruch aus Art. 41 ff. OR verjährt. Dass die Frist, wenn sie spätestens in der zweiten Hälfte Februar 1952 zu laufen begann, unterbrochen worden sei (Art. 135 OR), behauptet der Kläger nicht.
2. Die Ansprüche gegen den Halter eines Motorfahrzeuges verjähren in zwei Jahren vom Tage hinweg, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat (Art. 44 Abs. 1 MFG). Diese Frist ist im vorliegenden Falle gemäss Art. 44 Abs. 2 MFG in Verbindung mit Art. 135 Ziff. 2 und 138 Abs. 1 OR wiederholt unterbrochen worden und noch nicht abgelaufen.
Sie ist jedoch nicht massgebend, da der Beklagte für das ihm zur Last gelegte Verhalten nicht nach Art. 37 ff. MFG haftet. Diese Bestimmungen gelten nur, wenn der Schaden "durch den Betrieb eines Motorfahrzeugs" verursacht worden ist (Art. 37 Abs. 1 MFG). Das trifft entgegen der Auffassung des Klägers hier nicht zu. Durch den Betrieb eines Motorfahrzeuges entstanden ist ein Schaden nur, wenn er auf den Gebrauch der maschinellen Einrichtungen (Motor, Scheinwerfer usw.) dieses Verkehrsmittels zurückgeht, d.h. Folge der besonderen Unfallgefahr ist, die dieser Gebrauch, insbesondere die Fortbewegung des Motorfahrzeuges, mit sich bringt (BGE 64 II 240,BGE 72 II 220). Es genügt also nicht, dass die Schadensursache anlässlich des Betriebes eines solchen Fahrzeuges gesetzt worden sei, sondern sie muss auf die diesem Betrieb eigene besondere Gefahr zurückgehen. Das Wasser aus dem vom Beklagten geführten Kies ist indessen nur anlässlich des Betriebes des Lastwagens auf die Strasse abgetropft, nicht wegen der diesem Betriebe innewohnenden besonderen Unfallgefahren. Es hätte mit gleicher Auswirkung auch aus einem stille stehenden Lastwagen, einem Pferdefuhrwerk oder einem Handkarren auf die Strasse gelangen und dort gefrieren können. Ob die motorische Erschütterung des Lastwagens das Abtropfen förderte, wie der Kläger in der Berufung anbringt, ist unerheblich; denn für den Umfang der Vernässung der Strasse ist in erster Linie der Wassergehalt der Ladung massgebend. Zudem kann von einem langsamer fahrenden Pferdefuhrwerk mit einer Kiesladung unter Umständen mehr Wasser auf eine bestimmte Strassenstrecke abtropfen als von einem Motorlastwagen, der sie in kürzerer Zeit durchfährt.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der I. Abteilung des Obergerichts des Kantons Aargau vom 9. September 1955 bestätigt.
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1. Art. 60 al. 1 CO, commencement de la prescription. Quand le lésé a-t-il eu connaissance du dommage et de la personne qui en est l'auteur? (consid. 1). 2. Art. 37 al. 1 LA. Quand le dommage a-t-il été causé "par l'emploi d'un véhicule automobile"? (consid. 2).
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82 II 43
Sachverhalt ab Seite 43
A.- Jakob Born führte am 13. Dezember 1951 von seiner Grube in der Steinbille her auf der Hauptstrasse Aarburg-Oftringen mit einem Motorlastwagen nasses Kies. Das aus der Ladung tropfende Wasser vereiste die Fahrbahn. Daher begann der Personenwagen des Karl Peyer am gleichen Tage auf der Fahrt von Oftringen gegen Aarburg zu gleiten, als Peyer bremste, um einem von rechts von der Steinbille her Richtung Aarburg einschwenkenden Motorlastwagen der Bau AG den Vortritt zu lassen. Er drehte sich und stiess mit dem von Aarburg gegen Oftringen fahrenden Personenwagen des Paul Meer zusammen. Beide Fahrzeuge wurden beschädigt.
Das Obergericht des Kantons Aargau sprach Peyer am 29. August 1952 von der Anschuldigung der Übertretung des Art. 25 Abs. 1 MFG frei, weil er die Vereisung nicht habe voraussehen können.
B.- Meer liess Born auf 25. Juni 1953 zu einem amtlichen Sühneversuch vorladen und klagte am 14. November 1953 gegen ihn auf Fr. 4438.30 Schadenersatz nebst Zins zu 5% seit Friedensrichtervorstand. Born beantragte Abweisung der Klage. Er machte unter anderem geltend, die Schadenersatzforderung sei verjährt.
Das Bezirksgericht Zofingen hiess die Klage im Betrage von Fr. 4038.30 nebst Zins gut, wogegen das Obergericht des Kantons Aargau sie am 9. September 1955 auf Appellation des Beklagten wegen Verjährung abwies.
C.- Der Kläger hat Berufung erklärt mit dem Antrag, das oberinstanzliche Urteil sei aufzuheben und der Beklagte zu verurteilen, ihm Fr. 4038.30 nebst 5% Zins seit 25. Juni 1953 zu bezahlen, eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen.
D.- Der Beklagte beantragt, die Berufung sei abzuweisen und das Urteil des Obergerichts zu bestätigen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. a) Der Anspruch auf Schadenersatz aus unerlaubter Handlung verjährt in einem Jahre von dem Tage hinweg, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat (Art. 60 Abs. 1 OR).
Vom Schaden hat der Betroffene nicht schon Kenntnis, wenn ihm bekannt ist, dass er geschädigt wurde, sondern erst, wenn er weiss, worin der Schaden besteht und wie hoch er ist. Denn solange er die tatsächlichen Voraussetzungen seines Anspruches nicht kennt, ist er ausserstande, die Schadenersatzklage zu begründen (BGE 74 II 33ff.). Aus der gleichen Überlegung kann die "Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen" nicht schon bejaht werden, wenn der Geschädigte vermutet, die betreffende Person könnte Ersatz schulden, sondern erst, wenn er die Tatsachen kennt, die ihre Ersatzpflicht begründen. Nicht nötig ist dagegen, dass ihm auch die Rechtssätze bekannt seien, aus denen sich diese ergibt; Rechtsirrtum, sei er entschuldbar oder nicht, steht dem Lauf der Verjährung nicht im Wege (Urteil der I. Zivilabteilung vom 26. Juni 1954 i.S. Bochatey c. Roten).
b) Der Kläger versucht mit Recht nicht, die Auffassung des Obergerichts, er habe spätestens mit dem Empfang der Reparaturrechnung vom 18. Februar 1952 vom Schaden Kenntnis gehabt, zu widerlegen. Er macht dagegen geltend, er habe erst mit der am 29. September 1952 erfolgten Zustellung des freisprechenden Urteils gegen Peyer vom 29. August 1952 von der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt, weil er erst damals erfahren habe, dass der Wagen Peyers ohne Verschulden des Führers zufolge der Vereisung der Strasse ins Schleudern gekommen sei und somit Born für den Schaden hafte.
Dem ist nicht beizupflichten. Wie das Obergericht ausführt, erfuhr der Kläger "sicherlich" unmittelbar nach dem Zusammenstoss auf der Unfallstelle, dass der Schaden durch die dort vorhandene Vereisung der Strasse mitverursacht worden war, und hatte er auf jeden Fall anlässlich seiner Einvernahme vor Bezirksamt Zofingen vom 7. Februar 1952 davon Kenntnis. Ferner ist das Obergericht davon überzeugt, dass der Kläger schon unmittelbar nach dem Unfall oder wenigstens in den nächsten Tagen oder Wochen erfuhr, dass die Vereisung durch Nasskiestransporte des Beklagten verursacht worden war. Diese Feststellungen sind tatsächlicher Natur. Das Obergericht legt ihnen nicht unzutreffende Rechtsbegriffe zugrunde, was denn auch der Kläger nicht behauptet. Insbesondere verkennt es den Begriff der Mitverursachung nicht. Die Feststellungen sind auch nicht in Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen. Das Bundesgericht ist deshalb an sie gebunden (Art. 43 Abs. 3, 55 Abs. 1 lit. c OG). Da der Kläger nicht behauptet, er habe zunächst gemeint, besondere Tatsachen (irrige Vorstellung über den Zustand des Kieses usw.) vermöchten das Verhalten des Beklagten zu entschuldigen, war ihm somit spätestens in den nächsten Wochen nach dem Unfalle alles bekannt, was er wissen musste, um im Beklagten die Person eines Ersatzpflichtigen aus unerlaubter Handlung im Sinne der Art. 41 ff. OR zu sehen.
Spätestens in der zweiten Hälfte Februar 1952 (Eingang der Reparaturrechnung) begann daher die einjährige Frist des Art. 60 Abs. 1 OR zu laufen. Dass Peyer den Unfall nicht mitverschuldet habe, brauchte der Kläger nicht zu wissen; hievon hing weder die Grösse des Schadens, noch die Ersatzpflicht des Beklagten ab. Schon deshalb kommt nichts darauf an, dass Peyer erst am 29. August 1952 freigesprochen wurde und der Kläger vom Urteil erst am 29. September 1952 Kenntnis erhalten haben will. Übrigens betraf dieses Urteil nur die Frage der Strafbarkeit, nicht auch der zivilrechtlichen Verantwortung. Als dem Beklagten die Vorladung zum amtlichen Sühneversuch vom 25. Juni 1953 zugestellt wurde, war daher der Schadenersatzanspruch aus Art. 41 ff. OR verjährt. Dass die Frist, wenn sie spätestens in der zweiten Hälfte Februar 1952 zu laufen begann, unterbrochen worden sei (Art. 135 OR), behauptet der Kläger nicht.
2. Die Ansprüche gegen den Halter eines Motorfahrzeuges verjähren in zwei Jahren vom Tage hinweg, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat (Art. 44 Abs. 1 MFG). Diese Frist ist im vorliegenden Falle gemäss Art. 44 Abs. 2 MFG in Verbindung mit Art. 135 Ziff. 2 und 138 Abs. 1 OR wiederholt unterbrochen worden und noch nicht abgelaufen.
Sie ist jedoch nicht massgebend, da der Beklagte für das ihm zur Last gelegte Verhalten nicht nach Art. 37 ff. MFG haftet. Diese Bestimmungen gelten nur, wenn der Schaden "durch den Betrieb eines Motorfahrzeugs" verursacht worden ist (Art. 37 Abs. 1 MFG). Das trifft entgegen der Auffassung des Klägers hier nicht zu. Durch den Betrieb eines Motorfahrzeuges entstanden ist ein Schaden nur, wenn er auf den Gebrauch der maschinellen Einrichtungen (Motor, Scheinwerfer usw.) dieses Verkehrsmittels zurückgeht, d.h. Folge der besonderen Unfallgefahr ist, die dieser Gebrauch, insbesondere die Fortbewegung des Motorfahrzeuges, mit sich bringt (BGE 64 II 240,BGE 72 II 220). Es genügt also nicht, dass die Schadensursache anlässlich des Betriebes eines solchen Fahrzeuges gesetzt worden sei, sondern sie muss auf die diesem Betrieb eigene besondere Gefahr zurückgehen. Das Wasser aus dem vom Beklagten geführten Kies ist indessen nur anlässlich des Betriebes des Lastwagens auf die Strasse abgetropft, nicht wegen der diesem Betriebe innewohnenden besonderen Unfallgefahren. Es hätte mit gleicher Auswirkung auch aus einem stille stehenden Lastwagen, einem Pferdefuhrwerk oder einem Handkarren auf die Strasse gelangen und dort gefrieren können. Ob die motorische Erschütterung des Lastwagens das Abtropfen förderte, wie der Kläger in der Berufung anbringt, ist unerheblich; denn für den Umfang der Vernässung der Strasse ist in erster Linie der Wassergehalt der Ladung massgebend. Zudem kann von einem langsamer fahrenden Pferdefuhrwerk mit einer Kiesladung unter Umständen mehr Wasser auf eine bestimmte Strassenstrecke abtropfen als von einem Motorlastwagen, der sie in kürzerer Zeit durchfährt.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der I. Abteilung des Obergerichts des Kantons Aargau vom 9. September 1955 bestätigt.
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1. Art. 60 cp. 1 CO, inizio della prescrizione. Quando il danneggiato conobbe il danno e la persona responsabile? (consid. 1). 2. Art. 37 cp. 1 LA. Quando il danno è stato cagionato "col far uso di un autoveicolo"? (consid. 2).
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82 II 430
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82 II 430
Sachverhalt ab Seite 431
A.- Jean Volkart besass in Rümlang eine Liegenschaft, in der er unter Mithilfe seiner Tochter Margrit eine Metzgerei führte. Am 9. Februar 1949 verkaufte er sie samt Geschäftsmobiliar für Fr. 90'000.-- an Eugen Romann, der seit 4. Juli 1948 mit Margrit Volkart verlobt war. Liegenschaft und Mobiliar hatten damals einen Verkehrswert von Fr. 155 750.--. Die Gebäude waren für Fr. 219 600.-- gegen Brand versichert.
Romann, der bisher zusammen mit seinen Eltern im Hause seines Vaters in Dielsdorf eine Metzgerei geführt hatte, liess auf der neu erworbenen Liegenschaft bedeutende Umbauarbeiten vornehmen, bewog seine Eltern, Geschäft und Grundbesitz in Dielsdorf zu verkaufen, zog im Mai 1950 mit ihnen in Rümlang ein und übernahm hier den Betrieb des Geschäftes.
Am 29. März 1951 starb Jean Volkart. Er wurde von seinen Kindern Margrit Volkart, Hans Volkart und Elisabeth Sutz beerbt.
Am 18. Juni 1951 löste Romann sein Verlöbnis mit Margrit Volkart auf.
B.- Am 7. Juli 1952 klagten die Erben des Jean Volkart beim Bezirksgericht Dielsdorf gegen Eugen Romann mit den Begehren, er sei zu verpflichten, ihnen Fr. 70 000.-- nebst 5% Zins ab 1. März 1949 zu bezahlen, eventuell ihnen die Liegenschaft gegen Rückerstattung von Fr. 90 000.-- und gegen Erstattung des vom Beklagten geschaffenen Mehrwertes zu übertragen. Sie machten geltend, im Verkauf der Liegenschaft zu bewusst stark untersetztem Preise liege eine unentgeltliche Zuwendung im Hinblick darauf, dass der Empfänger die Tochter des Verkäufers habe heiraten wollen. Da die Ehe nicht zustande gekommen sei, habe der Beklagte die Zuwendung nach Art. 62 ff. OR herauszugeben.
Der Beklagte beantragte, die Klage sei abzuweisen.
Das Bezirksgericht hiess sie dahin teilweise gut, dass es ihn verurteilte, den Klägern Fr. 28'500.-- nebst 5% Zins seit 9. Februar 1949 zu bezahlen.
Das Obergericht des Kantons Zürich, an das beide Parteien appellierten und vor dem sie an ihren Anträgen festhielten, änderte am 30. September 1955 das Urteil dahin ab, dass es den Klägern Fr. 35'000.-- nebst 5% Zins seit 9. Oktober 1951 zusprach. Es ging davon aus, Jean Volkart habe dem Beklagten Liegenschaft und Mobiliar um Fr. 65 750.-- unter dem Verkehrswert verkauft. Zurückzuerstatten sei aber nur der Unterschied zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Preise, den die Parteien vernünftigerweise verabredet hätten, wenn der Verkäufer nicht, wie es beiden Teilen bewusst sein musste, eine unentgeltliche Zuwendung hätte vornehmen wollen. Dieser Unterschied hange nicht nur von objektiven Umständen ab. In einem billigen Kaufpreis liege nicht ohne weiteres eine unentgeltliche Zuwendung, da es durchaus natürlich sei, dass ein Verkäufer einem zukünftigen Schwiegersohne eine solche billiger überlasse als einem Fremden, ohne damit geradezu eine Schenkung machen zu wollen. Auch hätte der Beklagte, dem eine Metzgerei in Dielsdorf zur Verfügung gestanden habe, kaum die Liegenschaft in Rümlang erworben, wenn er dafür soviel hätte bezahlen müssen wie irgend ein Dritter. Der Beklagte könne nicht auf einem Umwege gezwungen werden, einen Kaufpreis zu bezahlen, den er niemals angeboten hätte. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Beklagte im Vertrauen auf die Endgültigkeit des Erwerbs grosszügiger umgebaut habe, als wenn er den vollen Verkehrswert hätte bezahlen müssen.
Eine Nichtigkeitsbeschwerde, die der Beklagte gegen das oberinstanzliche Urteil einreichte, wurde vom Kassationsgericht des Kantons Zürich am 30. April 1956 abgewiesen, soweit es auf sie eintrat.
C.- Der Beklagte hat gegen das Urteil des Obergerichts die Berufung erklärt mit den Anträgen, es sei aufzuheben und die Klage abzuweisen, eventuell sei die Sache zur Ergänzung der Akten und zu neuer Entscheidung an die kantonale Instanz zurückzuweisen.
Die Kläger haben die Anschlussberufung erklärt mit dem Antrag auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Fr. 56'000.-- nebst 5% Zins seit 9. Oktober 1951.
D.- Die Kläger beantragten Abweisung der Berufung, der Beklagte Abweisung der Anschlussberufung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
.....
4. Zur Rückerstattung aus ungerechtfertigter Bereicherung ist gemäss Art. 62 OR unter anderem verpflichtet, wer aus einem nicht verwirklichten Grund eine Zuwendung erhalten hat. Eine solche braucht entgegen der Auffassung des Beklagten nicht auf einem Rechtsgeschäft zu beruhen, das nur den Zuwendenden zu einer Leistung verpflichtet. Auch wer eine Leistung entgilt, das aber nur teilweise tut, ist bereichert. Die den Empfänger bereichernde Zuwendung liegt dann im nicht entgoltenen Teil der Leistung. Man spricht von einem gemischten Geschäft, gemischt in dem Sinne, dass eine entgeltliche Zuwendung mit einer unentgeltlichen verschmolzen ist. Ob die entgeltliche und die unentgeltliche aus ein und demselben Grunde gemacht werden, ist unerheblich. Trifft das zu und wird der Grund nicht verwirklicht, so lassen die Art. 62 ff. OR sich auf den nicht entgoltenen Teil der Leistung dennoch anwenden, wogegen sie den entgoltenen nicht erfassen, weil der Empfänger wegen seiner Gegenleistung insoweit nicht bereichert ist.
5. Nicht jeder Vertrag, in dem Leistung und Gegenleistung nicht gleichviel wert sind, ist ein gemischter. Die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien kann das Geschäft trotz des objektiv nicht bestehenden Gleichgewichts zwischen den beidseitigen Leistungen zu einem ausschliesslich zweiseitigen Vertrage machen. Denn niemand ist gehalten, den Leistungen ihren objektiven Wert beizulegen. Die Parteien können aus mannigfaltigen Gründen, insbesondere wegen persönlicher Beziehungen zur Gegenpartei, das Gleichgewicht als hergestellt sehen, obschon es objektiv nicht besteht. Von einem gemischten Vertrage kann daher nur die Rede sein, wenn nach übereinstimmender gegenseitiger Willensäusserung der Parteien der Unterschied zwischen dem objektiven Wert der Leistungen oder ein Teil davon unentgeltliche Zuwendung sein soll (vgl.BGE 45 II 379, 520,BGE 77 II 39).
Die Tatsache, dass Volkart dem Beklagten für die Kaufgegenstände einen objektiv um Fr. 65'750.-- zu niedrigen Preis verlangt hat, macht daher für sich allein das Geschäft nicht zu einem gemischten. Anderseits wird ein solches nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beklagte behauptet, er habe keine unentgeltliche Zuwendung erhalten wollen, sondern nur deshalb einen so geringen Preis bezahlt, weil er die Liegenschaft auf Abbruch gekauft habe. Nicht was der Beklagte tatsächlich gewollt hat, ist massgebend, sondern auf den Inhalt der übereinstimmenden Willensäusserungen, die den Vertrag zustande bringen (Art. 1 OR), kommt es an.
6. Im vorliegenden Fall ist dieser Inhalt aus den Umständen zu ermitteln, da zu der Frage, ob der Vertrag als gemischter zu gelten habe, keine Partei beim Vertragsabschluss eine ausdrückliche Erklärung abgegeben hat.
Die Umstände aber geben dem Vertrage den Sinn eines gemischten Geschäftes. Der vereinbarte Preis liegt so erheblich unter dem Verkehrswert, dass der Beklagte nicht annehmen durfte, Volkart sehe in ihm einen blossen Freundschaftspreis, wie er unter eng verbundenen Personen etwa vereinbart wird. Er lässt sich auch nicht mit einem blossen Entgegenkommen des Verkäufers im Hinblick auf den vom Käufer geplanten Umbau erklären.
Dagegen lag in der Absicht des Beklagten, die Tochter des Verkäufers zu heiraten, ein erkennbarer Grund, dem Beklagten eine unentgeltliche Zuwendung zu machen. In diesem Sinne legte auch der Notar den Vertrag aus, sah er sich doch veranlasst, den Verkäufer - in Abwesenheit des Beklagten - vor der Verurkundung zu fragen, ob er sich nicht durch ein Rückkaufsrecht oder eine Grundpfandverschreibung sichern wolle, da er ja nicht wisse, ob die Verlobung seiner Tochter wirklich zu einer Heirat führen werde. Volkart antwortete nicht etwa, dass er die Fr. 90'000.-- angesichts der Umstände als gerechten Preis erachte, über den er nicht hinausgehen wolle, was auch immer kommen möge, sondern er gab seinem Vertrauen in den Käufer Ausdruck, das eine Sicherung unnötig mache. Wie das Bezirksgericht auf Grund der Aussagen des Notars und seines Substituten sowie weiterer Zeugen ausführt, war es denn auch tatsächlich der Wille des Verkäufers, dem Beklagten die Liegenschaft im Hinblick auf die erwartete Verehelichung mit Margrit Volkart unter dem Verkehrswert zu überlassen, eine Feststellung, die vom Obergericht durch Verweisung auf die tatsächlichen Ergebnisse des erstinstanzlichen Urteils übernommen wird und daher das Bundesgericht bindet. Dem Beklagten konnte diese Einstellung des Verkäufers nicht entgehen, und Volkart durfte annehmen, sein Wille, eine unentgeltliche Zuwendung zu machen, liege auch ohne ausdrückliche Erklärung klar zutage. Der Beklagte war zur Zeit des Vertragsabschlusses fünfunddreissigjährig, führte nach seinen eigenen Angaben in Dielsdorf das grosse, sieben Angestellte aufweisende Geschäft seiner betagten Eltern und war diesen die Hauptstütze. Wenn ihn das Obergericht als erfahrenen Geschäftsmann bezeichnet, so kann daher von einem offensichtlichen Versehen, wie der Beklagte unter Hinweis auf Art. 55 Abs. 1 lit d und Art. 63 Abs. 2 OG geltend macht, keine Rede sein. Als erfahrener Geschäftsmann aber konnte er auch ohne besondere Fachkenntnisse im Handel mit Grundeigentum den Wert einer Liegenschaft mit Metzgerei einigermassen ermessen und musste er sich daher bewusst werden, dass jene des Volkart erheblich mehr als Fr. 90 000.-- wert war und ihm der Verkäufer eine unentgeltliche Zuwendung machen wollte, weil er in ihm seinen künftigen Schwiegersohn sah. Dass die Parteien sich über das Mass dieser Zuwendung einig waren oder sich auch bloss über den objektiven Wertunterschied zwischen Leistung und Gegenleistung übereinstimmende Vorstellungen machten, ist nicht nötig. Es genügt, dass der Beklagte aus den Umständen auf ein gemischtes Geschäft schliessen musste. Seiner Auffassung, es liege ein reiner Kaufvertrag vor, ist somit nicht beizupflichten.
7. Demnach erblickte Volkart den Grund der unentgeltlichen Zuwendung in der versprochenen Ehe zwischen seiner Tochter und dem Beklagten, und auch dieser musste ihn nach den Umständen darin sehen.
Dieser Grund hat sich nicht verwirklicht, womit insoweit die Voraussetzung der Rückerstattung gemäss Art. 62 OR erfüllt ist. Eines Vorbehaltes der Rückforderung für den Fall der Auflösung der Verlobung bedurfte es nicht; der Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung ergibt sich aus dem Gesetz. Dass Volkart keinen dahingehenden Vorbehalt in den Vertrag aufnahm, bedeutet daher nicht Verzicht; die gegenteilige Auffassung des Beklagten hält nicht stand.
Ebensowenig lässt die Rückerstattungspflicht sich mit der Überlegung bestreiten, die Zuwendung hange mit dem nicht verwirklichten Grund nicht ursächlich zusammen, weil das, was Vater Volkart gewollt habe, nicht durch ihn, sondern durch den Beklagten selbst, nämlich durch den mit eigenen Mitteln erstellten Umbau erreicht worden sei. Grund der Zuwendung war die Heirat, nichts anderes, und da die Ehe nicht zustande kam, hängt die Bereicherung mit der Nichtverwirklichung des Zuwendungsgrundes ursächlich zusammen.
8. Das Obergericht erachtet die Einwendung des Beklagten, er sei nicht mehr bereichert und daher nicht zur Rückerstattung verpflichtet, als unerheblich, weil er solange mit der Rückerstattung habe rechnen müssen, als der Grund der Zuwendung nicht verwirklicht war (Art. 64 OR).
Diese Auffassung ist zutreffend. Der Beklagte vermag sie nicht mit der Begründung zu widerlegen, der Vertrag, dessetwegen Volkart leistete, nämlich die Verlobung, sei ja im Augenblick der Zuwendung schon abgeschlossen gewesen. Die unentgeltliche Zuwendung erfolgte nicht wegen der Verlobung und in der Erwartung, dass sie bestehen bleibe, sondern im Hinblick auf die künftige Heirat. Das war ein zwar versprochenes, aber dennoch unsicheres Ereignis, was auch immer zur Ursache seines Nichteintrittes geworden sein und wer immer sie gesetzt haben mag. Daher kommt auf den weiteren Einwand des Beklagten, er habe nicht damit rechnen müssen, dass seine Braut wichtige Gründe zur Aufhebung der Verlobung schaffen werde, nichts an. Da die Trauung nicht stattgefunden hatte, als der Beklagte die Zuwendung erhielt, musste er damit rechnen, dass es möglicherweise nicht zur Heirat komme und die Zuwendung zurückerstattet werden müsse.
9. a) Zurückzuerstatten ist höchstens der Betrag der unentgeltlichen Zuwendung. Unentgeltlich zugewendet aber ist im gemischten Vertrag nicht notwendigerweise der ganze Unterschied zwischen den objektiven Werten der Leistung und der Gegenleistung. Wie die Parteien trotz eines solchen Unterschiedes das Gleichgewicht als hergestellt erklären und damit die Würdigung als gemischtes Geschäft ausschliessen können, steht es ihnen frei, durch übereinstimmende Willensäusserungen nur einen Teil des objektiven Wertunterschiedes zur unentgeltlichen Zuwendung zu machen. Ein dahin gehender Wille braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden, sondern kann sich aus den Umständen ergeben.
Im vorliegenden Falle ist zu berücksichtigen, dass schon die Ermittlung des objektiven Wertunterschiedes dem Ermessen weiten Raum lässt. Das erhellt daraus, dass das Bezirksgericht in Anlehung an das Gutachten Gisiger/Schweizer einen Verkehrswert der Kaufgegenstände von Fr. 118'500.--, das Obergericht dagegen, im wesentlichen dem Gutachten Rehfuss/Stettler folgend, einen solchen von Fr. 155'750.-- feststellt. Wenn auch das Bundesgericht an die oberinstanzliche Feststellung gebunden ist, so liegt doch auf der Hand, dass sie das Ergebnis blosser Abwägung ist, die in guten Treuen auch anders hätte ausfallen können. Das Obergericht hat denn auch die Einholung eines weiteren Gutachtens mit der Begründung abgelehnt, ein solches würde nur neue Schätzungszahlen ergeben, "die genau so diskutabel wären wie die alten". Daher lässt sich nicht sagen, die Umstände ergäben eine von den Parteien gewollte unentgeltliche Zuwendung in der Höhe des im Prozess festgestellten Wertunterschiedes von Fr. 65 750.--. Es fehlt denn auch jeder Anhaltspunkt, dass die eine oder andere Partei gerade an diesen Betrag gedacht habe. Was den Verkäufer betrifft, steht gegenteils fest, dass er, wenn auch erst kurz vor seinem Tode, eine Rückerstattung von Fr. 40 000.-- in Aussicht nahm entwarf er doch damals, offenbar weil das Verlöbnis inzwischen brüchig geworden war, eine Schuldanerkennung in dieser Höhe. Freilich können ihn dabei auch andere Überlegungen als nur die subjektive Bewertung der Kauf sache bewogen haben, seinen Anspruch auf nur Fr. 40 000.-- zu beziffern.
Ferner ist durchaus natürlich, dass ein Verkäufer einem zukünftigen Schwiegersohn, auch ohne ihm eine unentgeltliche Zuwendung machen zu wollen, eine Sache billiger überlässt als einem Fremden. Auch diese Erfahrungstatsache verbietet hier, den ganzen Unterschied zwischen Verkehrswert der Kaufsache und dem vereinbarten Preis als unentgeltlich zugewendet zu behandeln.
Endlich kommt dazu, dass der Beklagte die erworbenen Gebäude weitgehend umbauen wollte, was auch dem Verkäufer bekannt war, enthält doch der Vertrag eine Bestimmung, wonach der Käufer im Hinblick auf den geplanten Umbau eine leere Pfandstelle von Fr. 100'000.-- errichte. Allerdings steht nicht fest, dass, wie der Beklagte behauptet, die Gebäude zum Abbruch bestimmt gewesen seien, gibt er doch selber zu, dass die Vorderfront stehen blieb. Doch auch die Kläger sprechen von wesentlichen Umbauarbeiten, und aus den Akten ergibt sich, dass schliesslich für sie allein nach der Bauabrechnung Fr. 242 376.75 ausgelegt werden mussten. Der grosse Aufwand für den Umbau, der dem Beklagten beim Kauf der Liegenschaft in Aussicht stand, kann bei der Bestimmung des Kaufpreises nicht ganz ausser Betracht gefallen sein.
b) Bei der Bemessung des herauszugebenden Betrages ist ferner darauf Bedacht zu nehmen, dass der gutgläubige Empfänger der unentgeltlichen Zuwendung nach der Rückerstattung nicht schlechter dasteht, als wenn die Zuwendung nicht stattgefunden hätte. Das heisst, wer im Vertrauen auf die Endgültigkeit der Zuwendung eine sein übriges Vermögen mindernde Verfügung trifft oder eine Massnahme zur Wahrung seiner Vermögensinteressen unterlässt, soll sich dafür, auch wenn den andern kein Verschulden trifft, an der empfangenen Zuwendung schadlos halten können (BGE 73 II 108f.).
Dass der Beklagte beim Empfang der unentgeltlichen Zuwendung guten Glaubens war, die versprochene Ehe komme zustande und er dürfe die Zuwendung behalten, ist nicht bestritten. Auch ist davon auszugehen, dass er im Vertrauen auf ihre Endgültigkeit grosszügiger umgebaut hat, als wenn er den Verkehrswert hätte bezahlen müssen. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass billiger Bodenerwerb oder der Kauf eines zum Umbau bestimmten Hauses zu einem unter seinem Werte stehenden Preis den Käufer leicht zu Bauauslagen bewegt, die er sonst unterliesse und denen keine entsprechende Wertvermehrung gegenübersteht. Gerade dies behaupten die Kläger vom Beklagten, wenn sie ausführen, er habe im alten Teil des Ladens die ganzen Plattenbeläge herausgerissen, statt nur den neuen Teil mit Platten verkleiden zu lassen, und er sei auch sonst auf ähnliche Weise vorgegangen. In derartigen Auslagen, die, ohne ertragbringend zu sein, seinen Geschäftsbetrieb belasten und ohne das Vertrauen auf den tiefen Einstandspreis der Liegenschaft unterblieben wären, liegt eine mit der unentgeltlichen Zuwendung ursächlich zusammenhangende Vermögensverminderung, die bei Bestimmung der Höhe der Rückerstattung ebenfalls zu berücksichtigen ist.
Welches Ausmass sie erreichte, steht nicht fest, doch erübrigt es sich, hierüber Beweis anzuordnen. Der vom Beklagten zu leistende Betrag müsste ohnehin nach Ermessen bestimmt werden, weil zahlenmässige Anhaltspunkte dafür, in welchem Umfang der Unterschied zwischen Preis und Verkehrswert als unentgeltliche Zuwendung zu gelten hat, fehlen, und weil schliesslich auch "Gesichtspunkte der Billigkeit, die das Gebiet der ungerechtfertigten Bereicherung in ausgeprägtem Masse beherrscht" (BGE 73 II 108), in die Waagschale geworfen werden müssen.
c) Unter Berücksichtigung aller erwähnten Umstände, insbesondere der Tatsache, dass das Vertrauen auf die Endgültigkeit des billigen Erwerbes der Liegenschaft den Beklagten zu unnützen Bauauslagen verleitet hat, ist das Hauptbegehren der Klage nur im Umfang von Fr. 20'000.-- gutzuheissen.
10. Der Beklagte bestreitet mit Recht nicht, dass er seit 9. Oktober 1951 im Zahlungsverzug sei, falls eine Schuldpflicht bestehe. Der Verzugszins ist daher auf einem Betrag von Fr. 20 000.-- zu 5% seit 9. Oktober 1951 zuzusprechen (Art. 104 OR).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Auf die Anschlussberufung wird nicht eingetreten.
2.- Die Berufung wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 30. September 1955 aufgehoben und der Berufungskläger verurteilt, den Berufungsbeklagten Fr. 20'000.-- nebst Zins zu 5% seit 9. Oktober 1951 zu bezahlen.
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Art. 62, 64 OR. a) Wann und in welchem Umfange liegt eine unentgeltliche Zuwendung durch gemischten Vertrag vor? (Erw. 4-6).
b) Zuwendung im Hinblick auf die zwischen dem Empfänger und der Tochter des Zuwendenden versprochene Ehe (Erw. 7). Da der Grund der Zuwendung noch nicht verwirklicht war, musste der Empfänger mit der Rückerstattung rechnen (Erw. 8).
c) Bemessung des zurückzuerstattenden Betrages; der gutgläubige Empfänger der Zuwendung darf nach der Rückerstattung nicht schlechter dastehen, als wenn die Zuwendung unterblieben wäre (Erw. 9).
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Sachverhalt ab Seite 431
A.- Jean Volkart besass in Rümlang eine Liegenschaft, in der er unter Mithilfe seiner Tochter Margrit eine Metzgerei führte. Am 9. Februar 1949 verkaufte er sie samt Geschäftsmobiliar für Fr. 90'000.-- an Eugen Romann, der seit 4. Juli 1948 mit Margrit Volkart verlobt war. Liegenschaft und Mobiliar hatten damals einen Verkehrswert von Fr. 155 750.--. Die Gebäude waren für Fr. 219 600.-- gegen Brand versichert.
Romann, der bisher zusammen mit seinen Eltern im Hause seines Vaters in Dielsdorf eine Metzgerei geführt hatte, liess auf der neu erworbenen Liegenschaft bedeutende Umbauarbeiten vornehmen, bewog seine Eltern, Geschäft und Grundbesitz in Dielsdorf zu verkaufen, zog im Mai 1950 mit ihnen in Rümlang ein und übernahm hier den Betrieb des Geschäftes.
Am 29. März 1951 starb Jean Volkart. Er wurde von seinen Kindern Margrit Volkart, Hans Volkart und Elisabeth Sutz beerbt.
Am 18. Juni 1951 löste Romann sein Verlöbnis mit Margrit Volkart auf.
B.- Am 7. Juli 1952 klagten die Erben des Jean Volkart beim Bezirksgericht Dielsdorf gegen Eugen Romann mit den Begehren, er sei zu verpflichten, ihnen Fr. 70 000.-- nebst 5% Zins ab 1. März 1949 zu bezahlen, eventuell ihnen die Liegenschaft gegen Rückerstattung von Fr. 90 000.-- und gegen Erstattung des vom Beklagten geschaffenen Mehrwertes zu übertragen. Sie machten geltend, im Verkauf der Liegenschaft zu bewusst stark untersetztem Preise liege eine unentgeltliche Zuwendung im Hinblick darauf, dass der Empfänger die Tochter des Verkäufers habe heiraten wollen. Da die Ehe nicht zustande gekommen sei, habe der Beklagte die Zuwendung nach Art. 62 ff. OR herauszugeben.
Der Beklagte beantragte, die Klage sei abzuweisen.
Das Bezirksgericht hiess sie dahin teilweise gut, dass es ihn verurteilte, den Klägern Fr. 28'500.-- nebst 5% Zins seit 9. Februar 1949 zu bezahlen.
Das Obergericht des Kantons Zürich, an das beide Parteien appellierten und vor dem sie an ihren Anträgen festhielten, änderte am 30. September 1955 das Urteil dahin ab, dass es den Klägern Fr. 35'000.-- nebst 5% Zins seit 9. Oktober 1951 zusprach. Es ging davon aus, Jean Volkart habe dem Beklagten Liegenschaft und Mobiliar um Fr. 65 750.-- unter dem Verkehrswert verkauft. Zurückzuerstatten sei aber nur der Unterschied zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Preise, den die Parteien vernünftigerweise verabredet hätten, wenn der Verkäufer nicht, wie es beiden Teilen bewusst sein musste, eine unentgeltliche Zuwendung hätte vornehmen wollen. Dieser Unterschied hange nicht nur von objektiven Umständen ab. In einem billigen Kaufpreis liege nicht ohne weiteres eine unentgeltliche Zuwendung, da es durchaus natürlich sei, dass ein Verkäufer einem zukünftigen Schwiegersohne eine solche billiger überlasse als einem Fremden, ohne damit geradezu eine Schenkung machen zu wollen. Auch hätte der Beklagte, dem eine Metzgerei in Dielsdorf zur Verfügung gestanden habe, kaum die Liegenschaft in Rümlang erworben, wenn er dafür soviel hätte bezahlen müssen wie irgend ein Dritter. Der Beklagte könne nicht auf einem Umwege gezwungen werden, einen Kaufpreis zu bezahlen, den er niemals angeboten hätte. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Beklagte im Vertrauen auf die Endgültigkeit des Erwerbs grosszügiger umgebaut habe, als wenn er den vollen Verkehrswert hätte bezahlen müssen.
Eine Nichtigkeitsbeschwerde, die der Beklagte gegen das oberinstanzliche Urteil einreichte, wurde vom Kassationsgericht des Kantons Zürich am 30. April 1956 abgewiesen, soweit es auf sie eintrat.
C.- Der Beklagte hat gegen das Urteil des Obergerichts die Berufung erklärt mit den Anträgen, es sei aufzuheben und die Klage abzuweisen, eventuell sei die Sache zur Ergänzung der Akten und zu neuer Entscheidung an die kantonale Instanz zurückzuweisen.
Die Kläger haben die Anschlussberufung erklärt mit dem Antrag auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Fr. 56'000.-- nebst 5% Zins seit 9. Oktober 1951.
D.- Die Kläger beantragten Abweisung der Berufung, der Beklagte Abweisung der Anschlussberufung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
.....
4. Zur Rückerstattung aus ungerechtfertigter Bereicherung ist gemäss Art. 62 OR unter anderem verpflichtet, wer aus einem nicht verwirklichten Grund eine Zuwendung erhalten hat. Eine solche braucht entgegen der Auffassung des Beklagten nicht auf einem Rechtsgeschäft zu beruhen, das nur den Zuwendenden zu einer Leistung verpflichtet. Auch wer eine Leistung entgilt, das aber nur teilweise tut, ist bereichert. Die den Empfänger bereichernde Zuwendung liegt dann im nicht entgoltenen Teil der Leistung. Man spricht von einem gemischten Geschäft, gemischt in dem Sinne, dass eine entgeltliche Zuwendung mit einer unentgeltlichen verschmolzen ist. Ob die entgeltliche und die unentgeltliche aus ein und demselben Grunde gemacht werden, ist unerheblich. Trifft das zu und wird der Grund nicht verwirklicht, so lassen die Art. 62 ff. OR sich auf den nicht entgoltenen Teil der Leistung dennoch anwenden, wogegen sie den entgoltenen nicht erfassen, weil der Empfänger wegen seiner Gegenleistung insoweit nicht bereichert ist.
5. Nicht jeder Vertrag, in dem Leistung und Gegenleistung nicht gleichviel wert sind, ist ein gemischter. Die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien kann das Geschäft trotz des objektiv nicht bestehenden Gleichgewichts zwischen den beidseitigen Leistungen zu einem ausschliesslich zweiseitigen Vertrage machen. Denn niemand ist gehalten, den Leistungen ihren objektiven Wert beizulegen. Die Parteien können aus mannigfaltigen Gründen, insbesondere wegen persönlicher Beziehungen zur Gegenpartei, das Gleichgewicht als hergestellt sehen, obschon es objektiv nicht besteht. Von einem gemischten Vertrage kann daher nur die Rede sein, wenn nach übereinstimmender gegenseitiger Willensäusserung der Parteien der Unterschied zwischen dem objektiven Wert der Leistungen oder ein Teil davon unentgeltliche Zuwendung sein soll (vgl.BGE 45 II 379, 520,BGE 77 II 39).
Die Tatsache, dass Volkart dem Beklagten für die Kaufgegenstände einen objektiv um Fr. 65'750.-- zu niedrigen Preis verlangt hat, macht daher für sich allein das Geschäft nicht zu einem gemischten. Anderseits wird ein solches nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beklagte behauptet, er habe keine unentgeltliche Zuwendung erhalten wollen, sondern nur deshalb einen so geringen Preis bezahlt, weil er die Liegenschaft auf Abbruch gekauft habe. Nicht was der Beklagte tatsächlich gewollt hat, ist massgebend, sondern auf den Inhalt der übereinstimmenden Willensäusserungen, die den Vertrag zustande bringen (Art. 1 OR), kommt es an.
6. Im vorliegenden Fall ist dieser Inhalt aus den Umständen zu ermitteln, da zu der Frage, ob der Vertrag als gemischter zu gelten habe, keine Partei beim Vertragsabschluss eine ausdrückliche Erklärung abgegeben hat.
Die Umstände aber geben dem Vertrage den Sinn eines gemischten Geschäftes. Der vereinbarte Preis liegt so erheblich unter dem Verkehrswert, dass der Beklagte nicht annehmen durfte, Volkart sehe in ihm einen blossen Freundschaftspreis, wie er unter eng verbundenen Personen etwa vereinbart wird. Er lässt sich auch nicht mit einem blossen Entgegenkommen des Verkäufers im Hinblick auf den vom Käufer geplanten Umbau erklären.
Dagegen lag in der Absicht des Beklagten, die Tochter des Verkäufers zu heiraten, ein erkennbarer Grund, dem Beklagten eine unentgeltliche Zuwendung zu machen. In diesem Sinne legte auch der Notar den Vertrag aus, sah er sich doch veranlasst, den Verkäufer - in Abwesenheit des Beklagten - vor der Verurkundung zu fragen, ob er sich nicht durch ein Rückkaufsrecht oder eine Grundpfandverschreibung sichern wolle, da er ja nicht wisse, ob die Verlobung seiner Tochter wirklich zu einer Heirat führen werde. Volkart antwortete nicht etwa, dass er die Fr. 90'000.-- angesichts der Umstände als gerechten Preis erachte, über den er nicht hinausgehen wolle, was auch immer kommen möge, sondern er gab seinem Vertrauen in den Käufer Ausdruck, das eine Sicherung unnötig mache. Wie das Bezirksgericht auf Grund der Aussagen des Notars und seines Substituten sowie weiterer Zeugen ausführt, war es denn auch tatsächlich der Wille des Verkäufers, dem Beklagten die Liegenschaft im Hinblick auf die erwartete Verehelichung mit Margrit Volkart unter dem Verkehrswert zu überlassen, eine Feststellung, die vom Obergericht durch Verweisung auf die tatsächlichen Ergebnisse des erstinstanzlichen Urteils übernommen wird und daher das Bundesgericht bindet. Dem Beklagten konnte diese Einstellung des Verkäufers nicht entgehen, und Volkart durfte annehmen, sein Wille, eine unentgeltliche Zuwendung zu machen, liege auch ohne ausdrückliche Erklärung klar zutage. Der Beklagte war zur Zeit des Vertragsabschlusses fünfunddreissigjährig, führte nach seinen eigenen Angaben in Dielsdorf das grosse, sieben Angestellte aufweisende Geschäft seiner betagten Eltern und war diesen die Hauptstütze. Wenn ihn das Obergericht als erfahrenen Geschäftsmann bezeichnet, so kann daher von einem offensichtlichen Versehen, wie der Beklagte unter Hinweis auf Art. 55 Abs. 1 lit d und Art. 63 Abs. 2 OG geltend macht, keine Rede sein. Als erfahrener Geschäftsmann aber konnte er auch ohne besondere Fachkenntnisse im Handel mit Grundeigentum den Wert einer Liegenschaft mit Metzgerei einigermassen ermessen und musste er sich daher bewusst werden, dass jene des Volkart erheblich mehr als Fr. 90 000.-- wert war und ihm der Verkäufer eine unentgeltliche Zuwendung machen wollte, weil er in ihm seinen künftigen Schwiegersohn sah. Dass die Parteien sich über das Mass dieser Zuwendung einig waren oder sich auch bloss über den objektiven Wertunterschied zwischen Leistung und Gegenleistung übereinstimmende Vorstellungen machten, ist nicht nötig. Es genügt, dass der Beklagte aus den Umständen auf ein gemischtes Geschäft schliessen musste. Seiner Auffassung, es liege ein reiner Kaufvertrag vor, ist somit nicht beizupflichten.
7. Demnach erblickte Volkart den Grund der unentgeltlichen Zuwendung in der versprochenen Ehe zwischen seiner Tochter und dem Beklagten, und auch dieser musste ihn nach den Umständen darin sehen.
Dieser Grund hat sich nicht verwirklicht, womit insoweit die Voraussetzung der Rückerstattung gemäss Art. 62 OR erfüllt ist. Eines Vorbehaltes der Rückforderung für den Fall der Auflösung der Verlobung bedurfte es nicht; der Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung ergibt sich aus dem Gesetz. Dass Volkart keinen dahingehenden Vorbehalt in den Vertrag aufnahm, bedeutet daher nicht Verzicht; die gegenteilige Auffassung des Beklagten hält nicht stand.
Ebensowenig lässt die Rückerstattungspflicht sich mit der Überlegung bestreiten, die Zuwendung hange mit dem nicht verwirklichten Grund nicht ursächlich zusammen, weil das, was Vater Volkart gewollt habe, nicht durch ihn, sondern durch den Beklagten selbst, nämlich durch den mit eigenen Mitteln erstellten Umbau erreicht worden sei. Grund der Zuwendung war die Heirat, nichts anderes, und da die Ehe nicht zustande kam, hängt die Bereicherung mit der Nichtverwirklichung des Zuwendungsgrundes ursächlich zusammen.
8. Das Obergericht erachtet die Einwendung des Beklagten, er sei nicht mehr bereichert und daher nicht zur Rückerstattung verpflichtet, als unerheblich, weil er solange mit der Rückerstattung habe rechnen müssen, als der Grund der Zuwendung nicht verwirklicht war (Art. 64 OR).
Diese Auffassung ist zutreffend. Der Beklagte vermag sie nicht mit der Begründung zu widerlegen, der Vertrag, dessetwegen Volkart leistete, nämlich die Verlobung, sei ja im Augenblick der Zuwendung schon abgeschlossen gewesen. Die unentgeltliche Zuwendung erfolgte nicht wegen der Verlobung und in der Erwartung, dass sie bestehen bleibe, sondern im Hinblick auf die künftige Heirat. Das war ein zwar versprochenes, aber dennoch unsicheres Ereignis, was auch immer zur Ursache seines Nichteintrittes geworden sein und wer immer sie gesetzt haben mag. Daher kommt auf den weiteren Einwand des Beklagten, er habe nicht damit rechnen müssen, dass seine Braut wichtige Gründe zur Aufhebung der Verlobung schaffen werde, nichts an. Da die Trauung nicht stattgefunden hatte, als der Beklagte die Zuwendung erhielt, musste er damit rechnen, dass es möglicherweise nicht zur Heirat komme und die Zuwendung zurückerstattet werden müsse.
9. a) Zurückzuerstatten ist höchstens der Betrag der unentgeltlichen Zuwendung. Unentgeltlich zugewendet aber ist im gemischten Vertrag nicht notwendigerweise der ganze Unterschied zwischen den objektiven Werten der Leistung und der Gegenleistung. Wie die Parteien trotz eines solchen Unterschiedes das Gleichgewicht als hergestellt erklären und damit die Würdigung als gemischtes Geschäft ausschliessen können, steht es ihnen frei, durch übereinstimmende Willensäusserungen nur einen Teil des objektiven Wertunterschiedes zur unentgeltlichen Zuwendung zu machen. Ein dahin gehender Wille braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden, sondern kann sich aus den Umständen ergeben.
Im vorliegenden Falle ist zu berücksichtigen, dass schon die Ermittlung des objektiven Wertunterschiedes dem Ermessen weiten Raum lässt. Das erhellt daraus, dass das Bezirksgericht in Anlehung an das Gutachten Gisiger/Schweizer einen Verkehrswert der Kaufgegenstände von Fr. 118'500.--, das Obergericht dagegen, im wesentlichen dem Gutachten Rehfuss/Stettler folgend, einen solchen von Fr. 155'750.-- feststellt. Wenn auch das Bundesgericht an die oberinstanzliche Feststellung gebunden ist, so liegt doch auf der Hand, dass sie das Ergebnis blosser Abwägung ist, die in guten Treuen auch anders hätte ausfallen können. Das Obergericht hat denn auch die Einholung eines weiteren Gutachtens mit der Begründung abgelehnt, ein solches würde nur neue Schätzungszahlen ergeben, "die genau so diskutabel wären wie die alten". Daher lässt sich nicht sagen, die Umstände ergäben eine von den Parteien gewollte unentgeltliche Zuwendung in der Höhe des im Prozess festgestellten Wertunterschiedes von Fr. 65 750.--. Es fehlt denn auch jeder Anhaltspunkt, dass die eine oder andere Partei gerade an diesen Betrag gedacht habe. Was den Verkäufer betrifft, steht gegenteils fest, dass er, wenn auch erst kurz vor seinem Tode, eine Rückerstattung von Fr. 40 000.-- in Aussicht nahm entwarf er doch damals, offenbar weil das Verlöbnis inzwischen brüchig geworden war, eine Schuldanerkennung in dieser Höhe. Freilich können ihn dabei auch andere Überlegungen als nur die subjektive Bewertung der Kauf sache bewogen haben, seinen Anspruch auf nur Fr. 40 000.-- zu beziffern.
Ferner ist durchaus natürlich, dass ein Verkäufer einem zukünftigen Schwiegersohn, auch ohne ihm eine unentgeltliche Zuwendung machen zu wollen, eine Sache billiger überlässt als einem Fremden. Auch diese Erfahrungstatsache verbietet hier, den ganzen Unterschied zwischen Verkehrswert der Kaufsache und dem vereinbarten Preis als unentgeltlich zugewendet zu behandeln.
Endlich kommt dazu, dass der Beklagte die erworbenen Gebäude weitgehend umbauen wollte, was auch dem Verkäufer bekannt war, enthält doch der Vertrag eine Bestimmung, wonach der Käufer im Hinblick auf den geplanten Umbau eine leere Pfandstelle von Fr. 100'000.-- errichte. Allerdings steht nicht fest, dass, wie der Beklagte behauptet, die Gebäude zum Abbruch bestimmt gewesen seien, gibt er doch selber zu, dass die Vorderfront stehen blieb. Doch auch die Kläger sprechen von wesentlichen Umbauarbeiten, und aus den Akten ergibt sich, dass schliesslich für sie allein nach der Bauabrechnung Fr. 242 376.75 ausgelegt werden mussten. Der grosse Aufwand für den Umbau, der dem Beklagten beim Kauf der Liegenschaft in Aussicht stand, kann bei der Bestimmung des Kaufpreises nicht ganz ausser Betracht gefallen sein.
b) Bei der Bemessung des herauszugebenden Betrages ist ferner darauf Bedacht zu nehmen, dass der gutgläubige Empfänger der unentgeltlichen Zuwendung nach der Rückerstattung nicht schlechter dasteht, als wenn die Zuwendung nicht stattgefunden hätte. Das heisst, wer im Vertrauen auf die Endgültigkeit der Zuwendung eine sein übriges Vermögen mindernde Verfügung trifft oder eine Massnahme zur Wahrung seiner Vermögensinteressen unterlässt, soll sich dafür, auch wenn den andern kein Verschulden trifft, an der empfangenen Zuwendung schadlos halten können (BGE 73 II 108f.).
Dass der Beklagte beim Empfang der unentgeltlichen Zuwendung guten Glaubens war, die versprochene Ehe komme zustande und er dürfe die Zuwendung behalten, ist nicht bestritten. Auch ist davon auszugehen, dass er im Vertrauen auf ihre Endgültigkeit grosszügiger umgebaut hat, als wenn er den Verkehrswert hätte bezahlen müssen. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass billiger Bodenerwerb oder der Kauf eines zum Umbau bestimmten Hauses zu einem unter seinem Werte stehenden Preis den Käufer leicht zu Bauauslagen bewegt, die er sonst unterliesse und denen keine entsprechende Wertvermehrung gegenübersteht. Gerade dies behaupten die Kläger vom Beklagten, wenn sie ausführen, er habe im alten Teil des Ladens die ganzen Plattenbeläge herausgerissen, statt nur den neuen Teil mit Platten verkleiden zu lassen, und er sei auch sonst auf ähnliche Weise vorgegangen. In derartigen Auslagen, die, ohne ertragbringend zu sein, seinen Geschäftsbetrieb belasten und ohne das Vertrauen auf den tiefen Einstandspreis der Liegenschaft unterblieben wären, liegt eine mit der unentgeltlichen Zuwendung ursächlich zusammenhangende Vermögensverminderung, die bei Bestimmung der Höhe der Rückerstattung ebenfalls zu berücksichtigen ist.
Welches Ausmass sie erreichte, steht nicht fest, doch erübrigt es sich, hierüber Beweis anzuordnen. Der vom Beklagten zu leistende Betrag müsste ohnehin nach Ermessen bestimmt werden, weil zahlenmässige Anhaltspunkte dafür, in welchem Umfang der Unterschied zwischen Preis und Verkehrswert als unentgeltliche Zuwendung zu gelten hat, fehlen, und weil schliesslich auch "Gesichtspunkte der Billigkeit, die das Gebiet der ungerechtfertigten Bereicherung in ausgeprägtem Masse beherrscht" (BGE 73 II 108), in die Waagschale geworfen werden müssen.
c) Unter Berücksichtigung aller erwähnten Umstände, insbesondere der Tatsache, dass das Vertrauen auf die Endgültigkeit des billigen Erwerbes der Liegenschaft den Beklagten zu unnützen Bauauslagen verleitet hat, ist das Hauptbegehren der Klage nur im Umfang von Fr. 20'000.-- gutzuheissen.
10. Der Beklagte bestreitet mit Recht nicht, dass er seit 9. Oktober 1951 im Zahlungsverzug sei, falls eine Schuldpflicht bestehe. Der Verzugszins ist daher auf einem Betrag von Fr. 20 000.-- zu 5% seit 9. Oktober 1951 zuzusprechen (Art. 104 OR).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Auf die Anschlussberufung wird nicht eingetreten.
2.- Die Berufung wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 30. September 1955 aufgehoben und der Berufungskläger verurteilt, den Berufungsbeklagten Fr. 20'000.-- nebst Zins zu 5% seit 9. Oktober 1951 zu bezahlen.
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Art. 62 et 64 CO. a) Quand et dans quelle mesure un contrat mixte constitue-t-il une libéralité? (consid. 4 à 6).
b) Libéralité faite par une personne en vue du futur mariage de sa fille avec le destinataire (consid. 7). Comme la cause de la libéralité n'existait pas encore, le destinataire devait compter qu'il pourrait être tenu à restitution (consid. 8).
c) Fixation du montant qui doit être restitué; celui qui a reçu la libéralité de bonne foi ne doit pas se trouver, après la restitution, dans une situation moins favorable que s'il n'avait rien reçu (consid. 9).
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Sachverhalt ab Seite 431
A.- Jean Volkart besass in Rümlang eine Liegenschaft, in der er unter Mithilfe seiner Tochter Margrit eine Metzgerei führte. Am 9. Februar 1949 verkaufte er sie samt Geschäftsmobiliar für Fr. 90'000.-- an Eugen Romann, der seit 4. Juli 1948 mit Margrit Volkart verlobt war. Liegenschaft und Mobiliar hatten damals einen Verkehrswert von Fr. 155 750.--. Die Gebäude waren für Fr. 219 600.-- gegen Brand versichert.
Romann, der bisher zusammen mit seinen Eltern im Hause seines Vaters in Dielsdorf eine Metzgerei geführt hatte, liess auf der neu erworbenen Liegenschaft bedeutende Umbauarbeiten vornehmen, bewog seine Eltern, Geschäft und Grundbesitz in Dielsdorf zu verkaufen, zog im Mai 1950 mit ihnen in Rümlang ein und übernahm hier den Betrieb des Geschäftes.
Am 29. März 1951 starb Jean Volkart. Er wurde von seinen Kindern Margrit Volkart, Hans Volkart und Elisabeth Sutz beerbt.
Am 18. Juni 1951 löste Romann sein Verlöbnis mit Margrit Volkart auf.
B.- Am 7. Juli 1952 klagten die Erben des Jean Volkart beim Bezirksgericht Dielsdorf gegen Eugen Romann mit den Begehren, er sei zu verpflichten, ihnen Fr. 70 000.-- nebst 5% Zins ab 1. März 1949 zu bezahlen, eventuell ihnen die Liegenschaft gegen Rückerstattung von Fr. 90 000.-- und gegen Erstattung des vom Beklagten geschaffenen Mehrwertes zu übertragen. Sie machten geltend, im Verkauf der Liegenschaft zu bewusst stark untersetztem Preise liege eine unentgeltliche Zuwendung im Hinblick darauf, dass der Empfänger die Tochter des Verkäufers habe heiraten wollen. Da die Ehe nicht zustande gekommen sei, habe der Beklagte die Zuwendung nach Art. 62 ff. OR herauszugeben.
Der Beklagte beantragte, die Klage sei abzuweisen.
Das Bezirksgericht hiess sie dahin teilweise gut, dass es ihn verurteilte, den Klägern Fr. 28'500.-- nebst 5% Zins seit 9. Februar 1949 zu bezahlen.
Das Obergericht des Kantons Zürich, an das beide Parteien appellierten und vor dem sie an ihren Anträgen festhielten, änderte am 30. September 1955 das Urteil dahin ab, dass es den Klägern Fr. 35'000.-- nebst 5% Zins seit 9. Oktober 1951 zusprach. Es ging davon aus, Jean Volkart habe dem Beklagten Liegenschaft und Mobiliar um Fr. 65 750.-- unter dem Verkehrswert verkauft. Zurückzuerstatten sei aber nur der Unterschied zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Preise, den die Parteien vernünftigerweise verabredet hätten, wenn der Verkäufer nicht, wie es beiden Teilen bewusst sein musste, eine unentgeltliche Zuwendung hätte vornehmen wollen. Dieser Unterschied hange nicht nur von objektiven Umständen ab. In einem billigen Kaufpreis liege nicht ohne weiteres eine unentgeltliche Zuwendung, da es durchaus natürlich sei, dass ein Verkäufer einem zukünftigen Schwiegersohne eine solche billiger überlasse als einem Fremden, ohne damit geradezu eine Schenkung machen zu wollen. Auch hätte der Beklagte, dem eine Metzgerei in Dielsdorf zur Verfügung gestanden habe, kaum die Liegenschaft in Rümlang erworben, wenn er dafür soviel hätte bezahlen müssen wie irgend ein Dritter. Der Beklagte könne nicht auf einem Umwege gezwungen werden, einen Kaufpreis zu bezahlen, den er niemals angeboten hätte. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Beklagte im Vertrauen auf die Endgültigkeit des Erwerbs grosszügiger umgebaut habe, als wenn er den vollen Verkehrswert hätte bezahlen müssen.
Eine Nichtigkeitsbeschwerde, die der Beklagte gegen das oberinstanzliche Urteil einreichte, wurde vom Kassationsgericht des Kantons Zürich am 30. April 1956 abgewiesen, soweit es auf sie eintrat.
C.- Der Beklagte hat gegen das Urteil des Obergerichts die Berufung erklärt mit den Anträgen, es sei aufzuheben und die Klage abzuweisen, eventuell sei die Sache zur Ergänzung der Akten und zu neuer Entscheidung an die kantonale Instanz zurückzuweisen.
Die Kläger haben die Anschlussberufung erklärt mit dem Antrag auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Fr. 56'000.-- nebst 5% Zins seit 9. Oktober 1951.
D.- Die Kläger beantragten Abweisung der Berufung, der Beklagte Abweisung der Anschlussberufung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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4. Zur Rückerstattung aus ungerechtfertigter Bereicherung ist gemäss Art. 62 OR unter anderem verpflichtet, wer aus einem nicht verwirklichten Grund eine Zuwendung erhalten hat. Eine solche braucht entgegen der Auffassung des Beklagten nicht auf einem Rechtsgeschäft zu beruhen, das nur den Zuwendenden zu einer Leistung verpflichtet. Auch wer eine Leistung entgilt, das aber nur teilweise tut, ist bereichert. Die den Empfänger bereichernde Zuwendung liegt dann im nicht entgoltenen Teil der Leistung. Man spricht von einem gemischten Geschäft, gemischt in dem Sinne, dass eine entgeltliche Zuwendung mit einer unentgeltlichen verschmolzen ist. Ob die entgeltliche und die unentgeltliche aus ein und demselben Grunde gemacht werden, ist unerheblich. Trifft das zu und wird der Grund nicht verwirklicht, so lassen die Art. 62 ff. OR sich auf den nicht entgoltenen Teil der Leistung dennoch anwenden, wogegen sie den entgoltenen nicht erfassen, weil der Empfänger wegen seiner Gegenleistung insoweit nicht bereichert ist.
5. Nicht jeder Vertrag, in dem Leistung und Gegenleistung nicht gleichviel wert sind, ist ein gemischter. Die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien kann das Geschäft trotz des objektiv nicht bestehenden Gleichgewichts zwischen den beidseitigen Leistungen zu einem ausschliesslich zweiseitigen Vertrage machen. Denn niemand ist gehalten, den Leistungen ihren objektiven Wert beizulegen. Die Parteien können aus mannigfaltigen Gründen, insbesondere wegen persönlicher Beziehungen zur Gegenpartei, das Gleichgewicht als hergestellt sehen, obschon es objektiv nicht besteht. Von einem gemischten Vertrage kann daher nur die Rede sein, wenn nach übereinstimmender gegenseitiger Willensäusserung der Parteien der Unterschied zwischen dem objektiven Wert der Leistungen oder ein Teil davon unentgeltliche Zuwendung sein soll (vgl.BGE 45 II 379, 520,BGE 77 II 39).
Die Tatsache, dass Volkart dem Beklagten für die Kaufgegenstände einen objektiv um Fr. 65'750.-- zu niedrigen Preis verlangt hat, macht daher für sich allein das Geschäft nicht zu einem gemischten. Anderseits wird ein solches nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beklagte behauptet, er habe keine unentgeltliche Zuwendung erhalten wollen, sondern nur deshalb einen so geringen Preis bezahlt, weil er die Liegenschaft auf Abbruch gekauft habe. Nicht was der Beklagte tatsächlich gewollt hat, ist massgebend, sondern auf den Inhalt der übereinstimmenden Willensäusserungen, die den Vertrag zustande bringen (Art. 1 OR), kommt es an.
6. Im vorliegenden Fall ist dieser Inhalt aus den Umständen zu ermitteln, da zu der Frage, ob der Vertrag als gemischter zu gelten habe, keine Partei beim Vertragsabschluss eine ausdrückliche Erklärung abgegeben hat.
Die Umstände aber geben dem Vertrage den Sinn eines gemischten Geschäftes. Der vereinbarte Preis liegt so erheblich unter dem Verkehrswert, dass der Beklagte nicht annehmen durfte, Volkart sehe in ihm einen blossen Freundschaftspreis, wie er unter eng verbundenen Personen etwa vereinbart wird. Er lässt sich auch nicht mit einem blossen Entgegenkommen des Verkäufers im Hinblick auf den vom Käufer geplanten Umbau erklären.
Dagegen lag in der Absicht des Beklagten, die Tochter des Verkäufers zu heiraten, ein erkennbarer Grund, dem Beklagten eine unentgeltliche Zuwendung zu machen. In diesem Sinne legte auch der Notar den Vertrag aus, sah er sich doch veranlasst, den Verkäufer - in Abwesenheit des Beklagten - vor der Verurkundung zu fragen, ob er sich nicht durch ein Rückkaufsrecht oder eine Grundpfandverschreibung sichern wolle, da er ja nicht wisse, ob die Verlobung seiner Tochter wirklich zu einer Heirat führen werde. Volkart antwortete nicht etwa, dass er die Fr. 90'000.-- angesichts der Umstände als gerechten Preis erachte, über den er nicht hinausgehen wolle, was auch immer kommen möge, sondern er gab seinem Vertrauen in den Käufer Ausdruck, das eine Sicherung unnötig mache. Wie das Bezirksgericht auf Grund der Aussagen des Notars und seines Substituten sowie weiterer Zeugen ausführt, war es denn auch tatsächlich der Wille des Verkäufers, dem Beklagten die Liegenschaft im Hinblick auf die erwartete Verehelichung mit Margrit Volkart unter dem Verkehrswert zu überlassen, eine Feststellung, die vom Obergericht durch Verweisung auf die tatsächlichen Ergebnisse des erstinstanzlichen Urteils übernommen wird und daher das Bundesgericht bindet. Dem Beklagten konnte diese Einstellung des Verkäufers nicht entgehen, und Volkart durfte annehmen, sein Wille, eine unentgeltliche Zuwendung zu machen, liege auch ohne ausdrückliche Erklärung klar zutage. Der Beklagte war zur Zeit des Vertragsabschlusses fünfunddreissigjährig, führte nach seinen eigenen Angaben in Dielsdorf das grosse, sieben Angestellte aufweisende Geschäft seiner betagten Eltern und war diesen die Hauptstütze. Wenn ihn das Obergericht als erfahrenen Geschäftsmann bezeichnet, so kann daher von einem offensichtlichen Versehen, wie der Beklagte unter Hinweis auf Art. 55 Abs. 1 lit d und Art. 63 Abs. 2 OG geltend macht, keine Rede sein. Als erfahrener Geschäftsmann aber konnte er auch ohne besondere Fachkenntnisse im Handel mit Grundeigentum den Wert einer Liegenschaft mit Metzgerei einigermassen ermessen und musste er sich daher bewusst werden, dass jene des Volkart erheblich mehr als Fr. 90 000.-- wert war und ihm der Verkäufer eine unentgeltliche Zuwendung machen wollte, weil er in ihm seinen künftigen Schwiegersohn sah. Dass die Parteien sich über das Mass dieser Zuwendung einig waren oder sich auch bloss über den objektiven Wertunterschied zwischen Leistung und Gegenleistung übereinstimmende Vorstellungen machten, ist nicht nötig. Es genügt, dass der Beklagte aus den Umständen auf ein gemischtes Geschäft schliessen musste. Seiner Auffassung, es liege ein reiner Kaufvertrag vor, ist somit nicht beizupflichten.
7. Demnach erblickte Volkart den Grund der unentgeltlichen Zuwendung in der versprochenen Ehe zwischen seiner Tochter und dem Beklagten, und auch dieser musste ihn nach den Umständen darin sehen.
Dieser Grund hat sich nicht verwirklicht, womit insoweit die Voraussetzung der Rückerstattung gemäss Art. 62 OR erfüllt ist. Eines Vorbehaltes der Rückforderung für den Fall der Auflösung der Verlobung bedurfte es nicht; der Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung ergibt sich aus dem Gesetz. Dass Volkart keinen dahingehenden Vorbehalt in den Vertrag aufnahm, bedeutet daher nicht Verzicht; die gegenteilige Auffassung des Beklagten hält nicht stand.
Ebensowenig lässt die Rückerstattungspflicht sich mit der Überlegung bestreiten, die Zuwendung hange mit dem nicht verwirklichten Grund nicht ursächlich zusammen, weil das, was Vater Volkart gewollt habe, nicht durch ihn, sondern durch den Beklagten selbst, nämlich durch den mit eigenen Mitteln erstellten Umbau erreicht worden sei. Grund der Zuwendung war die Heirat, nichts anderes, und da die Ehe nicht zustande kam, hängt die Bereicherung mit der Nichtverwirklichung des Zuwendungsgrundes ursächlich zusammen.
8. Das Obergericht erachtet die Einwendung des Beklagten, er sei nicht mehr bereichert und daher nicht zur Rückerstattung verpflichtet, als unerheblich, weil er solange mit der Rückerstattung habe rechnen müssen, als der Grund der Zuwendung nicht verwirklicht war (Art. 64 OR).
Diese Auffassung ist zutreffend. Der Beklagte vermag sie nicht mit der Begründung zu widerlegen, der Vertrag, dessetwegen Volkart leistete, nämlich die Verlobung, sei ja im Augenblick der Zuwendung schon abgeschlossen gewesen. Die unentgeltliche Zuwendung erfolgte nicht wegen der Verlobung und in der Erwartung, dass sie bestehen bleibe, sondern im Hinblick auf die künftige Heirat. Das war ein zwar versprochenes, aber dennoch unsicheres Ereignis, was auch immer zur Ursache seines Nichteintrittes geworden sein und wer immer sie gesetzt haben mag. Daher kommt auf den weiteren Einwand des Beklagten, er habe nicht damit rechnen müssen, dass seine Braut wichtige Gründe zur Aufhebung der Verlobung schaffen werde, nichts an. Da die Trauung nicht stattgefunden hatte, als der Beklagte die Zuwendung erhielt, musste er damit rechnen, dass es möglicherweise nicht zur Heirat komme und die Zuwendung zurückerstattet werden müsse.
9. a) Zurückzuerstatten ist höchstens der Betrag der unentgeltlichen Zuwendung. Unentgeltlich zugewendet aber ist im gemischten Vertrag nicht notwendigerweise der ganze Unterschied zwischen den objektiven Werten der Leistung und der Gegenleistung. Wie die Parteien trotz eines solchen Unterschiedes das Gleichgewicht als hergestellt erklären und damit die Würdigung als gemischtes Geschäft ausschliessen können, steht es ihnen frei, durch übereinstimmende Willensäusserungen nur einen Teil des objektiven Wertunterschiedes zur unentgeltlichen Zuwendung zu machen. Ein dahin gehender Wille braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden, sondern kann sich aus den Umständen ergeben.
Im vorliegenden Falle ist zu berücksichtigen, dass schon die Ermittlung des objektiven Wertunterschiedes dem Ermessen weiten Raum lässt. Das erhellt daraus, dass das Bezirksgericht in Anlehung an das Gutachten Gisiger/Schweizer einen Verkehrswert der Kaufgegenstände von Fr. 118'500.--, das Obergericht dagegen, im wesentlichen dem Gutachten Rehfuss/Stettler folgend, einen solchen von Fr. 155'750.-- feststellt. Wenn auch das Bundesgericht an die oberinstanzliche Feststellung gebunden ist, so liegt doch auf der Hand, dass sie das Ergebnis blosser Abwägung ist, die in guten Treuen auch anders hätte ausfallen können. Das Obergericht hat denn auch die Einholung eines weiteren Gutachtens mit der Begründung abgelehnt, ein solches würde nur neue Schätzungszahlen ergeben, "die genau so diskutabel wären wie die alten". Daher lässt sich nicht sagen, die Umstände ergäben eine von den Parteien gewollte unentgeltliche Zuwendung in der Höhe des im Prozess festgestellten Wertunterschiedes von Fr. 65 750.--. Es fehlt denn auch jeder Anhaltspunkt, dass die eine oder andere Partei gerade an diesen Betrag gedacht habe. Was den Verkäufer betrifft, steht gegenteils fest, dass er, wenn auch erst kurz vor seinem Tode, eine Rückerstattung von Fr. 40 000.-- in Aussicht nahm entwarf er doch damals, offenbar weil das Verlöbnis inzwischen brüchig geworden war, eine Schuldanerkennung in dieser Höhe. Freilich können ihn dabei auch andere Überlegungen als nur die subjektive Bewertung der Kauf sache bewogen haben, seinen Anspruch auf nur Fr. 40 000.-- zu beziffern.
Ferner ist durchaus natürlich, dass ein Verkäufer einem zukünftigen Schwiegersohn, auch ohne ihm eine unentgeltliche Zuwendung machen zu wollen, eine Sache billiger überlässt als einem Fremden. Auch diese Erfahrungstatsache verbietet hier, den ganzen Unterschied zwischen Verkehrswert der Kaufsache und dem vereinbarten Preis als unentgeltlich zugewendet zu behandeln.
Endlich kommt dazu, dass der Beklagte die erworbenen Gebäude weitgehend umbauen wollte, was auch dem Verkäufer bekannt war, enthält doch der Vertrag eine Bestimmung, wonach der Käufer im Hinblick auf den geplanten Umbau eine leere Pfandstelle von Fr. 100'000.-- errichte. Allerdings steht nicht fest, dass, wie der Beklagte behauptet, die Gebäude zum Abbruch bestimmt gewesen seien, gibt er doch selber zu, dass die Vorderfront stehen blieb. Doch auch die Kläger sprechen von wesentlichen Umbauarbeiten, und aus den Akten ergibt sich, dass schliesslich für sie allein nach der Bauabrechnung Fr. 242 376.75 ausgelegt werden mussten. Der grosse Aufwand für den Umbau, der dem Beklagten beim Kauf der Liegenschaft in Aussicht stand, kann bei der Bestimmung des Kaufpreises nicht ganz ausser Betracht gefallen sein.
b) Bei der Bemessung des herauszugebenden Betrages ist ferner darauf Bedacht zu nehmen, dass der gutgläubige Empfänger der unentgeltlichen Zuwendung nach der Rückerstattung nicht schlechter dasteht, als wenn die Zuwendung nicht stattgefunden hätte. Das heisst, wer im Vertrauen auf die Endgültigkeit der Zuwendung eine sein übriges Vermögen mindernde Verfügung trifft oder eine Massnahme zur Wahrung seiner Vermögensinteressen unterlässt, soll sich dafür, auch wenn den andern kein Verschulden trifft, an der empfangenen Zuwendung schadlos halten können (BGE 73 II 108f.).
Dass der Beklagte beim Empfang der unentgeltlichen Zuwendung guten Glaubens war, die versprochene Ehe komme zustande und er dürfe die Zuwendung behalten, ist nicht bestritten. Auch ist davon auszugehen, dass er im Vertrauen auf ihre Endgültigkeit grosszügiger umgebaut hat, als wenn er den Verkehrswert hätte bezahlen müssen. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass billiger Bodenerwerb oder der Kauf eines zum Umbau bestimmten Hauses zu einem unter seinem Werte stehenden Preis den Käufer leicht zu Bauauslagen bewegt, die er sonst unterliesse und denen keine entsprechende Wertvermehrung gegenübersteht. Gerade dies behaupten die Kläger vom Beklagten, wenn sie ausführen, er habe im alten Teil des Ladens die ganzen Plattenbeläge herausgerissen, statt nur den neuen Teil mit Platten verkleiden zu lassen, und er sei auch sonst auf ähnliche Weise vorgegangen. In derartigen Auslagen, die, ohne ertragbringend zu sein, seinen Geschäftsbetrieb belasten und ohne das Vertrauen auf den tiefen Einstandspreis der Liegenschaft unterblieben wären, liegt eine mit der unentgeltlichen Zuwendung ursächlich zusammenhangende Vermögensverminderung, die bei Bestimmung der Höhe der Rückerstattung ebenfalls zu berücksichtigen ist.
Welches Ausmass sie erreichte, steht nicht fest, doch erübrigt es sich, hierüber Beweis anzuordnen. Der vom Beklagten zu leistende Betrag müsste ohnehin nach Ermessen bestimmt werden, weil zahlenmässige Anhaltspunkte dafür, in welchem Umfang der Unterschied zwischen Preis und Verkehrswert als unentgeltliche Zuwendung zu gelten hat, fehlen, und weil schliesslich auch "Gesichtspunkte der Billigkeit, die das Gebiet der ungerechtfertigten Bereicherung in ausgeprägtem Masse beherrscht" (BGE 73 II 108), in die Waagschale geworfen werden müssen.
c) Unter Berücksichtigung aller erwähnten Umstände, insbesondere der Tatsache, dass das Vertrauen auf die Endgültigkeit des billigen Erwerbes der Liegenschaft den Beklagten zu unnützen Bauauslagen verleitet hat, ist das Hauptbegehren der Klage nur im Umfang von Fr. 20'000.-- gutzuheissen.
10. Der Beklagte bestreitet mit Recht nicht, dass er seit 9. Oktober 1951 im Zahlungsverzug sei, falls eine Schuldpflicht bestehe. Der Verzugszins ist daher auf einem Betrag von Fr. 20 000.-- zu 5% seit 9. Oktober 1951 zuzusprechen (Art. 104 OR).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Auf die Anschlussberufung wird nicht eingetreten.
2.- Die Berufung wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 30. September 1955 aufgehoben und der Berufungskläger verurteilt, den Berufungsbeklagten Fr. 20'000.-- nebst Zins zu 5% seit 9. Oktober 1951 zu bezahlen.
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Art. 62 e 64 CO. a) Quando e in quale misura un contratto misto costituisce una liberalità? (consid. 4-6).
b) Liberalità fatta da una persona in vista del futuro matrimonio di sua figlia con il destinatario (consid. 7). Siccome la causa della liberalità non si era ancora avverata, il destinatario doveva contare con l'eventualità della restituzione (consid. 8).
c) Determinazione dell'importo che dev'essere restituito; chi ha ricevuto la liberalità in buona fede non deve trovarsi, dopo la restituzione, in una situazione meno favorevole di quella in cui si sarebbe trovato se la liberalità non avesse avuto luogo (consid. 9).
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Estratto dai considerandi:
3. Il ricorso per riforma dell'attore pone il problema degli effetti della mora del debitore nel versamento delle rate scadute, in caso di costituzione di rendita vitalizia a titolo oneroso.
Il legislatore federale non ha disciplinato il problema nelle norme sul contratto di rendita vitalizia (art. 516-520 CO). Nella dottrina svizzera la soluzione è controversa: OSER-SCHÖNENBERGER (Commentario, nota 2 all'art. 518 CO) non ritengono ammissibile, in mancanza di un patto speciale, il recesso dal contratto a'sensi degli art. 107 sgg. CO, poichè la mancata corresponsione delle singole rate non costituerebbe un'inadempienza parziale del rapporto obbligatorio complesso (il cosiddetto "Stammrecht"), onde derivano le singole prestazioni (in senso conforme per il diritto tedesco: Kommentar der Reichsgerichtsräte, 10a ed., nota 2 al § 759 BGB; PALANDT, Kommentar, 8a ed., nota 1 al § 759 BGB; Entscheidungen des Reichsgerichts, vol. 106, p. 96 sgg.); BECKER (Commentario, nota 6 all'art. 516 CO) ritiene invece, trattandosi di rendita costituita a titolo oneroso, che in caso di mora si possa procedere secondo gli art. 107 sgg. CO, ma soggiunge che la mora di un'unica prestazione non legittimerebbe al recesso, mentre il contratto può essere risolto, come nelle obbligazioni a esecuzione continuata, se le circostanze fanno apparire che il debitore della rendita non può o non vuole adempiere (cf. anche WEGMANN, Der Leibrentenvertrag im schweiz. OR, p. 86).
Il contratto di rendita vitalizia entra nel concetto di obbligazione a esecuzione continuata, caratterizzata da un complesso di obbligazioni semplici e identiche, nascenti da una stessa fonte e differenziate soltanto dall'elemento temporale. Le obbligazioni ad esecuzione continuata si estinguono progressivamente, poichè ogni singolo atto di esecuzione consegue il suo scopo. Avvenuta la naturale estinzione dell'obbligazione singola, derivante dal rapporto obbligatorio complesso, nulla può farla risorgere (DEVOTO, Appunti per una definizione delle obbligazioni a esecuzione continuata, Rivista del diritto commerciale, 1942 I, p. 307). Per cui non vi è di regola posto per il diritto di risoluzione operante retroattivamente. Sennonchè, non ci si può limitare a questa conclusione negativa, ma con BECKER si deve riconoscere che, quando è tale da escludere la fiducia nei futuri adempimenti, l'inadempienza si comunica a tutte le prestazioni della serie, per cui non si può più in buona fede costringere il creditore ad attenersi al contratto, ma gli si deve riconoscere il diritto di recederne unilateralmente, in applicazione analogetica degli art. 107 sgg. CO, a datare dal giorno in cui viene manifestata al debitore la volontà di recedere (cf. anche: v. GIERKE, Dauernde Schuldverhältnisse, Iherings Jahrbücher, vol. 64, p. 390/391; per l'istituto affine del vitalizio: RU 79 II 171). Perchè cessi la fiducia nei futuri adempimenti non è ovviamente sufficiente la mora di una singola prestazione, ma occorre una violazione contrattuale tale da distruggere, nelle circostanze del caso, la legittima fiducia del creditore nel puntuale futuro adempimento.
Applicando questi concetti alla fattispecie è avantutto da precisare che la mora nel versamento di "alcune" rate mensili accertata dalla Corte cantonale si estendeva, alla data in cui fu iniziata la causa, a ben sette rate mensili. Difatto, l'attore aveva escusso il convenuto per il pagamento di 2310 fr., pari a sette mensilità arretrate. Se si considera che la petizione di causa e la procedura esecutiva sono state precedute da tre raccomandate completamente inefficaci a rimuovere il debitore dalla sua inadempienza; che è rimasto lettera morta l'impegno del debitore di provvedere affinchè i versamenti della rendita dal gennaio 1954 innanzi fossero effettuati tramite una banca; che costui era persino inadempiente rispetto all'obbligo di versare entro otto giorni dall'11 gennaio 1954 i 1200 fr. risultanti a suo debito dalla scrittura di tale data, la fiducia che il debitore rispettasse in futuro gli impegni assunti poteva ragionevolmente essere distrutta nel creditore per il contegno del debitore. Non si può pertanto negare all'attore il diritto di recedere da un rapporto obbligatorio che la controparte non si preoccupava da mesi di eseguire. Del resto, quand'anche si volesse prescindere dall'applicazione analogetica degli art. 107 sgg. CO, la rescissione unilaterale dei contratti si giustificherebbe in concreto anche dal profilo dell'art. 2 CC. Con la sua inadempienza il debitore ha reso frustraneo lo scopo dei contratti di rendita vitalizia che, come lo scopo del contratto iniziale di vitalizio, era di soddisfare bisogni essenziali della vita del creditore, resosi praticamente nullatenente per la costituzione della rendita.
Contrariamente a quanto ha ammesso la Corte cantonale, alla rescissione dei contratti non è di ostacolo l'omissione del creditore di fissare al debitore il termine previsto dall'art. 107 cp 1 CO. La volontà manifesta del debitore di non soddisfare gli obblighi assunti stava a dimostrare l'inutilità dell'assegnazione d'un termine per l'adempimento tardivo (art. 108 n. 1 CO). Nè si può escludere l'efficacia della dichiarazione di recedere dai contratti per il motivo che in corso di causa il creditore ha ancora fatto valere in via esecutiva talune rate mensili e ne ha ottenuto il pagamento dopo la fase del pignoramento dei mobili. Infatti, se è esatto che dal recesso cessa l'obbligo delle prestazioni successive, non è meno esatto che fin che il recesso era sub iudice l'attore si era espressamente riservato, senza che questa riserva fosse da interpretare come rinuncia al suo diritto di disdctta, di incassare le rate scadute o in scadenza durante il processo. Nel caso in cui la funzione della rendita è di procacciare al creditore la somma che gli occorre per i bisogni della vita, la riserva anzidetta può non essere interpretata come rinuncia al diritto che si fa anzi valere; essa risponde esclusivamente alla necessità in cui l'attore è stato posto, dall'inadempienza del convenuto, di non poter attendere la fine del processo trascurando l'incasso delle rate scadute. Il fatto, poi, che questo incasso sia stato possibile soltanto in via esecutiva ed in fase di pignoramento rafforza il convincimento che la fiducia nei puntuali adempimenti futuri era completamente scossa.
Pronunciata la risoluzione dei contratti di rendita vitalizia, il calcolo fatto dal Pretore sull'importo da restituire dal convenuto non è come tale criticato in sede federale da alcuna parte e risulta d'altronde corretto.
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Leibrentenvertrag. Wirkungen des Verzugs des Schuldners in der Bezahlung verfallener Raten.
Befugnis des Gläubigers zum Rücktritt vom Vertrag auf Grund analoger Anwendung von Art. 107 ff. OR.
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Erwägungen ab Seite 441
Estratto dai considerandi:
3. Il ricorso per riforma dell'attore pone il problema degli effetti della mora del debitore nel versamento delle rate scadute, in caso di costituzione di rendita vitalizia a titolo oneroso.
Il legislatore federale non ha disciplinato il problema nelle norme sul contratto di rendita vitalizia (art. 516-520 CO). Nella dottrina svizzera la soluzione è controversa: OSER-SCHÖNENBERGER (Commentario, nota 2 all'art. 518 CO) non ritengono ammissibile, in mancanza di un patto speciale, il recesso dal contratto a'sensi degli art. 107 sgg. CO, poichè la mancata corresponsione delle singole rate non costituerebbe un'inadempienza parziale del rapporto obbligatorio complesso (il cosiddetto "Stammrecht"), onde derivano le singole prestazioni (in senso conforme per il diritto tedesco: Kommentar der Reichsgerichtsräte, 10a ed., nota 2 al § 759 BGB; PALANDT, Kommentar, 8a ed., nota 1 al § 759 BGB; Entscheidungen des Reichsgerichts, vol. 106, p. 96 sgg.); BECKER (Commentario, nota 6 all'art. 516 CO) ritiene invece, trattandosi di rendita costituita a titolo oneroso, che in caso di mora si possa procedere secondo gli art. 107 sgg. CO, ma soggiunge che la mora di un'unica prestazione non legittimerebbe al recesso, mentre il contratto può essere risolto, come nelle obbligazioni a esecuzione continuata, se le circostanze fanno apparire che il debitore della rendita non può o non vuole adempiere (cf. anche WEGMANN, Der Leibrentenvertrag im schweiz. OR, p. 86).
Il contratto di rendita vitalizia entra nel concetto di obbligazione a esecuzione continuata, caratterizzata da un complesso di obbligazioni semplici e identiche, nascenti da una stessa fonte e differenziate soltanto dall'elemento temporale. Le obbligazioni ad esecuzione continuata si estinguono progressivamente, poichè ogni singolo atto di esecuzione consegue il suo scopo. Avvenuta la naturale estinzione dell'obbligazione singola, derivante dal rapporto obbligatorio complesso, nulla può farla risorgere (DEVOTO, Appunti per una definizione delle obbligazioni a esecuzione continuata, Rivista del diritto commerciale, 1942 I, p. 307). Per cui non vi è di regola posto per il diritto di risoluzione operante retroattivamente. Sennonchè, non ci si può limitare a questa conclusione negativa, ma con BECKER si deve riconoscere che, quando è tale da escludere la fiducia nei futuri adempimenti, l'inadempienza si comunica a tutte le prestazioni della serie, per cui non si può più in buona fede costringere il creditore ad attenersi al contratto, ma gli si deve riconoscere il diritto di recederne unilateralmente, in applicazione analogetica degli art. 107 sgg. CO, a datare dal giorno in cui viene manifestata al debitore la volontà di recedere (cf. anche: v. GIERKE, Dauernde Schuldverhältnisse, Iherings Jahrbücher, vol. 64, p. 390/391; per l'istituto affine del vitalizio: RU 79 II 171). Perchè cessi la fiducia nei futuri adempimenti non è ovviamente sufficiente la mora di una singola prestazione, ma occorre una violazione contrattuale tale da distruggere, nelle circostanze del caso, la legittima fiducia del creditore nel puntuale futuro adempimento.
Applicando questi concetti alla fattispecie è avantutto da precisare che la mora nel versamento di "alcune" rate mensili accertata dalla Corte cantonale si estendeva, alla data in cui fu iniziata la causa, a ben sette rate mensili. Difatto, l'attore aveva escusso il convenuto per il pagamento di 2310 fr., pari a sette mensilità arretrate. Se si considera che la petizione di causa e la procedura esecutiva sono state precedute da tre raccomandate completamente inefficaci a rimuovere il debitore dalla sua inadempienza; che è rimasto lettera morta l'impegno del debitore di provvedere affinchè i versamenti della rendita dal gennaio 1954 innanzi fossero effettuati tramite una banca; che costui era persino inadempiente rispetto all'obbligo di versare entro otto giorni dall'11 gennaio 1954 i 1200 fr. risultanti a suo debito dalla scrittura di tale data, la fiducia che il debitore rispettasse in futuro gli impegni assunti poteva ragionevolmente essere distrutta nel creditore per il contegno del debitore. Non si può pertanto negare all'attore il diritto di recedere da un rapporto obbligatorio che la controparte non si preoccupava da mesi di eseguire. Del resto, quand'anche si volesse prescindere dall'applicazione analogetica degli art. 107 sgg. CO, la rescissione unilaterale dei contratti si giustificherebbe in concreto anche dal profilo dell'art. 2 CC. Con la sua inadempienza il debitore ha reso frustraneo lo scopo dei contratti di rendita vitalizia che, come lo scopo del contratto iniziale di vitalizio, era di soddisfare bisogni essenziali della vita del creditore, resosi praticamente nullatenente per la costituzione della rendita.
Contrariamente a quanto ha ammesso la Corte cantonale, alla rescissione dei contratti non è di ostacolo l'omissione del creditore di fissare al debitore il termine previsto dall'art. 107 cp 1 CO. La volontà manifesta del debitore di non soddisfare gli obblighi assunti stava a dimostrare l'inutilità dell'assegnazione d'un termine per l'adempimento tardivo (art. 108 n. 1 CO). Nè si può escludere l'efficacia della dichiarazione di recedere dai contratti per il motivo che in corso di causa il creditore ha ancora fatto valere in via esecutiva talune rate mensili e ne ha ottenuto il pagamento dopo la fase del pignoramento dei mobili. Infatti, se è esatto che dal recesso cessa l'obbligo delle prestazioni successive, non è meno esatto che fin che il recesso era sub iudice l'attore si era espressamente riservato, senza che questa riserva fosse da interpretare come rinuncia al suo diritto di disdctta, di incassare le rate scadute o in scadenza durante il processo. Nel caso in cui la funzione della rendita è di procacciare al creditore la somma che gli occorre per i bisogni della vita, la riserva anzidetta può non essere interpretata come rinuncia al diritto che si fa anzi valere; essa risponde esclusivamente alla necessità in cui l'attore è stato posto, dall'inadempienza del convenuto, di non poter attendere la fine del processo trascurando l'incasso delle rate scadute. Il fatto, poi, che questo incasso sia stato possibile soltanto in via esecutiva ed in fase di pignoramento rafforza il convincimento che la fiducia nei puntuali adempimenti futuri era completamente scossa.
Pronunciata la risoluzione dei contratti di rendita vitalizia, il calcolo fatto dal Pretore sull'importo da restituire dal convenuto non è come tale criticato in sede federale da alcuna parte e risulta d'altronde corretto.
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Contrat de rente viagère. Quid si le débiteur est en demeure pour des termes échus?
Droit du créancier de se départir du contrat par application analogique des art. 107 et suiv. CO.
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3. Il ricorso per riforma dell'attore pone il problema degli effetti della mora del debitore nel versamento delle rate scadute, in caso di costituzione di rendita vitalizia a titolo oneroso.
Il legislatore federale non ha disciplinato il problema nelle norme sul contratto di rendita vitalizia (art. 516-520 CO). Nella dottrina svizzera la soluzione è controversa: OSER-SCHÖNENBERGER (Commentario, nota 2 all'art. 518 CO) non ritengono ammissibile, in mancanza di un patto speciale, il recesso dal contratto a'sensi degli art. 107 sgg. CO, poichè la mancata corresponsione delle singole rate non costituerebbe un'inadempienza parziale del rapporto obbligatorio complesso (il cosiddetto "Stammrecht"), onde derivano le singole prestazioni (in senso conforme per il diritto tedesco: Kommentar der Reichsgerichtsräte, 10a ed., nota 2 al § 759 BGB; PALANDT, Kommentar, 8a ed., nota 1 al § 759 BGB; Entscheidungen des Reichsgerichts, vol. 106, p. 96 sgg.); BECKER (Commentario, nota 6 all'art. 516 CO) ritiene invece, trattandosi di rendita costituita a titolo oneroso, che in caso di mora si possa procedere secondo gli art. 107 sgg. CO, ma soggiunge che la mora di un'unica prestazione non legittimerebbe al recesso, mentre il contratto può essere risolto, come nelle obbligazioni a esecuzione continuata, se le circostanze fanno apparire che il debitore della rendita non può o non vuole adempiere (cf. anche WEGMANN, Der Leibrentenvertrag im schweiz. OR, p. 86).
Il contratto di rendita vitalizia entra nel concetto di obbligazione a esecuzione continuata, caratterizzata da un complesso di obbligazioni semplici e identiche, nascenti da una stessa fonte e differenziate soltanto dall'elemento temporale. Le obbligazioni ad esecuzione continuata si estinguono progressivamente, poichè ogni singolo atto di esecuzione consegue il suo scopo. Avvenuta la naturale estinzione dell'obbligazione singola, derivante dal rapporto obbligatorio complesso, nulla può farla risorgere (DEVOTO, Appunti per una definizione delle obbligazioni a esecuzione continuata, Rivista del diritto commerciale, 1942 I, p. 307). Per cui non vi è di regola posto per il diritto di risoluzione operante retroattivamente. Sennonchè, non ci si può limitare a questa conclusione negativa, ma con BECKER si deve riconoscere che, quando è tale da escludere la fiducia nei futuri adempimenti, l'inadempienza si comunica a tutte le prestazioni della serie, per cui non si può più in buona fede costringere il creditore ad attenersi al contratto, ma gli si deve riconoscere il diritto di recederne unilateralmente, in applicazione analogetica degli art. 107 sgg. CO, a datare dal giorno in cui viene manifestata al debitore la volontà di recedere (cf. anche: v. GIERKE, Dauernde Schuldverhältnisse, Iherings Jahrbücher, vol. 64, p. 390/391; per l'istituto affine del vitalizio: RU 79 II 171). Perchè cessi la fiducia nei futuri adempimenti non è ovviamente sufficiente la mora di una singola prestazione, ma occorre una violazione contrattuale tale da distruggere, nelle circostanze del caso, la legittima fiducia del creditore nel puntuale futuro adempimento.
Applicando questi concetti alla fattispecie è avantutto da precisare che la mora nel versamento di "alcune" rate mensili accertata dalla Corte cantonale si estendeva, alla data in cui fu iniziata la causa, a ben sette rate mensili. Difatto, l'attore aveva escusso il convenuto per il pagamento di 2310 fr., pari a sette mensilità arretrate. Se si considera che la petizione di causa e la procedura esecutiva sono state precedute da tre raccomandate completamente inefficaci a rimuovere il debitore dalla sua inadempienza; che è rimasto lettera morta l'impegno del debitore di provvedere affinchè i versamenti della rendita dal gennaio 1954 innanzi fossero effettuati tramite una banca; che costui era persino inadempiente rispetto all'obbligo di versare entro otto giorni dall'11 gennaio 1954 i 1200 fr. risultanti a suo debito dalla scrittura di tale data, la fiducia che il debitore rispettasse in futuro gli impegni assunti poteva ragionevolmente essere distrutta nel creditore per il contegno del debitore. Non si può pertanto negare all'attore il diritto di recedere da un rapporto obbligatorio che la controparte non si preoccupava da mesi di eseguire. Del resto, quand'anche si volesse prescindere dall'applicazione analogetica degli art. 107 sgg. CO, la rescissione unilaterale dei contratti si giustificherebbe in concreto anche dal profilo dell'art. 2 CC. Con la sua inadempienza il debitore ha reso frustraneo lo scopo dei contratti di rendita vitalizia che, come lo scopo del contratto iniziale di vitalizio, era di soddisfare bisogni essenziali della vita del creditore, resosi praticamente nullatenente per la costituzione della rendita.
Contrariamente a quanto ha ammesso la Corte cantonale, alla rescissione dei contratti non è di ostacolo l'omissione del creditore di fissare al debitore il termine previsto dall'art. 107 cp 1 CO. La volontà manifesta del debitore di non soddisfare gli obblighi assunti stava a dimostrare l'inutilità dell'assegnazione d'un termine per l'adempimento tardivo (art. 108 n. 1 CO). Nè si può escludere l'efficacia della dichiarazione di recedere dai contratti per il motivo che in corso di causa il creditore ha ancora fatto valere in via esecutiva talune rate mensili e ne ha ottenuto il pagamento dopo la fase del pignoramento dei mobili. Infatti, se è esatto che dal recesso cessa l'obbligo delle prestazioni successive, non è meno esatto che fin che il recesso era sub iudice l'attore si era espressamente riservato, senza che questa riserva fosse da interpretare come rinuncia al suo diritto di disdctta, di incassare le rate scadute o in scadenza durante il processo. Nel caso in cui la funzione della rendita è di procacciare al creditore la somma che gli occorre per i bisogni della vita, la riserva anzidetta può non essere interpretata come rinuncia al diritto che si fa anzi valere; essa risponde esclusivamente alla necessità in cui l'attore è stato posto, dall'inadempienza del convenuto, di non poter attendere la fine del processo trascurando l'incasso delle rate scadute. Il fatto, poi, che questo incasso sia stato possibile soltanto in via esecutiva ed in fase di pignoramento rafforza il convincimento che la fiducia nei puntuali adempimenti futuri era completamente scossa.
Pronunciata la risoluzione dei contratti di rendita vitalizia, il calcolo fatto dal Pretore sull'importo da restituire dal convenuto non è come tale criticato in sede federale da alcuna parte e risulta d'altronde corretto.
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Contratto di rendita vitalizia. Effetti della mora del debitore nel versamento delle rate scadute.
Diritto del creditore di recedere dal contratto in applicazione analogetica degli art. 107 sgg. CO.
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Sachverhalt ab Seite 446
A.- Die KTA des eidgenössischen Militärdepartementes kaufte mit Lieferungsvertrag vom 17./22. Mai 1951 von der Firma Homelite-Service, Richard Buchschacher, Zürich, 64 Panzerfahrzeuge vom Typ "Staghound" von je 12 Tonnen Gewicht. Diese Ware sollte aus England, fob engl. Hafen, geliefert werden. Die Käuferin übernahm auch die Versicherung des Transportes, mit dessen Durchführung sie die Natural A.-G. in Basel beauftragte. Sie hatte am 27. Mai 1948 mit der Versicherungsgesellschaft "Schweiz" in Zürich eine allgemeine Transportversicherung abgeschlossen, laut der Generalpolice Nr. 4043 als Rahmenvertrag.
B.- Am 8. Oktober 1951 wurden von acht Uhr morgens an auf Grund der erwähnten Bestellung 22 "Staghounds" im Hafen von Southampton auf das holländische Frachtschiff "HAST 5" verladen. Die Hälfte dieser Fracht fand im Schiffsraum Platz, den man um 14.30 Uhr abschloss. Hierauf wurden die übrigen elf Stück, wie es vereinbart war, auf Deck gehisst, was bis 18.50 Uhr dauerte. Damit hatten die Arbeiter der Stevedores Ltd. ihre Aufgabe beendigt, und sie verliessen das Schiff. Der Schiffsmannschaft lag ob, die Deckladung zu verteilen und mit Stahlkabeln zu befestigen. Um 19 Uhr wurden die Bordkonnossemente ausgestellt.
C.- Während einige der zur Deckladung gehörenden Wagen noch unbefestigt dastanden, liess der Kapitän das Schiff losbinden und (laut seinen Angaben im Logbuch etwa zwei Schiffslängen weit) den Quai entlang fahren, um Trinkwasser aufzunehmen. Bei dieser Bewegung geriet das Schiff in den Wellengang eines anderen Schiffes und kam ins Schaukeln. Einer der noch nicht befestigten Wagen der Deckladung rollte quer über Deck nach Steuerbord. Dadurch bekam das Schiff Schlagseite, und es folgte nun ein anderer Wagen nach. Das Schiff neigte sich noch mehr, sodass das Wasser durch die offenen Bullaugen in die Mannschaftsräume drang. Infolge der verstärkten Schlagseite (etwa 500 nach Angaben des Kapitäns laut Kl. beil. 23 oder "75%" laut Erkundigungen des Verkäufers, Kl. beil. 19) rissen die Stahlkabel der bereits festgebundenen Wagen, und es gingen schliesslich von der Deckladung neun Stück über die Reeling und fielen ins Wasser.
D.- Das Schiff richtete sich nun wieder auf und konnte zurecht gebracht werden. Am 11. Oktober 1951 lief es nach Antwerpen aus.
Die versunkenen "Staghounds" wurden ein paar Tage später gehoben. Sie hatten durch das Salzwasser so sehr gelitten, dass man sie an Ort und Stelle zur Verschrottung verkaufen musste.
E.- Die Käuferin hatte der "Schweiz" die 64 gekauften Panzerwagen auf Grund der Generalpolice zur Versicherung des Transportes von Southampton nach Basel angemeldet. Die näheren Bedingungen mit besonderer Berücksichtigung der Deckladung wurden später festgelegt.
F.- Der Generalpolice waren die vom Schweizerischen Transport-Versicherungs-Verein im Jahre 1940 aufgestellten Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Güter-Transporten (ABVT 1940) beigefügt. Deren Art. 11 lautet:
"Wenn die Güter auf Deck eines Schiffes verladen werden, so haftet der Versicherer, falls nichts anderes vereinbart wurde, weder für den durch Diebstahl oder Abhandenkommen entstandenen Verlust, noch für Beschädigungen, Seewurf und Überbordspülen. Hingegen haftet er für den durch den Untergang des Schiffes verursachten Verlust der Güter, sowie für die Beiträge zur grossen Haverei."
Dazu tritt folgender Zusatz:
"Deckladung.
In Abänderung von Art. 11 ABVT 1940 gilt die Versicherung zur Bedingung "fpa" gemäss Art. 14 ABVT 1940. Ausserdem erstreckt sie sich, unter Abzug von 2..% des Versicherungswertes aller auf Deck verladenen Güter, auf Überbordspülen und Seewurf ganzer Kolli."
Der hier erwähnte Art. 14 ABVT lautet:
"Falls die Versicherung zur Bedingung "fpa" (d.h. "frei von Beschädigung") gilt, so haftet der Versicherer dennoch für den Verlust oder die Beschädigung - letztere frei von 5% -, wenn sie die unmittelbare Folge eines qualifizierten Unfalles oder eines Sturzes der Güter während der Umladung und, soweit gedeckt, während der Einladung oder der Ausladung sind."
Dazu tritt folgender Zusatz:
"Versicherung zur Bedingung f.p.a. aber einschliesslich Diebstahl und Abhandenkommen ganzer Kolli oder - bei lose verladenen Gütern - ganzer Ladungen:
Die Versicherung gilt zur Bedingung f.p.a. gemäss Art. 14 ABVT 1940. Ausserdem erstreckt sie sich auf die Gefahren von Diebstahl und Abhandenkommen ganzer Kolli oder - bei lose verladenen Gütern - ganzer Ladungen."
G.- Gestützt auf Art. 14 ABVT in Verbindung mit Art. 11 nebst Zusatz verlangte die Käuferin von der "Schweiz" Ersatz des ihr durch das Versinken der neun "Staghounds" erwachsenen Schadens im Rahmen der in der Generalpolice festgesetzten Höchstbeträge und der für den in Frage stehenden Transport berechneten Versicherungssummen.
Die "Schweiz" lehnte die Haftung ab, weil die Ladeoperationen beim Eintritt des Schadens bereits beendet gewesen seien und auch kein qualifizierter Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen vorliege. Auf den Zahlungsbefehl vom 4. April 1952 erhob sie in vollem Umfange Rechtsvorschlag.
H.- Nach fruchtlosem Aussöhnungsversuch vom 4. November 1953 folgte am 4. Mai 1954 die Klage der Schweizerischen Eidgenossenschaft gegen die Versicherungsgesellschaft "Schweiz" beim Appellationshof des Kantons Bern. Im Lauf des Prozesses präzisierte die Klägerin ihr Begehren, unter Anrechnung der Zahlungen der englischen Versicherer, dahin, die Beklagte sei zur Bezahlung von Fr. 86'207.05 zuzüglich Zins zu 5% seit 26. Juli 1955, sowie Zins zu 5% auf dem Betrag von Fr. 95'844.50 vom 4. April 1952 bis 26. Juli 1955, ferner Fr. 18.10 Betreibungskosten zu verurteilen.
I.- Mit diesem Begehren durch Urteil des Appellationshofes vom 29. November 1955 abgewiesen, hält die Klägerin mit vorliegender Berufung daran fest und verlangt eventuell die Rückweisung der Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz.
K. - Die Beklagte trägt auf Abweisung der Berufung und damit der Klage an.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die die Beweisführung betreffenden Rügen, wie sie die Berufungsschrift vorsorglich erhebt, sind für den Ausgang der Sache ohne Belang und können deshalb auf sich beruhen bleiben. Es steht fest und ist denn auch unter den Parteien nicht streitig, dass die zu Schaden gekommene Deckladung im Unterschied zu der Fracht des Schiffsraumes nicht zu den gewöhnlichen Bedingungen versichert war. Vielmehr wurde sie der fpa-Klausel mit den daran geknüpften nähern Bestimmungen unterstellt. Diese Klausel ist deutsch mit den Worten "frei von Beschädigung" wiedergegeben. Sie bedeutet "free particular average" und heisst in französischen Texten "fap" = "franc d'avarie particulière". Es handelt sich um eine Ausschlussklausel zugunsten des Versicherers. Dessen Haftung für "Beschädigung" ("avarie particulière") wird dadurch grundsätzlich wegbedungen. "Besondere Haverei" ist kein aus sich selbst zu bestimmender Begriff, sondern "eine Art Restbegriff"; "sie umfasst alle durch einen Unfall für ein Seeschiff oder dessen Ladung verursachten Schäden, Verluste und Kosten, die weder grosse noch kleine Haverei sind" (WÜSTENDÖRFER, Neuzeitliches Seehandelsrecht, S. 360). Mit diesem Begriffe brauchte sich übrigens die Klägerin nicht näher zu befassen. Sie konnte sich einfach an die Policebestimmungen halten, welche die gegenüber der fpa-Klausel vorbehaltenen versicherten Gefahren umschreiben. Mit Rücksicht auf diese Vorbehalte hat man es hier mit einer sog. Versicherung "fap sauf" zu tun, im Gegensatze zu einer Klausel "fap absolument" (vgl. RIPERT, Droit maritime, 4e éd., III nos 2661 ff.; DENISE BERTHOUD, L'assurance contre les risques de transport, p. 61 ff.).
2. Von den gegenüber der fpa-Klausel vorbehaltenen Gefahren kommt hier nur "Sturz der Güter während der Einladung" in Frage. Art. 14 ABVT berücksichtigt solche Fälle allerdings nur "soweit gedeckt", doch sind die Parteien darüber einig, dass die von der Klägerin bei der Beklagten genommene Versicherung dafür Deckung bietet, sei es nach Art. 16 Abs. 2 ABVT, sei es nach dem Schlussabsatz von Art. 7 der "Besonderen Bedingungen". Demgemäss dreht sich der Streit nur um Sinn und Tragweite des Wortes "Einladung", wovon es abhängt, ob das Unglück vom 8. Oktober 1951 noch "während der Einladung" geschah und daher der Versicherungsschutz Platz greift, oder ob die "Einladung" schon beendigt war und daher eine Haftung der Beklagten nach Art. 14 ABVT nicht besteht.
Der Appellationshof hat über die Bedingung von Art. 14 ABVT ein Rechtsgutachten von Dr. Walter Müller, Advokat und Notar in Basel, "membre titulaire du Comité Maritime International", eingeholt. Auf Grund eingehender Erörterung der seerechtlichen Begriffe des "Einladens" und "Verstauens" gelangt der Experte zum Ergebnis,
"dass in der Seeschifffahrt der Vorgang der Verladung der Güter (chargement) die ordnungsgemässe Verstauung (arrimage) der Güter nicht einschliesst, sondern dass es sich um zwei getrennte Operationen handelt, welche tatsächlich und rechtlich verschieden sind und verschieden behandelt werden",
und beantwortet die ihm gestellten Fragen wie folgt:
"- Die Einladung gemäss Art. 14 der "Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Gütertransporten" (ABVT 1940) ist beendet, wenn die Güter an Bord des Schiffes gebracht sind (hissé à bord).
1. Die Einladung ist schon beendet, wenn die Güter auf dem Schiff abgesetzt werden.
2. Das Verstauen, Verkeilen und Befestigen der Staghounds (die sog. Verstauung, arrimage) gehört nicht mehr zum Einladungsprozess.
- Auf jeden Fall muss die Verladung als beendet betrachtet werden, wenn die Bordkonnossemente ausgestellt sind."
Das Gutachten zieht in erster Linie den französischen Text der ABVT in Betracht, weil es der erste Text war, der deutsche Text dagegen eine Übersetzung davon. Sodann heisst es auf S. 17 des Gutachtens:
"Ein Vergleich mit andern Transportarten (Eisenbahn, Camion) ist unerheblich, da die Verhältnisse bei diesen Transportarten anders gelagert sind, und vor allem weil die Verstauung nicht zu den zwingenden Pflichten des Transportführers gehört."
Der Appellationshof schliesst sich den Ausführungen und Schlussfolgerungen des Gutachtens an. Er bemerkt, auch der Kapitän der HAST 5 unterscheide bei seinen Einträgen im Logbuch zwischen "einladen" und "verstauen", ebenso der Hafenkommissär McQueen in seinem Bericht über den Vorfall vom 8. Oktober 1951 ("that the loading was completed, but that all vehicles had not been secured"). Ähnlich habe sich die Reederei Muron, Rotterdam, in einem Schreiben an die Klägerin ausgedrückt: "Die Verladung der Staghounds war beendet, jedoch mussten noch einige Wagen auf der Vorderluke befestigt werden". Endlich weist das Urteil auf seerechtliche Erlasse verschiedener Staaten und auf internationale Abkommen hin, in denen zwischen "einladen" und "stauen" unterschieden wird. Es erklärt sodann: "Wenn ein in einem Versicherungsvertrag verwendeter und nicht besonders umschriebener Begriff in den beteiligten Fachkreisen so eindeutig definiert wird, wie es für den Begriff des Einladens der Fall ist, muss bei der Vertragsauslegung auf diesen technischen Begriff und nicht auf eine allfällige Auffassung eines Laien abgestellt werden. Durch eine solche Auslegung wird der Grundsatz in dubio contra stipulatorem nicht verletzt, weil über die Bedeutung des verwendeten Ausdrucks "Einladen" keine Zweifel bestehen können..."
Gegen diese Betrachtungsweise erheben sich indessen Bedenken. Nach ständiger Rechtsprechung, womit die Rechtslehre übereinstimmt, sind vom Versicherer aufgestellte Vertragsbestimmungen nicht nur in dubio contra stipulatorem oder contra proferentem auszulegen, sondern es muss hier der deutsche Policentext, weil dem Vertrag zugrunde liegend, massgebend sein. Im übrigen muss sich der Versicherungsnehmer auf den einheimischen Sprachgebrauch stützen können, da er (wie übrigens auch der Versicherer) seinen Sitz in der Schweiz hat und hier ausserdem der Vertrag abgeschlossen wurde (vgl. ROELLI, N. 7 zu Art. 11 VVG, S. 170 ff.). Und zwar kommt es bei der Auslegung von Versicherungsverträgen nicht auf die juristischen, technischen, überhaupt nicht auf wissenschaftliche Begriffe an, sondern es ist der gewöhnliche landläufige Wortsinn in erster Linie zu berücksichtigen (BGE 44 II 102,BGE 59 II 322). So ist es auch mit dem hier streitigen Ausdruck "Einladung von Gütern" zu halten, zumal man es dabei mit einer alltäglichen und allbekannten Verrichtung zu tun hat. Es verschlägt nichts, dass sich die Klage auf einen Transport zur See bezieht. Denn wenn die Einladung auch je nach der Art des Fahrzeuges und der Ware in verschiedener Weise vor sich geht, ist doch der Begriff ein einheitlicher. Der vorliegende Versicherungsvertrag bezieht sich übrigens auf Transporte jeder Art. Als Rahmenvertrag dient eine "Generalpolice für die Versicherung von Gütertransporten zu Lande, auf Binnengewässern, zur See und in der Luft". Von allgemeiner Tragweite sind auch die ihr beigegebenen ABVT 1940, wobei sich die Art. 11 und 14 mit Zusätzen unter den alle Transportarten betreffenden "gemeinsamen Bestimmungen" befinden. Art. 11 fasst freilich speziell die auf Deck eines Schiffes verladenen Güter ins Auge, macht aber keinen Unterschied zwischen Transporten zur See und solchen auf Binnengewässern. Die fpa-Klausel als solche ist unter bestimmten Voraussetzungen für jede Art von Transporten vorgesehen, wie sich aus den Art. 9 und 10 ABVT ergibt.
Die in Art. 14 ABVT gegenüber einer allgemeinen Ausschlussklausel als versichert vorbehaltenen Fälle lassen sich nun allerdings nicht auf dem Weg der Analogie vermehren. Ihre Umschreibung ist aber gemäss Art. 33 VVG in Verbindung mit der Vertrauenstheorie (vgl. ROELLI, N. 6 zu Art. 33 VVG; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 43 und 51 ff. zu Art. 1 OR) weitherzig auszulegen. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass es sich um Ausnahmen von einer Ausschlussklausel handelt. Vielmehr ist es gleich zu halten, wie wenn von vornherein nur für die betreffenden Fälle, also vor allem für die unmittelbaren Folgen eines Sturzes der Güter während der Umladung sowie während der Einladung und der Ausladung, Versicherung genommen worden wäre. Mit den erwähnten Normen des schweizerischen Rechtes wäre es nicht vereinbar, Klauseln, aus denen der Versicherungsnehmer Ansprüche herleitet, im Zweifel zu seinen Ungunsten auszulegen, weil er als Gläubiger auftritt (wie dies, wenn auch nicht einhellig, im französischen Versicherungsrecht mit Hinweis auf Art. 1162 des Code civil angenommen wird; vgl. RIPERT, a.a.O. III no 2411).
3. In der schweizerischen Umgangssprache, die übrigens hierin kaum von der vorherrschenden allgemeinen deutschen Volkssprache abweicht, wird nun sehr oft von "Einladen" (oder auch "Laden", "Verladen", "Aufladen") in einem weiten Sinne gesprochen. Diese Ausdrücke bezeichnen bei solcher Gebrauchsweise neben dem Absetzen des Gutes auf das Transportfahrzeug auch die Vor- und Nachstadien dieser Handlung. Wegleitend ist dabei der mit dem "Einladen" verfolgte Zweck, das Gut vom bisherigen Standorte zum Fahrzeug zu bringen und, wenn es einmal darauf abgestellt ist, dann auch so zu plazieren und wenn nötig zu verkeilen oder zu befestigen, dass es in gehöriger Weise transportiert werden kann. Erst wenn dies besorgt ist, hat man "gut", "richtig", "fertig" verladen. Wenn das Wörterbuch der Gebr.
GRIMM einerseits das Wort "einladen" mit imponere in navem erläutert, einer Wendung, die sich in engem oder weitem Sinne verstehen lässt, so erwähnt es anderseits zum Worte "laden" die Ausdrücke "viel laden", "schief laden" und hält aus "Hermann und Dorothea" fest: "... das alles, auf mancherlei Wagen und Karren durcheinander geladen...". In der Schweiz heisst "der Lader" der Ladende auf dem Heu- oder Garbenwagen: "die Heraufgeber ... warfen ... Gabeln voll auf den Wagen, die der kundige Lader auf den Knien mit ausgebreiteten Armen empfing" (Idiotikon, 3. Band S. 1062; GOTTHELF, Uli der Knecht, S. 194 der Ausgabe von Rentsch). Der landläufige Sprachgebrauch bezieht also das Verteilen und Sichern der Güter auf dem Fahrzeug in den Begriff des "Ladens", "Einladens" usw. ein, und zwar gleichgültig, ob alle Phasen des "Ladens" von denselben Personen ausgeführt werden, oder ob sich mehrere Personen oder Gruppen in die verschiedenen aufeinander folgenden Verrichtungen teilen. Dieser zweckbezogenen Ausdrucksweise bedienen sich auch amtliche schweizerische Erlasse aus dem Gebiete des Transportwesens. So finden sich im eidgenössischen Reglement über den Transport auf Eisenbahnen und Schiffen vom 24. Juni 1949 (Slg der eidg. Gesetze 1949 S. 619), Art. 111 (Randtitel "Verlad"), Vorschriften darüber, wie die Tiere im Transportfahrzeug anzubinden sind, was für Zwischenräume bestehen müssen, und es wird gesagt, verpackte Tiere seien "so zu verladen, dass sie ausreichend frische Luft erhalten". So setzt ferner das Militärtransportreglement vom 1. Juli 1907, Art. 49 Abs. 6 (BS 1848-1947 Bd. 5 S. 605) fest, was "zu einer guten Verladung gehört": gleichmässige Verteilung des Gewichtes, Befestigung der verladenen Fuhrwerke auf dem Boden mittels Holzkeilen oder Latten, usw.
4. Dieser der Alltagssprache geläufige weite Begriff des "Einladens", "Verladens" usw. (den letztern Ausdruck verwendet die Generalpolice ebenfalls, vgl. neben Art. 11 die Umschreibung des Begriffes "Fahrzeug" in den an die Spitze der ABVT 1940 gestellten "Grundbegriffen") darf der Klägerin zugute kommen. Sie braucht sich nicht entgegenhalten zu lassen, dass im Seerecht in der Regel zwischen "einladen" und "verstauen" unterschieden wird, in dem Sinne, dass das "Einladen" das "Verstauen" nicht umfasst, sondern nur soviel bedeutet wie "an Bord bringen". Eine solche Terminologie liegt freilich auch dem Internationalen Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung einzelner Regeln über die Konnossemente einigermassen zugrunde, das am 25. April 1924 in Brüssel unterzeichnet, im Bundesratsbeschluss vom 9. April 1941 über die Seeschiffahrt unter Schweizerflagge als verbindlich bezeichnet und durch Bundesbeschluss vom 17. März 1954 auf den 28. November 1954 in Kraft gesetzt wurde (vgl. dessen Art. 2 und 3). Das kann jedoch hier nicht massgebend sein. Denn diese seerechtliche Redeweise hat den allgemeinen Sprachgebrauch, mindestens in der Schweiz, nicht verändert und den oben dargelegten weiten Begriff des "Einladens" nicht verdrängt. Übrigens ist der Sprachgebrauch selbst im Seehandel kein einheitlicher, was auch Ripert in dem von der Beklagten eingeholten Gutachten einleitend hervorhebt. Damit stimmt es überein, dass unter "chargement en pontée" vornehmlich das "Verstauen" verstanden wird, gemäss der Umschreibung dieser Wendung im Vocabulaire juridique von CAPITANT, 1936: "arrimage des marchandises sur le pont du navire". Es wird denn auch allgemein von den Laderäumen gesprochen, und bei der "Stauung" wirkt im Grossbetriebe auch der "Ladungsoffizier" mit (WÜSTENDÖRFER, a.a.O. S. 181). Und wenn in den englischen Berichten des Kapitäns und des Hafenkommissärs über den vorliegenden Unfall gesagt wurde, die Güter seien "eingeladen", aber noch nicht alle "gesichert" gewesen, so vermochte der Kommissär Mc Queen dann doch auf die bestimmte Frage "When loading operations terminate?" nach Erkundigung beim Verkehrsministerium und bei anderen Stellen nur zu berichten: "Although various opinions were given, no definite rulings appear to be in any regulations" (S. 55 der kantonalen Gerichtsakten). Der holländische Originalbericht des Kapitäns verwendet das Wort "laden" auch für das Wasserfassen.
5. Im Anschluss an das gerichtliche Gutachten legt das angefochtene Urteil besonderes Gewicht darauf, dass mit der Anbordnahme, d.h. sobald die Güter auf das Schiff abgesetzt sind, oder doch auf alle Fälle mit der Ausstellung der Bordkonnossemente durch den Kapitän oder seinen Stellvertreter, die zwingende Haftung des Reeders beginnt. Von da an habe, wie auf S. 23 des Gutachtens ausgeführt wird, das typische Interesse, die Güter gegen Beschädigung durch Sturz versichern zu lassen, nicht mehr bestanden. Allein, es ist nicht einzusehen, wieso die "prise en charge", sei es als unmittelbare Folge des Anbordbringens, sei es als Auswirkung des Ausstellens der Bordkonnossemente, sei es kraft eines frühern Übernahmeaktes (vgl. RIPERT a.a.O. III no 1487bis: "prise en charge sous palan"; SMEESTERS & WINKELMOLEN, Droit maritime et droit fluvial, 2e éd. I p. 432: Übergabe an den Kapitän "à la pierre bleue du quai") das Interesse an einer solchen Versicherung hinfällig machen sollte. Nach dem erwähnten Brüsseler Abkommen von 1924 ist die Haftung des Reeders stark eingeschränkt. Art. 4 § 2 des Abkommens bestimmt: "Weder der Unternehmer (= Reeder) noch das Schiff sollen für Verluste oder Schäden haften, die entstehen: a) aus Handlungen, Nachlässigkeit oder Unterlassungen des Schiffers (= Kapitäns), der Schiffsoffiziere, der Schiffsmannschaft, des Lotsen oder der im Dienste des Unternehmens stehenden Personen bei der Führung oder dem Betriebe des Schiffes...". Und das (noch nicht in Kraft gesetzte) Bundesgesetz vom 23. September 1953 über die Seeschiffahrt unter der Schweizerflagge (8bl. 1953 I 169 ff.) lässt in Art. 117 Abs. 2 gegenüber der grundsätzlich zwingenden Haftung des Seefrachtführers (= Reeders) gewisse abweichende Vereinbarungen zu, insbesondere, "wenn es sich ... um eine Ladung handelt, die nach Vereinbarung oder Übung auf Deck verladen wird...". Das im vorliegenden Fall ausgestellte Bordkonnossement der Maritime Agencies Ltd. vom 8. Oktober 1951 enthält in Zeile 92 die Klausel: "the steamer is not answerable for any sum exceeding £ 100 per package or goods of whatsoever description...". Das spielte eine Rolle bei der Regelung des Schadens mit den englischen Versicherern, und es ist hier nur noch der restliche Schaden eingeklagt.
6. Die Transportversicherung gilt in erster Linie für die Dauer der Reise. Nach Art. 16 ABVT beginnt sie indessen, sofern nichts anderes vereinbart ist, schon "mit dem Zeitpunkt, in welchem die Güter am Versandort auf das Fahrzeug gelangen", und endet "mit dem Zeitpunkt, in welchem sie das Fahrzeug am Bestimmungsort verlassen". Wenn es sodann heisst, die Versicherung "erstrecke sich nicht auf die Gefahren des Aufladens oder des Abladens" (sofern diese Gefahren nicht durch eine speziellere Bestimmung wie Art. 16 Abs. 2 ABVT oder den Schlussabsatz von Art. 7 der "Besonderen Bedingungen" einbezogen sind), so ist in diesem Zusammenhange freilich unter Auf- und Abladen (d.h. Ausladen) nur gemeint, was sich ereignet, bevor das Gut auf das Fahrzeug gelangt, und nachdem es dieses verlassen hat. Das ist aber nur eine Folge davon, dass in die "Reiseversicherung" ein Teil der Risiken des Ein- und Ausladens im weitern, gewöhnlichen Sinne dieser Worte einbezogen wurde, sodass der grundsätzliche Ausschluss der weiteren Gefahren nur die erste Phase des Einladens und die zweite Phase des Ausladens trifft. Diesem Einbezug eines Teils der Vor- und Nachstadien der Reise in die "Reiseversicherung" ist kein Einfluss auf die Auslegung von Art. 14 ABVT zuzugestehen. Hier muss der volle gebräuchliche Wortsinn des Ein- und Ausladens gelten, womit diese Begriffe in natürlicher Weise gegenüber dem der Reise im eigentlichen Sinn abgegrenzt werden, wie er auch der Definition der Reise in den "Grundbegriffen" der ABVT zugrunde liegt.
Es liefe übrigens den entgegenkommenden Tendenzen der Transportversicherer (vgl. MATTER, Der Umfang der Gefahr in der Seeversicherung von Gütern nach schweizerischem Recht, S. 36) zuwider, die Deckung von Beschädigungen des Transportgutes "während der Einladung und der Ausladung" nicht einmal für die nach gewöhnlichem Sprachgebrauch anzunehmende Dauer dieser Vor- und Nachstadien der Reise gelten zu lassen, mit der Begründung, es sei anderseits die Reiseversicherung über ihren eigentlichen Begriff hinaus erstreckt worden. Die Reiseversicherung deckt eben nach der fpa-Klausel solche Beschädigungen nicht. Daher sind die durch Art. 14 ABVT als versichert bezeichneten Fälle nach dem vollen Sinn ihrer Umschreibung zu berücksichtigen.
7. Es mag vorkommen, dass die Einladung, wie sie hier - mit Einschluss des Verstauens, d.h. der "Verteilung der Ladungsgüter über das Schiff nach Seemannsbrauch unter zweckentsprechender Ausfüllung der Laderäume und genügender Festlegung der Güter" (WÜSTENDÖRFER, a.a.O. S. 181) - zu verstehen ist, erst nach Antritt der Reise, d.h. nach dem Auslaufen des Schiffes, beendigt wird. In einem solchen Falle würde sich fragen, ob ein hiebei sich ereignender Sturz von Gütern nicht mehr "während der Einladung", sondern "auf der Reise" erfolgt sei, indem sich die Einladung gemäss Art. 14 ABVT nur als Vorstadium der Reise verstehen lasse. Wie dem auch sein möge, hat sich der vorliegende Unfall noch vor der Reise zugetragen. Die Bewegung des Schiffes längs des Hafenquais zur Aufnahme von Süsswasser war nur ein sich im Hafen abspielendes Zwischenmanöver, und es war angeordnet, die Einladung noch vor Reisebeginn zu beendigen. Sie wäre normalerweise durch das Wasserfassen nur verzögert worden. Der Unfall geschah somit noch "während der Einladung".
8. Bei dieser "der Klägerin günstigsten Auslegung von Art. 14 ABVT" kann die Klage nach Ansicht der Beklagten immerhin nur teilweise geschützt werden. Es falle nämlich nur die Beschädigung der zwei oder drei "Staghounds" in Betracht, die, als das Schiff ins Schwanken kam, noch nicht festgebunden waren. Die anderen Stücke der Deckladung seien auch bei Annahme dieses weiten Begriffes der Einladung fertig verladen gewesen; sie habe der Unfall also nicht mehr während, sondern erst nach der Einladung betroffen.
Dieser Betrachtungsweise kann sich das Bundesgericht nicht anschliessen. Sie fasst das Schicksal jedes einzelnen der versunkenen "Staghounds" so ins Auge, als hätte er allein sich auf Deck befunden. Der wahre Verlauf der Dinge lässt jedoch die Risikoverbundenheit der ganzen Deckladung erkennen. Sie war in ihrer Gesamtheit von gewissen Gefahren bedroht, solange auch nur einzelne Stücke nicht festgebunden waren. Deshalb hat denn auch das Unglück auf die bereits festgebundenen Stücke übergegriffen. Im Hinblick auf die Risiken, wofür die Versicherung eben Deckung bieten soll, waren auch die bereits festgebundenen Wagen, solange andere noch frei dastanden, nicht wirklich gesichert. Es kann somit nicht mit genügendem Grunde gesagt werden, einzelne Stücke seien "fertig verladen" gewesen. Vielmehr war die ganze Deckladung noch nicht "fertig verladen", solange einzelne Wagen noch frei dastanden. Art. 14 ABVT lässt sich zwangslos auf Sachgesamtheiten solcher Art anwenden. Er spricht vom "Sturz der Güter", und "Gut" ist nach der Umschreibung dieses Begriffes in den "Grundbegriffen" der ABVT der ganze Gegenstand des durch die Versicherung gedeckten Transportes, im Unterschied zum "Kollo", als was das einzelne Frachtstück zu gelten hat, das allein oder mit andern zusammen das Gut darstellt.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern vom 29. November 1955 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin einen Betrag von Fr. 86'207.05 zuzüglich Zins zu 5% seit 26. Juli 1955 sowie Zins zu 5% auf dem Betrag von Fr. 95'844.50 vom 4. April 1952 bis 26. Juli 1955 und Fr. 18.10 Betreibungskosten zu zahlen.
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Allgemeine Transportversicherung zur Bedingung "fpa" für Güter, die auf Deck eines Schiffes verladen werden, jedoch mit Haftung des Versicherers für die Folgen eines Sturzes der Güter während der Umladung sowie während der Einladung oder Ausladung. 1. Bedeutung der Klausel "fpa" mit Vorbehalten ("fap sauf") (Erw. 1).
2. Auslegungsgrundsätze (Erw. 2).
3. Weiter Begriff des Wortes "Einladung" nach deutschem und speziell deutschschweizerischem Sprachgebrauch (Erw. 3).
4. Engere seerechtliche Begriffe stehen dem Versicherungsnehmer nicht entgegen (Erw. 4).
5. Die "prise en charge" durch den Reeder macht das Interesse an der Versicherung der Einladerisiken nicht hinfällig (Erw. 5).
6. Abgrenzung zwischen Risiken der Reise und solchen des Ein-, Um- und Ausladens (Erw. 6 und 7).
7. Risikoverbundenheit der ganzen Deckladung. Konsequenzen (Erw. 8).
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de
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-445%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 445
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82 II 445
Sachverhalt ab Seite 446
A.- Die KTA des eidgenössischen Militärdepartementes kaufte mit Lieferungsvertrag vom 17./22. Mai 1951 von der Firma Homelite-Service, Richard Buchschacher, Zürich, 64 Panzerfahrzeuge vom Typ "Staghound" von je 12 Tonnen Gewicht. Diese Ware sollte aus England, fob engl. Hafen, geliefert werden. Die Käuferin übernahm auch die Versicherung des Transportes, mit dessen Durchführung sie die Natural A.-G. in Basel beauftragte. Sie hatte am 27. Mai 1948 mit der Versicherungsgesellschaft "Schweiz" in Zürich eine allgemeine Transportversicherung abgeschlossen, laut der Generalpolice Nr. 4043 als Rahmenvertrag.
B.- Am 8. Oktober 1951 wurden von acht Uhr morgens an auf Grund der erwähnten Bestellung 22 "Staghounds" im Hafen von Southampton auf das holländische Frachtschiff "HAST 5" verladen. Die Hälfte dieser Fracht fand im Schiffsraum Platz, den man um 14.30 Uhr abschloss. Hierauf wurden die übrigen elf Stück, wie es vereinbart war, auf Deck gehisst, was bis 18.50 Uhr dauerte. Damit hatten die Arbeiter der Stevedores Ltd. ihre Aufgabe beendigt, und sie verliessen das Schiff. Der Schiffsmannschaft lag ob, die Deckladung zu verteilen und mit Stahlkabeln zu befestigen. Um 19 Uhr wurden die Bordkonnossemente ausgestellt.
C.- Während einige der zur Deckladung gehörenden Wagen noch unbefestigt dastanden, liess der Kapitän das Schiff losbinden und (laut seinen Angaben im Logbuch etwa zwei Schiffslängen weit) den Quai entlang fahren, um Trinkwasser aufzunehmen. Bei dieser Bewegung geriet das Schiff in den Wellengang eines anderen Schiffes und kam ins Schaukeln. Einer der noch nicht befestigten Wagen der Deckladung rollte quer über Deck nach Steuerbord. Dadurch bekam das Schiff Schlagseite, und es folgte nun ein anderer Wagen nach. Das Schiff neigte sich noch mehr, sodass das Wasser durch die offenen Bullaugen in die Mannschaftsräume drang. Infolge der verstärkten Schlagseite (etwa 500 nach Angaben des Kapitäns laut Kl. beil. 23 oder "75%" laut Erkundigungen des Verkäufers, Kl. beil. 19) rissen die Stahlkabel der bereits festgebundenen Wagen, und es gingen schliesslich von der Deckladung neun Stück über die Reeling und fielen ins Wasser.
D.- Das Schiff richtete sich nun wieder auf und konnte zurecht gebracht werden. Am 11. Oktober 1951 lief es nach Antwerpen aus.
Die versunkenen "Staghounds" wurden ein paar Tage später gehoben. Sie hatten durch das Salzwasser so sehr gelitten, dass man sie an Ort und Stelle zur Verschrottung verkaufen musste.
E.- Die Käuferin hatte der "Schweiz" die 64 gekauften Panzerwagen auf Grund der Generalpolice zur Versicherung des Transportes von Southampton nach Basel angemeldet. Die näheren Bedingungen mit besonderer Berücksichtigung der Deckladung wurden später festgelegt.
F.- Der Generalpolice waren die vom Schweizerischen Transport-Versicherungs-Verein im Jahre 1940 aufgestellten Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Güter-Transporten (ABVT 1940) beigefügt. Deren Art. 11 lautet:
"Wenn die Güter auf Deck eines Schiffes verladen werden, so haftet der Versicherer, falls nichts anderes vereinbart wurde, weder für den durch Diebstahl oder Abhandenkommen entstandenen Verlust, noch für Beschädigungen, Seewurf und Überbordspülen. Hingegen haftet er für den durch den Untergang des Schiffes verursachten Verlust der Güter, sowie für die Beiträge zur grossen Haverei."
Dazu tritt folgender Zusatz:
"Deckladung.
In Abänderung von Art. 11 ABVT 1940 gilt die Versicherung zur Bedingung "fpa" gemäss Art. 14 ABVT 1940. Ausserdem erstreckt sie sich, unter Abzug von 2..% des Versicherungswertes aller auf Deck verladenen Güter, auf Überbordspülen und Seewurf ganzer Kolli."
Der hier erwähnte Art. 14 ABVT lautet:
"Falls die Versicherung zur Bedingung "fpa" (d.h. "frei von Beschädigung") gilt, so haftet der Versicherer dennoch für den Verlust oder die Beschädigung - letztere frei von 5% -, wenn sie die unmittelbare Folge eines qualifizierten Unfalles oder eines Sturzes der Güter während der Umladung und, soweit gedeckt, während der Einladung oder der Ausladung sind."
Dazu tritt folgender Zusatz:
"Versicherung zur Bedingung f.p.a. aber einschliesslich Diebstahl und Abhandenkommen ganzer Kolli oder - bei lose verladenen Gütern - ganzer Ladungen:
Die Versicherung gilt zur Bedingung f.p.a. gemäss Art. 14 ABVT 1940. Ausserdem erstreckt sie sich auf die Gefahren von Diebstahl und Abhandenkommen ganzer Kolli oder - bei lose verladenen Gütern - ganzer Ladungen."
G.- Gestützt auf Art. 14 ABVT in Verbindung mit Art. 11 nebst Zusatz verlangte die Käuferin von der "Schweiz" Ersatz des ihr durch das Versinken der neun "Staghounds" erwachsenen Schadens im Rahmen der in der Generalpolice festgesetzten Höchstbeträge und der für den in Frage stehenden Transport berechneten Versicherungssummen.
Die "Schweiz" lehnte die Haftung ab, weil die Ladeoperationen beim Eintritt des Schadens bereits beendet gewesen seien und auch kein qualifizierter Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen vorliege. Auf den Zahlungsbefehl vom 4. April 1952 erhob sie in vollem Umfange Rechtsvorschlag.
H.- Nach fruchtlosem Aussöhnungsversuch vom 4. November 1953 folgte am 4. Mai 1954 die Klage der Schweizerischen Eidgenossenschaft gegen die Versicherungsgesellschaft "Schweiz" beim Appellationshof des Kantons Bern. Im Lauf des Prozesses präzisierte die Klägerin ihr Begehren, unter Anrechnung der Zahlungen der englischen Versicherer, dahin, die Beklagte sei zur Bezahlung von Fr. 86'207.05 zuzüglich Zins zu 5% seit 26. Juli 1955, sowie Zins zu 5% auf dem Betrag von Fr. 95'844.50 vom 4. April 1952 bis 26. Juli 1955, ferner Fr. 18.10 Betreibungskosten zu verurteilen.
I.- Mit diesem Begehren durch Urteil des Appellationshofes vom 29. November 1955 abgewiesen, hält die Klägerin mit vorliegender Berufung daran fest und verlangt eventuell die Rückweisung der Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz.
K. - Die Beklagte trägt auf Abweisung der Berufung und damit der Klage an.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die die Beweisführung betreffenden Rügen, wie sie die Berufungsschrift vorsorglich erhebt, sind für den Ausgang der Sache ohne Belang und können deshalb auf sich beruhen bleiben. Es steht fest und ist denn auch unter den Parteien nicht streitig, dass die zu Schaden gekommene Deckladung im Unterschied zu der Fracht des Schiffsraumes nicht zu den gewöhnlichen Bedingungen versichert war. Vielmehr wurde sie der fpa-Klausel mit den daran geknüpften nähern Bestimmungen unterstellt. Diese Klausel ist deutsch mit den Worten "frei von Beschädigung" wiedergegeben. Sie bedeutet "free particular average" und heisst in französischen Texten "fap" = "franc d'avarie particulière". Es handelt sich um eine Ausschlussklausel zugunsten des Versicherers. Dessen Haftung für "Beschädigung" ("avarie particulière") wird dadurch grundsätzlich wegbedungen. "Besondere Haverei" ist kein aus sich selbst zu bestimmender Begriff, sondern "eine Art Restbegriff"; "sie umfasst alle durch einen Unfall für ein Seeschiff oder dessen Ladung verursachten Schäden, Verluste und Kosten, die weder grosse noch kleine Haverei sind" (WÜSTENDÖRFER, Neuzeitliches Seehandelsrecht, S. 360). Mit diesem Begriffe brauchte sich übrigens die Klägerin nicht näher zu befassen. Sie konnte sich einfach an die Policebestimmungen halten, welche die gegenüber der fpa-Klausel vorbehaltenen versicherten Gefahren umschreiben. Mit Rücksicht auf diese Vorbehalte hat man es hier mit einer sog. Versicherung "fap sauf" zu tun, im Gegensatze zu einer Klausel "fap absolument" (vgl. RIPERT, Droit maritime, 4e éd., III nos 2661 ff.; DENISE BERTHOUD, L'assurance contre les risques de transport, p. 61 ff.).
2. Von den gegenüber der fpa-Klausel vorbehaltenen Gefahren kommt hier nur "Sturz der Güter während der Einladung" in Frage. Art. 14 ABVT berücksichtigt solche Fälle allerdings nur "soweit gedeckt", doch sind die Parteien darüber einig, dass die von der Klägerin bei der Beklagten genommene Versicherung dafür Deckung bietet, sei es nach Art. 16 Abs. 2 ABVT, sei es nach dem Schlussabsatz von Art. 7 der "Besonderen Bedingungen". Demgemäss dreht sich der Streit nur um Sinn und Tragweite des Wortes "Einladung", wovon es abhängt, ob das Unglück vom 8. Oktober 1951 noch "während der Einladung" geschah und daher der Versicherungsschutz Platz greift, oder ob die "Einladung" schon beendigt war und daher eine Haftung der Beklagten nach Art. 14 ABVT nicht besteht.
Der Appellationshof hat über die Bedingung von Art. 14 ABVT ein Rechtsgutachten von Dr. Walter Müller, Advokat und Notar in Basel, "membre titulaire du Comité Maritime International", eingeholt. Auf Grund eingehender Erörterung der seerechtlichen Begriffe des "Einladens" und "Verstauens" gelangt der Experte zum Ergebnis,
"dass in der Seeschifffahrt der Vorgang der Verladung der Güter (chargement) die ordnungsgemässe Verstauung (arrimage) der Güter nicht einschliesst, sondern dass es sich um zwei getrennte Operationen handelt, welche tatsächlich und rechtlich verschieden sind und verschieden behandelt werden",
und beantwortet die ihm gestellten Fragen wie folgt:
"- Die Einladung gemäss Art. 14 der "Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Gütertransporten" (ABVT 1940) ist beendet, wenn die Güter an Bord des Schiffes gebracht sind (hissé à bord).
1. Die Einladung ist schon beendet, wenn die Güter auf dem Schiff abgesetzt werden.
2. Das Verstauen, Verkeilen und Befestigen der Staghounds (die sog. Verstauung, arrimage) gehört nicht mehr zum Einladungsprozess.
- Auf jeden Fall muss die Verladung als beendet betrachtet werden, wenn die Bordkonnossemente ausgestellt sind."
Das Gutachten zieht in erster Linie den französischen Text der ABVT in Betracht, weil es der erste Text war, der deutsche Text dagegen eine Übersetzung davon. Sodann heisst es auf S. 17 des Gutachtens:
"Ein Vergleich mit andern Transportarten (Eisenbahn, Camion) ist unerheblich, da die Verhältnisse bei diesen Transportarten anders gelagert sind, und vor allem weil die Verstauung nicht zu den zwingenden Pflichten des Transportführers gehört."
Der Appellationshof schliesst sich den Ausführungen und Schlussfolgerungen des Gutachtens an. Er bemerkt, auch der Kapitän der HAST 5 unterscheide bei seinen Einträgen im Logbuch zwischen "einladen" und "verstauen", ebenso der Hafenkommissär McQueen in seinem Bericht über den Vorfall vom 8. Oktober 1951 ("that the loading was completed, but that all vehicles had not been secured"). Ähnlich habe sich die Reederei Muron, Rotterdam, in einem Schreiben an die Klägerin ausgedrückt: "Die Verladung der Staghounds war beendet, jedoch mussten noch einige Wagen auf der Vorderluke befestigt werden". Endlich weist das Urteil auf seerechtliche Erlasse verschiedener Staaten und auf internationale Abkommen hin, in denen zwischen "einladen" und "stauen" unterschieden wird. Es erklärt sodann: "Wenn ein in einem Versicherungsvertrag verwendeter und nicht besonders umschriebener Begriff in den beteiligten Fachkreisen so eindeutig definiert wird, wie es für den Begriff des Einladens der Fall ist, muss bei der Vertragsauslegung auf diesen technischen Begriff und nicht auf eine allfällige Auffassung eines Laien abgestellt werden. Durch eine solche Auslegung wird der Grundsatz in dubio contra stipulatorem nicht verletzt, weil über die Bedeutung des verwendeten Ausdrucks "Einladen" keine Zweifel bestehen können..."
Gegen diese Betrachtungsweise erheben sich indessen Bedenken. Nach ständiger Rechtsprechung, womit die Rechtslehre übereinstimmt, sind vom Versicherer aufgestellte Vertragsbestimmungen nicht nur in dubio contra stipulatorem oder contra proferentem auszulegen, sondern es muss hier der deutsche Policentext, weil dem Vertrag zugrunde liegend, massgebend sein. Im übrigen muss sich der Versicherungsnehmer auf den einheimischen Sprachgebrauch stützen können, da er (wie übrigens auch der Versicherer) seinen Sitz in der Schweiz hat und hier ausserdem der Vertrag abgeschlossen wurde (vgl. ROELLI, N. 7 zu Art. 11 VVG, S. 170 ff.). Und zwar kommt es bei der Auslegung von Versicherungsverträgen nicht auf die juristischen, technischen, überhaupt nicht auf wissenschaftliche Begriffe an, sondern es ist der gewöhnliche landläufige Wortsinn in erster Linie zu berücksichtigen (BGE 44 II 102,BGE 59 II 322). So ist es auch mit dem hier streitigen Ausdruck "Einladung von Gütern" zu halten, zumal man es dabei mit einer alltäglichen und allbekannten Verrichtung zu tun hat. Es verschlägt nichts, dass sich die Klage auf einen Transport zur See bezieht. Denn wenn die Einladung auch je nach der Art des Fahrzeuges und der Ware in verschiedener Weise vor sich geht, ist doch der Begriff ein einheitlicher. Der vorliegende Versicherungsvertrag bezieht sich übrigens auf Transporte jeder Art. Als Rahmenvertrag dient eine "Generalpolice für die Versicherung von Gütertransporten zu Lande, auf Binnengewässern, zur See und in der Luft". Von allgemeiner Tragweite sind auch die ihr beigegebenen ABVT 1940, wobei sich die Art. 11 und 14 mit Zusätzen unter den alle Transportarten betreffenden "gemeinsamen Bestimmungen" befinden. Art. 11 fasst freilich speziell die auf Deck eines Schiffes verladenen Güter ins Auge, macht aber keinen Unterschied zwischen Transporten zur See und solchen auf Binnengewässern. Die fpa-Klausel als solche ist unter bestimmten Voraussetzungen für jede Art von Transporten vorgesehen, wie sich aus den Art. 9 und 10 ABVT ergibt.
Die in Art. 14 ABVT gegenüber einer allgemeinen Ausschlussklausel als versichert vorbehaltenen Fälle lassen sich nun allerdings nicht auf dem Weg der Analogie vermehren. Ihre Umschreibung ist aber gemäss Art. 33 VVG in Verbindung mit der Vertrauenstheorie (vgl. ROELLI, N. 6 zu Art. 33 VVG; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 43 und 51 ff. zu Art. 1 OR) weitherzig auszulegen. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass es sich um Ausnahmen von einer Ausschlussklausel handelt. Vielmehr ist es gleich zu halten, wie wenn von vornherein nur für die betreffenden Fälle, also vor allem für die unmittelbaren Folgen eines Sturzes der Güter während der Umladung sowie während der Einladung und der Ausladung, Versicherung genommen worden wäre. Mit den erwähnten Normen des schweizerischen Rechtes wäre es nicht vereinbar, Klauseln, aus denen der Versicherungsnehmer Ansprüche herleitet, im Zweifel zu seinen Ungunsten auszulegen, weil er als Gläubiger auftritt (wie dies, wenn auch nicht einhellig, im französischen Versicherungsrecht mit Hinweis auf Art. 1162 des Code civil angenommen wird; vgl. RIPERT, a.a.O. III no 2411).
3. In der schweizerischen Umgangssprache, die übrigens hierin kaum von der vorherrschenden allgemeinen deutschen Volkssprache abweicht, wird nun sehr oft von "Einladen" (oder auch "Laden", "Verladen", "Aufladen") in einem weiten Sinne gesprochen. Diese Ausdrücke bezeichnen bei solcher Gebrauchsweise neben dem Absetzen des Gutes auf das Transportfahrzeug auch die Vor- und Nachstadien dieser Handlung. Wegleitend ist dabei der mit dem "Einladen" verfolgte Zweck, das Gut vom bisherigen Standorte zum Fahrzeug zu bringen und, wenn es einmal darauf abgestellt ist, dann auch so zu plazieren und wenn nötig zu verkeilen oder zu befestigen, dass es in gehöriger Weise transportiert werden kann. Erst wenn dies besorgt ist, hat man "gut", "richtig", "fertig" verladen. Wenn das Wörterbuch der Gebr.
GRIMM einerseits das Wort "einladen" mit imponere in navem erläutert, einer Wendung, die sich in engem oder weitem Sinne verstehen lässt, so erwähnt es anderseits zum Worte "laden" die Ausdrücke "viel laden", "schief laden" und hält aus "Hermann und Dorothea" fest: "... das alles, auf mancherlei Wagen und Karren durcheinander geladen...". In der Schweiz heisst "der Lader" der Ladende auf dem Heu- oder Garbenwagen: "die Heraufgeber ... warfen ... Gabeln voll auf den Wagen, die der kundige Lader auf den Knien mit ausgebreiteten Armen empfing" (Idiotikon, 3. Band S. 1062; GOTTHELF, Uli der Knecht, S. 194 der Ausgabe von Rentsch). Der landläufige Sprachgebrauch bezieht also das Verteilen und Sichern der Güter auf dem Fahrzeug in den Begriff des "Ladens", "Einladens" usw. ein, und zwar gleichgültig, ob alle Phasen des "Ladens" von denselben Personen ausgeführt werden, oder ob sich mehrere Personen oder Gruppen in die verschiedenen aufeinander folgenden Verrichtungen teilen. Dieser zweckbezogenen Ausdrucksweise bedienen sich auch amtliche schweizerische Erlasse aus dem Gebiete des Transportwesens. So finden sich im eidgenössischen Reglement über den Transport auf Eisenbahnen und Schiffen vom 24. Juni 1949 (Slg der eidg. Gesetze 1949 S. 619), Art. 111 (Randtitel "Verlad"), Vorschriften darüber, wie die Tiere im Transportfahrzeug anzubinden sind, was für Zwischenräume bestehen müssen, und es wird gesagt, verpackte Tiere seien "so zu verladen, dass sie ausreichend frische Luft erhalten". So setzt ferner das Militärtransportreglement vom 1. Juli 1907, Art. 49 Abs. 6 (BS 1848-1947 Bd. 5 S. 605) fest, was "zu einer guten Verladung gehört": gleichmässige Verteilung des Gewichtes, Befestigung der verladenen Fuhrwerke auf dem Boden mittels Holzkeilen oder Latten, usw.
4. Dieser der Alltagssprache geläufige weite Begriff des "Einladens", "Verladens" usw. (den letztern Ausdruck verwendet die Generalpolice ebenfalls, vgl. neben Art. 11 die Umschreibung des Begriffes "Fahrzeug" in den an die Spitze der ABVT 1940 gestellten "Grundbegriffen") darf der Klägerin zugute kommen. Sie braucht sich nicht entgegenhalten zu lassen, dass im Seerecht in der Regel zwischen "einladen" und "verstauen" unterschieden wird, in dem Sinne, dass das "Einladen" das "Verstauen" nicht umfasst, sondern nur soviel bedeutet wie "an Bord bringen". Eine solche Terminologie liegt freilich auch dem Internationalen Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung einzelner Regeln über die Konnossemente einigermassen zugrunde, das am 25. April 1924 in Brüssel unterzeichnet, im Bundesratsbeschluss vom 9. April 1941 über die Seeschiffahrt unter Schweizerflagge als verbindlich bezeichnet und durch Bundesbeschluss vom 17. März 1954 auf den 28. November 1954 in Kraft gesetzt wurde (vgl. dessen Art. 2 und 3). Das kann jedoch hier nicht massgebend sein. Denn diese seerechtliche Redeweise hat den allgemeinen Sprachgebrauch, mindestens in der Schweiz, nicht verändert und den oben dargelegten weiten Begriff des "Einladens" nicht verdrängt. Übrigens ist der Sprachgebrauch selbst im Seehandel kein einheitlicher, was auch Ripert in dem von der Beklagten eingeholten Gutachten einleitend hervorhebt. Damit stimmt es überein, dass unter "chargement en pontée" vornehmlich das "Verstauen" verstanden wird, gemäss der Umschreibung dieser Wendung im Vocabulaire juridique von CAPITANT, 1936: "arrimage des marchandises sur le pont du navire". Es wird denn auch allgemein von den Laderäumen gesprochen, und bei der "Stauung" wirkt im Grossbetriebe auch der "Ladungsoffizier" mit (WÜSTENDÖRFER, a.a.O. S. 181). Und wenn in den englischen Berichten des Kapitäns und des Hafenkommissärs über den vorliegenden Unfall gesagt wurde, die Güter seien "eingeladen", aber noch nicht alle "gesichert" gewesen, so vermochte der Kommissär Mc Queen dann doch auf die bestimmte Frage "When loading operations terminate?" nach Erkundigung beim Verkehrsministerium und bei anderen Stellen nur zu berichten: "Although various opinions were given, no definite rulings appear to be in any regulations" (S. 55 der kantonalen Gerichtsakten). Der holländische Originalbericht des Kapitäns verwendet das Wort "laden" auch für das Wasserfassen.
5. Im Anschluss an das gerichtliche Gutachten legt das angefochtene Urteil besonderes Gewicht darauf, dass mit der Anbordnahme, d.h. sobald die Güter auf das Schiff abgesetzt sind, oder doch auf alle Fälle mit der Ausstellung der Bordkonnossemente durch den Kapitän oder seinen Stellvertreter, die zwingende Haftung des Reeders beginnt. Von da an habe, wie auf S. 23 des Gutachtens ausgeführt wird, das typische Interesse, die Güter gegen Beschädigung durch Sturz versichern zu lassen, nicht mehr bestanden. Allein, es ist nicht einzusehen, wieso die "prise en charge", sei es als unmittelbare Folge des Anbordbringens, sei es als Auswirkung des Ausstellens der Bordkonnossemente, sei es kraft eines frühern Übernahmeaktes (vgl. RIPERT a.a.O. III no 1487bis: "prise en charge sous palan"; SMEESTERS & WINKELMOLEN, Droit maritime et droit fluvial, 2e éd. I p. 432: Übergabe an den Kapitän "à la pierre bleue du quai") das Interesse an einer solchen Versicherung hinfällig machen sollte. Nach dem erwähnten Brüsseler Abkommen von 1924 ist die Haftung des Reeders stark eingeschränkt. Art. 4 § 2 des Abkommens bestimmt: "Weder der Unternehmer (= Reeder) noch das Schiff sollen für Verluste oder Schäden haften, die entstehen: a) aus Handlungen, Nachlässigkeit oder Unterlassungen des Schiffers (= Kapitäns), der Schiffsoffiziere, der Schiffsmannschaft, des Lotsen oder der im Dienste des Unternehmens stehenden Personen bei der Führung oder dem Betriebe des Schiffes...". Und das (noch nicht in Kraft gesetzte) Bundesgesetz vom 23. September 1953 über die Seeschiffahrt unter der Schweizerflagge (8bl. 1953 I 169 ff.) lässt in Art. 117 Abs. 2 gegenüber der grundsätzlich zwingenden Haftung des Seefrachtführers (= Reeders) gewisse abweichende Vereinbarungen zu, insbesondere, "wenn es sich ... um eine Ladung handelt, die nach Vereinbarung oder Übung auf Deck verladen wird...". Das im vorliegenden Fall ausgestellte Bordkonnossement der Maritime Agencies Ltd. vom 8. Oktober 1951 enthält in Zeile 92 die Klausel: "the steamer is not answerable for any sum exceeding £ 100 per package or goods of whatsoever description...". Das spielte eine Rolle bei der Regelung des Schadens mit den englischen Versicherern, und es ist hier nur noch der restliche Schaden eingeklagt.
6. Die Transportversicherung gilt in erster Linie für die Dauer der Reise. Nach Art. 16 ABVT beginnt sie indessen, sofern nichts anderes vereinbart ist, schon "mit dem Zeitpunkt, in welchem die Güter am Versandort auf das Fahrzeug gelangen", und endet "mit dem Zeitpunkt, in welchem sie das Fahrzeug am Bestimmungsort verlassen". Wenn es sodann heisst, die Versicherung "erstrecke sich nicht auf die Gefahren des Aufladens oder des Abladens" (sofern diese Gefahren nicht durch eine speziellere Bestimmung wie Art. 16 Abs. 2 ABVT oder den Schlussabsatz von Art. 7 der "Besonderen Bedingungen" einbezogen sind), so ist in diesem Zusammenhange freilich unter Auf- und Abladen (d.h. Ausladen) nur gemeint, was sich ereignet, bevor das Gut auf das Fahrzeug gelangt, und nachdem es dieses verlassen hat. Das ist aber nur eine Folge davon, dass in die "Reiseversicherung" ein Teil der Risiken des Ein- und Ausladens im weitern, gewöhnlichen Sinne dieser Worte einbezogen wurde, sodass der grundsätzliche Ausschluss der weiteren Gefahren nur die erste Phase des Einladens und die zweite Phase des Ausladens trifft. Diesem Einbezug eines Teils der Vor- und Nachstadien der Reise in die "Reiseversicherung" ist kein Einfluss auf die Auslegung von Art. 14 ABVT zuzugestehen. Hier muss der volle gebräuchliche Wortsinn des Ein- und Ausladens gelten, womit diese Begriffe in natürlicher Weise gegenüber dem der Reise im eigentlichen Sinn abgegrenzt werden, wie er auch der Definition der Reise in den "Grundbegriffen" der ABVT zugrunde liegt.
Es liefe übrigens den entgegenkommenden Tendenzen der Transportversicherer (vgl. MATTER, Der Umfang der Gefahr in der Seeversicherung von Gütern nach schweizerischem Recht, S. 36) zuwider, die Deckung von Beschädigungen des Transportgutes "während der Einladung und der Ausladung" nicht einmal für die nach gewöhnlichem Sprachgebrauch anzunehmende Dauer dieser Vor- und Nachstadien der Reise gelten zu lassen, mit der Begründung, es sei anderseits die Reiseversicherung über ihren eigentlichen Begriff hinaus erstreckt worden. Die Reiseversicherung deckt eben nach der fpa-Klausel solche Beschädigungen nicht. Daher sind die durch Art. 14 ABVT als versichert bezeichneten Fälle nach dem vollen Sinn ihrer Umschreibung zu berücksichtigen.
7. Es mag vorkommen, dass die Einladung, wie sie hier - mit Einschluss des Verstauens, d.h. der "Verteilung der Ladungsgüter über das Schiff nach Seemannsbrauch unter zweckentsprechender Ausfüllung der Laderäume und genügender Festlegung der Güter" (WÜSTENDÖRFER, a.a.O. S. 181) - zu verstehen ist, erst nach Antritt der Reise, d.h. nach dem Auslaufen des Schiffes, beendigt wird. In einem solchen Falle würde sich fragen, ob ein hiebei sich ereignender Sturz von Gütern nicht mehr "während der Einladung", sondern "auf der Reise" erfolgt sei, indem sich die Einladung gemäss Art. 14 ABVT nur als Vorstadium der Reise verstehen lasse. Wie dem auch sein möge, hat sich der vorliegende Unfall noch vor der Reise zugetragen. Die Bewegung des Schiffes längs des Hafenquais zur Aufnahme von Süsswasser war nur ein sich im Hafen abspielendes Zwischenmanöver, und es war angeordnet, die Einladung noch vor Reisebeginn zu beendigen. Sie wäre normalerweise durch das Wasserfassen nur verzögert worden. Der Unfall geschah somit noch "während der Einladung".
8. Bei dieser "der Klägerin günstigsten Auslegung von Art. 14 ABVT" kann die Klage nach Ansicht der Beklagten immerhin nur teilweise geschützt werden. Es falle nämlich nur die Beschädigung der zwei oder drei "Staghounds" in Betracht, die, als das Schiff ins Schwanken kam, noch nicht festgebunden waren. Die anderen Stücke der Deckladung seien auch bei Annahme dieses weiten Begriffes der Einladung fertig verladen gewesen; sie habe der Unfall also nicht mehr während, sondern erst nach der Einladung betroffen.
Dieser Betrachtungsweise kann sich das Bundesgericht nicht anschliessen. Sie fasst das Schicksal jedes einzelnen der versunkenen "Staghounds" so ins Auge, als hätte er allein sich auf Deck befunden. Der wahre Verlauf der Dinge lässt jedoch die Risikoverbundenheit der ganzen Deckladung erkennen. Sie war in ihrer Gesamtheit von gewissen Gefahren bedroht, solange auch nur einzelne Stücke nicht festgebunden waren. Deshalb hat denn auch das Unglück auf die bereits festgebundenen Stücke übergegriffen. Im Hinblick auf die Risiken, wofür die Versicherung eben Deckung bieten soll, waren auch die bereits festgebundenen Wagen, solange andere noch frei dastanden, nicht wirklich gesichert. Es kann somit nicht mit genügendem Grunde gesagt werden, einzelne Stücke seien "fertig verladen" gewesen. Vielmehr war die ganze Deckladung noch nicht "fertig verladen", solange einzelne Wagen noch frei dastanden. Art. 14 ABVT lässt sich zwangslos auf Sachgesamtheiten solcher Art anwenden. Er spricht vom "Sturz der Güter", und "Gut" ist nach der Umschreibung dieses Begriffes in den "Grundbegriffen" der ABVT der ganze Gegenstand des durch die Versicherung gedeckten Transportes, im Unterschied zum "Kollo", als was das einzelne Frachtstück zu gelten hat, das allein oder mit andern zusammen das Gut darstellt.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern vom 29. November 1955 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin einen Betrag von Fr. 86'207.05 zuzüglich Zins zu 5% seit 26. Juli 1955 sowie Zins zu 5% auf dem Betrag von Fr. 95'844.50 vom 4. April 1952 bis 26. Juli 1955 und Fr. 18.10 Betreibungskosten zu zahlen.
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de
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Assurance-transports générale, avec la condition "fap", pour des marchandises chargées sur le pont d'un navire, mais avec responsabilité de l'assureur pour les suites d'une chute des marchandises pendant le transbordement, le chargement ou le déchargement. 1. Sens de la clause "fap sauf" (consid. 1).
2. Principes d'interprétation (consid. 2).
3. Notion large du terme "Einladung" (chargement) d'après les usages linguistiques allemands, spécialement en Suisse alémanique (consid. 3).
4. Des notions plus étroites reçues en droit maritime ne sont pas opposables au preneur d'assurance (consid. 4).
5. La prise en charge par le transporteur maritime ne supprime pas l'intérêt à l'assurance des risques du chargement (consid. 5).
6. Distinction entre les risques du voyage, d'une part, et ceux du chargement, du transbordement et du déchargement, d'autre part (consid. 6 et 7).
7. Unités de risques pour l'ensemble des marchandises chargées sur le pont. Conséquences (consid. 8).
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fr
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-445%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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1,775 |
82 II 445
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82 II 445
Sachverhalt ab Seite 446
A.- Die KTA des eidgenössischen Militärdepartementes kaufte mit Lieferungsvertrag vom 17./22. Mai 1951 von der Firma Homelite-Service, Richard Buchschacher, Zürich, 64 Panzerfahrzeuge vom Typ "Staghound" von je 12 Tonnen Gewicht. Diese Ware sollte aus England, fob engl. Hafen, geliefert werden. Die Käuferin übernahm auch die Versicherung des Transportes, mit dessen Durchführung sie die Natural A.-G. in Basel beauftragte. Sie hatte am 27. Mai 1948 mit der Versicherungsgesellschaft "Schweiz" in Zürich eine allgemeine Transportversicherung abgeschlossen, laut der Generalpolice Nr. 4043 als Rahmenvertrag.
B.- Am 8. Oktober 1951 wurden von acht Uhr morgens an auf Grund der erwähnten Bestellung 22 "Staghounds" im Hafen von Southampton auf das holländische Frachtschiff "HAST 5" verladen. Die Hälfte dieser Fracht fand im Schiffsraum Platz, den man um 14.30 Uhr abschloss. Hierauf wurden die übrigen elf Stück, wie es vereinbart war, auf Deck gehisst, was bis 18.50 Uhr dauerte. Damit hatten die Arbeiter der Stevedores Ltd. ihre Aufgabe beendigt, und sie verliessen das Schiff. Der Schiffsmannschaft lag ob, die Deckladung zu verteilen und mit Stahlkabeln zu befestigen. Um 19 Uhr wurden die Bordkonnossemente ausgestellt.
C.- Während einige der zur Deckladung gehörenden Wagen noch unbefestigt dastanden, liess der Kapitän das Schiff losbinden und (laut seinen Angaben im Logbuch etwa zwei Schiffslängen weit) den Quai entlang fahren, um Trinkwasser aufzunehmen. Bei dieser Bewegung geriet das Schiff in den Wellengang eines anderen Schiffes und kam ins Schaukeln. Einer der noch nicht befestigten Wagen der Deckladung rollte quer über Deck nach Steuerbord. Dadurch bekam das Schiff Schlagseite, und es folgte nun ein anderer Wagen nach. Das Schiff neigte sich noch mehr, sodass das Wasser durch die offenen Bullaugen in die Mannschaftsräume drang. Infolge der verstärkten Schlagseite (etwa 500 nach Angaben des Kapitäns laut Kl. beil. 23 oder "75%" laut Erkundigungen des Verkäufers, Kl. beil. 19) rissen die Stahlkabel der bereits festgebundenen Wagen, und es gingen schliesslich von der Deckladung neun Stück über die Reeling und fielen ins Wasser.
D.- Das Schiff richtete sich nun wieder auf und konnte zurecht gebracht werden. Am 11. Oktober 1951 lief es nach Antwerpen aus.
Die versunkenen "Staghounds" wurden ein paar Tage später gehoben. Sie hatten durch das Salzwasser so sehr gelitten, dass man sie an Ort und Stelle zur Verschrottung verkaufen musste.
E.- Die Käuferin hatte der "Schweiz" die 64 gekauften Panzerwagen auf Grund der Generalpolice zur Versicherung des Transportes von Southampton nach Basel angemeldet. Die näheren Bedingungen mit besonderer Berücksichtigung der Deckladung wurden später festgelegt.
F.- Der Generalpolice waren die vom Schweizerischen Transport-Versicherungs-Verein im Jahre 1940 aufgestellten Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Güter-Transporten (ABVT 1940) beigefügt. Deren Art. 11 lautet:
"Wenn die Güter auf Deck eines Schiffes verladen werden, so haftet der Versicherer, falls nichts anderes vereinbart wurde, weder für den durch Diebstahl oder Abhandenkommen entstandenen Verlust, noch für Beschädigungen, Seewurf und Überbordspülen. Hingegen haftet er für den durch den Untergang des Schiffes verursachten Verlust der Güter, sowie für die Beiträge zur grossen Haverei."
Dazu tritt folgender Zusatz:
"Deckladung.
In Abänderung von Art. 11 ABVT 1940 gilt die Versicherung zur Bedingung "fpa" gemäss Art. 14 ABVT 1940. Ausserdem erstreckt sie sich, unter Abzug von 2..% des Versicherungswertes aller auf Deck verladenen Güter, auf Überbordspülen und Seewurf ganzer Kolli."
Der hier erwähnte Art. 14 ABVT lautet:
"Falls die Versicherung zur Bedingung "fpa" (d.h. "frei von Beschädigung") gilt, so haftet der Versicherer dennoch für den Verlust oder die Beschädigung - letztere frei von 5% -, wenn sie die unmittelbare Folge eines qualifizierten Unfalles oder eines Sturzes der Güter während der Umladung und, soweit gedeckt, während der Einladung oder der Ausladung sind."
Dazu tritt folgender Zusatz:
"Versicherung zur Bedingung f.p.a. aber einschliesslich Diebstahl und Abhandenkommen ganzer Kolli oder - bei lose verladenen Gütern - ganzer Ladungen:
Die Versicherung gilt zur Bedingung f.p.a. gemäss Art. 14 ABVT 1940. Ausserdem erstreckt sie sich auf die Gefahren von Diebstahl und Abhandenkommen ganzer Kolli oder - bei lose verladenen Gütern - ganzer Ladungen."
G.- Gestützt auf Art. 14 ABVT in Verbindung mit Art. 11 nebst Zusatz verlangte die Käuferin von der "Schweiz" Ersatz des ihr durch das Versinken der neun "Staghounds" erwachsenen Schadens im Rahmen der in der Generalpolice festgesetzten Höchstbeträge und der für den in Frage stehenden Transport berechneten Versicherungssummen.
Die "Schweiz" lehnte die Haftung ab, weil die Ladeoperationen beim Eintritt des Schadens bereits beendet gewesen seien und auch kein qualifizierter Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen vorliege. Auf den Zahlungsbefehl vom 4. April 1952 erhob sie in vollem Umfange Rechtsvorschlag.
H.- Nach fruchtlosem Aussöhnungsversuch vom 4. November 1953 folgte am 4. Mai 1954 die Klage der Schweizerischen Eidgenossenschaft gegen die Versicherungsgesellschaft "Schweiz" beim Appellationshof des Kantons Bern. Im Lauf des Prozesses präzisierte die Klägerin ihr Begehren, unter Anrechnung der Zahlungen der englischen Versicherer, dahin, die Beklagte sei zur Bezahlung von Fr. 86'207.05 zuzüglich Zins zu 5% seit 26. Juli 1955, sowie Zins zu 5% auf dem Betrag von Fr. 95'844.50 vom 4. April 1952 bis 26. Juli 1955, ferner Fr. 18.10 Betreibungskosten zu verurteilen.
I.- Mit diesem Begehren durch Urteil des Appellationshofes vom 29. November 1955 abgewiesen, hält die Klägerin mit vorliegender Berufung daran fest und verlangt eventuell die Rückweisung der Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz.
K. - Die Beklagte trägt auf Abweisung der Berufung und damit der Klage an.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die die Beweisführung betreffenden Rügen, wie sie die Berufungsschrift vorsorglich erhebt, sind für den Ausgang der Sache ohne Belang und können deshalb auf sich beruhen bleiben. Es steht fest und ist denn auch unter den Parteien nicht streitig, dass die zu Schaden gekommene Deckladung im Unterschied zu der Fracht des Schiffsraumes nicht zu den gewöhnlichen Bedingungen versichert war. Vielmehr wurde sie der fpa-Klausel mit den daran geknüpften nähern Bestimmungen unterstellt. Diese Klausel ist deutsch mit den Worten "frei von Beschädigung" wiedergegeben. Sie bedeutet "free particular average" und heisst in französischen Texten "fap" = "franc d'avarie particulière". Es handelt sich um eine Ausschlussklausel zugunsten des Versicherers. Dessen Haftung für "Beschädigung" ("avarie particulière") wird dadurch grundsätzlich wegbedungen. "Besondere Haverei" ist kein aus sich selbst zu bestimmender Begriff, sondern "eine Art Restbegriff"; "sie umfasst alle durch einen Unfall für ein Seeschiff oder dessen Ladung verursachten Schäden, Verluste und Kosten, die weder grosse noch kleine Haverei sind" (WÜSTENDÖRFER, Neuzeitliches Seehandelsrecht, S. 360). Mit diesem Begriffe brauchte sich übrigens die Klägerin nicht näher zu befassen. Sie konnte sich einfach an die Policebestimmungen halten, welche die gegenüber der fpa-Klausel vorbehaltenen versicherten Gefahren umschreiben. Mit Rücksicht auf diese Vorbehalte hat man es hier mit einer sog. Versicherung "fap sauf" zu tun, im Gegensatze zu einer Klausel "fap absolument" (vgl. RIPERT, Droit maritime, 4e éd., III nos 2661 ff.; DENISE BERTHOUD, L'assurance contre les risques de transport, p. 61 ff.).
2. Von den gegenüber der fpa-Klausel vorbehaltenen Gefahren kommt hier nur "Sturz der Güter während der Einladung" in Frage. Art. 14 ABVT berücksichtigt solche Fälle allerdings nur "soweit gedeckt", doch sind die Parteien darüber einig, dass die von der Klägerin bei der Beklagten genommene Versicherung dafür Deckung bietet, sei es nach Art. 16 Abs. 2 ABVT, sei es nach dem Schlussabsatz von Art. 7 der "Besonderen Bedingungen". Demgemäss dreht sich der Streit nur um Sinn und Tragweite des Wortes "Einladung", wovon es abhängt, ob das Unglück vom 8. Oktober 1951 noch "während der Einladung" geschah und daher der Versicherungsschutz Platz greift, oder ob die "Einladung" schon beendigt war und daher eine Haftung der Beklagten nach Art. 14 ABVT nicht besteht.
Der Appellationshof hat über die Bedingung von Art. 14 ABVT ein Rechtsgutachten von Dr. Walter Müller, Advokat und Notar in Basel, "membre titulaire du Comité Maritime International", eingeholt. Auf Grund eingehender Erörterung der seerechtlichen Begriffe des "Einladens" und "Verstauens" gelangt der Experte zum Ergebnis,
"dass in der Seeschifffahrt der Vorgang der Verladung der Güter (chargement) die ordnungsgemässe Verstauung (arrimage) der Güter nicht einschliesst, sondern dass es sich um zwei getrennte Operationen handelt, welche tatsächlich und rechtlich verschieden sind und verschieden behandelt werden",
und beantwortet die ihm gestellten Fragen wie folgt:
"- Die Einladung gemäss Art. 14 der "Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Gütertransporten" (ABVT 1940) ist beendet, wenn die Güter an Bord des Schiffes gebracht sind (hissé à bord).
1. Die Einladung ist schon beendet, wenn die Güter auf dem Schiff abgesetzt werden.
2. Das Verstauen, Verkeilen und Befestigen der Staghounds (die sog. Verstauung, arrimage) gehört nicht mehr zum Einladungsprozess.
- Auf jeden Fall muss die Verladung als beendet betrachtet werden, wenn die Bordkonnossemente ausgestellt sind."
Das Gutachten zieht in erster Linie den französischen Text der ABVT in Betracht, weil es der erste Text war, der deutsche Text dagegen eine Übersetzung davon. Sodann heisst es auf S. 17 des Gutachtens:
"Ein Vergleich mit andern Transportarten (Eisenbahn, Camion) ist unerheblich, da die Verhältnisse bei diesen Transportarten anders gelagert sind, und vor allem weil die Verstauung nicht zu den zwingenden Pflichten des Transportführers gehört."
Der Appellationshof schliesst sich den Ausführungen und Schlussfolgerungen des Gutachtens an. Er bemerkt, auch der Kapitän der HAST 5 unterscheide bei seinen Einträgen im Logbuch zwischen "einladen" und "verstauen", ebenso der Hafenkommissär McQueen in seinem Bericht über den Vorfall vom 8. Oktober 1951 ("that the loading was completed, but that all vehicles had not been secured"). Ähnlich habe sich die Reederei Muron, Rotterdam, in einem Schreiben an die Klägerin ausgedrückt: "Die Verladung der Staghounds war beendet, jedoch mussten noch einige Wagen auf der Vorderluke befestigt werden". Endlich weist das Urteil auf seerechtliche Erlasse verschiedener Staaten und auf internationale Abkommen hin, in denen zwischen "einladen" und "stauen" unterschieden wird. Es erklärt sodann: "Wenn ein in einem Versicherungsvertrag verwendeter und nicht besonders umschriebener Begriff in den beteiligten Fachkreisen so eindeutig definiert wird, wie es für den Begriff des Einladens der Fall ist, muss bei der Vertragsauslegung auf diesen technischen Begriff und nicht auf eine allfällige Auffassung eines Laien abgestellt werden. Durch eine solche Auslegung wird der Grundsatz in dubio contra stipulatorem nicht verletzt, weil über die Bedeutung des verwendeten Ausdrucks "Einladen" keine Zweifel bestehen können..."
Gegen diese Betrachtungsweise erheben sich indessen Bedenken. Nach ständiger Rechtsprechung, womit die Rechtslehre übereinstimmt, sind vom Versicherer aufgestellte Vertragsbestimmungen nicht nur in dubio contra stipulatorem oder contra proferentem auszulegen, sondern es muss hier der deutsche Policentext, weil dem Vertrag zugrunde liegend, massgebend sein. Im übrigen muss sich der Versicherungsnehmer auf den einheimischen Sprachgebrauch stützen können, da er (wie übrigens auch der Versicherer) seinen Sitz in der Schweiz hat und hier ausserdem der Vertrag abgeschlossen wurde (vgl. ROELLI, N. 7 zu Art. 11 VVG, S. 170 ff.). Und zwar kommt es bei der Auslegung von Versicherungsverträgen nicht auf die juristischen, technischen, überhaupt nicht auf wissenschaftliche Begriffe an, sondern es ist der gewöhnliche landläufige Wortsinn in erster Linie zu berücksichtigen (BGE 44 II 102,BGE 59 II 322). So ist es auch mit dem hier streitigen Ausdruck "Einladung von Gütern" zu halten, zumal man es dabei mit einer alltäglichen und allbekannten Verrichtung zu tun hat. Es verschlägt nichts, dass sich die Klage auf einen Transport zur See bezieht. Denn wenn die Einladung auch je nach der Art des Fahrzeuges und der Ware in verschiedener Weise vor sich geht, ist doch der Begriff ein einheitlicher. Der vorliegende Versicherungsvertrag bezieht sich übrigens auf Transporte jeder Art. Als Rahmenvertrag dient eine "Generalpolice für die Versicherung von Gütertransporten zu Lande, auf Binnengewässern, zur See und in der Luft". Von allgemeiner Tragweite sind auch die ihr beigegebenen ABVT 1940, wobei sich die Art. 11 und 14 mit Zusätzen unter den alle Transportarten betreffenden "gemeinsamen Bestimmungen" befinden. Art. 11 fasst freilich speziell die auf Deck eines Schiffes verladenen Güter ins Auge, macht aber keinen Unterschied zwischen Transporten zur See und solchen auf Binnengewässern. Die fpa-Klausel als solche ist unter bestimmten Voraussetzungen für jede Art von Transporten vorgesehen, wie sich aus den Art. 9 und 10 ABVT ergibt.
Die in Art. 14 ABVT gegenüber einer allgemeinen Ausschlussklausel als versichert vorbehaltenen Fälle lassen sich nun allerdings nicht auf dem Weg der Analogie vermehren. Ihre Umschreibung ist aber gemäss Art. 33 VVG in Verbindung mit der Vertrauenstheorie (vgl. ROELLI, N. 6 zu Art. 33 VVG; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 43 und 51 ff. zu Art. 1 OR) weitherzig auszulegen. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass es sich um Ausnahmen von einer Ausschlussklausel handelt. Vielmehr ist es gleich zu halten, wie wenn von vornherein nur für die betreffenden Fälle, also vor allem für die unmittelbaren Folgen eines Sturzes der Güter während der Umladung sowie während der Einladung und der Ausladung, Versicherung genommen worden wäre. Mit den erwähnten Normen des schweizerischen Rechtes wäre es nicht vereinbar, Klauseln, aus denen der Versicherungsnehmer Ansprüche herleitet, im Zweifel zu seinen Ungunsten auszulegen, weil er als Gläubiger auftritt (wie dies, wenn auch nicht einhellig, im französischen Versicherungsrecht mit Hinweis auf Art. 1162 des Code civil angenommen wird; vgl. RIPERT, a.a.O. III no 2411).
3. In der schweizerischen Umgangssprache, die übrigens hierin kaum von der vorherrschenden allgemeinen deutschen Volkssprache abweicht, wird nun sehr oft von "Einladen" (oder auch "Laden", "Verladen", "Aufladen") in einem weiten Sinne gesprochen. Diese Ausdrücke bezeichnen bei solcher Gebrauchsweise neben dem Absetzen des Gutes auf das Transportfahrzeug auch die Vor- und Nachstadien dieser Handlung. Wegleitend ist dabei der mit dem "Einladen" verfolgte Zweck, das Gut vom bisherigen Standorte zum Fahrzeug zu bringen und, wenn es einmal darauf abgestellt ist, dann auch so zu plazieren und wenn nötig zu verkeilen oder zu befestigen, dass es in gehöriger Weise transportiert werden kann. Erst wenn dies besorgt ist, hat man "gut", "richtig", "fertig" verladen. Wenn das Wörterbuch der Gebr.
GRIMM einerseits das Wort "einladen" mit imponere in navem erläutert, einer Wendung, die sich in engem oder weitem Sinne verstehen lässt, so erwähnt es anderseits zum Worte "laden" die Ausdrücke "viel laden", "schief laden" und hält aus "Hermann und Dorothea" fest: "... das alles, auf mancherlei Wagen und Karren durcheinander geladen...". In der Schweiz heisst "der Lader" der Ladende auf dem Heu- oder Garbenwagen: "die Heraufgeber ... warfen ... Gabeln voll auf den Wagen, die der kundige Lader auf den Knien mit ausgebreiteten Armen empfing" (Idiotikon, 3. Band S. 1062; GOTTHELF, Uli der Knecht, S. 194 der Ausgabe von Rentsch). Der landläufige Sprachgebrauch bezieht also das Verteilen und Sichern der Güter auf dem Fahrzeug in den Begriff des "Ladens", "Einladens" usw. ein, und zwar gleichgültig, ob alle Phasen des "Ladens" von denselben Personen ausgeführt werden, oder ob sich mehrere Personen oder Gruppen in die verschiedenen aufeinander folgenden Verrichtungen teilen. Dieser zweckbezogenen Ausdrucksweise bedienen sich auch amtliche schweizerische Erlasse aus dem Gebiete des Transportwesens. So finden sich im eidgenössischen Reglement über den Transport auf Eisenbahnen und Schiffen vom 24. Juni 1949 (Slg der eidg. Gesetze 1949 S. 619), Art. 111 (Randtitel "Verlad"), Vorschriften darüber, wie die Tiere im Transportfahrzeug anzubinden sind, was für Zwischenräume bestehen müssen, und es wird gesagt, verpackte Tiere seien "so zu verladen, dass sie ausreichend frische Luft erhalten". So setzt ferner das Militärtransportreglement vom 1. Juli 1907, Art. 49 Abs. 6 (BS 1848-1947 Bd. 5 S. 605) fest, was "zu einer guten Verladung gehört": gleichmässige Verteilung des Gewichtes, Befestigung der verladenen Fuhrwerke auf dem Boden mittels Holzkeilen oder Latten, usw.
4. Dieser der Alltagssprache geläufige weite Begriff des "Einladens", "Verladens" usw. (den letztern Ausdruck verwendet die Generalpolice ebenfalls, vgl. neben Art. 11 die Umschreibung des Begriffes "Fahrzeug" in den an die Spitze der ABVT 1940 gestellten "Grundbegriffen") darf der Klägerin zugute kommen. Sie braucht sich nicht entgegenhalten zu lassen, dass im Seerecht in der Regel zwischen "einladen" und "verstauen" unterschieden wird, in dem Sinne, dass das "Einladen" das "Verstauen" nicht umfasst, sondern nur soviel bedeutet wie "an Bord bringen". Eine solche Terminologie liegt freilich auch dem Internationalen Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung einzelner Regeln über die Konnossemente einigermassen zugrunde, das am 25. April 1924 in Brüssel unterzeichnet, im Bundesratsbeschluss vom 9. April 1941 über die Seeschiffahrt unter Schweizerflagge als verbindlich bezeichnet und durch Bundesbeschluss vom 17. März 1954 auf den 28. November 1954 in Kraft gesetzt wurde (vgl. dessen Art. 2 und 3). Das kann jedoch hier nicht massgebend sein. Denn diese seerechtliche Redeweise hat den allgemeinen Sprachgebrauch, mindestens in der Schweiz, nicht verändert und den oben dargelegten weiten Begriff des "Einladens" nicht verdrängt. Übrigens ist der Sprachgebrauch selbst im Seehandel kein einheitlicher, was auch Ripert in dem von der Beklagten eingeholten Gutachten einleitend hervorhebt. Damit stimmt es überein, dass unter "chargement en pontée" vornehmlich das "Verstauen" verstanden wird, gemäss der Umschreibung dieser Wendung im Vocabulaire juridique von CAPITANT, 1936: "arrimage des marchandises sur le pont du navire". Es wird denn auch allgemein von den Laderäumen gesprochen, und bei der "Stauung" wirkt im Grossbetriebe auch der "Ladungsoffizier" mit (WÜSTENDÖRFER, a.a.O. S. 181). Und wenn in den englischen Berichten des Kapitäns und des Hafenkommissärs über den vorliegenden Unfall gesagt wurde, die Güter seien "eingeladen", aber noch nicht alle "gesichert" gewesen, so vermochte der Kommissär Mc Queen dann doch auf die bestimmte Frage "When loading operations terminate?" nach Erkundigung beim Verkehrsministerium und bei anderen Stellen nur zu berichten: "Although various opinions were given, no definite rulings appear to be in any regulations" (S. 55 der kantonalen Gerichtsakten). Der holländische Originalbericht des Kapitäns verwendet das Wort "laden" auch für das Wasserfassen.
5. Im Anschluss an das gerichtliche Gutachten legt das angefochtene Urteil besonderes Gewicht darauf, dass mit der Anbordnahme, d.h. sobald die Güter auf das Schiff abgesetzt sind, oder doch auf alle Fälle mit der Ausstellung der Bordkonnossemente durch den Kapitän oder seinen Stellvertreter, die zwingende Haftung des Reeders beginnt. Von da an habe, wie auf S. 23 des Gutachtens ausgeführt wird, das typische Interesse, die Güter gegen Beschädigung durch Sturz versichern zu lassen, nicht mehr bestanden. Allein, es ist nicht einzusehen, wieso die "prise en charge", sei es als unmittelbare Folge des Anbordbringens, sei es als Auswirkung des Ausstellens der Bordkonnossemente, sei es kraft eines frühern Übernahmeaktes (vgl. RIPERT a.a.O. III no 1487bis: "prise en charge sous palan"; SMEESTERS & WINKELMOLEN, Droit maritime et droit fluvial, 2e éd. I p. 432: Übergabe an den Kapitän "à la pierre bleue du quai") das Interesse an einer solchen Versicherung hinfällig machen sollte. Nach dem erwähnten Brüsseler Abkommen von 1924 ist die Haftung des Reeders stark eingeschränkt. Art. 4 § 2 des Abkommens bestimmt: "Weder der Unternehmer (= Reeder) noch das Schiff sollen für Verluste oder Schäden haften, die entstehen: a) aus Handlungen, Nachlässigkeit oder Unterlassungen des Schiffers (= Kapitäns), der Schiffsoffiziere, der Schiffsmannschaft, des Lotsen oder der im Dienste des Unternehmens stehenden Personen bei der Führung oder dem Betriebe des Schiffes...". Und das (noch nicht in Kraft gesetzte) Bundesgesetz vom 23. September 1953 über die Seeschiffahrt unter der Schweizerflagge (8bl. 1953 I 169 ff.) lässt in Art. 117 Abs. 2 gegenüber der grundsätzlich zwingenden Haftung des Seefrachtführers (= Reeders) gewisse abweichende Vereinbarungen zu, insbesondere, "wenn es sich ... um eine Ladung handelt, die nach Vereinbarung oder Übung auf Deck verladen wird...". Das im vorliegenden Fall ausgestellte Bordkonnossement der Maritime Agencies Ltd. vom 8. Oktober 1951 enthält in Zeile 92 die Klausel: "the steamer is not answerable for any sum exceeding £ 100 per package or goods of whatsoever description...". Das spielte eine Rolle bei der Regelung des Schadens mit den englischen Versicherern, und es ist hier nur noch der restliche Schaden eingeklagt.
6. Die Transportversicherung gilt in erster Linie für die Dauer der Reise. Nach Art. 16 ABVT beginnt sie indessen, sofern nichts anderes vereinbart ist, schon "mit dem Zeitpunkt, in welchem die Güter am Versandort auf das Fahrzeug gelangen", und endet "mit dem Zeitpunkt, in welchem sie das Fahrzeug am Bestimmungsort verlassen". Wenn es sodann heisst, die Versicherung "erstrecke sich nicht auf die Gefahren des Aufladens oder des Abladens" (sofern diese Gefahren nicht durch eine speziellere Bestimmung wie Art. 16 Abs. 2 ABVT oder den Schlussabsatz von Art. 7 der "Besonderen Bedingungen" einbezogen sind), so ist in diesem Zusammenhange freilich unter Auf- und Abladen (d.h. Ausladen) nur gemeint, was sich ereignet, bevor das Gut auf das Fahrzeug gelangt, und nachdem es dieses verlassen hat. Das ist aber nur eine Folge davon, dass in die "Reiseversicherung" ein Teil der Risiken des Ein- und Ausladens im weitern, gewöhnlichen Sinne dieser Worte einbezogen wurde, sodass der grundsätzliche Ausschluss der weiteren Gefahren nur die erste Phase des Einladens und die zweite Phase des Ausladens trifft. Diesem Einbezug eines Teils der Vor- und Nachstadien der Reise in die "Reiseversicherung" ist kein Einfluss auf die Auslegung von Art. 14 ABVT zuzugestehen. Hier muss der volle gebräuchliche Wortsinn des Ein- und Ausladens gelten, womit diese Begriffe in natürlicher Weise gegenüber dem der Reise im eigentlichen Sinn abgegrenzt werden, wie er auch der Definition der Reise in den "Grundbegriffen" der ABVT zugrunde liegt.
Es liefe übrigens den entgegenkommenden Tendenzen der Transportversicherer (vgl. MATTER, Der Umfang der Gefahr in der Seeversicherung von Gütern nach schweizerischem Recht, S. 36) zuwider, die Deckung von Beschädigungen des Transportgutes "während der Einladung und der Ausladung" nicht einmal für die nach gewöhnlichem Sprachgebrauch anzunehmende Dauer dieser Vor- und Nachstadien der Reise gelten zu lassen, mit der Begründung, es sei anderseits die Reiseversicherung über ihren eigentlichen Begriff hinaus erstreckt worden. Die Reiseversicherung deckt eben nach der fpa-Klausel solche Beschädigungen nicht. Daher sind die durch Art. 14 ABVT als versichert bezeichneten Fälle nach dem vollen Sinn ihrer Umschreibung zu berücksichtigen.
7. Es mag vorkommen, dass die Einladung, wie sie hier - mit Einschluss des Verstauens, d.h. der "Verteilung der Ladungsgüter über das Schiff nach Seemannsbrauch unter zweckentsprechender Ausfüllung der Laderäume und genügender Festlegung der Güter" (WÜSTENDÖRFER, a.a.O. S. 181) - zu verstehen ist, erst nach Antritt der Reise, d.h. nach dem Auslaufen des Schiffes, beendigt wird. In einem solchen Falle würde sich fragen, ob ein hiebei sich ereignender Sturz von Gütern nicht mehr "während der Einladung", sondern "auf der Reise" erfolgt sei, indem sich die Einladung gemäss Art. 14 ABVT nur als Vorstadium der Reise verstehen lasse. Wie dem auch sein möge, hat sich der vorliegende Unfall noch vor der Reise zugetragen. Die Bewegung des Schiffes längs des Hafenquais zur Aufnahme von Süsswasser war nur ein sich im Hafen abspielendes Zwischenmanöver, und es war angeordnet, die Einladung noch vor Reisebeginn zu beendigen. Sie wäre normalerweise durch das Wasserfassen nur verzögert worden. Der Unfall geschah somit noch "während der Einladung".
8. Bei dieser "der Klägerin günstigsten Auslegung von Art. 14 ABVT" kann die Klage nach Ansicht der Beklagten immerhin nur teilweise geschützt werden. Es falle nämlich nur die Beschädigung der zwei oder drei "Staghounds" in Betracht, die, als das Schiff ins Schwanken kam, noch nicht festgebunden waren. Die anderen Stücke der Deckladung seien auch bei Annahme dieses weiten Begriffes der Einladung fertig verladen gewesen; sie habe der Unfall also nicht mehr während, sondern erst nach der Einladung betroffen.
Dieser Betrachtungsweise kann sich das Bundesgericht nicht anschliessen. Sie fasst das Schicksal jedes einzelnen der versunkenen "Staghounds" so ins Auge, als hätte er allein sich auf Deck befunden. Der wahre Verlauf der Dinge lässt jedoch die Risikoverbundenheit der ganzen Deckladung erkennen. Sie war in ihrer Gesamtheit von gewissen Gefahren bedroht, solange auch nur einzelne Stücke nicht festgebunden waren. Deshalb hat denn auch das Unglück auf die bereits festgebundenen Stücke übergegriffen. Im Hinblick auf die Risiken, wofür die Versicherung eben Deckung bieten soll, waren auch die bereits festgebundenen Wagen, solange andere noch frei dastanden, nicht wirklich gesichert. Es kann somit nicht mit genügendem Grunde gesagt werden, einzelne Stücke seien "fertig verladen" gewesen. Vielmehr war die ganze Deckladung noch nicht "fertig verladen", solange einzelne Wagen noch frei dastanden. Art. 14 ABVT lässt sich zwangslos auf Sachgesamtheiten solcher Art anwenden. Er spricht vom "Sturz der Güter", und "Gut" ist nach der Umschreibung dieses Begriffes in den "Grundbegriffen" der ABVT der ganze Gegenstand des durch die Versicherung gedeckten Transportes, im Unterschied zum "Kollo", als was das einzelne Frachtstück zu gelten hat, das allein oder mit andern zusammen das Gut darstellt.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern vom 29. November 1955 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin einen Betrag von Fr. 86'207.05 zuzüglich Zins zu 5% seit 26. Juli 1955 sowie Zins zu 5% auf dem Betrag von Fr. 95'844.50 vom 4. April 1952 bis 26. Juli 1955 und Fr. 18.10 Betreibungskosten zu zahlen.
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de
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Assicurazione-trasporti generale, con la condizione "fap", per merci caricate sul ponte d'una nave, ma con la responsabilità dell'assicuratore per le conseguenze d'una caduta delle merci durante il trasbordo, il carico o lo scarico. 1. Significato della clausola "fap" con riserve ("fap salvo") (consid. 1).
2. Principi d'interpretazione (consid. 2).
3. Nozione estesa del termine "Einladung" (carico) secondo l'uso linguistico tedesco, specialmente nella Svizzera tedesca (consid. 3).
4. Nozioni più restrittive del diritto marittimo non possono essere opposte all'assicurato (consid. 4).
5. La "prise en charge" da parte del vettore marittimo non sopprime l'interesse all'assicurazione dei rischi di carico (consid. 5).
6. Distinzione tra i rischi di viaggio e, d'altra parte, i rischi di carico, trasbordo e scarico (consid. 6 e 7).
7. Unità dei rischi per l'insieme delle merci caricate sul ponte. Conseguenze (consid. 8).
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-445%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 460
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82 II 460
Sachverhalt ab Seite 461
A.- Am 13. August 1952 stiess in Zürich Arnold Blatter, Primarlehrer in Winterthur, auf seinem Motorrad mit dem Lastwagen des Jakob Bischofberger zusammen. Er starb zwei Tage nachher an den Folgen des Unfalles und hinterliess die vier Kläger, nämlich die Frau aus zweiter Ehe und drei unmündige Kinder aus erster Ehe. Bischofberger ist bei der Beklagten für die Haftpflicht als Lastwagenhalter zu einem Deckungsmaximum von Fr. 50'000.-- für eine verunfallte Person versichert.
B.- Der Verunfallte war sowohl Kantons- wie auch städtischer Beamter und gehörte der kantonalen wie auch der städtischen Versicherungskasse an. Am 1. September 1952 teilte die Finanzdirektion des Kantons Zürich der Beklagten mit, den Hinterbliebenen des Arnold Blatter stehe grundsätzlich ein Rentenanspruch an die Beamtenversicherungskasse zu; sie seien anderseits nach § 23 der Kassestatuten verpflichtet, der Kasse allfällige Schadenersatzansprüche an Dritte bis zur Höhe der Kassenleistungen abzutreten. Infolgedessen ersuchte die Behörde die Beklagte, mit den Schadenersatzberechtigten keine Vereinbarung über Entschädigungen ohne ihre Mitwirkung zu treffen. Sodann wurde auf die im Gang befindliche Untersuchung durch die Bezirksanwaltschaft hingewiesen.
Mit Schreiben vom gleichen Tage wies sich der Anwalt der Kläger als deren bevollmächtigten Vertreter zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus. Die Beklagte gab ihm von der Mitteilung der kantonalen Finanzdirektion Kenntnis.
Auch die Versicherungskasse der Stadt Winterthur erhob Anspruch auf die Haftpflichtversicherungssumme.
C.- Mit Urteil vom 7. Juli 1953 erklärte das Obergericht des Kantons Zürich Jakob Bischofberger der fahrlässigen Tötung des Verunfallten schuldig. Hierauf schrieb der Vertreter der Kläger am 21. Oktober 1953 der Beklagten was folgt:
"Ich unterbreite Ihnen nachfolgend eine vorläufige Schadensberechnung. Dieselbe verfolgt lediglich den Zweck, Sie davon zu überzeugen, dass Sie die ganze Deckungssumme zu leisten haben, wobei dann die Aufteilung Sache der intern Beteiligten, der Hinterbliebenen, der Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich und der Pensionskasse der Stadt Winterthur ist.
Ich bitte Sie um Prüfung des Begehrens um Auszahlung der Versicherungssumme von Fr. 50'000.-- und um Ihren Bericht, damit eine Besprechung ... vereinbart werden kann."
Darauf antwortete die Beklagte am 29. gl. M.:
"Die Überprüfung der Angelegenheit ergibt, dass unser Deckungsmaximum von Fr. 50'000.-- offensichtlich nicht ausreicht, um den gesamten Schaden zu decken. Ohne zu Ihrer Schadensaufstellung materiell Stellung zu nehmen, teilen wir Ihnen mit, dass der erwähnte Betrag den Anspruchsberechtigten zur Verfügung steht. Wir ersuchen Sie, mit der kantonalen und der städtischen Pensionskasse eine Vereinbarung über die Aufteilung der Versicherungssumme zu treffen und uns eine Ausfertigung dieser Vereinbarung zuzustellen. Wir werden daraufhin die Anteile den Anspruchsberechtigten überweisen."
D.- Eine solche Vereinbarung kam zwischen der kantonalen Finanzdirektion, der Versicherungskasse der Stadt Winterthur und den Klägern erst am 26. Januar 1955 zustande. Danach erhält die kantonale Kasse Fr. 14 000.--, und an die Kläger fällt die Restsumme von Fr. 36 000.-- unter Vorbehalt der Regressansprüche der städtischen Kasse und der mit ihr zu treffenden internen Verteilung. In Ziff. 3 wurde vereinbart, "dass die Hinterbliebenen die evtl. von der Haftpflichtversicherung erhältlichen Zinsansprüche ungeschmälert für sich beanspruchen können".
E.- Am 10. Februar 1955 legte der Vertreter der Kläger diese Vereinbarung der Beklagten vor und ersuchte sie, die Versicherungssumme demgemäss auszuzahlen. Er bat ferner unter Hinweis auf Ziff. 3 der Vereinbarung, ihm auch das Zinsbetreffnis zu überweisen. "Da Sie seinerseit die Deckungssumme zur Verfügung gestellt haben, können wir m.E. keinen Verzugszins (zu 5%) beanspruchen.
Dagegen haben wir zweifellos Anspruch auf Kapitalzins. Ich stelle mir einen Zinsfuss von 3 1/2% vor, indem ich annehme, der Durchschnitt Ihres Vermögensertrages sei mindestens so hoch."
F.- Die Beklagte lehnte jedoch die verlangte Zinszahlung ab. Sie ersuchte die Kläger im übrigen, die Vereinbarung noch von der Verwaltung der Pensionskasse der Stadt Winterthur unterzeichnen zu lassen. Als dies geschehen war, zahlte sie die Versicherungssumme, davon Fr. 36'000.-- an die Kläger, aus.
G.- Mit Klage vom 3. März 1955 (beim Friedensrichter) und 25. Juni 1955 (beim Bezirksgericht Zürich) forderten die Kläger folgende Zinse ein:
"a) den Betrag von Fr. 3020.85 als Zins zu 5% des Deckungskapitals von Fr. 50'000.-- für die Zeit vom 15. August 1952 bis 31. Oktober 1953,
b) den Betrag von Fr. 1562.50 als Zins zu 2 1/2 % von Fr. 50'000.-- für die Zeit vom 1. November 1953 bis 28. Februar 1955."
H.- Gemäss dem Antrag der Beklagten wies das Bezirrksgericht Zürich die Klage am 7. Dezember 1955 ab, ebenso das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 27. März 1956.
I.- Mit vorliegender Berufung erneuern die Kläger die erwähnten Zinsbegehren, während die Beklagte auf Bestätigung des angefochtenen Urteils anträgt.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Die Kläger glauben die geltend gemachte Zinsforderung aus drei Gesichtspunkten begründen zu können: als Schadenszins, als Verzugszins und als Bereicherungszins.
1. Schadenszins hat der Versicherer nur insoweit zu entrichten, als der bei ihm gegen die Folgen der Haftpflicht Versicherte selbst solchen Zins schuldet. Der Schadenszins bildet einen Teil des Schadens, für den der Versicherer auf Grund des Versicherungsvertrages einzustehen hat. Er wird vom Haftpflichtigen vom Tag hinweg geschuldet, auf den der Schaden ermittelt worden ist, und bildet den Ausgleich dafür, dass der Ersatzberechtigte den betreffenden Betrag erst später erhält, ihn also in der Zwischenzeit nicht nutzen konnte (vgl. VON TUHR, Allg. Teil des OR, § 10 III 2, c; BGE 34 II 612, BGE 70 II 95 Erw. 6, BGE 81 II 519 Erw. 6). Hier braucht jedoch nicht geprüft zu werden, von wann an und zu welchem Zinssatze der Haftpflichtige zu Schadenszins verpflichtet sei. Denn die Haftung des Versicherers für den Schadenszins kann nur innerhalb der mit dem Versicherer vereinbarten oder doch von diesem als Grundlage des Fahrzeugausweises nach Art. 7 MFG bescheinigten Versicherungssumme bestehen. Übersteigt wie hier schon der Kapitalschaden diesen Betrag, dann bleibt kein Raum für eine zusätzliche Haftung des Versicherers für den Schadenszins.
Nichts Abweichendes folgt aus der gesetzlichen Umschreibung des direkten Forderungsrechtes des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer in Art. 49 und 50 MFG. Gewiss setzt dieses Forderungsrecht nicht einmal unbedingt einen gültigen Versicherungsvertrag voraus, sondern der Versicherer wird bei der im Sinne von Art 7 MFG ausgestellten Bescheinigung über die Haftpflichtversicherung behaftet (BGE 69 II 169). Allein die dieser rechtsgeschäftlichen Erklärung (und den gesetzlichen Minimalansätzen nach Art. 52 MFG) entsprechenden Versicherungssummen begrenzen die Leistungspflicht des Versicherers, und diese bleibt eine solche aus Versicherungsrecht (vgl. OFTINGER, Haftpflichtrecht II 978; GUHL, OR § 124 II b). Daher kommt nicht etwa in Frage, dass der Versicherer seinerseits für die ihm obliegende Leistung Schadenszins zu zahlen habe, denn er schuldet nicht Schadenersatz, sondern hat nur für die Schadenersatzpflicht eines Andern bis zur deklarierten Maximalsumme einzustehen.
Für ihre gegenteilige Ansicht berufen sich die Kläger auf die Botschaft zum MFG-Entwurf (BBl 1930 II 875) und auf BGE 56 II 212ff. Beide Publikationen betreffen aber den vom Versicherer bei eigenem Verzug zu leistenden Verzugszins und erörtern die Frage, von welchem Zeitpunkt an der Versicherer als im Verzug befindlich betrachtet werden müsse. Dass der Versicherer die Folgen eines ihn selbst treffenden Verzuges wie ein anderer Schuldner zu tragen hat und nicht befugt ist, von ihm geschuldete Verzugszinsen in die Versicherungssumme einzurechnen, versteht sich von selbst.
2. Verzug kann erst nach Fälligkeit der Verbindlichkeit eintreten und wird nach allgemeinen Grundsätzen, sofern ein bestimmter Verfalltag weder vereinbart ist noch sich infolge einer gültigen Kündigung ergibt, erst durch Mahnung herbeigeführt (Art. 102 OR). Für Leistungen aus Versicherungsvertrag gilt die besondere Vorschrift von Art. 41 VVG. Danach tritt die Fälligkeit mit dem Ablauf von vier Wochen ein, seitdem der Versicherer Angaben erhalten hat, aus denen er sich von der Richtigkeit der gegen ihn erhobenen Ansprüche überzeugen konnte. Dieser Norm untersteht auch die Haftpflichtversicherung (BGE 56 II 212ff.). Freilich sind die Ausführungen dieser Entscheidung in der Literatur zum Teil kritisiert worden (STÄHELI in SJZ 27 S. 92 mit Hinweis auf KÖNIG, SJZ 26 S. 161 ff.), und das Bundesgericht selbst (I. Zivilabteilung) hat im Urteil vom 3. Juni 1947 i.S. "Zürich" und Berra c. Confédération suisse und Udry, Erw. 11, bemerkt, im Gebiete der Haftpflicht nach MFG könne der Lauf jener Frist nicht mehr, gemäss jenem vor Inkrafttreten des MFG ergangenen Entscheide, an die Anzeige einer gegen den Haftpflichtigen angehobenen Klage geknüpft werden. In der Tat ist nunmehr dem direkten Forderungsrecht des Geschädigten und anderer Anspruchsberechtigter gegen den Haftpflichtversicherer Rechnung zu tragen; denn oftmals sieht der Anspruchsberechtigte infolgedessen von jeglicher Klage gegen den Haftpflichtigen ab. Trotzdem bleibt aber Art. Art. 41 VVG für den Eintritt der Fälligkeit des Versicherungsanspruches auch bei der Haftpflichtversicherung massgebend, und zwar auch wenn sich diese auf eine Haftpflicht nach MFG bezieht. Nur ist der Versicherungsanspruch in diesem Falle nicht davon abhängig, dass der Haftpflichtige selber vom Anspruchsberechtigten belangt werde. Um die Frist des Art. 41 VVG in Gang zu bringen, genügt es vielmehr, dass der Anspruchsberechtigte dem Versicherer das Bestehen der Haftpflicht in einem bestimmten (Minimal-)Betrag darlege und sich als den Anspruchsberechtigten gehörig ausweise.
Im vorliegenden Falle vermochten die Kläger der Beklagten im Oktober 1953 zwar das Bestehen der Haftpflicht im vollen Betrag der Versicherungssumme einwandfrei nachzuweisen, was die Beklagte denn auch sogleich anerkannte. Es war aber damals noch nicht ausgemacht, wer die Versicherungssumme zu beziehen habe, d.h. in welchem Verhältnis die Kläger und die beiden beteiligten Pensionskassen berechtigt seien. Die Beklagte, die durch die früheren Mitteilungen der beiden Kassen gehindert war, den Klägern etwas auszuzahlen, blieb bis zum 10. Februar 1955 im Ungewissen darüber, wem sie die Zahlung zu leisten habe. Irgendeine Mahnung erfolgte bis dahin nicht. Als ihr dann die Vereinbarung der Kläger mit den beiden Kassen bekanntgegeben wurde und sie die nötigen Ausweise besass, zahlte sie die Summe ungesäumt aus.
Unter diesen Umständen war sie nicht in Verzug gekommen. Gewiss hätte ein Verzug bereits während des Prätendentenstreites herbeigeführt werden können (vgl. BECKER, N. 1 und 6 zu Art. 168 OR, BGE 50 II 393/4). Dazu wäre namentlich eine gemeinsam von allen Prätendenten an die Beklagte gerichtete Aufforderung geeignet gewesen, einem von ihnen (unter Vorbehalt ihrer Auseinandersetzung) oder einem Dritten zu treuen Handen zu zahlen. Eine solche Aufforderung ist aber vor dem Februar 1955 nicht ergangen. Zur Hinterlegung nach Art. 168 OR war die Beklagte zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet. Zu Unrecht berufen sich die Kläger auf den Kommentar OSER/SCHÖNENBERGER, N. 4 zu Art. 168 und N. 9-14 zu Art. 92 OR. Wohl heisst es an der ersten Stelle, dass den Schuldner "nur die Hinterlegung von den meisten Verzugsfolgen befreit". Was damit gemeint ist, ergibt sich jedoch aus der zweiten Stelle, wo u.a. gesagt wird, der vertragliche Zins laufe weiter, und die Gefahr gehe vor der Hinterlegung nicht auf den Gläubiger über. Das sind keine eigentlichen Verzugsfolgen, sondern rechtliche Nachteile, die sich an die Nichterfüllung knüpfen, gleichgültig ob diese einen Verzug in sich schliesst oder nicht. Etwas anderes sagt auch VON TUHR nicht an der von OSER/SCHÖNENBERGER zitierten Stelle (Allg. Teil des OR § 65 V 4); vielmehr wird dort richtig ausgefuhrt, der bei Eintritt des Gläubigerverzuges nicht selber im Verzug befindliche Schuldner werde gleichwohl weiterhin Zinsen schuldig, "die auf anderm Grunde" (als auf Verzug), "insbesondere auf Vertrag beruhen". Es kommt nicht in Frage, einen nicht im Verzug befindlichen Schuldner zur Zahlung von Verzugszinsen zu verpflichten. Und hier ist eben bis zum 10. Februar 1955 keine Aufforderung, die Versicherungssumme zu zahlen, somit keine Mahnung erfolgt, die die Beklagte zugleich im Sinne von Art. 41 VVG über die gebotene Art der Erfüllung orientiert hätte.
3. Zur Zahlung von Bereicherungszins wäre die Beklagte nur verpflichtet, wenn ihr zum Nachteile der Kläger ein Zinsgenuss ungerechtfertigterweise zuteil geworden wäre. Davon kann aber keine Rede sein; denn wenn die Beklagte bis zur Zahlung einen Zinsertrag von der Versicherungssumme bezog, war dies ein rechtmässig ihr zufliessender Nutzen, da sie die Leistung während des Streites der Ansprecher, die ihr keinen zum Empfang der Zahlung Berechtigten bezeichneten, zurückhalten durfte.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 27. März 1956 bestätigt.
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Tragweite des direkten Forderungsrechtes des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer nach Art. 49 ff. MFG. Inwiefern hat der Versicherer Zins zu zahlen? 1. Schadenszins: nur im Rahmen der g mäss Art. 52 MFG vereinbarten maximalen Versicherungssumme (Erw. 1).
2. Verzugszins: nur bei eigenem Verzug des Versicherers. Dessen Eintritt bestimmt sich nach Art. 41 VVG in Verbindung mit Art. 102 OR, wobei die Besonderheiten der Haftpflichtversicherung mit direktem Forderungsrecht des Geschädigten zu berücksichtigen sind (Erw. 2).
3. Bereicherungszins? (Erw. 3).
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82 II 460
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82 II 460
Sachverhalt ab Seite 461
A.- Am 13. August 1952 stiess in Zürich Arnold Blatter, Primarlehrer in Winterthur, auf seinem Motorrad mit dem Lastwagen des Jakob Bischofberger zusammen. Er starb zwei Tage nachher an den Folgen des Unfalles und hinterliess die vier Kläger, nämlich die Frau aus zweiter Ehe und drei unmündige Kinder aus erster Ehe. Bischofberger ist bei der Beklagten für die Haftpflicht als Lastwagenhalter zu einem Deckungsmaximum von Fr. 50'000.-- für eine verunfallte Person versichert.
B.- Der Verunfallte war sowohl Kantons- wie auch städtischer Beamter und gehörte der kantonalen wie auch der städtischen Versicherungskasse an. Am 1. September 1952 teilte die Finanzdirektion des Kantons Zürich der Beklagten mit, den Hinterbliebenen des Arnold Blatter stehe grundsätzlich ein Rentenanspruch an die Beamtenversicherungskasse zu; sie seien anderseits nach § 23 der Kassestatuten verpflichtet, der Kasse allfällige Schadenersatzansprüche an Dritte bis zur Höhe der Kassenleistungen abzutreten. Infolgedessen ersuchte die Behörde die Beklagte, mit den Schadenersatzberechtigten keine Vereinbarung über Entschädigungen ohne ihre Mitwirkung zu treffen. Sodann wurde auf die im Gang befindliche Untersuchung durch die Bezirksanwaltschaft hingewiesen.
Mit Schreiben vom gleichen Tage wies sich der Anwalt der Kläger als deren bevollmächtigten Vertreter zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus. Die Beklagte gab ihm von der Mitteilung der kantonalen Finanzdirektion Kenntnis.
Auch die Versicherungskasse der Stadt Winterthur erhob Anspruch auf die Haftpflichtversicherungssumme.
C.- Mit Urteil vom 7. Juli 1953 erklärte das Obergericht des Kantons Zürich Jakob Bischofberger der fahrlässigen Tötung des Verunfallten schuldig. Hierauf schrieb der Vertreter der Kläger am 21. Oktober 1953 der Beklagten was folgt:
"Ich unterbreite Ihnen nachfolgend eine vorläufige Schadensberechnung. Dieselbe verfolgt lediglich den Zweck, Sie davon zu überzeugen, dass Sie die ganze Deckungssumme zu leisten haben, wobei dann die Aufteilung Sache der intern Beteiligten, der Hinterbliebenen, der Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich und der Pensionskasse der Stadt Winterthur ist.
Ich bitte Sie um Prüfung des Begehrens um Auszahlung der Versicherungssumme von Fr. 50'000.-- und um Ihren Bericht, damit eine Besprechung ... vereinbart werden kann."
Darauf antwortete die Beklagte am 29. gl. M.:
"Die Überprüfung der Angelegenheit ergibt, dass unser Deckungsmaximum von Fr. 50'000.-- offensichtlich nicht ausreicht, um den gesamten Schaden zu decken. Ohne zu Ihrer Schadensaufstellung materiell Stellung zu nehmen, teilen wir Ihnen mit, dass der erwähnte Betrag den Anspruchsberechtigten zur Verfügung steht. Wir ersuchen Sie, mit der kantonalen und der städtischen Pensionskasse eine Vereinbarung über die Aufteilung der Versicherungssumme zu treffen und uns eine Ausfertigung dieser Vereinbarung zuzustellen. Wir werden daraufhin die Anteile den Anspruchsberechtigten überweisen."
D.- Eine solche Vereinbarung kam zwischen der kantonalen Finanzdirektion, der Versicherungskasse der Stadt Winterthur und den Klägern erst am 26. Januar 1955 zustande. Danach erhält die kantonale Kasse Fr. 14 000.--, und an die Kläger fällt die Restsumme von Fr. 36 000.-- unter Vorbehalt der Regressansprüche der städtischen Kasse und der mit ihr zu treffenden internen Verteilung. In Ziff. 3 wurde vereinbart, "dass die Hinterbliebenen die evtl. von der Haftpflichtversicherung erhältlichen Zinsansprüche ungeschmälert für sich beanspruchen können".
E.- Am 10. Februar 1955 legte der Vertreter der Kläger diese Vereinbarung der Beklagten vor und ersuchte sie, die Versicherungssumme demgemäss auszuzahlen. Er bat ferner unter Hinweis auf Ziff. 3 der Vereinbarung, ihm auch das Zinsbetreffnis zu überweisen. "Da Sie seinerseit die Deckungssumme zur Verfügung gestellt haben, können wir m.E. keinen Verzugszins (zu 5%) beanspruchen.
Dagegen haben wir zweifellos Anspruch auf Kapitalzins. Ich stelle mir einen Zinsfuss von 3 1/2% vor, indem ich annehme, der Durchschnitt Ihres Vermögensertrages sei mindestens so hoch."
F.- Die Beklagte lehnte jedoch die verlangte Zinszahlung ab. Sie ersuchte die Kläger im übrigen, die Vereinbarung noch von der Verwaltung der Pensionskasse der Stadt Winterthur unterzeichnen zu lassen. Als dies geschehen war, zahlte sie die Versicherungssumme, davon Fr. 36'000.-- an die Kläger, aus.
G.- Mit Klage vom 3. März 1955 (beim Friedensrichter) und 25. Juni 1955 (beim Bezirksgericht Zürich) forderten die Kläger folgende Zinse ein:
"a) den Betrag von Fr. 3020.85 als Zins zu 5% des Deckungskapitals von Fr. 50'000.-- für die Zeit vom 15. August 1952 bis 31. Oktober 1953,
b) den Betrag von Fr. 1562.50 als Zins zu 2 1/2 % von Fr. 50'000.-- für die Zeit vom 1. November 1953 bis 28. Februar 1955."
H.- Gemäss dem Antrag der Beklagten wies das Bezirrksgericht Zürich die Klage am 7. Dezember 1955 ab, ebenso das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 27. März 1956.
I.- Mit vorliegender Berufung erneuern die Kläger die erwähnten Zinsbegehren, während die Beklagte auf Bestätigung des angefochtenen Urteils anträgt.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Die Kläger glauben die geltend gemachte Zinsforderung aus drei Gesichtspunkten begründen zu können: als Schadenszins, als Verzugszins und als Bereicherungszins.
1. Schadenszins hat der Versicherer nur insoweit zu entrichten, als der bei ihm gegen die Folgen der Haftpflicht Versicherte selbst solchen Zins schuldet. Der Schadenszins bildet einen Teil des Schadens, für den der Versicherer auf Grund des Versicherungsvertrages einzustehen hat. Er wird vom Haftpflichtigen vom Tag hinweg geschuldet, auf den der Schaden ermittelt worden ist, und bildet den Ausgleich dafür, dass der Ersatzberechtigte den betreffenden Betrag erst später erhält, ihn also in der Zwischenzeit nicht nutzen konnte (vgl. VON TUHR, Allg. Teil des OR, § 10 III 2, c; BGE 34 II 612, BGE 70 II 95 Erw. 6, BGE 81 II 519 Erw. 6). Hier braucht jedoch nicht geprüft zu werden, von wann an und zu welchem Zinssatze der Haftpflichtige zu Schadenszins verpflichtet sei. Denn die Haftung des Versicherers für den Schadenszins kann nur innerhalb der mit dem Versicherer vereinbarten oder doch von diesem als Grundlage des Fahrzeugausweises nach Art. 7 MFG bescheinigten Versicherungssumme bestehen. Übersteigt wie hier schon der Kapitalschaden diesen Betrag, dann bleibt kein Raum für eine zusätzliche Haftung des Versicherers für den Schadenszins.
Nichts Abweichendes folgt aus der gesetzlichen Umschreibung des direkten Forderungsrechtes des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer in Art. 49 und 50 MFG. Gewiss setzt dieses Forderungsrecht nicht einmal unbedingt einen gültigen Versicherungsvertrag voraus, sondern der Versicherer wird bei der im Sinne von Art 7 MFG ausgestellten Bescheinigung über die Haftpflichtversicherung behaftet (BGE 69 II 169). Allein die dieser rechtsgeschäftlichen Erklärung (und den gesetzlichen Minimalansätzen nach Art. 52 MFG) entsprechenden Versicherungssummen begrenzen die Leistungspflicht des Versicherers, und diese bleibt eine solche aus Versicherungsrecht (vgl. OFTINGER, Haftpflichtrecht II 978; GUHL, OR § 124 II b). Daher kommt nicht etwa in Frage, dass der Versicherer seinerseits für die ihm obliegende Leistung Schadenszins zu zahlen habe, denn er schuldet nicht Schadenersatz, sondern hat nur für die Schadenersatzpflicht eines Andern bis zur deklarierten Maximalsumme einzustehen.
Für ihre gegenteilige Ansicht berufen sich die Kläger auf die Botschaft zum MFG-Entwurf (BBl 1930 II 875) und auf BGE 56 II 212ff. Beide Publikationen betreffen aber den vom Versicherer bei eigenem Verzug zu leistenden Verzugszins und erörtern die Frage, von welchem Zeitpunkt an der Versicherer als im Verzug befindlich betrachtet werden müsse. Dass der Versicherer die Folgen eines ihn selbst treffenden Verzuges wie ein anderer Schuldner zu tragen hat und nicht befugt ist, von ihm geschuldete Verzugszinsen in die Versicherungssumme einzurechnen, versteht sich von selbst.
2. Verzug kann erst nach Fälligkeit der Verbindlichkeit eintreten und wird nach allgemeinen Grundsätzen, sofern ein bestimmter Verfalltag weder vereinbart ist noch sich infolge einer gültigen Kündigung ergibt, erst durch Mahnung herbeigeführt (Art. 102 OR). Für Leistungen aus Versicherungsvertrag gilt die besondere Vorschrift von Art. 41 VVG. Danach tritt die Fälligkeit mit dem Ablauf von vier Wochen ein, seitdem der Versicherer Angaben erhalten hat, aus denen er sich von der Richtigkeit der gegen ihn erhobenen Ansprüche überzeugen konnte. Dieser Norm untersteht auch die Haftpflichtversicherung (BGE 56 II 212ff.). Freilich sind die Ausführungen dieser Entscheidung in der Literatur zum Teil kritisiert worden (STÄHELI in SJZ 27 S. 92 mit Hinweis auf KÖNIG, SJZ 26 S. 161 ff.), und das Bundesgericht selbst (I. Zivilabteilung) hat im Urteil vom 3. Juni 1947 i.S. "Zürich" und Berra c. Confédération suisse und Udry, Erw. 11, bemerkt, im Gebiete der Haftpflicht nach MFG könne der Lauf jener Frist nicht mehr, gemäss jenem vor Inkrafttreten des MFG ergangenen Entscheide, an die Anzeige einer gegen den Haftpflichtigen angehobenen Klage geknüpft werden. In der Tat ist nunmehr dem direkten Forderungsrecht des Geschädigten und anderer Anspruchsberechtigter gegen den Haftpflichtversicherer Rechnung zu tragen; denn oftmals sieht der Anspruchsberechtigte infolgedessen von jeglicher Klage gegen den Haftpflichtigen ab. Trotzdem bleibt aber Art. Art. 41 VVG für den Eintritt der Fälligkeit des Versicherungsanspruches auch bei der Haftpflichtversicherung massgebend, und zwar auch wenn sich diese auf eine Haftpflicht nach MFG bezieht. Nur ist der Versicherungsanspruch in diesem Falle nicht davon abhängig, dass der Haftpflichtige selber vom Anspruchsberechtigten belangt werde. Um die Frist des Art. 41 VVG in Gang zu bringen, genügt es vielmehr, dass der Anspruchsberechtigte dem Versicherer das Bestehen der Haftpflicht in einem bestimmten (Minimal-)Betrag darlege und sich als den Anspruchsberechtigten gehörig ausweise.
Im vorliegenden Falle vermochten die Kläger der Beklagten im Oktober 1953 zwar das Bestehen der Haftpflicht im vollen Betrag der Versicherungssumme einwandfrei nachzuweisen, was die Beklagte denn auch sogleich anerkannte. Es war aber damals noch nicht ausgemacht, wer die Versicherungssumme zu beziehen habe, d.h. in welchem Verhältnis die Kläger und die beiden beteiligten Pensionskassen berechtigt seien. Die Beklagte, die durch die früheren Mitteilungen der beiden Kassen gehindert war, den Klägern etwas auszuzahlen, blieb bis zum 10. Februar 1955 im Ungewissen darüber, wem sie die Zahlung zu leisten habe. Irgendeine Mahnung erfolgte bis dahin nicht. Als ihr dann die Vereinbarung der Kläger mit den beiden Kassen bekanntgegeben wurde und sie die nötigen Ausweise besass, zahlte sie die Summe ungesäumt aus.
Unter diesen Umständen war sie nicht in Verzug gekommen. Gewiss hätte ein Verzug bereits während des Prätendentenstreites herbeigeführt werden können (vgl. BECKER, N. 1 und 6 zu Art. 168 OR, BGE 50 II 393/4). Dazu wäre namentlich eine gemeinsam von allen Prätendenten an die Beklagte gerichtete Aufforderung geeignet gewesen, einem von ihnen (unter Vorbehalt ihrer Auseinandersetzung) oder einem Dritten zu treuen Handen zu zahlen. Eine solche Aufforderung ist aber vor dem Februar 1955 nicht ergangen. Zur Hinterlegung nach Art. 168 OR war die Beklagte zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet. Zu Unrecht berufen sich die Kläger auf den Kommentar OSER/SCHÖNENBERGER, N. 4 zu Art. 168 und N. 9-14 zu Art. 92 OR. Wohl heisst es an der ersten Stelle, dass den Schuldner "nur die Hinterlegung von den meisten Verzugsfolgen befreit". Was damit gemeint ist, ergibt sich jedoch aus der zweiten Stelle, wo u.a. gesagt wird, der vertragliche Zins laufe weiter, und die Gefahr gehe vor der Hinterlegung nicht auf den Gläubiger über. Das sind keine eigentlichen Verzugsfolgen, sondern rechtliche Nachteile, die sich an die Nichterfüllung knüpfen, gleichgültig ob diese einen Verzug in sich schliesst oder nicht. Etwas anderes sagt auch VON TUHR nicht an der von OSER/SCHÖNENBERGER zitierten Stelle (Allg. Teil des OR § 65 V 4); vielmehr wird dort richtig ausgefuhrt, der bei Eintritt des Gläubigerverzuges nicht selber im Verzug befindliche Schuldner werde gleichwohl weiterhin Zinsen schuldig, "die auf anderm Grunde" (als auf Verzug), "insbesondere auf Vertrag beruhen". Es kommt nicht in Frage, einen nicht im Verzug befindlichen Schuldner zur Zahlung von Verzugszinsen zu verpflichten. Und hier ist eben bis zum 10. Februar 1955 keine Aufforderung, die Versicherungssumme zu zahlen, somit keine Mahnung erfolgt, die die Beklagte zugleich im Sinne von Art. 41 VVG über die gebotene Art der Erfüllung orientiert hätte.
3. Zur Zahlung von Bereicherungszins wäre die Beklagte nur verpflichtet, wenn ihr zum Nachteile der Kläger ein Zinsgenuss ungerechtfertigterweise zuteil geworden wäre. Davon kann aber keine Rede sein; denn wenn die Beklagte bis zur Zahlung einen Zinsertrag von der Versicherungssumme bezog, war dies ein rechtmässig ihr zufliessender Nutzen, da sie die Leistung während des Streites der Ansprecher, die ihr keinen zum Empfang der Zahlung Berechtigten bezeichneten, zurückhalten durfte.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 27. März 1956 bestätigt.
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Portée de l'action directe du lésé contre l'assureur-responsabilité civile selon l'art. 49 LA. Dans quelle mesure l'assureur doit-il payer un intérêt? 1. Intérêt de la créance en dommages-intérêts: seulement jusqu'au maximum de la somme assurée fixée contractuellement en conformité de l'art. 52 LA (consid. 1).
2. Intérêt moratoire: seulement en cas de demeure de l'assureur lui-même. Cette demeure se détermine suivant l'art. 41 LCA combiné avec l'art. 102 CO, en tenant compte des particularités de l'assurance-responsabilité civile avec action directe du lésé (consid. 2).
3. Intérêt dû en raison de l'enrichissement? (consid. 3).
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82 II 460
Sachverhalt ab Seite 461
A.- Am 13. August 1952 stiess in Zürich Arnold Blatter, Primarlehrer in Winterthur, auf seinem Motorrad mit dem Lastwagen des Jakob Bischofberger zusammen. Er starb zwei Tage nachher an den Folgen des Unfalles und hinterliess die vier Kläger, nämlich die Frau aus zweiter Ehe und drei unmündige Kinder aus erster Ehe. Bischofberger ist bei der Beklagten für die Haftpflicht als Lastwagenhalter zu einem Deckungsmaximum von Fr. 50'000.-- für eine verunfallte Person versichert.
B.- Der Verunfallte war sowohl Kantons- wie auch städtischer Beamter und gehörte der kantonalen wie auch der städtischen Versicherungskasse an. Am 1. September 1952 teilte die Finanzdirektion des Kantons Zürich der Beklagten mit, den Hinterbliebenen des Arnold Blatter stehe grundsätzlich ein Rentenanspruch an die Beamtenversicherungskasse zu; sie seien anderseits nach § 23 der Kassestatuten verpflichtet, der Kasse allfällige Schadenersatzansprüche an Dritte bis zur Höhe der Kassenleistungen abzutreten. Infolgedessen ersuchte die Behörde die Beklagte, mit den Schadenersatzberechtigten keine Vereinbarung über Entschädigungen ohne ihre Mitwirkung zu treffen. Sodann wurde auf die im Gang befindliche Untersuchung durch die Bezirksanwaltschaft hingewiesen.
Mit Schreiben vom gleichen Tage wies sich der Anwalt der Kläger als deren bevollmächtigten Vertreter zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus. Die Beklagte gab ihm von der Mitteilung der kantonalen Finanzdirektion Kenntnis.
Auch die Versicherungskasse der Stadt Winterthur erhob Anspruch auf die Haftpflichtversicherungssumme.
C.- Mit Urteil vom 7. Juli 1953 erklärte das Obergericht des Kantons Zürich Jakob Bischofberger der fahrlässigen Tötung des Verunfallten schuldig. Hierauf schrieb der Vertreter der Kläger am 21. Oktober 1953 der Beklagten was folgt:
"Ich unterbreite Ihnen nachfolgend eine vorläufige Schadensberechnung. Dieselbe verfolgt lediglich den Zweck, Sie davon zu überzeugen, dass Sie die ganze Deckungssumme zu leisten haben, wobei dann die Aufteilung Sache der intern Beteiligten, der Hinterbliebenen, der Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich und der Pensionskasse der Stadt Winterthur ist.
Ich bitte Sie um Prüfung des Begehrens um Auszahlung der Versicherungssumme von Fr. 50'000.-- und um Ihren Bericht, damit eine Besprechung ... vereinbart werden kann."
Darauf antwortete die Beklagte am 29. gl. M.:
"Die Überprüfung der Angelegenheit ergibt, dass unser Deckungsmaximum von Fr. 50'000.-- offensichtlich nicht ausreicht, um den gesamten Schaden zu decken. Ohne zu Ihrer Schadensaufstellung materiell Stellung zu nehmen, teilen wir Ihnen mit, dass der erwähnte Betrag den Anspruchsberechtigten zur Verfügung steht. Wir ersuchen Sie, mit der kantonalen und der städtischen Pensionskasse eine Vereinbarung über die Aufteilung der Versicherungssumme zu treffen und uns eine Ausfertigung dieser Vereinbarung zuzustellen. Wir werden daraufhin die Anteile den Anspruchsberechtigten überweisen."
D.- Eine solche Vereinbarung kam zwischen der kantonalen Finanzdirektion, der Versicherungskasse der Stadt Winterthur und den Klägern erst am 26. Januar 1955 zustande. Danach erhält die kantonale Kasse Fr. 14 000.--, und an die Kläger fällt die Restsumme von Fr. 36 000.-- unter Vorbehalt der Regressansprüche der städtischen Kasse und der mit ihr zu treffenden internen Verteilung. In Ziff. 3 wurde vereinbart, "dass die Hinterbliebenen die evtl. von der Haftpflichtversicherung erhältlichen Zinsansprüche ungeschmälert für sich beanspruchen können".
E.- Am 10. Februar 1955 legte der Vertreter der Kläger diese Vereinbarung der Beklagten vor und ersuchte sie, die Versicherungssumme demgemäss auszuzahlen. Er bat ferner unter Hinweis auf Ziff. 3 der Vereinbarung, ihm auch das Zinsbetreffnis zu überweisen. "Da Sie seinerseit die Deckungssumme zur Verfügung gestellt haben, können wir m.E. keinen Verzugszins (zu 5%) beanspruchen.
Dagegen haben wir zweifellos Anspruch auf Kapitalzins. Ich stelle mir einen Zinsfuss von 3 1/2% vor, indem ich annehme, der Durchschnitt Ihres Vermögensertrages sei mindestens so hoch."
F.- Die Beklagte lehnte jedoch die verlangte Zinszahlung ab. Sie ersuchte die Kläger im übrigen, die Vereinbarung noch von der Verwaltung der Pensionskasse der Stadt Winterthur unterzeichnen zu lassen. Als dies geschehen war, zahlte sie die Versicherungssumme, davon Fr. 36'000.-- an die Kläger, aus.
G.- Mit Klage vom 3. März 1955 (beim Friedensrichter) und 25. Juni 1955 (beim Bezirksgericht Zürich) forderten die Kläger folgende Zinse ein:
"a) den Betrag von Fr. 3020.85 als Zins zu 5% des Deckungskapitals von Fr. 50'000.-- für die Zeit vom 15. August 1952 bis 31. Oktober 1953,
b) den Betrag von Fr. 1562.50 als Zins zu 2 1/2 % von Fr. 50'000.-- für die Zeit vom 1. November 1953 bis 28. Februar 1955."
H.- Gemäss dem Antrag der Beklagten wies das Bezirrksgericht Zürich die Klage am 7. Dezember 1955 ab, ebenso das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 27. März 1956.
I.- Mit vorliegender Berufung erneuern die Kläger die erwähnten Zinsbegehren, während die Beklagte auf Bestätigung des angefochtenen Urteils anträgt.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Die Kläger glauben die geltend gemachte Zinsforderung aus drei Gesichtspunkten begründen zu können: als Schadenszins, als Verzugszins und als Bereicherungszins.
1. Schadenszins hat der Versicherer nur insoweit zu entrichten, als der bei ihm gegen die Folgen der Haftpflicht Versicherte selbst solchen Zins schuldet. Der Schadenszins bildet einen Teil des Schadens, für den der Versicherer auf Grund des Versicherungsvertrages einzustehen hat. Er wird vom Haftpflichtigen vom Tag hinweg geschuldet, auf den der Schaden ermittelt worden ist, und bildet den Ausgleich dafür, dass der Ersatzberechtigte den betreffenden Betrag erst später erhält, ihn also in der Zwischenzeit nicht nutzen konnte (vgl. VON TUHR, Allg. Teil des OR, § 10 III 2, c; BGE 34 II 612, BGE 70 II 95 Erw. 6, BGE 81 II 519 Erw. 6). Hier braucht jedoch nicht geprüft zu werden, von wann an und zu welchem Zinssatze der Haftpflichtige zu Schadenszins verpflichtet sei. Denn die Haftung des Versicherers für den Schadenszins kann nur innerhalb der mit dem Versicherer vereinbarten oder doch von diesem als Grundlage des Fahrzeugausweises nach Art. 7 MFG bescheinigten Versicherungssumme bestehen. Übersteigt wie hier schon der Kapitalschaden diesen Betrag, dann bleibt kein Raum für eine zusätzliche Haftung des Versicherers für den Schadenszins.
Nichts Abweichendes folgt aus der gesetzlichen Umschreibung des direkten Forderungsrechtes des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer in Art. 49 und 50 MFG. Gewiss setzt dieses Forderungsrecht nicht einmal unbedingt einen gültigen Versicherungsvertrag voraus, sondern der Versicherer wird bei der im Sinne von Art 7 MFG ausgestellten Bescheinigung über die Haftpflichtversicherung behaftet (BGE 69 II 169). Allein die dieser rechtsgeschäftlichen Erklärung (und den gesetzlichen Minimalansätzen nach Art. 52 MFG) entsprechenden Versicherungssummen begrenzen die Leistungspflicht des Versicherers, und diese bleibt eine solche aus Versicherungsrecht (vgl. OFTINGER, Haftpflichtrecht II 978; GUHL, OR § 124 II b). Daher kommt nicht etwa in Frage, dass der Versicherer seinerseits für die ihm obliegende Leistung Schadenszins zu zahlen habe, denn er schuldet nicht Schadenersatz, sondern hat nur für die Schadenersatzpflicht eines Andern bis zur deklarierten Maximalsumme einzustehen.
Für ihre gegenteilige Ansicht berufen sich die Kläger auf die Botschaft zum MFG-Entwurf (BBl 1930 II 875) und auf BGE 56 II 212ff. Beide Publikationen betreffen aber den vom Versicherer bei eigenem Verzug zu leistenden Verzugszins und erörtern die Frage, von welchem Zeitpunkt an der Versicherer als im Verzug befindlich betrachtet werden müsse. Dass der Versicherer die Folgen eines ihn selbst treffenden Verzuges wie ein anderer Schuldner zu tragen hat und nicht befugt ist, von ihm geschuldete Verzugszinsen in die Versicherungssumme einzurechnen, versteht sich von selbst.
2. Verzug kann erst nach Fälligkeit der Verbindlichkeit eintreten und wird nach allgemeinen Grundsätzen, sofern ein bestimmter Verfalltag weder vereinbart ist noch sich infolge einer gültigen Kündigung ergibt, erst durch Mahnung herbeigeführt (Art. 102 OR). Für Leistungen aus Versicherungsvertrag gilt die besondere Vorschrift von Art. 41 VVG. Danach tritt die Fälligkeit mit dem Ablauf von vier Wochen ein, seitdem der Versicherer Angaben erhalten hat, aus denen er sich von der Richtigkeit der gegen ihn erhobenen Ansprüche überzeugen konnte. Dieser Norm untersteht auch die Haftpflichtversicherung (BGE 56 II 212ff.). Freilich sind die Ausführungen dieser Entscheidung in der Literatur zum Teil kritisiert worden (STÄHELI in SJZ 27 S. 92 mit Hinweis auf KÖNIG, SJZ 26 S. 161 ff.), und das Bundesgericht selbst (I. Zivilabteilung) hat im Urteil vom 3. Juni 1947 i.S. "Zürich" und Berra c. Confédération suisse und Udry, Erw. 11, bemerkt, im Gebiete der Haftpflicht nach MFG könne der Lauf jener Frist nicht mehr, gemäss jenem vor Inkrafttreten des MFG ergangenen Entscheide, an die Anzeige einer gegen den Haftpflichtigen angehobenen Klage geknüpft werden. In der Tat ist nunmehr dem direkten Forderungsrecht des Geschädigten und anderer Anspruchsberechtigter gegen den Haftpflichtversicherer Rechnung zu tragen; denn oftmals sieht der Anspruchsberechtigte infolgedessen von jeglicher Klage gegen den Haftpflichtigen ab. Trotzdem bleibt aber Art. Art. 41 VVG für den Eintritt der Fälligkeit des Versicherungsanspruches auch bei der Haftpflichtversicherung massgebend, und zwar auch wenn sich diese auf eine Haftpflicht nach MFG bezieht. Nur ist der Versicherungsanspruch in diesem Falle nicht davon abhängig, dass der Haftpflichtige selber vom Anspruchsberechtigten belangt werde. Um die Frist des Art. 41 VVG in Gang zu bringen, genügt es vielmehr, dass der Anspruchsberechtigte dem Versicherer das Bestehen der Haftpflicht in einem bestimmten (Minimal-)Betrag darlege und sich als den Anspruchsberechtigten gehörig ausweise.
Im vorliegenden Falle vermochten die Kläger der Beklagten im Oktober 1953 zwar das Bestehen der Haftpflicht im vollen Betrag der Versicherungssumme einwandfrei nachzuweisen, was die Beklagte denn auch sogleich anerkannte. Es war aber damals noch nicht ausgemacht, wer die Versicherungssumme zu beziehen habe, d.h. in welchem Verhältnis die Kläger und die beiden beteiligten Pensionskassen berechtigt seien. Die Beklagte, die durch die früheren Mitteilungen der beiden Kassen gehindert war, den Klägern etwas auszuzahlen, blieb bis zum 10. Februar 1955 im Ungewissen darüber, wem sie die Zahlung zu leisten habe. Irgendeine Mahnung erfolgte bis dahin nicht. Als ihr dann die Vereinbarung der Kläger mit den beiden Kassen bekanntgegeben wurde und sie die nötigen Ausweise besass, zahlte sie die Summe ungesäumt aus.
Unter diesen Umständen war sie nicht in Verzug gekommen. Gewiss hätte ein Verzug bereits während des Prätendentenstreites herbeigeführt werden können (vgl. BECKER, N. 1 und 6 zu Art. 168 OR, BGE 50 II 393/4). Dazu wäre namentlich eine gemeinsam von allen Prätendenten an die Beklagte gerichtete Aufforderung geeignet gewesen, einem von ihnen (unter Vorbehalt ihrer Auseinandersetzung) oder einem Dritten zu treuen Handen zu zahlen. Eine solche Aufforderung ist aber vor dem Februar 1955 nicht ergangen. Zur Hinterlegung nach Art. 168 OR war die Beklagte zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet. Zu Unrecht berufen sich die Kläger auf den Kommentar OSER/SCHÖNENBERGER, N. 4 zu Art. 168 und N. 9-14 zu Art. 92 OR. Wohl heisst es an der ersten Stelle, dass den Schuldner "nur die Hinterlegung von den meisten Verzugsfolgen befreit". Was damit gemeint ist, ergibt sich jedoch aus der zweiten Stelle, wo u.a. gesagt wird, der vertragliche Zins laufe weiter, und die Gefahr gehe vor der Hinterlegung nicht auf den Gläubiger über. Das sind keine eigentlichen Verzugsfolgen, sondern rechtliche Nachteile, die sich an die Nichterfüllung knüpfen, gleichgültig ob diese einen Verzug in sich schliesst oder nicht. Etwas anderes sagt auch VON TUHR nicht an der von OSER/SCHÖNENBERGER zitierten Stelle (Allg. Teil des OR § 65 V 4); vielmehr wird dort richtig ausgefuhrt, der bei Eintritt des Gläubigerverzuges nicht selber im Verzug befindliche Schuldner werde gleichwohl weiterhin Zinsen schuldig, "die auf anderm Grunde" (als auf Verzug), "insbesondere auf Vertrag beruhen". Es kommt nicht in Frage, einen nicht im Verzug befindlichen Schuldner zur Zahlung von Verzugszinsen zu verpflichten. Und hier ist eben bis zum 10. Februar 1955 keine Aufforderung, die Versicherungssumme zu zahlen, somit keine Mahnung erfolgt, die die Beklagte zugleich im Sinne von Art. 41 VVG über die gebotene Art der Erfüllung orientiert hätte.
3. Zur Zahlung von Bereicherungszins wäre die Beklagte nur verpflichtet, wenn ihr zum Nachteile der Kläger ein Zinsgenuss ungerechtfertigterweise zuteil geworden wäre. Davon kann aber keine Rede sein; denn wenn die Beklagte bis zur Zahlung einen Zinsertrag von der Versicherungssumme bezog, war dies ein rechtmässig ihr zufliessender Nutzen, da sie die Leistung während des Streites der Ansprecher, die ihr keinen zum Empfang der Zahlung Berechtigten bezeichneten, zurückhalten durfte.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 27. März 1956 bestätigt.
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de
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Portata dell'azione diretta della parte lesa contro l'assicuratore della responsabilità civile a norma dell'art. 49 sgg. LA. Quali interessi deve pagare l'assicuratore? 1. Interessi del credito a titolo di risarcimento dei danni: solo nei limiti della somma assicurata per contratto in conformità dell'art. 52 LA (consid. 1).
2. Interessi di mora: solo in caso di mora dell'assicuratore stesso. Per la costituzione in mora fanno stato l'art. 41 LCA combinato con l'art. 102 CO, tenuto conto delle particolarità dell'assicurazione per la responsabilità civile con azione diretta del leso (consid. 2).
3. Interessi dovuti a motivo dell'arricchimento? (consid. 3).
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Erwägungen ab Seite 468
La loi fédérale sur le maintien de la propriété foncière rurale institue un droit de préemption légal en faveur de certains parents du vendeur (art. 6). Elle n'indique pas en revanche si les bénéficiaires d'un droit de préemption peuvent faire valoir celui-ci lorsque le domaine est vendu à un titulaire d'un droit de préemption de même rang qu'eux. L'art. 11 al. 2 LPR ne s'applique pas à cette situation: il vise exclusivement les cas dans lesquels des compétitions se produisent entre les parents de même rang qui, en vertu du droit de préemption que la loi leur confère, ont vocation pour se substituer à l'acquéreur sans que leur droit préférable puisse être contesté, et énumère les circonstances qu'il faut prendre en considération pour choisir celui des compétiteurs auquel le domaine doit être attribué. En l'absence d'une disposition expresse de la loi leur conférant à des conditions déterminées un droit préférable, on doit admettre que les personnes qui possèdent un droit de préemption ne peuvent s'en prévaloir lorsque l'acquéreur est lui-même titulaire d'un droit de préemption de même rang. Le but de l'institution du droit de préemption en faveur de certains parents est d'affermir le lien qui existe entre la famille et le domaine (art. 1er LPR; Bulletin sténographique, Conseil national, 1948 p. 410). Or cette fin est atteinte quand le propriétaire vend son exploitation agricole à l'un des parents auxquels la loi accorde un droit de préemption de même rang; sous ce rapport, il ne se justifie pas de permettre aux titulaires d'un droit de préemption de disputer le domaine à l'acheteur qui possède un même droit de rang égal. Alors qu'aucune disposition légale ne le prévoit, on ne saurait reconnaître aux parents de même rang que l'acquéreur le droit d'exiger le domaine par préférence pour le motif qu'il n'entend pas le travailler personnellement tandis qu'ils veulent l'exploiter eux-mêmes et en sont capables. Le droit privé suisse est fondé sur le principe de la liberté contractuelle; les dispositions qui apportent des restrictions à cette liberté, comme c'est le cas de celles du droit foncier rural créant des droits de préemption légaux, ne doivent pas être interprétées extensivement; lorsque la loi ne la limite pas, il faut admettre que la liberté contractuelle n'est pas restreinte. Il suit de là que, à défaut de disposition légale limitant sa liberté de choix, le propriétaire peut vendre son domaine à l'un de ses descendants sans que les titulaires d'un droit de préemption de même rang puissent se substituer à l'acquéreur qu'il a élu. Par ailleurs, selon la jurisprudence (RO 80 II 210/214), le propriétaire d'une exploitation agricole peut en disposer par acte de dernière volonté et l'attribuer à l'héritier de son choix par une règle de partage au sens de l'art. 608 CC, les autres héritiers n'étant plus fondés à en demander l'attribution en vertu des règles légales du droit successoral paysan. Comme la loi sur le maintien de la propriété foncière rurale ne contient aucune disposition prévoyant le contraire, on doit admettre que, de son vivant, le propriétaire peut de même vendre son domaine à l'un de ses enfants et que, dans ce cas, le droit de préemption des titulaires de même rang que l'acheteur ne saurait être exercé. Il s'ensuit qu'en l'espèce les enfants de Pierre Pidoux ne peuvent se prévaloir d'un droit de préemption pour exiger par préférence l'attribution du domaine paternel acheté par leur frère.
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Art. 6 des Bundesgesetzes über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG). Vorkaufsberechtigte können sich nicht auf ihr Recht berufen, wenn der Erwerber selbst im gleichen Range wie sie vorkaufsberechtigt ist.
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La loi fédérale sur le maintien de la propriété foncière rurale institue un droit de préemption légal en faveur de certains parents du vendeur (art. 6). Elle n'indique pas en revanche si les bénéficiaires d'un droit de préemption peuvent faire valoir celui-ci lorsque le domaine est vendu à un titulaire d'un droit de préemption de même rang qu'eux. L'art. 11 al. 2 LPR ne s'applique pas à cette situation: il vise exclusivement les cas dans lesquels des compétitions se produisent entre les parents de même rang qui, en vertu du droit de préemption que la loi leur confère, ont vocation pour se substituer à l'acquéreur sans que leur droit préférable puisse être contesté, et énumère les circonstances qu'il faut prendre en considération pour choisir celui des compétiteurs auquel le domaine doit être attribué. En l'absence d'une disposition expresse de la loi leur conférant à des conditions déterminées un droit préférable, on doit admettre que les personnes qui possèdent un droit de préemption ne peuvent s'en prévaloir lorsque l'acquéreur est lui-même titulaire d'un droit de préemption de même rang. Le but de l'institution du droit de préemption en faveur de certains parents est d'affermir le lien qui existe entre la famille et le domaine (art. 1er LPR; Bulletin sténographique, Conseil national, 1948 p. 410). Or cette fin est atteinte quand le propriétaire vend son exploitation agricole à l'un des parents auxquels la loi accorde un droit de préemption de même rang; sous ce rapport, il ne se justifie pas de permettre aux titulaires d'un droit de préemption de disputer le domaine à l'acheteur qui possède un même droit de rang égal. Alors qu'aucune disposition légale ne le prévoit, on ne saurait reconnaître aux parents de même rang que l'acquéreur le droit d'exiger le domaine par préférence pour le motif qu'il n'entend pas le travailler personnellement tandis qu'ils veulent l'exploiter eux-mêmes et en sont capables. Le droit privé suisse est fondé sur le principe de la liberté contractuelle; les dispositions qui apportent des restrictions à cette liberté, comme c'est le cas de celles du droit foncier rural créant des droits de préemption légaux, ne doivent pas être interprétées extensivement; lorsque la loi ne la limite pas, il faut admettre que la liberté contractuelle n'est pas restreinte. Il suit de là que, à défaut de disposition légale limitant sa liberté de choix, le propriétaire peut vendre son domaine à l'un de ses descendants sans que les titulaires d'un droit de préemption de même rang puissent se substituer à l'acquéreur qu'il a élu. Par ailleurs, selon la jurisprudence (RO 80 II 210/214), le propriétaire d'une exploitation agricole peut en disposer par acte de dernière volonté et l'attribuer à l'héritier de son choix par une règle de partage au sens de l'art. 608 CC, les autres héritiers n'étant plus fondés à en demander l'attribution en vertu des règles légales du droit successoral paysan. Comme la loi sur le maintien de la propriété foncière rurale ne contient aucune disposition prévoyant le contraire, on doit admettre que, de son vivant, le propriétaire peut de même vendre son domaine à l'un de ses enfants et que, dans ce cas, le droit de préemption des titulaires de même rang que l'acheteur ne saurait être exercé. Il s'ensuit qu'en l'espèce les enfants de Pierre Pidoux ne peuvent se prévaloir d'un droit de préemption pour exiger par préférence l'attribution du domaine paternel acheté par leur frère.
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Art. 6 LPR. Les bénéficiaires d'un droit de préemption ne peuvent pas s'en prévaloir lorsque l'acquéreur est lui-même titulaire d'un droit de préemption de même rang qu'eux.
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La loi fédérale sur le maintien de la propriété foncière rurale institue un droit de préemption légal en faveur de certains parents du vendeur (art. 6). Elle n'indique pas en revanche si les bénéficiaires d'un droit de préemption peuvent faire valoir celui-ci lorsque le domaine est vendu à un titulaire d'un droit de préemption de même rang qu'eux. L'art. 11 al. 2 LPR ne s'applique pas à cette situation: il vise exclusivement les cas dans lesquels des compétitions se produisent entre les parents de même rang qui, en vertu du droit de préemption que la loi leur confère, ont vocation pour se substituer à l'acquéreur sans que leur droit préférable puisse être contesté, et énumère les circonstances qu'il faut prendre en considération pour choisir celui des compétiteurs auquel le domaine doit être attribué. En l'absence d'une disposition expresse de la loi leur conférant à des conditions déterminées un droit préférable, on doit admettre que les personnes qui possèdent un droit de préemption ne peuvent s'en prévaloir lorsque l'acquéreur est lui-même titulaire d'un droit de préemption de même rang. Le but de l'institution du droit de préemption en faveur de certains parents est d'affermir le lien qui existe entre la famille et le domaine (art. 1er LPR; Bulletin sténographique, Conseil national, 1948 p. 410). Or cette fin est atteinte quand le propriétaire vend son exploitation agricole à l'un des parents auxquels la loi accorde un droit de préemption de même rang; sous ce rapport, il ne se justifie pas de permettre aux titulaires d'un droit de préemption de disputer le domaine à l'acheteur qui possède un même droit de rang égal. Alors qu'aucune disposition légale ne le prévoit, on ne saurait reconnaître aux parents de même rang que l'acquéreur le droit d'exiger le domaine par préférence pour le motif qu'il n'entend pas le travailler personnellement tandis qu'ils veulent l'exploiter eux-mêmes et en sont capables. Le droit privé suisse est fondé sur le principe de la liberté contractuelle; les dispositions qui apportent des restrictions à cette liberté, comme c'est le cas de celles du droit foncier rural créant des droits de préemption légaux, ne doivent pas être interprétées extensivement; lorsque la loi ne la limite pas, il faut admettre que la liberté contractuelle n'est pas restreinte. Il suit de là que, à défaut de disposition légale limitant sa liberté de choix, le propriétaire peut vendre son domaine à l'un de ses descendants sans que les titulaires d'un droit de préemption de même rang puissent se substituer à l'acquéreur qu'il a élu. Par ailleurs, selon la jurisprudence (RO 80 II 210/214), le propriétaire d'une exploitation agricole peut en disposer par acte de dernière volonté et l'attribuer à l'héritier de son choix par une règle de partage au sens de l'art. 608 CC, les autres héritiers n'étant plus fondés à en demander l'attribution en vertu des règles légales du droit successoral paysan. Comme la loi sur le maintien de la propriété foncière rurale ne contient aucune disposition prévoyant le contraire, on doit admettre que, de son vivant, le propriétaire peut de même vendre son domaine à l'un de ses enfants et que, dans ce cas, le droit de préemption des titulaires de même rang que l'acheteur ne saurait être exercé. Il s'ensuit qu'en l'espèce les enfants de Pierre Pidoux ne peuvent se prévaloir d'un droit de préemption pour exiger par préférence l'attribution du domaine paternel acheté par leur frère.
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Art. 6 LPF. I beneficiari d'un diritto di prelazione non possono prevalersene quando il compratore è lui stesso titolare d'un diritto di prelazione dello stesso rango.
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Devant la Cour cantonale, dame Abatti a réclamé une pension de 400 fr. par mois pour elle et une contribution alimentaire mensuelle de 200 fr. pour sa fille. Elle a été déboutée du premier chef de conclusions, alors que la pension en faveur de l'enfant a été portée d'office par le juge à 250 fr. par mois. La recourante ne reprend pas dans l'instance de réforme sa demande tendante au paiement d'une rente pour elle-même; elle conclut exclusivement à ce que la contribution à l'entretien de l'enfant soit fixée à 300 fr. par mois jusqu'à l'âge de 12 ans révolus et 450 fr. entre 13 et 20 ans. Bien que les montants réclamés devant le Tribunal fédéral à titre de pension pour l'enfant soient plus élevés que ceux qui ont été demandés dans l'instance cantonale, les conclusions prises par dame Abatti dans son recours en réforme sont recevables. Certes, selon l'art. 55 litt. b OJ. il ne peut être présenté de conclusions nouvelles dans la procédure de réforme. La fixation de la contribution alimentaire que l'époux auquel un enfant n'est pas attribué doit fournir pour celui-ci est toutefois une question soustraite à la disposition des parties et sur laquelle le juge est tenu de statuer d'office, sans être lié par les conclusions dont il est saisi (EGGER, note 18 à l'art. 156; GMÜR, note 13 à l'art. 156). Quelles que soient les conclusions prises devant la juridiction cantonale, l'époux auquel un enfant est confié doit être admis à soumettre au Tribunal fédéral la décision relative à l'entretien de l'enfant, même si la demande formulée sur ce point en instance de réforme est nouvelle. C'est ainsi, par exemple, que si une femme s'est simplement opposée au divorce dans la procédure cantonale et n'a dès lors réclamé aucune pension pour les enfants, mais que le juge cantonal prononce néanmoins la dissolution du mariage, attribue les enfants à la défenderesse et fixe en leur faveur les aliments dus par le père, la mère doit être recevable, au cas où elle accepte le divorce, à recourir en réforme pour demander une augmentation de la rente pour les enfants. En l'espèce, la situation n'est pas essentiellement différente. Dame Abatti a réclamé une pension de 400 fr. pour elle-même et de 200 fr. pour sa fille. Bien que les deux demandes soient distinctes et fondées sur des titres juridiques différents, il existe cependant un rapport entre elles. A la suite du divorce, les frais d'entretien et d'éducation de l'enfant (art. 272 CC) incombent en premier lieu à l'époux qui a la puissance paternelle, tandis que l'autre n'est tenu d'y contribuer que dans la mesure fixée par le juge (RO 49 I 511). Par ailleurs, si le montant de la pension due par celui des parents auquel l'enfant n'est pas confié dépend de ses facultés (art. 156 al. 2 CC), la situation de l'autre doit également être prise en considération (EGGER, note 18 à l'art. 156). Lorsque la puissance paternelle est attribuée à la mère, la pension dont elle bénéficie en vertu des art. 151 et 152 CC joue un rôle dans la détermination des aliments que le père est tenu de fournir à l'enfant: cette pension rentre en effet dans les ressources dont une part servira à couvrir les frais d'entretien et d'éducation de l'enfant. Si la recourante n'a demandé que 200 fr. par mois pour sa fille, c'est à l'évidence pour le motif qu'elle a réclamé parallèlement pour elle-même une rente mensuelle de 400 fr., dont elle s'attendait à consacrer une partie à l'entretien de l'enfant. Comme elle a été déboutée sur ce dernier point, au sujet duquel elle a estimé ne pas devoir recourir en réforme, les moyens dont elle dispose pour faire face aux frais d'entretien et d'éducation de sa fille se trouvent notablement réduits. En tant qu'elle fait valoir que la rente fixée en faveur de sa fille par la Cour cantonale n'est pas en rapport avec sa situation, les facultés de Bouvard et les besoins de l'enfant, elle doit être admise à demander devant le Tribunal fédéral que cette contribution alimentaire soit augmentée, même au-delà du montant qu'elle avait réclamé dans la procédure cantonale.
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Berufung an das Bundesgericht bei Ehescheidung. Zulässigkeit eines Begehrens, wonach der Ehegatte, dem das Kind nicht zugewiesen wird (Art. 156 Abs. 2 ZGB), an dessen Unterhalt mehr als die hiefür in kantonaler Instanz verlangten Beiträge zu leisten habe.
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Devant la Cour cantonale, dame Abatti a réclamé une pension de 400 fr. par mois pour elle et une contribution alimentaire mensuelle de 200 fr. pour sa fille. Elle a été déboutée du premier chef de conclusions, alors que la pension en faveur de l'enfant a été portée d'office par le juge à 250 fr. par mois. La recourante ne reprend pas dans l'instance de réforme sa demande tendante au paiement d'une rente pour elle-même; elle conclut exclusivement à ce que la contribution à l'entretien de l'enfant soit fixée à 300 fr. par mois jusqu'à l'âge de 12 ans révolus et 450 fr. entre 13 et 20 ans. Bien que les montants réclamés devant le Tribunal fédéral à titre de pension pour l'enfant soient plus élevés que ceux qui ont été demandés dans l'instance cantonale, les conclusions prises par dame Abatti dans son recours en réforme sont recevables. Certes, selon l'art. 55 litt. b OJ. il ne peut être présenté de conclusions nouvelles dans la procédure de réforme. La fixation de la contribution alimentaire que l'époux auquel un enfant n'est pas attribué doit fournir pour celui-ci est toutefois une question soustraite à la disposition des parties et sur laquelle le juge est tenu de statuer d'office, sans être lié par les conclusions dont il est saisi (EGGER, note 18 à l'art. 156; GMÜR, note 13 à l'art. 156). Quelles que soient les conclusions prises devant la juridiction cantonale, l'époux auquel un enfant est confié doit être admis à soumettre au Tribunal fédéral la décision relative à l'entretien de l'enfant, même si la demande formulée sur ce point en instance de réforme est nouvelle. C'est ainsi, par exemple, que si une femme s'est simplement opposée au divorce dans la procédure cantonale et n'a dès lors réclamé aucune pension pour les enfants, mais que le juge cantonal prononce néanmoins la dissolution du mariage, attribue les enfants à la défenderesse et fixe en leur faveur les aliments dus par le père, la mère doit être recevable, au cas où elle accepte le divorce, à recourir en réforme pour demander une augmentation de la rente pour les enfants. En l'espèce, la situation n'est pas essentiellement différente. Dame Abatti a réclamé une pension de 400 fr. pour elle-même et de 200 fr. pour sa fille. Bien que les deux demandes soient distinctes et fondées sur des titres juridiques différents, il existe cependant un rapport entre elles. A la suite du divorce, les frais d'entretien et d'éducation de l'enfant (art. 272 CC) incombent en premier lieu à l'époux qui a la puissance paternelle, tandis que l'autre n'est tenu d'y contribuer que dans la mesure fixée par le juge (RO 49 I 511). Par ailleurs, si le montant de la pension due par celui des parents auquel l'enfant n'est pas confié dépend de ses facultés (art. 156 al. 2 CC), la situation de l'autre doit également être prise en considération (EGGER, note 18 à l'art. 156). Lorsque la puissance paternelle est attribuée à la mère, la pension dont elle bénéficie en vertu des art. 151 et 152 CC joue un rôle dans la détermination des aliments que le père est tenu de fournir à l'enfant: cette pension rentre en effet dans les ressources dont une part servira à couvrir les frais d'entretien et d'éducation de l'enfant. Si la recourante n'a demandé que 200 fr. par mois pour sa fille, c'est à l'évidence pour le motif qu'elle a réclamé parallèlement pour elle-même une rente mensuelle de 400 fr., dont elle s'attendait à consacrer une partie à l'entretien de l'enfant. Comme elle a été déboutée sur ce dernier point, au sujet duquel elle a estimé ne pas devoir recourir en réforme, les moyens dont elle dispose pour faire face aux frais d'entretien et d'éducation de sa fille se trouvent notablement réduits. En tant qu'elle fait valoir que la rente fixée en faveur de sa fille par la Cour cantonale n'est pas en rapport avec sa situation, les facultés de Bouvard et les besoins de l'enfant, elle doit être admise à demander devant le Tribunal fédéral que cette contribution alimentaire soit augmentée, même au-delà du montant qu'elle avait réclamé dans la procédure cantonale.
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Recours en réforme en matière de divorce. Recevabilité des conclusions tendantes au paiement par celui des parents auquel l'enfant n'est pas confié (art. 156 al. 2 CC) d'une contribution alimentaire d'un montant plus élevé que celui qui a été demandé à ce titre devant l'autorité cantonale.
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Erwägungen ab Seite 470
Devant la Cour cantonale, dame Abatti a réclamé une pension de 400 fr. par mois pour elle et une contribution alimentaire mensuelle de 200 fr. pour sa fille. Elle a été déboutée du premier chef de conclusions, alors que la pension en faveur de l'enfant a été portée d'office par le juge à 250 fr. par mois. La recourante ne reprend pas dans l'instance de réforme sa demande tendante au paiement d'une rente pour elle-même; elle conclut exclusivement à ce que la contribution à l'entretien de l'enfant soit fixée à 300 fr. par mois jusqu'à l'âge de 12 ans révolus et 450 fr. entre 13 et 20 ans. Bien que les montants réclamés devant le Tribunal fédéral à titre de pension pour l'enfant soient plus élevés que ceux qui ont été demandés dans l'instance cantonale, les conclusions prises par dame Abatti dans son recours en réforme sont recevables. Certes, selon l'art. 55 litt. b OJ. il ne peut être présenté de conclusions nouvelles dans la procédure de réforme. La fixation de la contribution alimentaire que l'époux auquel un enfant n'est pas attribué doit fournir pour celui-ci est toutefois une question soustraite à la disposition des parties et sur laquelle le juge est tenu de statuer d'office, sans être lié par les conclusions dont il est saisi (EGGER, note 18 à l'art. 156; GMÜR, note 13 à l'art. 156). Quelles que soient les conclusions prises devant la juridiction cantonale, l'époux auquel un enfant est confié doit être admis à soumettre au Tribunal fédéral la décision relative à l'entretien de l'enfant, même si la demande formulée sur ce point en instance de réforme est nouvelle. C'est ainsi, par exemple, que si une femme s'est simplement opposée au divorce dans la procédure cantonale et n'a dès lors réclamé aucune pension pour les enfants, mais que le juge cantonal prononce néanmoins la dissolution du mariage, attribue les enfants à la défenderesse et fixe en leur faveur les aliments dus par le père, la mère doit être recevable, au cas où elle accepte le divorce, à recourir en réforme pour demander une augmentation de la rente pour les enfants. En l'espèce, la situation n'est pas essentiellement différente. Dame Abatti a réclamé une pension de 400 fr. pour elle-même et de 200 fr. pour sa fille. Bien que les deux demandes soient distinctes et fondées sur des titres juridiques différents, il existe cependant un rapport entre elles. A la suite du divorce, les frais d'entretien et d'éducation de l'enfant (art. 272 CC) incombent en premier lieu à l'époux qui a la puissance paternelle, tandis que l'autre n'est tenu d'y contribuer que dans la mesure fixée par le juge (RO 49 I 511). Par ailleurs, si le montant de la pension due par celui des parents auquel l'enfant n'est pas confié dépend de ses facultés (art. 156 al. 2 CC), la situation de l'autre doit également être prise en considération (EGGER, note 18 à l'art. 156). Lorsque la puissance paternelle est attribuée à la mère, la pension dont elle bénéficie en vertu des art. 151 et 152 CC joue un rôle dans la détermination des aliments que le père est tenu de fournir à l'enfant: cette pension rentre en effet dans les ressources dont une part servira à couvrir les frais d'entretien et d'éducation de l'enfant. Si la recourante n'a demandé que 200 fr. par mois pour sa fille, c'est à l'évidence pour le motif qu'elle a réclamé parallèlement pour elle-même une rente mensuelle de 400 fr., dont elle s'attendait à consacrer une partie à l'entretien de l'enfant. Comme elle a été déboutée sur ce dernier point, au sujet duquel elle a estimé ne pas devoir recourir en réforme, les moyens dont elle dispose pour faire face aux frais d'entretien et d'éducation de sa fille se trouvent notablement réduits. En tant qu'elle fait valoir que la rente fixée en faveur de sa fille par la Cour cantonale n'est pas en rapport avec sa situation, les facultés de Bouvard et les besoins de l'enfant, elle doit être admise à demander devant le Tribunal fédéral que cette contribution alimentaire soit augmentée, même au-delà du montant qu'elle avait réclamé dans la procédure cantonale.
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fr
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Ricorso per riforma in tema di divorzio. Ricevibilità delle conclusioni volte ad ottenere dal coniuge, cui non sono affidati i figli (art. 156 cp. 2 CC), il pagamento d'una pensione alimentare d'un importo superiore a quello chiesto allo stesso titolo in sede cantonale.
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it
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civil law
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II
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82 II 473
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82 II 473
Sachverhalt ab Seite 473
Aus dem Tatbestand:
Bei der Scheidung der Parteien wurde der im Jahre 1942 geborene Knabe der Mutter zugewiesen. Diese liess ihn in dem Kinderheim, in dem er während des Prozesses untergebracht worden war. Der wieder verheiratete Vater verlangte mit einer im Sinne von Art. 157 ZGB erhobenen Klage die Zuweisung des Knaben an ihn. Das Obergericht entzog zwar der Mutter die elterliche Gewalt, wies aber das Begehren des Vaters ab. Dieser hält mit seiner Berufung an das Bundesgericht an der Klage fest.
Erwägungen
Aus den Erwagungen:
2. ... Heute ist nur zu entscheiden, ob es bei der von der Vorinstanz verfügten Vormundschaft über den Knaben zu bleiben habe, oder ob die elterliche Gewalt nunmehr dem Kläger zu übertragen sei; die Beklagte hat sich mit dem von der Vorinstanz ihr gegenüber ausgesprochenen Entzug der elterlichen Gewalt abgefunden.
3. Bei dieser Sachlage hat der Kläger Anspruch auf Zuweisung des Knaben an ihn selbst, sofern keine schwerwiegenden Gründe - im Sinne von Art. 285 und 286 ZGB - vorliegen, ihm die elterliche Gewalt vorzuenthalten. Die Vorinstanz scheint dies zu verkennen, da sie, ohne auf die erwähnten Vorschriften Bezug zu nehmen, sich mit einer Abwägung von Zweckmässigkeitsgründen begnügt. Während der Ehe waren beide Parteien im gemeinsamen Besitz der elterlichen Gewalt (Art. 274 Abs. 1 ZGB), und es hatte zu einem Entzug nach Art. 285 ZGB keine Veranlassung bestanden. Bei der Scheidung musste der heutige Kläger diese Gewalt notwendig verlieren, da das Kind der Beklagten zugewiesen wurde und eine gemeinsame Ausübung der elterlichen Gewalt hinfort nicht mehr möglich war (Art. 274 Abs. 3 und Art. 156 ZGB). Das bedeutete keine Disqualifikation des Klägers; es blieb offen, ob man das Kind nicht ihm hätte zuweisen können und müssen, wenn die von beiden Parteien dem Scheidungsgerichte beantragte Zuweisung an die Beklagte als untunlich erschienen wäre. In der Tat hätte das Kind in einem solchen Falle dem Vater nicht vorenthalten werden dürfen, sofern gegen die Belassung seiner elterlichen Gewalt keine Gründe gemäss Art. 285 ZGB vorlagen. Somit ist nun auch heute, nach Wegfall der elterlichen Gewalt der Mutter, der Vater unter derselben Voraussetzung wieder in seine elterlichen Rechte einzusetzen, es wäre denn, der besondere Umstand seiner bereits im Herbst 1952 erfolgten Wiederverheiratung "erfordere" die Verweigerung der elterlichen Gewalt (Art. 286 ZGB, worüber gleichfalls im vorliegenden Verfahren zu entscheiden ist, vgl.BGE 69 II 129).
4. Art. 285 ZGB fasst zunächst den Fall ins Auge, dass die Eltern "nicht imstande" sind, die elterliche Gewalt auszuüben (was der französische Text mit dem engern Ausdruck "incapables" wiedergibt, während der italienische Text allgemeiner und zutreffend sagt "non sono in grado"). Hier ist nun nicht erwiesen, dass der Kläger unfähig sei, den Knaben zu erziehen und in jeder Hinsicht gehörig für ihn zu sorgen, aber auch nicht, dass äussere Umstände die Erfüllung der Vaterpflichten unmöglich machen. Es sind lediglich gewisse Bedenken in wirtschaftlicher Hinsicht am Platze, wie sich aus den vorinstanzlichen Feststellungen über den häufigen Stellenwechsel des Klägers, seine oftmals ungesicherten Einkommensverhältnisse und die weitgehende Säumnis in der Alimentenzahlung ergibt. Indessen darf daraus keineswegs auf Gleichgültigkeit gegenüber dem Knaben geschlossen werden, den er vielmehr jeweilen gern bei sich aufgenommen hat, und um dessen Wohl er besorgt ist, wie denn auch der Knabe das Heim verlassen und zum Vater gehen möchte. Die zeitweiligen Ausfälle bei den Alimenten waren eben durch die misslichen Erwerbsverhältnisse bedingt, und seit dem September 1955 hat der Kläger seine Unterhaltspflicht nun regelmässig erfüllt.
Keineswegs geht es an, ihm die Zuweisung des Knaben aus der Überlegung zu verweigern, damit würde sich seine finanzielle Lage wieder verschärfen, da er dann entweder jemand zur Betreuung des Knaben zu sich nehmen oder anstellen oder aber seiner Ehefrau die auswärtige Erwerbsbetätigung untersagen müsste. Denn der Vater hat, wenn der Mutter die elterliche Gewalt entzogen wird, grundsätzlich ein Recht darauf, dass sie nunmehr ihm übertragen werde, und unverschuldete Armut kann hieran nichts ändern.
Auch die weitern von der Vorinstanz berücksichtigten Momente sind nicht entscheidend. Dass die beiden geschiedenen Eheleute einander in der Ausübung des Besuchsrechtes Schwierigkeiten machten, wäre kein Grund gewesen, das Kind der Mutter zu entziehen, und ist auch kein Grund, es dem Vater nicht zuzuweisen. In dieser Hinsicht haben die vormundschaftlichen Behörden gemäss Art. 283 ZGB zum rechten zu sehen. Und wenn der Kläger - offenbar auf Fragen und Bitten des Knaben wegen der Unterbringung in dem ihm nicht zusagenden Kinderheim - sagte, er habe ihn ja nicht dorthin gebracht, so entsprach dies der Wahrheit und rechtfertigt nicht den Vorwurf der Erweckung unbegründeter Hoffnungen und der Aufhetzung gegen die Mutter.
5. Dass die neue Ehe des Klägers der von diesem beantragten Zuweisung des Knaben entgegenstehe (was, wie dargetan, auf Grund von Art. 286 ZGB zu beurteilen ist), nimmt die Vorinstanz an, weil die neue Ehefrau bei der Scheidung ihrer frühern Ehe im Jahre 1949 als zur Betreuung von Kindern wenig geeignet erschien. Gewiss spielt nun auch für die Frage, ob der Knabe im Haushalt seines Vaters gut aufgehoben sei, die Persönlichkeit der Stiefmutter eine wesentliche Rolle, und das Scheidungsurteil vom 21. September 1949 wirft ihr einen "leichtfertigen Lebenswandel" vor. Als junge Frau war sie offenbar, "eine leichte, lebenslustige Natur", auf häufiges Ausgehen bedacht, derweil der Ehemann Etter, "ein strebsamer ernster Mann", abends zu seiner Weiterbildung für sich arbeitete. Sie war an der Zerrüttung der Ehe überwiegend schuld und begann schliesslich ein ehebrecherisches Verhältnis. Grobe Versäumung der Mutterpflichten ist aber nicht festgestellt. Das Urteil begründet die Zuweisung der Kinder an den Vater wie folgt:
"Die Tatsache, dass sie während der Ehe gelegentlich ihre kleinen Kinder sich selbst überliess, ferner dass sie einmal unerwartet in den Tessin in die Ferien fuhr und ihre Familie allein liess, endlich, dass sie überhaupt über die Massen oft ausging, lassen sie in Bezug auf ihre Eigenschaften als Erzieherin in einem schlechten Licht erscheinen. Da es überdies im Interesse der Kinder liegt, dass sie alle drei gemeinsam, in geschwisterlichem Einvernehmen erzogen werden, sind sie alle dem gleichen Elternteil zuzuweisen."
Die gerügten Fehler dürften in beträchtlichem Masse dem damaligen jugendlichen Alter dieser Frau (sie war bei der Scheidung der ersten Ehe 28 Jahre alt) und dem ihren Wünschen wenig entsprechenden Verhalten des ersten Mannes zuzuschreiben sein. Sie deuten nicht auf tief verwurzelte schlechte Charakterzüge oder dauernde Untauglichkeit zur Kindererziehung hin, und ihre Lebensführung seit der Scheidung hat zu keinen Klagen Anlass geboten. Unter diesen Umständen ist es nicht gerechtfertigt, dem Kläger die elterliche Gewalt wegen seiner jetzigen ehelichen Verhältnisse zu verweigern. Übrigens handelt es sich nicht etwa darum, seine jetzige Ehefrau zur Mitinhaberin dieser Gewalt zu machen. Die ihre Person betreffende Kritik fällt nur insofern in Betracht, als sich bei Zuweisung des Knaben an den Kläger ein nachteiliger Einfluss ihrerseits geltend machen müsste. Nun erscheint sie aber (im Unterschiede zum Falle Schneider, BGE 82 II 181 ff.) nicht zum vorneherein als untaugliche Erzieherin, und auch der Kläger weist keine so schwerwiegenden Fehler auf; insbesondere darf nicht ohne weiteres angenommen werden, er sei nicht imstande, die Frau, wenn es nötig sein sollte, zur Ordnung anzuhalten. Seinem Begehren ist somit zu entsprechen. Jeder Zweifel lässt sich allerdings angesichts der vorinstanzlichen Feststellungen nicht von der Hand weisen. Doch genügt es bei der gegenwärtigen Sachlage vollauf, zum Schutze des Kindes eine vormundschaftliche Aufsicht anzuordnen (vgl.BGE 60 II 16).
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de
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Abänderung eines Scheidungsurteils (Kindeszuteilung); Art. 157 Z GB. Wird dem Elternteil, dem die Kinder bei der Scheidung zugewiesen wurden, später die elterliche Gewalt entzogen, so hat der andere Elternteil Anspruch auf Zuweisung der Kinder an ihn, es wäre denn, dass ein Grund vorliegt, ihm die elterliche Gewalt gemäss Art. 285 ZGB vorzuenthalten, oder dass die infolge seiner Wiederverheiratung eingetretenen Verhältnisse die Anordnung einer Vormundschaft gemäss Art. 286 ZGB erfordern.
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82 II 473
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82 II 473
Sachverhalt ab Seite 473
Aus dem Tatbestand:
Bei der Scheidung der Parteien wurde der im Jahre 1942 geborene Knabe der Mutter zugewiesen. Diese liess ihn in dem Kinderheim, in dem er während des Prozesses untergebracht worden war. Der wieder verheiratete Vater verlangte mit einer im Sinne von Art. 157 ZGB erhobenen Klage die Zuweisung des Knaben an ihn. Das Obergericht entzog zwar der Mutter die elterliche Gewalt, wies aber das Begehren des Vaters ab. Dieser hält mit seiner Berufung an das Bundesgericht an der Klage fest.
Erwägungen
Aus den Erwagungen:
2. ... Heute ist nur zu entscheiden, ob es bei der von der Vorinstanz verfügten Vormundschaft über den Knaben zu bleiben habe, oder ob die elterliche Gewalt nunmehr dem Kläger zu übertragen sei; die Beklagte hat sich mit dem von der Vorinstanz ihr gegenüber ausgesprochenen Entzug der elterlichen Gewalt abgefunden.
3. Bei dieser Sachlage hat der Kläger Anspruch auf Zuweisung des Knaben an ihn selbst, sofern keine schwerwiegenden Gründe - im Sinne von Art. 285 und 286 ZGB - vorliegen, ihm die elterliche Gewalt vorzuenthalten. Die Vorinstanz scheint dies zu verkennen, da sie, ohne auf die erwähnten Vorschriften Bezug zu nehmen, sich mit einer Abwägung von Zweckmässigkeitsgründen begnügt. Während der Ehe waren beide Parteien im gemeinsamen Besitz der elterlichen Gewalt (Art. 274 Abs. 1 ZGB), und es hatte zu einem Entzug nach Art. 285 ZGB keine Veranlassung bestanden. Bei der Scheidung musste der heutige Kläger diese Gewalt notwendig verlieren, da das Kind der Beklagten zugewiesen wurde und eine gemeinsame Ausübung der elterlichen Gewalt hinfort nicht mehr möglich war (Art. 274 Abs. 3 und Art. 156 ZGB). Das bedeutete keine Disqualifikation des Klägers; es blieb offen, ob man das Kind nicht ihm hätte zuweisen können und müssen, wenn die von beiden Parteien dem Scheidungsgerichte beantragte Zuweisung an die Beklagte als untunlich erschienen wäre. In der Tat hätte das Kind in einem solchen Falle dem Vater nicht vorenthalten werden dürfen, sofern gegen die Belassung seiner elterlichen Gewalt keine Gründe gemäss Art. 285 ZGB vorlagen. Somit ist nun auch heute, nach Wegfall der elterlichen Gewalt der Mutter, der Vater unter derselben Voraussetzung wieder in seine elterlichen Rechte einzusetzen, es wäre denn, der besondere Umstand seiner bereits im Herbst 1952 erfolgten Wiederverheiratung "erfordere" die Verweigerung der elterlichen Gewalt (Art. 286 ZGB, worüber gleichfalls im vorliegenden Verfahren zu entscheiden ist, vgl.BGE 69 II 129).
4. Art. 285 ZGB fasst zunächst den Fall ins Auge, dass die Eltern "nicht imstande" sind, die elterliche Gewalt auszuüben (was der französische Text mit dem engern Ausdruck "incapables" wiedergibt, während der italienische Text allgemeiner und zutreffend sagt "non sono in grado"). Hier ist nun nicht erwiesen, dass der Kläger unfähig sei, den Knaben zu erziehen und in jeder Hinsicht gehörig für ihn zu sorgen, aber auch nicht, dass äussere Umstände die Erfüllung der Vaterpflichten unmöglich machen. Es sind lediglich gewisse Bedenken in wirtschaftlicher Hinsicht am Platze, wie sich aus den vorinstanzlichen Feststellungen über den häufigen Stellenwechsel des Klägers, seine oftmals ungesicherten Einkommensverhältnisse und die weitgehende Säumnis in der Alimentenzahlung ergibt. Indessen darf daraus keineswegs auf Gleichgültigkeit gegenüber dem Knaben geschlossen werden, den er vielmehr jeweilen gern bei sich aufgenommen hat, und um dessen Wohl er besorgt ist, wie denn auch der Knabe das Heim verlassen und zum Vater gehen möchte. Die zeitweiligen Ausfälle bei den Alimenten waren eben durch die misslichen Erwerbsverhältnisse bedingt, und seit dem September 1955 hat der Kläger seine Unterhaltspflicht nun regelmässig erfüllt.
Keineswegs geht es an, ihm die Zuweisung des Knaben aus der Überlegung zu verweigern, damit würde sich seine finanzielle Lage wieder verschärfen, da er dann entweder jemand zur Betreuung des Knaben zu sich nehmen oder anstellen oder aber seiner Ehefrau die auswärtige Erwerbsbetätigung untersagen müsste. Denn der Vater hat, wenn der Mutter die elterliche Gewalt entzogen wird, grundsätzlich ein Recht darauf, dass sie nunmehr ihm übertragen werde, und unverschuldete Armut kann hieran nichts ändern.
Auch die weitern von der Vorinstanz berücksichtigten Momente sind nicht entscheidend. Dass die beiden geschiedenen Eheleute einander in der Ausübung des Besuchsrechtes Schwierigkeiten machten, wäre kein Grund gewesen, das Kind der Mutter zu entziehen, und ist auch kein Grund, es dem Vater nicht zuzuweisen. In dieser Hinsicht haben die vormundschaftlichen Behörden gemäss Art. 283 ZGB zum rechten zu sehen. Und wenn der Kläger - offenbar auf Fragen und Bitten des Knaben wegen der Unterbringung in dem ihm nicht zusagenden Kinderheim - sagte, er habe ihn ja nicht dorthin gebracht, so entsprach dies der Wahrheit und rechtfertigt nicht den Vorwurf der Erweckung unbegründeter Hoffnungen und der Aufhetzung gegen die Mutter.
5. Dass die neue Ehe des Klägers der von diesem beantragten Zuweisung des Knaben entgegenstehe (was, wie dargetan, auf Grund von Art. 286 ZGB zu beurteilen ist), nimmt die Vorinstanz an, weil die neue Ehefrau bei der Scheidung ihrer frühern Ehe im Jahre 1949 als zur Betreuung von Kindern wenig geeignet erschien. Gewiss spielt nun auch für die Frage, ob der Knabe im Haushalt seines Vaters gut aufgehoben sei, die Persönlichkeit der Stiefmutter eine wesentliche Rolle, und das Scheidungsurteil vom 21. September 1949 wirft ihr einen "leichtfertigen Lebenswandel" vor. Als junge Frau war sie offenbar, "eine leichte, lebenslustige Natur", auf häufiges Ausgehen bedacht, derweil der Ehemann Etter, "ein strebsamer ernster Mann", abends zu seiner Weiterbildung für sich arbeitete. Sie war an der Zerrüttung der Ehe überwiegend schuld und begann schliesslich ein ehebrecherisches Verhältnis. Grobe Versäumung der Mutterpflichten ist aber nicht festgestellt. Das Urteil begründet die Zuweisung der Kinder an den Vater wie folgt:
"Die Tatsache, dass sie während der Ehe gelegentlich ihre kleinen Kinder sich selbst überliess, ferner dass sie einmal unerwartet in den Tessin in die Ferien fuhr und ihre Familie allein liess, endlich, dass sie überhaupt über die Massen oft ausging, lassen sie in Bezug auf ihre Eigenschaften als Erzieherin in einem schlechten Licht erscheinen. Da es überdies im Interesse der Kinder liegt, dass sie alle drei gemeinsam, in geschwisterlichem Einvernehmen erzogen werden, sind sie alle dem gleichen Elternteil zuzuweisen."
Die gerügten Fehler dürften in beträchtlichem Masse dem damaligen jugendlichen Alter dieser Frau (sie war bei der Scheidung der ersten Ehe 28 Jahre alt) und dem ihren Wünschen wenig entsprechenden Verhalten des ersten Mannes zuzuschreiben sein. Sie deuten nicht auf tief verwurzelte schlechte Charakterzüge oder dauernde Untauglichkeit zur Kindererziehung hin, und ihre Lebensführung seit der Scheidung hat zu keinen Klagen Anlass geboten. Unter diesen Umständen ist es nicht gerechtfertigt, dem Kläger die elterliche Gewalt wegen seiner jetzigen ehelichen Verhältnisse zu verweigern. Übrigens handelt es sich nicht etwa darum, seine jetzige Ehefrau zur Mitinhaberin dieser Gewalt zu machen. Die ihre Person betreffende Kritik fällt nur insofern in Betracht, als sich bei Zuweisung des Knaben an den Kläger ein nachteiliger Einfluss ihrerseits geltend machen müsste. Nun erscheint sie aber (im Unterschiede zum Falle Schneider, BGE 82 II 181 ff.) nicht zum vorneherein als untaugliche Erzieherin, und auch der Kläger weist keine so schwerwiegenden Fehler auf; insbesondere darf nicht ohne weiteres angenommen werden, er sei nicht imstande, die Frau, wenn es nötig sein sollte, zur Ordnung anzuhalten. Seinem Begehren ist somit zu entsprechen. Jeder Zweifel lässt sich allerdings angesichts der vorinstanzlichen Feststellungen nicht von der Hand weisen. Doch genügt es bei der gegenwärtigen Sachlage vollauf, zum Schutze des Kindes eine vormundschaftliche Aufsicht anzuordnen (vgl.BGE 60 II 16).
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Modification d'un jugement de divorce (attribution des enfants); art. 157 CC. Lorsque, postérieurement au jugement de divorce, la puissance paternelle est retirée à celui des parents auquel les enfants avaient été confiés, l'autre parent a droit à l'attribution des enfants, à moins qu'il n'existe un motif de le déclarer déchu de la puissance paternelle en vertu de l'art. 285 CC ou que la situation résultant de son remariage n'exige l'institution d'une tutelle conformément à l'art. 286 CC.
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Sachverhalt ab Seite 473
Aus dem Tatbestand:
Bei der Scheidung der Parteien wurde der im Jahre 1942 geborene Knabe der Mutter zugewiesen. Diese liess ihn in dem Kinderheim, in dem er während des Prozesses untergebracht worden war. Der wieder verheiratete Vater verlangte mit einer im Sinne von Art. 157 ZGB erhobenen Klage die Zuweisung des Knaben an ihn. Das Obergericht entzog zwar der Mutter die elterliche Gewalt, wies aber das Begehren des Vaters ab. Dieser hält mit seiner Berufung an das Bundesgericht an der Klage fest.
Erwägungen
Aus den Erwagungen:
2. ... Heute ist nur zu entscheiden, ob es bei der von der Vorinstanz verfügten Vormundschaft über den Knaben zu bleiben habe, oder ob die elterliche Gewalt nunmehr dem Kläger zu übertragen sei; die Beklagte hat sich mit dem von der Vorinstanz ihr gegenüber ausgesprochenen Entzug der elterlichen Gewalt abgefunden.
3. Bei dieser Sachlage hat der Kläger Anspruch auf Zuweisung des Knaben an ihn selbst, sofern keine schwerwiegenden Gründe - im Sinne von Art. 285 und 286 ZGB - vorliegen, ihm die elterliche Gewalt vorzuenthalten. Die Vorinstanz scheint dies zu verkennen, da sie, ohne auf die erwähnten Vorschriften Bezug zu nehmen, sich mit einer Abwägung von Zweckmässigkeitsgründen begnügt. Während der Ehe waren beide Parteien im gemeinsamen Besitz der elterlichen Gewalt (Art. 274 Abs. 1 ZGB), und es hatte zu einem Entzug nach Art. 285 ZGB keine Veranlassung bestanden. Bei der Scheidung musste der heutige Kläger diese Gewalt notwendig verlieren, da das Kind der Beklagten zugewiesen wurde und eine gemeinsame Ausübung der elterlichen Gewalt hinfort nicht mehr möglich war (Art. 274 Abs. 3 und Art. 156 ZGB). Das bedeutete keine Disqualifikation des Klägers; es blieb offen, ob man das Kind nicht ihm hätte zuweisen können und müssen, wenn die von beiden Parteien dem Scheidungsgerichte beantragte Zuweisung an die Beklagte als untunlich erschienen wäre. In der Tat hätte das Kind in einem solchen Falle dem Vater nicht vorenthalten werden dürfen, sofern gegen die Belassung seiner elterlichen Gewalt keine Gründe gemäss Art. 285 ZGB vorlagen. Somit ist nun auch heute, nach Wegfall der elterlichen Gewalt der Mutter, der Vater unter derselben Voraussetzung wieder in seine elterlichen Rechte einzusetzen, es wäre denn, der besondere Umstand seiner bereits im Herbst 1952 erfolgten Wiederverheiratung "erfordere" die Verweigerung der elterlichen Gewalt (Art. 286 ZGB, worüber gleichfalls im vorliegenden Verfahren zu entscheiden ist, vgl.BGE 69 II 129).
4. Art. 285 ZGB fasst zunächst den Fall ins Auge, dass die Eltern "nicht imstande" sind, die elterliche Gewalt auszuüben (was der französische Text mit dem engern Ausdruck "incapables" wiedergibt, während der italienische Text allgemeiner und zutreffend sagt "non sono in grado"). Hier ist nun nicht erwiesen, dass der Kläger unfähig sei, den Knaben zu erziehen und in jeder Hinsicht gehörig für ihn zu sorgen, aber auch nicht, dass äussere Umstände die Erfüllung der Vaterpflichten unmöglich machen. Es sind lediglich gewisse Bedenken in wirtschaftlicher Hinsicht am Platze, wie sich aus den vorinstanzlichen Feststellungen über den häufigen Stellenwechsel des Klägers, seine oftmals ungesicherten Einkommensverhältnisse und die weitgehende Säumnis in der Alimentenzahlung ergibt. Indessen darf daraus keineswegs auf Gleichgültigkeit gegenüber dem Knaben geschlossen werden, den er vielmehr jeweilen gern bei sich aufgenommen hat, und um dessen Wohl er besorgt ist, wie denn auch der Knabe das Heim verlassen und zum Vater gehen möchte. Die zeitweiligen Ausfälle bei den Alimenten waren eben durch die misslichen Erwerbsverhältnisse bedingt, und seit dem September 1955 hat der Kläger seine Unterhaltspflicht nun regelmässig erfüllt.
Keineswegs geht es an, ihm die Zuweisung des Knaben aus der Überlegung zu verweigern, damit würde sich seine finanzielle Lage wieder verschärfen, da er dann entweder jemand zur Betreuung des Knaben zu sich nehmen oder anstellen oder aber seiner Ehefrau die auswärtige Erwerbsbetätigung untersagen müsste. Denn der Vater hat, wenn der Mutter die elterliche Gewalt entzogen wird, grundsätzlich ein Recht darauf, dass sie nunmehr ihm übertragen werde, und unverschuldete Armut kann hieran nichts ändern.
Auch die weitern von der Vorinstanz berücksichtigten Momente sind nicht entscheidend. Dass die beiden geschiedenen Eheleute einander in der Ausübung des Besuchsrechtes Schwierigkeiten machten, wäre kein Grund gewesen, das Kind der Mutter zu entziehen, und ist auch kein Grund, es dem Vater nicht zuzuweisen. In dieser Hinsicht haben die vormundschaftlichen Behörden gemäss Art. 283 ZGB zum rechten zu sehen. Und wenn der Kläger - offenbar auf Fragen und Bitten des Knaben wegen der Unterbringung in dem ihm nicht zusagenden Kinderheim - sagte, er habe ihn ja nicht dorthin gebracht, so entsprach dies der Wahrheit und rechtfertigt nicht den Vorwurf der Erweckung unbegründeter Hoffnungen und der Aufhetzung gegen die Mutter.
5. Dass die neue Ehe des Klägers der von diesem beantragten Zuweisung des Knaben entgegenstehe (was, wie dargetan, auf Grund von Art. 286 ZGB zu beurteilen ist), nimmt die Vorinstanz an, weil die neue Ehefrau bei der Scheidung ihrer frühern Ehe im Jahre 1949 als zur Betreuung von Kindern wenig geeignet erschien. Gewiss spielt nun auch für die Frage, ob der Knabe im Haushalt seines Vaters gut aufgehoben sei, die Persönlichkeit der Stiefmutter eine wesentliche Rolle, und das Scheidungsurteil vom 21. September 1949 wirft ihr einen "leichtfertigen Lebenswandel" vor. Als junge Frau war sie offenbar, "eine leichte, lebenslustige Natur", auf häufiges Ausgehen bedacht, derweil der Ehemann Etter, "ein strebsamer ernster Mann", abends zu seiner Weiterbildung für sich arbeitete. Sie war an der Zerrüttung der Ehe überwiegend schuld und begann schliesslich ein ehebrecherisches Verhältnis. Grobe Versäumung der Mutterpflichten ist aber nicht festgestellt. Das Urteil begründet die Zuweisung der Kinder an den Vater wie folgt:
"Die Tatsache, dass sie während der Ehe gelegentlich ihre kleinen Kinder sich selbst überliess, ferner dass sie einmal unerwartet in den Tessin in die Ferien fuhr und ihre Familie allein liess, endlich, dass sie überhaupt über die Massen oft ausging, lassen sie in Bezug auf ihre Eigenschaften als Erzieherin in einem schlechten Licht erscheinen. Da es überdies im Interesse der Kinder liegt, dass sie alle drei gemeinsam, in geschwisterlichem Einvernehmen erzogen werden, sind sie alle dem gleichen Elternteil zuzuweisen."
Die gerügten Fehler dürften in beträchtlichem Masse dem damaligen jugendlichen Alter dieser Frau (sie war bei der Scheidung der ersten Ehe 28 Jahre alt) und dem ihren Wünschen wenig entsprechenden Verhalten des ersten Mannes zuzuschreiben sein. Sie deuten nicht auf tief verwurzelte schlechte Charakterzüge oder dauernde Untauglichkeit zur Kindererziehung hin, und ihre Lebensführung seit der Scheidung hat zu keinen Klagen Anlass geboten. Unter diesen Umständen ist es nicht gerechtfertigt, dem Kläger die elterliche Gewalt wegen seiner jetzigen ehelichen Verhältnisse zu verweigern. Übrigens handelt es sich nicht etwa darum, seine jetzige Ehefrau zur Mitinhaberin dieser Gewalt zu machen. Die ihre Person betreffende Kritik fällt nur insofern in Betracht, als sich bei Zuweisung des Knaben an den Kläger ein nachteiliger Einfluss ihrerseits geltend machen müsste. Nun erscheint sie aber (im Unterschiede zum Falle Schneider, BGE 82 II 181 ff.) nicht zum vorneherein als untaugliche Erzieherin, und auch der Kläger weist keine so schwerwiegenden Fehler auf; insbesondere darf nicht ohne weiteres angenommen werden, er sei nicht imstande, die Frau, wenn es nötig sein sollte, zur Ordnung anzuhalten. Seinem Begehren ist somit zu entsprechen. Jeder Zweifel lässt sich allerdings angesichts der vorinstanzlichen Feststellungen nicht von der Hand weisen. Doch genügt es bei der gegenwärtigen Sachlage vollauf, zum Schutze des Kindes eine vormundschaftliche Aufsicht anzuordnen (vgl.BGE 60 II 16).
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Modificazione d'una sentenza di divorzio (attribuzione della prole); art. 157 CC. Se, dopo la sentenza di divorzio, la potestà paterna è tolta al coniuge cui erano affidati i figli, l'altro coniuge ha diritto all'attribuzione della prole, salvo che esista un motivo di privarlo della sua potestà in virtù dell'art. 285 CC o che la situazione risultante dal fatto che è passato a nuove nozze esiga l'istituzione d'una tutela a'sensi dell'art. 286 CC.
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82 II 477
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82 II 477
Sachverhalt ab Seite 478
A.- Marc-Robert Schlaeppi, né le 2 janvier 1883, a eu deux enfants, Anne-Marie et Marc-René, du mariage qu'il a contracté avec Claire Müller le 5 avril 1909. Le divorce des époux Schlaeppi a été prononcé par jugement du 28 septembre 1932.
Le 27 février 1936, Marc-Robert Schlaeppi s'est remarié avec Alice-Joséphine Verdan, née le 27 janvier 1899. Aucun enfant n'est issu de cette union.
Marc-Robert Schlaeppi est décédé à Clarens le 16 janvier 1950. Il a laissé un testament olographe du 27 décembre 1948 qui contient notamment les dispositions suivantes:
"Article 2.
Je renvoie mes descendants à leur réserve légale et j'institue ma femme Alice Schlaeppi, née Verdan, comme mon héritière pour le maximum que la loi me permet de lui attribuer dans ma succession.
Ma femme aura en outre le droit de choisir ceux de mes biens qu'elle décidera pour constituer sa part successorale et sa part aux biens matrimoniaux; elle pourra également, comme il lui conviendra, exiger que parties de ses droits soient exercés en usufruit sa vie durant sur ceux de mes biens qu'elle décidera.
Article 3.
Dans son lot, ma fille Anne-Marie aura le droit de demander l'attribution de la petite table à ouvrage venant de ma mère.
Article 4.
A titre de règle de partage, je prescris que ma femme Alice Schlaeppi, née Verdan, aura le droit, sa vie durant, d'habiter gratuitement l'appartement que nous occupons actuellement dans mon immeuble de Clarens; à cet effet, un droit d'habitation sera inscrit au Registre foncier pour lui garantir l'exercice de ses droits.
Article 5.
Je désigne comme mon exécuteur testamentaire Monsieur le notaire Georges Testaz à Montreux. .."
Le lendemain de la rédaction de son testament, le 28 décembre 1948, Marc-Robert Schlaeppi a conclu avec sa seconde femme un contrat de mariage ainsi conçu:
"Contrat de mariage
Par devant Georges Testaz, notaire à Montreux, pour le district de Vevey, comparaissent:
d'une part:
M. Marc-Robert fils de Marc Schlaeppi, de Boudry (Neuchâtel) et Gadmen (Berne), ingénieur, domicilié à Clarens, et
d'autre part:
son épouse Mme Alice Joséphine Schlaeppi, fille de François Verdan, des mêmes lieux d'origine et de domicile que le prénommé,
lesquels exposent préliminairement ce qui suit:
I. Ils se sont mariés à Montreux, le vingt-sept février mil neuf cent trente-six et n'ont jamais passé entre eux de contrat de mariage; ils se sont en conséquence soumis au régime matrimonial légal de l'union des biens (articles 178 et 194 suivants du code civil suisse).
II. Au moment du mariage, les apports des époux comparants étaient les suivants, ce que chacun d'eux accepte expressément, savoir:
pour l'époux: un capital net de quarante-sept mille francs (47 000 fr.)
pour l'épouse: une somme totale de six mille francs (6000 fr.) qu'elle a remise à son mari, ce dernier reconnaissant, par les présentes, devoir ladite somme à sa femme; la copie des présentes qui sera remise à l'épouse vaudra entre les mains de cette dernière comme reconnaissance de dette.
Jusqu'à ce jour, les époux comparants n'ont pas fait d'autres apports en mariage, en titres, valeurs ou espèces.
III. Les apports en mobilier des époux sont déterminés par les polices d'assurance contre l'incendie établies au nom de chacun des époux, les dites polices valant réciproquement comme reconnaissance d'apports entre les comparants.
Ceci exposé, les comparants conviennent de ce qui suit:
Article unique.
Le bénéfice prévu à l'article 214 du code civil suisse appartiendra en entier à l'époux survivant.
En paiement de ses apports et de sa part de bénéflce, l'époux survivant pourra demander l'attribution des biens matrimoniaux qu'il décidera.
En cas de dissolution de l'union conjugale pour une autre cause que le décès de l'un des époux, ledit bénéfice appartiendra en entier au mari.
Les comparants dispensent le notaire soussigné de faire inscrire le présent contrat au registre des régimes matrimoniaux."
Ce contrat a été approuvé par la Justice de paix du cercle de Montreux, en sa qualité d'autorité tutélaire, le 22 janvier 1949.
B.- Le 3 mars 1951, Anne-Marie et Marc-René Schlaeppi ont ouvert action contre dame Alice Schlaeppi-Verdan pour faire reconnaître leur part réservataire dans la succession de leur père, prononcer la nullité, subsidiairement la réductibilité de la disposition du contrat de mariage du 28 décembre 1948 attribuant la totalité du bénéfice de l'union conjugale à l'époux survivant et fixer la consistance du patrimoine paternel. Dame Alice Schlaeppi-Verdan a conclu à ce que le partage des biens laissés par son mari fût opéré conformément aux clauses du contrat de mariage et du testament.
Par jugement du 7 avril 1956, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a notamment déterminé de quels biens se compose la succession et prononcé que les demandeurs sont héritiers réservataires de leur père, que leur part est, pour chacun d'eux, des 9/32 de la succession, que l'attribution à la défenderesse de la totalité du bénéfice de l'union conjugale constitue, à concurrence des 2/3 de ce bénéfice, une libéralité réductible, que l'attribution à la défenderesse des biens énumérés dans la police d'assurance incendie établie en son nom constitue une libéralité réductible, et que la défenderesse a le droit de prélever, dans la liquidation du régime matrimonial, ses apports en espèces par 6000 fr., les biens mobiliers dont elle établira qu'ils constituent ses apports et, réduction réservée, les biens énumérés dans la police d'assurance incendie à son nom et le bénéfice de l'union conjugale.
C.- Contre ce jugement dame Alice Schlaeppi-Verdan a recouru en réforme au Tribunal fédéral. Elle conclut à ce qu'en modification de la décision attaquée il soit prononcé:
"1. L'attribution à la recourante par le contrat de mariage litigieux du 28 décembre 1948, de la totalité du bénéfice de l'union conjugale est valable et maintenue dans tous ses effets, dite attribution ne constituant pas une libéralité réductible.
2. Les droits des intimés, en leur qualité d'héritiers réservataires de feu Marc-Robert Schlaeppi, représentant pour chacun d'eux 9/32 (neuf trente-deuxièmes) de la succession, portent uniquement sur les apports du défunt, à l'exclusion du bénéfice réalisé au cours de l'union conjugale des époux Schlaeppi-Verdan, lequel bénéfice est attribué en entier à la recourante, avant tout partage.
3. Les apports de feu Marc-Robert Schlaeppi devant faire l'objet du partage entre parties ne comprennent pas les biens et valeurs ci-après:
a) 30 (trente) actions Ciba sur 60 (soixante) inventoriées au décès, ces trente actions rentrant dans le bénéfice de l'union conjugale.
b) ..."
Les intimés concluent au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
1. Selon l'arrêt RO 58 II 1, les époux mariés sous le régime de l'union des biens peuvent convenir par contrat de mariage, en vertu de l'art. 214 al. 3 CC, que tout le bénéfice reviendra au conjoint survivant, et cette disposition n'est pas réductible par application des règles du droit successoral.
Cette opinion est partagée par certains auteurs (GMÜR, Familienrecht, note 34 à l'art. 214, p. 612; ESCHER, Das Erbrecht, notes 6 à l'art. 462, p. 37/38, et 33 à l'art. 527, p. 459; ROSSEL et MENTHA, Manuel du droit civil suisse, vol. I, p. 374; LE FORT, Quotité disponible et réserve dans le code civil suisse, p. 118 et 121; DENZLER, Die Liquidation der Güterverbindung infolge Todes eines Ehegatten, p. 110/111; GUHL, Sicherung und Begünstigung der Ehegatten nach ehelichem Güterrecht und Erbrecht, Festschrift Tuor, p. 35) et combattue par d'autres (EGGER, Das Familienrecht, notes 18-20 à l'art. 214, p. 439; EGGER, Ehevertragliche Vereinbarungen über den Vorschlag, ZGB Art. 214 Abs. 3, Schweizerische Zeitschrift für Beurkundungs- und Grundbuchrecht, 33, 1952, p. 172/173; CAVIN, Régime matrimonial et droit de succession, Mélanges Guisan, p. 105 ss.; RÜSCH, Die Begünstigung des überlebenden Ehegatten, p. 24; SUTTER, Die Abgrenzung des Ehevertrages gegenüber dem Erbvertrag, p. 58 ss., 64, 74; DIENER, Vereinbarungen über Änderungen der Vorschlagsteilung, p. 76 ss.; MÜNCH, Die Ermittlung und Behandlung des Vor- und Rückschlages im ehelichen Güterrecht der Schweiz, p. 78/79; BLOCH, Vorschlagsverteilung der Ehegatten und Pflichtteilsrecht, Revue suisse de jurisprudence, 49, 1953, p. 1 ss.; VON AESCH, Zur Frage der Vorschlagsverteilung gemäss Art. 214 Abs. 3 ZGB, eod. loc., p. 189 ss.).
Pour sa part, la Cour cantonale ne s'est pas ralliée à la jurisprudence précitée: elle estime que le contrat de mariage litigieux est une disposition à cause de mort valable en la forme, mais soumise à réduction en conformité de l'art. 522 CC; elle fonde notamment son point de vue sur les travaux préparatoires du code civil au titre concernant les régimes matrimoniaux.
Les travaux préparatoires invoqués n'ont pas la portée ni le sens que leur attribue l'autorité cantonale, et l'on ne saurait en déduire que les dispositions du droit des successions sur l'action en réduction fussent applicables au contrat de mariage par lequel les époux conviennent d'une répartition du bénéfice de l'union conjugale différente de celle que prévoit l'art. 214 al. 1 CC. Certes, le projet de code civil du 28 mai 1904 contenait un article 204 ainsi conçu: "Les époux ne peuvent disposer par contrat de mariage, au préjudice de leurs descendants, de plus de la moitié des biens que chacun d'eux laissera au décès, et, sous le régime de la communauté universelle, de plus des trois quarts des biens communs existant à la même époque". Une disposition semblable figurait dans chacun des avantprojets (1893 art. 140, 1896 art. 222, 1900 art. 218, 1903 art. 218). Le Conseil national et le Conseil des Etats admirent le système du projet en ce qui concerne la communauté de biens et décidèrent en conséquence que les époux qui adopteraient ce régime devraient laisser aux descendants du conjoint prédécédé au moins le quart des biens formant la communauté au moment du décès; pour les autres régimes, ils modifièrent en revanche le projet et ajoutèrent à l'art. 204 un deuxième alinéa statuant que, hormis le cas de la communauté universelle, le droit des époux de disposer par contrat de mariage n'est limité que par les règles sur la réserve (Bulletin sténographique officiel de l'Assemblée fédérale 1905, Conseil national p. 691-695, Conseil des Etats p. 1103-1105). La disposition de ce deuxième alinéa ne figure cependant plus dans le texte définitif du code civil arrêté en vote final par les Chambres fédérales selon les propositions de la commission de rédaction, et le premier alinéa a passé au chapitre consacré à la communauté de biens où il est devenu le deuxième alinéa de l'art. 226 CC, les autres articles qui constituaient le chapitre sur le contrat de mariage étant placés dans les dispositions générales sur le régime matrimonial. La Cour cantonale considère que la disparition de ce deuxième alinéa de l'art. 204 du projet ne saurait signifier que la limitation du droit de disposer des époux eût été abandonnée. A son avis, comme le texte définitif de la loi se borne à fixer une réserve spéciale pour la communauté de biens, la réserve successorale ordinaire vaut pour les libéralités contenues dans des contrats de mariage conclus par des conjoints soumis à d'autres régimes. Elle estime en conséquence que, selon la genèse de la loi, les règles sur la réserve héréditaire doivent être considérées comme applicables aux contrats de mariage portant sur la répartition du bénéfice de l'union conjugale, conclus en conformité de l'art. 214 al. 3 CC.
Cette conclusion ne peut être admise. Il ne suffit pas en effet d'examiner les travaux législatifs qui concernent l'art. 204 du projet du Conseil fédéral, mais il faut encore se pencher sur la genèse de l'art. 214 CC, en particulier de son troisième alinéa. Le premier avant-projet partiel de 1893 ne contient aucune disposition sur le partage du bénéfice par convention passée entre les époux mariés sous le régime de l'union des biens; il prévoit uniquement à l'art. 162 qu'en cas de prédécès du mari, la moitié du bénéfice échoit à la femme outre son droit de succession. L'art. 241 de l'avant-projet de 1896 attribue le bénéfice au mari ou à ses héritiers, mais réserve le droit de la femme ou de ses descendants d'en réclamer une quote-part, s'il provient, pour un quart au moins, des apports ou du travail de la femme; selon l'art. 243, à défaut de convention entre les époux, il appartient au juge de statuer sur les contestations touchant la part du bénéfice ou du déficit attribuée à la femme ou à ses héritiers. L'avant-projet du Département fédéral de justice et police de 1900 prévoit, à l'art. 242, que le bénéfice appartient au mari ou à ses héritiers, mais que la femme ou ses descendants peuvent en réclamer une part proportionnelle si le bénéfice provient aussi du revenu des apports ou du travail de la femme; aux termes de l'art. 244, la part de la femme ou de ses héritiers au bénéfice ou au déficit peut être réglée par une convention entre les époux, faute de quoi le juge statue librement sur les contestations. Selon l'Exposé des motifs de cet avant-projet (p. 176) "la forme du contrat de mariage n'est pas nécessaire pour une convention de cette sorte"; le rapporteur s'est exprimé dans le même sens à la Commission d'experts lors de l'examen des art. 240 à 244 de l'avant-projet (Commission d'experts 1901-1902, I p. 228). La Commission d'experts décida de revenir au système de la détermination fixe de la part au bénéfice de la femme ou de ses descendants et de celle du mari ou de ses héritiers, et supprima en conséquence l'art. 244 (loc. cit. p. 231, 232); à cette occasion, le rapporteur déclara que les conjoints pourraient modifier la répartition légale en observant la forme du contrat de mariage; la part du mari ou de ses ayants cause fut arrêtée aux deux tiers du bénéfice et celle de la femme ou de ses descendants, au tiers (loc. cit. p. 233). L'avant-projet de 1903 (art. 242) et le projet du Conseil fédéral (art. 230) adoptèrent cette proportion pour le partage du bénéfice, sans prévoir de disposition au sujet des modifications dont les époux pourraient convenir. Lors de la discussion du projet au Conseil national, il ne fuut pas question des stipulations passées entre époux au sujet de la répartition du bénéfice. C'est le Conseil des Etats qui ajouta à l'art. 230 du projet un troisième alinéa ainsi conçu: "On pourra convenir par contrat de mariage d'une autre répartition du bénéfice et du déficit". Le rapporteur de la commission exposa à ce propos que les règles de l'art. 230 n'étaient pas de droit impératif mais que les époux avaient la faculté de modifier par contrat de mariage, dans une proportion laissée à leur volonté ("in beliebigem Umfange"), la répartition du bénéfice ou du déficit (Bulletin sténographique officiel de l'Assemblée fédérale, 1905, Conseil des Etats, p. 1140). L'art. 230 du projet modifié par le Conseil des Etats est devenu, après des améliorations rédactionnelles, l'art. 214 CC. Si l'on rapproche cette déclaration reconnaissant la liberté des conjoints d'aménager à leur gré le partage du bénéfice de l'union conjugale du fait que les conventions portant sur cet objet ne sont jamais mentionnées dans les débats de la Commission d'experts ou des Chambres fédérales, ni dans l'Exposé des motifs ou le Message du Conseil fédéral, lorsqu'est traitée la question des limites fixées aux contrats de mariage par les règles sur la réserve, et qu'inversement il n'est fait aucune allusion à ces limites dans les discussions sur la répartition conventionnelle du bénéfice, on doit admettre que les travaux préparatoires ne permettent pas de conclure que l'attribution par contrat de mariage de la totalité du bénéfice à l'un ou l'autre conjoint soit soumise à réduction en vertu des dispositions sur la réserve.
Au demeurant, selon les principes généraux d'interprétation du droit suisse, les travaux préparatoires ne sont pas décisifs; le sens et la portée de la loi doivent être dégagés de son texte, de sa logique interne et de son but (RO 80 II 79, 79 I 20, 79 II 434, 78 I 29/30).
2. L'art. 214 CC règle le partage du bénéfice ou du déficit pour le cas de la dissolution de l'union conjugale par suite du décès de l'un des époux, ainsi qu'il résulte de sa place sous la note marginale générale "F. Dissolution de l'union des biens" après les art. 212 et 213 qui déterminent le sort des apports de la femme à la mort du mari et au décès de la femme. Il dispose tout d'abord que le bénéfice restant après le prélèvement des apports de l'un et l'autre conjoint appartient pour un tiers à la femme ou à ses descendants et, pour le surplus, au mari ou à ses héritiers. A moins que les époux ne soient convenus d'un partage différent, cette règle s'impose à l'époux survivant et aux ayants cause du conjoint prédécédé: la part du mari est des deux tiers du bénéfice même si celui-ci provient des revenus des apports de la femme ou de son travail, et l'épouse ou ses descendants ne peuvent pas, par exemple, exiger plus que le tiers pour le motif que le bénéfice a son origine dans les biens qu'elle a apportés ou résulte de son activité; de même, le mari ou ses ayants cause ne peuvent contester à la femme ou à ses descendants le tiers du bénéfice, alors même qu'il est dû au seul travail du mari.
L'art. 214 al. 1 CC qui fixe la part de bénéfice revenant à chaque époux au décès de l'un d'eux n'est cependant pas de droit impératif. Il s'agit au contraire d'une règle de droit dispositif: aux termes de l'art. 214 al. 3 CC, les conjoints peuvent, par contrat de mariage, prévoir une autre répartition. Lorsque les époux ont fait usage de cette faculté, la répartition dont ils sont convenus fait seule règle et se substitue au mode légal de partage. La loi ne limite pas la liberté des époux et ne soumet la convention sur la répartition du bénéfice à aucune restriction. Par exemple, elle n'exige pas que les dispositions prises par les conjoints aient leur fondement dans telle ou telle circonstance particulière au regard de laquelle la répartition légale n'apparaîtrait pas justifiée. Elle ne s'occupe pas des mobiles qui peuvent amener les époux à régler conventionnellement le sort du bénéfice, mais elle leur confère le droit de conclure sur cet objet un contrat de mariage dont les dispositions prendront la place de la règle inscrite à l'art. 214 al. 1 CC. La réglementation conventionnelle établie par les époux en vertu des pouvoirs que la loi leur attribue expressément les lie, ainsi que leurs ayants cause, au même titre que la réglementation légale à laquelle elle est substituée.
Le bénéfice de l'union conjugale est le solde actif qui reste après déduction des dettes grevant les diverses masses de biens, attribution en nature des apports encore existants et règlement des récompenses pour les apports non représentés. Il est un résultat comptable établi au moment de la liquidation du régime matrimonial. Les termes employés par l'art. 214 al. 1 CC ne sont dès lors pas adéquats: le bénéfice, comme résultat comptable, ne peut pas appartenir à l'un ou l'autre époux. En réalité, la situation des conjoints ou de leurs ayants cause est la suivante: Le mari est propriétaire des biens matrimoniaux qui ne sont pas des apports de la femme (art. 195 al. 2 CC). Le bénéfice étant la valeur nette des biens matrimoniaux qui ne sont ni des apports ni des remplois, les dettes de l'union conjugale déduites, le mari n'acquiert aucun droit nouveau lors de la dissolution du régime; après la dissolution, il continue à être propriétaire des biens qui lui appartiennent conformément à l'art. 195 al. 2 CC. En revanche, un nouveau droit naît en faveur de l'épouse, savoir le droit à une part du bénéfice. Pendant le mariage, la femme n'a aucun droit au bénéfice, car celui-ci n'existe pas avant la dissolution du régime matrimonial. C'est dès lors seulement au moment de cette dissolution que le droit de l'épouse à une part du bénéfice prend naissance. Ce droit consiste dans une créance pécuniaire contre le mari. Bien que le cas de la dissolution de l'union des biens visée par l'art. 214 CC soit le décès de l'un des conjoints et que le droit de l'épouse à une part du bénéfice naisse ainsi à la mort du mari, la créance qui lui appartient de ce chef est de nature matrimoniale. Elle naît du calcul du bénéfice entrepris ensuite de la dissolution de l'union des biens et a sa cause dans le régime matrimonial. Le montant de la créance dépend de la part de bénéfice à laquelle chacun des conjoints peut prétendre. Cette part est fixée soit par la loi à raison d'un tiers à la femme et de deux tiers au mari, soit par l'acte juridique que les époux sont habilités à conclure pour la déterminer selon leur volonté. La répartition du bénéfice convenue par contrat de mariage, en conformité de l'art. 214 al. 3 CC, a sa cause juridique dans le régime matrimonial au même titre que celle qui est prévue par la loi. Alors même que la convention attribue le droit à la totalité du bénéfice à l'époux survivant, comme c'est le cas en l'espèce, elle ne constitue pas un acte à cause de mort mais reste un contrat entre vifs de droit matrimonial. La mort de l'un des époux n'est pas la cause de la convention, elle n'est qu'un terme d'exécution; la cause réside dans le régime matrimonial. C'est dès lors à tort que la Cour cantonale a considéré le contrat de mariage litigieux comme une libéralité à cause de mort réductible en vertu de l'art. 522 CC.
Par ailleurs, les libéralités à cause de mort ne peuvent être faites que par disposition pour cause de mort. Or, par disposition pour cause de mort le code civil entend exclusivement le testament et le pacte successoral (art. 481, 498, 512 CC; ESCHER, Das Erbrecht, p. 205, note 2). Il s'ensuit que l'attribution de la totalité du bénéfice à l'époux survivant par contrat de mariage ne saurait constituer une libéralité à cause de mort et qu'en conséquence les règles sur la réduction des dispositions pour cause de mort ne lui sont pas applicables.
Le contrat de mariage conclu par les époux Schlaeppi-Verdan ne tombe pas non plus sous le coup de l'art. 527 CC qui énumère les libéralités entre vifs sujettes à réduction. Les ch. 1 et 2 qui visent les libéralités faites à titre d'avancement d'hoirie ou de liquidation anticipée de droits hériditaires n'entrent pas en considération. Il en est de même du début du ch. 3 qui concerne les donations que le disposant pouvait librement révoquer. La seconde partie du ch. 3, qui se rapporte aux donations exécutées dans les cinq années antérieures au décès, n'est pas non plus applicable. De la part de la femme, la convention attribuant la totalité du bénéfice au mari ne peut être une donation, puisqu'au moment de la conclusion du contrat elle ne possède aucun droit au bénéfice et que, selon l'art. 239 al. 2 CO, le fait de renoncer à un droit avant de l'avoir acquis ne constitue pas une donation. Or, on ne saurait, d'une part, admettre l'application de l'art. 527 ch. 3 CC lorsqu'au décès du mari la totalité du bénéfice revient à la femme et, d'autre part, la rejeter lorsque c'est le mari qui a droit à tout le bénéfice à la mort de la femme. Il s'ensuit que la convention sur la répartition du bénéfice de l'union conjugale ne rentre pas dans les prévisions de l'art. 527 ch. 3 CC. L'art. 527 ch. 4 CC qui déclare sujettes à réduction les aliénations faites dans l'intention manifeste d'éluder les règles concernant la réserve ne saurait de même être appliqué à ce contrat. En le concluant, les époux ne font qu'user d'une faculté qui leur est expressément conférée par l'art. 214 al. 3 CC. L'exercice de ce droit n'est soumis à aucune restriction par la disposition qui l'institue, de sorte qu'il ne peut être assimilé à un acte accompli dans l'intention manifeste d'éluder des obligations légales.
Dans le régime de la communauté de biens, l'art. 226 CC confère aux époux le droit de prévoir par contrat de mariage un mode de partage autre que le partage par moitié; il ne limite leur liberté qu'en faveur des descendants du conjoint prédécédé, lesquels ont droit dans tous les cas au quart des biens communs existant lors du décès. Les contrats fixant seulement la répartition du bénéfice, conclus entre les époux mariés sous l'union des biens, ne sauraient être soumis à réduction et la liberté des conjoints, restreinte ainsi en cette matière au profit de tous les héritiers réservataires. Il y aurait en effet une contradiction, dont on ne peut admettre l'existence dans la loi, à n'assurer qu'aux descendants du conjoint prédécédé une part aux biens communs en cas de partage de l'ensemble des biens des époux et à considérer comme réductibles en faveur de tous les réservataires les conventions portant sur le seul bénéfice de l'union conjugale. Il suit de là que ces conventions ne tombent pas sous le coup des règles du droit successoral sur la réduction des dispositions du défunt.
On ne peut par ailleurs appliquer par analogie l'art. 226 al. 2 CC à la répartition conventionnelle du bénéfice réalisé par des époux mariés sous le régime de l'union des biens, car cette disposition vise une situation qui est différente de celle de l'art. 214 al. 3 CC: en particulier, dans la communauté universelle, le partage des biens communs épuise tout le patrimoine des époux, ce qui justifie la réserve d'un quart établie par l'art. 226 al. 2 CC en faveur des descendants du conjoint prédécédé, tandis que la répartition du bénéfice, dans l'union des biens, n'affecte que les économies faites par les époux et non pas tous les biens matrimoniaux.
La jurisprudence inaugurée par l'arrêt RO 58 II 1 doit dès lors être maintenue et le contrat de mariage attribuant la totalité du bénéfice à l'époux survivant, considéré comme un acte entre vifs de droit matrimonial qui n'est pas soumis à réduction en vertu des dispositions du droit successoral.
Selon la jurisprudence (RO 53 II 98/99, 81 II 423/425), les contrats de mariage sont soumis, comme les autres actes juridiques, aux limites établies par l'art. 2 al. 2 CC. L'exercice d'un droit est manifestement abusif lorsqu'il est contraire au but de ce droit. La liberté contractuelle prévue par l'art. 214 al. 3 CC tend à permettre aux époux d'aménager la répartition du bénéfice de l'union conjugale en considération de leurs intérêts réciproques, en particulier de corriger les effets du régime légal pour le conjoint survivant et d'assurer sa situation au point de vue matériel. Le fait que les époux avaient l'intention, en concluant le contrat de mariage, de se favoriser mutuellement ne suffit pas pour justifier l'application de l'art. 2 al. 2 CC. Pour qu'il y ait un abus manifeste de droit, il est nécessaire que la fin recherchée par les époux soit étrangère au but normal de la convention sur le partage du bénéfice prévue par l'art. 214 al. 3 CC, notamment que les conditions dans lesquelles le contrat a été conclu excluent qu'il ait été passé en vue de produire des effets conformes à la loi. En l'espèce, il ressort des constatations de la Cour cantonale que Marc-Robert Schlaeppi, dont le caractère autoritaire et emporté, les habitudes d'indépendance et les excès de boisson et de langage avaient rendu souvent la vie difficile à sa famille, avait su gré à la recourante de sa patience et de sa compréhension; il avait déclaré à ses amis qu'il se faisait du souci pour l'avenir de sa femme et qu'il voulait l'assurer au mieux; s'il avait eu certaines difficultés avec ses enfants, en particulier avec son fils, il n'exprima cependant jamais l'intention de les dépouiller au profit de sa seconde femme. En fait, il a laissé une fortune sur laquelle les intimés peuvent faire valoir leurs droits d'héritier. De plus, Marc-Robert Schlaeppi a épousé la recourante en 1936; en 1948, lorsque le contrat de mariage litigieux a été conclu, la vie commune avait duré douze ans, de sorte que l'on peut admettre que l'épouse a concouru à la réalisation du bénéfice de l'union conjugale. En outre, le contrat n'a pas été passé à la veille de la mort du mari; Marc-Robert Schlaeppi a vécu encore plus d'un an après sa conclusion et, au moment de la stipulation, il ignorait qu'il était atteint d'un cancer. Il résulte de ces faits que le contrat litigieux ne tombe en aucune façon sous le coup de l'art. 2 al. 2 CC et qu'il est valable. Le jugement attaqué doit en conséquence être réformé en ce sens que la créance résultant pour la recourante de l'attribution de la totalité du bénéfice de l'union conjugale n'est pas réductible, que ce bénéfice ne fait pas partie de la succession de Marc-Robert Schlaeppi dans laquelle la réserve de chacun des intimés est de 9/32, et qu'il revient en entier à la recourante.
3. Le troisième chef de conclusions du recours tend tout d'abord (litt. a) à faire prononcer que les apports de Marc-Robert Schlaeppi sur lesquels le partage doit porter ne comprennent pas trente actions Ciba sur les soixante qui ont été inventoriées au décès, ces trente action rentrant dans le bénéfice de l'union conjugale.
Selon les constatations de la Cour cantonale, Marc-Robert Schlaeppi était propriétaire de dix actions Ciba lors de son mariage et, à son décès, il en possédait soixante; en 1940 ou 1943, il avait souscrit dix actions nouvelles en utilisant le droit de souscription attaché à chacune des dix actions apportées en mariage; ce droit de souscription était alors coté en bourse 1045 fr.; Marc-Robert Schlaeppi avait payé, pour libérer ces nouvelles actions, 2010 fr. le 26 janvier 1943 et 8000 fr. le 28 janvier 1947; par la suite, la société Ciba a augmenté son capital au moyen de ses fonds propres, portant la valeur nominale de chaque action de 1000 fr. à 1500 fr. sans versement de la part des actionnaires, et divisé, en 1948, chaque titre de 1500 fr. en trois actions de 500 fr. Le jugement attaqué considère toutes les actions Ciba inventoriées au décès comme des apports de feu Schlaeppi tout en admettant à la charge de celui-ci une récompense de 10 000 fr. en faveur de la masse constituée par le bénéfice.
Cette opinion n'est pas fondée. Dans le régime de l'union des biens, le code civil distingue trois masses de biens: les apports, les biens matrimoniaux et les biens réservés. Ces derniers n'entrent pas en considération ici. Les apports de la femme sont les biens qui lui appartenaient lors de la conclusion du mariage ou qui lui échoient pendant le mariage par succession ou à quelque autre titre gratuit (art. 195 al. 1 CC) ainsi que les biens acquis à titre de remploi. Cette notion vaut également par analogie pour les apports du mari (RO 50 II 433). Les biens matrimoniaux sont constitués par les biens que les époux possédaient au moment de la célébration du mariage et ceux qu'ils acquièrent par la suite, les biens réservés exceptés (art. 194 CC). Le mari est propriétaire de ses apports et de tous les biens matrimoniaux qui ne sont pas des apports de la femme (art. 195 al. 2 CC).
Les trente actions Ciba litigieuses n'appartenaient pas au mari lors de la conclusion du mariage. Il les a acquises ultérieurement. Le droit de souscription qu'il a exercé à cet effet faisait cependant déjà partie de chacune des dix actions qu'il a apportées en mariage. Le droit de souscription d'actions nouvelles n'est en effet ni un fruit, ni un produit de l'action, mais il est une partie de l'action. C'est la compensation d'une perte pécuniaire et d'une perte d'influence éventuelle. Il permet à l'actionnaire de maintenir sa position financière et de conserver l'influence qu'il détient dans l'administration. L'action gratuite est également une partie du droit primitif de l'actionnaire (ROSSET, Du droit préférentiel de souscription d'actions, Recueil de travaux Neuchâtel, p. 229, 236, 238, 240). C'est la raison pour laquelle, en cas d'usufruit, les actions nouvelles gratuites appartiennent au propriétaire des actions anciennes et non à l'usufruitier (RO 46 II 473). Il n'en reste pas moins qu'une fois acquises, les nouvelles actions ont une existence indépendante des anciennes. En l'espèce, la propriété de dix actions apportées par Marc-Robert Schlaeppi lors la conclusion du mariage n'impliquait pas nécessairement la souscription et la libération de dix nouvelles actions. Celles-ci sont juridiquement autre chose que les dix anciennes actions.
Les dix actions nouvelles acquises en cours de mariage l'ont été non pas gratuitement mais à titre onéreux. Certes, le mari a pu user du droit de souscription attaché à chacune des dix actions constituant ses apports, mais pour obtenir les dix nouvelles il a dû verser 10 000 fr. et, selon les constatations de la Cour cantonale, son compte courant auprès du Crédit suisse a été débité de cette somme. Les nouvelles actions n'ont pas été acquises non plus à titre de remploi. Pour qu'il y ait remploi, il faut que, par la volonté des parties, les choses nouvelles aient remplacé dans la fortune de l'époux propriétaire d'autres valeurs du même genre vendues ou remboursées; le remploi est l'utilisation de deniers provenant de la réalisation d'un apport par l'achat de valeurs du même genre économique (RO 75 II 276/277). En l'espèce, les nouvelles actions n'ont pas remplacé d'autres titres du mari. Elles sont venues s'ajouter aux anciennes et n'ont pas été acquises avec des deniers appartenant aux apports, mais payées avec de l'argent frais que le mari s'est procuré par un emprunt. Il s'ensuit que les dix nouvelles actions Ciba souscrites et libérées en cours de mariage ne sont pas un apport de Marc-Robert Schlaeppi.
Ces dix nouvelles actions de 1000 fr. qui sont devenues par la suite trente actions de 500 fr. constituent des biens matrimoniaux; comme elles ne sont pas des apports de la femme, elles appartiennent au mari (art. 195 al. 2 CC). Elles doivent cependant être prises en considération pour le calcul du bénéfice de l'union conjugale. Dans les biens matrimoniaux qui sont la propriété du mari il faut distinguer en effet ses apports des autres biens. Seuls les apports sont soustraits pour le calcul du bénéfice; les autres biens, savoir les produits ou revenus des apports des deux époux et les choses acquises à titre onéreux, sont en revanche portés en compte à leur valeur à la dissolution du régime matrimonial. Le bénéfice représente en effet la valeur nette des biens matrimoniaux après reprise des apports et déduction des dettes de l'union conjugale. Les trente actions Ciba qui ont été acquises par Marc-Robert Schlaeppi en cours de mariage et qui étaient sa propriété font ainsi partie de sa succession, mais doivent être comprises, à leur valeur au moment du décès, dans les biens sur lesquels se calcule le bénéfice de l'union conjugale revenant à la recourante. La succession de Marc-Robert Schlaeppi n'a pas droit par ailleurs à une récompense en raison des droits de souscription utilisés pour acquérir les nouvelles actions. Ces droits sont en effet remplacés dans le patrimoine du mari par les actions qu'ils ont permis d'obtenir et qui font partie de la masse successorale.
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fr
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1. Innerhalb der durch Art. 2 Abs. 2 ZGB, betreffend Rechtsmissbrauch, gezogenen Schranken können die Ehegatten auf Grund von Art. 214 Abs. 3 ZGB durch Ehevertrag vereinbaren, dass der ganze Vorschlag des ehelichen Vermögens dem überlebenden Ehegatten zufalle. Eine solche Vereinbarung unterliegt keiner erbrechtlichen Herabsetzung. (Bestätigung der Rechtsprechung). (Erw. 1 und 2). 2. Übt der Ehemann während der Ehe als Eigentümer von Aktien ein mit diesen verbundenes Recht auf Zeichnung weiterer Aktien aus, so sind diese neu erworbenen Aktien mit dem ihnen beim Tode des Ehemannes zukommenden Werte in die Vorschlagsberechnung einzusetzen. (Erw. 3).
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de
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-477%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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Sachverhalt ab Seite 478
A.- Marc-Robert Schlaeppi, né le 2 janvier 1883, a eu deux enfants, Anne-Marie et Marc-René, du mariage qu'il a contracté avec Claire Müller le 5 avril 1909. Le divorce des époux Schlaeppi a été prononcé par jugement du 28 septembre 1932.
Le 27 février 1936, Marc-Robert Schlaeppi s'est remarié avec Alice-Joséphine Verdan, née le 27 janvier 1899. Aucun enfant n'est issu de cette union.
Marc-Robert Schlaeppi est décédé à Clarens le 16 janvier 1950. Il a laissé un testament olographe du 27 décembre 1948 qui contient notamment les dispositions suivantes:
"Article 2.
Je renvoie mes descendants à leur réserve légale et j'institue ma femme Alice Schlaeppi, née Verdan, comme mon héritière pour le maximum que la loi me permet de lui attribuer dans ma succession.
Ma femme aura en outre le droit de choisir ceux de mes biens qu'elle décidera pour constituer sa part successorale et sa part aux biens matrimoniaux; elle pourra également, comme il lui conviendra, exiger que parties de ses droits soient exercés en usufruit sa vie durant sur ceux de mes biens qu'elle décidera.
Article 3.
Dans son lot, ma fille Anne-Marie aura le droit de demander l'attribution de la petite table à ouvrage venant de ma mère.
Article 4.
A titre de règle de partage, je prescris que ma femme Alice Schlaeppi, née Verdan, aura le droit, sa vie durant, d'habiter gratuitement l'appartement que nous occupons actuellement dans mon immeuble de Clarens; à cet effet, un droit d'habitation sera inscrit au Registre foncier pour lui garantir l'exercice de ses droits.
Article 5.
Je désigne comme mon exécuteur testamentaire Monsieur le notaire Georges Testaz à Montreux. .."
Le lendemain de la rédaction de son testament, le 28 décembre 1948, Marc-Robert Schlaeppi a conclu avec sa seconde femme un contrat de mariage ainsi conçu:
"Contrat de mariage
Par devant Georges Testaz, notaire à Montreux, pour le district de Vevey, comparaissent:
d'une part:
M. Marc-Robert fils de Marc Schlaeppi, de Boudry (Neuchâtel) et Gadmen (Berne), ingénieur, domicilié à Clarens, et
d'autre part:
son épouse Mme Alice Joséphine Schlaeppi, fille de François Verdan, des mêmes lieux d'origine et de domicile que le prénommé,
lesquels exposent préliminairement ce qui suit:
I. Ils se sont mariés à Montreux, le vingt-sept février mil neuf cent trente-six et n'ont jamais passé entre eux de contrat de mariage; ils se sont en conséquence soumis au régime matrimonial légal de l'union des biens (articles 178 et 194 suivants du code civil suisse).
II. Au moment du mariage, les apports des époux comparants étaient les suivants, ce que chacun d'eux accepte expressément, savoir:
pour l'époux: un capital net de quarante-sept mille francs (47 000 fr.)
pour l'épouse: une somme totale de six mille francs (6000 fr.) qu'elle a remise à son mari, ce dernier reconnaissant, par les présentes, devoir ladite somme à sa femme; la copie des présentes qui sera remise à l'épouse vaudra entre les mains de cette dernière comme reconnaissance de dette.
Jusqu'à ce jour, les époux comparants n'ont pas fait d'autres apports en mariage, en titres, valeurs ou espèces.
III. Les apports en mobilier des époux sont déterminés par les polices d'assurance contre l'incendie établies au nom de chacun des époux, les dites polices valant réciproquement comme reconnaissance d'apports entre les comparants.
Ceci exposé, les comparants conviennent de ce qui suit:
Article unique.
Le bénéfice prévu à l'article 214 du code civil suisse appartiendra en entier à l'époux survivant.
En paiement de ses apports et de sa part de bénéflce, l'époux survivant pourra demander l'attribution des biens matrimoniaux qu'il décidera.
En cas de dissolution de l'union conjugale pour une autre cause que le décès de l'un des époux, ledit bénéfice appartiendra en entier au mari.
Les comparants dispensent le notaire soussigné de faire inscrire le présent contrat au registre des régimes matrimoniaux."
Ce contrat a été approuvé par la Justice de paix du cercle de Montreux, en sa qualité d'autorité tutélaire, le 22 janvier 1949.
B.- Le 3 mars 1951, Anne-Marie et Marc-René Schlaeppi ont ouvert action contre dame Alice Schlaeppi-Verdan pour faire reconnaître leur part réservataire dans la succession de leur père, prononcer la nullité, subsidiairement la réductibilité de la disposition du contrat de mariage du 28 décembre 1948 attribuant la totalité du bénéfice de l'union conjugale à l'époux survivant et fixer la consistance du patrimoine paternel. Dame Alice Schlaeppi-Verdan a conclu à ce que le partage des biens laissés par son mari fût opéré conformément aux clauses du contrat de mariage et du testament.
Par jugement du 7 avril 1956, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a notamment déterminé de quels biens se compose la succession et prononcé que les demandeurs sont héritiers réservataires de leur père, que leur part est, pour chacun d'eux, des 9/32 de la succession, que l'attribution à la défenderesse de la totalité du bénéfice de l'union conjugale constitue, à concurrence des 2/3 de ce bénéfice, une libéralité réductible, que l'attribution à la défenderesse des biens énumérés dans la police d'assurance incendie établie en son nom constitue une libéralité réductible, et que la défenderesse a le droit de prélever, dans la liquidation du régime matrimonial, ses apports en espèces par 6000 fr., les biens mobiliers dont elle établira qu'ils constituent ses apports et, réduction réservée, les biens énumérés dans la police d'assurance incendie à son nom et le bénéfice de l'union conjugale.
C.- Contre ce jugement dame Alice Schlaeppi-Verdan a recouru en réforme au Tribunal fédéral. Elle conclut à ce qu'en modification de la décision attaquée il soit prononcé:
"1. L'attribution à la recourante par le contrat de mariage litigieux du 28 décembre 1948, de la totalité du bénéfice de l'union conjugale est valable et maintenue dans tous ses effets, dite attribution ne constituant pas une libéralité réductible.
2. Les droits des intimés, en leur qualité d'héritiers réservataires de feu Marc-Robert Schlaeppi, représentant pour chacun d'eux 9/32 (neuf trente-deuxièmes) de la succession, portent uniquement sur les apports du défunt, à l'exclusion du bénéfice réalisé au cours de l'union conjugale des époux Schlaeppi-Verdan, lequel bénéfice est attribué en entier à la recourante, avant tout partage.
3. Les apports de feu Marc-Robert Schlaeppi devant faire l'objet du partage entre parties ne comprennent pas les biens et valeurs ci-après:
a) 30 (trente) actions Ciba sur 60 (soixante) inventoriées au décès, ces trente actions rentrant dans le bénéfice de l'union conjugale.
b) ..."
Les intimés concluent au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
1. Selon l'arrêt RO 58 II 1, les époux mariés sous le régime de l'union des biens peuvent convenir par contrat de mariage, en vertu de l'art. 214 al. 3 CC, que tout le bénéfice reviendra au conjoint survivant, et cette disposition n'est pas réductible par application des règles du droit successoral.
Cette opinion est partagée par certains auteurs (GMÜR, Familienrecht, note 34 à l'art. 214, p. 612; ESCHER, Das Erbrecht, notes 6 à l'art. 462, p. 37/38, et 33 à l'art. 527, p. 459; ROSSEL et MENTHA, Manuel du droit civil suisse, vol. I, p. 374; LE FORT, Quotité disponible et réserve dans le code civil suisse, p. 118 et 121; DENZLER, Die Liquidation der Güterverbindung infolge Todes eines Ehegatten, p. 110/111; GUHL, Sicherung und Begünstigung der Ehegatten nach ehelichem Güterrecht und Erbrecht, Festschrift Tuor, p. 35) et combattue par d'autres (EGGER, Das Familienrecht, notes 18-20 à l'art. 214, p. 439; EGGER, Ehevertragliche Vereinbarungen über den Vorschlag, ZGB Art. 214 Abs. 3, Schweizerische Zeitschrift für Beurkundungs- und Grundbuchrecht, 33, 1952, p. 172/173; CAVIN, Régime matrimonial et droit de succession, Mélanges Guisan, p. 105 ss.; RÜSCH, Die Begünstigung des überlebenden Ehegatten, p. 24; SUTTER, Die Abgrenzung des Ehevertrages gegenüber dem Erbvertrag, p. 58 ss., 64, 74; DIENER, Vereinbarungen über Änderungen der Vorschlagsteilung, p. 76 ss.; MÜNCH, Die Ermittlung und Behandlung des Vor- und Rückschlages im ehelichen Güterrecht der Schweiz, p. 78/79; BLOCH, Vorschlagsverteilung der Ehegatten und Pflichtteilsrecht, Revue suisse de jurisprudence, 49, 1953, p. 1 ss.; VON AESCH, Zur Frage der Vorschlagsverteilung gemäss Art. 214 Abs. 3 ZGB, eod. loc., p. 189 ss.).
Pour sa part, la Cour cantonale ne s'est pas ralliée à la jurisprudence précitée: elle estime que le contrat de mariage litigieux est une disposition à cause de mort valable en la forme, mais soumise à réduction en conformité de l'art. 522 CC; elle fonde notamment son point de vue sur les travaux préparatoires du code civil au titre concernant les régimes matrimoniaux.
Les travaux préparatoires invoqués n'ont pas la portée ni le sens que leur attribue l'autorité cantonale, et l'on ne saurait en déduire que les dispositions du droit des successions sur l'action en réduction fussent applicables au contrat de mariage par lequel les époux conviennent d'une répartition du bénéfice de l'union conjugale différente de celle que prévoit l'art. 214 al. 1 CC. Certes, le projet de code civil du 28 mai 1904 contenait un article 204 ainsi conçu: "Les époux ne peuvent disposer par contrat de mariage, au préjudice de leurs descendants, de plus de la moitié des biens que chacun d'eux laissera au décès, et, sous le régime de la communauté universelle, de plus des trois quarts des biens communs existant à la même époque". Une disposition semblable figurait dans chacun des avantprojets (1893 art. 140, 1896 art. 222, 1900 art. 218, 1903 art. 218). Le Conseil national et le Conseil des Etats admirent le système du projet en ce qui concerne la communauté de biens et décidèrent en conséquence que les époux qui adopteraient ce régime devraient laisser aux descendants du conjoint prédécédé au moins le quart des biens formant la communauté au moment du décès; pour les autres régimes, ils modifièrent en revanche le projet et ajoutèrent à l'art. 204 un deuxième alinéa statuant que, hormis le cas de la communauté universelle, le droit des époux de disposer par contrat de mariage n'est limité que par les règles sur la réserve (Bulletin sténographique officiel de l'Assemblée fédérale 1905, Conseil national p. 691-695, Conseil des Etats p. 1103-1105). La disposition de ce deuxième alinéa ne figure cependant plus dans le texte définitif du code civil arrêté en vote final par les Chambres fédérales selon les propositions de la commission de rédaction, et le premier alinéa a passé au chapitre consacré à la communauté de biens où il est devenu le deuxième alinéa de l'art. 226 CC, les autres articles qui constituaient le chapitre sur le contrat de mariage étant placés dans les dispositions générales sur le régime matrimonial. La Cour cantonale considère que la disparition de ce deuxième alinéa de l'art. 204 du projet ne saurait signifier que la limitation du droit de disposer des époux eût été abandonnée. A son avis, comme le texte définitif de la loi se borne à fixer une réserve spéciale pour la communauté de biens, la réserve successorale ordinaire vaut pour les libéralités contenues dans des contrats de mariage conclus par des conjoints soumis à d'autres régimes. Elle estime en conséquence que, selon la genèse de la loi, les règles sur la réserve héréditaire doivent être considérées comme applicables aux contrats de mariage portant sur la répartition du bénéfice de l'union conjugale, conclus en conformité de l'art. 214 al. 3 CC.
Cette conclusion ne peut être admise. Il ne suffit pas en effet d'examiner les travaux législatifs qui concernent l'art. 204 du projet du Conseil fédéral, mais il faut encore se pencher sur la genèse de l'art. 214 CC, en particulier de son troisième alinéa. Le premier avant-projet partiel de 1893 ne contient aucune disposition sur le partage du bénéfice par convention passée entre les époux mariés sous le régime de l'union des biens; il prévoit uniquement à l'art. 162 qu'en cas de prédécès du mari, la moitié du bénéfice échoit à la femme outre son droit de succession. L'art. 241 de l'avant-projet de 1896 attribue le bénéfice au mari ou à ses héritiers, mais réserve le droit de la femme ou de ses descendants d'en réclamer une quote-part, s'il provient, pour un quart au moins, des apports ou du travail de la femme; selon l'art. 243, à défaut de convention entre les époux, il appartient au juge de statuer sur les contestations touchant la part du bénéfice ou du déficit attribuée à la femme ou à ses héritiers. L'avant-projet du Département fédéral de justice et police de 1900 prévoit, à l'art. 242, que le bénéfice appartient au mari ou à ses héritiers, mais que la femme ou ses descendants peuvent en réclamer une part proportionnelle si le bénéfice provient aussi du revenu des apports ou du travail de la femme; aux termes de l'art. 244, la part de la femme ou de ses héritiers au bénéfice ou au déficit peut être réglée par une convention entre les époux, faute de quoi le juge statue librement sur les contestations. Selon l'Exposé des motifs de cet avant-projet (p. 176) "la forme du contrat de mariage n'est pas nécessaire pour une convention de cette sorte"; le rapporteur s'est exprimé dans le même sens à la Commission d'experts lors de l'examen des art. 240 à 244 de l'avant-projet (Commission d'experts 1901-1902, I p. 228). La Commission d'experts décida de revenir au système de la détermination fixe de la part au bénéfice de la femme ou de ses descendants et de celle du mari ou de ses héritiers, et supprima en conséquence l'art. 244 (loc. cit. p. 231, 232); à cette occasion, le rapporteur déclara que les conjoints pourraient modifier la répartition légale en observant la forme du contrat de mariage; la part du mari ou de ses ayants cause fut arrêtée aux deux tiers du bénéfice et celle de la femme ou de ses descendants, au tiers (loc. cit. p. 233). L'avant-projet de 1903 (art. 242) et le projet du Conseil fédéral (art. 230) adoptèrent cette proportion pour le partage du bénéfice, sans prévoir de disposition au sujet des modifications dont les époux pourraient convenir. Lors de la discussion du projet au Conseil national, il ne fuut pas question des stipulations passées entre époux au sujet de la répartition du bénéfice. C'est le Conseil des Etats qui ajouta à l'art. 230 du projet un troisième alinéa ainsi conçu: "On pourra convenir par contrat de mariage d'une autre répartition du bénéfice et du déficit". Le rapporteur de la commission exposa à ce propos que les règles de l'art. 230 n'étaient pas de droit impératif mais que les époux avaient la faculté de modifier par contrat de mariage, dans une proportion laissée à leur volonté ("in beliebigem Umfange"), la répartition du bénéfice ou du déficit (Bulletin sténographique officiel de l'Assemblée fédérale, 1905, Conseil des Etats, p. 1140). L'art. 230 du projet modifié par le Conseil des Etats est devenu, après des améliorations rédactionnelles, l'art. 214 CC. Si l'on rapproche cette déclaration reconnaissant la liberté des conjoints d'aménager à leur gré le partage du bénéfice de l'union conjugale du fait que les conventions portant sur cet objet ne sont jamais mentionnées dans les débats de la Commission d'experts ou des Chambres fédérales, ni dans l'Exposé des motifs ou le Message du Conseil fédéral, lorsqu'est traitée la question des limites fixées aux contrats de mariage par les règles sur la réserve, et qu'inversement il n'est fait aucune allusion à ces limites dans les discussions sur la répartition conventionnelle du bénéfice, on doit admettre que les travaux préparatoires ne permettent pas de conclure que l'attribution par contrat de mariage de la totalité du bénéfice à l'un ou l'autre conjoint soit soumise à réduction en vertu des dispositions sur la réserve.
Au demeurant, selon les principes généraux d'interprétation du droit suisse, les travaux préparatoires ne sont pas décisifs; le sens et la portée de la loi doivent être dégagés de son texte, de sa logique interne et de son but (RO 80 II 79, 79 I 20, 79 II 434, 78 I 29/30).
2. L'art. 214 CC règle le partage du bénéfice ou du déficit pour le cas de la dissolution de l'union conjugale par suite du décès de l'un des époux, ainsi qu'il résulte de sa place sous la note marginale générale "F. Dissolution de l'union des biens" après les art. 212 et 213 qui déterminent le sort des apports de la femme à la mort du mari et au décès de la femme. Il dispose tout d'abord que le bénéfice restant après le prélèvement des apports de l'un et l'autre conjoint appartient pour un tiers à la femme ou à ses descendants et, pour le surplus, au mari ou à ses héritiers. A moins que les époux ne soient convenus d'un partage différent, cette règle s'impose à l'époux survivant et aux ayants cause du conjoint prédécédé: la part du mari est des deux tiers du bénéfice même si celui-ci provient des revenus des apports de la femme ou de son travail, et l'épouse ou ses descendants ne peuvent pas, par exemple, exiger plus que le tiers pour le motif que le bénéfice a son origine dans les biens qu'elle a apportés ou résulte de son activité; de même, le mari ou ses ayants cause ne peuvent contester à la femme ou à ses descendants le tiers du bénéfice, alors même qu'il est dû au seul travail du mari.
L'art. 214 al. 1 CC qui fixe la part de bénéfice revenant à chaque époux au décès de l'un d'eux n'est cependant pas de droit impératif. Il s'agit au contraire d'une règle de droit dispositif: aux termes de l'art. 214 al. 3 CC, les conjoints peuvent, par contrat de mariage, prévoir une autre répartition. Lorsque les époux ont fait usage de cette faculté, la répartition dont ils sont convenus fait seule règle et se substitue au mode légal de partage. La loi ne limite pas la liberté des époux et ne soumet la convention sur la répartition du bénéfice à aucune restriction. Par exemple, elle n'exige pas que les dispositions prises par les conjoints aient leur fondement dans telle ou telle circonstance particulière au regard de laquelle la répartition légale n'apparaîtrait pas justifiée. Elle ne s'occupe pas des mobiles qui peuvent amener les époux à régler conventionnellement le sort du bénéfice, mais elle leur confère le droit de conclure sur cet objet un contrat de mariage dont les dispositions prendront la place de la règle inscrite à l'art. 214 al. 1 CC. La réglementation conventionnelle établie par les époux en vertu des pouvoirs que la loi leur attribue expressément les lie, ainsi que leurs ayants cause, au même titre que la réglementation légale à laquelle elle est substituée.
Le bénéfice de l'union conjugale est le solde actif qui reste après déduction des dettes grevant les diverses masses de biens, attribution en nature des apports encore existants et règlement des récompenses pour les apports non représentés. Il est un résultat comptable établi au moment de la liquidation du régime matrimonial. Les termes employés par l'art. 214 al. 1 CC ne sont dès lors pas adéquats: le bénéfice, comme résultat comptable, ne peut pas appartenir à l'un ou l'autre époux. En réalité, la situation des conjoints ou de leurs ayants cause est la suivante: Le mari est propriétaire des biens matrimoniaux qui ne sont pas des apports de la femme (art. 195 al. 2 CC). Le bénéfice étant la valeur nette des biens matrimoniaux qui ne sont ni des apports ni des remplois, les dettes de l'union conjugale déduites, le mari n'acquiert aucun droit nouveau lors de la dissolution du régime; après la dissolution, il continue à être propriétaire des biens qui lui appartiennent conformément à l'art. 195 al. 2 CC. En revanche, un nouveau droit naît en faveur de l'épouse, savoir le droit à une part du bénéfice. Pendant le mariage, la femme n'a aucun droit au bénéfice, car celui-ci n'existe pas avant la dissolution du régime matrimonial. C'est dès lors seulement au moment de cette dissolution que le droit de l'épouse à une part du bénéfice prend naissance. Ce droit consiste dans une créance pécuniaire contre le mari. Bien que le cas de la dissolution de l'union des biens visée par l'art. 214 CC soit le décès de l'un des conjoints et que le droit de l'épouse à une part du bénéfice naisse ainsi à la mort du mari, la créance qui lui appartient de ce chef est de nature matrimoniale. Elle naît du calcul du bénéfice entrepris ensuite de la dissolution de l'union des biens et a sa cause dans le régime matrimonial. Le montant de la créance dépend de la part de bénéfice à laquelle chacun des conjoints peut prétendre. Cette part est fixée soit par la loi à raison d'un tiers à la femme et de deux tiers au mari, soit par l'acte juridique que les époux sont habilités à conclure pour la déterminer selon leur volonté. La répartition du bénéfice convenue par contrat de mariage, en conformité de l'art. 214 al. 3 CC, a sa cause juridique dans le régime matrimonial au même titre que celle qui est prévue par la loi. Alors même que la convention attribue le droit à la totalité du bénéfice à l'époux survivant, comme c'est le cas en l'espèce, elle ne constitue pas un acte à cause de mort mais reste un contrat entre vifs de droit matrimonial. La mort de l'un des époux n'est pas la cause de la convention, elle n'est qu'un terme d'exécution; la cause réside dans le régime matrimonial. C'est dès lors à tort que la Cour cantonale a considéré le contrat de mariage litigieux comme une libéralité à cause de mort réductible en vertu de l'art. 522 CC.
Par ailleurs, les libéralités à cause de mort ne peuvent être faites que par disposition pour cause de mort. Or, par disposition pour cause de mort le code civil entend exclusivement le testament et le pacte successoral (art. 481, 498, 512 CC; ESCHER, Das Erbrecht, p. 205, note 2). Il s'ensuit que l'attribution de la totalité du bénéfice à l'époux survivant par contrat de mariage ne saurait constituer une libéralité à cause de mort et qu'en conséquence les règles sur la réduction des dispositions pour cause de mort ne lui sont pas applicables.
Le contrat de mariage conclu par les époux Schlaeppi-Verdan ne tombe pas non plus sous le coup de l'art. 527 CC qui énumère les libéralités entre vifs sujettes à réduction. Les ch. 1 et 2 qui visent les libéralités faites à titre d'avancement d'hoirie ou de liquidation anticipée de droits hériditaires n'entrent pas en considération. Il en est de même du début du ch. 3 qui concerne les donations que le disposant pouvait librement révoquer. La seconde partie du ch. 3, qui se rapporte aux donations exécutées dans les cinq années antérieures au décès, n'est pas non plus applicable. De la part de la femme, la convention attribuant la totalité du bénéfice au mari ne peut être une donation, puisqu'au moment de la conclusion du contrat elle ne possède aucun droit au bénéfice et que, selon l'art. 239 al. 2 CO, le fait de renoncer à un droit avant de l'avoir acquis ne constitue pas une donation. Or, on ne saurait, d'une part, admettre l'application de l'art. 527 ch. 3 CC lorsqu'au décès du mari la totalité du bénéfice revient à la femme et, d'autre part, la rejeter lorsque c'est le mari qui a droit à tout le bénéfice à la mort de la femme. Il s'ensuit que la convention sur la répartition du bénéfice de l'union conjugale ne rentre pas dans les prévisions de l'art. 527 ch. 3 CC. L'art. 527 ch. 4 CC qui déclare sujettes à réduction les aliénations faites dans l'intention manifeste d'éluder les règles concernant la réserve ne saurait de même être appliqué à ce contrat. En le concluant, les époux ne font qu'user d'une faculté qui leur est expressément conférée par l'art. 214 al. 3 CC. L'exercice de ce droit n'est soumis à aucune restriction par la disposition qui l'institue, de sorte qu'il ne peut être assimilé à un acte accompli dans l'intention manifeste d'éluder des obligations légales.
Dans le régime de la communauté de biens, l'art. 226 CC confère aux époux le droit de prévoir par contrat de mariage un mode de partage autre que le partage par moitié; il ne limite leur liberté qu'en faveur des descendants du conjoint prédécédé, lesquels ont droit dans tous les cas au quart des biens communs existant lors du décès. Les contrats fixant seulement la répartition du bénéfice, conclus entre les époux mariés sous l'union des biens, ne sauraient être soumis à réduction et la liberté des conjoints, restreinte ainsi en cette matière au profit de tous les héritiers réservataires. Il y aurait en effet une contradiction, dont on ne peut admettre l'existence dans la loi, à n'assurer qu'aux descendants du conjoint prédécédé une part aux biens communs en cas de partage de l'ensemble des biens des époux et à considérer comme réductibles en faveur de tous les réservataires les conventions portant sur le seul bénéfice de l'union conjugale. Il suit de là que ces conventions ne tombent pas sous le coup des règles du droit successoral sur la réduction des dispositions du défunt.
On ne peut par ailleurs appliquer par analogie l'art. 226 al. 2 CC à la répartition conventionnelle du bénéfice réalisé par des époux mariés sous le régime de l'union des biens, car cette disposition vise une situation qui est différente de celle de l'art. 214 al. 3 CC: en particulier, dans la communauté universelle, le partage des biens communs épuise tout le patrimoine des époux, ce qui justifie la réserve d'un quart établie par l'art. 226 al. 2 CC en faveur des descendants du conjoint prédécédé, tandis que la répartition du bénéfice, dans l'union des biens, n'affecte que les économies faites par les époux et non pas tous les biens matrimoniaux.
La jurisprudence inaugurée par l'arrêt RO 58 II 1 doit dès lors être maintenue et le contrat de mariage attribuant la totalité du bénéfice à l'époux survivant, considéré comme un acte entre vifs de droit matrimonial qui n'est pas soumis à réduction en vertu des dispositions du droit successoral.
Selon la jurisprudence (RO 53 II 98/99, 81 II 423/425), les contrats de mariage sont soumis, comme les autres actes juridiques, aux limites établies par l'art. 2 al. 2 CC. L'exercice d'un droit est manifestement abusif lorsqu'il est contraire au but de ce droit. La liberté contractuelle prévue par l'art. 214 al. 3 CC tend à permettre aux époux d'aménager la répartition du bénéfice de l'union conjugale en considération de leurs intérêts réciproques, en particulier de corriger les effets du régime légal pour le conjoint survivant et d'assurer sa situation au point de vue matériel. Le fait que les époux avaient l'intention, en concluant le contrat de mariage, de se favoriser mutuellement ne suffit pas pour justifier l'application de l'art. 2 al. 2 CC. Pour qu'il y ait un abus manifeste de droit, il est nécessaire que la fin recherchée par les époux soit étrangère au but normal de la convention sur le partage du bénéfice prévue par l'art. 214 al. 3 CC, notamment que les conditions dans lesquelles le contrat a été conclu excluent qu'il ait été passé en vue de produire des effets conformes à la loi. En l'espèce, il ressort des constatations de la Cour cantonale que Marc-Robert Schlaeppi, dont le caractère autoritaire et emporté, les habitudes d'indépendance et les excès de boisson et de langage avaient rendu souvent la vie difficile à sa famille, avait su gré à la recourante de sa patience et de sa compréhension; il avait déclaré à ses amis qu'il se faisait du souci pour l'avenir de sa femme et qu'il voulait l'assurer au mieux; s'il avait eu certaines difficultés avec ses enfants, en particulier avec son fils, il n'exprima cependant jamais l'intention de les dépouiller au profit de sa seconde femme. En fait, il a laissé une fortune sur laquelle les intimés peuvent faire valoir leurs droits d'héritier. De plus, Marc-Robert Schlaeppi a épousé la recourante en 1936; en 1948, lorsque le contrat de mariage litigieux a été conclu, la vie commune avait duré douze ans, de sorte que l'on peut admettre que l'épouse a concouru à la réalisation du bénéfice de l'union conjugale. En outre, le contrat n'a pas été passé à la veille de la mort du mari; Marc-Robert Schlaeppi a vécu encore plus d'un an après sa conclusion et, au moment de la stipulation, il ignorait qu'il était atteint d'un cancer. Il résulte de ces faits que le contrat litigieux ne tombe en aucune façon sous le coup de l'art. 2 al. 2 CC et qu'il est valable. Le jugement attaqué doit en conséquence être réformé en ce sens que la créance résultant pour la recourante de l'attribution de la totalité du bénéfice de l'union conjugale n'est pas réductible, que ce bénéfice ne fait pas partie de la succession de Marc-Robert Schlaeppi dans laquelle la réserve de chacun des intimés est de 9/32, et qu'il revient en entier à la recourante.
3. Le troisième chef de conclusions du recours tend tout d'abord (litt. a) à faire prononcer que les apports de Marc-Robert Schlaeppi sur lesquels le partage doit porter ne comprennent pas trente actions Ciba sur les soixante qui ont été inventoriées au décès, ces trente action rentrant dans le bénéfice de l'union conjugale.
Selon les constatations de la Cour cantonale, Marc-Robert Schlaeppi était propriétaire de dix actions Ciba lors de son mariage et, à son décès, il en possédait soixante; en 1940 ou 1943, il avait souscrit dix actions nouvelles en utilisant le droit de souscription attaché à chacune des dix actions apportées en mariage; ce droit de souscription était alors coté en bourse 1045 fr.; Marc-Robert Schlaeppi avait payé, pour libérer ces nouvelles actions, 2010 fr. le 26 janvier 1943 et 8000 fr. le 28 janvier 1947; par la suite, la société Ciba a augmenté son capital au moyen de ses fonds propres, portant la valeur nominale de chaque action de 1000 fr. à 1500 fr. sans versement de la part des actionnaires, et divisé, en 1948, chaque titre de 1500 fr. en trois actions de 500 fr. Le jugement attaqué considère toutes les actions Ciba inventoriées au décès comme des apports de feu Schlaeppi tout en admettant à la charge de celui-ci une récompense de 10 000 fr. en faveur de la masse constituée par le bénéfice.
Cette opinion n'est pas fondée. Dans le régime de l'union des biens, le code civil distingue trois masses de biens: les apports, les biens matrimoniaux et les biens réservés. Ces derniers n'entrent pas en considération ici. Les apports de la femme sont les biens qui lui appartenaient lors de la conclusion du mariage ou qui lui échoient pendant le mariage par succession ou à quelque autre titre gratuit (art. 195 al. 1 CC) ainsi que les biens acquis à titre de remploi. Cette notion vaut également par analogie pour les apports du mari (RO 50 II 433). Les biens matrimoniaux sont constitués par les biens que les époux possédaient au moment de la célébration du mariage et ceux qu'ils acquièrent par la suite, les biens réservés exceptés (art. 194 CC). Le mari est propriétaire de ses apports et de tous les biens matrimoniaux qui ne sont pas des apports de la femme (art. 195 al. 2 CC).
Les trente actions Ciba litigieuses n'appartenaient pas au mari lors de la conclusion du mariage. Il les a acquises ultérieurement. Le droit de souscription qu'il a exercé à cet effet faisait cependant déjà partie de chacune des dix actions qu'il a apportées en mariage. Le droit de souscription d'actions nouvelles n'est en effet ni un fruit, ni un produit de l'action, mais il est une partie de l'action. C'est la compensation d'une perte pécuniaire et d'une perte d'influence éventuelle. Il permet à l'actionnaire de maintenir sa position financière et de conserver l'influence qu'il détient dans l'administration. L'action gratuite est également une partie du droit primitif de l'actionnaire (ROSSET, Du droit préférentiel de souscription d'actions, Recueil de travaux Neuchâtel, p. 229, 236, 238, 240). C'est la raison pour laquelle, en cas d'usufruit, les actions nouvelles gratuites appartiennent au propriétaire des actions anciennes et non à l'usufruitier (RO 46 II 473). Il n'en reste pas moins qu'une fois acquises, les nouvelles actions ont une existence indépendante des anciennes. En l'espèce, la propriété de dix actions apportées par Marc-Robert Schlaeppi lors la conclusion du mariage n'impliquait pas nécessairement la souscription et la libération de dix nouvelles actions. Celles-ci sont juridiquement autre chose que les dix anciennes actions.
Les dix actions nouvelles acquises en cours de mariage l'ont été non pas gratuitement mais à titre onéreux. Certes, le mari a pu user du droit de souscription attaché à chacune des dix actions constituant ses apports, mais pour obtenir les dix nouvelles il a dû verser 10 000 fr. et, selon les constatations de la Cour cantonale, son compte courant auprès du Crédit suisse a été débité de cette somme. Les nouvelles actions n'ont pas été acquises non plus à titre de remploi. Pour qu'il y ait remploi, il faut que, par la volonté des parties, les choses nouvelles aient remplacé dans la fortune de l'époux propriétaire d'autres valeurs du même genre vendues ou remboursées; le remploi est l'utilisation de deniers provenant de la réalisation d'un apport par l'achat de valeurs du même genre économique (RO 75 II 276/277). En l'espèce, les nouvelles actions n'ont pas remplacé d'autres titres du mari. Elles sont venues s'ajouter aux anciennes et n'ont pas été acquises avec des deniers appartenant aux apports, mais payées avec de l'argent frais que le mari s'est procuré par un emprunt. Il s'ensuit que les dix nouvelles actions Ciba souscrites et libérées en cours de mariage ne sont pas un apport de Marc-Robert Schlaeppi.
Ces dix nouvelles actions de 1000 fr. qui sont devenues par la suite trente actions de 500 fr. constituent des biens matrimoniaux; comme elles ne sont pas des apports de la femme, elles appartiennent au mari (art. 195 al. 2 CC). Elles doivent cependant être prises en considération pour le calcul du bénéfice de l'union conjugale. Dans les biens matrimoniaux qui sont la propriété du mari il faut distinguer en effet ses apports des autres biens. Seuls les apports sont soustraits pour le calcul du bénéfice; les autres biens, savoir les produits ou revenus des apports des deux époux et les choses acquises à titre onéreux, sont en revanche portés en compte à leur valeur à la dissolution du régime matrimonial. Le bénéfice représente en effet la valeur nette des biens matrimoniaux après reprise des apports et déduction des dettes de l'union conjugale. Les trente actions Ciba qui ont été acquises par Marc-Robert Schlaeppi en cours de mariage et qui étaient sa propriété font ainsi partie de sa succession, mais doivent être comprises, à leur valeur au moment du décès, dans les biens sur lesquels se calcule le bénéfice de l'union conjugale revenant à la recourante. La succession de Marc-Robert Schlaeppi n'a pas droit par ailleurs à une récompense en raison des droits de souscription utilisés pour acquérir les nouvelles actions. Ces droits sont en effet remplacés dans le patrimoine du mari par les actions qu'ils ont permis d'obtenir et qui font partie de la masse successorale.
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1. Dans les limites de l'art. 2 al. 2 CC sur l'abus de droit, les conjoints peuvent convenir par contrat de mariage, en vertu de l'art. 214 al. 3 CC, que tout le bénéfice reviendra à l'époux survivant; cette disposition n'est pas réductible par application des règles du droit successoral. (Confirmation de jurisprudence). (Consid. 1 et 2). 2. Les actions acquises pendant le mariage en faisant usage de droits de souscription d'actions attachés à des actions appartenantau mari doivent être comprises, à leur valeur au moment du décès, dans les biens sur lesquels se calcule le bénéfice de l'union conjugale. (Consid. 3).
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82 II 477
Sachverhalt ab Seite 478
A.- Marc-Robert Schlaeppi, né le 2 janvier 1883, a eu deux enfants, Anne-Marie et Marc-René, du mariage qu'il a contracté avec Claire Müller le 5 avril 1909. Le divorce des époux Schlaeppi a été prononcé par jugement du 28 septembre 1932.
Le 27 février 1936, Marc-Robert Schlaeppi s'est remarié avec Alice-Joséphine Verdan, née le 27 janvier 1899. Aucun enfant n'est issu de cette union.
Marc-Robert Schlaeppi est décédé à Clarens le 16 janvier 1950. Il a laissé un testament olographe du 27 décembre 1948 qui contient notamment les dispositions suivantes:
"Article 2.
Je renvoie mes descendants à leur réserve légale et j'institue ma femme Alice Schlaeppi, née Verdan, comme mon héritière pour le maximum que la loi me permet de lui attribuer dans ma succession.
Ma femme aura en outre le droit de choisir ceux de mes biens qu'elle décidera pour constituer sa part successorale et sa part aux biens matrimoniaux; elle pourra également, comme il lui conviendra, exiger que parties de ses droits soient exercés en usufruit sa vie durant sur ceux de mes biens qu'elle décidera.
Article 3.
Dans son lot, ma fille Anne-Marie aura le droit de demander l'attribution de la petite table à ouvrage venant de ma mère.
Article 4.
A titre de règle de partage, je prescris que ma femme Alice Schlaeppi, née Verdan, aura le droit, sa vie durant, d'habiter gratuitement l'appartement que nous occupons actuellement dans mon immeuble de Clarens; à cet effet, un droit d'habitation sera inscrit au Registre foncier pour lui garantir l'exercice de ses droits.
Article 5.
Je désigne comme mon exécuteur testamentaire Monsieur le notaire Georges Testaz à Montreux. .."
Le lendemain de la rédaction de son testament, le 28 décembre 1948, Marc-Robert Schlaeppi a conclu avec sa seconde femme un contrat de mariage ainsi conçu:
"Contrat de mariage
Par devant Georges Testaz, notaire à Montreux, pour le district de Vevey, comparaissent:
d'une part:
M. Marc-Robert fils de Marc Schlaeppi, de Boudry (Neuchâtel) et Gadmen (Berne), ingénieur, domicilié à Clarens, et
d'autre part:
son épouse Mme Alice Joséphine Schlaeppi, fille de François Verdan, des mêmes lieux d'origine et de domicile que le prénommé,
lesquels exposent préliminairement ce qui suit:
I. Ils se sont mariés à Montreux, le vingt-sept février mil neuf cent trente-six et n'ont jamais passé entre eux de contrat de mariage; ils se sont en conséquence soumis au régime matrimonial légal de l'union des biens (articles 178 et 194 suivants du code civil suisse).
II. Au moment du mariage, les apports des époux comparants étaient les suivants, ce que chacun d'eux accepte expressément, savoir:
pour l'époux: un capital net de quarante-sept mille francs (47 000 fr.)
pour l'épouse: une somme totale de six mille francs (6000 fr.) qu'elle a remise à son mari, ce dernier reconnaissant, par les présentes, devoir ladite somme à sa femme; la copie des présentes qui sera remise à l'épouse vaudra entre les mains de cette dernière comme reconnaissance de dette.
Jusqu'à ce jour, les époux comparants n'ont pas fait d'autres apports en mariage, en titres, valeurs ou espèces.
III. Les apports en mobilier des époux sont déterminés par les polices d'assurance contre l'incendie établies au nom de chacun des époux, les dites polices valant réciproquement comme reconnaissance d'apports entre les comparants.
Ceci exposé, les comparants conviennent de ce qui suit:
Article unique.
Le bénéfice prévu à l'article 214 du code civil suisse appartiendra en entier à l'époux survivant.
En paiement de ses apports et de sa part de bénéflce, l'époux survivant pourra demander l'attribution des biens matrimoniaux qu'il décidera.
En cas de dissolution de l'union conjugale pour une autre cause que le décès de l'un des époux, ledit bénéfice appartiendra en entier au mari.
Les comparants dispensent le notaire soussigné de faire inscrire le présent contrat au registre des régimes matrimoniaux."
Ce contrat a été approuvé par la Justice de paix du cercle de Montreux, en sa qualité d'autorité tutélaire, le 22 janvier 1949.
B.- Le 3 mars 1951, Anne-Marie et Marc-René Schlaeppi ont ouvert action contre dame Alice Schlaeppi-Verdan pour faire reconnaître leur part réservataire dans la succession de leur père, prononcer la nullité, subsidiairement la réductibilité de la disposition du contrat de mariage du 28 décembre 1948 attribuant la totalité du bénéfice de l'union conjugale à l'époux survivant et fixer la consistance du patrimoine paternel. Dame Alice Schlaeppi-Verdan a conclu à ce que le partage des biens laissés par son mari fût opéré conformément aux clauses du contrat de mariage et du testament.
Par jugement du 7 avril 1956, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a notamment déterminé de quels biens se compose la succession et prononcé que les demandeurs sont héritiers réservataires de leur père, que leur part est, pour chacun d'eux, des 9/32 de la succession, que l'attribution à la défenderesse de la totalité du bénéfice de l'union conjugale constitue, à concurrence des 2/3 de ce bénéfice, une libéralité réductible, que l'attribution à la défenderesse des biens énumérés dans la police d'assurance incendie établie en son nom constitue une libéralité réductible, et que la défenderesse a le droit de prélever, dans la liquidation du régime matrimonial, ses apports en espèces par 6000 fr., les biens mobiliers dont elle établira qu'ils constituent ses apports et, réduction réservée, les biens énumérés dans la police d'assurance incendie à son nom et le bénéfice de l'union conjugale.
C.- Contre ce jugement dame Alice Schlaeppi-Verdan a recouru en réforme au Tribunal fédéral. Elle conclut à ce qu'en modification de la décision attaquée il soit prononcé:
"1. L'attribution à la recourante par le contrat de mariage litigieux du 28 décembre 1948, de la totalité du bénéfice de l'union conjugale est valable et maintenue dans tous ses effets, dite attribution ne constituant pas une libéralité réductible.
2. Les droits des intimés, en leur qualité d'héritiers réservataires de feu Marc-Robert Schlaeppi, représentant pour chacun d'eux 9/32 (neuf trente-deuxièmes) de la succession, portent uniquement sur les apports du défunt, à l'exclusion du bénéfice réalisé au cours de l'union conjugale des époux Schlaeppi-Verdan, lequel bénéfice est attribué en entier à la recourante, avant tout partage.
3. Les apports de feu Marc-Robert Schlaeppi devant faire l'objet du partage entre parties ne comprennent pas les biens et valeurs ci-après:
a) 30 (trente) actions Ciba sur 60 (soixante) inventoriées au décès, ces trente actions rentrant dans le bénéfice de l'union conjugale.
b) ..."
Les intimés concluent au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
1. Selon l'arrêt RO 58 II 1, les époux mariés sous le régime de l'union des biens peuvent convenir par contrat de mariage, en vertu de l'art. 214 al. 3 CC, que tout le bénéfice reviendra au conjoint survivant, et cette disposition n'est pas réductible par application des règles du droit successoral.
Cette opinion est partagée par certains auteurs (GMÜR, Familienrecht, note 34 à l'art. 214, p. 612; ESCHER, Das Erbrecht, notes 6 à l'art. 462, p. 37/38, et 33 à l'art. 527, p. 459; ROSSEL et MENTHA, Manuel du droit civil suisse, vol. I, p. 374; LE FORT, Quotité disponible et réserve dans le code civil suisse, p. 118 et 121; DENZLER, Die Liquidation der Güterverbindung infolge Todes eines Ehegatten, p. 110/111; GUHL, Sicherung und Begünstigung der Ehegatten nach ehelichem Güterrecht und Erbrecht, Festschrift Tuor, p. 35) et combattue par d'autres (EGGER, Das Familienrecht, notes 18-20 à l'art. 214, p. 439; EGGER, Ehevertragliche Vereinbarungen über den Vorschlag, ZGB Art. 214 Abs. 3, Schweizerische Zeitschrift für Beurkundungs- und Grundbuchrecht, 33, 1952, p. 172/173; CAVIN, Régime matrimonial et droit de succession, Mélanges Guisan, p. 105 ss.; RÜSCH, Die Begünstigung des überlebenden Ehegatten, p. 24; SUTTER, Die Abgrenzung des Ehevertrages gegenüber dem Erbvertrag, p. 58 ss., 64, 74; DIENER, Vereinbarungen über Änderungen der Vorschlagsteilung, p. 76 ss.; MÜNCH, Die Ermittlung und Behandlung des Vor- und Rückschlages im ehelichen Güterrecht der Schweiz, p. 78/79; BLOCH, Vorschlagsverteilung der Ehegatten und Pflichtteilsrecht, Revue suisse de jurisprudence, 49, 1953, p. 1 ss.; VON AESCH, Zur Frage der Vorschlagsverteilung gemäss Art. 214 Abs. 3 ZGB, eod. loc., p. 189 ss.).
Pour sa part, la Cour cantonale ne s'est pas ralliée à la jurisprudence précitée: elle estime que le contrat de mariage litigieux est une disposition à cause de mort valable en la forme, mais soumise à réduction en conformité de l'art. 522 CC; elle fonde notamment son point de vue sur les travaux préparatoires du code civil au titre concernant les régimes matrimoniaux.
Les travaux préparatoires invoqués n'ont pas la portée ni le sens que leur attribue l'autorité cantonale, et l'on ne saurait en déduire que les dispositions du droit des successions sur l'action en réduction fussent applicables au contrat de mariage par lequel les époux conviennent d'une répartition du bénéfice de l'union conjugale différente de celle que prévoit l'art. 214 al. 1 CC. Certes, le projet de code civil du 28 mai 1904 contenait un article 204 ainsi conçu: "Les époux ne peuvent disposer par contrat de mariage, au préjudice de leurs descendants, de plus de la moitié des biens que chacun d'eux laissera au décès, et, sous le régime de la communauté universelle, de plus des trois quarts des biens communs existant à la même époque". Une disposition semblable figurait dans chacun des avantprojets (1893 art. 140, 1896 art. 222, 1900 art. 218, 1903 art. 218). Le Conseil national et le Conseil des Etats admirent le système du projet en ce qui concerne la communauté de biens et décidèrent en conséquence que les époux qui adopteraient ce régime devraient laisser aux descendants du conjoint prédécédé au moins le quart des biens formant la communauté au moment du décès; pour les autres régimes, ils modifièrent en revanche le projet et ajoutèrent à l'art. 204 un deuxième alinéa statuant que, hormis le cas de la communauté universelle, le droit des époux de disposer par contrat de mariage n'est limité que par les règles sur la réserve (Bulletin sténographique officiel de l'Assemblée fédérale 1905, Conseil national p. 691-695, Conseil des Etats p. 1103-1105). La disposition de ce deuxième alinéa ne figure cependant plus dans le texte définitif du code civil arrêté en vote final par les Chambres fédérales selon les propositions de la commission de rédaction, et le premier alinéa a passé au chapitre consacré à la communauté de biens où il est devenu le deuxième alinéa de l'art. 226 CC, les autres articles qui constituaient le chapitre sur le contrat de mariage étant placés dans les dispositions générales sur le régime matrimonial. La Cour cantonale considère que la disparition de ce deuxième alinéa de l'art. 204 du projet ne saurait signifier que la limitation du droit de disposer des époux eût été abandonnée. A son avis, comme le texte définitif de la loi se borne à fixer une réserve spéciale pour la communauté de biens, la réserve successorale ordinaire vaut pour les libéralités contenues dans des contrats de mariage conclus par des conjoints soumis à d'autres régimes. Elle estime en conséquence que, selon la genèse de la loi, les règles sur la réserve héréditaire doivent être considérées comme applicables aux contrats de mariage portant sur la répartition du bénéfice de l'union conjugale, conclus en conformité de l'art. 214 al. 3 CC.
Cette conclusion ne peut être admise. Il ne suffit pas en effet d'examiner les travaux législatifs qui concernent l'art. 204 du projet du Conseil fédéral, mais il faut encore se pencher sur la genèse de l'art. 214 CC, en particulier de son troisième alinéa. Le premier avant-projet partiel de 1893 ne contient aucune disposition sur le partage du bénéfice par convention passée entre les époux mariés sous le régime de l'union des biens; il prévoit uniquement à l'art. 162 qu'en cas de prédécès du mari, la moitié du bénéfice échoit à la femme outre son droit de succession. L'art. 241 de l'avant-projet de 1896 attribue le bénéfice au mari ou à ses héritiers, mais réserve le droit de la femme ou de ses descendants d'en réclamer une quote-part, s'il provient, pour un quart au moins, des apports ou du travail de la femme; selon l'art. 243, à défaut de convention entre les époux, il appartient au juge de statuer sur les contestations touchant la part du bénéfice ou du déficit attribuée à la femme ou à ses héritiers. L'avant-projet du Département fédéral de justice et police de 1900 prévoit, à l'art. 242, que le bénéfice appartient au mari ou à ses héritiers, mais que la femme ou ses descendants peuvent en réclamer une part proportionnelle si le bénéfice provient aussi du revenu des apports ou du travail de la femme; aux termes de l'art. 244, la part de la femme ou de ses héritiers au bénéfice ou au déficit peut être réglée par une convention entre les époux, faute de quoi le juge statue librement sur les contestations. Selon l'Exposé des motifs de cet avant-projet (p. 176) "la forme du contrat de mariage n'est pas nécessaire pour une convention de cette sorte"; le rapporteur s'est exprimé dans le même sens à la Commission d'experts lors de l'examen des art. 240 à 244 de l'avant-projet (Commission d'experts 1901-1902, I p. 228). La Commission d'experts décida de revenir au système de la détermination fixe de la part au bénéfice de la femme ou de ses descendants et de celle du mari ou de ses héritiers, et supprima en conséquence l'art. 244 (loc. cit. p. 231, 232); à cette occasion, le rapporteur déclara que les conjoints pourraient modifier la répartition légale en observant la forme du contrat de mariage; la part du mari ou de ses ayants cause fut arrêtée aux deux tiers du bénéfice et celle de la femme ou de ses descendants, au tiers (loc. cit. p. 233). L'avant-projet de 1903 (art. 242) et le projet du Conseil fédéral (art. 230) adoptèrent cette proportion pour le partage du bénéfice, sans prévoir de disposition au sujet des modifications dont les époux pourraient convenir. Lors de la discussion du projet au Conseil national, il ne fuut pas question des stipulations passées entre époux au sujet de la répartition du bénéfice. C'est le Conseil des Etats qui ajouta à l'art. 230 du projet un troisième alinéa ainsi conçu: "On pourra convenir par contrat de mariage d'une autre répartition du bénéfice et du déficit". Le rapporteur de la commission exposa à ce propos que les règles de l'art. 230 n'étaient pas de droit impératif mais que les époux avaient la faculté de modifier par contrat de mariage, dans une proportion laissée à leur volonté ("in beliebigem Umfange"), la répartition du bénéfice ou du déficit (Bulletin sténographique officiel de l'Assemblée fédérale, 1905, Conseil des Etats, p. 1140). L'art. 230 du projet modifié par le Conseil des Etats est devenu, après des améliorations rédactionnelles, l'art. 214 CC. Si l'on rapproche cette déclaration reconnaissant la liberté des conjoints d'aménager à leur gré le partage du bénéfice de l'union conjugale du fait que les conventions portant sur cet objet ne sont jamais mentionnées dans les débats de la Commission d'experts ou des Chambres fédérales, ni dans l'Exposé des motifs ou le Message du Conseil fédéral, lorsqu'est traitée la question des limites fixées aux contrats de mariage par les règles sur la réserve, et qu'inversement il n'est fait aucune allusion à ces limites dans les discussions sur la répartition conventionnelle du bénéfice, on doit admettre que les travaux préparatoires ne permettent pas de conclure que l'attribution par contrat de mariage de la totalité du bénéfice à l'un ou l'autre conjoint soit soumise à réduction en vertu des dispositions sur la réserve.
Au demeurant, selon les principes généraux d'interprétation du droit suisse, les travaux préparatoires ne sont pas décisifs; le sens et la portée de la loi doivent être dégagés de son texte, de sa logique interne et de son but (RO 80 II 79, 79 I 20, 79 II 434, 78 I 29/30).
2. L'art. 214 CC règle le partage du bénéfice ou du déficit pour le cas de la dissolution de l'union conjugale par suite du décès de l'un des époux, ainsi qu'il résulte de sa place sous la note marginale générale "F. Dissolution de l'union des biens" après les art. 212 et 213 qui déterminent le sort des apports de la femme à la mort du mari et au décès de la femme. Il dispose tout d'abord que le bénéfice restant après le prélèvement des apports de l'un et l'autre conjoint appartient pour un tiers à la femme ou à ses descendants et, pour le surplus, au mari ou à ses héritiers. A moins que les époux ne soient convenus d'un partage différent, cette règle s'impose à l'époux survivant et aux ayants cause du conjoint prédécédé: la part du mari est des deux tiers du bénéfice même si celui-ci provient des revenus des apports de la femme ou de son travail, et l'épouse ou ses descendants ne peuvent pas, par exemple, exiger plus que le tiers pour le motif que le bénéfice a son origine dans les biens qu'elle a apportés ou résulte de son activité; de même, le mari ou ses ayants cause ne peuvent contester à la femme ou à ses descendants le tiers du bénéfice, alors même qu'il est dû au seul travail du mari.
L'art. 214 al. 1 CC qui fixe la part de bénéfice revenant à chaque époux au décès de l'un d'eux n'est cependant pas de droit impératif. Il s'agit au contraire d'une règle de droit dispositif: aux termes de l'art. 214 al. 3 CC, les conjoints peuvent, par contrat de mariage, prévoir une autre répartition. Lorsque les époux ont fait usage de cette faculté, la répartition dont ils sont convenus fait seule règle et se substitue au mode légal de partage. La loi ne limite pas la liberté des époux et ne soumet la convention sur la répartition du bénéfice à aucune restriction. Par exemple, elle n'exige pas que les dispositions prises par les conjoints aient leur fondement dans telle ou telle circonstance particulière au regard de laquelle la répartition légale n'apparaîtrait pas justifiée. Elle ne s'occupe pas des mobiles qui peuvent amener les époux à régler conventionnellement le sort du bénéfice, mais elle leur confère le droit de conclure sur cet objet un contrat de mariage dont les dispositions prendront la place de la règle inscrite à l'art. 214 al. 1 CC. La réglementation conventionnelle établie par les époux en vertu des pouvoirs que la loi leur attribue expressément les lie, ainsi que leurs ayants cause, au même titre que la réglementation légale à laquelle elle est substituée.
Le bénéfice de l'union conjugale est le solde actif qui reste après déduction des dettes grevant les diverses masses de biens, attribution en nature des apports encore existants et règlement des récompenses pour les apports non représentés. Il est un résultat comptable établi au moment de la liquidation du régime matrimonial. Les termes employés par l'art. 214 al. 1 CC ne sont dès lors pas adéquats: le bénéfice, comme résultat comptable, ne peut pas appartenir à l'un ou l'autre époux. En réalité, la situation des conjoints ou de leurs ayants cause est la suivante: Le mari est propriétaire des biens matrimoniaux qui ne sont pas des apports de la femme (art. 195 al. 2 CC). Le bénéfice étant la valeur nette des biens matrimoniaux qui ne sont ni des apports ni des remplois, les dettes de l'union conjugale déduites, le mari n'acquiert aucun droit nouveau lors de la dissolution du régime; après la dissolution, il continue à être propriétaire des biens qui lui appartiennent conformément à l'art. 195 al. 2 CC. En revanche, un nouveau droit naît en faveur de l'épouse, savoir le droit à une part du bénéfice. Pendant le mariage, la femme n'a aucun droit au bénéfice, car celui-ci n'existe pas avant la dissolution du régime matrimonial. C'est dès lors seulement au moment de cette dissolution que le droit de l'épouse à une part du bénéfice prend naissance. Ce droit consiste dans une créance pécuniaire contre le mari. Bien que le cas de la dissolution de l'union des biens visée par l'art. 214 CC soit le décès de l'un des conjoints et que le droit de l'épouse à une part du bénéfice naisse ainsi à la mort du mari, la créance qui lui appartient de ce chef est de nature matrimoniale. Elle naît du calcul du bénéfice entrepris ensuite de la dissolution de l'union des biens et a sa cause dans le régime matrimonial. Le montant de la créance dépend de la part de bénéfice à laquelle chacun des conjoints peut prétendre. Cette part est fixée soit par la loi à raison d'un tiers à la femme et de deux tiers au mari, soit par l'acte juridique que les époux sont habilités à conclure pour la déterminer selon leur volonté. La répartition du bénéfice convenue par contrat de mariage, en conformité de l'art. 214 al. 3 CC, a sa cause juridique dans le régime matrimonial au même titre que celle qui est prévue par la loi. Alors même que la convention attribue le droit à la totalité du bénéfice à l'époux survivant, comme c'est le cas en l'espèce, elle ne constitue pas un acte à cause de mort mais reste un contrat entre vifs de droit matrimonial. La mort de l'un des époux n'est pas la cause de la convention, elle n'est qu'un terme d'exécution; la cause réside dans le régime matrimonial. C'est dès lors à tort que la Cour cantonale a considéré le contrat de mariage litigieux comme une libéralité à cause de mort réductible en vertu de l'art. 522 CC.
Par ailleurs, les libéralités à cause de mort ne peuvent être faites que par disposition pour cause de mort. Or, par disposition pour cause de mort le code civil entend exclusivement le testament et le pacte successoral (art. 481, 498, 512 CC; ESCHER, Das Erbrecht, p. 205, note 2). Il s'ensuit que l'attribution de la totalité du bénéfice à l'époux survivant par contrat de mariage ne saurait constituer une libéralité à cause de mort et qu'en conséquence les règles sur la réduction des dispositions pour cause de mort ne lui sont pas applicables.
Le contrat de mariage conclu par les époux Schlaeppi-Verdan ne tombe pas non plus sous le coup de l'art. 527 CC qui énumère les libéralités entre vifs sujettes à réduction. Les ch. 1 et 2 qui visent les libéralités faites à titre d'avancement d'hoirie ou de liquidation anticipée de droits hériditaires n'entrent pas en considération. Il en est de même du début du ch. 3 qui concerne les donations que le disposant pouvait librement révoquer. La seconde partie du ch. 3, qui se rapporte aux donations exécutées dans les cinq années antérieures au décès, n'est pas non plus applicable. De la part de la femme, la convention attribuant la totalité du bénéfice au mari ne peut être une donation, puisqu'au moment de la conclusion du contrat elle ne possède aucun droit au bénéfice et que, selon l'art. 239 al. 2 CO, le fait de renoncer à un droit avant de l'avoir acquis ne constitue pas une donation. Or, on ne saurait, d'une part, admettre l'application de l'art. 527 ch. 3 CC lorsqu'au décès du mari la totalité du bénéfice revient à la femme et, d'autre part, la rejeter lorsque c'est le mari qui a droit à tout le bénéfice à la mort de la femme. Il s'ensuit que la convention sur la répartition du bénéfice de l'union conjugale ne rentre pas dans les prévisions de l'art. 527 ch. 3 CC. L'art. 527 ch. 4 CC qui déclare sujettes à réduction les aliénations faites dans l'intention manifeste d'éluder les règles concernant la réserve ne saurait de même être appliqué à ce contrat. En le concluant, les époux ne font qu'user d'une faculté qui leur est expressément conférée par l'art. 214 al. 3 CC. L'exercice de ce droit n'est soumis à aucune restriction par la disposition qui l'institue, de sorte qu'il ne peut être assimilé à un acte accompli dans l'intention manifeste d'éluder des obligations légales.
Dans le régime de la communauté de biens, l'art. 226 CC confère aux époux le droit de prévoir par contrat de mariage un mode de partage autre que le partage par moitié; il ne limite leur liberté qu'en faveur des descendants du conjoint prédécédé, lesquels ont droit dans tous les cas au quart des biens communs existant lors du décès. Les contrats fixant seulement la répartition du bénéfice, conclus entre les époux mariés sous l'union des biens, ne sauraient être soumis à réduction et la liberté des conjoints, restreinte ainsi en cette matière au profit de tous les héritiers réservataires. Il y aurait en effet une contradiction, dont on ne peut admettre l'existence dans la loi, à n'assurer qu'aux descendants du conjoint prédécédé une part aux biens communs en cas de partage de l'ensemble des biens des époux et à considérer comme réductibles en faveur de tous les réservataires les conventions portant sur le seul bénéfice de l'union conjugale. Il suit de là que ces conventions ne tombent pas sous le coup des règles du droit successoral sur la réduction des dispositions du défunt.
On ne peut par ailleurs appliquer par analogie l'art. 226 al. 2 CC à la répartition conventionnelle du bénéfice réalisé par des époux mariés sous le régime de l'union des biens, car cette disposition vise une situation qui est différente de celle de l'art. 214 al. 3 CC: en particulier, dans la communauté universelle, le partage des biens communs épuise tout le patrimoine des époux, ce qui justifie la réserve d'un quart établie par l'art. 226 al. 2 CC en faveur des descendants du conjoint prédécédé, tandis que la répartition du bénéfice, dans l'union des biens, n'affecte que les économies faites par les époux et non pas tous les biens matrimoniaux.
La jurisprudence inaugurée par l'arrêt RO 58 II 1 doit dès lors être maintenue et le contrat de mariage attribuant la totalité du bénéfice à l'époux survivant, considéré comme un acte entre vifs de droit matrimonial qui n'est pas soumis à réduction en vertu des dispositions du droit successoral.
Selon la jurisprudence (RO 53 II 98/99, 81 II 423/425), les contrats de mariage sont soumis, comme les autres actes juridiques, aux limites établies par l'art. 2 al. 2 CC. L'exercice d'un droit est manifestement abusif lorsqu'il est contraire au but de ce droit. La liberté contractuelle prévue par l'art. 214 al. 3 CC tend à permettre aux époux d'aménager la répartition du bénéfice de l'union conjugale en considération de leurs intérêts réciproques, en particulier de corriger les effets du régime légal pour le conjoint survivant et d'assurer sa situation au point de vue matériel. Le fait que les époux avaient l'intention, en concluant le contrat de mariage, de se favoriser mutuellement ne suffit pas pour justifier l'application de l'art. 2 al. 2 CC. Pour qu'il y ait un abus manifeste de droit, il est nécessaire que la fin recherchée par les époux soit étrangère au but normal de la convention sur le partage du bénéfice prévue par l'art. 214 al. 3 CC, notamment que les conditions dans lesquelles le contrat a été conclu excluent qu'il ait été passé en vue de produire des effets conformes à la loi. En l'espèce, il ressort des constatations de la Cour cantonale que Marc-Robert Schlaeppi, dont le caractère autoritaire et emporté, les habitudes d'indépendance et les excès de boisson et de langage avaient rendu souvent la vie difficile à sa famille, avait su gré à la recourante de sa patience et de sa compréhension; il avait déclaré à ses amis qu'il se faisait du souci pour l'avenir de sa femme et qu'il voulait l'assurer au mieux; s'il avait eu certaines difficultés avec ses enfants, en particulier avec son fils, il n'exprima cependant jamais l'intention de les dépouiller au profit de sa seconde femme. En fait, il a laissé une fortune sur laquelle les intimés peuvent faire valoir leurs droits d'héritier. De plus, Marc-Robert Schlaeppi a épousé la recourante en 1936; en 1948, lorsque le contrat de mariage litigieux a été conclu, la vie commune avait duré douze ans, de sorte que l'on peut admettre que l'épouse a concouru à la réalisation du bénéfice de l'union conjugale. En outre, le contrat n'a pas été passé à la veille de la mort du mari; Marc-Robert Schlaeppi a vécu encore plus d'un an après sa conclusion et, au moment de la stipulation, il ignorait qu'il était atteint d'un cancer. Il résulte de ces faits que le contrat litigieux ne tombe en aucune façon sous le coup de l'art. 2 al. 2 CC et qu'il est valable. Le jugement attaqué doit en conséquence être réformé en ce sens que la créance résultant pour la recourante de l'attribution de la totalité du bénéfice de l'union conjugale n'est pas réductible, que ce bénéfice ne fait pas partie de la succession de Marc-Robert Schlaeppi dans laquelle la réserve de chacun des intimés est de 9/32, et qu'il revient en entier à la recourante.
3. Le troisième chef de conclusions du recours tend tout d'abord (litt. a) à faire prononcer que les apports de Marc-Robert Schlaeppi sur lesquels le partage doit porter ne comprennent pas trente actions Ciba sur les soixante qui ont été inventoriées au décès, ces trente action rentrant dans le bénéfice de l'union conjugale.
Selon les constatations de la Cour cantonale, Marc-Robert Schlaeppi était propriétaire de dix actions Ciba lors de son mariage et, à son décès, il en possédait soixante; en 1940 ou 1943, il avait souscrit dix actions nouvelles en utilisant le droit de souscription attaché à chacune des dix actions apportées en mariage; ce droit de souscription était alors coté en bourse 1045 fr.; Marc-Robert Schlaeppi avait payé, pour libérer ces nouvelles actions, 2010 fr. le 26 janvier 1943 et 8000 fr. le 28 janvier 1947; par la suite, la société Ciba a augmenté son capital au moyen de ses fonds propres, portant la valeur nominale de chaque action de 1000 fr. à 1500 fr. sans versement de la part des actionnaires, et divisé, en 1948, chaque titre de 1500 fr. en trois actions de 500 fr. Le jugement attaqué considère toutes les actions Ciba inventoriées au décès comme des apports de feu Schlaeppi tout en admettant à la charge de celui-ci une récompense de 10 000 fr. en faveur de la masse constituée par le bénéfice.
Cette opinion n'est pas fondée. Dans le régime de l'union des biens, le code civil distingue trois masses de biens: les apports, les biens matrimoniaux et les biens réservés. Ces derniers n'entrent pas en considération ici. Les apports de la femme sont les biens qui lui appartenaient lors de la conclusion du mariage ou qui lui échoient pendant le mariage par succession ou à quelque autre titre gratuit (art. 195 al. 1 CC) ainsi que les biens acquis à titre de remploi. Cette notion vaut également par analogie pour les apports du mari (RO 50 II 433). Les biens matrimoniaux sont constitués par les biens que les époux possédaient au moment de la célébration du mariage et ceux qu'ils acquièrent par la suite, les biens réservés exceptés (art. 194 CC). Le mari est propriétaire de ses apports et de tous les biens matrimoniaux qui ne sont pas des apports de la femme (art. 195 al. 2 CC).
Les trente actions Ciba litigieuses n'appartenaient pas au mari lors de la conclusion du mariage. Il les a acquises ultérieurement. Le droit de souscription qu'il a exercé à cet effet faisait cependant déjà partie de chacune des dix actions qu'il a apportées en mariage. Le droit de souscription d'actions nouvelles n'est en effet ni un fruit, ni un produit de l'action, mais il est une partie de l'action. C'est la compensation d'une perte pécuniaire et d'une perte d'influence éventuelle. Il permet à l'actionnaire de maintenir sa position financière et de conserver l'influence qu'il détient dans l'administration. L'action gratuite est également une partie du droit primitif de l'actionnaire (ROSSET, Du droit préférentiel de souscription d'actions, Recueil de travaux Neuchâtel, p. 229, 236, 238, 240). C'est la raison pour laquelle, en cas d'usufruit, les actions nouvelles gratuites appartiennent au propriétaire des actions anciennes et non à l'usufruitier (RO 46 II 473). Il n'en reste pas moins qu'une fois acquises, les nouvelles actions ont une existence indépendante des anciennes. En l'espèce, la propriété de dix actions apportées par Marc-Robert Schlaeppi lors la conclusion du mariage n'impliquait pas nécessairement la souscription et la libération de dix nouvelles actions. Celles-ci sont juridiquement autre chose que les dix anciennes actions.
Les dix actions nouvelles acquises en cours de mariage l'ont été non pas gratuitement mais à titre onéreux. Certes, le mari a pu user du droit de souscription attaché à chacune des dix actions constituant ses apports, mais pour obtenir les dix nouvelles il a dû verser 10 000 fr. et, selon les constatations de la Cour cantonale, son compte courant auprès du Crédit suisse a été débité de cette somme. Les nouvelles actions n'ont pas été acquises non plus à titre de remploi. Pour qu'il y ait remploi, il faut que, par la volonté des parties, les choses nouvelles aient remplacé dans la fortune de l'époux propriétaire d'autres valeurs du même genre vendues ou remboursées; le remploi est l'utilisation de deniers provenant de la réalisation d'un apport par l'achat de valeurs du même genre économique (RO 75 II 276/277). En l'espèce, les nouvelles actions n'ont pas remplacé d'autres titres du mari. Elles sont venues s'ajouter aux anciennes et n'ont pas été acquises avec des deniers appartenant aux apports, mais payées avec de l'argent frais que le mari s'est procuré par un emprunt. Il s'ensuit que les dix nouvelles actions Ciba souscrites et libérées en cours de mariage ne sont pas un apport de Marc-Robert Schlaeppi.
Ces dix nouvelles actions de 1000 fr. qui sont devenues par la suite trente actions de 500 fr. constituent des biens matrimoniaux; comme elles ne sont pas des apports de la femme, elles appartiennent au mari (art. 195 al. 2 CC). Elles doivent cependant être prises en considération pour le calcul du bénéfice de l'union conjugale. Dans les biens matrimoniaux qui sont la propriété du mari il faut distinguer en effet ses apports des autres biens. Seuls les apports sont soustraits pour le calcul du bénéfice; les autres biens, savoir les produits ou revenus des apports des deux époux et les choses acquises à titre onéreux, sont en revanche portés en compte à leur valeur à la dissolution du régime matrimonial. Le bénéfice représente en effet la valeur nette des biens matrimoniaux après reprise des apports et déduction des dettes de l'union conjugale. Les trente actions Ciba qui ont été acquises par Marc-Robert Schlaeppi en cours de mariage et qui étaient sa propriété font ainsi partie de sa succession, mais doivent être comprises, à leur valeur au moment du décès, dans les biens sur lesquels se calcule le bénéfice de l'union conjugale revenant à la recourante. La succession de Marc-Robert Schlaeppi n'a pas droit par ailleurs à une récompense en raison des droits de souscription utilisés pour acquérir les nouvelles actions. Ces droits sont en effet remplacés dans le patrimoine du mari par les actions qu'ils ont permis d'obtenir et qui font partie de la masse successorale.
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1. Entro i limiti dell'art. 2 cp. 2 CC concernente l'abuso di diritto i coniugi possono stabilire mediante convenzione matrimoniale, in virtù dell'art. 214 cp. 3 CC, che tutti gli aumenti spetteranno al coniuge sopravvivente. Questa convenzione non soggiace alla riduzione in applicazione delle norme del diritto successorio. (Conferma della giurisprudenza). (Consid. 1 e 2). 2. Le azioni acquistate durante il matrimonio usando del diritto di sottoscrizione inerente ad azioni appartenenti al marito devono essere incluse, con il valore al momento della morte, nei beni sui quali è calcolato l'aumento della sostanza coniugale. (Consid. 3).
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82 II 48
Sachverhalt ab Seite 48
A.- Die Klima und Thermik AG in Zürich lud ihre Gläubiger auf 27. November 1952 zu einer Versammlung ein und teilte ihnen an dieser mit, dass ihre Bilanz auf 31. Oktober 1952 einen Verlustsaldo von Fr. 47'417.90 ergebe und dass die nicht privilegierten Gläubiger im Konkurs mit einem vollständigen Verlust zu rechnen hätten. Am 27. Januar 1953 stellte sie dem Rechtsanwalte Dr. W. Baechi folgende, seine Adresse tragende und von den Verwaltungsräten Neukomm und Bachmann unterschriebene Erklärung aus: "Die unterzeichnete Verwaltung der Klima und Thermik AG tritt hiermit die sämtlichen Ansprüche, die der Gesellschaft gegenüber Herrn Fritz Gschwind zustehen, insbesondere Ansprüche der Verantwortlichkeit im Sinne von Art. 754 ff. OR, an das in Gründung befindliche Gläubigerkonsortium Orion Werke AG und Mitbeteiligte ab.".
Die ersten Schritte zur Bildung des in dieser Erklärung erwähnten Konsortiums unternahm Dr. Baechi am 3. Februar 1953, indem er sich durch ein Rundschreiben an die Gläubiger der Klima und Thermik AG wandte. Darin teilte er ihnen mit, dass eine Verantwortlichkeitsklage gegen Fritz Gschwind, den früheren einzigen Verwaltungsrat der Gesellschaft, gute Aussichten hätte und im Falle des Erfolges möglicherweise ein Betrag hereingebracht werden könnte, der alle Gläubiger decken würde. Keiner von ihnen scheine Lust zu haben, ein Konkursbegehren zu stellen. Es dürfte richtig sein, die Konkurskosten einzusparen und es der Verwaltung zu überlassen, die geringen Aktiven zu liquidieren und den Erlös zur wenigstens teilweisen Befriedigung der privilegierten Gläubiger zu verwenden. Auch die Durchführung eines Nachlassvertrages dürfte sich unter diesen Umständen erübrigen. Um die Verantwortlichkeitsansprüche gegen Gschwind geltend zu machen, empfehle sich für die daran interessierten Gläubiger der Zusammenschluss zu einem Konsortium, dem die Klima und Thermik AG diese Ansprüche abtrete. Die Abtretungserklärung liege schon vor. Die Kosten und der Erlös würden nach Massgabe der Forderungen der Mitglieder des Konsortiums geteilt, und ein allfälliger Überschuss würde der Aktiengesellschaft zuhanden der übrigen Gläubiger zur Verfügung gestellt. Dr. Baechi lud die Gläubiger ein, ihm, falls sie diesen Vorschlag billigten, bis 10. Februar 1953 eine dem Rundschreiben beigelegte "Beitrittserklärung" folgenden Inhalts unterzeichnet zurückzusenden: "Die unterzeichnete Firma beteiligt sich mit ihrer Forderung von Fr. ... an dem Konsortium von Gläubigern der Klima und Thermik AG zwecks Durchführung zivil- und strafrechtlicher Verantwortlichkeitsansprüche gegen Fritz Gschwind. Herr Rechtsanwalt Dr. Walter Baechi erhält hiermit Vollmacht, alle für die Geltendmachung dieser Ansprüche nötigen gerichtlichen und aussergerichtlichen Schritte durchzuführen".
In der Zeit vom 4. Februar bis 14. November 1953 wurde diese Erklärung von der Allega SA, der Orion Werke AG und von siebzehn weiteren Personen unterzeichnet, die sich als Gläubiger der Klima und Thermik AG bezeichnen.
In ihrem Namen klagte Dr. Baechi am 9. Dezember 1953 beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen Gschwind auf Bezahlung von Fr. 58'185.30 nebst 5% seit 12. November 1953. Er begründete die Forderung als solche aus Verantwortlichkeit gemäss Art. 754 OR. Der Schaden sei dadurch entstanden, dass Gschwind für die noch nicht einbezahlte Hälfte des Aktienkapitals von Fr. 100 000.-- nicht Sicherstellung verlangt (Art. 686 Abs. 3 OR) bezw. die Einzahlungspflicht nicht geltend gemacht und mindestens Fr. 8185.30 aus Mitteln der Gesellschaft zur persönlichen Bereicherung verwendet habe.
Am 9. September 1953 war über die Klima und Thermik AG der Konkurs eröffnet und am 28. des gleichen Monats mangels Aktiven eingestellt worden. Am 28. Januar 1954 wurde die Firma im Handelsregister gelöscht.
B.- Am 7. Juli 1955 wies das Handelsgericht die Klage der Allega SA und ihrer Streitgenossen ab.
Zur Begründung führte es aus, die Abtretungserklärung vom 27. Januar 1953 sei nicht geeignet gewesen, den Übergang der eingeklagten Forderung von der Gesellschaft auf die Kläger zu bewirken, weil die Zessionare nicht hinreichend bestimmbar gewesen seien, das Erfordernis der Schriftform also nicht erfüllt sei. Die Abtretungserklärung sei zudem widerrechtlich, weil sie Art. 758 und 756 OR sowie Art. 260 und 316 a ff. SchKG umgehe. Zum Schutze der Aktiengesellschaft und ihrer Organe vor missbräuchlichen Verantwortlichkeitsklagen gebe Art. 758 OR den Gläubigern das Klagerecht erst, wenn über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet worden sei, oder - gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung - wenn sie einen Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung abgeschlossen habe. Das Gesetz könne daher den Gläubigern nicht erlauben wollen, sich den mit ihrem Verantwortlichkeitsanspruch inhaltlich übereinstimmenden Anspruch der noch aufrecht stehenden Gesellschaft abtreten zu lassen und ihn ausserhalb des Konkurses oder eines Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung einzuklagen. Art. 758 OR verlöre sonst jede Bedeutung. Es sei nicht sinnlos, den Konkurs durchzuführen, um zum gleichen Ergebnis zu gelangen, das die Kläger durch die Abtretung ausserhalb eines Konkurses erreichen wollten. Die amtliche Mitwirkung bei der Liquidation des Vermögens eines zahlungsunfähigen Schuldners sei unerlässlich, damit nicht einzelne Gläubiger zum Vorteil anderer benachteiligt würden. Gerade der vorliegende Fall zeige, zu welchen unhaltbaren Folgen die den Klägern vorschwebende private Liquidation führen würde. Die vom Beklagten bestrittene Gläubigereigenschaft der Kläger sei nicht erwiesen, und ein Erwahrungs- und Kollokationsverfahren, wie es im Konkurs stattfinde, sei im Rahmen des vorliegenden Prozesses undenkbar. Es bestehe auch keine Gewähr dafür, dass die Kläger mit einem Überschuss an Erlös sachgemäss verfahren würden, wie die Konkursverwaltung im Falle der Abtretung nach Art. 260 SchKG es tun müsse. Neben dem Konkurs und dem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung als mit allen gesetzlichen Garantien umgebene gesetzliche Liquidationsverfahren habe die von den Klägern beabsichtigte private Liquidation keinen Raum. Jene beiden Verfahren seien um der öffentlichen Ordnung willen geschaffen worden und beanspruchten daher ausschliessliche Geltung. Die Nichtigkeit der widerrechtlichen Abtretung ergebe sich aus Art. 20 und 164 OR. Es könne daher offen bleiben, ob die Abtretung auch wegen der damit bezweckten Begünstigung der Kläger zum Nachteil der anderen Gläubiger der Klima und Thermik AG ungültig wäre.
C.- Die Kläger haben die Berufung erklärt. Sie beantragen, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung und zur Gutheissung der Klage an das Handelsgericht zurückzuweisen.
D.- Der Beklagte beantragt, die Berufung sei abzuweisen und das Urteil des Handelsgerichts zu bestätigen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Abtretung bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form (Art. 165 Abs. 1 OR). Diese hat alle wesentlichen Teile der Willenserklärung zu decken. Aus der Schrift muss sich daher nicht nur ergeben, welche Forderung abgetreten wird, insbesondere wer Gläubiger und wer Schuldner ist, sondern auch, an wen sie abgetreten wird. Das heisst nicht, dass der neue Gläubiger in der Schrift mit Namen bezeichnet oder sonstwie so genau beschrieben werden müsse, dass zum vornherein feststehe, wem die Forderung nunmehr gehöre. Es genügt, dass der Zessionar, sei es sofort, sei es später, bestimmbar ist. Dem kann nicht entgegengehalten werden, der Abtretende müsse im Zeitpunkt der Abtretung wissen, wem er die Forderung übertrage. Das Gesetz verlangt die Schriftlichkeit nicht zum Schutze des Zedenten vor übereilter Abtretung, sondern nur im Interesse der Rechtssicherheit. Dritte, insbesondere der Schuldner der abgetretenen Forderung, die Gläubiger des Zedenten oder des Zessionars, und im Streitfalle der Richter, sollen anhand eines deutlich kund gewordenen Vorganges feststellen können, wem die Forderung zusteht. Es kann daher z.B. die Bezeichnung des neuen Gläubigers in der schriftlichen Abtretungserklärung diesem selbst oder einem Dritten überlassen werden (Blankozession); dies umsomehr als das Gesetz ausdrücklich auch die Übertragung der in Wertpapieren verkörperten Forderungen durch Bankoindossament gestattet (siehe insbesondere Art. 1003 Abs. 2 OR), obschon gerade im Wertpapierrecht das Gebot der Rechtssicherheit strenge Einhaltung der Formvorschriften verlangt. Es muss deshalb auch zulässig sein, dass der Abtretende die Bestimmung des Zessionars nicht vollständig in dessen Belieben oder in das Belieben eines Dritten stelle, sondern den Kreis der Personen, welche Zessionare werden können, einengt. Damit geht er weniger weit, als wenn er die Forderung blanko abtritt und sich so des Rechts begibt, selber den Zessionar zu bezeichnen. Es genügt, dass anhand anderer Tatsachen ermittelt werden kann, auf welche Person oder Personen aus dem vom Zedenten umschriebenen Kreise der möglichen Erwerber die Forderung übergeht. Diese Tatsachen können auch in Willenserklärungen anderer bestehen, und zwar auch in solchen, die erst in der Zukunft abgegeben werden, wie es auch bei der Blankozession zutrifft.
2. Die vorliegende Abtretungserklärung hält vor Art. 165 Abs. 1 OR stand.
Dass sie den alten Gläubiger und den Schuldner bezeichnet und auch erkennen lässt, welche Forderung abgetreten werden will, wird mit Recht nicht bestritten.
Aber auch die neuen Gläubiger sind so genau bestimmbar, wie das Gebot der Rechtssicherheit es verlangt. Die Klima und Thermik AG hat sie umschrieben als "das in Gründung befindliche Gläubigerkonsortium Orion Werke AG und Mitbeteiligte". Unter den Gläubigern waren selbstverständlich nur solche der Klima und Thermik AG verstanden. Die erwähnte Wendung schränkt sodann den Kreis der Berechtigten weiter ein auf jene Gläubiger, die neben der Orion Werke AG dem Konsortium angehören würden. Da die Abtretungserklärung an Dr. Baechi adressiert war, konnte nur jenes Konsortium verstanden sein, das er, und zwar unter Beteiligung der Orion Werke AG, zu gründen sich vorgenommen hatte. Weiter war es gekennzeichnet durch den Zweck, den es verfolgen würde und der nicht missverstanden werden konnte. Er bestand in der Geltendmachung der abgetretenen Verantwortlichkeitsansprüche. Nur dieses, kein anderes Konsortium ist denn auch gegründet worden und erhebt Anspruch auf die abgetretene Forderung.
Wer im einzelnen die Zessionare waren oder sein würden, stand damit freilich noch nicht fest. Zum Teil hing ihre Bestimmung vom Willen des Dr. Baechi ab, da der Wortlaut der Abtretungserklärung offen liess, ob er allen ihm bekannten oder nur bestimmten auserwählten Gläubigern Gelegenheit geben werde, sich dem Konsortium anzuschliessen. Inwiefern aber diese Einflussnahme des Dr. Baechi auf die Bildung des Konsortiums und damit auf den Kreis der Zessionare gegen die guten Sitten verstossen sollte, wie der Beklagte geltend macht, ist nicht zu ersehen.
Jeder Empfänger einer Blankozession, dem der Abtretende die Bezeichnung des Zessionars oder der Zessionare überlassen hätte, wäre in gleicher Lage gewesen wie Dr. Baechi. Dieser hat denn auch nichts unternommen, was sich mit den guten Sitten nicht vertrüge, hat er doch alsbald allen ihm bekannten Gläubigern der Klima und Thermik AG durch Rundschreiben Gelegenheit gegeben, sich dem Konsortium anzuschliessen. Dass sodann nur Zessionar werden konnte, wer sich durch eine Willenserklärung dem Konsortium anschloss, macht die Abtretungserklärung ebenfalls nicht ungültig. Die Personen, die diese Willenserklärung abgegeben haben, sind ohne weiteres bestimmbar, zumal Dr. Baechi Schriftlichkeit verlangt hat.
Damit steht ein für allemal fest, auf wen die abgetretene Forderung übergegangen ist. Es ist nicht so, dass nachträglich noch jeder andere Gläubiger der Klima und Thermik AG den Beitritt erklären und sich dadurch zum Mitzessionar machen könnte. Aus dem Zwecke, den sich das Gläubigerkonsortium nach richtiger Auslegung der Abtretungserklärung zu setzen hatte, ergibt sich, dass der Beitritt spätestens bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung der abgetretenen Forderung erfolgen sollte. Das Handelsgericht missversteht die Kläger, wenn es ihnen vorhält, sie hätten in der Replik erklären lassen, es könnten sich nach wie vor weitere Gläubiger dem Konsortium anschliessen. Wie ihre Äusserung gemeint war, zeigt der weitere Text der Replik, lautend: "So hat sich nachträglich der ... Gläubiger Schmidlin ... dem Konsortium angeschlossen, und die Teilnehmer des Konsortiums haben sich einstimmig damit einverstanden erklärt, dass Schmidlin intern als Mitglied behandelt wird." Interne Aufnahme weiterer Gläubiger in das Konsortium bedeutet nur, dass die Aufgenommenen stille Teilhaber der einfachen Gesellschaft, nicht auch, dass sie Mitinhaber (Zessionare) der abgetretenen Forderung würden.
Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich die Ungültigkeit der streitigen Erklärung auch nicht aus der Interessenlage ableiten. Das Bedenken des Beklagten, dem Gläubigerkonsortium könnte jemand beitreten, dem der Zedent nichts schuldet, ist unbegründet. Nach dem Sinne der Erklärung vom 27. Januar 1953 ist Gläubigereigenschaft Voraussetzung der Abtretung. Ohne sie wird der Beitretende nicht Mitinhaber der Forderung. Sie muss daher, wenn sie bestritten ist, nachgewiesen werden. So wird auch im vorliegenden Falle darüber Beweis zu führen sein, wenn die Vorinstanz an der Gläubigereigenschaft der Kläger zweifelt. Ebensowenig hält der Einwand Stich, unter den Zessionaren könnte sich einer befinden, den der Zedent nachträglich auf andere Weise befriedigt. Der Zedent kann die anderweitige Befriedigung davon abhängig machen, dass der Gläubiger seinen Anteil an der Forderung zurückzediere oder den verbleibenden Gläubigern des Konsortiums übertrage. Auch steht es ihm frei, die Abtretung von Anfang an mit entsprechenden Bedingungen zu versehen (BGE 67 II 127). Die Berufung auf die Interessen des Schuldners hilft dem Beklagten ebenfalls nicht. Er macht geltend, wenn eine Forderung an eine einfache Gesellschaft abgetreten werde, deren Mitglieder nicht bestimmt seien, könne der Schuldner weder wissen, an wen er mit befreiender Wirkung zu zahlen vermöge, noch prüfen, ob er mit Gegenforderungen verrechnen könne. Der erste Einwand versagt schon deshalb, weil der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien kann, wenn er im Ungewissen ist, wem die Forderung zusteht (Art. 168 Abs. 1 OR). Nichts hindert ihn sodann, von einem allfälligen Verrechnungsrechte gegenüber jedem Gebrauch zu machen, gegenüber dem es ihm zusteht und der ihn auf Grund der Abtretung belangt. Gehört die abgetretene Forderung der einfachen Gesellschaft zu gesamter Hand, so kann er mit Forderungen gegen einen einzelnen Gesellschafter ohnehin nicht verrechnen; denn Art. 573 Abs. 1 OR ist entsprechend anwendbar.
3. Art. 164 Abs. 1 OR schliesst die Abtretung aus, wenn ihr Gesetz, Vereinbarung oder Natur des Rechtsverhältnisses entgegenstehen.
Keine gesetzliche Bestimmung verbietet die Abtretung der Schadenersatzforderung einer Aktiengesellschaft aus Art. 754 OR, und auch eine Vereinbarung, die das tun würde, steht im vorliegenden Falle nicht in Frage.
Was sodann die Natur des Rechtsverhältnisses betrifft. so ist zwar unter der Herrschaft des alten Obligationenrechts (vgl. V. ROSSEL, ZBJV 39 505 ff. u. 553 ff.) die Meinung vertreten worden, der Schadenersatzanspruch der Aktiengesellschaft gegen die mit der Verwaltung und Kontrolle betrauten Personen sei ein höchstpersönliches Recht, das nicht einmal in die Konkursmasse der Gesellschaft fallen könne. Diese Auffassung hält indessen einer näheren Prüfung nicht stand. Gewiss steht es im Belieben der Gesellschaft, ihre Forderung geltend zu machen oder nicht. Das ist aber keine Besonderheit gerade dieses Anspruchs. Übrigens sieht das Gesetz vor, dass ungeachtet der Haltung der Gesellschaft der einzelne Aktionär Leistung des Ersatzes an die Gesellschaft verlangen kann, ausgenommen z.B. wenn er einem Entlastungsbeschluss der Generalversammlung zugestimmt hat (Art. 755, 757 OR). Schon daraus erhellt, dass es keine höchstpersönliche Angelegenheit der Gesellschaft ist, ob der in ihrem Vermögen entstandene Schaden auszugleichen sei oder nicht. Es wäre denn auch sonderbar, wenn das Gesetz eine Forderung, die nicht etwa durch Verletzung in den persönlichen Verhältnissen entstanden ist, sondern nur auf Ersatz von Vermögensschaden geht, so untrennbar mit der Gesellschaft verbunden hätte, dass kein Rechtsnachfolger sie geltend machen könnte, während die Gesellschaft doch über ihre anderen Vermögensrechte frei verfügen kann. Dass die Beziehungen des Ersatzpflichtigen zur Gesellschaft höchstpersönliche seien, ist jedenfalls dann nicht richtig, wenn der Ersatzpflichtige ein nur durch Dienstvertrag gebundener Geschäftsführer ist oder lediglich einen Auftrag zur Ausübung der Kontrolle hat. Zudem kann auch aus einem höchstpersönlichen Rechtsverhältnis eine jeder persönlichen Natur entkleidete Forderung entstehen, wie z.B. für die Schadenersatzforderung wegen Verlöbnisbruches daraus geschlossen werden muss, dass Art. 92 im Gegensatz zu dem die Genugtuungsforderung betreffenden Art. 93 Abs. 1 ZGB die Unübertragbarkeit nicht festsetzt. Dass die Schadenersatzforderung aus Art. 754 OR nicht vom Fortbestande der Gesellschaft abhängt, ergibt sich ferner daraus, dass sie - gegenüber Liquidatoren - auch zugunsten einer aufgelösten Gesellschaft entstehen kann (Abs. 2). Dass sie auch zu den Aktiven der Konkursmasse der Gesellschaft gehört, versteht sich von selbst; denn es liefe dem Zwecke der Verantwortlichkeitsordnung, insbesondere der im rev. OR getroffenen Verschärfung der Verantwortlichkeit der mit der Verwaltung, Geschäftsführung und Kontrolle betrauten Personen entgegen, wenn die Forderung gerade im Hauptanwendungsfall, dem Konkurse der Gesellschaft, dahinfiele. Übrigens sieht das Gesetz ausdrücklich vor, dass die Konkursverwaltung im Gesellschaftskonkurse den Anspruch der Aktionäre und Gesellschaftsgläubiger geltend zu machen habe (Art. 756 Abs. 1 OR). Dieser Anspruch deckt sich inhaltlich insoweit mit jenem der Gesellschaft, als er den mittelbaren, durch Schädigung der Gesellschaft verursachten Schaden betrifft (Art. 755 OR). Daraus erhellt, dass der Verantwortliche den der Gesellschaft zugefügten Schaden auch in deren Konkurs noch zu ersetzen hat. Die Überlegung, im Konkurse könne kein Entlastungsbeschluss mehr gefasst werden, obschon beachtliche Gründe hiezu bestehen könnten (ROSSEL, a.a.O. 555 f.), ist damit gegenstandslos. Sie würde aber auch sonst nicht durchschlagen, da der Entlastungsbeschluss nicht Voraussetzung des Bestandes der Schadenersatzforderung oder ihrer Geltendmachung ist, sondern sie im Gegenteil vernichtet.
Das Bundesgericht hat denn auch schon die Abtretbarkeit des Verantwortlichkeitsanspruches der Gesellschaft im Falle eines Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung bejaht (BGE 64 III 22,BGE 67 II 170), ja sogar allgemein und unter Bezug auf das geltende Recht (Art. 758 OR, Art. 43 Bankengesetz) ausgeführt, dass der Verantwortlichkeitsanspruch der Aktiengesellschaft unbeschränkt an Dritte, z.B. an Gesellschaftsgläubiger, abgetreten werden könne (BGE 64 III 22). Auch im deutschen Recht wird anerkannt, dass der Schadenersatzanspruch der Aktiengesellschaft aus Verletzung der Sorgfaltspflichten der Vorstandsmitglieder grundsätzlich übertragen (abgetreten und gepfändet) werden kann (vgl. deutsches Aktiengesetz § 84 Abs. 5, ebenso im früheren Recht § 241 HGB).
4. Ist der Schadenersatzanspruch der Gesellschaft nicht höchstpersönlich, so ist nicht zu ersehen, weshalb er nicht auch an einen Gesellschaftsgläubiger sollte abgetreten werden können. Freilich können die Gläubiger ihren in Art. 755 OR umschriebenen Anspruch nur einklagen, wenn die Gesellschaft im Konkurse ist und die Konkursverwaltung den Anspruch nicht geltend macht (Art. 758, 756 OR). Es trifft auch zu, dass diese Beschränkung die Gesellschaft und ihre mit der Verwaltung, Geschäftsführung und Kontrolle betrauten Personen vor missbräuchlichen Klagen der Gläubiger bewahren soll. Dieser Zweck wird jedoch nicht vereitelt, wenn die Gesellschaft ihren Schadenersatzanspruch an einen Gläubiger abtritt. Tut sie das, so kann sie sich nicht mit Fug belästigt fühlen, wenn der Zessionar die abgetretene Forderung einklagt und sich dadurch in die Angelegenheiten der Gesellschaft einmischt. Der Beklagte sodann steht nicht schlechter da als jeder Schuldner, der Gefahr läuft, zufolge der Abtretung strenger verfolgt zu werden, als ihn der alte Gläubiger verfolgt hätte. Wollte das Gesetz, dass der Verantwortliche unter keinen Umständen von einem anderen als von der Gesellschaft selbst belangt werde, so würde es nicht den Aktionären und den Gesellschaftsgläubigern - wenn auch letzteren nur im Konkurs - ein selbständiges Klagerecht geben. Der Zweck dieses Rechts kann nur darin bestehen, die Verantwortlichkeitsordnung wirksamer zu gestalten, da die Verwaltung oder eine von Mitgliedern der Verwaltung beeinflusste Generalversammlung es oft unterlässt, die der Gesellschaft zustehende Schadenersatzforderung einzuklagen. Wenn die Gesellschaft sich dazu entschliesst, ihren Verantwortlichkeitsanspruch an einen oder mehrere Gläubiger abzutreten, um ihnen auch ohne Konkurs die Verfolgung des Verantwortlichen zu ermöglichen, so widerspricht das deshalb dem Grundgedanken des Gesetzes nicht. Die Gesellschaft wird sich zur Abtretung ihrer Verantwortlichkeitsansprüche nie bereit erklären, wenn sie glaubt, deren Geltendmachung sei missbräuchlich oder widerspreche sonstwie ihren Interessen. Damit aber, dass die Gesellschaft ihre Interessen so wahre, wie sie es für richtig hält, muss der Schadenersatzpflichtige sich abfinden. Das Handelsgericht irrt, wenn es glaubt, das Gesetz wolle den Gläubigern die Geltendmachung von Verantwortlichkeitsansprüchen ausserhalb des Konkurses "kategorisch" verbieten. Das Verbot betrifft nur den eigenen, originären Anspruch des Gläubigers. Dass Art. 758 OR jede Bedeutung verliere, wenn der Gläubiger sich die Schadenersatzforderung der Gesellschaft abtreten lassen und sie ausser Konkurs einklagen könne, ist schon deshalb nicht richtig, weil die Bestimmung immer dann anwendbar ist, wenn eine Abtretung nicht stattfindet.
5. Auch das Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz verbietet die Abtretung der Schadenersatzforderung an Gläubiger der Gesellschaft nicht. Jedem Schuldner ist erlaubt, irgendwelche Vermögensstücke an einen oder mehrere Gläubiger zu veräussern. Dem Gebote der Gleichbehandlung verschaffen die Art. 285 ff. SchKG, insbesondere Art. 287, Nachachtung, indem sie den zu Verlust kommenden anderen Gläubigern und der Konkursverwaltung die Möglichkeit gerichtlicher Anfechtung geben. Keine Bestimmung ermächtigt den Richter, auch ausserhalb eines Anfechtungsprozesses sich zum Hüter für die Gleichbehandlung der Gläubiger zu machen, indem er die Veräusserung von Vermögen eines Schuldners als nichtig zu behandeln hätte, und das nicht einmal auf Begehren eines benachteiligten Gläubigers, sondern eines Dritten, insbesondere des Schuldners einer abgetretenen Forderung. Eine Ausnahme besteht auch dann nicht, wenn durch die Veräusserung von Vermögen ein Konkurs oder ein gerichtliches Nachlassverfahren abgewendet werden soll. Kein Gesetz verbietet einem Schuldner, einer Verwertung seines Vermögens unter staatlicher Aufsicht aus dem Wege zu gehen, indem er sich mit seinen Gläubigern ins Einvernehmen setzt, sei es auch um den Preis der Abtretung einzelner oder aller Vermögensstücke. Was aber in dieser Beziehung jedem Schuldner erlaubt ist, kann auch einer Aktiengesellschaft nicht verboten sein. Unter welcher Voraussetzung ihre Verwaltung den Konkursrichter zu benachrichtigen hat, sagt Art. 725 Abs. 3 OR. Von diesem Falle abgesehen, ist auch sie frei, sich ohne Konkurs oder gerichtlichen Nachlassvertrag mit ihren Gläubigern auseinanderzusetzen, und selbst die Verletzung der erwähnten Pflicht hat nicht die Ungültigkeit der im Zustande der Überschuldung abgeschlossenen Rechtsgeschäfte zur Folge, sondern lediglich die Möglichkeit der Anfechtung nach Art. 285 ff. SchKG und die Verantwortlichkeit der Verwaltung nach Art. 754 ff. OR.
Eine Ausnahme gilt auch nicht für die Abtretung von Verantwortlichkeitsansprüchen. Es ist nicht einzusehen, weshalb die Gesellschaft solche Schadenersatzforderungen, die sie nicht selber eintreiben will, aus betreibungsrechtlichen Gründen nur in einem Konkurs oder Nachlassverfahren mit Vermögensabtretung sollte verwerten, nicht auch ausserhalb dieser Verfahren an ihre Gläubiger sollte abtreten können. Die Gefahr, dass einzelne Gläubiger benachteiligt werden, ist nicht grösser, wenn eine solche Forderung abgetreten wird, als wenn die Gesellschaft sich eines anderen Vermögensstückes entäussert. Vollends ist nicht zu verstehen, inwiefern die Abtretung der öffentlichen Ordnung und den guten Sitten widersprechen sollte, wenn die Forderung, wie im vorliegenden Falle, allen bekannten Gläubigern der Gesellschaft angeboten wird. Dieses Vorgehen kann vernünftig, seine Unterlassung dagegen anstössig sein, wenn andernfalls die Belangung des Verantwortlichen unterbliebe, weil kein Gläubiger die Konkurskosten vorschiesst und daher der Konkurs als geschlossen erklärt wird. Das schliesst ja einen sogenannten Nachkonkurs (Art. 269 SchKG), also endgültig auch die nachträgliche Geltendmachung oder sonstige Verwertung des Verantwortlichkeitsanspruches aus (JAEGER/DAENIKER Art. 269 N. 1). Freilich kommen die Gläubiger um ihr Recht, ihren eigenen Verantwortlichkeitsanspruch, gehe er auf Ersatz unmittelbaren oder bloss mittelbaren (durch Schädigung der Gesellschaft verursachten) Schadens, gerichtlich geltend zu machen, wenn es nicht zum Konkurse kommt. Allein das ist die Folge des Art. 758 OR. Jeder Gläubiger kann sie vermeiden, indem er die Gesellschaft in Konkurs treibt und nötigenfalls die Kosten eines solchen vorschiesst. Die Möglichkeit, dass er es aus irgendwelchen Überlegungen unterlasse, ist kein Grund, die Abtretung des Verantwortlichkeitsanspruches der Gesellschaft als ungültig zu behandeln und damit zum Vorteile des Verantwortlichen auch jenen Gläubigern die Befriedigung zu verwehren, die zwar ihrerseits die Konkurskosten nicht vorschiessen wollen, aber wenigstens bereit sind, im Einvernehmen mit der Gesellschaft den Verantwortlichen ausserhalb eines Konkurses zu belangen.
Die Einwendung des Beklagten, der von den Zessionaren geltend gemachte Verantwortlichkeitsanspruch könnte ihre Forderungen übersteigen und die Verteilung des Überschusses wäre schwierig, wenn die Gesellschaft inzwischen in Konkurs gekommen und dieser eingestellt worden sei, hält nicht stand. Diese Schwierigkeit ist keine Besonderheit des vorliegenden Falles. Jeder Gläubiger, der sich zahlungshalber einen seine eigene Forderung übersteigenden unsicheren Anspruch abtreten lässt und daraus mehr löst, als er von der zedierenden Aktiengesellschaft zu fordern hat, bleibt schliesslich bereichert, wenn inzwischen die Gesellschaft in Konkurs geraten und dieser eingestellt worden ist. Das ist nicht stossender, als wenn irgendwelche erst nachträglich zum Vorschein kommende Aktiven der Gesellschaft wegen Unmöglichkeit der Durchführung eines Nachkonkurses ihren unbefriedigten Gläubigern nicht mehr zugute kommen können. Es erregt auch nicht mehr Anstoss, als wenn die Abtretung ungültig erklärt würde; denn damit wäre den Gesellschaftsgläubigern ebenfalls nicht geholfen, sondern lediglich dem Verantwortlichen ein durch nichts gerechtfertigter Dienst erwiesen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 7. Juli 1955 aufgehoben und die Sache zu materieller Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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de
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1. Art. 165 Abs. 1 OR. Muss der neue Gläubiger in der Abtretungserklärung bezeichnet werden? (Erw. 1, 2). 2. Art. 164 Abs. 1, 754 ff. OR. Die Schadenersatzforderung der Aktiengesellschaft gegen die mit der Verwaltung und Geschäftsführung oder Kontrolle betrauten Personen kann abgetreten werden (Erw. 3), insbesondere auch an einen Gläubiger der Gesellschaft (Erw. 4, 5).
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de
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-48%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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1,792 |
82 II 48
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82 II 48
Sachverhalt ab Seite 48
A.- Die Klima und Thermik AG in Zürich lud ihre Gläubiger auf 27. November 1952 zu einer Versammlung ein und teilte ihnen an dieser mit, dass ihre Bilanz auf 31. Oktober 1952 einen Verlustsaldo von Fr. 47'417.90 ergebe und dass die nicht privilegierten Gläubiger im Konkurs mit einem vollständigen Verlust zu rechnen hätten. Am 27. Januar 1953 stellte sie dem Rechtsanwalte Dr. W. Baechi folgende, seine Adresse tragende und von den Verwaltungsräten Neukomm und Bachmann unterschriebene Erklärung aus: "Die unterzeichnete Verwaltung der Klima und Thermik AG tritt hiermit die sämtlichen Ansprüche, die der Gesellschaft gegenüber Herrn Fritz Gschwind zustehen, insbesondere Ansprüche der Verantwortlichkeit im Sinne von Art. 754 ff. OR, an das in Gründung befindliche Gläubigerkonsortium Orion Werke AG und Mitbeteiligte ab.".
Die ersten Schritte zur Bildung des in dieser Erklärung erwähnten Konsortiums unternahm Dr. Baechi am 3. Februar 1953, indem er sich durch ein Rundschreiben an die Gläubiger der Klima und Thermik AG wandte. Darin teilte er ihnen mit, dass eine Verantwortlichkeitsklage gegen Fritz Gschwind, den früheren einzigen Verwaltungsrat der Gesellschaft, gute Aussichten hätte und im Falle des Erfolges möglicherweise ein Betrag hereingebracht werden könnte, der alle Gläubiger decken würde. Keiner von ihnen scheine Lust zu haben, ein Konkursbegehren zu stellen. Es dürfte richtig sein, die Konkurskosten einzusparen und es der Verwaltung zu überlassen, die geringen Aktiven zu liquidieren und den Erlös zur wenigstens teilweisen Befriedigung der privilegierten Gläubiger zu verwenden. Auch die Durchführung eines Nachlassvertrages dürfte sich unter diesen Umständen erübrigen. Um die Verantwortlichkeitsansprüche gegen Gschwind geltend zu machen, empfehle sich für die daran interessierten Gläubiger der Zusammenschluss zu einem Konsortium, dem die Klima und Thermik AG diese Ansprüche abtrete. Die Abtretungserklärung liege schon vor. Die Kosten und der Erlös würden nach Massgabe der Forderungen der Mitglieder des Konsortiums geteilt, und ein allfälliger Überschuss würde der Aktiengesellschaft zuhanden der übrigen Gläubiger zur Verfügung gestellt. Dr. Baechi lud die Gläubiger ein, ihm, falls sie diesen Vorschlag billigten, bis 10. Februar 1953 eine dem Rundschreiben beigelegte "Beitrittserklärung" folgenden Inhalts unterzeichnet zurückzusenden: "Die unterzeichnete Firma beteiligt sich mit ihrer Forderung von Fr. ... an dem Konsortium von Gläubigern der Klima und Thermik AG zwecks Durchführung zivil- und strafrechtlicher Verantwortlichkeitsansprüche gegen Fritz Gschwind. Herr Rechtsanwalt Dr. Walter Baechi erhält hiermit Vollmacht, alle für die Geltendmachung dieser Ansprüche nötigen gerichtlichen und aussergerichtlichen Schritte durchzuführen".
In der Zeit vom 4. Februar bis 14. November 1953 wurde diese Erklärung von der Allega SA, der Orion Werke AG und von siebzehn weiteren Personen unterzeichnet, die sich als Gläubiger der Klima und Thermik AG bezeichnen.
In ihrem Namen klagte Dr. Baechi am 9. Dezember 1953 beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen Gschwind auf Bezahlung von Fr. 58'185.30 nebst 5% seit 12. November 1953. Er begründete die Forderung als solche aus Verantwortlichkeit gemäss Art. 754 OR. Der Schaden sei dadurch entstanden, dass Gschwind für die noch nicht einbezahlte Hälfte des Aktienkapitals von Fr. 100 000.-- nicht Sicherstellung verlangt (Art. 686 Abs. 3 OR) bezw. die Einzahlungspflicht nicht geltend gemacht und mindestens Fr. 8185.30 aus Mitteln der Gesellschaft zur persönlichen Bereicherung verwendet habe.
Am 9. September 1953 war über die Klima und Thermik AG der Konkurs eröffnet und am 28. des gleichen Monats mangels Aktiven eingestellt worden. Am 28. Januar 1954 wurde die Firma im Handelsregister gelöscht.
B.- Am 7. Juli 1955 wies das Handelsgericht die Klage der Allega SA und ihrer Streitgenossen ab.
Zur Begründung führte es aus, die Abtretungserklärung vom 27. Januar 1953 sei nicht geeignet gewesen, den Übergang der eingeklagten Forderung von der Gesellschaft auf die Kläger zu bewirken, weil die Zessionare nicht hinreichend bestimmbar gewesen seien, das Erfordernis der Schriftform also nicht erfüllt sei. Die Abtretungserklärung sei zudem widerrechtlich, weil sie Art. 758 und 756 OR sowie Art. 260 und 316 a ff. SchKG umgehe. Zum Schutze der Aktiengesellschaft und ihrer Organe vor missbräuchlichen Verantwortlichkeitsklagen gebe Art. 758 OR den Gläubigern das Klagerecht erst, wenn über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet worden sei, oder - gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung - wenn sie einen Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung abgeschlossen habe. Das Gesetz könne daher den Gläubigern nicht erlauben wollen, sich den mit ihrem Verantwortlichkeitsanspruch inhaltlich übereinstimmenden Anspruch der noch aufrecht stehenden Gesellschaft abtreten zu lassen und ihn ausserhalb des Konkurses oder eines Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung einzuklagen. Art. 758 OR verlöre sonst jede Bedeutung. Es sei nicht sinnlos, den Konkurs durchzuführen, um zum gleichen Ergebnis zu gelangen, das die Kläger durch die Abtretung ausserhalb eines Konkurses erreichen wollten. Die amtliche Mitwirkung bei der Liquidation des Vermögens eines zahlungsunfähigen Schuldners sei unerlässlich, damit nicht einzelne Gläubiger zum Vorteil anderer benachteiligt würden. Gerade der vorliegende Fall zeige, zu welchen unhaltbaren Folgen die den Klägern vorschwebende private Liquidation führen würde. Die vom Beklagten bestrittene Gläubigereigenschaft der Kläger sei nicht erwiesen, und ein Erwahrungs- und Kollokationsverfahren, wie es im Konkurs stattfinde, sei im Rahmen des vorliegenden Prozesses undenkbar. Es bestehe auch keine Gewähr dafür, dass die Kläger mit einem Überschuss an Erlös sachgemäss verfahren würden, wie die Konkursverwaltung im Falle der Abtretung nach Art. 260 SchKG es tun müsse. Neben dem Konkurs und dem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung als mit allen gesetzlichen Garantien umgebene gesetzliche Liquidationsverfahren habe die von den Klägern beabsichtigte private Liquidation keinen Raum. Jene beiden Verfahren seien um der öffentlichen Ordnung willen geschaffen worden und beanspruchten daher ausschliessliche Geltung. Die Nichtigkeit der widerrechtlichen Abtretung ergebe sich aus Art. 20 und 164 OR. Es könne daher offen bleiben, ob die Abtretung auch wegen der damit bezweckten Begünstigung der Kläger zum Nachteil der anderen Gläubiger der Klima und Thermik AG ungültig wäre.
C.- Die Kläger haben die Berufung erklärt. Sie beantragen, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung und zur Gutheissung der Klage an das Handelsgericht zurückzuweisen.
D.- Der Beklagte beantragt, die Berufung sei abzuweisen und das Urteil des Handelsgerichts zu bestätigen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Abtretung bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form (Art. 165 Abs. 1 OR). Diese hat alle wesentlichen Teile der Willenserklärung zu decken. Aus der Schrift muss sich daher nicht nur ergeben, welche Forderung abgetreten wird, insbesondere wer Gläubiger und wer Schuldner ist, sondern auch, an wen sie abgetreten wird. Das heisst nicht, dass der neue Gläubiger in der Schrift mit Namen bezeichnet oder sonstwie so genau beschrieben werden müsse, dass zum vornherein feststehe, wem die Forderung nunmehr gehöre. Es genügt, dass der Zessionar, sei es sofort, sei es später, bestimmbar ist. Dem kann nicht entgegengehalten werden, der Abtretende müsse im Zeitpunkt der Abtretung wissen, wem er die Forderung übertrage. Das Gesetz verlangt die Schriftlichkeit nicht zum Schutze des Zedenten vor übereilter Abtretung, sondern nur im Interesse der Rechtssicherheit. Dritte, insbesondere der Schuldner der abgetretenen Forderung, die Gläubiger des Zedenten oder des Zessionars, und im Streitfalle der Richter, sollen anhand eines deutlich kund gewordenen Vorganges feststellen können, wem die Forderung zusteht. Es kann daher z.B. die Bezeichnung des neuen Gläubigers in der schriftlichen Abtretungserklärung diesem selbst oder einem Dritten überlassen werden (Blankozession); dies umsomehr als das Gesetz ausdrücklich auch die Übertragung der in Wertpapieren verkörperten Forderungen durch Bankoindossament gestattet (siehe insbesondere Art. 1003 Abs. 2 OR), obschon gerade im Wertpapierrecht das Gebot der Rechtssicherheit strenge Einhaltung der Formvorschriften verlangt. Es muss deshalb auch zulässig sein, dass der Abtretende die Bestimmung des Zessionars nicht vollständig in dessen Belieben oder in das Belieben eines Dritten stelle, sondern den Kreis der Personen, welche Zessionare werden können, einengt. Damit geht er weniger weit, als wenn er die Forderung blanko abtritt und sich so des Rechts begibt, selber den Zessionar zu bezeichnen. Es genügt, dass anhand anderer Tatsachen ermittelt werden kann, auf welche Person oder Personen aus dem vom Zedenten umschriebenen Kreise der möglichen Erwerber die Forderung übergeht. Diese Tatsachen können auch in Willenserklärungen anderer bestehen, und zwar auch in solchen, die erst in der Zukunft abgegeben werden, wie es auch bei der Blankozession zutrifft.
2. Die vorliegende Abtretungserklärung hält vor Art. 165 Abs. 1 OR stand.
Dass sie den alten Gläubiger und den Schuldner bezeichnet und auch erkennen lässt, welche Forderung abgetreten werden will, wird mit Recht nicht bestritten.
Aber auch die neuen Gläubiger sind so genau bestimmbar, wie das Gebot der Rechtssicherheit es verlangt. Die Klima und Thermik AG hat sie umschrieben als "das in Gründung befindliche Gläubigerkonsortium Orion Werke AG und Mitbeteiligte". Unter den Gläubigern waren selbstverständlich nur solche der Klima und Thermik AG verstanden. Die erwähnte Wendung schränkt sodann den Kreis der Berechtigten weiter ein auf jene Gläubiger, die neben der Orion Werke AG dem Konsortium angehören würden. Da die Abtretungserklärung an Dr. Baechi adressiert war, konnte nur jenes Konsortium verstanden sein, das er, und zwar unter Beteiligung der Orion Werke AG, zu gründen sich vorgenommen hatte. Weiter war es gekennzeichnet durch den Zweck, den es verfolgen würde und der nicht missverstanden werden konnte. Er bestand in der Geltendmachung der abgetretenen Verantwortlichkeitsansprüche. Nur dieses, kein anderes Konsortium ist denn auch gegründet worden und erhebt Anspruch auf die abgetretene Forderung.
Wer im einzelnen die Zessionare waren oder sein würden, stand damit freilich noch nicht fest. Zum Teil hing ihre Bestimmung vom Willen des Dr. Baechi ab, da der Wortlaut der Abtretungserklärung offen liess, ob er allen ihm bekannten oder nur bestimmten auserwählten Gläubigern Gelegenheit geben werde, sich dem Konsortium anzuschliessen. Inwiefern aber diese Einflussnahme des Dr. Baechi auf die Bildung des Konsortiums und damit auf den Kreis der Zessionare gegen die guten Sitten verstossen sollte, wie der Beklagte geltend macht, ist nicht zu ersehen.
Jeder Empfänger einer Blankozession, dem der Abtretende die Bezeichnung des Zessionars oder der Zessionare überlassen hätte, wäre in gleicher Lage gewesen wie Dr. Baechi. Dieser hat denn auch nichts unternommen, was sich mit den guten Sitten nicht vertrüge, hat er doch alsbald allen ihm bekannten Gläubigern der Klima und Thermik AG durch Rundschreiben Gelegenheit gegeben, sich dem Konsortium anzuschliessen. Dass sodann nur Zessionar werden konnte, wer sich durch eine Willenserklärung dem Konsortium anschloss, macht die Abtretungserklärung ebenfalls nicht ungültig. Die Personen, die diese Willenserklärung abgegeben haben, sind ohne weiteres bestimmbar, zumal Dr. Baechi Schriftlichkeit verlangt hat.
Damit steht ein für allemal fest, auf wen die abgetretene Forderung übergegangen ist. Es ist nicht so, dass nachträglich noch jeder andere Gläubiger der Klima und Thermik AG den Beitritt erklären und sich dadurch zum Mitzessionar machen könnte. Aus dem Zwecke, den sich das Gläubigerkonsortium nach richtiger Auslegung der Abtretungserklärung zu setzen hatte, ergibt sich, dass der Beitritt spätestens bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung der abgetretenen Forderung erfolgen sollte. Das Handelsgericht missversteht die Kläger, wenn es ihnen vorhält, sie hätten in der Replik erklären lassen, es könnten sich nach wie vor weitere Gläubiger dem Konsortium anschliessen. Wie ihre Äusserung gemeint war, zeigt der weitere Text der Replik, lautend: "So hat sich nachträglich der ... Gläubiger Schmidlin ... dem Konsortium angeschlossen, und die Teilnehmer des Konsortiums haben sich einstimmig damit einverstanden erklärt, dass Schmidlin intern als Mitglied behandelt wird." Interne Aufnahme weiterer Gläubiger in das Konsortium bedeutet nur, dass die Aufgenommenen stille Teilhaber der einfachen Gesellschaft, nicht auch, dass sie Mitinhaber (Zessionare) der abgetretenen Forderung würden.
Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich die Ungültigkeit der streitigen Erklärung auch nicht aus der Interessenlage ableiten. Das Bedenken des Beklagten, dem Gläubigerkonsortium könnte jemand beitreten, dem der Zedent nichts schuldet, ist unbegründet. Nach dem Sinne der Erklärung vom 27. Januar 1953 ist Gläubigereigenschaft Voraussetzung der Abtretung. Ohne sie wird der Beitretende nicht Mitinhaber der Forderung. Sie muss daher, wenn sie bestritten ist, nachgewiesen werden. So wird auch im vorliegenden Falle darüber Beweis zu führen sein, wenn die Vorinstanz an der Gläubigereigenschaft der Kläger zweifelt. Ebensowenig hält der Einwand Stich, unter den Zessionaren könnte sich einer befinden, den der Zedent nachträglich auf andere Weise befriedigt. Der Zedent kann die anderweitige Befriedigung davon abhängig machen, dass der Gläubiger seinen Anteil an der Forderung zurückzediere oder den verbleibenden Gläubigern des Konsortiums übertrage. Auch steht es ihm frei, die Abtretung von Anfang an mit entsprechenden Bedingungen zu versehen (BGE 67 II 127). Die Berufung auf die Interessen des Schuldners hilft dem Beklagten ebenfalls nicht. Er macht geltend, wenn eine Forderung an eine einfache Gesellschaft abgetreten werde, deren Mitglieder nicht bestimmt seien, könne der Schuldner weder wissen, an wen er mit befreiender Wirkung zu zahlen vermöge, noch prüfen, ob er mit Gegenforderungen verrechnen könne. Der erste Einwand versagt schon deshalb, weil der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien kann, wenn er im Ungewissen ist, wem die Forderung zusteht (Art. 168 Abs. 1 OR). Nichts hindert ihn sodann, von einem allfälligen Verrechnungsrechte gegenüber jedem Gebrauch zu machen, gegenüber dem es ihm zusteht und der ihn auf Grund der Abtretung belangt. Gehört die abgetretene Forderung der einfachen Gesellschaft zu gesamter Hand, so kann er mit Forderungen gegen einen einzelnen Gesellschafter ohnehin nicht verrechnen; denn Art. 573 Abs. 1 OR ist entsprechend anwendbar.
3. Art. 164 Abs. 1 OR schliesst die Abtretung aus, wenn ihr Gesetz, Vereinbarung oder Natur des Rechtsverhältnisses entgegenstehen.
Keine gesetzliche Bestimmung verbietet die Abtretung der Schadenersatzforderung einer Aktiengesellschaft aus Art. 754 OR, und auch eine Vereinbarung, die das tun würde, steht im vorliegenden Falle nicht in Frage.
Was sodann die Natur des Rechtsverhältnisses betrifft. so ist zwar unter der Herrschaft des alten Obligationenrechts (vgl. V. ROSSEL, ZBJV 39 505 ff. u. 553 ff.) die Meinung vertreten worden, der Schadenersatzanspruch der Aktiengesellschaft gegen die mit der Verwaltung und Kontrolle betrauten Personen sei ein höchstpersönliches Recht, das nicht einmal in die Konkursmasse der Gesellschaft fallen könne. Diese Auffassung hält indessen einer näheren Prüfung nicht stand. Gewiss steht es im Belieben der Gesellschaft, ihre Forderung geltend zu machen oder nicht. Das ist aber keine Besonderheit gerade dieses Anspruchs. Übrigens sieht das Gesetz vor, dass ungeachtet der Haltung der Gesellschaft der einzelne Aktionär Leistung des Ersatzes an die Gesellschaft verlangen kann, ausgenommen z.B. wenn er einem Entlastungsbeschluss der Generalversammlung zugestimmt hat (Art. 755, 757 OR). Schon daraus erhellt, dass es keine höchstpersönliche Angelegenheit der Gesellschaft ist, ob der in ihrem Vermögen entstandene Schaden auszugleichen sei oder nicht. Es wäre denn auch sonderbar, wenn das Gesetz eine Forderung, die nicht etwa durch Verletzung in den persönlichen Verhältnissen entstanden ist, sondern nur auf Ersatz von Vermögensschaden geht, so untrennbar mit der Gesellschaft verbunden hätte, dass kein Rechtsnachfolger sie geltend machen könnte, während die Gesellschaft doch über ihre anderen Vermögensrechte frei verfügen kann. Dass die Beziehungen des Ersatzpflichtigen zur Gesellschaft höchstpersönliche seien, ist jedenfalls dann nicht richtig, wenn der Ersatzpflichtige ein nur durch Dienstvertrag gebundener Geschäftsführer ist oder lediglich einen Auftrag zur Ausübung der Kontrolle hat. Zudem kann auch aus einem höchstpersönlichen Rechtsverhältnis eine jeder persönlichen Natur entkleidete Forderung entstehen, wie z.B. für die Schadenersatzforderung wegen Verlöbnisbruches daraus geschlossen werden muss, dass Art. 92 im Gegensatz zu dem die Genugtuungsforderung betreffenden Art. 93 Abs. 1 ZGB die Unübertragbarkeit nicht festsetzt. Dass die Schadenersatzforderung aus Art. 754 OR nicht vom Fortbestande der Gesellschaft abhängt, ergibt sich ferner daraus, dass sie - gegenüber Liquidatoren - auch zugunsten einer aufgelösten Gesellschaft entstehen kann (Abs. 2). Dass sie auch zu den Aktiven der Konkursmasse der Gesellschaft gehört, versteht sich von selbst; denn es liefe dem Zwecke der Verantwortlichkeitsordnung, insbesondere der im rev. OR getroffenen Verschärfung der Verantwortlichkeit der mit der Verwaltung, Geschäftsführung und Kontrolle betrauten Personen entgegen, wenn die Forderung gerade im Hauptanwendungsfall, dem Konkurse der Gesellschaft, dahinfiele. Übrigens sieht das Gesetz ausdrücklich vor, dass die Konkursverwaltung im Gesellschaftskonkurse den Anspruch der Aktionäre und Gesellschaftsgläubiger geltend zu machen habe (Art. 756 Abs. 1 OR). Dieser Anspruch deckt sich inhaltlich insoweit mit jenem der Gesellschaft, als er den mittelbaren, durch Schädigung der Gesellschaft verursachten Schaden betrifft (Art. 755 OR). Daraus erhellt, dass der Verantwortliche den der Gesellschaft zugefügten Schaden auch in deren Konkurs noch zu ersetzen hat. Die Überlegung, im Konkurse könne kein Entlastungsbeschluss mehr gefasst werden, obschon beachtliche Gründe hiezu bestehen könnten (ROSSEL, a.a.O. 555 f.), ist damit gegenstandslos. Sie würde aber auch sonst nicht durchschlagen, da der Entlastungsbeschluss nicht Voraussetzung des Bestandes der Schadenersatzforderung oder ihrer Geltendmachung ist, sondern sie im Gegenteil vernichtet.
Das Bundesgericht hat denn auch schon die Abtretbarkeit des Verantwortlichkeitsanspruches der Gesellschaft im Falle eines Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung bejaht (BGE 64 III 22,BGE 67 II 170), ja sogar allgemein und unter Bezug auf das geltende Recht (Art. 758 OR, Art. 43 Bankengesetz) ausgeführt, dass der Verantwortlichkeitsanspruch der Aktiengesellschaft unbeschränkt an Dritte, z.B. an Gesellschaftsgläubiger, abgetreten werden könne (BGE 64 III 22). Auch im deutschen Recht wird anerkannt, dass der Schadenersatzanspruch der Aktiengesellschaft aus Verletzung der Sorgfaltspflichten der Vorstandsmitglieder grundsätzlich übertragen (abgetreten und gepfändet) werden kann (vgl. deutsches Aktiengesetz § 84 Abs. 5, ebenso im früheren Recht § 241 HGB).
4. Ist der Schadenersatzanspruch der Gesellschaft nicht höchstpersönlich, so ist nicht zu ersehen, weshalb er nicht auch an einen Gesellschaftsgläubiger sollte abgetreten werden können. Freilich können die Gläubiger ihren in Art. 755 OR umschriebenen Anspruch nur einklagen, wenn die Gesellschaft im Konkurse ist und die Konkursverwaltung den Anspruch nicht geltend macht (Art. 758, 756 OR). Es trifft auch zu, dass diese Beschränkung die Gesellschaft und ihre mit der Verwaltung, Geschäftsführung und Kontrolle betrauten Personen vor missbräuchlichen Klagen der Gläubiger bewahren soll. Dieser Zweck wird jedoch nicht vereitelt, wenn die Gesellschaft ihren Schadenersatzanspruch an einen Gläubiger abtritt. Tut sie das, so kann sie sich nicht mit Fug belästigt fühlen, wenn der Zessionar die abgetretene Forderung einklagt und sich dadurch in die Angelegenheiten der Gesellschaft einmischt. Der Beklagte sodann steht nicht schlechter da als jeder Schuldner, der Gefahr läuft, zufolge der Abtretung strenger verfolgt zu werden, als ihn der alte Gläubiger verfolgt hätte. Wollte das Gesetz, dass der Verantwortliche unter keinen Umständen von einem anderen als von der Gesellschaft selbst belangt werde, so würde es nicht den Aktionären und den Gesellschaftsgläubigern - wenn auch letzteren nur im Konkurs - ein selbständiges Klagerecht geben. Der Zweck dieses Rechts kann nur darin bestehen, die Verantwortlichkeitsordnung wirksamer zu gestalten, da die Verwaltung oder eine von Mitgliedern der Verwaltung beeinflusste Generalversammlung es oft unterlässt, die der Gesellschaft zustehende Schadenersatzforderung einzuklagen. Wenn die Gesellschaft sich dazu entschliesst, ihren Verantwortlichkeitsanspruch an einen oder mehrere Gläubiger abzutreten, um ihnen auch ohne Konkurs die Verfolgung des Verantwortlichen zu ermöglichen, so widerspricht das deshalb dem Grundgedanken des Gesetzes nicht. Die Gesellschaft wird sich zur Abtretung ihrer Verantwortlichkeitsansprüche nie bereit erklären, wenn sie glaubt, deren Geltendmachung sei missbräuchlich oder widerspreche sonstwie ihren Interessen. Damit aber, dass die Gesellschaft ihre Interessen so wahre, wie sie es für richtig hält, muss der Schadenersatzpflichtige sich abfinden. Das Handelsgericht irrt, wenn es glaubt, das Gesetz wolle den Gläubigern die Geltendmachung von Verantwortlichkeitsansprüchen ausserhalb des Konkurses "kategorisch" verbieten. Das Verbot betrifft nur den eigenen, originären Anspruch des Gläubigers. Dass Art. 758 OR jede Bedeutung verliere, wenn der Gläubiger sich die Schadenersatzforderung der Gesellschaft abtreten lassen und sie ausser Konkurs einklagen könne, ist schon deshalb nicht richtig, weil die Bestimmung immer dann anwendbar ist, wenn eine Abtretung nicht stattfindet.
5. Auch das Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz verbietet die Abtretung der Schadenersatzforderung an Gläubiger der Gesellschaft nicht. Jedem Schuldner ist erlaubt, irgendwelche Vermögensstücke an einen oder mehrere Gläubiger zu veräussern. Dem Gebote der Gleichbehandlung verschaffen die Art. 285 ff. SchKG, insbesondere Art. 287, Nachachtung, indem sie den zu Verlust kommenden anderen Gläubigern und der Konkursverwaltung die Möglichkeit gerichtlicher Anfechtung geben. Keine Bestimmung ermächtigt den Richter, auch ausserhalb eines Anfechtungsprozesses sich zum Hüter für die Gleichbehandlung der Gläubiger zu machen, indem er die Veräusserung von Vermögen eines Schuldners als nichtig zu behandeln hätte, und das nicht einmal auf Begehren eines benachteiligten Gläubigers, sondern eines Dritten, insbesondere des Schuldners einer abgetretenen Forderung. Eine Ausnahme besteht auch dann nicht, wenn durch die Veräusserung von Vermögen ein Konkurs oder ein gerichtliches Nachlassverfahren abgewendet werden soll. Kein Gesetz verbietet einem Schuldner, einer Verwertung seines Vermögens unter staatlicher Aufsicht aus dem Wege zu gehen, indem er sich mit seinen Gläubigern ins Einvernehmen setzt, sei es auch um den Preis der Abtretung einzelner oder aller Vermögensstücke. Was aber in dieser Beziehung jedem Schuldner erlaubt ist, kann auch einer Aktiengesellschaft nicht verboten sein. Unter welcher Voraussetzung ihre Verwaltung den Konkursrichter zu benachrichtigen hat, sagt Art. 725 Abs. 3 OR. Von diesem Falle abgesehen, ist auch sie frei, sich ohne Konkurs oder gerichtlichen Nachlassvertrag mit ihren Gläubigern auseinanderzusetzen, und selbst die Verletzung der erwähnten Pflicht hat nicht die Ungültigkeit der im Zustande der Überschuldung abgeschlossenen Rechtsgeschäfte zur Folge, sondern lediglich die Möglichkeit der Anfechtung nach Art. 285 ff. SchKG und die Verantwortlichkeit der Verwaltung nach Art. 754 ff. OR.
Eine Ausnahme gilt auch nicht für die Abtretung von Verantwortlichkeitsansprüchen. Es ist nicht einzusehen, weshalb die Gesellschaft solche Schadenersatzforderungen, die sie nicht selber eintreiben will, aus betreibungsrechtlichen Gründen nur in einem Konkurs oder Nachlassverfahren mit Vermögensabtretung sollte verwerten, nicht auch ausserhalb dieser Verfahren an ihre Gläubiger sollte abtreten können. Die Gefahr, dass einzelne Gläubiger benachteiligt werden, ist nicht grösser, wenn eine solche Forderung abgetreten wird, als wenn die Gesellschaft sich eines anderen Vermögensstückes entäussert. Vollends ist nicht zu verstehen, inwiefern die Abtretung der öffentlichen Ordnung und den guten Sitten widersprechen sollte, wenn die Forderung, wie im vorliegenden Falle, allen bekannten Gläubigern der Gesellschaft angeboten wird. Dieses Vorgehen kann vernünftig, seine Unterlassung dagegen anstössig sein, wenn andernfalls die Belangung des Verantwortlichen unterbliebe, weil kein Gläubiger die Konkurskosten vorschiesst und daher der Konkurs als geschlossen erklärt wird. Das schliesst ja einen sogenannten Nachkonkurs (Art. 269 SchKG), also endgültig auch die nachträgliche Geltendmachung oder sonstige Verwertung des Verantwortlichkeitsanspruches aus (JAEGER/DAENIKER Art. 269 N. 1). Freilich kommen die Gläubiger um ihr Recht, ihren eigenen Verantwortlichkeitsanspruch, gehe er auf Ersatz unmittelbaren oder bloss mittelbaren (durch Schädigung der Gesellschaft verursachten) Schadens, gerichtlich geltend zu machen, wenn es nicht zum Konkurse kommt. Allein das ist die Folge des Art. 758 OR. Jeder Gläubiger kann sie vermeiden, indem er die Gesellschaft in Konkurs treibt und nötigenfalls die Kosten eines solchen vorschiesst. Die Möglichkeit, dass er es aus irgendwelchen Überlegungen unterlasse, ist kein Grund, die Abtretung des Verantwortlichkeitsanspruches der Gesellschaft als ungültig zu behandeln und damit zum Vorteile des Verantwortlichen auch jenen Gläubigern die Befriedigung zu verwehren, die zwar ihrerseits die Konkurskosten nicht vorschiessen wollen, aber wenigstens bereit sind, im Einvernehmen mit der Gesellschaft den Verantwortlichen ausserhalb eines Konkurses zu belangen.
Die Einwendung des Beklagten, der von den Zessionaren geltend gemachte Verantwortlichkeitsanspruch könnte ihre Forderungen übersteigen und die Verteilung des Überschusses wäre schwierig, wenn die Gesellschaft inzwischen in Konkurs gekommen und dieser eingestellt worden sei, hält nicht stand. Diese Schwierigkeit ist keine Besonderheit des vorliegenden Falles. Jeder Gläubiger, der sich zahlungshalber einen seine eigene Forderung übersteigenden unsicheren Anspruch abtreten lässt und daraus mehr löst, als er von der zedierenden Aktiengesellschaft zu fordern hat, bleibt schliesslich bereichert, wenn inzwischen die Gesellschaft in Konkurs geraten und dieser eingestellt worden ist. Das ist nicht stossender, als wenn irgendwelche erst nachträglich zum Vorschein kommende Aktiven der Gesellschaft wegen Unmöglichkeit der Durchführung eines Nachkonkurses ihren unbefriedigten Gläubigern nicht mehr zugute kommen können. Es erregt auch nicht mehr Anstoss, als wenn die Abtretung ungültig erklärt würde; denn damit wäre den Gesellschaftsgläubigern ebenfalls nicht geholfen, sondern lediglich dem Verantwortlichen ein durch nichts gerechtfertigter Dienst erwiesen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 7. Juli 1955 aufgehoben und die Sache zu materieller Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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de
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1. Art. 165 al. 1 CO. La déclaration de cession doit-elle indiquer le nouveau créancier? (consid. 1 et 2). 2. Art. 164 al. 1, 754 et suiv. CO. La société anonyme peut céder sa créance en dommages-intérêts contre des personnes chargées de l'administration, de la gestion et du contrôle (consid. 3); le cessionnaire peut être un créancier de la société (consid. 4 et 5).
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fr
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-48%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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1,793 |
82 II 48
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82 II 48
Sachverhalt ab Seite 48
A.- Die Klima und Thermik AG in Zürich lud ihre Gläubiger auf 27. November 1952 zu einer Versammlung ein und teilte ihnen an dieser mit, dass ihre Bilanz auf 31. Oktober 1952 einen Verlustsaldo von Fr. 47'417.90 ergebe und dass die nicht privilegierten Gläubiger im Konkurs mit einem vollständigen Verlust zu rechnen hätten. Am 27. Januar 1953 stellte sie dem Rechtsanwalte Dr. W. Baechi folgende, seine Adresse tragende und von den Verwaltungsräten Neukomm und Bachmann unterschriebene Erklärung aus: "Die unterzeichnete Verwaltung der Klima und Thermik AG tritt hiermit die sämtlichen Ansprüche, die der Gesellschaft gegenüber Herrn Fritz Gschwind zustehen, insbesondere Ansprüche der Verantwortlichkeit im Sinne von Art. 754 ff. OR, an das in Gründung befindliche Gläubigerkonsortium Orion Werke AG und Mitbeteiligte ab.".
Die ersten Schritte zur Bildung des in dieser Erklärung erwähnten Konsortiums unternahm Dr. Baechi am 3. Februar 1953, indem er sich durch ein Rundschreiben an die Gläubiger der Klima und Thermik AG wandte. Darin teilte er ihnen mit, dass eine Verantwortlichkeitsklage gegen Fritz Gschwind, den früheren einzigen Verwaltungsrat der Gesellschaft, gute Aussichten hätte und im Falle des Erfolges möglicherweise ein Betrag hereingebracht werden könnte, der alle Gläubiger decken würde. Keiner von ihnen scheine Lust zu haben, ein Konkursbegehren zu stellen. Es dürfte richtig sein, die Konkurskosten einzusparen und es der Verwaltung zu überlassen, die geringen Aktiven zu liquidieren und den Erlös zur wenigstens teilweisen Befriedigung der privilegierten Gläubiger zu verwenden. Auch die Durchführung eines Nachlassvertrages dürfte sich unter diesen Umständen erübrigen. Um die Verantwortlichkeitsansprüche gegen Gschwind geltend zu machen, empfehle sich für die daran interessierten Gläubiger der Zusammenschluss zu einem Konsortium, dem die Klima und Thermik AG diese Ansprüche abtrete. Die Abtretungserklärung liege schon vor. Die Kosten und der Erlös würden nach Massgabe der Forderungen der Mitglieder des Konsortiums geteilt, und ein allfälliger Überschuss würde der Aktiengesellschaft zuhanden der übrigen Gläubiger zur Verfügung gestellt. Dr. Baechi lud die Gläubiger ein, ihm, falls sie diesen Vorschlag billigten, bis 10. Februar 1953 eine dem Rundschreiben beigelegte "Beitrittserklärung" folgenden Inhalts unterzeichnet zurückzusenden: "Die unterzeichnete Firma beteiligt sich mit ihrer Forderung von Fr. ... an dem Konsortium von Gläubigern der Klima und Thermik AG zwecks Durchführung zivil- und strafrechtlicher Verantwortlichkeitsansprüche gegen Fritz Gschwind. Herr Rechtsanwalt Dr. Walter Baechi erhält hiermit Vollmacht, alle für die Geltendmachung dieser Ansprüche nötigen gerichtlichen und aussergerichtlichen Schritte durchzuführen".
In der Zeit vom 4. Februar bis 14. November 1953 wurde diese Erklärung von der Allega SA, der Orion Werke AG und von siebzehn weiteren Personen unterzeichnet, die sich als Gläubiger der Klima und Thermik AG bezeichnen.
In ihrem Namen klagte Dr. Baechi am 9. Dezember 1953 beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen Gschwind auf Bezahlung von Fr. 58'185.30 nebst 5% seit 12. November 1953. Er begründete die Forderung als solche aus Verantwortlichkeit gemäss Art. 754 OR. Der Schaden sei dadurch entstanden, dass Gschwind für die noch nicht einbezahlte Hälfte des Aktienkapitals von Fr. 100 000.-- nicht Sicherstellung verlangt (Art. 686 Abs. 3 OR) bezw. die Einzahlungspflicht nicht geltend gemacht und mindestens Fr. 8185.30 aus Mitteln der Gesellschaft zur persönlichen Bereicherung verwendet habe.
Am 9. September 1953 war über die Klima und Thermik AG der Konkurs eröffnet und am 28. des gleichen Monats mangels Aktiven eingestellt worden. Am 28. Januar 1954 wurde die Firma im Handelsregister gelöscht.
B.- Am 7. Juli 1955 wies das Handelsgericht die Klage der Allega SA und ihrer Streitgenossen ab.
Zur Begründung führte es aus, die Abtretungserklärung vom 27. Januar 1953 sei nicht geeignet gewesen, den Übergang der eingeklagten Forderung von der Gesellschaft auf die Kläger zu bewirken, weil die Zessionare nicht hinreichend bestimmbar gewesen seien, das Erfordernis der Schriftform also nicht erfüllt sei. Die Abtretungserklärung sei zudem widerrechtlich, weil sie Art. 758 und 756 OR sowie Art. 260 und 316 a ff. SchKG umgehe. Zum Schutze der Aktiengesellschaft und ihrer Organe vor missbräuchlichen Verantwortlichkeitsklagen gebe Art. 758 OR den Gläubigern das Klagerecht erst, wenn über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet worden sei, oder - gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung - wenn sie einen Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung abgeschlossen habe. Das Gesetz könne daher den Gläubigern nicht erlauben wollen, sich den mit ihrem Verantwortlichkeitsanspruch inhaltlich übereinstimmenden Anspruch der noch aufrecht stehenden Gesellschaft abtreten zu lassen und ihn ausserhalb des Konkurses oder eines Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung einzuklagen. Art. 758 OR verlöre sonst jede Bedeutung. Es sei nicht sinnlos, den Konkurs durchzuführen, um zum gleichen Ergebnis zu gelangen, das die Kläger durch die Abtretung ausserhalb eines Konkurses erreichen wollten. Die amtliche Mitwirkung bei der Liquidation des Vermögens eines zahlungsunfähigen Schuldners sei unerlässlich, damit nicht einzelne Gläubiger zum Vorteil anderer benachteiligt würden. Gerade der vorliegende Fall zeige, zu welchen unhaltbaren Folgen die den Klägern vorschwebende private Liquidation führen würde. Die vom Beklagten bestrittene Gläubigereigenschaft der Kläger sei nicht erwiesen, und ein Erwahrungs- und Kollokationsverfahren, wie es im Konkurs stattfinde, sei im Rahmen des vorliegenden Prozesses undenkbar. Es bestehe auch keine Gewähr dafür, dass die Kläger mit einem Überschuss an Erlös sachgemäss verfahren würden, wie die Konkursverwaltung im Falle der Abtretung nach Art. 260 SchKG es tun müsse. Neben dem Konkurs und dem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung als mit allen gesetzlichen Garantien umgebene gesetzliche Liquidationsverfahren habe die von den Klägern beabsichtigte private Liquidation keinen Raum. Jene beiden Verfahren seien um der öffentlichen Ordnung willen geschaffen worden und beanspruchten daher ausschliessliche Geltung. Die Nichtigkeit der widerrechtlichen Abtretung ergebe sich aus Art. 20 und 164 OR. Es könne daher offen bleiben, ob die Abtretung auch wegen der damit bezweckten Begünstigung der Kläger zum Nachteil der anderen Gläubiger der Klima und Thermik AG ungültig wäre.
C.- Die Kläger haben die Berufung erklärt. Sie beantragen, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung und zur Gutheissung der Klage an das Handelsgericht zurückzuweisen.
D.- Der Beklagte beantragt, die Berufung sei abzuweisen und das Urteil des Handelsgerichts zu bestätigen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Abtretung bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form (Art. 165 Abs. 1 OR). Diese hat alle wesentlichen Teile der Willenserklärung zu decken. Aus der Schrift muss sich daher nicht nur ergeben, welche Forderung abgetreten wird, insbesondere wer Gläubiger und wer Schuldner ist, sondern auch, an wen sie abgetreten wird. Das heisst nicht, dass der neue Gläubiger in der Schrift mit Namen bezeichnet oder sonstwie so genau beschrieben werden müsse, dass zum vornherein feststehe, wem die Forderung nunmehr gehöre. Es genügt, dass der Zessionar, sei es sofort, sei es später, bestimmbar ist. Dem kann nicht entgegengehalten werden, der Abtretende müsse im Zeitpunkt der Abtretung wissen, wem er die Forderung übertrage. Das Gesetz verlangt die Schriftlichkeit nicht zum Schutze des Zedenten vor übereilter Abtretung, sondern nur im Interesse der Rechtssicherheit. Dritte, insbesondere der Schuldner der abgetretenen Forderung, die Gläubiger des Zedenten oder des Zessionars, und im Streitfalle der Richter, sollen anhand eines deutlich kund gewordenen Vorganges feststellen können, wem die Forderung zusteht. Es kann daher z.B. die Bezeichnung des neuen Gläubigers in der schriftlichen Abtretungserklärung diesem selbst oder einem Dritten überlassen werden (Blankozession); dies umsomehr als das Gesetz ausdrücklich auch die Übertragung der in Wertpapieren verkörperten Forderungen durch Bankoindossament gestattet (siehe insbesondere Art. 1003 Abs. 2 OR), obschon gerade im Wertpapierrecht das Gebot der Rechtssicherheit strenge Einhaltung der Formvorschriften verlangt. Es muss deshalb auch zulässig sein, dass der Abtretende die Bestimmung des Zessionars nicht vollständig in dessen Belieben oder in das Belieben eines Dritten stelle, sondern den Kreis der Personen, welche Zessionare werden können, einengt. Damit geht er weniger weit, als wenn er die Forderung blanko abtritt und sich so des Rechts begibt, selber den Zessionar zu bezeichnen. Es genügt, dass anhand anderer Tatsachen ermittelt werden kann, auf welche Person oder Personen aus dem vom Zedenten umschriebenen Kreise der möglichen Erwerber die Forderung übergeht. Diese Tatsachen können auch in Willenserklärungen anderer bestehen, und zwar auch in solchen, die erst in der Zukunft abgegeben werden, wie es auch bei der Blankozession zutrifft.
2. Die vorliegende Abtretungserklärung hält vor Art. 165 Abs. 1 OR stand.
Dass sie den alten Gläubiger und den Schuldner bezeichnet und auch erkennen lässt, welche Forderung abgetreten werden will, wird mit Recht nicht bestritten.
Aber auch die neuen Gläubiger sind so genau bestimmbar, wie das Gebot der Rechtssicherheit es verlangt. Die Klima und Thermik AG hat sie umschrieben als "das in Gründung befindliche Gläubigerkonsortium Orion Werke AG und Mitbeteiligte". Unter den Gläubigern waren selbstverständlich nur solche der Klima und Thermik AG verstanden. Die erwähnte Wendung schränkt sodann den Kreis der Berechtigten weiter ein auf jene Gläubiger, die neben der Orion Werke AG dem Konsortium angehören würden. Da die Abtretungserklärung an Dr. Baechi adressiert war, konnte nur jenes Konsortium verstanden sein, das er, und zwar unter Beteiligung der Orion Werke AG, zu gründen sich vorgenommen hatte. Weiter war es gekennzeichnet durch den Zweck, den es verfolgen würde und der nicht missverstanden werden konnte. Er bestand in der Geltendmachung der abgetretenen Verantwortlichkeitsansprüche. Nur dieses, kein anderes Konsortium ist denn auch gegründet worden und erhebt Anspruch auf die abgetretene Forderung.
Wer im einzelnen die Zessionare waren oder sein würden, stand damit freilich noch nicht fest. Zum Teil hing ihre Bestimmung vom Willen des Dr. Baechi ab, da der Wortlaut der Abtretungserklärung offen liess, ob er allen ihm bekannten oder nur bestimmten auserwählten Gläubigern Gelegenheit geben werde, sich dem Konsortium anzuschliessen. Inwiefern aber diese Einflussnahme des Dr. Baechi auf die Bildung des Konsortiums und damit auf den Kreis der Zessionare gegen die guten Sitten verstossen sollte, wie der Beklagte geltend macht, ist nicht zu ersehen.
Jeder Empfänger einer Blankozession, dem der Abtretende die Bezeichnung des Zessionars oder der Zessionare überlassen hätte, wäre in gleicher Lage gewesen wie Dr. Baechi. Dieser hat denn auch nichts unternommen, was sich mit den guten Sitten nicht vertrüge, hat er doch alsbald allen ihm bekannten Gläubigern der Klima und Thermik AG durch Rundschreiben Gelegenheit gegeben, sich dem Konsortium anzuschliessen. Dass sodann nur Zessionar werden konnte, wer sich durch eine Willenserklärung dem Konsortium anschloss, macht die Abtretungserklärung ebenfalls nicht ungültig. Die Personen, die diese Willenserklärung abgegeben haben, sind ohne weiteres bestimmbar, zumal Dr. Baechi Schriftlichkeit verlangt hat.
Damit steht ein für allemal fest, auf wen die abgetretene Forderung übergegangen ist. Es ist nicht so, dass nachträglich noch jeder andere Gläubiger der Klima und Thermik AG den Beitritt erklären und sich dadurch zum Mitzessionar machen könnte. Aus dem Zwecke, den sich das Gläubigerkonsortium nach richtiger Auslegung der Abtretungserklärung zu setzen hatte, ergibt sich, dass der Beitritt spätestens bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung der abgetretenen Forderung erfolgen sollte. Das Handelsgericht missversteht die Kläger, wenn es ihnen vorhält, sie hätten in der Replik erklären lassen, es könnten sich nach wie vor weitere Gläubiger dem Konsortium anschliessen. Wie ihre Äusserung gemeint war, zeigt der weitere Text der Replik, lautend: "So hat sich nachträglich der ... Gläubiger Schmidlin ... dem Konsortium angeschlossen, und die Teilnehmer des Konsortiums haben sich einstimmig damit einverstanden erklärt, dass Schmidlin intern als Mitglied behandelt wird." Interne Aufnahme weiterer Gläubiger in das Konsortium bedeutet nur, dass die Aufgenommenen stille Teilhaber der einfachen Gesellschaft, nicht auch, dass sie Mitinhaber (Zessionare) der abgetretenen Forderung würden.
Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich die Ungültigkeit der streitigen Erklärung auch nicht aus der Interessenlage ableiten. Das Bedenken des Beklagten, dem Gläubigerkonsortium könnte jemand beitreten, dem der Zedent nichts schuldet, ist unbegründet. Nach dem Sinne der Erklärung vom 27. Januar 1953 ist Gläubigereigenschaft Voraussetzung der Abtretung. Ohne sie wird der Beitretende nicht Mitinhaber der Forderung. Sie muss daher, wenn sie bestritten ist, nachgewiesen werden. So wird auch im vorliegenden Falle darüber Beweis zu führen sein, wenn die Vorinstanz an der Gläubigereigenschaft der Kläger zweifelt. Ebensowenig hält der Einwand Stich, unter den Zessionaren könnte sich einer befinden, den der Zedent nachträglich auf andere Weise befriedigt. Der Zedent kann die anderweitige Befriedigung davon abhängig machen, dass der Gläubiger seinen Anteil an der Forderung zurückzediere oder den verbleibenden Gläubigern des Konsortiums übertrage. Auch steht es ihm frei, die Abtretung von Anfang an mit entsprechenden Bedingungen zu versehen (BGE 67 II 127). Die Berufung auf die Interessen des Schuldners hilft dem Beklagten ebenfalls nicht. Er macht geltend, wenn eine Forderung an eine einfache Gesellschaft abgetreten werde, deren Mitglieder nicht bestimmt seien, könne der Schuldner weder wissen, an wen er mit befreiender Wirkung zu zahlen vermöge, noch prüfen, ob er mit Gegenforderungen verrechnen könne. Der erste Einwand versagt schon deshalb, weil der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien kann, wenn er im Ungewissen ist, wem die Forderung zusteht (Art. 168 Abs. 1 OR). Nichts hindert ihn sodann, von einem allfälligen Verrechnungsrechte gegenüber jedem Gebrauch zu machen, gegenüber dem es ihm zusteht und der ihn auf Grund der Abtretung belangt. Gehört die abgetretene Forderung der einfachen Gesellschaft zu gesamter Hand, so kann er mit Forderungen gegen einen einzelnen Gesellschafter ohnehin nicht verrechnen; denn Art. 573 Abs. 1 OR ist entsprechend anwendbar.
3. Art. 164 Abs. 1 OR schliesst die Abtretung aus, wenn ihr Gesetz, Vereinbarung oder Natur des Rechtsverhältnisses entgegenstehen.
Keine gesetzliche Bestimmung verbietet die Abtretung der Schadenersatzforderung einer Aktiengesellschaft aus Art. 754 OR, und auch eine Vereinbarung, die das tun würde, steht im vorliegenden Falle nicht in Frage.
Was sodann die Natur des Rechtsverhältnisses betrifft. so ist zwar unter der Herrschaft des alten Obligationenrechts (vgl. V. ROSSEL, ZBJV 39 505 ff. u. 553 ff.) die Meinung vertreten worden, der Schadenersatzanspruch der Aktiengesellschaft gegen die mit der Verwaltung und Kontrolle betrauten Personen sei ein höchstpersönliches Recht, das nicht einmal in die Konkursmasse der Gesellschaft fallen könne. Diese Auffassung hält indessen einer näheren Prüfung nicht stand. Gewiss steht es im Belieben der Gesellschaft, ihre Forderung geltend zu machen oder nicht. Das ist aber keine Besonderheit gerade dieses Anspruchs. Übrigens sieht das Gesetz vor, dass ungeachtet der Haltung der Gesellschaft der einzelne Aktionär Leistung des Ersatzes an die Gesellschaft verlangen kann, ausgenommen z.B. wenn er einem Entlastungsbeschluss der Generalversammlung zugestimmt hat (Art. 755, 757 OR). Schon daraus erhellt, dass es keine höchstpersönliche Angelegenheit der Gesellschaft ist, ob der in ihrem Vermögen entstandene Schaden auszugleichen sei oder nicht. Es wäre denn auch sonderbar, wenn das Gesetz eine Forderung, die nicht etwa durch Verletzung in den persönlichen Verhältnissen entstanden ist, sondern nur auf Ersatz von Vermögensschaden geht, so untrennbar mit der Gesellschaft verbunden hätte, dass kein Rechtsnachfolger sie geltend machen könnte, während die Gesellschaft doch über ihre anderen Vermögensrechte frei verfügen kann. Dass die Beziehungen des Ersatzpflichtigen zur Gesellschaft höchstpersönliche seien, ist jedenfalls dann nicht richtig, wenn der Ersatzpflichtige ein nur durch Dienstvertrag gebundener Geschäftsführer ist oder lediglich einen Auftrag zur Ausübung der Kontrolle hat. Zudem kann auch aus einem höchstpersönlichen Rechtsverhältnis eine jeder persönlichen Natur entkleidete Forderung entstehen, wie z.B. für die Schadenersatzforderung wegen Verlöbnisbruches daraus geschlossen werden muss, dass Art. 92 im Gegensatz zu dem die Genugtuungsforderung betreffenden Art. 93 Abs. 1 ZGB die Unübertragbarkeit nicht festsetzt. Dass die Schadenersatzforderung aus Art. 754 OR nicht vom Fortbestande der Gesellschaft abhängt, ergibt sich ferner daraus, dass sie - gegenüber Liquidatoren - auch zugunsten einer aufgelösten Gesellschaft entstehen kann (Abs. 2). Dass sie auch zu den Aktiven der Konkursmasse der Gesellschaft gehört, versteht sich von selbst; denn es liefe dem Zwecke der Verantwortlichkeitsordnung, insbesondere der im rev. OR getroffenen Verschärfung der Verantwortlichkeit der mit der Verwaltung, Geschäftsführung und Kontrolle betrauten Personen entgegen, wenn die Forderung gerade im Hauptanwendungsfall, dem Konkurse der Gesellschaft, dahinfiele. Übrigens sieht das Gesetz ausdrücklich vor, dass die Konkursverwaltung im Gesellschaftskonkurse den Anspruch der Aktionäre und Gesellschaftsgläubiger geltend zu machen habe (Art. 756 Abs. 1 OR). Dieser Anspruch deckt sich inhaltlich insoweit mit jenem der Gesellschaft, als er den mittelbaren, durch Schädigung der Gesellschaft verursachten Schaden betrifft (Art. 755 OR). Daraus erhellt, dass der Verantwortliche den der Gesellschaft zugefügten Schaden auch in deren Konkurs noch zu ersetzen hat. Die Überlegung, im Konkurse könne kein Entlastungsbeschluss mehr gefasst werden, obschon beachtliche Gründe hiezu bestehen könnten (ROSSEL, a.a.O. 555 f.), ist damit gegenstandslos. Sie würde aber auch sonst nicht durchschlagen, da der Entlastungsbeschluss nicht Voraussetzung des Bestandes der Schadenersatzforderung oder ihrer Geltendmachung ist, sondern sie im Gegenteil vernichtet.
Das Bundesgericht hat denn auch schon die Abtretbarkeit des Verantwortlichkeitsanspruches der Gesellschaft im Falle eines Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung bejaht (BGE 64 III 22,BGE 67 II 170), ja sogar allgemein und unter Bezug auf das geltende Recht (Art. 758 OR, Art. 43 Bankengesetz) ausgeführt, dass der Verantwortlichkeitsanspruch der Aktiengesellschaft unbeschränkt an Dritte, z.B. an Gesellschaftsgläubiger, abgetreten werden könne (BGE 64 III 22). Auch im deutschen Recht wird anerkannt, dass der Schadenersatzanspruch der Aktiengesellschaft aus Verletzung der Sorgfaltspflichten der Vorstandsmitglieder grundsätzlich übertragen (abgetreten und gepfändet) werden kann (vgl. deutsches Aktiengesetz § 84 Abs. 5, ebenso im früheren Recht § 241 HGB).
4. Ist der Schadenersatzanspruch der Gesellschaft nicht höchstpersönlich, so ist nicht zu ersehen, weshalb er nicht auch an einen Gesellschaftsgläubiger sollte abgetreten werden können. Freilich können die Gläubiger ihren in Art. 755 OR umschriebenen Anspruch nur einklagen, wenn die Gesellschaft im Konkurse ist und die Konkursverwaltung den Anspruch nicht geltend macht (Art. 758, 756 OR). Es trifft auch zu, dass diese Beschränkung die Gesellschaft und ihre mit der Verwaltung, Geschäftsführung und Kontrolle betrauten Personen vor missbräuchlichen Klagen der Gläubiger bewahren soll. Dieser Zweck wird jedoch nicht vereitelt, wenn die Gesellschaft ihren Schadenersatzanspruch an einen Gläubiger abtritt. Tut sie das, so kann sie sich nicht mit Fug belästigt fühlen, wenn der Zessionar die abgetretene Forderung einklagt und sich dadurch in die Angelegenheiten der Gesellschaft einmischt. Der Beklagte sodann steht nicht schlechter da als jeder Schuldner, der Gefahr läuft, zufolge der Abtretung strenger verfolgt zu werden, als ihn der alte Gläubiger verfolgt hätte. Wollte das Gesetz, dass der Verantwortliche unter keinen Umständen von einem anderen als von der Gesellschaft selbst belangt werde, so würde es nicht den Aktionären und den Gesellschaftsgläubigern - wenn auch letzteren nur im Konkurs - ein selbständiges Klagerecht geben. Der Zweck dieses Rechts kann nur darin bestehen, die Verantwortlichkeitsordnung wirksamer zu gestalten, da die Verwaltung oder eine von Mitgliedern der Verwaltung beeinflusste Generalversammlung es oft unterlässt, die der Gesellschaft zustehende Schadenersatzforderung einzuklagen. Wenn die Gesellschaft sich dazu entschliesst, ihren Verantwortlichkeitsanspruch an einen oder mehrere Gläubiger abzutreten, um ihnen auch ohne Konkurs die Verfolgung des Verantwortlichen zu ermöglichen, so widerspricht das deshalb dem Grundgedanken des Gesetzes nicht. Die Gesellschaft wird sich zur Abtretung ihrer Verantwortlichkeitsansprüche nie bereit erklären, wenn sie glaubt, deren Geltendmachung sei missbräuchlich oder widerspreche sonstwie ihren Interessen. Damit aber, dass die Gesellschaft ihre Interessen so wahre, wie sie es für richtig hält, muss der Schadenersatzpflichtige sich abfinden. Das Handelsgericht irrt, wenn es glaubt, das Gesetz wolle den Gläubigern die Geltendmachung von Verantwortlichkeitsansprüchen ausserhalb des Konkurses "kategorisch" verbieten. Das Verbot betrifft nur den eigenen, originären Anspruch des Gläubigers. Dass Art. 758 OR jede Bedeutung verliere, wenn der Gläubiger sich die Schadenersatzforderung der Gesellschaft abtreten lassen und sie ausser Konkurs einklagen könne, ist schon deshalb nicht richtig, weil die Bestimmung immer dann anwendbar ist, wenn eine Abtretung nicht stattfindet.
5. Auch das Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz verbietet die Abtretung der Schadenersatzforderung an Gläubiger der Gesellschaft nicht. Jedem Schuldner ist erlaubt, irgendwelche Vermögensstücke an einen oder mehrere Gläubiger zu veräussern. Dem Gebote der Gleichbehandlung verschaffen die Art. 285 ff. SchKG, insbesondere Art. 287, Nachachtung, indem sie den zu Verlust kommenden anderen Gläubigern und der Konkursverwaltung die Möglichkeit gerichtlicher Anfechtung geben. Keine Bestimmung ermächtigt den Richter, auch ausserhalb eines Anfechtungsprozesses sich zum Hüter für die Gleichbehandlung der Gläubiger zu machen, indem er die Veräusserung von Vermögen eines Schuldners als nichtig zu behandeln hätte, und das nicht einmal auf Begehren eines benachteiligten Gläubigers, sondern eines Dritten, insbesondere des Schuldners einer abgetretenen Forderung. Eine Ausnahme besteht auch dann nicht, wenn durch die Veräusserung von Vermögen ein Konkurs oder ein gerichtliches Nachlassverfahren abgewendet werden soll. Kein Gesetz verbietet einem Schuldner, einer Verwertung seines Vermögens unter staatlicher Aufsicht aus dem Wege zu gehen, indem er sich mit seinen Gläubigern ins Einvernehmen setzt, sei es auch um den Preis der Abtretung einzelner oder aller Vermögensstücke. Was aber in dieser Beziehung jedem Schuldner erlaubt ist, kann auch einer Aktiengesellschaft nicht verboten sein. Unter welcher Voraussetzung ihre Verwaltung den Konkursrichter zu benachrichtigen hat, sagt Art. 725 Abs. 3 OR. Von diesem Falle abgesehen, ist auch sie frei, sich ohne Konkurs oder gerichtlichen Nachlassvertrag mit ihren Gläubigern auseinanderzusetzen, und selbst die Verletzung der erwähnten Pflicht hat nicht die Ungültigkeit der im Zustande der Überschuldung abgeschlossenen Rechtsgeschäfte zur Folge, sondern lediglich die Möglichkeit der Anfechtung nach Art. 285 ff. SchKG und die Verantwortlichkeit der Verwaltung nach Art. 754 ff. OR.
Eine Ausnahme gilt auch nicht für die Abtretung von Verantwortlichkeitsansprüchen. Es ist nicht einzusehen, weshalb die Gesellschaft solche Schadenersatzforderungen, die sie nicht selber eintreiben will, aus betreibungsrechtlichen Gründen nur in einem Konkurs oder Nachlassverfahren mit Vermögensabtretung sollte verwerten, nicht auch ausserhalb dieser Verfahren an ihre Gläubiger sollte abtreten können. Die Gefahr, dass einzelne Gläubiger benachteiligt werden, ist nicht grösser, wenn eine solche Forderung abgetreten wird, als wenn die Gesellschaft sich eines anderen Vermögensstückes entäussert. Vollends ist nicht zu verstehen, inwiefern die Abtretung der öffentlichen Ordnung und den guten Sitten widersprechen sollte, wenn die Forderung, wie im vorliegenden Falle, allen bekannten Gläubigern der Gesellschaft angeboten wird. Dieses Vorgehen kann vernünftig, seine Unterlassung dagegen anstössig sein, wenn andernfalls die Belangung des Verantwortlichen unterbliebe, weil kein Gläubiger die Konkurskosten vorschiesst und daher der Konkurs als geschlossen erklärt wird. Das schliesst ja einen sogenannten Nachkonkurs (Art. 269 SchKG), also endgültig auch die nachträgliche Geltendmachung oder sonstige Verwertung des Verantwortlichkeitsanspruches aus (JAEGER/DAENIKER Art. 269 N. 1). Freilich kommen die Gläubiger um ihr Recht, ihren eigenen Verantwortlichkeitsanspruch, gehe er auf Ersatz unmittelbaren oder bloss mittelbaren (durch Schädigung der Gesellschaft verursachten) Schadens, gerichtlich geltend zu machen, wenn es nicht zum Konkurse kommt. Allein das ist die Folge des Art. 758 OR. Jeder Gläubiger kann sie vermeiden, indem er die Gesellschaft in Konkurs treibt und nötigenfalls die Kosten eines solchen vorschiesst. Die Möglichkeit, dass er es aus irgendwelchen Überlegungen unterlasse, ist kein Grund, die Abtretung des Verantwortlichkeitsanspruches der Gesellschaft als ungültig zu behandeln und damit zum Vorteile des Verantwortlichen auch jenen Gläubigern die Befriedigung zu verwehren, die zwar ihrerseits die Konkurskosten nicht vorschiessen wollen, aber wenigstens bereit sind, im Einvernehmen mit der Gesellschaft den Verantwortlichen ausserhalb eines Konkurses zu belangen.
Die Einwendung des Beklagten, der von den Zessionaren geltend gemachte Verantwortlichkeitsanspruch könnte ihre Forderungen übersteigen und die Verteilung des Überschusses wäre schwierig, wenn die Gesellschaft inzwischen in Konkurs gekommen und dieser eingestellt worden sei, hält nicht stand. Diese Schwierigkeit ist keine Besonderheit des vorliegenden Falles. Jeder Gläubiger, der sich zahlungshalber einen seine eigene Forderung übersteigenden unsicheren Anspruch abtreten lässt und daraus mehr löst, als er von der zedierenden Aktiengesellschaft zu fordern hat, bleibt schliesslich bereichert, wenn inzwischen die Gesellschaft in Konkurs geraten und dieser eingestellt worden ist. Das ist nicht stossender, als wenn irgendwelche erst nachträglich zum Vorschein kommende Aktiven der Gesellschaft wegen Unmöglichkeit der Durchführung eines Nachkonkurses ihren unbefriedigten Gläubigern nicht mehr zugute kommen können. Es erregt auch nicht mehr Anstoss, als wenn die Abtretung ungültig erklärt würde; denn damit wäre den Gesellschaftsgläubigern ebenfalls nicht geholfen, sondern lediglich dem Verantwortlichen ein durch nichts gerechtfertigter Dienst erwiesen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 7. Juli 1955 aufgehoben und die Sache zu materieller Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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de
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1. Art. 165 cp. 1 CO. Deve la dichiarazione di cessione indicare il nuovo creditore? (consid. 1 e 2). 2. Art. 164 cp. 1, 754 sgg. CO. La società anonima può cedere il suo credito per risarcimento dei danni verso persone incaricate dell'amministrazione, della gestione o della revisione (consid. 3); il cessionario può essere un creditore della società (consid. 4 e 5).
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it
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civil law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-48%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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82 II 495
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82 II 495
Sachverhalt ab Seite 495
A.- Der im Kanton Wallis heimatberechtigte K., geb. 1917, verheiratete sich im Dezember 1949 in Basel mit der um 10 Jahre jüngeren deutschen Staatsangehörigen L. Im August 1951 verliess er seine Frau. Vom Oktober 1951 an lebte er mit Witwe R. zusammen. Am 7. August 1952 gebar Frau K. eine Tochter.
B.- Am 18. August 1952 klagte K., dem seine Frau die Schwangerschaft verschwiegen hatte, in seinem Heimatkanton auf Aberkennung der Ehelichkeit dieses Kindes. Er machte geltend, er habe seine Frau seit dem 1. August 1951 nicht mehr gesehen und empfinde gegen sie einen derartigen Abscheu, dass er nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts unmöglich noch mit ihr hätte Geschlechtsverkehr haben können. Zum Beweis beantragte er das Parteiverhör und die Anordnung einer Blutprobe.
Am 27. August 1952 erhob K. in Basel Klage auf Scheidung wegen Ehebruchs seiner Frau mit einem italienischen Nebenarbeiter und Schulfreunden aus Deutschland.
Frau K. und das durch einen Beistand vertretene Kind liessen im Anfechtungsprozess behaupten, der Kläger sei nach dem 1. August 1951 noch oft zu seiner Frau heimgekehrt und habe mit ihr noch in der kritischen Zeit Geschlechtsverkehr gehabt. Der Blutuntersuchung widersetzten sie sich "aus prinzipiellen Gründen". Im Scheidungsprozess bestritt die Frau, die Ehe gebrochen zu haben, und warf dem Kläger ihrerseits Ehebruch mit Frau R. vor.
C.- Am 22. Dezember 1952 ordnete der Instruktionsrichter von Brig im Anfechtungsprozess die Blutgruppenbestimmung an. Der Beistand des Kindes erklärte in dessen Namen gegen diese Verfügung die Berufung an das Kantonsgericht Wallis, weil der Kläger im Anfechtungsprozess ein ehewidriges Verhalten seiner Frau weder bewiesen noch ernsthaft behauptet habe, so dass stichhaltige Gründe zu Zweifeln an seiner Vaterschaft nicht dargetan seien, wie es nach BGE 71 II 60 notwendig wäre, um die Anordnung der Blutprobe zu rechtfertigen. Gegen den Entscheid vom 27. März 1953 (zugestellt 24. April 1953), mit dem das Kantonsgericht diese Berufung abwies, führte der Beistand des Kindes staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht. Dieses trat am 10. Juni 1953 auf die Beschwerde nicht ein, weil die behauptete Rechtsverletzung noch mit der Berufung gegen das Sachurteil des Kantonsgerichts gerügt werden könne.
Den vier Vorladungen zur Blutuntersuchung, die der Instruktionsrichter im Anschluss an seine Verfügung vom 22. Dezember 1952, an die Ausfällung und die Zustellung des kantonsgerichtlichen Entscheids und an die Zustellung des Dispositivs des bundesgerichtlichen Urteils erliess, leisteten Mutter und Kind keine Folge. Ihr Anwalt teilte dem Experten jeweils in letzter Stunde mit, dass sie nicht erscheinen würden.
D.- Inzwischen hatte am 27. Mai 1953 die Beweisverhandlung im Scheidungsprozess stattgefunden. Dabei ergaben sich keine Anhaltspunkte für ehebrecherische oder ehewidrige Beziehungen der Beklagten mit dem italienischen Arbeiter C. Über die Beziehungen mit Schulfreunden aus Deutschland sagte die Beklagte zunächst aus, ein Schulkamerad, dessen Name sie nicht mehr wisse, sei einmal zwischen 21 Uhr 30 und 1 Uhr nachts in Abwesenheit des Klägers, aber in Gegenwart eines Fräuleins bei ihr gewesen, um ihr Grüsse ihrer Mutter zu überbringen. Auf weiteres Befragen gab sie zu, dass dieser Schulkamerad, der S. heisse und bei der deutschen Bahnpost angestellt sei, sie ungefähr alle vierzehn Tage ohne Voranmeldung um die angegebene Zeit besucht habe, und zwar auch noch, als sie schon vom Kläger getrennt gelebt habe. Daraufhin sistierte das Basler Gericht das Scheidungsverfahren bis nach rechtskräftiger Erledigung des Anfechtungsprozesses, weil "erhebliche Verdachtsgründe für Ehebruch der Beklagten bestehen".
E.- Am 29. Juni 1953 wurden die Eheleute K. durch das Zivilgericht Basel im Auftrag des Instruktionsrichters im Anfechtungsprozess als "Auskunftspersonen" befragt. Beide Teile blieben bei ihrer Darstellung. Die Ehefrau behauptete, bei den Besuchen des S. sei immer eine Kollegin, Fräulein Sch., zugegen gewesen.
Mit Eingabe vom 8. Juli 1953 beantragte der Anwalt von Mutter und Kind, S. und Fräulein Sch. seien als Zeugen zu vernehmen. Gleichzeitig gab er die Erklärung ab, seine Partei werde sich einer Blutprobe nicht widersetzen, falls vom Ehemann stichhaltige Gründe zu Zweifeln an seiner Vaterschaft dargetan werden können.
Am 24. November 1953 auf dem Requisitorialweg durch das zuständige deutsche Gericht verhört, gab S. im Widerspruch mit den Zugeständnissen der Frau K. an, er sei ein einziges Mal, und zwar in Gegenwart des Ehemannes, bei dieser gewesen. Intime Beziehungen stellte er wie Frau K. in Abrede.
F.- Am 19. Dezember 1953 ersuchte der Anwalt von Mutter und Kind das Walliser Kantonsgericht um Sistierung des Anfechtungsprozesses, bis im Scheidungsprozess ein rechtskräftiges Urteil vorliege, da erst nach Durchführung dieses letzten Prozesses entschieden werden könne, ob im Anfechtungsprozess die Blutprobe durchzuführen sei. Das Kantonsgericht entsprach diesem Gesueh.
Das Zivilgericht Basel-Stadt nahm in der Folge das Scheidungsverfahren wieder auf und erkannte am 12. August 1954, die Ehe werde gemäss Art. 137 ZGB geschieden. Es betrachtete als erwiesen, dass die Beklagte mit S. und der Kläger (der im schuldhaft ehewidrigen Verhalten den Anfang gemacht habe und der Hauptschuldige sei) mit Frau R. die Ehe gebrochen habe. Das Kind wurde der Mutter zugesprochen. Am 22. Februar 1955 bestätigte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt das erstinstanzliche Urteil.
G.- Am 2. Juni 1955 gebar Frau L. gesch. K. einen Knaben, als dessen Vater sie ihren Verlobten W. angab. Der Kläger focht die Ehelichkeit dieses Kindes mit Klage vom 8. Juni 1955 an, doch wurde dieses Verfahren am 7. Mai 1956 wegen einer prozessualen Versäumnis des Klägers abgeschrieben.
Nach Beizug der Scheidungsakten forderte das Kantonsgericht Wallis den Anwalt der Beklagten im ersten Anfechtungsprozess auf, sich bei den Schlussverhandlungen eindeutig darüber auszusprechen, ob die Beklagten gewillt seien, sich auf Anordnung des Kantonsgerichts der Blutuntersuchung zu unterziehen. Die Beklagten erneuerten darauf ihre Weigerung.
H.- Am 13. Oktober 1955 hat das Kantonsgericht Wallis in Gutheissung der Anfechtungsklage festgestellt, dass der Kläger nicht der Vater des von der Zweitbeklagten geborenen Mädchens und dieses daher als aussereheliches Kind der Frau L. gesch. K. in das Geburtsregister einzutragen sei. In den Erwägungen wird ausgefuhrt, eine physische Unmöglichkeit der Zeugung durch den Ehemann sei nicht gegeben. Der Kläger habe nicht beweisen können, dass er seine Frau seit der Trennung am 1. August 1951 nicht mehr gesehen habe. Auf Impotenz habe er sich nicht berufen, ebensowenig auf besondere Merkmale des Kindes, die geeignet wären, eine anderweitige Vaterschaft zu beweisen. Der Ehebruch der Mutter sei als bewiesen anzusehen. Ihr Verhältnis mit S. falle in die kritische Zeit. Damit sei allerdings die Unmöglichkeit der Vaterschaft des Klägers noch nicht bewiesen. Die moralische Unmöglichkeit seiner Vaterschaft ergebe sich indes aus der Tatsache, dass der Kläger seit dem 1. August 1951 von seiner Frau getrennt in einem als ehebrecherisch anzusehenden Verhältnis mit einer andern Frau zusammengelebt habe. Es sei in hohem Masse unwahrscheinlich, dass er gleichwohl noch ehelichen Verkehr mit seiner Frau gepflegt habe. Noch unwahrscheinlicher sei, dass er, der Kinder von jeher abgelehnt und sich offenbar auf die Empfängnisverhütung verstanden habe, "ausgerechnet nach erfolgter Trennung von seiner Frau sich überlisten oder die bisher geübte Vorsicht fallen liess". Die Angst, die die Ehefrau daran gehindert habe, dem Kläger die Schwangerschaft und die Geburt mitzuteilen, sei deshalb kaum darauf zurückzuführen, dass sie es nicht gewagt habe, ihrem Gatten die Ankunft eines ehelichen Sprosses bekanntzugeben. Es sei vielmehr die Angst vor der Entdeckung gewesen, dass sie es "fertig gebracht" habe, im Verkehr mit einem andern Manne ihren Wunsch nach einem Kinde zu befriedigen. Die Tatsache, dass sie bald nach der Scheidung ein zweites Kind geboren habe, lasse darauf schliessen, dass sie schon zur Zeit der Empfängnis des ersten Kindes nicht allzugrosse Hemmungen gehabt habe, sich S. hinzugeben. Das Gericht betrachte die moralische Unmöglichkeit der Vaterschaft des Klägers aus diesen Gründen als erwiesen, "vor allem aber darum, weil die beklagte Kindsmutter sich weigerte, sich mit dem Kinde zur Blutentnahme zu stellen". Diese Weigerung sei nach der Scheidung wegen beidseitigen Ehebruchs nicht mehr gerechtfertigt gewesen. Nach all den vergeblichen Versuchen, die beklagte Partei zur Hergabe von Blut zu bewegen, komme der Weigerung "durchschlagender Beweiswert zu im Sinne von Art. 255 Abs. 2 ZPO". Diese Bestimmung, wonach die durch Parteiverhör abzuklärenden Tatsachen im Falle wiederholten Ausbleibens der zu verhörenden Partei als erwiesen angenommen werden können, sei bei wiederholter Weigerung einer Partei, sich zur Blutentnahme zu stellen, analog anwendbar. Es sei nicht ganz abwegig, die hartnäckige Weigerung der Beklagten damit zu erklären, dass sie die vom Experten am 19. Juni 1953 ermittelte Blutgruppe des Klägers in Erfahrung gebracht und dann eine private Untersuchung veranlasst habe, aus der hervorgegangen sei, dass der Kläger nicht der Vater sein könne. Jedenfalls aber stehe das Gericht nicht an, aus der ungerechtfertigten Verweigerung der Blutentnahme den Schluss zu ziehen, dass die Blutprobe zu Ungunsten der Beklagten ausgefallen wäre und der Kläger demnach unmöglich der Vater sein könne. Schliesslich könnte noch der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 187 ZPO) angerufen werden, dem als allgemeine Richtlinie innewohne, dass ein Beweis nach Treu und Glauben dann als erbracht anzusehen sei, wenn die Beweisführung durch ein schuldhaftes Verhalten des Prozessgegners unmöglich gemacht werde.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagten die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf Abweisung der Klage.
Während der ersten Beratung des Bundesgerichts liess der Anwalt der Beklagten dem Gericht mitteilen, dass seine Klientinnen bereit seien, sich der Blutgruppenuntersuchung zu unterziehen. Der vom Referenten in der Folge unternommene Versuch, eine Vereinbarung herbeizuführen, wonach die Blutprobe noch durchgeführt und je nach ihrem Ausgang die Klage oder die Berufung zurückgezogen worden wäre, scheiterte dann aber am Widerstand der Beklagten.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Ist ein Kind, wie es hier zutrifft, wenigstens 180 Tage nach Abschluss der Ehe geboren, so vermag der Ehemann seine Anfechtungsklage nach Art. 254 ZGB nur durch den Nachweis zu begründen, dass er unmöglich der Vater des Kindes sein könne.
Als Beispiele solcher Unmöglichkeit wurden in den Erläuterungen zum Vorentwurf (Art. 279) und bei der parlamentarischen Beratung die Fälle genannt, dass während der Zeit, da die Empfängnis stattgefunden haben kann, ein ehelicher Verkehr wegen Abwesenheit, Krankheit oder Impotenz des Mannes ausgeschlossen war (Erl., 1. Ausg. 1. Heft S. 236, 2. Ausg. I. Bd. S. 254; Sten.Bull. 1905 S. 733, 1163). Die Vaterschaft des Ehemannes ist in der Tat unmöglich, wenn äussere Umstände (z.B. Landesabwesenheit oder strenge Internierung des einen Ehegatten) einen ehelichen Verkehr während der erwähnten Zeit ausschlossen oder wenn der Ehemann damals zeugungsunfähig war. Das Gesetz beschränkt die Anfechtungsklage aber nicht auf derartige Fälle. Es sagt nichts darüber, auf welchen Ursachen die Unmöglichkeit der Vaterschaft des Ehemannes beruhen müsse. Daher ist grundsätzlich jeder Tatbestand, der dem Richter die Überzeugung verschafft, dass der Ehemann nicht der Vater sein kann, als Anfechtungsgrund anzuerkennen (BGE 55 II 297, BGE 62 II 77). Ob ein gegebener Sachverhalt diese Überzeugung zu begründen vermöge, ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht überprüfen kann (BGE 40 II 582, BGE 42 II 90). Ausser bei Unmöglichkeit der Beiwohnung aus äussern Gründen und bei Zeugungsunfähigkeit des Ehemannes ist die Anwendung von Art. 254 ZGB in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bisher in folgenden Fällen als zulässig bezeichnet worden:
a) Schon in seinem ersten veröffentlichten Entscheide zu dieser Bestimmung hat das Bundesgericht erklärt, es brauche nicht immer der Nachweis der physischen Unmöglichkeit der Zeugung durch den Ehemann erbracht zu werden, sondern unter Umständen genüge auch der Nachweis einer "moralischen" Unmöglichkeit (BGE 39 II 12 Erw. 4). Gemeint ist der Nachweis einer psychischen Einstellung der Ehegatten, die eine Beiwohnung trotz bestehender Gelegenheit als ausgeschlossen erscheinen lässt (BGE 40 II 585, BGE 42 II 313, BGE 62 II 78 /79, BGE 71 II 58). Es ist klar, dass eine solche Unmöglichkeit nicht leichthin, sondern nur auf Grund einer strengen Prüfung angenommen werden darf (BGE 62 II 78), da es erfahrungsgemäss selbst zwischen Ehegatten, die sich erbittert befeinden, nicht allzu selten noch zum Geschlechtsverkehr kommt. Das Bundesgericht hat denn auch bis heute die moralische Unmöglichkeit der Beiwohnung auf jeden Fall in der veröffentlichten Praxis noch nie als gegeben erachtet.
b) Die Praxis anerkennt, dass die Vaterschaft des Anfechtungsklägers dann (physisch) unmöglich ist, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Mutter bereits schwanger war, als sie zum ersten Mal mit ihm geschlechtlich verkehrte (BGE 42 II 91, BGE 55 II 297, BGE 61 II 302).
c) In BGE 55 II 295 ff. wurde eine Anfechtungsklage auf Grund der durch ein Gutachten bewiesenen Tatsache gutgeheissen, dass das Kind Rassenmerkmale aufwies, die nach den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung die Vaterschaft des Klägers mit Sicherheit ausschlossen.
d) Die neuere Rechtsprechung lässt die Anwendung von Art. 254 ZGB auch dann zu, wenn bewiesen wird, dass zwischen den Ehegatten um die Zeit der Empfängnis trotz allfällig vorhandener Möglichkeit tatsächlich kein Geschlechtsverkehr stattfand (BGE 62 II 76 ff., BGE 71 II 58). Es ist denn auch unbestreitbar, dass die Vaterschaft des Ehemannes in einem solchen Falle physisch unmöglich ist.
Auf Grund der blossen Zugabe der Mutter darf der Richter das Ausbleiben des ehelichen Verkehrs um die Zeit der Empfängnis freilich nicht als erstellt betrachten (BGE 42 II 313, BGE 62 II 79, vgl. auch BGE 78 I 4). Wie im Scheidungs- muss auch im Anfechtungsprozess der in Art. 158 Ziff. 1 und 3 ZGB niedergelegte Grundsatz gelten, dass der Richter die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen nur dann als erwiesen annehmen darf, wenn er sich von ihrem Vorhandensein überzeugt hat, und dass Parteierklärungen irgendwelcher Art für ihn nicht verbindlich sind (BGE 82 II 3 und dort zit. Entscheide); denn hier wie dort stehen neben den Interessen der Parteien auch öffentliche Interessen im Spiele. Das schliesst jedoch nicht aus, dass der Richter auf die Aussagen der Mutter im Parteiverhör abstellt, sofern das kantonale Recht dieses als Beweismittel vorsieht und ausgestaltet (BGE 62 II 79, BGE 71 II 58). Ob solche Aussagen im einzelnen Fall glaubwürdig seien, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die im Berufungsverfahren nicht überprüft werden kann (BGE 62 II 80).
Eine andere Frage ist es, ob der Richter die Behauptung des Klägers, dass um die Zeit der Empfängnis kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe, auch dann als erwiesen betrachten und gestützt darauf die Anfechtungsklage gutgeheissen darf, wenn jene Behauptung nur durch eine glaubwürdig erscheinende Aussage, die der Kläger selber im Parteiverhör gemacht hat, bestätigt wird. Gegen diese Art der Beweisführung, die von vornherein nur dort in Betracht kommen könnte, wo das kantonale Prozessrecht den Beweis einer Tatsache durch die eigene Aussage der beweispflichtigen Partei im Parteiverhör zulässt (vgl. BGE 80 II 296), hat das Bundesgericht in BGE 62 II 80 im Hinblick auf die strengen Anforderungen von Art. 254 ZGB Bedenken geäussert, und seither ist es auf diese Frage nicht zurückgekommen.
e) Schliesslich hat das Bundesgericht erklärt, die Vaterschaft des Ehemannes sei im Sinne von Art. 254 ZGB als unmöglich zu betrachten, wenn sie durch das Mittel der Blutuntersuchung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen wird und durch andere Beweismittel ein Ehebruch der Mutter bewiesen oder wenigstens glaubhaft gemacht ist (BGE 71 II 54 ff., BGE 79 II 17 ff., besonders 19/20). Dass der Kläger vorerst in dieser Weise stichhaltige Gründe zu Zweifeln an seiner Vaterschaft dartut, hat nach den eben angeführten Entscheiden mit Rücksicht auf die Ehre der Mutter als Voraussetzung für die Anordnung der Blutprobe zu gelten. Der Blutprobebeweis kann wie der an Rassenmerkmale anknüpfende Beweis (oben c) zum Ziele führen, auch wenn die Ehegatten in der Empfängniszeit ehelichen Verkehr pflogen.
2. Im vorliegenden Fall ist, wie die Vorinstanz feststellt, nicht dargetan, dass der Kläger und seine Ehefrau um die Zeit der Empfängnis aus äussern Gründen keinen Geschlechtsverkehr miteinander haben konnten. Zeugungsunfähigkeit des Klägers ist nicht behauptet. Auch ein Ausschluss seiner Vaterschaft auf Grund besonderer Rassenmerkmale des Kindes kommt nicht in Betracht. Die von der Vorinstanz angeordnete Blutuntersuchung wurde wegen der Weigerung der Beklagten, sich zur Blutentnahme zur Verfügung zu stellen, nicht durchgeführt. Es kann sich daher nur noch fragen, ob die moralische Unmöglichkeit der Beiwohnung bewiesen sei oder feststehe, dass in der Empfängniszeit trotz vorhandener Möglichkeit kein ehelicher Verkehr stattfand, oder ob es möglich sei, die bisher unterbliebene Blutprobe noch durchführen zu lassen oder aus der Weigerung der Beklagten abzuleiten, dass der Kläger unmöglich der Vater sein könne.
3. Die Vorinstanz erklärt, sie betrachte "die moralische Unmöglichkeit der Vaterschaft K. als erwiesen". Die von ihr angeführten Tatsachen vermögen jedoch die Annahme, dass ein ehelicher Verkehr um die Zeit der Empfängnis wegen der psychischen Einstellung der Ehegatten unmöglich gewesen sei, nicht zu rechtfertigen. Der Umstand, dass der Kläger während jener Zeit mit einer andern Frau in einem ehebrecherischen Verhältnis zusammenlebte, genügt keineswegs, um eine solche Unmöglichkeit darzutun. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger nicht zugetraut werden dürfte, während seines Verhältnisses mit Frau R. gelegentlich auch noch mit seiner Ehefrau verkehrt zu haben, oder dass die Ehefrau sich wegen der Untreue des Mannes oder wegen ihrer eigenen Beziehungen mit S. jenem unter keinen Umständen mehr hätte hingeben wollen. Die Behauptung des Klägers, dass er gegen seine Ehefrau einen unüberwindlichen Abscheu empfunden habe, ist durch nichts belegt. Die Tatsache, dass er keine Kinder haben wollte, hinderte ihn offenbar vor der Trennung nicht am ehelichen Verkehr. Schon deshalb kann aus dieser Tatsache nicht geschlossen werden, es habe bei ihm eine Einstellung des Willens bestanden, die einen solchen Verkehr nach der Trennung ausgeschlossen habe. Die Annahme sodann, er habe sich auf die Verhütung einer Empfängnis verstanden und nach der Trennung die bisher geübte Vorsicht nicht fallen lassen, hat mit der Frage der moralischen Unmöglichkeit der Beiwohnung überhaupt nichts zu tun. Sie läuft darauf hinaus, dass die Vaterschaft des Klägers deshalb physisch unmöglich sei, weil er empfängnisverhütende Methoden angewendet habe. Es bedarf keiner näheren Begründung, dass die Tatsache der Anwendung solcher Mittel zur Entkräftung der Vermutung der Ehelichkeit noch viel weniger taugt als im Vaterschaftsprozess zur Widerlegung der - viel schwächern - Vermutung des Art. 314 Abs. 1 ZGB (BGE 45 II 491, BGE 51 II 258). Wenn schliesslich die Ehefrau, wie die Vorinstanz annimmt, keine grossen Hemmungen hatte, sich S. hinzugeben, und dem Kläger die Schwangerschaft und die Geburt deshalb nicht mitteilte, weil sie sich vor der Entdeckung fürchtete, dass sie von einem andern Mann ein Kind empfangen habe, so sind auch diese Tatsachen völlig ungeeignet, eine psychische Einstellung der Ehegatten zu beweisen, die einen ehelichen Verkehr zur Zeit der Empfängnis ausgeschlossen hätte. Das gleiche gilt von der im angefochtenen Urteil besonders betonten Tatsache, dass die Ehefrau sich weigerte, sich zur Blutentnahme zu stellen. Von moralischer Unmöglichkeit im Sinne der bundesgerichtlichen Praxis kann daher keine Rede sein.
4. Über die Frage, ob nachgewiesen sei, dass um die Zeit der Empfängnis trotz vorhandener Möglichkeit tatsächlich kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe, hat sich die Vorinstanz nicht ausgesprochen. Es erübrigt sich jedoch, die Sache zur Entscheidung hierüber an sie zurückzuweisen, weil heute schon feststeht, dass diese Frage nicht positiv beantwortet werden kann. Eine im Parteiverhör gemachte Aussage der Ehefrau, wonach sie mit dem Kläger in der fraglichen Zeit nicht geschlechtlich verkehrt hätte, liegt nicht vor. Die Ehefrau hat im Gegenteil bei der richterlichen Befragung im Scheidungs- und im Anfechtungsprozess mit Bestimmtheit behauptet, dass der Kläger noch während der Empfängniszeit (bis in den November 1951 hinein) mit ihr intime Beziehungen unterhalten habe. Der Kläger vermochte keine Zeugen zu nennen, die das Ausbleiben ehelichen Verkehrs in der erwähnten Zeit bestätigen könnten (was nur in Frage gekommen wäre, wenn festgestanden hätte, dass die Parteien sich damals bloss bei bestimmten Gelegenheiten und in Gegenwart Dritter getroffen haben). Die eigenen Parteiaussagen des Klägers vermögen seine Sachdarstellung schon aus Gründen des kantonalen Prozessrechts, dessen Anwendung das Bundesgericht in diesem von der Vorinstanz nicht behandelten Punkte gemäss Art. 65 OG selber vornehmen kann, nicht zu beweisen. Art. 251 Abs. 1 der ZPO des Kantons Wallis bestimmt nämlich, zur Feststellung erheblicher Tatsachen könne jede Partei die persönliche Befragung der Gegenpartei verlangen. Die Befugnis, die eigene Befragung zu verlangen, wird den Parteien im Gesetz nicht eingeräumt. Art. 251 sieht neben der Befragung auf Verlangen des Prozessgegners nur die Einvernahme der Parteien von Amtes wegen vor (Abs. 3). Die Vorschriften, wonach im Falle des wiederholten Ausbleibens der zu verhörenden Partei oder der Verweigerung der Antwort die durch das Parteiverhör abzuklärenden Tatsachen als erwiesen angesehen werden können (Art. 255 Abs. 2 und Art. 260), haben nur dann einen vernünftigen Sinn, wenn die Befragung sich auf Tatsachen bezieht, die für die befragte Partei ungünstig sind. Aus alledem ist zu schliessen, dass die Walliser ZPO das Parteiverhör nur als Beweismittel zum Nachteil der befragten Partei, d.h. als Behelf zur Herbeiführung von Geständnissen, nicht dagegen als Beweismittel zugunsten der befragten Partei zulässt (vgl. GULDENER, Das schweiz. Zivilprozessrecht, I S. 308 lit. c). Die Aussagen des Klägers im Parteiverhör vermöchten also seine Behauptung, dass während der Empfängniszeit kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe, selbst dann nicht zu beweisen, wenn man sich über die in BGE 62 II 80 geäusserten, aus Art. 254 ZGB hergeleiteten Bedenken gegen das Abstellen auf die Aussagen des beweispflichtigen Anfechtungsklägers hinwegsetzen wollte. Für die in Frage stehende Behauptung kann also auf jeden Fall der direkte Beweis durch Zeugen oder Parteiaussagen nicht erbracht werden.
Was übrig bleibt, sind einige Indizien. Die Eheleute K. lebten in der Empfängniszeit getrennt und unterhielten ehebrecherische Beziehungen. Die Ehefrau hat dem Kläger die Schwangerschaft nach ihren eigenen Aussagen verschwiegen, weil sie wegen Drohungen vor ihm Angst gehabt habe. Im Prozess hat sie sich dann in missbräuchlicher Weise geweigert, zur Blutprobe Hand zu bieten (vgl. Erw. 5). Die Trennung und die beidseitige Untreue schlossen jedoch, wie schon in anderm Zusammenhang bemerkt, gelegentlichen ehelichen Verkehr keineswegs aus. Für das Verschweigen der Schwangerschaft und die als Grund dafür angegebene Angst mag die nächstliegende Erklärung freilich darin bestehen, dass die Ehefrau in der Empfängniszeit nicht mit ihrem Manne verkehrt hatte und sich daher sagen musste, dass sie sich mit der Mitteilung der Schwangerschaft des Ehebruchs bezichtigen würde. Zwingend ist dieser Schluss aber durchaus nicht. Sie kann sehr wohl auch dann aus Angst geschwiegen haben, wenn sie in der Empfängniszeit noch mit dem Kläger verkehrt hatte, weil sie allen Grund zur Annahme hatte, dass die Geburt eines Kindes dem Kläger auf jeden Fall unwillkommen sein werde. Ähnlich verhält es sich auch mit der Weigerung, für die vom Instruktionsrichter angeordnete Untersuchung Blut herzugeben. Am wahrscheinlichsten ist zwar, dass sie sich deswegen weigerte, weil sie ein für sie ungünstiges Ergebnis der Untersuchung befürchtete. Dieses Risiko bestand nur dann, wenn sie um die Zeit der Empfängnis mit einem Dritten Umgang gehabt hatte, und war dann am grössten, wenn ihr damals nur ein Dritter, nicht daneben auch noch der Ehemann beigewohnt hatte. Ihre Weigerung lässt sich also in diesem letzten Falle am leichtesten erklären. Sie ist aber keineswegs nur in diesem Fall erklärlich. Auch wenn die Ehefrau in der Empfängniszeit ausser mit S. noch mit ihrem Manne verkehrt hatte, musste sie mit der Möglichkeit rechnen, dass die Blutprobe dessen Vaterschaft ausschliessen und so die aussereheliche Erzeugung des Kindes dartun könnte. Im übrigen konnte sehr wohl auch blosser Trotz ihr Beweggrund sein. Die erwähnten Indizien können daher den von Art. 254 ZGB geforderten strengen Beweis nicht herstellen. Tatsachen der in Frage stehenden Art sind, worüber das Bundesgericht gemäss BGE 80 II 296 -298 (vgl. auch BGE 76 II 5) im Berufungsverfahren befinden kann, nach der Lebenserfahrung schlechterdings untauglich, für sich allein den Schluss zu rechtfertigen, dass während der Empfängniszeit sicher kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe.
Die Anwendung von Art. 254 ZGB kann sich demnach im vorliegenden Falle nicht darauf stützen, dass der Kläger seiner Frau um die Zeit der Empfängnis nachgewiesenermassen nicht beigewohnt habe.
5. Das Vorhandensein der Voraussetzungen für die Anordnung der Blutprobe wird von den Beklagten zu Unrecht bestritten. Die Vorinstanz betrachtet den Ehebruch der Zweitbeklagten in Übereinstimmung mit dem Scheidungsrichter als erwiesen. Darin liegt eine tatsächliche Feststellung, die gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich ist. Dass damit stichhaltige Gründe zu Zweifeln an der Vaterschaft des Klägers dargetan sind, ist unbestreitbar. Solche Gründe wären im übrigen auch dann gegeben, wenn der Ehebruch nicht als bewiesen anzusehen wäre. Die Zugeständnisse der Zweitbeklagten betreffend die regelmässigen nächtlichen Besuche ihres Schulkameraden S. sind zusammen mit der von den Basler Gerichten hervorgehobenen höchst verdächtigen Tatsache, dass ihre ursprüngliche Darstellung und die Aussagen des Zeugen S. weit hinter diesen Zugeständnissen zurückblieben, auf jeden Fall dazu angetan, einen Ehebruch in der Empfängniszeit wenigstens glaubhaft zu machen, was nach der Rechtsprechung genügt, um den Antrag auf Blutprobe zu begründen. Diese Expertise ist also ohne jeden Zweifel zu Recht angeordnet worden. Die Beklagten konnten das Bestehen der Voraussetzungen für diese Massnahme nach der Zustellung des erst- und zweitinstanzlichen Urteils im Scheidungsprozess selbst dann nicht mehr in guten Treuen bestreiten, wenn die Zweitbeklagte in der Empfängniszeit entgegen allem Anschein keinen Ehebruch begangen haben sollte. Es bedeutet daher einen Wortbruch, dass sie nach der Erledigung des Scheidungsprozesses auf ihrer Weigerung beharrten, obwohl sie vorher selber die präjudizielle Bedeutung des Urteils im Scheidungsprozess betont und erklärt hatten, sie würden sich der Blutprobe nicht widersetzen, falls der Kläger stichhaltige Gründe zu Zweifeln an seiner Vaterschaft darzutun vermöge.
Daraus, dass die Blutuntersuchung zu Recht angeordnet wurde und dass die Beklagten gemäss ihren eigenen Zusicherungen zu dieser Untersuchung hätten Hand bieten sollen, folgt indessen noch nicht, dass es rechtlich möglich sei, den Widerstand der Beklagten gegen diese Untersuchung durch Zwang zu brechen. Wohl billigt eine ständige Rechtsprechung des Bundesgerichts dem Beklagten und gegebenenfalls auch der Klagpartei im Vaterschaftsprozess einen Anspruch auf Durchführung der Blutuntersuchung zu (BGE 61 II 75, BGE 64 II 253, BGE 67 II 84, Urteil vom 15. März 1956 i.S. Redalié) und muss für den Kläger im Anfechtungsprozess das gleiche gelten, sobald er einen Ehebruch der Frau in der Empfängniszeit nachgewiesen oder wenigstens glaubhaft gemacht hat. Diese Praxis ist jedoch (vgl. BGE 61 II 76) nur ein Ausfluss des aus Art. 8 ZGB und den Vorschriften des materiellen Rechts sich ergebenden Grundsatzes, dass eine Partei, die eine nach Bundesrecht erhebliche Tatsache in prozessual wirksamer Weise behauptet und unter Beweis gestellt hat, von Bundesrechts wegen zum Beweis dieser Tatsache durch an sich taugliche Beweismittel zugelassen werden muss (BGE 62 II 326, BGE 68 II 139). Sie bezeichnet die Blutprobe als ein Beweismittel, das nicht als untauglich abgelehnt werden darf (vgl. BGE 82 I 237). Eine weitergehende Bedeutung kommt ihr nicht zu. Insbesondere kann sich die Anwendung von (unmittelbarem oder mittelbarem) Zwang gegen eine widerspenstige Partei oder einen widerspenstigen Zeugen nicht auf diese Praxis und den ihr zugrunde liegenden bundesrechtlichen Grundsatz stützen. Ob ein solcher Zwang zulässig sei, ist vielmehr eine Frage des den Kantonen vorbehaltenen Prozessrechts. Aus dem angefochtenen Urteil ist nun zu schliessen, dass die Vorinstanz annimmt, das Walliser Zivilprozessrecht biete keine Handhabe, um die Beklagten zur Abgabe von Blut für die angeordnete Untersuchung zu zwingen. (Der Instruktionsrichter hatte in seinem Schreiben an das Kantonsgericht vom 25. Juni 1953 ausdrücklich festgestellt, dass ihm keine Mittel zur Verfügung stehen, diese Untersuchung zu erzwingen). Diese Auslegung des kantonalen Rechts ist für das Bundesgericht als Berufungsinstanz verbindlich. (Sie dürfte übrigens richtig sein, da in der Walliser ZPO keine Bestimmung zu finden ist, die einen solchen Zwang erlauben würde.) Den Versuch, durch eine Beschwerde bei der Vormundschaftsbehörde eine Weisung an den Beistand des Kindes auf Zulassung der Blutentnahme wenigstens beim Kinde zu erwirken, hat der Kläger nicht gemacht.
Unter diesen Umständen muss hingenommen werden, dass die Blutuntersuchung im vorliegenden Falle wegen der Weigerung der Beklagten nicht durchführbar ist.
6. So bleibt nur die Frage, ob aus der Weigerung der Beklagten gefolgert werden dürfe, die Blutprobe hätte, wenn durchgeführt, die Vaterschaft des Klägers ausgeschlossen. Die Vorinstanz hat diese Frage bejaht, indem sie die Vorschrift der Walliser ZPO über die Folgen des wiederholten Ausbleibens der zum Parteiverhör geladenen Partei auf den Fall der Verweigerung der Hergabe von Blut für die Blutprobe analog anwandte und unter Hinweis auf einen Entscheid des Bezirksgerichtes Zürich (SJZ 1954 S. 45/46) beifügte, bei der freien Beweiswürdigung gemäss Art. 187 ZPO gelte als allgemeine Richtlinie, dass ein Beweis nach Treu und Glauben dann als erbracht anzusehen sei, wenn die Beweisführung durch ein schuldhaftes Verhalten des Prozessgegners unmöglich gemacht werde. Aus der Weigerung der Beklagten in Anwendung kantonaler Beweisregeln zu folgern, dass die Blutuntersuchung zu einem für sie ungünstigen Ergebnis geführt hätte, verträgt sich jedoch nicht mit dem gemäss Erwägung 1 d im Anfechtungsprozess geltenden bundesrechtlichen Grundsatze, dass der Richter die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen nur dann als erwiesen annehmen darf, wenn er sich von ihrem Vorhandensein überzeugt hat (siehe auch BGE 61 II 24). Die Blutuntersuchung vermag die Vaterschaft des Ehemannes bei weitem nicht in allen Fällen auszuschliessen, wo in Wirklichkeit nicht er, sondern ein Dritter der Vater ist. Die Ehefrau kann daher nicht zum voraus wissen, welches Ergebnis diese Untersuchung zeitigen wird, selbst wenn sie in der Empfängniszeit nur mit einem Dritten, nicht auch mit ihrem Ehemann Verkehr hatte, was hier im übrigen nicht feststeht. Dass im vorliegenden Falle die Zweitbeklagte auf Grund des bei den Akten liegenden Untersuchungsbefunds über die Bluteigenschaften des Klägers und einer von ihr veranlassten privaten Untersuchung des Bluts ihres Kindes und ihres eigenen Bluts über die Ausschliessbarkeit der Vaterschaft des Klägers unterrichtet gewesen sei und aus diesem Grunde die vom Richter angeordnete Untersuchung hintertrieben habe, ist eine blosse Vermutung der Vorinstanz. Unter diesen Umständen ist ihre Weigerung ungeeignet, die richterliche Überzeugung zu begründen, dass die Blutprobe zu ihren Ungunsten ausgefallen wäre.
Dass die Beklagten dank der Vereitelung der vom Kläger mit Recht beantragten Expertise, die möglicherweise die Vaterschaft des Klägers ausgeschlossen hätte, den Prozess gewinnen, ist zweifellos höchst unbefriedigend. Das geltende Recht erlaubt jedoch keinen andern Entscheid. Nur der Erlass von Vorschriften, die dem Richter in derartigen Fällen gestatten würden, die Durchführung der Blutuntersuchung zu erzwingen, wäre geeignet, einer Prozessführung den Riegel zu schieben, die darauf ausgeht, die Erforschung der materiellen Wahrheit durch dieses Beweismittel zu verhindern.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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Anfechtung der Ehelichkeit. Nachweis der Unmöglichkeit der Vaterschaft des Ehemannes (Art. 254 ZGB).
"Moralische" Unmöglichkeit der Beiwohnung? Durch welche Beweismittel kann bewiesen werden, dass um die Zeit der Empfängnis trotz vorhandener Möglichkeit kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe? Unter welchen Voraussetzungen kann der Kläger die Anordnung einer Blutuntersuchung verlangen? Kann die Durchführung einer solchen Untersuchung gegen den Widerstand der Beklagten erzwungen werden? Kann aus der Weigerung der Beklagten, sich der Blutuntersuchung zu unterziehen, gefolgert werden, diese hätte die Vaterschaft des Klägers ausgeschlossen?
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82 II 495
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82 II 495
Sachverhalt ab Seite 495
A.- Der im Kanton Wallis heimatberechtigte K., geb. 1917, verheiratete sich im Dezember 1949 in Basel mit der um 10 Jahre jüngeren deutschen Staatsangehörigen L. Im August 1951 verliess er seine Frau. Vom Oktober 1951 an lebte er mit Witwe R. zusammen. Am 7. August 1952 gebar Frau K. eine Tochter.
B.- Am 18. August 1952 klagte K., dem seine Frau die Schwangerschaft verschwiegen hatte, in seinem Heimatkanton auf Aberkennung der Ehelichkeit dieses Kindes. Er machte geltend, er habe seine Frau seit dem 1. August 1951 nicht mehr gesehen und empfinde gegen sie einen derartigen Abscheu, dass er nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts unmöglich noch mit ihr hätte Geschlechtsverkehr haben können. Zum Beweis beantragte er das Parteiverhör und die Anordnung einer Blutprobe.
Am 27. August 1952 erhob K. in Basel Klage auf Scheidung wegen Ehebruchs seiner Frau mit einem italienischen Nebenarbeiter und Schulfreunden aus Deutschland.
Frau K. und das durch einen Beistand vertretene Kind liessen im Anfechtungsprozess behaupten, der Kläger sei nach dem 1. August 1951 noch oft zu seiner Frau heimgekehrt und habe mit ihr noch in der kritischen Zeit Geschlechtsverkehr gehabt. Der Blutuntersuchung widersetzten sie sich "aus prinzipiellen Gründen". Im Scheidungsprozess bestritt die Frau, die Ehe gebrochen zu haben, und warf dem Kläger ihrerseits Ehebruch mit Frau R. vor.
C.- Am 22. Dezember 1952 ordnete der Instruktionsrichter von Brig im Anfechtungsprozess die Blutgruppenbestimmung an. Der Beistand des Kindes erklärte in dessen Namen gegen diese Verfügung die Berufung an das Kantonsgericht Wallis, weil der Kläger im Anfechtungsprozess ein ehewidriges Verhalten seiner Frau weder bewiesen noch ernsthaft behauptet habe, so dass stichhaltige Gründe zu Zweifeln an seiner Vaterschaft nicht dargetan seien, wie es nach BGE 71 II 60 notwendig wäre, um die Anordnung der Blutprobe zu rechtfertigen. Gegen den Entscheid vom 27. März 1953 (zugestellt 24. April 1953), mit dem das Kantonsgericht diese Berufung abwies, führte der Beistand des Kindes staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht. Dieses trat am 10. Juni 1953 auf die Beschwerde nicht ein, weil die behauptete Rechtsverletzung noch mit der Berufung gegen das Sachurteil des Kantonsgerichts gerügt werden könne.
Den vier Vorladungen zur Blutuntersuchung, die der Instruktionsrichter im Anschluss an seine Verfügung vom 22. Dezember 1952, an die Ausfällung und die Zustellung des kantonsgerichtlichen Entscheids und an die Zustellung des Dispositivs des bundesgerichtlichen Urteils erliess, leisteten Mutter und Kind keine Folge. Ihr Anwalt teilte dem Experten jeweils in letzter Stunde mit, dass sie nicht erscheinen würden.
D.- Inzwischen hatte am 27. Mai 1953 die Beweisverhandlung im Scheidungsprozess stattgefunden. Dabei ergaben sich keine Anhaltspunkte für ehebrecherische oder ehewidrige Beziehungen der Beklagten mit dem italienischen Arbeiter C. Über die Beziehungen mit Schulfreunden aus Deutschland sagte die Beklagte zunächst aus, ein Schulkamerad, dessen Name sie nicht mehr wisse, sei einmal zwischen 21 Uhr 30 und 1 Uhr nachts in Abwesenheit des Klägers, aber in Gegenwart eines Fräuleins bei ihr gewesen, um ihr Grüsse ihrer Mutter zu überbringen. Auf weiteres Befragen gab sie zu, dass dieser Schulkamerad, der S. heisse und bei der deutschen Bahnpost angestellt sei, sie ungefähr alle vierzehn Tage ohne Voranmeldung um die angegebene Zeit besucht habe, und zwar auch noch, als sie schon vom Kläger getrennt gelebt habe. Daraufhin sistierte das Basler Gericht das Scheidungsverfahren bis nach rechtskräftiger Erledigung des Anfechtungsprozesses, weil "erhebliche Verdachtsgründe für Ehebruch der Beklagten bestehen".
E.- Am 29. Juni 1953 wurden die Eheleute K. durch das Zivilgericht Basel im Auftrag des Instruktionsrichters im Anfechtungsprozess als "Auskunftspersonen" befragt. Beide Teile blieben bei ihrer Darstellung. Die Ehefrau behauptete, bei den Besuchen des S. sei immer eine Kollegin, Fräulein Sch., zugegen gewesen.
Mit Eingabe vom 8. Juli 1953 beantragte der Anwalt von Mutter und Kind, S. und Fräulein Sch. seien als Zeugen zu vernehmen. Gleichzeitig gab er die Erklärung ab, seine Partei werde sich einer Blutprobe nicht widersetzen, falls vom Ehemann stichhaltige Gründe zu Zweifeln an seiner Vaterschaft dargetan werden können.
Am 24. November 1953 auf dem Requisitorialweg durch das zuständige deutsche Gericht verhört, gab S. im Widerspruch mit den Zugeständnissen der Frau K. an, er sei ein einziges Mal, und zwar in Gegenwart des Ehemannes, bei dieser gewesen. Intime Beziehungen stellte er wie Frau K. in Abrede.
F.- Am 19. Dezember 1953 ersuchte der Anwalt von Mutter und Kind das Walliser Kantonsgericht um Sistierung des Anfechtungsprozesses, bis im Scheidungsprozess ein rechtskräftiges Urteil vorliege, da erst nach Durchführung dieses letzten Prozesses entschieden werden könne, ob im Anfechtungsprozess die Blutprobe durchzuführen sei. Das Kantonsgericht entsprach diesem Gesueh.
Das Zivilgericht Basel-Stadt nahm in der Folge das Scheidungsverfahren wieder auf und erkannte am 12. August 1954, die Ehe werde gemäss Art. 137 ZGB geschieden. Es betrachtete als erwiesen, dass die Beklagte mit S. und der Kläger (der im schuldhaft ehewidrigen Verhalten den Anfang gemacht habe und der Hauptschuldige sei) mit Frau R. die Ehe gebrochen habe. Das Kind wurde der Mutter zugesprochen. Am 22. Februar 1955 bestätigte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt das erstinstanzliche Urteil.
G.- Am 2. Juni 1955 gebar Frau L. gesch. K. einen Knaben, als dessen Vater sie ihren Verlobten W. angab. Der Kläger focht die Ehelichkeit dieses Kindes mit Klage vom 8. Juni 1955 an, doch wurde dieses Verfahren am 7. Mai 1956 wegen einer prozessualen Versäumnis des Klägers abgeschrieben.
Nach Beizug der Scheidungsakten forderte das Kantonsgericht Wallis den Anwalt der Beklagten im ersten Anfechtungsprozess auf, sich bei den Schlussverhandlungen eindeutig darüber auszusprechen, ob die Beklagten gewillt seien, sich auf Anordnung des Kantonsgerichts der Blutuntersuchung zu unterziehen. Die Beklagten erneuerten darauf ihre Weigerung.
H.- Am 13. Oktober 1955 hat das Kantonsgericht Wallis in Gutheissung der Anfechtungsklage festgestellt, dass der Kläger nicht der Vater des von der Zweitbeklagten geborenen Mädchens und dieses daher als aussereheliches Kind der Frau L. gesch. K. in das Geburtsregister einzutragen sei. In den Erwägungen wird ausgefuhrt, eine physische Unmöglichkeit der Zeugung durch den Ehemann sei nicht gegeben. Der Kläger habe nicht beweisen können, dass er seine Frau seit der Trennung am 1. August 1951 nicht mehr gesehen habe. Auf Impotenz habe er sich nicht berufen, ebensowenig auf besondere Merkmale des Kindes, die geeignet wären, eine anderweitige Vaterschaft zu beweisen. Der Ehebruch der Mutter sei als bewiesen anzusehen. Ihr Verhältnis mit S. falle in die kritische Zeit. Damit sei allerdings die Unmöglichkeit der Vaterschaft des Klägers noch nicht bewiesen. Die moralische Unmöglichkeit seiner Vaterschaft ergebe sich indes aus der Tatsache, dass der Kläger seit dem 1. August 1951 von seiner Frau getrennt in einem als ehebrecherisch anzusehenden Verhältnis mit einer andern Frau zusammengelebt habe. Es sei in hohem Masse unwahrscheinlich, dass er gleichwohl noch ehelichen Verkehr mit seiner Frau gepflegt habe. Noch unwahrscheinlicher sei, dass er, der Kinder von jeher abgelehnt und sich offenbar auf die Empfängnisverhütung verstanden habe, "ausgerechnet nach erfolgter Trennung von seiner Frau sich überlisten oder die bisher geübte Vorsicht fallen liess". Die Angst, die die Ehefrau daran gehindert habe, dem Kläger die Schwangerschaft und die Geburt mitzuteilen, sei deshalb kaum darauf zurückzuführen, dass sie es nicht gewagt habe, ihrem Gatten die Ankunft eines ehelichen Sprosses bekanntzugeben. Es sei vielmehr die Angst vor der Entdeckung gewesen, dass sie es "fertig gebracht" habe, im Verkehr mit einem andern Manne ihren Wunsch nach einem Kinde zu befriedigen. Die Tatsache, dass sie bald nach der Scheidung ein zweites Kind geboren habe, lasse darauf schliessen, dass sie schon zur Zeit der Empfängnis des ersten Kindes nicht allzugrosse Hemmungen gehabt habe, sich S. hinzugeben. Das Gericht betrachte die moralische Unmöglichkeit der Vaterschaft des Klägers aus diesen Gründen als erwiesen, "vor allem aber darum, weil die beklagte Kindsmutter sich weigerte, sich mit dem Kinde zur Blutentnahme zu stellen". Diese Weigerung sei nach der Scheidung wegen beidseitigen Ehebruchs nicht mehr gerechtfertigt gewesen. Nach all den vergeblichen Versuchen, die beklagte Partei zur Hergabe von Blut zu bewegen, komme der Weigerung "durchschlagender Beweiswert zu im Sinne von Art. 255 Abs. 2 ZPO". Diese Bestimmung, wonach die durch Parteiverhör abzuklärenden Tatsachen im Falle wiederholten Ausbleibens der zu verhörenden Partei als erwiesen angenommen werden können, sei bei wiederholter Weigerung einer Partei, sich zur Blutentnahme zu stellen, analog anwendbar. Es sei nicht ganz abwegig, die hartnäckige Weigerung der Beklagten damit zu erklären, dass sie die vom Experten am 19. Juni 1953 ermittelte Blutgruppe des Klägers in Erfahrung gebracht und dann eine private Untersuchung veranlasst habe, aus der hervorgegangen sei, dass der Kläger nicht der Vater sein könne. Jedenfalls aber stehe das Gericht nicht an, aus der ungerechtfertigten Verweigerung der Blutentnahme den Schluss zu ziehen, dass die Blutprobe zu Ungunsten der Beklagten ausgefallen wäre und der Kläger demnach unmöglich der Vater sein könne. Schliesslich könnte noch der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 187 ZPO) angerufen werden, dem als allgemeine Richtlinie innewohne, dass ein Beweis nach Treu und Glauben dann als erbracht anzusehen sei, wenn die Beweisführung durch ein schuldhaftes Verhalten des Prozessgegners unmöglich gemacht werde.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagten die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf Abweisung der Klage.
Während der ersten Beratung des Bundesgerichts liess der Anwalt der Beklagten dem Gericht mitteilen, dass seine Klientinnen bereit seien, sich der Blutgruppenuntersuchung zu unterziehen. Der vom Referenten in der Folge unternommene Versuch, eine Vereinbarung herbeizuführen, wonach die Blutprobe noch durchgeführt und je nach ihrem Ausgang die Klage oder die Berufung zurückgezogen worden wäre, scheiterte dann aber am Widerstand der Beklagten.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Ist ein Kind, wie es hier zutrifft, wenigstens 180 Tage nach Abschluss der Ehe geboren, so vermag der Ehemann seine Anfechtungsklage nach Art. 254 ZGB nur durch den Nachweis zu begründen, dass er unmöglich der Vater des Kindes sein könne.
Als Beispiele solcher Unmöglichkeit wurden in den Erläuterungen zum Vorentwurf (Art. 279) und bei der parlamentarischen Beratung die Fälle genannt, dass während der Zeit, da die Empfängnis stattgefunden haben kann, ein ehelicher Verkehr wegen Abwesenheit, Krankheit oder Impotenz des Mannes ausgeschlossen war (Erl., 1. Ausg. 1. Heft S. 236, 2. Ausg. I. Bd. S. 254; Sten.Bull. 1905 S. 733, 1163). Die Vaterschaft des Ehemannes ist in der Tat unmöglich, wenn äussere Umstände (z.B. Landesabwesenheit oder strenge Internierung des einen Ehegatten) einen ehelichen Verkehr während der erwähnten Zeit ausschlossen oder wenn der Ehemann damals zeugungsunfähig war. Das Gesetz beschränkt die Anfechtungsklage aber nicht auf derartige Fälle. Es sagt nichts darüber, auf welchen Ursachen die Unmöglichkeit der Vaterschaft des Ehemannes beruhen müsse. Daher ist grundsätzlich jeder Tatbestand, der dem Richter die Überzeugung verschafft, dass der Ehemann nicht der Vater sein kann, als Anfechtungsgrund anzuerkennen (BGE 55 II 297, BGE 62 II 77). Ob ein gegebener Sachverhalt diese Überzeugung zu begründen vermöge, ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht überprüfen kann (BGE 40 II 582, BGE 42 II 90). Ausser bei Unmöglichkeit der Beiwohnung aus äussern Gründen und bei Zeugungsunfähigkeit des Ehemannes ist die Anwendung von Art. 254 ZGB in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bisher in folgenden Fällen als zulässig bezeichnet worden:
a) Schon in seinem ersten veröffentlichten Entscheide zu dieser Bestimmung hat das Bundesgericht erklärt, es brauche nicht immer der Nachweis der physischen Unmöglichkeit der Zeugung durch den Ehemann erbracht zu werden, sondern unter Umständen genüge auch der Nachweis einer "moralischen" Unmöglichkeit (BGE 39 II 12 Erw. 4). Gemeint ist der Nachweis einer psychischen Einstellung der Ehegatten, die eine Beiwohnung trotz bestehender Gelegenheit als ausgeschlossen erscheinen lässt (BGE 40 II 585, BGE 42 II 313, BGE 62 II 78 /79, BGE 71 II 58). Es ist klar, dass eine solche Unmöglichkeit nicht leichthin, sondern nur auf Grund einer strengen Prüfung angenommen werden darf (BGE 62 II 78), da es erfahrungsgemäss selbst zwischen Ehegatten, die sich erbittert befeinden, nicht allzu selten noch zum Geschlechtsverkehr kommt. Das Bundesgericht hat denn auch bis heute die moralische Unmöglichkeit der Beiwohnung auf jeden Fall in der veröffentlichten Praxis noch nie als gegeben erachtet.
b) Die Praxis anerkennt, dass die Vaterschaft des Anfechtungsklägers dann (physisch) unmöglich ist, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Mutter bereits schwanger war, als sie zum ersten Mal mit ihm geschlechtlich verkehrte (BGE 42 II 91, BGE 55 II 297, BGE 61 II 302).
c) In BGE 55 II 295 ff. wurde eine Anfechtungsklage auf Grund der durch ein Gutachten bewiesenen Tatsache gutgeheissen, dass das Kind Rassenmerkmale aufwies, die nach den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung die Vaterschaft des Klägers mit Sicherheit ausschlossen.
d) Die neuere Rechtsprechung lässt die Anwendung von Art. 254 ZGB auch dann zu, wenn bewiesen wird, dass zwischen den Ehegatten um die Zeit der Empfängnis trotz allfällig vorhandener Möglichkeit tatsächlich kein Geschlechtsverkehr stattfand (BGE 62 II 76 ff., BGE 71 II 58). Es ist denn auch unbestreitbar, dass die Vaterschaft des Ehemannes in einem solchen Falle physisch unmöglich ist.
Auf Grund der blossen Zugabe der Mutter darf der Richter das Ausbleiben des ehelichen Verkehrs um die Zeit der Empfängnis freilich nicht als erstellt betrachten (BGE 42 II 313, BGE 62 II 79, vgl. auch BGE 78 I 4). Wie im Scheidungs- muss auch im Anfechtungsprozess der in Art. 158 Ziff. 1 und 3 ZGB niedergelegte Grundsatz gelten, dass der Richter die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen nur dann als erwiesen annehmen darf, wenn er sich von ihrem Vorhandensein überzeugt hat, und dass Parteierklärungen irgendwelcher Art für ihn nicht verbindlich sind (BGE 82 II 3 und dort zit. Entscheide); denn hier wie dort stehen neben den Interessen der Parteien auch öffentliche Interessen im Spiele. Das schliesst jedoch nicht aus, dass der Richter auf die Aussagen der Mutter im Parteiverhör abstellt, sofern das kantonale Recht dieses als Beweismittel vorsieht und ausgestaltet (BGE 62 II 79, BGE 71 II 58). Ob solche Aussagen im einzelnen Fall glaubwürdig seien, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die im Berufungsverfahren nicht überprüft werden kann (BGE 62 II 80).
Eine andere Frage ist es, ob der Richter die Behauptung des Klägers, dass um die Zeit der Empfängnis kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe, auch dann als erwiesen betrachten und gestützt darauf die Anfechtungsklage gutgeheissen darf, wenn jene Behauptung nur durch eine glaubwürdig erscheinende Aussage, die der Kläger selber im Parteiverhör gemacht hat, bestätigt wird. Gegen diese Art der Beweisführung, die von vornherein nur dort in Betracht kommen könnte, wo das kantonale Prozessrecht den Beweis einer Tatsache durch die eigene Aussage der beweispflichtigen Partei im Parteiverhör zulässt (vgl. BGE 80 II 296), hat das Bundesgericht in BGE 62 II 80 im Hinblick auf die strengen Anforderungen von Art. 254 ZGB Bedenken geäussert, und seither ist es auf diese Frage nicht zurückgekommen.
e) Schliesslich hat das Bundesgericht erklärt, die Vaterschaft des Ehemannes sei im Sinne von Art. 254 ZGB als unmöglich zu betrachten, wenn sie durch das Mittel der Blutuntersuchung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen wird und durch andere Beweismittel ein Ehebruch der Mutter bewiesen oder wenigstens glaubhaft gemacht ist (BGE 71 II 54 ff., BGE 79 II 17 ff., besonders 19/20). Dass der Kläger vorerst in dieser Weise stichhaltige Gründe zu Zweifeln an seiner Vaterschaft dartut, hat nach den eben angeführten Entscheiden mit Rücksicht auf die Ehre der Mutter als Voraussetzung für die Anordnung der Blutprobe zu gelten. Der Blutprobebeweis kann wie der an Rassenmerkmale anknüpfende Beweis (oben c) zum Ziele führen, auch wenn die Ehegatten in der Empfängniszeit ehelichen Verkehr pflogen.
2. Im vorliegenden Fall ist, wie die Vorinstanz feststellt, nicht dargetan, dass der Kläger und seine Ehefrau um die Zeit der Empfängnis aus äussern Gründen keinen Geschlechtsverkehr miteinander haben konnten. Zeugungsunfähigkeit des Klägers ist nicht behauptet. Auch ein Ausschluss seiner Vaterschaft auf Grund besonderer Rassenmerkmale des Kindes kommt nicht in Betracht. Die von der Vorinstanz angeordnete Blutuntersuchung wurde wegen der Weigerung der Beklagten, sich zur Blutentnahme zur Verfügung zu stellen, nicht durchgeführt. Es kann sich daher nur noch fragen, ob die moralische Unmöglichkeit der Beiwohnung bewiesen sei oder feststehe, dass in der Empfängniszeit trotz vorhandener Möglichkeit kein ehelicher Verkehr stattfand, oder ob es möglich sei, die bisher unterbliebene Blutprobe noch durchführen zu lassen oder aus der Weigerung der Beklagten abzuleiten, dass der Kläger unmöglich der Vater sein könne.
3. Die Vorinstanz erklärt, sie betrachte "die moralische Unmöglichkeit der Vaterschaft K. als erwiesen". Die von ihr angeführten Tatsachen vermögen jedoch die Annahme, dass ein ehelicher Verkehr um die Zeit der Empfängnis wegen der psychischen Einstellung der Ehegatten unmöglich gewesen sei, nicht zu rechtfertigen. Der Umstand, dass der Kläger während jener Zeit mit einer andern Frau in einem ehebrecherischen Verhältnis zusammenlebte, genügt keineswegs, um eine solche Unmöglichkeit darzutun. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger nicht zugetraut werden dürfte, während seines Verhältnisses mit Frau R. gelegentlich auch noch mit seiner Ehefrau verkehrt zu haben, oder dass die Ehefrau sich wegen der Untreue des Mannes oder wegen ihrer eigenen Beziehungen mit S. jenem unter keinen Umständen mehr hätte hingeben wollen. Die Behauptung des Klägers, dass er gegen seine Ehefrau einen unüberwindlichen Abscheu empfunden habe, ist durch nichts belegt. Die Tatsache, dass er keine Kinder haben wollte, hinderte ihn offenbar vor der Trennung nicht am ehelichen Verkehr. Schon deshalb kann aus dieser Tatsache nicht geschlossen werden, es habe bei ihm eine Einstellung des Willens bestanden, die einen solchen Verkehr nach der Trennung ausgeschlossen habe. Die Annahme sodann, er habe sich auf die Verhütung einer Empfängnis verstanden und nach der Trennung die bisher geübte Vorsicht nicht fallen lassen, hat mit der Frage der moralischen Unmöglichkeit der Beiwohnung überhaupt nichts zu tun. Sie läuft darauf hinaus, dass die Vaterschaft des Klägers deshalb physisch unmöglich sei, weil er empfängnisverhütende Methoden angewendet habe. Es bedarf keiner näheren Begründung, dass die Tatsache der Anwendung solcher Mittel zur Entkräftung der Vermutung der Ehelichkeit noch viel weniger taugt als im Vaterschaftsprozess zur Widerlegung der - viel schwächern - Vermutung des Art. 314 Abs. 1 ZGB (BGE 45 II 491, BGE 51 II 258). Wenn schliesslich die Ehefrau, wie die Vorinstanz annimmt, keine grossen Hemmungen hatte, sich S. hinzugeben, und dem Kläger die Schwangerschaft und die Geburt deshalb nicht mitteilte, weil sie sich vor der Entdeckung fürchtete, dass sie von einem andern Mann ein Kind empfangen habe, so sind auch diese Tatsachen völlig ungeeignet, eine psychische Einstellung der Ehegatten zu beweisen, die einen ehelichen Verkehr zur Zeit der Empfängnis ausgeschlossen hätte. Das gleiche gilt von der im angefochtenen Urteil besonders betonten Tatsache, dass die Ehefrau sich weigerte, sich zur Blutentnahme zu stellen. Von moralischer Unmöglichkeit im Sinne der bundesgerichtlichen Praxis kann daher keine Rede sein.
4. Über die Frage, ob nachgewiesen sei, dass um die Zeit der Empfängnis trotz vorhandener Möglichkeit tatsächlich kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe, hat sich die Vorinstanz nicht ausgesprochen. Es erübrigt sich jedoch, die Sache zur Entscheidung hierüber an sie zurückzuweisen, weil heute schon feststeht, dass diese Frage nicht positiv beantwortet werden kann. Eine im Parteiverhör gemachte Aussage der Ehefrau, wonach sie mit dem Kläger in der fraglichen Zeit nicht geschlechtlich verkehrt hätte, liegt nicht vor. Die Ehefrau hat im Gegenteil bei der richterlichen Befragung im Scheidungs- und im Anfechtungsprozess mit Bestimmtheit behauptet, dass der Kläger noch während der Empfängniszeit (bis in den November 1951 hinein) mit ihr intime Beziehungen unterhalten habe. Der Kläger vermochte keine Zeugen zu nennen, die das Ausbleiben ehelichen Verkehrs in der erwähnten Zeit bestätigen könnten (was nur in Frage gekommen wäre, wenn festgestanden hätte, dass die Parteien sich damals bloss bei bestimmten Gelegenheiten und in Gegenwart Dritter getroffen haben). Die eigenen Parteiaussagen des Klägers vermögen seine Sachdarstellung schon aus Gründen des kantonalen Prozessrechts, dessen Anwendung das Bundesgericht in diesem von der Vorinstanz nicht behandelten Punkte gemäss Art. 65 OG selber vornehmen kann, nicht zu beweisen. Art. 251 Abs. 1 der ZPO des Kantons Wallis bestimmt nämlich, zur Feststellung erheblicher Tatsachen könne jede Partei die persönliche Befragung der Gegenpartei verlangen. Die Befugnis, die eigene Befragung zu verlangen, wird den Parteien im Gesetz nicht eingeräumt. Art. 251 sieht neben der Befragung auf Verlangen des Prozessgegners nur die Einvernahme der Parteien von Amtes wegen vor (Abs. 3). Die Vorschriften, wonach im Falle des wiederholten Ausbleibens der zu verhörenden Partei oder der Verweigerung der Antwort die durch das Parteiverhör abzuklärenden Tatsachen als erwiesen angesehen werden können (Art. 255 Abs. 2 und Art. 260), haben nur dann einen vernünftigen Sinn, wenn die Befragung sich auf Tatsachen bezieht, die für die befragte Partei ungünstig sind. Aus alledem ist zu schliessen, dass die Walliser ZPO das Parteiverhör nur als Beweismittel zum Nachteil der befragten Partei, d.h. als Behelf zur Herbeiführung von Geständnissen, nicht dagegen als Beweismittel zugunsten der befragten Partei zulässt (vgl. GULDENER, Das schweiz. Zivilprozessrecht, I S. 308 lit. c). Die Aussagen des Klägers im Parteiverhör vermöchten also seine Behauptung, dass während der Empfängniszeit kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe, selbst dann nicht zu beweisen, wenn man sich über die in BGE 62 II 80 geäusserten, aus Art. 254 ZGB hergeleiteten Bedenken gegen das Abstellen auf die Aussagen des beweispflichtigen Anfechtungsklägers hinwegsetzen wollte. Für die in Frage stehende Behauptung kann also auf jeden Fall der direkte Beweis durch Zeugen oder Parteiaussagen nicht erbracht werden.
Was übrig bleibt, sind einige Indizien. Die Eheleute K. lebten in der Empfängniszeit getrennt und unterhielten ehebrecherische Beziehungen. Die Ehefrau hat dem Kläger die Schwangerschaft nach ihren eigenen Aussagen verschwiegen, weil sie wegen Drohungen vor ihm Angst gehabt habe. Im Prozess hat sie sich dann in missbräuchlicher Weise geweigert, zur Blutprobe Hand zu bieten (vgl. Erw. 5). Die Trennung und die beidseitige Untreue schlossen jedoch, wie schon in anderm Zusammenhang bemerkt, gelegentlichen ehelichen Verkehr keineswegs aus. Für das Verschweigen der Schwangerschaft und die als Grund dafür angegebene Angst mag die nächstliegende Erklärung freilich darin bestehen, dass die Ehefrau in der Empfängniszeit nicht mit ihrem Manne verkehrt hatte und sich daher sagen musste, dass sie sich mit der Mitteilung der Schwangerschaft des Ehebruchs bezichtigen würde. Zwingend ist dieser Schluss aber durchaus nicht. Sie kann sehr wohl auch dann aus Angst geschwiegen haben, wenn sie in der Empfängniszeit noch mit dem Kläger verkehrt hatte, weil sie allen Grund zur Annahme hatte, dass die Geburt eines Kindes dem Kläger auf jeden Fall unwillkommen sein werde. Ähnlich verhält es sich auch mit der Weigerung, für die vom Instruktionsrichter angeordnete Untersuchung Blut herzugeben. Am wahrscheinlichsten ist zwar, dass sie sich deswegen weigerte, weil sie ein für sie ungünstiges Ergebnis der Untersuchung befürchtete. Dieses Risiko bestand nur dann, wenn sie um die Zeit der Empfängnis mit einem Dritten Umgang gehabt hatte, und war dann am grössten, wenn ihr damals nur ein Dritter, nicht daneben auch noch der Ehemann beigewohnt hatte. Ihre Weigerung lässt sich also in diesem letzten Falle am leichtesten erklären. Sie ist aber keineswegs nur in diesem Fall erklärlich. Auch wenn die Ehefrau in der Empfängniszeit ausser mit S. noch mit ihrem Manne verkehrt hatte, musste sie mit der Möglichkeit rechnen, dass die Blutprobe dessen Vaterschaft ausschliessen und so die aussereheliche Erzeugung des Kindes dartun könnte. Im übrigen konnte sehr wohl auch blosser Trotz ihr Beweggrund sein. Die erwähnten Indizien können daher den von Art. 254 ZGB geforderten strengen Beweis nicht herstellen. Tatsachen der in Frage stehenden Art sind, worüber das Bundesgericht gemäss BGE 80 II 296 -298 (vgl. auch BGE 76 II 5) im Berufungsverfahren befinden kann, nach der Lebenserfahrung schlechterdings untauglich, für sich allein den Schluss zu rechtfertigen, dass während der Empfängniszeit sicher kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe.
Die Anwendung von Art. 254 ZGB kann sich demnach im vorliegenden Falle nicht darauf stützen, dass der Kläger seiner Frau um die Zeit der Empfängnis nachgewiesenermassen nicht beigewohnt habe.
5. Das Vorhandensein der Voraussetzungen für die Anordnung der Blutprobe wird von den Beklagten zu Unrecht bestritten. Die Vorinstanz betrachtet den Ehebruch der Zweitbeklagten in Übereinstimmung mit dem Scheidungsrichter als erwiesen. Darin liegt eine tatsächliche Feststellung, die gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich ist. Dass damit stichhaltige Gründe zu Zweifeln an der Vaterschaft des Klägers dargetan sind, ist unbestreitbar. Solche Gründe wären im übrigen auch dann gegeben, wenn der Ehebruch nicht als bewiesen anzusehen wäre. Die Zugeständnisse der Zweitbeklagten betreffend die regelmässigen nächtlichen Besuche ihres Schulkameraden S. sind zusammen mit der von den Basler Gerichten hervorgehobenen höchst verdächtigen Tatsache, dass ihre ursprüngliche Darstellung und die Aussagen des Zeugen S. weit hinter diesen Zugeständnissen zurückblieben, auf jeden Fall dazu angetan, einen Ehebruch in der Empfängniszeit wenigstens glaubhaft zu machen, was nach der Rechtsprechung genügt, um den Antrag auf Blutprobe zu begründen. Diese Expertise ist also ohne jeden Zweifel zu Recht angeordnet worden. Die Beklagten konnten das Bestehen der Voraussetzungen für diese Massnahme nach der Zustellung des erst- und zweitinstanzlichen Urteils im Scheidungsprozess selbst dann nicht mehr in guten Treuen bestreiten, wenn die Zweitbeklagte in der Empfängniszeit entgegen allem Anschein keinen Ehebruch begangen haben sollte. Es bedeutet daher einen Wortbruch, dass sie nach der Erledigung des Scheidungsprozesses auf ihrer Weigerung beharrten, obwohl sie vorher selber die präjudizielle Bedeutung des Urteils im Scheidungsprozess betont und erklärt hatten, sie würden sich der Blutprobe nicht widersetzen, falls der Kläger stichhaltige Gründe zu Zweifeln an seiner Vaterschaft darzutun vermöge.
Daraus, dass die Blutuntersuchung zu Recht angeordnet wurde und dass die Beklagten gemäss ihren eigenen Zusicherungen zu dieser Untersuchung hätten Hand bieten sollen, folgt indessen noch nicht, dass es rechtlich möglich sei, den Widerstand der Beklagten gegen diese Untersuchung durch Zwang zu brechen. Wohl billigt eine ständige Rechtsprechung des Bundesgerichts dem Beklagten und gegebenenfalls auch der Klagpartei im Vaterschaftsprozess einen Anspruch auf Durchführung der Blutuntersuchung zu (BGE 61 II 75, BGE 64 II 253, BGE 67 II 84, Urteil vom 15. März 1956 i.S. Redalié) und muss für den Kläger im Anfechtungsprozess das gleiche gelten, sobald er einen Ehebruch der Frau in der Empfängniszeit nachgewiesen oder wenigstens glaubhaft gemacht hat. Diese Praxis ist jedoch (vgl. BGE 61 II 76) nur ein Ausfluss des aus Art. 8 ZGB und den Vorschriften des materiellen Rechts sich ergebenden Grundsatzes, dass eine Partei, die eine nach Bundesrecht erhebliche Tatsache in prozessual wirksamer Weise behauptet und unter Beweis gestellt hat, von Bundesrechts wegen zum Beweis dieser Tatsache durch an sich taugliche Beweismittel zugelassen werden muss (BGE 62 II 326, BGE 68 II 139). Sie bezeichnet die Blutprobe als ein Beweismittel, das nicht als untauglich abgelehnt werden darf (vgl. BGE 82 I 237). Eine weitergehende Bedeutung kommt ihr nicht zu. Insbesondere kann sich die Anwendung von (unmittelbarem oder mittelbarem) Zwang gegen eine widerspenstige Partei oder einen widerspenstigen Zeugen nicht auf diese Praxis und den ihr zugrunde liegenden bundesrechtlichen Grundsatz stützen. Ob ein solcher Zwang zulässig sei, ist vielmehr eine Frage des den Kantonen vorbehaltenen Prozessrechts. Aus dem angefochtenen Urteil ist nun zu schliessen, dass die Vorinstanz annimmt, das Walliser Zivilprozessrecht biete keine Handhabe, um die Beklagten zur Abgabe von Blut für die angeordnete Untersuchung zu zwingen. (Der Instruktionsrichter hatte in seinem Schreiben an das Kantonsgericht vom 25. Juni 1953 ausdrücklich festgestellt, dass ihm keine Mittel zur Verfügung stehen, diese Untersuchung zu erzwingen). Diese Auslegung des kantonalen Rechts ist für das Bundesgericht als Berufungsinstanz verbindlich. (Sie dürfte übrigens richtig sein, da in der Walliser ZPO keine Bestimmung zu finden ist, die einen solchen Zwang erlauben würde.) Den Versuch, durch eine Beschwerde bei der Vormundschaftsbehörde eine Weisung an den Beistand des Kindes auf Zulassung der Blutentnahme wenigstens beim Kinde zu erwirken, hat der Kläger nicht gemacht.
Unter diesen Umständen muss hingenommen werden, dass die Blutuntersuchung im vorliegenden Falle wegen der Weigerung der Beklagten nicht durchführbar ist.
6. So bleibt nur die Frage, ob aus der Weigerung der Beklagten gefolgert werden dürfe, die Blutprobe hätte, wenn durchgeführt, die Vaterschaft des Klägers ausgeschlossen. Die Vorinstanz hat diese Frage bejaht, indem sie die Vorschrift der Walliser ZPO über die Folgen des wiederholten Ausbleibens der zum Parteiverhör geladenen Partei auf den Fall der Verweigerung der Hergabe von Blut für die Blutprobe analog anwandte und unter Hinweis auf einen Entscheid des Bezirksgerichtes Zürich (SJZ 1954 S. 45/46) beifügte, bei der freien Beweiswürdigung gemäss Art. 187 ZPO gelte als allgemeine Richtlinie, dass ein Beweis nach Treu und Glauben dann als erbracht anzusehen sei, wenn die Beweisführung durch ein schuldhaftes Verhalten des Prozessgegners unmöglich gemacht werde. Aus der Weigerung der Beklagten in Anwendung kantonaler Beweisregeln zu folgern, dass die Blutuntersuchung zu einem für sie ungünstigen Ergebnis geführt hätte, verträgt sich jedoch nicht mit dem gemäss Erwägung 1 d im Anfechtungsprozess geltenden bundesrechtlichen Grundsatze, dass der Richter die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen nur dann als erwiesen annehmen darf, wenn er sich von ihrem Vorhandensein überzeugt hat (siehe auch BGE 61 II 24). Die Blutuntersuchung vermag die Vaterschaft des Ehemannes bei weitem nicht in allen Fällen auszuschliessen, wo in Wirklichkeit nicht er, sondern ein Dritter der Vater ist. Die Ehefrau kann daher nicht zum voraus wissen, welches Ergebnis diese Untersuchung zeitigen wird, selbst wenn sie in der Empfängniszeit nur mit einem Dritten, nicht auch mit ihrem Ehemann Verkehr hatte, was hier im übrigen nicht feststeht. Dass im vorliegenden Falle die Zweitbeklagte auf Grund des bei den Akten liegenden Untersuchungsbefunds über die Bluteigenschaften des Klägers und einer von ihr veranlassten privaten Untersuchung des Bluts ihres Kindes und ihres eigenen Bluts über die Ausschliessbarkeit der Vaterschaft des Klägers unterrichtet gewesen sei und aus diesem Grunde die vom Richter angeordnete Untersuchung hintertrieben habe, ist eine blosse Vermutung der Vorinstanz. Unter diesen Umständen ist ihre Weigerung ungeeignet, die richterliche Überzeugung zu begründen, dass die Blutprobe zu ihren Ungunsten ausgefallen wäre.
Dass die Beklagten dank der Vereitelung der vom Kläger mit Recht beantragten Expertise, die möglicherweise die Vaterschaft des Klägers ausgeschlossen hätte, den Prozess gewinnen, ist zweifellos höchst unbefriedigend. Das geltende Recht erlaubt jedoch keinen andern Entscheid. Nur der Erlass von Vorschriften, die dem Richter in derartigen Fällen gestatten würden, die Durchführung der Blutuntersuchung zu erzwingen, wäre geeignet, einer Prozessführung den Riegel zu schieben, die darauf ausgeht, die Erforschung der materiellen Wahrheit durch dieses Beweismittel zu verhindern.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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de
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Désaveu. Preuve que la paternité du mari est impossible (art. 254 CC).
Impossibilité "morale" de la cohabitation? Par quels moyens de preuve peut-on établir qu'à l'époque de la conception, les époux n'ont pas entretenu de relations intimes, bien qu'ils en aient eu la possibilité? A quelles conditions le demandeur peut-il requérir un examen du sang? La partie défenderesse peut-elle être contrainte, malgré son opposition, de se soumettre à pareil examen? Peut-on, quand elle refuse de s'y prêter, en conclure que l'expertise aurait exclu la paternité du demandeur?
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civil law
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82 II 495
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82 II 495
Sachverhalt ab Seite 495
A.- Der im Kanton Wallis heimatberechtigte K., geb. 1917, verheiratete sich im Dezember 1949 in Basel mit der um 10 Jahre jüngeren deutschen Staatsangehörigen L. Im August 1951 verliess er seine Frau. Vom Oktober 1951 an lebte er mit Witwe R. zusammen. Am 7. August 1952 gebar Frau K. eine Tochter.
B.- Am 18. August 1952 klagte K., dem seine Frau die Schwangerschaft verschwiegen hatte, in seinem Heimatkanton auf Aberkennung der Ehelichkeit dieses Kindes. Er machte geltend, er habe seine Frau seit dem 1. August 1951 nicht mehr gesehen und empfinde gegen sie einen derartigen Abscheu, dass er nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts unmöglich noch mit ihr hätte Geschlechtsverkehr haben können. Zum Beweis beantragte er das Parteiverhör und die Anordnung einer Blutprobe.
Am 27. August 1952 erhob K. in Basel Klage auf Scheidung wegen Ehebruchs seiner Frau mit einem italienischen Nebenarbeiter und Schulfreunden aus Deutschland.
Frau K. und das durch einen Beistand vertretene Kind liessen im Anfechtungsprozess behaupten, der Kläger sei nach dem 1. August 1951 noch oft zu seiner Frau heimgekehrt und habe mit ihr noch in der kritischen Zeit Geschlechtsverkehr gehabt. Der Blutuntersuchung widersetzten sie sich "aus prinzipiellen Gründen". Im Scheidungsprozess bestritt die Frau, die Ehe gebrochen zu haben, und warf dem Kläger ihrerseits Ehebruch mit Frau R. vor.
C.- Am 22. Dezember 1952 ordnete der Instruktionsrichter von Brig im Anfechtungsprozess die Blutgruppenbestimmung an. Der Beistand des Kindes erklärte in dessen Namen gegen diese Verfügung die Berufung an das Kantonsgericht Wallis, weil der Kläger im Anfechtungsprozess ein ehewidriges Verhalten seiner Frau weder bewiesen noch ernsthaft behauptet habe, so dass stichhaltige Gründe zu Zweifeln an seiner Vaterschaft nicht dargetan seien, wie es nach BGE 71 II 60 notwendig wäre, um die Anordnung der Blutprobe zu rechtfertigen. Gegen den Entscheid vom 27. März 1953 (zugestellt 24. April 1953), mit dem das Kantonsgericht diese Berufung abwies, führte der Beistand des Kindes staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht. Dieses trat am 10. Juni 1953 auf die Beschwerde nicht ein, weil die behauptete Rechtsverletzung noch mit der Berufung gegen das Sachurteil des Kantonsgerichts gerügt werden könne.
Den vier Vorladungen zur Blutuntersuchung, die der Instruktionsrichter im Anschluss an seine Verfügung vom 22. Dezember 1952, an die Ausfällung und die Zustellung des kantonsgerichtlichen Entscheids und an die Zustellung des Dispositivs des bundesgerichtlichen Urteils erliess, leisteten Mutter und Kind keine Folge. Ihr Anwalt teilte dem Experten jeweils in letzter Stunde mit, dass sie nicht erscheinen würden.
D.- Inzwischen hatte am 27. Mai 1953 die Beweisverhandlung im Scheidungsprozess stattgefunden. Dabei ergaben sich keine Anhaltspunkte für ehebrecherische oder ehewidrige Beziehungen der Beklagten mit dem italienischen Arbeiter C. Über die Beziehungen mit Schulfreunden aus Deutschland sagte die Beklagte zunächst aus, ein Schulkamerad, dessen Name sie nicht mehr wisse, sei einmal zwischen 21 Uhr 30 und 1 Uhr nachts in Abwesenheit des Klägers, aber in Gegenwart eines Fräuleins bei ihr gewesen, um ihr Grüsse ihrer Mutter zu überbringen. Auf weiteres Befragen gab sie zu, dass dieser Schulkamerad, der S. heisse und bei der deutschen Bahnpost angestellt sei, sie ungefähr alle vierzehn Tage ohne Voranmeldung um die angegebene Zeit besucht habe, und zwar auch noch, als sie schon vom Kläger getrennt gelebt habe. Daraufhin sistierte das Basler Gericht das Scheidungsverfahren bis nach rechtskräftiger Erledigung des Anfechtungsprozesses, weil "erhebliche Verdachtsgründe für Ehebruch der Beklagten bestehen".
E.- Am 29. Juni 1953 wurden die Eheleute K. durch das Zivilgericht Basel im Auftrag des Instruktionsrichters im Anfechtungsprozess als "Auskunftspersonen" befragt. Beide Teile blieben bei ihrer Darstellung. Die Ehefrau behauptete, bei den Besuchen des S. sei immer eine Kollegin, Fräulein Sch., zugegen gewesen.
Mit Eingabe vom 8. Juli 1953 beantragte der Anwalt von Mutter und Kind, S. und Fräulein Sch. seien als Zeugen zu vernehmen. Gleichzeitig gab er die Erklärung ab, seine Partei werde sich einer Blutprobe nicht widersetzen, falls vom Ehemann stichhaltige Gründe zu Zweifeln an seiner Vaterschaft dargetan werden können.
Am 24. November 1953 auf dem Requisitorialweg durch das zuständige deutsche Gericht verhört, gab S. im Widerspruch mit den Zugeständnissen der Frau K. an, er sei ein einziges Mal, und zwar in Gegenwart des Ehemannes, bei dieser gewesen. Intime Beziehungen stellte er wie Frau K. in Abrede.
F.- Am 19. Dezember 1953 ersuchte der Anwalt von Mutter und Kind das Walliser Kantonsgericht um Sistierung des Anfechtungsprozesses, bis im Scheidungsprozess ein rechtskräftiges Urteil vorliege, da erst nach Durchführung dieses letzten Prozesses entschieden werden könne, ob im Anfechtungsprozess die Blutprobe durchzuführen sei. Das Kantonsgericht entsprach diesem Gesueh.
Das Zivilgericht Basel-Stadt nahm in der Folge das Scheidungsverfahren wieder auf und erkannte am 12. August 1954, die Ehe werde gemäss Art. 137 ZGB geschieden. Es betrachtete als erwiesen, dass die Beklagte mit S. und der Kläger (der im schuldhaft ehewidrigen Verhalten den Anfang gemacht habe und der Hauptschuldige sei) mit Frau R. die Ehe gebrochen habe. Das Kind wurde der Mutter zugesprochen. Am 22. Februar 1955 bestätigte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt das erstinstanzliche Urteil.
G.- Am 2. Juni 1955 gebar Frau L. gesch. K. einen Knaben, als dessen Vater sie ihren Verlobten W. angab. Der Kläger focht die Ehelichkeit dieses Kindes mit Klage vom 8. Juni 1955 an, doch wurde dieses Verfahren am 7. Mai 1956 wegen einer prozessualen Versäumnis des Klägers abgeschrieben.
Nach Beizug der Scheidungsakten forderte das Kantonsgericht Wallis den Anwalt der Beklagten im ersten Anfechtungsprozess auf, sich bei den Schlussverhandlungen eindeutig darüber auszusprechen, ob die Beklagten gewillt seien, sich auf Anordnung des Kantonsgerichts der Blutuntersuchung zu unterziehen. Die Beklagten erneuerten darauf ihre Weigerung.
H.- Am 13. Oktober 1955 hat das Kantonsgericht Wallis in Gutheissung der Anfechtungsklage festgestellt, dass der Kläger nicht der Vater des von der Zweitbeklagten geborenen Mädchens und dieses daher als aussereheliches Kind der Frau L. gesch. K. in das Geburtsregister einzutragen sei. In den Erwägungen wird ausgefuhrt, eine physische Unmöglichkeit der Zeugung durch den Ehemann sei nicht gegeben. Der Kläger habe nicht beweisen können, dass er seine Frau seit der Trennung am 1. August 1951 nicht mehr gesehen habe. Auf Impotenz habe er sich nicht berufen, ebensowenig auf besondere Merkmale des Kindes, die geeignet wären, eine anderweitige Vaterschaft zu beweisen. Der Ehebruch der Mutter sei als bewiesen anzusehen. Ihr Verhältnis mit S. falle in die kritische Zeit. Damit sei allerdings die Unmöglichkeit der Vaterschaft des Klägers noch nicht bewiesen. Die moralische Unmöglichkeit seiner Vaterschaft ergebe sich indes aus der Tatsache, dass der Kläger seit dem 1. August 1951 von seiner Frau getrennt in einem als ehebrecherisch anzusehenden Verhältnis mit einer andern Frau zusammengelebt habe. Es sei in hohem Masse unwahrscheinlich, dass er gleichwohl noch ehelichen Verkehr mit seiner Frau gepflegt habe. Noch unwahrscheinlicher sei, dass er, der Kinder von jeher abgelehnt und sich offenbar auf die Empfängnisverhütung verstanden habe, "ausgerechnet nach erfolgter Trennung von seiner Frau sich überlisten oder die bisher geübte Vorsicht fallen liess". Die Angst, die die Ehefrau daran gehindert habe, dem Kläger die Schwangerschaft und die Geburt mitzuteilen, sei deshalb kaum darauf zurückzuführen, dass sie es nicht gewagt habe, ihrem Gatten die Ankunft eines ehelichen Sprosses bekanntzugeben. Es sei vielmehr die Angst vor der Entdeckung gewesen, dass sie es "fertig gebracht" habe, im Verkehr mit einem andern Manne ihren Wunsch nach einem Kinde zu befriedigen. Die Tatsache, dass sie bald nach der Scheidung ein zweites Kind geboren habe, lasse darauf schliessen, dass sie schon zur Zeit der Empfängnis des ersten Kindes nicht allzugrosse Hemmungen gehabt habe, sich S. hinzugeben. Das Gericht betrachte die moralische Unmöglichkeit der Vaterschaft des Klägers aus diesen Gründen als erwiesen, "vor allem aber darum, weil die beklagte Kindsmutter sich weigerte, sich mit dem Kinde zur Blutentnahme zu stellen". Diese Weigerung sei nach der Scheidung wegen beidseitigen Ehebruchs nicht mehr gerechtfertigt gewesen. Nach all den vergeblichen Versuchen, die beklagte Partei zur Hergabe von Blut zu bewegen, komme der Weigerung "durchschlagender Beweiswert zu im Sinne von Art. 255 Abs. 2 ZPO". Diese Bestimmung, wonach die durch Parteiverhör abzuklärenden Tatsachen im Falle wiederholten Ausbleibens der zu verhörenden Partei als erwiesen angenommen werden können, sei bei wiederholter Weigerung einer Partei, sich zur Blutentnahme zu stellen, analog anwendbar. Es sei nicht ganz abwegig, die hartnäckige Weigerung der Beklagten damit zu erklären, dass sie die vom Experten am 19. Juni 1953 ermittelte Blutgruppe des Klägers in Erfahrung gebracht und dann eine private Untersuchung veranlasst habe, aus der hervorgegangen sei, dass der Kläger nicht der Vater sein könne. Jedenfalls aber stehe das Gericht nicht an, aus der ungerechtfertigten Verweigerung der Blutentnahme den Schluss zu ziehen, dass die Blutprobe zu Ungunsten der Beklagten ausgefallen wäre und der Kläger demnach unmöglich der Vater sein könne. Schliesslich könnte noch der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 187 ZPO) angerufen werden, dem als allgemeine Richtlinie innewohne, dass ein Beweis nach Treu und Glauben dann als erbracht anzusehen sei, wenn die Beweisführung durch ein schuldhaftes Verhalten des Prozessgegners unmöglich gemacht werde.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagten die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf Abweisung der Klage.
Während der ersten Beratung des Bundesgerichts liess der Anwalt der Beklagten dem Gericht mitteilen, dass seine Klientinnen bereit seien, sich der Blutgruppenuntersuchung zu unterziehen. Der vom Referenten in der Folge unternommene Versuch, eine Vereinbarung herbeizuführen, wonach die Blutprobe noch durchgeführt und je nach ihrem Ausgang die Klage oder die Berufung zurückgezogen worden wäre, scheiterte dann aber am Widerstand der Beklagten.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Ist ein Kind, wie es hier zutrifft, wenigstens 180 Tage nach Abschluss der Ehe geboren, so vermag der Ehemann seine Anfechtungsklage nach Art. 254 ZGB nur durch den Nachweis zu begründen, dass er unmöglich der Vater des Kindes sein könne.
Als Beispiele solcher Unmöglichkeit wurden in den Erläuterungen zum Vorentwurf (Art. 279) und bei der parlamentarischen Beratung die Fälle genannt, dass während der Zeit, da die Empfängnis stattgefunden haben kann, ein ehelicher Verkehr wegen Abwesenheit, Krankheit oder Impotenz des Mannes ausgeschlossen war (Erl., 1. Ausg. 1. Heft S. 236, 2. Ausg. I. Bd. S. 254; Sten.Bull. 1905 S. 733, 1163). Die Vaterschaft des Ehemannes ist in der Tat unmöglich, wenn äussere Umstände (z.B. Landesabwesenheit oder strenge Internierung des einen Ehegatten) einen ehelichen Verkehr während der erwähnten Zeit ausschlossen oder wenn der Ehemann damals zeugungsunfähig war. Das Gesetz beschränkt die Anfechtungsklage aber nicht auf derartige Fälle. Es sagt nichts darüber, auf welchen Ursachen die Unmöglichkeit der Vaterschaft des Ehemannes beruhen müsse. Daher ist grundsätzlich jeder Tatbestand, der dem Richter die Überzeugung verschafft, dass der Ehemann nicht der Vater sein kann, als Anfechtungsgrund anzuerkennen (BGE 55 II 297, BGE 62 II 77). Ob ein gegebener Sachverhalt diese Überzeugung zu begründen vermöge, ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht überprüfen kann (BGE 40 II 582, BGE 42 II 90). Ausser bei Unmöglichkeit der Beiwohnung aus äussern Gründen und bei Zeugungsunfähigkeit des Ehemannes ist die Anwendung von Art. 254 ZGB in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bisher in folgenden Fällen als zulässig bezeichnet worden:
a) Schon in seinem ersten veröffentlichten Entscheide zu dieser Bestimmung hat das Bundesgericht erklärt, es brauche nicht immer der Nachweis der physischen Unmöglichkeit der Zeugung durch den Ehemann erbracht zu werden, sondern unter Umständen genüge auch der Nachweis einer "moralischen" Unmöglichkeit (BGE 39 II 12 Erw. 4). Gemeint ist der Nachweis einer psychischen Einstellung der Ehegatten, die eine Beiwohnung trotz bestehender Gelegenheit als ausgeschlossen erscheinen lässt (BGE 40 II 585, BGE 42 II 313, BGE 62 II 78 /79, BGE 71 II 58). Es ist klar, dass eine solche Unmöglichkeit nicht leichthin, sondern nur auf Grund einer strengen Prüfung angenommen werden darf (BGE 62 II 78), da es erfahrungsgemäss selbst zwischen Ehegatten, die sich erbittert befeinden, nicht allzu selten noch zum Geschlechtsverkehr kommt. Das Bundesgericht hat denn auch bis heute die moralische Unmöglichkeit der Beiwohnung auf jeden Fall in der veröffentlichten Praxis noch nie als gegeben erachtet.
b) Die Praxis anerkennt, dass die Vaterschaft des Anfechtungsklägers dann (physisch) unmöglich ist, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Mutter bereits schwanger war, als sie zum ersten Mal mit ihm geschlechtlich verkehrte (BGE 42 II 91, BGE 55 II 297, BGE 61 II 302).
c) In BGE 55 II 295 ff. wurde eine Anfechtungsklage auf Grund der durch ein Gutachten bewiesenen Tatsache gutgeheissen, dass das Kind Rassenmerkmale aufwies, die nach den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung die Vaterschaft des Klägers mit Sicherheit ausschlossen.
d) Die neuere Rechtsprechung lässt die Anwendung von Art. 254 ZGB auch dann zu, wenn bewiesen wird, dass zwischen den Ehegatten um die Zeit der Empfängnis trotz allfällig vorhandener Möglichkeit tatsächlich kein Geschlechtsverkehr stattfand (BGE 62 II 76 ff., BGE 71 II 58). Es ist denn auch unbestreitbar, dass die Vaterschaft des Ehemannes in einem solchen Falle physisch unmöglich ist.
Auf Grund der blossen Zugabe der Mutter darf der Richter das Ausbleiben des ehelichen Verkehrs um die Zeit der Empfängnis freilich nicht als erstellt betrachten (BGE 42 II 313, BGE 62 II 79, vgl. auch BGE 78 I 4). Wie im Scheidungs- muss auch im Anfechtungsprozess der in Art. 158 Ziff. 1 und 3 ZGB niedergelegte Grundsatz gelten, dass der Richter die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen nur dann als erwiesen annehmen darf, wenn er sich von ihrem Vorhandensein überzeugt hat, und dass Parteierklärungen irgendwelcher Art für ihn nicht verbindlich sind (BGE 82 II 3 und dort zit. Entscheide); denn hier wie dort stehen neben den Interessen der Parteien auch öffentliche Interessen im Spiele. Das schliesst jedoch nicht aus, dass der Richter auf die Aussagen der Mutter im Parteiverhör abstellt, sofern das kantonale Recht dieses als Beweismittel vorsieht und ausgestaltet (BGE 62 II 79, BGE 71 II 58). Ob solche Aussagen im einzelnen Fall glaubwürdig seien, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die im Berufungsverfahren nicht überprüft werden kann (BGE 62 II 80).
Eine andere Frage ist es, ob der Richter die Behauptung des Klägers, dass um die Zeit der Empfängnis kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe, auch dann als erwiesen betrachten und gestützt darauf die Anfechtungsklage gutgeheissen darf, wenn jene Behauptung nur durch eine glaubwürdig erscheinende Aussage, die der Kläger selber im Parteiverhör gemacht hat, bestätigt wird. Gegen diese Art der Beweisführung, die von vornherein nur dort in Betracht kommen könnte, wo das kantonale Prozessrecht den Beweis einer Tatsache durch die eigene Aussage der beweispflichtigen Partei im Parteiverhör zulässt (vgl. BGE 80 II 296), hat das Bundesgericht in BGE 62 II 80 im Hinblick auf die strengen Anforderungen von Art. 254 ZGB Bedenken geäussert, und seither ist es auf diese Frage nicht zurückgekommen.
e) Schliesslich hat das Bundesgericht erklärt, die Vaterschaft des Ehemannes sei im Sinne von Art. 254 ZGB als unmöglich zu betrachten, wenn sie durch das Mittel der Blutuntersuchung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen wird und durch andere Beweismittel ein Ehebruch der Mutter bewiesen oder wenigstens glaubhaft gemacht ist (BGE 71 II 54 ff., BGE 79 II 17 ff., besonders 19/20). Dass der Kläger vorerst in dieser Weise stichhaltige Gründe zu Zweifeln an seiner Vaterschaft dartut, hat nach den eben angeführten Entscheiden mit Rücksicht auf die Ehre der Mutter als Voraussetzung für die Anordnung der Blutprobe zu gelten. Der Blutprobebeweis kann wie der an Rassenmerkmale anknüpfende Beweis (oben c) zum Ziele führen, auch wenn die Ehegatten in der Empfängniszeit ehelichen Verkehr pflogen.
2. Im vorliegenden Fall ist, wie die Vorinstanz feststellt, nicht dargetan, dass der Kläger und seine Ehefrau um die Zeit der Empfängnis aus äussern Gründen keinen Geschlechtsverkehr miteinander haben konnten. Zeugungsunfähigkeit des Klägers ist nicht behauptet. Auch ein Ausschluss seiner Vaterschaft auf Grund besonderer Rassenmerkmale des Kindes kommt nicht in Betracht. Die von der Vorinstanz angeordnete Blutuntersuchung wurde wegen der Weigerung der Beklagten, sich zur Blutentnahme zur Verfügung zu stellen, nicht durchgeführt. Es kann sich daher nur noch fragen, ob die moralische Unmöglichkeit der Beiwohnung bewiesen sei oder feststehe, dass in der Empfängniszeit trotz vorhandener Möglichkeit kein ehelicher Verkehr stattfand, oder ob es möglich sei, die bisher unterbliebene Blutprobe noch durchführen zu lassen oder aus der Weigerung der Beklagten abzuleiten, dass der Kläger unmöglich der Vater sein könne.
3. Die Vorinstanz erklärt, sie betrachte "die moralische Unmöglichkeit der Vaterschaft K. als erwiesen". Die von ihr angeführten Tatsachen vermögen jedoch die Annahme, dass ein ehelicher Verkehr um die Zeit der Empfängnis wegen der psychischen Einstellung der Ehegatten unmöglich gewesen sei, nicht zu rechtfertigen. Der Umstand, dass der Kläger während jener Zeit mit einer andern Frau in einem ehebrecherischen Verhältnis zusammenlebte, genügt keineswegs, um eine solche Unmöglichkeit darzutun. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger nicht zugetraut werden dürfte, während seines Verhältnisses mit Frau R. gelegentlich auch noch mit seiner Ehefrau verkehrt zu haben, oder dass die Ehefrau sich wegen der Untreue des Mannes oder wegen ihrer eigenen Beziehungen mit S. jenem unter keinen Umständen mehr hätte hingeben wollen. Die Behauptung des Klägers, dass er gegen seine Ehefrau einen unüberwindlichen Abscheu empfunden habe, ist durch nichts belegt. Die Tatsache, dass er keine Kinder haben wollte, hinderte ihn offenbar vor der Trennung nicht am ehelichen Verkehr. Schon deshalb kann aus dieser Tatsache nicht geschlossen werden, es habe bei ihm eine Einstellung des Willens bestanden, die einen solchen Verkehr nach der Trennung ausgeschlossen habe. Die Annahme sodann, er habe sich auf die Verhütung einer Empfängnis verstanden und nach der Trennung die bisher geübte Vorsicht nicht fallen lassen, hat mit der Frage der moralischen Unmöglichkeit der Beiwohnung überhaupt nichts zu tun. Sie läuft darauf hinaus, dass die Vaterschaft des Klägers deshalb physisch unmöglich sei, weil er empfängnisverhütende Methoden angewendet habe. Es bedarf keiner näheren Begründung, dass die Tatsache der Anwendung solcher Mittel zur Entkräftung der Vermutung der Ehelichkeit noch viel weniger taugt als im Vaterschaftsprozess zur Widerlegung der - viel schwächern - Vermutung des Art. 314 Abs. 1 ZGB (BGE 45 II 491, BGE 51 II 258). Wenn schliesslich die Ehefrau, wie die Vorinstanz annimmt, keine grossen Hemmungen hatte, sich S. hinzugeben, und dem Kläger die Schwangerschaft und die Geburt deshalb nicht mitteilte, weil sie sich vor der Entdeckung fürchtete, dass sie von einem andern Mann ein Kind empfangen habe, so sind auch diese Tatsachen völlig ungeeignet, eine psychische Einstellung der Ehegatten zu beweisen, die einen ehelichen Verkehr zur Zeit der Empfängnis ausgeschlossen hätte. Das gleiche gilt von der im angefochtenen Urteil besonders betonten Tatsache, dass die Ehefrau sich weigerte, sich zur Blutentnahme zu stellen. Von moralischer Unmöglichkeit im Sinne der bundesgerichtlichen Praxis kann daher keine Rede sein.
4. Über die Frage, ob nachgewiesen sei, dass um die Zeit der Empfängnis trotz vorhandener Möglichkeit tatsächlich kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe, hat sich die Vorinstanz nicht ausgesprochen. Es erübrigt sich jedoch, die Sache zur Entscheidung hierüber an sie zurückzuweisen, weil heute schon feststeht, dass diese Frage nicht positiv beantwortet werden kann. Eine im Parteiverhör gemachte Aussage der Ehefrau, wonach sie mit dem Kläger in der fraglichen Zeit nicht geschlechtlich verkehrt hätte, liegt nicht vor. Die Ehefrau hat im Gegenteil bei der richterlichen Befragung im Scheidungs- und im Anfechtungsprozess mit Bestimmtheit behauptet, dass der Kläger noch während der Empfängniszeit (bis in den November 1951 hinein) mit ihr intime Beziehungen unterhalten habe. Der Kläger vermochte keine Zeugen zu nennen, die das Ausbleiben ehelichen Verkehrs in der erwähnten Zeit bestätigen könnten (was nur in Frage gekommen wäre, wenn festgestanden hätte, dass die Parteien sich damals bloss bei bestimmten Gelegenheiten und in Gegenwart Dritter getroffen haben). Die eigenen Parteiaussagen des Klägers vermögen seine Sachdarstellung schon aus Gründen des kantonalen Prozessrechts, dessen Anwendung das Bundesgericht in diesem von der Vorinstanz nicht behandelten Punkte gemäss Art. 65 OG selber vornehmen kann, nicht zu beweisen. Art. 251 Abs. 1 der ZPO des Kantons Wallis bestimmt nämlich, zur Feststellung erheblicher Tatsachen könne jede Partei die persönliche Befragung der Gegenpartei verlangen. Die Befugnis, die eigene Befragung zu verlangen, wird den Parteien im Gesetz nicht eingeräumt. Art. 251 sieht neben der Befragung auf Verlangen des Prozessgegners nur die Einvernahme der Parteien von Amtes wegen vor (Abs. 3). Die Vorschriften, wonach im Falle des wiederholten Ausbleibens der zu verhörenden Partei oder der Verweigerung der Antwort die durch das Parteiverhör abzuklärenden Tatsachen als erwiesen angesehen werden können (Art. 255 Abs. 2 und Art. 260), haben nur dann einen vernünftigen Sinn, wenn die Befragung sich auf Tatsachen bezieht, die für die befragte Partei ungünstig sind. Aus alledem ist zu schliessen, dass die Walliser ZPO das Parteiverhör nur als Beweismittel zum Nachteil der befragten Partei, d.h. als Behelf zur Herbeiführung von Geständnissen, nicht dagegen als Beweismittel zugunsten der befragten Partei zulässt (vgl. GULDENER, Das schweiz. Zivilprozessrecht, I S. 308 lit. c). Die Aussagen des Klägers im Parteiverhör vermöchten also seine Behauptung, dass während der Empfängniszeit kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe, selbst dann nicht zu beweisen, wenn man sich über die in BGE 62 II 80 geäusserten, aus Art. 254 ZGB hergeleiteten Bedenken gegen das Abstellen auf die Aussagen des beweispflichtigen Anfechtungsklägers hinwegsetzen wollte. Für die in Frage stehende Behauptung kann also auf jeden Fall der direkte Beweis durch Zeugen oder Parteiaussagen nicht erbracht werden.
Was übrig bleibt, sind einige Indizien. Die Eheleute K. lebten in der Empfängniszeit getrennt und unterhielten ehebrecherische Beziehungen. Die Ehefrau hat dem Kläger die Schwangerschaft nach ihren eigenen Aussagen verschwiegen, weil sie wegen Drohungen vor ihm Angst gehabt habe. Im Prozess hat sie sich dann in missbräuchlicher Weise geweigert, zur Blutprobe Hand zu bieten (vgl. Erw. 5). Die Trennung und die beidseitige Untreue schlossen jedoch, wie schon in anderm Zusammenhang bemerkt, gelegentlichen ehelichen Verkehr keineswegs aus. Für das Verschweigen der Schwangerschaft und die als Grund dafür angegebene Angst mag die nächstliegende Erklärung freilich darin bestehen, dass die Ehefrau in der Empfängniszeit nicht mit ihrem Manne verkehrt hatte und sich daher sagen musste, dass sie sich mit der Mitteilung der Schwangerschaft des Ehebruchs bezichtigen würde. Zwingend ist dieser Schluss aber durchaus nicht. Sie kann sehr wohl auch dann aus Angst geschwiegen haben, wenn sie in der Empfängniszeit noch mit dem Kläger verkehrt hatte, weil sie allen Grund zur Annahme hatte, dass die Geburt eines Kindes dem Kläger auf jeden Fall unwillkommen sein werde. Ähnlich verhält es sich auch mit der Weigerung, für die vom Instruktionsrichter angeordnete Untersuchung Blut herzugeben. Am wahrscheinlichsten ist zwar, dass sie sich deswegen weigerte, weil sie ein für sie ungünstiges Ergebnis der Untersuchung befürchtete. Dieses Risiko bestand nur dann, wenn sie um die Zeit der Empfängnis mit einem Dritten Umgang gehabt hatte, und war dann am grössten, wenn ihr damals nur ein Dritter, nicht daneben auch noch der Ehemann beigewohnt hatte. Ihre Weigerung lässt sich also in diesem letzten Falle am leichtesten erklären. Sie ist aber keineswegs nur in diesem Fall erklärlich. Auch wenn die Ehefrau in der Empfängniszeit ausser mit S. noch mit ihrem Manne verkehrt hatte, musste sie mit der Möglichkeit rechnen, dass die Blutprobe dessen Vaterschaft ausschliessen und so die aussereheliche Erzeugung des Kindes dartun könnte. Im übrigen konnte sehr wohl auch blosser Trotz ihr Beweggrund sein. Die erwähnten Indizien können daher den von Art. 254 ZGB geforderten strengen Beweis nicht herstellen. Tatsachen der in Frage stehenden Art sind, worüber das Bundesgericht gemäss BGE 80 II 296 -298 (vgl. auch BGE 76 II 5) im Berufungsverfahren befinden kann, nach der Lebenserfahrung schlechterdings untauglich, für sich allein den Schluss zu rechtfertigen, dass während der Empfängniszeit sicher kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe.
Die Anwendung von Art. 254 ZGB kann sich demnach im vorliegenden Falle nicht darauf stützen, dass der Kläger seiner Frau um die Zeit der Empfängnis nachgewiesenermassen nicht beigewohnt habe.
5. Das Vorhandensein der Voraussetzungen für die Anordnung der Blutprobe wird von den Beklagten zu Unrecht bestritten. Die Vorinstanz betrachtet den Ehebruch der Zweitbeklagten in Übereinstimmung mit dem Scheidungsrichter als erwiesen. Darin liegt eine tatsächliche Feststellung, die gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich ist. Dass damit stichhaltige Gründe zu Zweifeln an der Vaterschaft des Klägers dargetan sind, ist unbestreitbar. Solche Gründe wären im übrigen auch dann gegeben, wenn der Ehebruch nicht als bewiesen anzusehen wäre. Die Zugeständnisse der Zweitbeklagten betreffend die regelmässigen nächtlichen Besuche ihres Schulkameraden S. sind zusammen mit der von den Basler Gerichten hervorgehobenen höchst verdächtigen Tatsache, dass ihre ursprüngliche Darstellung und die Aussagen des Zeugen S. weit hinter diesen Zugeständnissen zurückblieben, auf jeden Fall dazu angetan, einen Ehebruch in der Empfängniszeit wenigstens glaubhaft zu machen, was nach der Rechtsprechung genügt, um den Antrag auf Blutprobe zu begründen. Diese Expertise ist also ohne jeden Zweifel zu Recht angeordnet worden. Die Beklagten konnten das Bestehen der Voraussetzungen für diese Massnahme nach der Zustellung des erst- und zweitinstanzlichen Urteils im Scheidungsprozess selbst dann nicht mehr in guten Treuen bestreiten, wenn die Zweitbeklagte in der Empfängniszeit entgegen allem Anschein keinen Ehebruch begangen haben sollte. Es bedeutet daher einen Wortbruch, dass sie nach der Erledigung des Scheidungsprozesses auf ihrer Weigerung beharrten, obwohl sie vorher selber die präjudizielle Bedeutung des Urteils im Scheidungsprozess betont und erklärt hatten, sie würden sich der Blutprobe nicht widersetzen, falls der Kläger stichhaltige Gründe zu Zweifeln an seiner Vaterschaft darzutun vermöge.
Daraus, dass die Blutuntersuchung zu Recht angeordnet wurde und dass die Beklagten gemäss ihren eigenen Zusicherungen zu dieser Untersuchung hätten Hand bieten sollen, folgt indessen noch nicht, dass es rechtlich möglich sei, den Widerstand der Beklagten gegen diese Untersuchung durch Zwang zu brechen. Wohl billigt eine ständige Rechtsprechung des Bundesgerichts dem Beklagten und gegebenenfalls auch der Klagpartei im Vaterschaftsprozess einen Anspruch auf Durchführung der Blutuntersuchung zu (BGE 61 II 75, BGE 64 II 253, BGE 67 II 84, Urteil vom 15. März 1956 i.S. Redalié) und muss für den Kläger im Anfechtungsprozess das gleiche gelten, sobald er einen Ehebruch der Frau in der Empfängniszeit nachgewiesen oder wenigstens glaubhaft gemacht hat. Diese Praxis ist jedoch (vgl. BGE 61 II 76) nur ein Ausfluss des aus Art. 8 ZGB und den Vorschriften des materiellen Rechts sich ergebenden Grundsatzes, dass eine Partei, die eine nach Bundesrecht erhebliche Tatsache in prozessual wirksamer Weise behauptet und unter Beweis gestellt hat, von Bundesrechts wegen zum Beweis dieser Tatsache durch an sich taugliche Beweismittel zugelassen werden muss (BGE 62 II 326, BGE 68 II 139). Sie bezeichnet die Blutprobe als ein Beweismittel, das nicht als untauglich abgelehnt werden darf (vgl. BGE 82 I 237). Eine weitergehende Bedeutung kommt ihr nicht zu. Insbesondere kann sich die Anwendung von (unmittelbarem oder mittelbarem) Zwang gegen eine widerspenstige Partei oder einen widerspenstigen Zeugen nicht auf diese Praxis und den ihr zugrunde liegenden bundesrechtlichen Grundsatz stützen. Ob ein solcher Zwang zulässig sei, ist vielmehr eine Frage des den Kantonen vorbehaltenen Prozessrechts. Aus dem angefochtenen Urteil ist nun zu schliessen, dass die Vorinstanz annimmt, das Walliser Zivilprozessrecht biete keine Handhabe, um die Beklagten zur Abgabe von Blut für die angeordnete Untersuchung zu zwingen. (Der Instruktionsrichter hatte in seinem Schreiben an das Kantonsgericht vom 25. Juni 1953 ausdrücklich festgestellt, dass ihm keine Mittel zur Verfügung stehen, diese Untersuchung zu erzwingen). Diese Auslegung des kantonalen Rechts ist für das Bundesgericht als Berufungsinstanz verbindlich. (Sie dürfte übrigens richtig sein, da in der Walliser ZPO keine Bestimmung zu finden ist, die einen solchen Zwang erlauben würde.) Den Versuch, durch eine Beschwerde bei der Vormundschaftsbehörde eine Weisung an den Beistand des Kindes auf Zulassung der Blutentnahme wenigstens beim Kinde zu erwirken, hat der Kläger nicht gemacht.
Unter diesen Umständen muss hingenommen werden, dass die Blutuntersuchung im vorliegenden Falle wegen der Weigerung der Beklagten nicht durchführbar ist.
6. So bleibt nur die Frage, ob aus der Weigerung der Beklagten gefolgert werden dürfe, die Blutprobe hätte, wenn durchgeführt, die Vaterschaft des Klägers ausgeschlossen. Die Vorinstanz hat diese Frage bejaht, indem sie die Vorschrift der Walliser ZPO über die Folgen des wiederholten Ausbleibens der zum Parteiverhör geladenen Partei auf den Fall der Verweigerung der Hergabe von Blut für die Blutprobe analog anwandte und unter Hinweis auf einen Entscheid des Bezirksgerichtes Zürich (SJZ 1954 S. 45/46) beifügte, bei der freien Beweiswürdigung gemäss Art. 187 ZPO gelte als allgemeine Richtlinie, dass ein Beweis nach Treu und Glauben dann als erbracht anzusehen sei, wenn die Beweisführung durch ein schuldhaftes Verhalten des Prozessgegners unmöglich gemacht werde. Aus der Weigerung der Beklagten in Anwendung kantonaler Beweisregeln zu folgern, dass die Blutuntersuchung zu einem für sie ungünstigen Ergebnis geführt hätte, verträgt sich jedoch nicht mit dem gemäss Erwägung 1 d im Anfechtungsprozess geltenden bundesrechtlichen Grundsatze, dass der Richter die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen nur dann als erwiesen annehmen darf, wenn er sich von ihrem Vorhandensein überzeugt hat (siehe auch BGE 61 II 24). Die Blutuntersuchung vermag die Vaterschaft des Ehemannes bei weitem nicht in allen Fällen auszuschliessen, wo in Wirklichkeit nicht er, sondern ein Dritter der Vater ist. Die Ehefrau kann daher nicht zum voraus wissen, welches Ergebnis diese Untersuchung zeitigen wird, selbst wenn sie in der Empfängniszeit nur mit einem Dritten, nicht auch mit ihrem Ehemann Verkehr hatte, was hier im übrigen nicht feststeht. Dass im vorliegenden Falle die Zweitbeklagte auf Grund des bei den Akten liegenden Untersuchungsbefunds über die Bluteigenschaften des Klägers und einer von ihr veranlassten privaten Untersuchung des Bluts ihres Kindes und ihres eigenen Bluts über die Ausschliessbarkeit der Vaterschaft des Klägers unterrichtet gewesen sei und aus diesem Grunde die vom Richter angeordnete Untersuchung hintertrieben habe, ist eine blosse Vermutung der Vorinstanz. Unter diesen Umständen ist ihre Weigerung ungeeignet, die richterliche Überzeugung zu begründen, dass die Blutprobe zu ihren Ungunsten ausgefallen wäre.
Dass die Beklagten dank der Vereitelung der vom Kläger mit Recht beantragten Expertise, die möglicherweise die Vaterschaft des Klägers ausgeschlossen hätte, den Prozess gewinnen, ist zweifellos höchst unbefriedigend. Das geltende Recht erlaubt jedoch keinen andern Entscheid. Nur der Erlass von Vorschriften, die dem Richter in derartigen Fällen gestatten würden, die Durchführung der Blutuntersuchung zu erzwingen, wäre geeignet, einer Prozessführung den Riegel zu schieben, die darauf ausgeht, die Erforschung der materiellen Wahrheit durch dieses Beweismittel zu verhindern.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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de
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Contestazione della paternità. Prova che la paternità del marito è impossibile (art. 254 CC).
Impossibilità "morale" del concubito? Mediante quali mezzi si può provare che al tempo del concepimento i coniugi non hanno avuto rapporti sessuali, quantunque ne avessero la possibilità? A quali condizioni l'attore può esigere un esame del sangue? La parte convenuta può essere obbligata, contro sua volontà, a sottoporsi a un tale esame? In caso di rifiuto si può concludere che la perizia avrebbe escluso la paternità dell'attore?
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it
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F82-II-495%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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1,797 |
82 II 513
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82 II 513
Sachverhalt ab Seite 513
A.- Die am 21. Juli 1953 verstorbene Witwe Maria Meinel-Grünewald, geboren 1865, mit letztem Wohnsitz in Basel, hinterliess als alleinige Erben ihre Tochter Emilie Tschirky-Meinel (Beklagte) und ihr Grosskind Lotti BurlaSchmitz, Tochter der verstorbenen Frau Ida SchmitzMeinel (Klägerin). In ihrem Nachlass befanden sich zwei eigenhändige letztwillige Verfügungen. Die erste, vom 3. Mai 1944, lautet:
"Eigenhändiges Testament.
Meine früheren letztwilligen Verfügungen hebe ich hiemit auf: Da mir daran liegt, dass die Erbteilung über meinen Nachlass sich ohne Streitigkeiten abwickle und da die Zuwendungen an meine Grosstochter Frau Lotti Burla-Schmitz überwiegen, bestimme ich wie folgt:
Alle Zuwendungen an meine Erben sind nicht ausgleichspflichtig. Meine Grosstochter Frau Lotti Burla-Schmitz soll nur ihren Pflichtteil erhalten und die dadurch freie Quote soll meiner Tochter Frau Emilie Tschirky-Meinel neben ihrem Erbteil zufallen."
Die zweite, vom 23. November 1950, hat folgenden Wortlaut:
"Testament.
Meiner Tochter Frau Wwe. Tschirky geb. Meinel vermache ich für ihre lange Witwenschaft mit kritischer Krankheit behaftet Fr. 15'000.-- fünfzehntausend Franken für ihre Gesundheit. Sofern zur Barauszahlung nicht genügend Barschaft vorhanden ist, soll zu ihren Gunsten eine verzinsliche Hypothek auf den den Miterben zufallenden Liegenschaften oder Liegenschaftsanteilen errichtet werden."
Das erste Testament war im Besitz der Wwe. Tschirky, während die Erblasserin das zweite bei Notar Dr. S. Burckhardt hinterlegt hatte. Dr. Burckhardt hatte sowohl 1944 wie 1950 die Testatorin beraten und die Verfügungen entworfen. Dabei formulierte er jedesmal die Bestimmung, die früheren Testamente würden aufgehoben. Die Erblasserin liess jedoch bei der Niederschrift der Verfügung vom 23. November 1950 diesen Satz weg.
B.- Frau Burla-Schmitz klagte gegen Witwe TschirkyMeinel auf Feststellung, dass das Testament von 1944 durch dasjenige von 1950 aufgehoben und daher der Nachlass gemäss den Anordnungen des letzteren zu teilen sei.
C.- Das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt hat die Klage gutgeheissen, ebenso das Appellationsgericht mit Urteil vom 6. Juli 1956.
D.- Mit vorliegender Berufung stellt die Beklagte das Begehren um Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils, Abweisung der Klage und Feststellung der Gültigkeit des Testamentes der Frau Witwe Maria Meinel-Grünewald vom 3. Mai 1944.
Die Klägerin beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die gültige Errichtung sowohl des einen wie des andern der beiden in Frage stehenden Testamente ist an und für sich unbestritten. Der Antrag der Beklagten zielt denn auch nicht etwa auf Gültigerklärung bloss des frühern, ihr die ganze verfügbare Quote des Nachlasses zuweisenden Testamentes. Sie will vielmehr dieses neben dem neuen Testament zur Geltung bringen, nimmt also den Standpunkt ein, das frühere sei durch das neue nicht ersetzt und damit aufgehoben, sondern ergänzt worden, so dass beide Testamente nebeneinander zu Recht bestehen. Demgegenüber lässt die Klägerin nur das neue Testament gelten, das der Beklagten lediglich ein Vorausvermächtnis von Fr. 15'000.-- und nicht mehr wie das frühere die ganze verfügbare Quote zuweist. Sie hält dafür, das neue Testament trete an die Stelle des frühern und habe dieses stillschweigend aufgehoben.
2. Dieser Standpunkt der Klägerin entspricht der sich aus Art. 511 Abs. 1 ZGB ergebenden Rechtsvermutung. Errichtet jemand, der bereits letztwillig verfügt hat, später ein neues Testament, so erhebt sich die Frage, ob die neue Verfügung zur frühern hinzutreten, diese also ergänzen und allenfalls einschränken oder sonstwie ändern solle, oder ob sie die frühere schlechthin ersetze, also nunmehr allein gelte. Während das französische und das deutsche Recht eine Vermutung im erstern Sinne aufstellen (vgl. Art. 1036 Code civil und § 2258 BGB), tritt nach schweizerischem ZGB die neue Verfügung vermutungsweise an die Stelle der frühern, wie nach § 713 des österreichischen ABGB. Immerhin erhebt Art. 511 Abs. 1 ZGB den Grundsatz der ausschliesslichen Geltung der neuen Verfügung nicht geradezu zum dispositiven Rechtssatze, der nur vor einem deutlich abweichenden Inhalte der neuen Verfügung zurückzutreten hätte (wie dies für die österreichische Rechtsordnung angenommen wird, vgl. KLANG, Ziff. IV, a, zu § 713 ABGB). Vielmehr kommt nach schweizerischem Recht eine der Vermutung entgegengesetzte Willensmeinung auch dann zur Geltung, wenn sie sich nicht aus der neuen Verfügung selbst ergibt. Das Gesetz berücksichtigt aber nur einen "zweifellos" auf blosse Ergänzung der frühern Verfügung gerichteten Willen des Testators, verlangt also zur Entkräftung der erwähnten Vermutung einen strikten Beweis.
3. Von diesen Grundsätzen geht das angefochtene Urteil zutreffend aus. Und es ist ihm in erster Linie darin beizustimmen, dass die neue Verfügung von 1950 weder ihrem Wortlaut noch ihrem Inhalte nach einen von der gesetzlichen Vermutung abweichenden Willen der Erblasserin erkennen lässt. Die neue Verfügung setzt zu Gunsten der Beklagten ein Summenvermächtnis aus, das sehr wohl als einzige Begünstigung, im Sinne eines Vorausvermächtnisses, bestehen kann. Dieses Vermächtnis setzt keineswegs voraus, dass die Klägerin vorerst auf den Pflichtteil gesetzt sei, wie dies das frühere Testament von 1944 bestimmt hatte. Ja, es erheben sich gegen eine Koexistenz, d.h. Kumulation der beiden Verfügungen Bedenken. Wäre die neue als blosse Ergänzung der frühern zu verstehen, wie dies die Beklagte behauptet, so hätte die Klägerin sich nicht nur mit ihrem Pflichtteil zu begnügen, sondern daraus überdies das Summenvermächtnis auszurichten, was sie natürlich wegen des ihr zukommenden Pflichtteilschutzes ablehnen könnte. Das erstinstanzliche Gericht spricht daher von einem klaren Widerspruch zwischen den beiden Verfügungen und nimmt schon deshalb an, die neue bestehe allein zu Recht. Das Appellationsgericht will zwar keinen eigentlichen Widerspruch bejahen - denn nach dem "an sich möglichen" Willen der Erblasserin könnten die beiden Zuwendungen an die Beklagte nebeneinander bestehen, sofern sich die derart benachteiligte Klägerin damit abfände -; doch sei es "wenig wahrscheinlich", dass die von einem Notar beratene Erblasserin, die ohnehin Streitigkeiten unter ihren Erben befürchtete, eine offenkundige Pflichtteilsverletzung habe anordnen wollen. In der Tat wäre eine dahingehende Willensmeinung der Erblasserin, wenn auch nicht unmöglich und widerspruchsvoll im eigentlichen Sinn des Wortes, so doch ungewöhnlich und dazu geeignet, Streit zu schaffen. Es kann nicht ohne weiteres angenommen werden, die Erblasserin habe eine solche Konfliktsituation herbeiführen wollen. Diese Überlegung verstärkt die nach der gleichen Richtung gehende gesetzliche Vermutung, die übrigens selbst dann gilt, wenn sich die beiden Verfügungen ohne jede Unstimmigkeit miteinander vereinigen liessen (vgl. ESCHER, 2. Aufl., N. 2 zu Art. 511; TUOR, 2. Aufl., N. 22 zu Art. 509-511 ZGB).
4. Die ausserhalb der Testamentsurkunden liegenden Beweiselemente vermögen nach der vorinstanzlichen Beweiswürdigung dieses Ergebnis nicht umzustossen. Das Appellationsgericht würdigt die eigenen Vorbringen der Beklagten dahin, dass sich die für und gegen ihre Auffassung sprechenden Momente ungefähr die Wage halten, so dass die gesetzliche Vermutung unentkräftet bleibe. Ein gewisses Indiz für blosse Ergänzungsabsicht sieht das Urteil darin, dass die Erblasserin, entgegen dem Rate des Notars, weder das frühere Testament ausdrücklich aufgehoben noch es vernichtet hat. Indessen findet das Urteil dafür verschiedene Erklärungen, z.B. dass die Erblasserin noch weiterhin in ihren Absichten schwankend gewesen wäre, oder dass ihr die Beklagte das bereits in Besitz genommene frühere Testament nicht mehr herausgegeben hätte. Die zugunsten der Beklagten lautende und von ihr als Hauptbeweis angerufene Aussage des Zeugen Albert Schäffer über Äusserungen der Testatorin hält das Appellationsgericht für unmassgeblich, sowohl hinsichtlich der Glaubwürdigkeit wie auch angesichts ihres nicht eindeutigen Inhaltes. Die Einvernahme weiterer Zeugen der Beklagten - ihrer Söhne - hat das Appellationsgericht abgelehnt, weil die selben am Prozessausgang interessiert sind und daher befangen sein würden. Anderseits bejaht das Gericht gewichtige Gründe für eine der gesetzlichen Vermutung entsprechende Willensmeinung. Es stellt vor allem auf die Aussagen des Beraters der Erblasserin, Notar Dr. S. Burckhardt, ab, denen infolge der amtlichen Funktion des Zeugen erhöhte Beweiskraft zukomme. Danach erhielt die Erblasserin vom Notar den Rat, die Beklagte durch ein Legat zu begünstigen, anstatt die Klägerin auf den Pflichtteil zu setzen; und die Erblasserin hatte die Absicht, diesen Rat zu befolgen, und war sich bewusst, dass nicht beide Testamente füglich nebeneinander bestehen konnten; sie zog das frühere, damals beim Notar liegende Testament zurück und liess nur das neue in seiner Verwahrung. Sodann hält das Appellationsgericht die Aussagen der Zeuginnen Höchle und Rapp auch bei vorsichtiger Würdigung nicht für unglaubhaft. Nach diesen Aussagen sei aber klarerweise das zweite Testament an die Stelle des ersten getreten. Das von Frau Höchle bezeugte Verhalten der Beklagten ergäbe auch ein genügendes Motiv für die allfällige Absicht der Erblasserin, mit dem neuen Testamente die Tochter (Beklagte) etwas schlechter zu stellen. Es stehe jedoch gar nicht fest, dass in der Vorstellung der Testatorin die Zuweisung eines Barlegates von Fr. 15'000.-- anstelle der verfügbaren Quote überhaupt eine ins Gewicht fallende Schlechterstellung bedeutet habe.
5. Die Beklagte bezeichnet dieses Beweisergebnis, wonach die von ihr gegen die gesetzliche Vermutung des Art. 511 Abs. 1 ZGB geltend gemachten Gründe nicht aufkommen, als unrichtig. Sie hält dafür, das Bundesgericht könne frei darüber befinden, und beruft sich auf BGE 79 II 40. Danach unterliegt freilich die Frage, ob der Wille des Erblassers auf Aufhebung oder blosse Ergänzung des frühern Testamentes gegangen sei, der bundesgerichtlichen Überprüfung. Damit ist jedoch nicht ausgesprochen, die Bindung des Bundesgerichtes an den in kantonaler Instanz festgestellten Tatbestand (Art. 63 Abs. 2 OG) gelte bei der Auslegung letztwilliger Verfügungen überhaupt nicht. Die Auslegung von Rechtsgeschäften ist zwar, ganz allgemein betrachtet, nicht blosse Tatfrage. Nach der grundlegenden Entscheidung vom 5. Oktober 1943 (BGE 69 II 319) ist zu unterscheiden zwischen der Auslegung von Erklärungen nach allgemeiner Lebenserfahrung und der Feststellung individueller Willensmeinungen. Bei letztwilligen Verfügungen handelt es sich um so weniger um blosse Tatsachenfeststellung, als sich die Frage nach dem tatsächlichen "innern" Willen nicht von der Rechtsfrage trennen lässt, ob der ermittelte Wille auch einen genügenden formellen Ausdruck im Testament gefunden habe. Davon geht das von der Beklagten angerufene Urteil aus, wie denn ein zwar als vorhanden nachgewiesener, aber im Testamente nicht irgendwie, und wäre es auch in ungeschickter Weise, ausgesprochener Wille infolge der Formbedürftigkeit letztwilliger Verfügungen ausser Betracht bleiben muss (BGE 69 II 383 Mitte). Sobald aber äussere Tatsachen zur Ermittlung des wahren Sinnes testamentarischer Verfügungen herangezogen werden, richtet sich deren Feststellung nach den gewöhnlichen Regeln und ist Sache der Beweiswürdigung durch die kantonalen Gerichte. In dieser Hinsicht ist das Bundesgericht an die im kantonalen Urteil enthaltenen Beweisergebnisse ebenso wie bei andern tatsächlichen Feststellungen gebunden. Eine selbständige Beweiswürdigung steht dem Bundesgericht inbezug auf solche Tatsachen nicht zu, handle es sich nun um Äusserungen des Erblassers, um Vermögensverhältnisse, um das persönliche Einvernehmen des Erblassers mit dem einen und dem andern Erben, oder um andere Tatsachen. Insbesondere muss es bei der Beurteilung des Beweiswertes von Aussagen durch das kantonale Gericht sein Bewenden haben. Die Kritik der Beklagten an den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils - sie beharrt auf der Schlüssigkeit der Aussagen des Zeugen Schäffer, legt ihnen mehr Gewicht bei als den gegenteiligen Depositionen der Zeugen Dr. Burckhardt und Frau Höchle, bezeichnet die Aussage der Zeugin Rapp als "offensichtlich unrichtig" usw. - ist somit nicht zu hören. Das Bundesgericht muss die vom Appellationsgericht festgestellten äussern Tatsachen als solche hinnehmen und kann nur überprüfen, ob dieselben, im Zusammenhang mit dem Wortlaute der Testamentsurkunden, die von der Vorinstanz gezogenen Folgerungen über den wahren Testamentswillen bzw. über die Unmöglichkeit, diesen Willen zweifelsfrei zu ermitteln, zu rechtfertigen vermögen.
6. Unter diesem Gesichtspunkt erweist sich das angefochtene Urteil als einwandfrei. Es fällt allerdings auf, dass die Erblasserin die Aufhebung des frühern Testamentes im neuen nicht ausdrücklich verfügte, obwohl der Rechtsberater dies empfahl und sie auch über die materielle Unvereinbarkeit der beiden Testamente orientierte; ebenso, dass sie die frühere Verfügung - wiederum gegen den Rat von Notar Dr. Burckhardt - nicht vernichtete. Aber das kann auch auf Versehen und Vergesslichkeit der Testatorin beruhen. Sie hat ja, nach der Darstellung der Beklagten selbst (act. 2 S. 8/9), Dr. Burckhardt nach dem 4. Oktober 1950 nicht mehr konsultiert und in dem etwa 50 Tage später errichteten neuen Testament nicht nur den ersten Satz des Entwurfes des Notars weggelassen, sondern von sich aus einen weitern Satz beigefügt. Es ist also gewiss möglich, dass die damals 85-jährige Frau bei der Niederschrift nicht mehr an die Aufklärung und Empfehlung ihres Ratgebers dachte, nicht aber den Willen hatte, diesen Ratschlägen entgegen zu handeln. Ebenso kann das frühere Testament, das sie jedenfalls beim Notar zurückzog, um es zu vernichten (Zivilgericht S. 9), sehr wohl aus blossem Versehen erhalten geblieben und in die Hände der Beklagten geraten sein, falls diese nicht, wie die Vorinstanz annimmt (S. 7), schon von früher her ein zweites Exemplar besass.
Ist somit ein auf Weitergeltung des frühern Testamentes neben dem neuen gehender Wille der Erblasserin keineswegs erwiesen, sondern nur als möglich zu erachten, so schliessen die von der Vorinstanz - wie dargetan, in massgebender Weise - festgestellten Gegenindizien eine solche Annahme vollends aus: die Aufklärung durch den Notar, die es unwahrscheinlich macht, dass die Erblasserin, die ja Erbstreitigkeiten ausschalten wollte, zwei miteinander rechtlich nicht vereinbare Verfügungen nebeneinander bestehen lassen wollte; der Rückzug der frühern Verfügung in der Meinung, sie sei zu vernichten; die Aussagen Höchle und Rapp, wonach die Erblasserin das erste Testament durch das zweite ersetzen wollte; die Aussage Höchle, wonach sie auch einen Grund hatte, eine neue, die Beklagte weniger begünstigende Verfügung zu treffen.
Demgegenüber wendet die Beklagte zu Unrecht ein, man dürfe die Widerlegung der in Art. 511 Abs. 1 ZGB aufgestellten Vermutung nicht allzu sehr erschweren, da schlechthin zweifelsfreie Fälle kaum denkbar seien. Das Gesetz lässt nicht blosse Glaubhaftmachung genügen, sondern will nur einen "zweifellos" sich ergebenden Ergänzungswillen berücksichtigen (wie er in BGE 79 II 36 ff., besonders S. 43, vorlag). Übrigens würde es hier auch an einer Glaubhaftmachung fehlen, da es mit grösserer Wahrscheinlichkeit in der Absicht der Erblasserin lag, das frühere Testament durch das neue zu ersetzen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Urteil des Appellationsgerichtes des Kantons Basel-Stadt vom 6. Juli 1956 bestätigt.
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de
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1. Ein neueres Testament gilt vermutungsweise unter Ausschluss früherer Testamente (Art. 511 Abs. 1 ZGB). Tragweite dieser Vermutung (Erw. 2). 2. Gegengründe können sich aus den Testamentsurkunden selbst, nach Wortlaut oder Sinn, ergeben (Erw. 3).
3. Ferner fallen ausserhalb dieser Urkunden liegende Beweiselemente in Betracht (Erw. 4). Die positiven und negativen Feststellungen des kantonalen Urteils über indizierende Tatsachen sind für das Bundesgericht im Sinne von Art. 63 Abs. 2 OG verbindlich (Erw. 5). Rechtliche Würdigung der Tatsachen (Erw. 5 i.f. und 6).
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82 II 513
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82 II 513
Sachverhalt ab Seite 513
A.- Die am 21. Juli 1953 verstorbene Witwe Maria Meinel-Grünewald, geboren 1865, mit letztem Wohnsitz in Basel, hinterliess als alleinige Erben ihre Tochter Emilie Tschirky-Meinel (Beklagte) und ihr Grosskind Lotti BurlaSchmitz, Tochter der verstorbenen Frau Ida SchmitzMeinel (Klägerin). In ihrem Nachlass befanden sich zwei eigenhändige letztwillige Verfügungen. Die erste, vom 3. Mai 1944, lautet:
"Eigenhändiges Testament.
Meine früheren letztwilligen Verfügungen hebe ich hiemit auf: Da mir daran liegt, dass die Erbteilung über meinen Nachlass sich ohne Streitigkeiten abwickle und da die Zuwendungen an meine Grosstochter Frau Lotti Burla-Schmitz überwiegen, bestimme ich wie folgt:
Alle Zuwendungen an meine Erben sind nicht ausgleichspflichtig. Meine Grosstochter Frau Lotti Burla-Schmitz soll nur ihren Pflichtteil erhalten und die dadurch freie Quote soll meiner Tochter Frau Emilie Tschirky-Meinel neben ihrem Erbteil zufallen."
Die zweite, vom 23. November 1950, hat folgenden Wortlaut:
"Testament.
Meiner Tochter Frau Wwe. Tschirky geb. Meinel vermache ich für ihre lange Witwenschaft mit kritischer Krankheit behaftet Fr. 15'000.-- fünfzehntausend Franken für ihre Gesundheit. Sofern zur Barauszahlung nicht genügend Barschaft vorhanden ist, soll zu ihren Gunsten eine verzinsliche Hypothek auf den den Miterben zufallenden Liegenschaften oder Liegenschaftsanteilen errichtet werden."
Das erste Testament war im Besitz der Wwe. Tschirky, während die Erblasserin das zweite bei Notar Dr. S. Burckhardt hinterlegt hatte. Dr. Burckhardt hatte sowohl 1944 wie 1950 die Testatorin beraten und die Verfügungen entworfen. Dabei formulierte er jedesmal die Bestimmung, die früheren Testamente würden aufgehoben. Die Erblasserin liess jedoch bei der Niederschrift der Verfügung vom 23. November 1950 diesen Satz weg.
B.- Frau Burla-Schmitz klagte gegen Witwe TschirkyMeinel auf Feststellung, dass das Testament von 1944 durch dasjenige von 1950 aufgehoben und daher der Nachlass gemäss den Anordnungen des letzteren zu teilen sei.
C.- Das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt hat die Klage gutgeheissen, ebenso das Appellationsgericht mit Urteil vom 6. Juli 1956.
D.- Mit vorliegender Berufung stellt die Beklagte das Begehren um Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils, Abweisung der Klage und Feststellung der Gültigkeit des Testamentes der Frau Witwe Maria Meinel-Grünewald vom 3. Mai 1944.
Die Klägerin beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die gültige Errichtung sowohl des einen wie des andern der beiden in Frage stehenden Testamente ist an und für sich unbestritten. Der Antrag der Beklagten zielt denn auch nicht etwa auf Gültigerklärung bloss des frühern, ihr die ganze verfügbare Quote des Nachlasses zuweisenden Testamentes. Sie will vielmehr dieses neben dem neuen Testament zur Geltung bringen, nimmt also den Standpunkt ein, das frühere sei durch das neue nicht ersetzt und damit aufgehoben, sondern ergänzt worden, so dass beide Testamente nebeneinander zu Recht bestehen. Demgegenüber lässt die Klägerin nur das neue Testament gelten, das der Beklagten lediglich ein Vorausvermächtnis von Fr. 15'000.-- und nicht mehr wie das frühere die ganze verfügbare Quote zuweist. Sie hält dafür, das neue Testament trete an die Stelle des frühern und habe dieses stillschweigend aufgehoben.
2. Dieser Standpunkt der Klägerin entspricht der sich aus Art. 511 Abs. 1 ZGB ergebenden Rechtsvermutung. Errichtet jemand, der bereits letztwillig verfügt hat, später ein neues Testament, so erhebt sich die Frage, ob die neue Verfügung zur frühern hinzutreten, diese also ergänzen und allenfalls einschränken oder sonstwie ändern solle, oder ob sie die frühere schlechthin ersetze, also nunmehr allein gelte. Während das französische und das deutsche Recht eine Vermutung im erstern Sinne aufstellen (vgl. Art. 1036 Code civil und § 2258 BGB), tritt nach schweizerischem ZGB die neue Verfügung vermutungsweise an die Stelle der frühern, wie nach § 713 des österreichischen ABGB. Immerhin erhebt Art. 511 Abs. 1 ZGB den Grundsatz der ausschliesslichen Geltung der neuen Verfügung nicht geradezu zum dispositiven Rechtssatze, der nur vor einem deutlich abweichenden Inhalte der neuen Verfügung zurückzutreten hätte (wie dies für die österreichische Rechtsordnung angenommen wird, vgl. KLANG, Ziff. IV, a, zu § 713 ABGB). Vielmehr kommt nach schweizerischem Recht eine der Vermutung entgegengesetzte Willensmeinung auch dann zur Geltung, wenn sie sich nicht aus der neuen Verfügung selbst ergibt. Das Gesetz berücksichtigt aber nur einen "zweifellos" auf blosse Ergänzung der frühern Verfügung gerichteten Willen des Testators, verlangt also zur Entkräftung der erwähnten Vermutung einen strikten Beweis.
3. Von diesen Grundsätzen geht das angefochtene Urteil zutreffend aus. Und es ist ihm in erster Linie darin beizustimmen, dass die neue Verfügung von 1950 weder ihrem Wortlaut noch ihrem Inhalte nach einen von der gesetzlichen Vermutung abweichenden Willen der Erblasserin erkennen lässt. Die neue Verfügung setzt zu Gunsten der Beklagten ein Summenvermächtnis aus, das sehr wohl als einzige Begünstigung, im Sinne eines Vorausvermächtnisses, bestehen kann. Dieses Vermächtnis setzt keineswegs voraus, dass die Klägerin vorerst auf den Pflichtteil gesetzt sei, wie dies das frühere Testament von 1944 bestimmt hatte. Ja, es erheben sich gegen eine Koexistenz, d.h. Kumulation der beiden Verfügungen Bedenken. Wäre die neue als blosse Ergänzung der frühern zu verstehen, wie dies die Beklagte behauptet, so hätte die Klägerin sich nicht nur mit ihrem Pflichtteil zu begnügen, sondern daraus überdies das Summenvermächtnis auszurichten, was sie natürlich wegen des ihr zukommenden Pflichtteilschutzes ablehnen könnte. Das erstinstanzliche Gericht spricht daher von einem klaren Widerspruch zwischen den beiden Verfügungen und nimmt schon deshalb an, die neue bestehe allein zu Recht. Das Appellationsgericht will zwar keinen eigentlichen Widerspruch bejahen - denn nach dem "an sich möglichen" Willen der Erblasserin könnten die beiden Zuwendungen an die Beklagte nebeneinander bestehen, sofern sich die derart benachteiligte Klägerin damit abfände -; doch sei es "wenig wahrscheinlich", dass die von einem Notar beratene Erblasserin, die ohnehin Streitigkeiten unter ihren Erben befürchtete, eine offenkundige Pflichtteilsverletzung habe anordnen wollen. In der Tat wäre eine dahingehende Willensmeinung der Erblasserin, wenn auch nicht unmöglich und widerspruchsvoll im eigentlichen Sinn des Wortes, so doch ungewöhnlich und dazu geeignet, Streit zu schaffen. Es kann nicht ohne weiteres angenommen werden, die Erblasserin habe eine solche Konfliktsituation herbeiführen wollen. Diese Überlegung verstärkt die nach der gleichen Richtung gehende gesetzliche Vermutung, die übrigens selbst dann gilt, wenn sich die beiden Verfügungen ohne jede Unstimmigkeit miteinander vereinigen liessen (vgl. ESCHER, 2. Aufl., N. 2 zu Art. 511; TUOR, 2. Aufl., N. 22 zu Art. 509-511 ZGB).
4. Die ausserhalb der Testamentsurkunden liegenden Beweiselemente vermögen nach der vorinstanzlichen Beweiswürdigung dieses Ergebnis nicht umzustossen. Das Appellationsgericht würdigt die eigenen Vorbringen der Beklagten dahin, dass sich die für und gegen ihre Auffassung sprechenden Momente ungefähr die Wage halten, so dass die gesetzliche Vermutung unentkräftet bleibe. Ein gewisses Indiz für blosse Ergänzungsabsicht sieht das Urteil darin, dass die Erblasserin, entgegen dem Rate des Notars, weder das frühere Testament ausdrücklich aufgehoben noch es vernichtet hat. Indessen findet das Urteil dafür verschiedene Erklärungen, z.B. dass die Erblasserin noch weiterhin in ihren Absichten schwankend gewesen wäre, oder dass ihr die Beklagte das bereits in Besitz genommene frühere Testament nicht mehr herausgegeben hätte. Die zugunsten der Beklagten lautende und von ihr als Hauptbeweis angerufene Aussage des Zeugen Albert Schäffer über Äusserungen der Testatorin hält das Appellationsgericht für unmassgeblich, sowohl hinsichtlich der Glaubwürdigkeit wie auch angesichts ihres nicht eindeutigen Inhaltes. Die Einvernahme weiterer Zeugen der Beklagten - ihrer Söhne - hat das Appellationsgericht abgelehnt, weil die selben am Prozessausgang interessiert sind und daher befangen sein würden. Anderseits bejaht das Gericht gewichtige Gründe für eine der gesetzlichen Vermutung entsprechende Willensmeinung. Es stellt vor allem auf die Aussagen des Beraters der Erblasserin, Notar Dr. S. Burckhardt, ab, denen infolge der amtlichen Funktion des Zeugen erhöhte Beweiskraft zukomme. Danach erhielt die Erblasserin vom Notar den Rat, die Beklagte durch ein Legat zu begünstigen, anstatt die Klägerin auf den Pflichtteil zu setzen; und die Erblasserin hatte die Absicht, diesen Rat zu befolgen, und war sich bewusst, dass nicht beide Testamente füglich nebeneinander bestehen konnten; sie zog das frühere, damals beim Notar liegende Testament zurück und liess nur das neue in seiner Verwahrung. Sodann hält das Appellationsgericht die Aussagen der Zeuginnen Höchle und Rapp auch bei vorsichtiger Würdigung nicht für unglaubhaft. Nach diesen Aussagen sei aber klarerweise das zweite Testament an die Stelle des ersten getreten. Das von Frau Höchle bezeugte Verhalten der Beklagten ergäbe auch ein genügendes Motiv für die allfällige Absicht der Erblasserin, mit dem neuen Testamente die Tochter (Beklagte) etwas schlechter zu stellen. Es stehe jedoch gar nicht fest, dass in der Vorstellung der Testatorin die Zuweisung eines Barlegates von Fr. 15'000.-- anstelle der verfügbaren Quote überhaupt eine ins Gewicht fallende Schlechterstellung bedeutet habe.
5. Die Beklagte bezeichnet dieses Beweisergebnis, wonach die von ihr gegen die gesetzliche Vermutung des Art. 511 Abs. 1 ZGB geltend gemachten Gründe nicht aufkommen, als unrichtig. Sie hält dafür, das Bundesgericht könne frei darüber befinden, und beruft sich auf BGE 79 II 40. Danach unterliegt freilich die Frage, ob der Wille des Erblassers auf Aufhebung oder blosse Ergänzung des frühern Testamentes gegangen sei, der bundesgerichtlichen Überprüfung. Damit ist jedoch nicht ausgesprochen, die Bindung des Bundesgerichtes an den in kantonaler Instanz festgestellten Tatbestand (Art. 63 Abs. 2 OG) gelte bei der Auslegung letztwilliger Verfügungen überhaupt nicht. Die Auslegung von Rechtsgeschäften ist zwar, ganz allgemein betrachtet, nicht blosse Tatfrage. Nach der grundlegenden Entscheidung vom 5. Oktober 1943 (BGE 69 II 319) ist zu unterscheiden zwischen der Auslegung von Erklärungen nach allgemeiner Lebenserfahrung und der Feststellung individueller Willensmeinungen. Bei letztwilligen Verfügungen handelt es sich um so weniger um blosse Tatsachenfeststellung, als sich die Frage nach dem tatsächlichen "innern" Willen nicht von der Rechtsfrage trennen lässt, ob der ermittelte Wille auch einen genügenden formellen Ausdruck im Testament gefunden habe. Davon geht das von der Beklagten angerufene Urteil aus, wie denn ein zwar als vorhanden nachgewiesener, aber im Testamente nicht irgendwie, und wäre es auch in ungeschickter Weise, ausgesprochener Wille infolge der Formbedürftigkeit letztwilliger Verfügungen ausser Betracht bleiben muss (BGE 69 II 383 Mitte). Sobald aber äussere Tatsachen zur Ermittlung des wahren Sinnes testamentarischer Verfügungen herangezogen werden, richtet sich deren Feststellung nach den gewöhnlichen Regeln und ist Sache der Beweiswürdigung durch die kantonalen Gerichte. In dieser Hinsicht ist das Bundesgericht an die im kantonalen Urteil enthaltenen Beweisergebnisse ebenso wie bei andern tatsächlichen Feststellungen gebunden. Eine selbständige Beweiswürdigung steht dem Bundesgericht inbezug auf solche Tatsachen nicht zu, handle es sich nun um Äusserungen des Erblassers, um Vermögensverhältnisse, um das persönliche Einvernehmen des Erblassers mit dem einen und dem andern Erben, oder um andere Tatsachen. Insbesondere muss es bei der Beurteilung des Beweiswertes von Aussagen durch das kantonale Gericht sein Bewenden haben. Die Kritik der Beklagten an den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils - sie beharrt auf der Schlüssigkeit der Aussagen des Zeugen Schäffer, legt ihnen mehr Gewicht bei als den gegenteiligen Depositionen der Zeugen Dr. Burckhardt und Frau Höchle, bezeichnet die Aussage der Zeugin Rapp als "offensichtlich unrichtig" usw. - ist somit nicht zu hören. Das Bundesgericht muss die vom Appellationsgericht festgestellten äussern Tatsachen als solche hinnehmen und kann nur überprüfen, ob dieselben, im Zusammenhang mit dem Wortlaute der Testamentsurkunden, die von der Vorinstanz gezogenen Folgerungen über den wahren Testamentswillen bzw. über die Unmöglichkeit, diesen Willen zweifelsfrei zu ermitteln, zu rechtfertigen vermögen.
6. Unter diesem Gesichtspunkt erweist sich das angefochtene Urteil als einwandfrei. Es fällt allerdings auf, dass die Erblasserin die Aufhebung des frühern Testamentes im neuen nicht ausdrücklich verfügte, obwohl der Rechtsberater dies empfahl und sie auch über die materielle Unvereinbarkeit der beiden Testamente orientierte; ebenso, dass sie die frühere Verfügung - wiederum gegen den Rat von Notar Dr. Burckhardt - nicht vernichtete. Aber das kann auch auf Versehen und Vergesslichkeit der Testatorin beruhen. Sie hat ja, nach der Darstellung der Beklagten selbst (act. 2 S. 8/9), Dr. Burckhardt nach dem 4. Oktober 1950 nicht mehr konsultiert und in dem etwa 50 Tage später errichteten neuen Testament nicht nur den ersten Satz des Entwurfes des Notars weggelassen, sondern von sich aus einen weitern Satz beigefügt. Es ist also gewiss möglich, dass die damals 85-jährige Frau bei der Niederschrift nicht mehr an die Aufklärung und Empfehlung ihres Ratgebers dachte, nicht aber den Willen hatte, diesen Ratschlägen entgegen zu handeln. Ebenso kann das frühere Testament, das sie jedenfalls beim Notar zurückzog, um es zu vernichten (Zivilgericht S. 9), sehr wohl aus blossem Versehen erhalten geblieben und in die Hände der Beklagten geraten sein, falls diese nicht, wie die Vorinstanz annimmt (S. 7), schon von früher her ein zweites Exemplar besass.
Ist somit ein auf Weitergeltung des frühern Testamentes neben dem neuen gehender Wille der Erblasserin keineswegs erwiesen, sondern nur als möglich zu erachten, so schliessen die von der Vorinstanz - wie dargetan, in massgebender Weise - festgestellten Gegenindizien eine solche Annahme vollends aus: die Aufklärung durch den Notar, die es unwahrscheinlich macht, dass die Erblasserin, die ja Erbstreitigkeiten ausschalten wollte, zwei miteinander rechtlich nicht vereinbare Verfügungen nebeneinander bestehen lassen wollte; der Rückzug der frühern Verfügung in der Meinung, sie sei zu vernichten; die Aussagen Höchle und Rapp, wonach die Erblasserin das erste Testament durch das zweite ersetzen wollte; die Aussage Höchle, wonach sie auch einen Grund hatte, eine neue, die Beklagte weniger begünstigende Verfügung zu treffen.
Demgegenüber wendet die Beklagte zu Unrecht ein, man dürfe die Widerlegung der in Art. 511 Abs. 1 ZGB aufgestellten Vermutung nicht allzu sehr erschweren, da schlechthin zweifelsfreie Fälle kaum denkbar seien. Das Gesetz lässt nicht blosse Glaubhaftmachung genügen, sondern will nur einen "zweifellos" sich ergebenden Ergänzungswillen berücksichtigen (wie er in BGE 79 II 36 ff., besonders S. 43, vorlag). Übrigens würde es hier auch an einer Glaubhaftmachung fehlen, da es mit grösserer Wahrscheinlichkeit in der Absicht der Erblasserin lag, das frühere Testament durch das neue zu ersetzen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Urteil des Appellationsgerichtes des Kantons Basel-Stadt vom 6. Juli 1956 bestätigt.
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1. Un nouveau testament est présumé exclure des testaments plus anciens (art. 511 al. 1 CC). Portée de cette présomption (consid. 2). 2. Des raisons d'admettre le contraire peuvent résulter du testament lui-même, de sa lettre ou de son sens (consid. 3).
3. Entrent de plus en ligne de compte les éléments de preuve extrinsèques à l'acte (consid. 4). Les constatations positives et négatives de l'arrêt cantonal relativement à des indices lient le Tribunal fédéral, conformément à l'art. 63 al. 2 OJ (consid. 5). Appréciation juridique des faits (consid. 5 in fine et 6).
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82 II 513
Sachverhalt ab Seite 513
A.- Die am 21. Juli 1953 verstorbene Witwe Maria Meinel-Grünewald, geboren 1865, mit letztem Wohnsitz in Basel, hinterliess als alleinige Erben ihre Tochter Emilie Tschirky-Meinel (Beklagte) und ihr Grosskind Lotti BurlaSchmitz, Tochter der verstorbenen Frau Ida SchmitzMeinel (Klägerin). In ihrem Nachlass befanden sich zwei eigenhändige letztwillige Verfügungen. Die erste, vom 3. Mai 1944, lautet:
"Eigenhändiges Testament.
Meine früheren letztwilligen Verfügungen hebe ich hiemit auf: Da mir daran liegt, dass die Erbteilung über meinen Nachlass sich ohne Streitigkeiten abwickle und da die Zuwendungen an meine Grosstochter Frau Lotti Burla-Schmitz überwiegen, bestimme ich wie folgt:
Alle Zuwendungen an meine Erben sind nicht ausgleichspflichtig. Meine Grosstochter Frau Lotti Burla-Schmitz soll nur ihren Pflichtteil erhalten und die dadurch freie Quote soll meiner Tochter Frau Emilie Tschirky-Meinel neben ihrem Erbteil zufallen."
Die zweite, vom 23. November 1950, hat folgenden Wortlaut:
"Testament.
Meiner Tochter Frau Wwe. Tschirky geb. Meinel vermache ich für ihre lange Witwenschaft mit kritischer Krankheit behaftet Fr. 15'000.-- fünfzehntausend Franken für ihre Gesundheit. Sofern zur Barauszahlung nicht genügend Barschaft vorhanden ist, soll zu ihren Gunsten eine verzinsliche Hypothek auf den den Miterben zufallenden Liegenschaften oder Liegenschaftsanteilen errichtet werden."
Das erste Testament war im Besitz der Wwe. Tschirky, während die Erblasserin das zweite bei Notar Dr. S. Burckhardt hinterlegt hatte. Dr. Burckhardt hatte sowohl 1944 wie 1950 die Testatorin beraten und die Verfügungen entworfen. Dabei formulierte er jedesmal die Bestimmung, die früheren Testamente würden aufgehoben. Die Erblasserin liess jedoch bei der Niederschrift der Verfügung vom 23. November 1950 diesen Satz weg.
B.- Frau Burla-Schmitz klagte gegen Witwe TschirkyMeinel auf Feststellung, dass das Testament von 1944 durch dasjenige von 1950 aufgehoben und daher der Nachlass gemäss den Anordnungen des letzteren zu teilen sei.
C.- Das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt hat die Klage gutgeheissen, ebenso das Appellationsgericht mit Urteil vom 6. Juli 1956.
D.- Mit vorliegender Berufung stellt die Beklagte das Begehren um Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils, Abweisung der Klage und Feststellung der Gültigkeit des Testamentes der Frau Witwe Maria Meinel-Grünewald vom 3. Mai 1944.
Die Klägerin beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die gültige Errichtung sowohl des einen wie des andern der beiden in Frage stehenden Testamente ist an und für sich unbestritten. Der Antrag der Beklagten zielt denn auch nicht etwa auf Gültigerklärung bloss des frühern, ihr die ganze verfügbare Quote des Nachlasses zuweisenden Testamentes. Sie will vielmehr dieses neben dem neuen Testament zur Geltung bringen, nimmt also den Standpunkt ein, das frühere sei durch das neue nicht ersetzt und damit aufgehoben, sondern ergänzt worden, so dass beide Testamente nebeneinander zu Recht bestehen. Demgegenüber lässt die Klägerin nur das neue Testament gelten, das der Beklagten lediglich ein Vorausvermächtnis von Fr. 15'000.-- und nicht mehr wie das frühere die ganze verfügbare Quote zuweist. Sie hält dafür, das neue Testament trete an die Stelle des frühern und habe dieses stillschweigend aufgehoben.
2. Dieser Standpunkt der Klägerin entspricht der sich aus Art. 511 Abs. 1 ZGB ergebenden Rechtsvermutung. Errichtet jemand, der bereits letztwillig verfügt hat, später ein neues Testament, so erhebt sich die Frage, ob die neue Verfügung zur frühern hinzutreten, diese also ergänzen und allenfalls einschränken oder sonstwie ändern solle, oder ob sie die frühere schlechthin ersetze, also nunmehr allein gelte. Während das französische und das deutsche Recht eine Vermutung im erstern Sinne aufstellen (vgl. Art. 1036 Code civil und § 2258 BGB), tritt nach schweizerischem ZGB die neue Verfügung vermutungsweise an die Stelle der frühern, wie nach § 713 des österreichischen ABGB. Immerhin erhebt Art. 511 Abs. 1 ZGB den Grundsatz der ausschliesslichen Geltung der neuen Verfügung nicht geradezu zum dispositiven Rechtssatze, der nur vor einem deutlich abweichenden Inhalte der neuen Verfügung zurückzutreten hätte (wie dies für die österreichische Rechtsordnung angenommen wird, vgl. KLANG, Ziff. IV, a, zu § 713 ABGB). Vielmehr kommt nach schweizerischem Recht eine der Vermutung entgegengesetzte Willensmeinung auch dann zur Geltung, wenn sie sich nicht aus der neuen Verfügung selbst ergibt. Das Gesetz berücksichtigt aber nur einen "zweifellos" auf blosse Ergänzung der frühern Verfügung gerichteten Willen des Testators, verlangt also zur Entkräftung der erwähnten Vermutung einen strikten Beweis.
3. Von diesen Grundsätzen geht das angefochtene Urteil zutreffend aus. Und es ist ihm in erster Linie darin beizustimmen, dass die neue Verfügung von 1950 weder ihrem Wortlaut noch ihrem Inhalte nach einen von der gesetzlichen Vermutung abweichenden Willen der Erblasserin erkennen lässt. Die neue Verfügung setzt zu Gunsten der Beklagten ein Summenvermächtnis aus, das sehr wohl als einzige Begünstigung, im Sinne eines Vorausvermächtnisses, bestehen kann. Dieses Vermächtnis setzt keineswegs voraus, dass die Klägerin vorerst auf den Pflichtteil gesetzt sei, wie dies das frühere Testament von 1944 bestimmt hatte. Ja, es erheben sich gegen eine Koexistenz, d.h. Kumulation der beiden Verfügungen Bedenken. Wäre die neue als blosse Ergänzung der frühern zu verstehen, wie dies die Beklagte behauptet, so hätte die Klägerin sich nicht nur mit ihrem Pflichtteil zu begnügen, sondern daraus überdies das Summenvermächtnis auszurichten, was sie natürlich wegen des ihr zukommenden Pflichtteilschutzes ablehnen könnte. Das erstinstanzliche Gericht spricht daher von einem klaren Widerspruch zwischen den beiden Verfügungen und nimmt schon deshalb an, die neue bestehe allein zu Recht. Das Appellationsgericht will zwar keinen eigentlichen Widerspruch bejahen - denn nach dem "an sich möglichen" Willen der Erblasserin könnten die beiden Zuwendungen an die Beklagte nebeneinander bestehen, sofern sich die derart benachteiligte Klägerin damit abfände -; doch sei es "wenig wahrscheinlich", dass die von einem Notar beratene Erblasserin, die ohnehin Streitigkeiten unter ihren Erben befürchtete, eine offenkundige Pflichtteilsverletzung habe anordnen wollen. In der Tat wäre eine dahingehende Willensmeinung der Erblasserin, wenn auch nicht unmöglich und widerspruchsvoll im eigentlichen Sinn des Wortes, so doch ungewöhnlich und dazu geeignet, Streit zu schaffen. Es kann nicht ohne weiteres angenommen werden, die Erblasserin habe eine solche Konfliktsituation herbeiführen wollen. Diese Überlegung verstärkt die nach der gleichen Richtung gehende gesetzliche Vermutung, die übrigens selbst dann gilt, wenn sich die beiden Verfügungen ohne jede Unstimmigkeit miteinander vereinigen liessen (vgl. ESCHER, 2. Aufl., N. 2 zu Art. 511; TUOR, 2. Aufl., N. 22 zu Art. 509-511 ZGB).
4. Die ausserhalb der Testamentsurkunden liegenden Beweiselemente vermögen nach der vorinstanzlichen Beweiswürdigung dieses Ergebnis nicht umzustossen. Das Appellationsgericht würdigt die eigenen Vorbringen der Beklagten dahin, dass sich die für und gegen ihre Auffassung sprechenden Momente ungefähr die Wage halten, so dass die gesetzliche Vermutung unentkräftet bleibe. Ein gewisses Indiz für blosse Ergänzungsabsicht sieht das Urteil darin, dass die Erblasserin, entgegen dem Rate des Notars, weder das frühere Testament ausdrücklich aufgehoben noch es vernichtet hat. Indessen findet das Urteil dafür verschiedene Erklärungen, z.B. dass die Erblasserin noch weiterhin in ihren Absichten schwankend gewesen wäre, oder dass ihr die Beklagte das bereits in Besitz genommene frühere Testament nicht mehr herausgegeben hätte. Die zugunsten der Beklagten lautende und von ihr als Hauptbeweis angerufene Aussage des Zeugen Albert Schäffer über Äusserungen der Testatorin hält das Appellationsgericht für unmassgeblich, sowohl hinsichtlich der Glaubwürdigkeit wie auch angesichts ihres nicht eindeutigen Inhaltes. Die Einvernahme weiterer Zeugen der Beklagten - ihrer Söhne - hat das Appellationsgericht abgelehnt, weil die selben am Prozessausgang interessiert sind und daher befangen sein würden. Anderseits bejaht das Gericht gewichtige Gründe für eine der gesetzlichen Vermutung entsprechende Willensmeinung. Es stellt vor allem auf die Aussagen des Beraters der Erblasserin, Notar Dr. S. Burckhardt, ab, denen infolge der amtlichen Funktion des Zeugen erhöhte Beweiskraft zukomme. Danach erhielt die Erblasserin vom Notar den Rat, die Beklagte durch ein Legat zu begünstigen, anstatt die Klägerin auf den Pflichtteil zu setzen; und die Erblasserin hatte die Absicht, diesen Rat zu befolgen, und war sich bewusst, dass nicht beide Testamente füglich nebeneinander bestehen konnten; sie zog das frühere, damals beim Notar liegende Testament zurück und liess nur das neue in seiner Verwahrung. Sodann hält das Appellationsgericht die Aussagen der Zeuginnen Höchle und Rapp auch bei vorsichtiger Würdigung nicht für unglaubhaft. Nach diesen Aussagen sei aber klarerweise das zweite Testament an die Stelle des ersten getreten. Das von Frau Höchle bezeugte Verhalten der Beklagten ergäbe auch ein genügendes Motiv für die allfällige Absicht der Erblasserin, mit dem neuen Testamente die Tochter (Beklagte) etwas schlechter zu stellen. Es stehe jedoch gar nicht fest, dass in der Vorstellung der Testatorin die Zuweisung eines Barlegates von Fr. 15'000.-- anstelle der verfügbaren Quote überhaupt eine ins Gewicht fallende Schlechterstellung bedeutet habe.
5. Die Beklagte bezeichnet dieses Beweisergebnis, wonach die von ihr gegen die gesetzliche Vermutung des Art. 511 Abs. 1 ZGB geltend gemachten Gründe nicht aufkommen, als unrichtig. Sie hält dafür, das Bundesgericht könne frei darüber befinden, und beruft sich auf BGE 79 II 40. Danach unterliegt freilich die Frage, ob der Wille des Erblassers auf Aufhebung oder blosse Ergänzung des frühern Testamentes gegangen sei, der bundesgerichtlichen Überprüfung. Damit ist jedoch nicht ausgesprochen, die Bindung des Bundesgerichtes an den in kantonaler Instanz festgestellten Tatbestand (Art. 63 Abs. 2 OG) gelte bei der Auslegung letztwilliger Verfügungen überhaupt nicht. Die Auslegung von Rechtsgeschäften ist zwar, ganz allgemein betrachtet, nicht blosse Tatfrage. Nach der grundlegenden Entscheidung vom 5. Oktober 1943 (BGE 69 II 319) ist zu unterscheiden zwischen der Auslegung von Erklärungen nach allgemeiner Lebenserfahrung und der Feststellung individueller Willensmeinungen. Bei letztwilligen Verfügungen handelt es sich um so weniger um blosse Tatsachenfeststellung, als sich die Frage nach dem tatsächlichen "innern" Willen nicht von der Rechtsfrage trennen lässt, ob der ermittelte Wille auch einen genügenden formellen Ausdruck im Testament gefunden habe. Davon geht das von der Beklagten angerufene Urteil aus, wie denn ein zwar als vorhanden nachgewiesener, aber im Testamente nicht irgendwie, und wäre es auch in ungeschickter Weise, ausgesprochener Wille infolge der Formbedürftigkeit letztwilliger Verfügungen ausser Betracht bleiben muss (BGE 69 II 383 Mitte). Sobald aber äussere Tatsachen zur Ermittlung des wahren Sinnes testamentarischer Verfügungen herangezogen werden, richtet sich deren Feststellung nach den gewöhnlichen Regeln und ist Sache der Beweiswürdigung durch die kantonalen Gerichte. In dieser Hinsicht ist das Bundesgericht an die im kantonalen Urteil enthaltenen Beweisergebnisse ebenso wie bei andern tatsächlichen Feststellungen gebunden. Eine selbständige Beweiswürdigung steht dem Bundesgericht inbezug auf solche Tatsachen nicht zu, handle es sich nun um Äusserungen des Erblassers, um Vermögensverhältnisse, um das persönliche Einvernehmen des Erblassers mit dem einen und dem andern Erben, oder um andere Tatsachen. Insbesondere muss es bei der Beurteilung des Beweiswertes von Aussagen durch das kantonale Gericht sein Bewenden haben. Die Kritik der Beklagten an den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils - sie beharrt auf der Schlüssigkeit der Aussagen des Zeugen Schäffer, legt ihnen mehr Gewicht bei als den gegenteiligen Depositionen der Zeugen Dr. Burckhardt und Frau Höchle, bezeichnet die Aussage der Zeugin Rapp als "offensichtlich unrichtig" usw. - ist somit nicht zu hören. Das Bundesgericht muss die vom Appellationsgericht festgestellten äussern Tatsachen als solche hinnehmen und kann nur überprüfen, ob dieselben, im Zusammenhang mit dem Wortlaute der Testamentsurkunden, die von der Vorinstanz gezogenen Folgerungen über den wahren Testamentswillen bzw. über die Unmöglichkeit, diesen Willen zweifelsfrei zu ermitteln, zu rechtfertigen vermögen.
6. Unter diesem Gesichtspunkt erweist sich das angefochtene Urteil als einwandfrei. Es fällt allerdings auf, dass die Erblasserin die Aufhebung des frühern Testamentes im neuen nicht ausdrücklich verfügte, obwohl der Rechtsberater dies empfahl und sie auch über die materielle Unvereinbarkeit der beiden Testamente orientierte; ebenso, dass sie die frühere Verfügung - wiederum gegen den Rat von Notar Dr. Burckhardt - nicht vernichtete. Aber das kann auch auf Versehen und Vergesslichkeit der Testatorin beruhen. Sie hat ja, nach der Darstellung der Beklagten selbst (act. 2 S. 8/9), Dr. Burckhardt nach dem 4. Oktober 1950 nicht mehr konsultiert und in dem etwa 50 Tage später errichteten neuen Testament nicht nur den ersten Satz des Entwurfes des Notars weggelassen, sondern von sich aus einen weitern Satz beigefügt. Es ist also gewiss möglich, dass die damals 85-jährige Frau bei der Niederschrift nicht mehr an die Aufklärung und Empfehlung ihres Ratgebers dachte, nicht aber den Willen hatte, diesen Ratschlägen entgegen zu handeln. Ebenso kann das frühere Testament, das sie jedenfalls beim Notar zurückzog, um es zu vernichten (Zivilgericht S. 9), sehr wohl aus blossem Versehen erhalten geblieben und in die Hände der Beklagten geraten sein, falls diese nicht, wie die Vorinstanz annimmt (S. 7), schon von früher her ein zweites Exemplar besass.
Ist somit ein auf Weitergeltung des frühern Testamentes neben dem neuen gehender Wille der Erblasserin keineswegs erwiesen, sondern nur als möglich zu erachten, so schliessen die von der Vorinstanz - wie dargetan, in massgebender Weise - festgestellten Gegenindizien eine solche Annahme vollends aus: die Aufklärung durch den Notar, die es unwahrscheinlich macht, dass die Erblasserin, die ja Erbstreitigkeiten ausschalten wollte, zwei miteinander rechtlich nicht vereinbare Verfügungen nebeneinander bestehen lassen wollte; der Rückzug der frühern Verfügung in der Meinung, sie sei zu vernichten; die Aussagen Höchle und Rapp, wonach die Erblasserin das erste Testament durch das zweite ersetzen wollte; die Aussage Höchle, wonach sie auch einen Grund hatte, eine neue, die Beklagte weniger begünstigende Verfügung zu treffen.
Demgegenüber wendet die Beklagte zu Unrecht ein, man dürfe die Widerlegung der in Art. 511 Abs. 1 ZGB aufgestellten Vermutung nicht allzu sehr erschweren, da schlechthin zweifelsfreie Fälle kaum denkbar seien. Das Gesetz lässt nicht blosse Glaubhaftmachung genügen, sondern will nur einen "zweifellos" sich ergebenden Ergänzungswillen berücksichtigen (wie er in BGE 79 II 36 ff., besonders S. 43, vorlag). Übrigens würde es hier auch an einer Glaubhaftmachung fehlen, da es mit grösserer Wahrscheinlichkeit in der Absicht der Erblasserin lag, das frühere Testament durch das neue zu ersetzen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Urteil des Appellationsgerichtes des Kantons Basel-Stadt vom 6. Juli 1956 bestätigt.
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de
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1. Un nuovo testamento revoca presumibilmente i testamenti anteriori (art. 511 cp. 1 CC). Portata della presunzione (consid. 2). 2. Ragioni di ammettere il contrario possono risultare dalla lettera o dal senso del testamento stesso (consid. 3).
3. Va tenuto conto inoltre di elementi probatori estrinsechi all'atto (consid. 4). Gli accertamenti positivi e negativi della sentenza cantonale relativi ad indizi vincolano il Tribunale federale in conformità dell'art. 63 cp. 2 OG (consid. 5). Valutazione giuridica dei fatti (consid. 5 in fine e 6).
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it
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civil law
| 1,956 |
II
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