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83 I 294
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83 I 294
Sachverhalt ab Seite 295
Der Beschwerdeführer war Instruktionsoffizier. Als im Herbst 1956 die Wiederwahl der Bundesbeamten für die Amtsperiode 1957/59 fällig wurde, war eine militärgerichtliche Untersuchung gegen ihn hängig. Der Bundesrat wählte ihn deshalb für die neue Amtsperiode nur mit Vorbehalt wieder. In der Folge wurde der Beschwerdeführer vom Militärgericht verurteilt, worauf der Bundesrat gestützt auf jenen Vorbehalt beschloss, ihn mit sofortiger Wirkung aus dem Bundesdienst zu entlassen, und feststellte, dass die Entlassung eine selbstverschuldete im Sinne der Statuten der Versicherungskasse sei.
Gegen diese Verfügung erhebt X. "Disziplinarbeschwerde gemäss Art. 117 OG", unter Vorbehalt einer Klage nach Art. 110 daselbst.
Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Entscheid, durch den er mit sofortiger Wirkung entlassen wurde, spreche trotz seiner abweichenden Begründung eine Disziplinarstrafe aus und dürfe der richterlichen Überprüfung nicht entzogen werden. In der Tat hat das Bundesgericht in ständiger Praxis entschieden, dass die Entlassung eines Beamten wegen Dienstpflichtverletzungen sich als disziplinarische Massnahme darstellt und seiner Überprüfung unterliegt, auch wenn sie von der Verwaltung als Auflösung des Dienstverhältnisses aus wichtigen Gründen bezeichnet oder wenn sie auf andere Gründe gestützt wird, diese Motive aber nur vorgeschoben sind und der wirkliche Grund in Verletzungen der Dienstpflicht liegt (BGE 80 I 84, BGE 81 I 244).
Die gerichtliche Beurteilung ist auch dann garantiert, wenn die disziplinarische Entlassung vom Bundesrat verfügt wird. Art. 117 Abs. 1 OG erklärt die Disziplinarbeschwerde an das Bundesgericht allgemein als zulässig gegen Verfügungen, durch die ein Bundesbeamter während der Amtsdauer wegen Verletzung seiner Dienstpflichten entlassen oder in das provisorische Dienstverhältnis versetzt wird. Nicht in diesem Gesetz, sondern in den das Dienstverhältnis ordnenden Vorschriften ist bestimmt, welche Behörde im einzelnen Fall zuständig ist, die Entlassung zu verfügen, von welcher Verwaltungsinstanz also die Beschwerde ans Bundesgericht geht (Art. 33 BtG; Botschaft des Bundesrates vom 27. März 1925 zum VDG, BBl 1925 II S. 257). Der Bundesrat leitet hier mit Recht keine Einwendung gegen die Erhebung der Disziplinarbeschwerde daraus her, dass der angefochtene Entscheid von ihm erlassen wurde; denn er wäre zur disziplinarischen Entlassung zuständig gewesen (Art. 26 BO I).
2. Der Antrag des Bundesrates auf Nichteintreten wird vielmehr damit begründet, dass sein Entscheid keine Disziplinarmassnahme sei; die Entlassung beruhe zwar ausschliesslich auf den durch das militärgerichtliche Urteil festgestellten Verfehlungen des Beschwerdeführers, sei aber nicht während der Amtsdauer erfolgt, weil der Beschwerdeführer infolge des an seine letzte Wiederwahl geknüpften Vorbehalts die Garantie der Amtsdauer nicht mehr genossen habe.
Gemäss Art. 117 OG unterliegen der Disziplinarbeschwerde nur Entlassungen während der Amtsdauer, und die zitierte Praxis des Bundesgerichts bezieht sich nur auf solche. Das brauchte in den einzelnen Urteilen nicht besonders gesagt zu werden, da es sich schon aus dem Gesetz ergibt. Dagegen kann die Nichtwiederwahl bei Ablauf der Amtsdauer nicht mit Disziplinarbeschwerde angefochten werden. Ihre grundsätzliche Verschiedenheit von der disziplinarischen Entlassung beruht auf dem Wesen der Amtsdauer und ist in der zitierten Botschaft (a.a.O., S. 256) ausdrücklich hervorgehoben worden: "Die Entlassung als Disziplinarstrafe ist zunächst scharf zu scheiden von der Nichtwiederwahl nach Ablauf der Amtsdauer. Es liegt im Begriff der Amtsdauer, dass bei jedem Ablauf derselben die Wahlbehörde frei ist, den Beamten wiederzuwählen oder nicht. An diesem Rechtszustand ändert die Tatsache nichts, dass aller Regel nach die Wiederwahl erfolgt; der Beamte hat doch keinen rechtlichen Anspruch darauf. Wird er also nach Ablauf der Amtsdauer nicht wiedergewählt, so steht ihm die Beschwerde ans Bundesgericht nicht zu.". Art. 117 OG schützt den Beamten nur im Genusse der Amtsdauer, nicht aber gegen Nicht- oder nur provisorische Wiederwahl nach deren Ablauf (nicht veröffentlichte Urteile vom 9. November 1951 i.S. Geiser, E. 5, und vom 8. März 1957 i.S. Osterwalder). Ist somit die Nichtwiederwahl als solche der Überprüfung durch das Bundesgericht entzogen, so können diesem doch allfällig daraus sich ergebende vermögensrechtliche Ansprüche des Beamten gegen den Bund oder eine seiner Versicherungskassen unterbreitet werden, nämlich mit der verwaltungsrechtlichen Klage nach Art. 110 OG. Auf diesem Wege kann es namentlich zur Beurteilung der Frage angerufen werden, ob die Nichtwiederwahl vom Beamten selbst verschuldet sei oder nicht. Zur Begründung eines solchen Selbstverschuldens genügen jedenfalls solche Verletzungen der Dienstpflicht, welche die disziplinarische Entlassung zu rechtfertigen vermocht hätten. Insofern kann also nicht gesagt werden, durch Verzicht auf die disziplinarische Entlassung und durch Nichtwiederwahl nach Ablauf der Amtsdauer umgehe die Verwaltung die richterliche Überprüfung.
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de
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Juridiction disciplinaire: 1. Le congédiement prononcé pendant la période administrative pour violation des devoirs de service peut faire l'objet d'un recours au Tribunal fédéral, même lorsqu'il émane du Conseil fédéral. Peu importe que la mesure ait été désignée comme peine disciplinaire ou non.
2. Le fonctionnaire qui n'a pas été réélu ou ne l'a été que provisoirement à la fin de la période administrative n'est pas recevable à recourir au Tribunal fédéral.
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constitutional law and administrative law and public international law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-I-294%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 I 294
Sachverhalt ab Seite 295
Der Beschwerdeführer war Instruktionsoffizier. Als im Herbst 1956 die Wiederwahl der Bundesbeamten für die Amtsperiode 1957/59 fällig wurde, war eine militärgerichtliche Untersuchung gegen ihn hängig. Der Bundesrat wählte ihn deshalb für die neue Amtsperiode nur mit Vorbehalt wieder. In der Folge wurde der Beschwerdeführer vom Militärgericht verurteilt, worauf der Bundesrat gestützt auf jenen Vorbehalt beschloss, ihn mit sofortiger Wirkung aus dem Bundesdienst zu entlassen, und feststellte, dass die Entlassung eine selbstverschuldete im Sinne der Statuten der Versicherungskasse sei.
Gegen diese Verfügung erhebt X. "Disziplinarbeschwerde gemäss Art. 117 OG", unter Vorbehalt einer Klage nach Art. 110 daselbst.
Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Entscheid, durch den er mit sofortiger Wirkung entlassen wurde, spreche trotz seiner abweichenden Begründung eine Disziplinarstrafe aus und dürfe der richterlichen Überprüfung nicht entzogen werden. In der Tat hat das Bundesgericht in ständiger Praxis entschieden, dass die Entlassung eines Beamten wegen Dienstpflichtverletzungen sich als disziplinarische Massnahme darstellt und seiner Überprüfung unterliegt, auch wenn sie von der Verwaltung als Auflösung des Dienstverhältnisses aus wichtigen Gründen bezeichnet oder wenn sie auf andere Gründe gestützt wird, diese Motive aber nur vorgeschoben sind und der wirkliche Grund in Verletzungen der Dienstpflicht liegt (BGE 80 I 84, BGE 81 I 244).
Die gerichtliche Beurteilung ist auch dann garantiert, wenn die disziplinarische Entlassung vom Bundesrat verfügt wird. Art. 117 Abs. 1 OG erklärt die Disziplinarbeschwerde an das Bundesgericht allgemein als zulässig gegen Verfügungen, durch die ein Bundesbeamter während der Amtsdauer wegen Verletzung seiner Dienstpflichten entlassen oder in das provisorische Dienstverhältnis versetzt wird. Nicht in diesem Gesetz, sondern in den das Dienstverhältnis ordnenden Vorschriften ist bestimmt, welche Behörde im einzelnen Fall zuständig ist, die Entlassung zu verfügen, von welcher Verwaltungsinstanz also die Beschwerde ans Bundesgericht geht (Art. 33 BtG; Botschaft des Bundesrates vom 27. März 1925 zum VDG, BBl 1925 II S. 257). Der Bundesrat leitet hier mit Recht keine Einwendung gegen die Erhebung der Disziplinarbeschwerde daraus her, dass der angefochtene Entscheid von ihm erlassen wurde; denn er wäre zur disziplinarischen Entlassung zuständig gewesen (Art. 26 BO I).
2. Der Antrag des Bundesrates auf Nichteintreten wird vielmehr damit begründet, dass sein Entscheid keine Disziplinarmassnahme sei; die Entlassung beruhe zwar ausschliesslich auf den durch das militärgerichtliche Urteil festgestellten Verfehlungen des Beschwerdeführers, sei aber nicht während der Amtsdauer erfolgt, weil der Beschwerdeführer infolge des an seine letzte Wiederwahl geknüpften Vorbehalts die Garantie der Amtsdauer nicht mehr genossen habe.
Gemäss Art. 117 OG unterliegen der Disziplinarbeschwerde nur Entlassungen während der Amtsdauer, und die zitierte Praxis des Bundesgerichts bezieht sich nur auf solche. Das brauchte in den einzelnen Urteilen nicht besonders gesagt zu werden, da es sich schon aus dem Gesetz ergibt. Dagegen kann die Nichtwiederwahl bei Ablauf der Amtsdauer nicht mit Disziplinarbeschwerde angefochten werden. Ihre grundsätzliche Verschiedenheit von der disziplinarischen Entlassung beruht auf dem Wesen der Amtsdauer und ist in der zitierten Botschaft (a.a.O., S. 256) ausdrücklich hervorgehoben worden: "Die Entlassung als Disziplinarstrafe ist zunächst scharf zu scheiden von der Nichtwiederwahl nach Ablauf der Amtsdauer. Es liegt im Begriff der Amtsdauer, dass bei jedem Ablauf derselben die Wahlbehörde frei ist, den Beamten wiederzuwählen oder nicht. An diesem Rechtszustand ändert die Tatsache nichts, dass aller Regel nach die Wiederwahl erfolgt; der Beamte hat doch keinen rechtlichen Anspruch darauf. Wird er also nach Ablauf der Amtsdauer nicht wiedergewählt, so steht ihm die Beschwerde ans Bundesgericht nicht zu.". Art. 117 OG schützt den Beamten nur im Genusse der Amtsdauer, nicht aber gegen Nicht- oder nur provisorische Wiederwahl nach deren Ablauf (nicht veröffentlichte Urteile vom 9. November 1951 i.S. Geiser, E. 5, und vom 8. März 1957 i.S. Osterwalder). Ist somit die Nichtwiederwahl als solche der Überprüfung durch das Bundesgericht entzogen, so können diesem doch allfällig daraus sich ergebende vermögensrechtliche Ansprüche des Beamten gegen den Bund oder eine seiner Versicherungskassen unterbreitet werden, nämlich mit der verwaltungsrechtlichen Klage nach Art. 110 OG. Auf diesem Wege kann es namentlich zur Beurteilung der Frage angerufen werden, ob die Nichtwiederwahl vom Beamten selbst verschuldet sei oder nicht. Zur Begründung eines solchen Selbstverschuldens genügen jedenfalls solche Verletzungen der Dienstpflicht, welche die disziplinarische Entlassung zu rechtfertigen vermocht hätten. Insofern kann also nicht gesagt werden, durch Verzicht auf die disziplinarische Entlassung und durch Nichtwiederwahl nach Ablauf der Amtsdauer umgehe die Verwaltung die richterliche Überprüfung.
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Giurisdizione disciplinare: 1. Il licenziamento pronunciato durante il periodo amministrativo per violazione dei doveri di servizio può formare oggetto di un ricorso al Tribunale federale, anche quando emana dal Consiglio federale. Poco importa se esso sia stato designato quale pena disciplinare.
2. Il funzionario che non é stato rieletto o lo é stato provvisoriamente alla fine del periodo amministrativo non ha qualità per interporre il ricorso al Tribunale federale.
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constitutional law and administrative law and public international law
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83 I 298
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83 I 298
Sachverhalt ab Seite 298
A.- Der Beschwerdeführer A. X., geb. 1901, hat an der ETH das Diplom eines Architekten erworben. Nach Abschluss des Studiums war er zunächst bei einer Bauunternehmung angestellt. Dann übernahm er die Leitung des Generalsekretariates des Aero-Clubs der Schweiz und betätigte sich als Fluglehrer in Schulen der Fliegertruppe. Am 25. August 1941 trat er als Angestellter des Bundes in das ständige Überwachungsgeschwader ein, das er vom 1. Januar 1946 an als Oberstleutnant kommandierte. Vom 15. Februar 1947 bis 2. April 1952 versah er, zunächst noch als Bundesangestellter, vom 1. Januar 1948 an als Bundesbeamter in der Stellung eines Instruktionsoffiziers, seit Ende 1948 als Oberst, den Posten des Militär- und Luftattachés bei der Schweizerischen Gesandtschaft in London, unter Minister T. Vom 2. April 1952 an war er wieder in der Schweiz tätig, als Instruktor der Fliegertruppe und seit Anfang 1954 als Sektionschef I bei der Abteilung für Flugwesen und Fliegerabwehr des eidg. Militärdepartements. Ab Anfang Dezember 1954 war er Militär- und Luftattaché bei der Schweizerischen Gesandtschaft in Washington und Ottawa, mit Sitz in Washington, wiederum unter Minister T.
Der Beschwerdeführer ist Aktionär der Bauunternehmung X. AG Der Betrieb wurde nach dem Tode des Gründers (1919) von der Witwe und später von den Söhnen A., B. und C. X. und der Tochter weitergeführt. A. X. gehört dem Verwaltungsrat seit 1939 an und besitzt einen Drittel des Aktienkapitals. C. X., dessen Verhältnis zu B. gespannt war, schied 1953 als Mitglied des Verwaltungsrates wie als Aktionär aus. Seither besteht der Verwaltungsrat aus den Brüdern A. und B. X. und ihrem Schwager. Geschäftsführer ist seit 1948 B. X.
Gegen Ende des Aktivdienstes machte der Beschwerdeführer, damals Major beim Überwachungsgeschwader, seinen Bruder C., der zu jener Zeit noch Geschäftsführer der Firma X. war, in Dübendorf mit dem Direktor der Militärflugplätze bekannt. In der Folge wurde die Bauunternehmung X. neben anderen eingeladen, für Bauarbeiten auf einem Militärflugplatz Offerte einzureichen. Sie erhielt einen Teil des Auftrages. Im Hinblick darauf richtete sie im Jahre 1948 dem Beschwerdeführer "für Auftragswerbung" Fr. 3000.-- aus.
B.- Seit 1949 hatte sich die Kriegstechnische Abteilung (KTA) des eidg. Militärdepartements näher mit der Frage der Beschaffung von Panzerwagen für die Armee zu befassen. Sie interessierte sich auch für den Panzer "Centurion", der in Grossbritannien vom Staate, dem Inhaber der Herstellungsrechte, und in dessen Auftrag von der Privatunternehmung Vickers-Armstrongs Ltd. (VA) fabriziert wird. Der Entscheid darüber, ob Wagen dieses Typs - sei es von einer der beiden staatlichen Fabriken, sei es von VA - ins Ausland geliefert werden können, steht den britischen Amtsstellen zu. Im Juni 1949 weilte eine Studienkommission der KTA in England. Bei ihren Besprechungen mit den dortigen Behörden war auch Attaché X. anwesend. Im Oktober 1949 beauftragte ihn die KTA, abzuklären, ob die britischen Amtsstellen sich mit einem Verkauf von Panzern an die Schweiz einverstanden erklären könnten, auf welchem Wege ein Gesuch für den Erwerb einiger Probefahrzeuge einzureichen wäre und ob über die voraussichtlichen Preise und Lieferfristen für solche Fahrzeuge und spätere Serienlieferungen schon etwas ausgesagt werden könne. Attaché X. führte den Auftrag aus und erstattete der KTA über seine Erhebungen Bericht. Er nahm im März 1950 an Unterredungen einer schweizerischen Militärmission mit den britischen Behörden teil.
Die VA unterhält in der Schweiz seit Jahren einen ständigen Vertreter, der die Verbindung mit den Kunden zu pflegen und die Firma über alles zu orientieren hat, was sie in ihrem Geschäftsbereich interessieren kann. Im August 1949 kündigte die VA dem bisherigen Inhaber des Postens auf Ende des Jahres. Auf der Suche nach einem Nachfolger wandte sich der Direktor ihrer Auslandverkaufsabteilung, Commander R., an Oberst X. Er lud ihn im Herbst 1949 zu einem Lunch ein und fragte ihn bei der Einnahme des Aperitifs, ob er eine geeignete Persönlichkeit nennen könne. Dabei umschrieb der Fragende die Anforderungen und erklärte, üblicherweise zahle die Firma ein kleines Fixum und beim Zustandekommen eines Geschäftes eine Provision. Der Beschwerdeführer antwortete, der einzige Milizoffizier der Panzerwaffe, den er in der in Betracht kommenden Gegend kenne, sei sein Bruder B.; Commander R. könne diesen ja einmal anfragen.
Oberst X. unterrichtete den Bruder B. über dieses Gespräch. B. X. liess sich am 24. November 1949 vom Verwaltungsrat der Firma X. ermächtigen, auf ein Angebot der Vertretung der VA einzugehen, wobei er erklärte, es würde die Abmachung gelten, "dass das ganze Fixum und die Hälfte der eventuellen Provision zugunsten der Firma gingen". Der Beschwerdeführer, dem das Protokoll der damaligen Sitzung des Verwaltungsrates zugestellt wurde, erhob keine Einwendungen. Die VA bestellte dann im Juni 1950 tatsächlich B. X. als Vertreter auf dem Gebiete der Waffenfabrikation. Es wurde vereinbart, dass die Höhe der Provision dem Agenten im Zeitpunkte der Offertstellung bekanntgegeben werde.
Die Verhandlungen der KTA mit den britischen Behörden über den Ankauf von Centurion-Panzern kamen nach längerem Unterbruch im Vorsommer 1952 wieder in Gang. In der Folge holte die KTA bei der VA, an die sie von den britischen Amtsstellen gewiesen wurde, eine erste Preisofferte ein. Darauf teilte die VA ihrem Agenten B. X. mit, dass seine Provision auf 1% festgesetzt werde. Nach Versuchen mit verschiedenen Typen von Panzerwagen entschlossen sich die Bundesbehörden, 100 Centurion-Tanks anzuschaffen. Mit Beschluss vom 25. März 1955 stimmte die Bundesversammlung der bezüglichen Vorlage zu und bewilligte den erforderlichen Kredit. Hierauf schloss die KTA den Kaufvertrag mit der VA über 100 Panzer Centurion ab, wozu gemäss einem Zusatzvertrage 10 Abschlepp-Panzer kamen. Der Gesamtpreis betrug £ 5'276,800, das Provisionsguthaben des B. X. demgemäss rund Fr. 650'000.--, wovon er bis zum 30. September 1956, nach Massgabe der Zahlungen der KTA an VA, rund Fr. 397'500 erhielt.
Nach dem Ausscheiden des C. X. aus der X. AG wurde der Gedanke einer Beteiligung der Gesellschaft an den Vergütungen der VA fallen gelassen. Im Herbst 1954 erwähnte B. X. gegenüber dem Beschwerdeführer, dass nun die Möglichkeit unerwartet hoher Provisionsbezüge bestehe, und bot ihm an, die Provisionen unter ihnen beiden zu teilen. Der Beschwerdeführer war damit einverstanden. Nachdem die Bundesversammlung die Panzervorlage verabschiedet hatte, forderte ihn B. X. auf, einen Vorschlag für die Aufteilung zu machen. Der Beschwerdeführer regte an, 2/3 B. und 1/3 ihm selbst zuzuteilen. B. X. stimmte zu und übermittelte dem Beschwerdeführer am 6. Juli 1955 eine "Bestätigung" zur Unterschrift. Oberst X. unterzeichnete das Schriftstück, sandte es indessen nicht zurück, weil eine Unterredung, die er auf Veranlassung des Bruders und dessen Steuerberaters mit Minister T. hatte, ihn bedenklich stimmte. B. X. wurde vom Beschwerdeführer über dieses Gespräch orientiert. Er hielt aber im folgenden Briefwechsel mit dem Bruder an der Auffassung fest, dass dieser seinen Teil erhalten müsse; er sprach von Ratenzahlungen, die weniger auffallen würden. Im Jahre 1956 überwies er "vorläufig" einen Betrag von Fr. 50'000.-- auf das Konto des Beschwerdeführers bei der X. AG Er teilte dies dem Beschwerdeführer mit, der darauf nicht antwortete.
C - Ein gegen den Beschwerdeführer wegen Verdachts des Amtsmissbrauches, der ungetreuen Amts- oder Geschäftsführung und der Annahme von Geschenken (Art. 312, 314, 159, 316 StGB) eingeleitetes gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren wurde von der Bundesanwaltschaft am 19. Januar 1957 mangels eines strafrechtlichen Tatbestandes eingestellt.
Darauf wurde gegen Oberst X. eine beamtenrechtliche Disziplinaruntersuchung durchgeführt. Durch Verfügung des eidg. Militärdepartements vom 8. Juni 1957 wurde er wegen schwerer Verletzung seiner Dienstpflichten, insbesondere wegen Missachtung des in Art. 26 BtG ausgesprochenen Verbotes der Annahme von Geschenken, mit sofortiger Wirkung disziplinarisch aus dem Bundesdienst entlassen (Dispositiv 1). Es wurde beigefügt, dass die Entlassung als selbstverschuldet im Sinne der Statuten der eidg. Versicherungskasse gelte, so dass der Entlassene nur Anspruch auf Rückerstattung der von ihm geleisteten Beiträge und Einkaufssummen ohne Zinsen habe (Dispositiv 2).
Geahndet wurden, als Verstösse gegen Art. 26 (eventuell Art. 24 oder 22) BtG, die Annahme des Versprechens auf indirekte Beteiligung an den Vergütungen der VA auf dem Wege über die Beteiligung der X. AG, die Zustimmung zum Versprechen des B. X. auf direkte Beteiligung an der Provision und die Entgegennahme eines Teilbetrages von Fr. 50'000.--; ferner, als Widerhandlung gegen Art. 15 BtG, die Nichteinholung der Ermächtigung der Behörde zur Tätigkeit als Mitglied des Verwaltungsrates der X. AG Wegen Verjährung (Art. 23 Abs. 3 BO I) wurden nicht geahndet der Verstoss gegen Art. 22 oder 24 BtG, der in der Vermittlung der Vertretung der VA für B. X. erblickt wurde, und der Verstoss gegen Art. 26 (eventuell Art. 24) BtG, den man in der Annahme einer Vergütung von Fr. 3000.-- im Zusammenhang mit den Bauarbeiten auf einem Militärflugplatz sah; doch wurden diese Tatbestände bei der Strafzumessung unter dem Gesichtspunkte des bisherigen Verhaltens des Beschuldigten gewürdigt (Art. 23 Abs. 2 BO I).
D.- Mit der vorliegenden Beschwerde beantragt A. X., Ziff. 1 und 2 der Disziplinarverfügung vom 8. Juni 1957 aufzuheben und ihm eine angemessene Entschädigung zuzusprechen, eventuell eine leichtere Disziplinarstrafe zu verhängen.
Er macht geltend, er habe beim Gespräch mit Commander R. im Herbst 1949 nicht in amtlicher Eigenschaft, sondern als Privatmann Auskunft erteilt. Er habe in der Angelegenheit der Panzerbeschaffung weder mit der VA zu verhandeln noch Einfluss auf die Entschlüsse der Bundesbehörden gehabt. Die Annahme einer Vergütung des Bruders B. für jene Auskunft falle daher nicht unter Art. 26 BtG. Auf keinen Fall habe der Beschwerdeführer sich vorsätzlich gegen diese Bestimmung vergangen; denn er habe in gutem Glauben angenommen, als Privatmann Auskunft gegeben zu haben. Auch die Treuepflicht gegenüber der Eidgenossenschaft habe er nicht verletzt. Er habe den Bund nicht geschädigt, so wenig wie sein Bruder, dessen Verhältnis zu VA übrigens allgemein bekannt gewesen sei.
Wenn auch das Verhalten des Beschwerdeführers ungehörig gewesen sei, so habe er sich doch keiner schweren oder fortgesetzten Dienstpflichtverletzungen schuldig gemacht. Es handle sich um einen einheitlichen Tatbestand. Wenn der Beschwerdeführer gefehlt habe, so sei es aus Gedankenlosigkeit und Passivität geschehen, nicht aber in der Absicht, sich an Heereslieferungen zu bereichern. Auf Grund voreiliger Mitteilungen aus dem Bundeshaus habe die Presse den Sachverhalt unrichtig dargestellt. Der Beschwerdeführer habe bisher seine Pflichten als Beamter und Offizier in untadeliger Weise erfüllt. Unter diesen Umständen sei die disziplinarische Entlassung nicht gerechtfertigt und gebühre dem Beschwerdeführer eine Entschädigung.
E.- Das eidg. Militärdepartement beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Soweit sich die Beschwerde gegen das die disziplinarische Entlassung anordnende Dispositiv 1 des angefochtenen Entscheides richtet, ist sie gemäss Art. 117 OG zulässig.
Das Dispositiv 2, welches die Auseinandersetzung mit der eidg. Versicherungskasse betrifft, ist nicht eine Verfügung, die mit Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden könnte. Streitigkeiten über Ansprüche auf Kassenleistungen beurteilt das Bundesgericht als einzige Instanz, nicht als Beschwerdeinstanz (Art. 110 OG); sie sind ihm durch direkte verwaltungsrechtliche Klage zu unterbreiten. Mit einer solchen hat man es hier nicht zu tun. Soweit die Beschwerde das Dispositiv 2 anficht, kann darauf nicht eingetreten werden.
2. Der Bundesbeamte, der absichtlich oder fahrlässig seine Dienstpflichten verletzt, ist disziplinarisch strafbar (Art. 30 Abs. 1 BtG). Versetzung in das provisorische Dienstverhältnis und disziplinarische Entlassung dürfen nach Art. 31 Abs. 4 BtG nur verfügt werden, wenn sich der Beamte "schwerer oder fortgesetzter Dienstpflichtverletzungen" schuldig gemacht hat. Diese Bestimmung ist nicht so zu verstehen, dass mehrere Dienstpflichtverletzungen erforderlich sind. Unter Umständen kann schon eine einmalige Verfehlung so schwer sein, dass sich die Versetzung ins Provisorium oder die disziplinarische Entlassung rechtfertigt. In diesem Sinne ist Art. 31 Abs. 4 BtG in der Rechtsprechung stets ausgelegt worden (BGE 76 I 257, BGE 81 I 246 Erw. 2).
3. B. X. hat in der Sitzung des Verwaltungsrates der X. AG vom 24. November 1949 versprochen, die Zuwendungen, die er als Vertreter der VA erhalten würde, mit jener zu teilen. Der Beschwerdeführer, dem damit eine indirekte Beteiligung nach Massgabe seines Aktienbesitzes in Aussicht gestellt war, hat nach Erhalt des Sitzungsprotokolls keine Einwendungen erhoben, also dem Versprechen des Bruders stillschweigend zugestimmt. Er hat sodann im Herbst 1954 die vom Bruder ihm allein angebotene direkte Beteiligung an den Provisionen aus dem Vertretungsverhältnis angenommen, in der Folge selbst einen bestimmten Verteilungsschlüssel vorgeschlagen und schliesslich, im Jahre 1956, die "vorläufige" Überweisung eines Provisionsanteils von Fr. 50'000.-- auf sein Konto bei der X. AG ohne Widerspruch hingenommen. Zum Versprechen des B. X., die X. AG zu beteiligen, mag die Absicht beigetragen haben, die Bedenken des C. X. gegen die Übernahme der Vertretung der VA durch jenen zu beschwichtigen; ferner ist möglich, dass ein Motiv der Bereitschaft des B. X., den Beschwerdeführer allein zu beteiligen, die Dankbarkeit für dessen Stellungnahme zugunsten des B. in der Auseinandersetzung mit C. X. war, und ausserdem mag das Verhalten des B. X. durch steuerliche Überlegungen mitbestimmt worden sein. Wenn nicht der einzige, so doch ein wesentlicher Grund der Beteiligung des Beschwerdeführers in der einen wie in der andern Form war indessen der Dienst, den er dem Bruder B. dadurch erwiesen hatte, dass er ihn gegenüber Commander R. im Herbst 1949 als eine zur Vertretung der VA geeignete Persönlichkeit genannt hatte.
4. Der Verdacht, der Beschwerdeführer habe strafbare Handlungen krimineller Natur gegen die Amts- und Berufspflicht begangen, hat sich als unbegründet erwiesen. Insbesondere hat sich der Beschwerdeführer mit der Beteiligung an den Vergütungen der VA nicht der passiven Bestechung gemäss Art. 315 oder der Geschenkannahme im Sinne des Art. 316 StGB schuldig gemacht. Er hat die ihm vom Bruder B. angebotenen Vorteile nicht für eine künftige (pflichtwidrige oder nicht pflichtwidrige) Amtshandlung entgegengenommen. Art. 26 BtG untersagt jedoch dem Bundesbeamten schlechthin, Geschenke oder sonstige Vorteile anzunehmen, "wenn dies im Hinblick auf seine amtliche Stellung geschieht". Eine Ausnahme kommt lediglich für bestimmte eingelebte Trinkgelder in Betracht (Botschaft des Bundesrates vom 18. Juli 1924, BBl 1924 III S. 101). Das Verbot des Art. 26 BtG geht über jene strafrechtlichen Deliktstatbestände hinaus (BGE 77 I 91); es erfasst insbesondere auch den Fall, wo der Beamte im Zusammenhang mit einem vergangenen dienstlichen Verhalten, nachträglich, sich einen Vorteil gewähren lässt. Das eidg. Militärdepartement vertritt in erster Linie die Auffassung, dass der Beschwerdeführer durch die Beteiligung an den Vergütungen der VA gegen Art. 26 BtG verstossen habe, weil er die damit honorierte Auskunft an Commander R. in amtlicher Eigenschaft erteilt habe. Über die Richtigkeit dieses Standpunktes lässt sich streiten, doch kann dahingestellt bleiben, ob er zutrifft.
5. Gemäss Art. 22 BtG hat der Bundesbeamte seine dienstlichen Obliegenheiten treu und gewissenhaft zu erfüllen und dabei alles zu tun, was die Interessen des Bundes fördert, und alles zu unterlassen, was sie beeinträchtigt. Diese Pflicht verletzt er namentlich auch dann, wenn er sich in irgend einer Weise an einer privaten Unternehmung, von der die Eidgenossenschaft Heeresmaterial bezieht, finanziell beteiligt. Das hat der Beschwerdeführer getan: Da er sich einen Anteil an den Vergütungen, welche die VA ihrem schweizerischen Vertreter im Falle des Verkaufs von Kriegsmaterial an die Eidgenossenschaft ausrichtet, hat einräumen lassen, war er am Abschluss von Geschäften zwischen der VA und dem Bund interessiert.
Dies war umsoweniger zulässig, als der Beschwerdeführer in Verwaltungszweigen mitgearbeitet hat, die mit der Beschaffung von Kriegsmaterial zu tun haben. So hatte er sich als Militärattaché in London gerade mit der Angelegenheit des Ankaufs von Centurion-Panzern, in der es schliesslich zu umfangreichen Lieferungen der VA an den Bund gekommen ist, zu befassen, und auch später, als Instruktor der Fliegertruppe und Sektionschef beim eidg. Militärdepartement und dann wiederum als Militärattaché in Washington, war er im Militärwesen des Bundes tätig. Durch Annahme der ihm von B. X. angetragenen Beteiligung hat er sich der Versuchung ausgesetzt, bei sich bietender Gelegenheit dem Interesse der VA vor demjenigen des Bundes, das er einzig zu wahren hatte, bewusst oder unbewusst den Vorzug zu geben. Eine solche Versuchung hätte angesichts seiner Stellung und seiner mannigfachen Beziehungen leicht an ihn herantreten können, und es ist ungewiss, ob die Bundesverwaltung, die über seine Beteiligung nicht orientiert war, sich durch geeignete Vorkehren hätte schützen können. Dass er in Fragen der Kriegsmaterialbeschaffung in Wirklichkeit keine Entscheidungsbefugnis hatte, ist von untergeordneter Bedeutung (vgl.BGE 77 I 92).
Ebensowenig ist entscheidend, dass er die Eidgenossenschaft durch seine Beteiligung an den Provisionen, auf die der Vertreter der VA einen vertraglichen Anspruch hatte, offenbar nicht am Vermögen geschädigt hat. Art. 22 BtG soll, wie Art. 26 daselbst, nicht nur Unregelmässigkeiten des Beamten verhindern, durch welche der Bund unmittelbar finanziell benachteiligt wird, sondern allgemein das Ansehen und die Autorität, deren der Staat im Verhältnis zu den Bürgern bedarf, vor Beeinträchtigung durch den Beamten schützen. Er untersagt dem Beamten auch eine zweideutige Haltung, welche die Interessen des Bundes bloss gefährdet; denn solches Verhalten ist geeignet, das Vertrauen des Bürgers in die Integrität der Beamtenschaft zu erschüttern und damit der Autorität des Staates zu schaden. Die Interessen des Bundes beeinträchtigt daher auch der Beamte, der sie dadurch gefährdet, dass er sich an die privaten Interessen eines Kriegsmateriallieferanten bindet, ohne seinen Vorgesetzten davon Kenntnis zu geben, wie es der Beschwerdeführer getan hat; dadurch wird das Ansehen und die Vertrauenswürdigkeit der Militärverwaltung und ihrer Beamten aufs Spiel gesetzt.
Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer durch seine Beteiligung an den Einkünften des Bruders B. aus der Vertretung der VA auf jeden Fall gegen Art. 22 BtG verstossen hat, was auch das eidg. Militärdepartement annimmt. Die Handlungsweise des Beschwerdeführers wäre in gleichem Masse pflichtwidrig, wenn er im Gespräch mit Commander R. den Bruder B. nicht genannt und dieser ihm die Beteiligung lediglich aus brüderlicher Zuneigung gewährt hätte. Daher braucht nicht geprüft zu werden, ob der Beschwerdeführer die Auskunft, welche für die Abtretung der Beteiligung eine Rolle gespielt hat, in amtlicher Eigenschaft erteilt, demgemäss den Vorteil "im Hinblick auf seine amtliche Stellung" erhalten und so auch gegen Art. 26 BtG verstossen habe.
6. Mit Recht betrachtet der Beschwerdeführer sein Verhalten in der Angelegenheit der Vergütungen der VA als einheitlichen Tatbestand. In der Tat besteht die Verfehlung darin, dass er in den Jahren 1949-1956 in der gleichen pflichtwidrigen Haltung verharrte, indem er immer wieder einer Beteiligung zugestimmt und schliesslich die "vorläufige" Überweisung eines Betrages von Fr. 50'000.-- hingenommen hat. Die einzelnen zeitlich auseinanderliegenden Handlungen und Unterlassungen sind Verstösse gegen dieselbe einheitliche Dienstpflicht und Ausdruck derselben fehlerhaften dienstlichen Gesinnung. Art. 23 Abs. 3 BO I, wonach die disziplinarische Ahndung zu unterbleiben hat, wenn die Verletzung der Dienstpflicht mehr als fünf Jahre zurückliegt, hindert daher nicht, dass der Beschwerdeführer für alle Teilhandlungen disziplinarisch bestraft wird; denn jene Frist hat erst mit dem Ende der einheitlichen Verfehlung zu laufen begonnen, gleichgültig ob ein "Dauerdelikt" oder ein "fortgesetztes" Delikt angenommen wird.
Ob man es mit einem "fortgesetzten" Delikt im Sinne von Art. 31 Abs. 4 BtG zu tun habe oder nicht, braucht auch für die Frage der Strafzumessung nicht entschieden zu werden, wenn die einheitliche Verfehlung schwer im Sinne der gleichen Bestimmung ist und für sich allein die disziplinarische Entlassung rechtfertigt.
7. Die Beteiligung des Beschwerdeführers an den Zuwendungen der VA stellt offensichtlich eine schwere Dienstpflichtverletzung dar. Dadurch wurden die Interessen des Bundes in hohem Masse gefährdet und das Vertrauen in die Verwaltung empfindlich geschwächt. Die Verfehlung hat eine gewisse Ähnlichkeit mit strafrechtlichen Tatbeständen (Art. 312 ff. StGB). Sie wiegt um so schwerer, als die Beteiligung des Beschwerdeführers sehr einträglich ist - die Überweisung von Fr. 50'000.-- war nur eine Anzahlung - und Lieferungen von Kriegsmaterial betrifft, die vom Schweizervolk grosse Opfer fordern. Die Beamten der auf diesem Gebiete zuständigen Verwaltungsabteilungen haben besonders sorgfältig auf Sauberkeit ihrer Haltung zu achten und schon den blossen Anschein, an der Berücksichtigung bestimmter Lieferfirmen persönlich interessiert zu sein, mit peinlicher Gewissenhaftigkeit zu vermeiden, namentlich wenn sie eine hohe Stellung bekleiden, wie sie der Beschwerdeführer eingenommen hat.
Auch subjektiv ist der Fall schwer. Der Beschwerdeführer hat vorsätzlich gehandelt; er hat der Beteiligung zugestimmt, sie also gewollt. Gewiss ist der Anstoss immer wieder von seinem Bruder B. ausgegangen; doch war der Beschwerdeführer als Beamter verpflichtet, die Angebote des Bruders zurückzuweisen. Wenn er seinerzeit die ganze Schwere seines Fehlers nicht eingesehen hat, so vermag ihn dies nicht zu entlasten. Er hatte zur Zeit, da B. X. erstmals eine Teilung der Vergütungen der VA vorgeschlagen hat, selber bei den Verhandlungen über die Beschaffung britischer Panzerwagen als Vertreter der Eidgenossenschaft mitzuwirken, und es konnte ihm schon damals nicht entgehen, dass mit umfangreichen Lieferungen der VA an den Bund zu rechnen war. Er hätte von Anfang an nach kurzer Überlegung sich Rechenschaft darüber geben müssen, dass seine Beteiligung an den Zuwendungen der VA aus dem Vertretungsverhältnis absolut unzulässig war. Besonders schwerwiegend ist, dass er sich auch durch die Unterredung mit Minister T. im Sommer 1955 von seiner disziplinwidrigen Haltung nicht hat abbringen lassen. Wenn auch der Inhalt des Gespräches von den Teilnehmern etwas verschieden dargestellt wird, so steht doch fest, dass der Beschwerdeführer damals gewarnt worden ist.
Dass es sich um eine Abmachung unter Brüdern handelt, spricht nicht zugunsten des Beschwerdeführers. Im Gegenteil bilden persönliche finanzielle Vorteile, die dem Beamten von einem Verwandten gewährt werden, für das Ansehen des Gemeinwesens eine erhöhte Gefahr, weil dann der Verdacht eines Missbrauches der amtlichen Stellung besonders nahe liegt.
8. Der fehlbare Beamte darf auch dann, wenn er erstmals wegen einer schweren Dienstpflichtverletzung zur Verantwortung gezogen wird, mit der Entlassung bestraft werden, sofern die Interessen der Verwaltung durch die Verfehlung derart beeinträchtigt sind, dass es sich rechtfertigt, sofort die schwerste Disziplinarstrafe zu verhängen, damit eine Wiederholung ähnlicher Vorkommnisse nach Möglichkeit vermieden wird; in einem solchen Falle kann der Verwaltung nicht zugemutet werden, sich für einmal mit einer leichteren Strafe zu begnügen und damit allenfalls gemäss Art. 31 Abs. 2 BtG die Androhung der Entlassung zu verbinden (BGE 74 I 91,BGE 77 I 91). So verhält es sich hier. Es ist undenkbar, dass ein hoher Militärbeamter im Range eines Obersten im Amte bleiben kann, wenn er, wie es der Beschwerdeführer getan hat, beträchtliche Vorteile annimmt, die ihm im Zusammenhang mit Heereslieferungen angeboten werden. Ein solches Verhalten lässt darauf schliessen, dass es ihm an der Gesinnung fehlt, die von einem Beamten in seiner Stellung erwartet werden darf und muss. Dem Beschwerdeführer kann dieser Vorwurf auch dann nicht erspart werden, wenn darüber hinweggesehen wird, dass er schon im Jahre 1948 die erforderliche Zurückhaltung nicht geübt hat, indem er von der X. AG eine Belohnung für "Auftragswerbung" entgegengenommen hat.
Rechtfertigt somit allein schon die Beteiligung des Beschwerdeführers an den Vergütungen der VA aus dem Vertretungsverhältnis die disziplinarische Entlassung, so stellt sich die Frage nicht, ob die von der Verwaltung ebenfalls geahndete leichtere Verfehlung, die Nichteinholung der Ermächtigung der Behörde zur Tätigkeit im Verwaltungsrat der X. AG, einen Einfluss auf die Strafe hätte.
Es ist nicht bestritten und wird zutreffen, dass der Beschwerdeführer, abgesehen von den Verstössen, um die es geht, seine Pflichten als Beamter und Offizier gewissenhaft erfüllt hat, doch wird er dadurch nicht in einem Masse entlastet, dass die disziplinarische Entlassung als nicht gerechtfertigt erschiene.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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de
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Disziplinarrecht: Disziplinarische Entlassung eines eidgenössischen Militärbeamten wegen finanzieller Beteiligung an einer privaten Unternehmung, von der die Eidgenossenschaft Heeresmaterial bezieht.
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de
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constitutional law and administrative law and public international law
| 1,957 |
I
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-I-298%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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2,203 |
83 I 298
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83 I 298
Sachverhalt ab Seite 298
A.- Der Beschwerdeführer A. X., geb. 1901, hat an der ETH das Diplom eines Architekten erworben. Nach Abschluss des Studiums war er zunächst bei einer Bauunternehmung angestellt. Dann übernahm er die Leitung des Generalsekretariates des Aero-Clubs der Schweiz und betätigte sich als Fluglehrer in Schulen der Fliegertruppe. Am 25. August 1941 trat er als Angestellter des Bundes in das ständige Überwachungsgeschwader ein, das er vom 1. Januar 1946 an als Oberstleutnant kommandierte. Vom 15. Februar 1947 bis 2. April 1952 versah er, zunächst noch als Bundesangestellter, vom 1. Januar 1948 an als Bundesbeamter in der Stellung eines Instruktionsoffiziers, seit Ende 1948 als Oberst, den Posten des Militär- und Luftattachés bei der Schweizerischen Gesandtschaft in London, unter Minister T. Vom 2. April 1952 an war er wieder in der Schweiz tätig, als Instruktor der Fliegertruppe und seit Anfang 1954 als Sektionschef I bei der Abteilung für Flugwesen und Fliegerabwehr des eidg. Militärdepartements. Ab Anfang Dezember 1954 war er Militär- und Luftattaché bei der Schweizerischen Gesandtschaft in Washington und Ottawa, mit Sitz in Washington, wiederum unter Minister T.
Der Beschwerdeführer ist Aktionär der Bauunternehmung X. AG Der Betrieb wurde nach dem Tode des Gründers (1919) von der Witwe und später von den Söhnen A., B. und C. X. und der Tochter weitergeführt. A. X. gehört dem Verwaltungsrat seit 1939 an und besitzt einen Drittel des Aktienkapitals. C. X., dessen Verhältnis zu B. gespannt war, schied 1953 als Mitglied des Verwaltungsrates wie als Aktionär aus. Seither besteht der Verwaltungsrat aus den Brüdern A. und B. X. und ihrem Schwager. Geschäftsführer ist seit 1948 B. X.
Gegen Ende des Aktivdienstes machte der Beschwerdeführer, damals Major beim Überwachungsgeschwader, seinen Bruder C., der zu jener Zeit noch Geschäftsführer der Firma X. war, in Dübendorf mit dem Direktor der Militärflugplätze bekannt. In der Folge wurde die Bauunternehmung X. neben anderen eingeladen, für Bauarbeiten auf einem Militärflugplatz Offerte einzureichen. Sie erhielt einen Teil des Auftrages. Im Hinblick darauf richtete sie im Jahre 1948 dem Beschwerdeführer "für Auftragswerbung" Fr. 3000.-- aus.
B.- Seit 1949 hatte sich die Kriegstechnische Abteilung (KTA) des eidg. Militärdepartements näher mit der Frage der Beschaffung von Panzerwagen für die Armee zu befassen. Sie interessierte sich auch für den Panzer "Centurion", der in Grossbritannien vom Staate, dem Inhaber der Herstellungsrechte, und in dessen Auftrag von der Privatunternehmung Vickers-Armstrongs Ltd. (VA) fabriziert wird. Der Entscheid darüber, ob Wagen dieses Typs - sei es von einer der beiden staatlichen Fabriken, sei es von VA - ins Ausland geliefert werden können, steht den britischen Amtsstellen zu. Im Juni 1949 weilte eine Studienkommission der KTA in England. Bei ihren Besprechungen mit den dortigen Behörden war auch Attaché X. anwesend. Im Oktober 1949 beauftragte ihn die KTA, abzuklären, ob die britischen Amtsstellen sich mit einem Verkauf von Panzern an die Schweiz einverstanden erklären könnten, auf welchem Wege ein Gesuch für den Erwerb einiger Probefahrzeuge einzureichen wäre und ob über die voraussichtlichen Preise und Lieferfristen für solche Fahrzeuge und spätere Serienlieferungen schon etwas ausgesagt werden könne. Attaché X. führte den Auftrag aus und erstattete der KTA über seine Erhebungen Bericht. Er nahm im März 1950 an Unterredungen einer schweizerischen Militärmission mit den britischen Behörden teil.
Die VA unterhält in der Schweiz seit Jahren einen ständigen Vertreter, der die Verbindung mit den Kunden zu pflegen und die Firma über alles zu orientieren hat, was sie in ihrem Geschäftsbereich interessieren kann. Im August 1949 kündigte die VA dem bisherigen Inhaber des Postens auf Ende des Jahres. Auf der Suche nach einem Nachfolger wandte sich der Direktor ihrer Auslandverkaufsabteilung, Commander R., an Oberst X. Er lud ihn im Herbst 1949 zu einem Lunch ein und fragte ihn bei der Einnahme des Aperitifs, ob er eine geeignete Persönlichkeit nennen könne. Dabei umschrieb der Fragende die Anforderungen und erklärte, üblicherweise zahle die Firma ein kleines Fixum und beim Zustandekommen eines Geschäftes eine Provision. Der Beschwerdeführer antwortete, der einzige Milizoffizier der Panzerwaffe, den er in der in Betracht kommenden Gegend kenne, sei sein Bruder B.; Commander R. könne diesen ja einmal anfragen.
Oberst X. unterrichtete den Bruder B. über dieses Gespräch. B. X. liess sich am 24. November 1949 vom Verwaltungsrat der Firma X. ermächtigen, auf ein Angebot der Vertretung der VA einzugehen, wobei er erklärte, es würde die Abmachung gelten, "dass das ganze Fixum und die Hälfte der eventuellen Provision zugunsten der Firma gingen". Der Beschwerdeführer, dem das Protokoll der damaligen Sitzung des Verwaltungsrates zugestellt wurde, erhob keine Einwendungen. Die VA bestellte dann im Juni 1950 tatsächlich B. X. als Vertreter auf dem Gebiete der Waffenfabrikation. Es wurde vereinbart, dass die Höhe der Provision dem Agenten im Zeitpunkte der Offertstellung bekanntgegeben werde.
Die Verhandlungen der KTA mit den britischen Behörden über den Ankauf von Centurion-Panzern kamen nach längerem Unterbruch im Vorsommer 1952 wieder in Gang. In der Folge holte die KTA bei der VA, an die sie von den britischen Amtsstellen gewiesen wurde, eine erste Preisofferte ein. Darauf teilte die VA ihrem Agenten B. X. mit, dass seine Provision auf 1% festgesetzt werde. Nach Versuchen mit verschiedenen Typen von Panzerwagen entschlossen sich die Bundesbehörden, 100 Centurion-Tanks anzuschaffen. Mit Beschluss vom 25. März 1955 stimmte die Bundesversammlung der bezüglichen Vorlage zu und bewilligte den erforderlichen Kredit. Hierauf schloss die KTA den Kaufvertrag mit der VA über 100 Panzer Centurion ab, wozu gemäss einem Zusatzvertrage 10 Abschlepp-Panzer kamen. Der Gesamtpreis betrug £ 5'276,800, das Provisionsguthaben des B. X. demgemäss rund Fr. 650'000.--, wovon er bis zum 30. September 1956, nach Massgabe der Zahlungen der KTA an VA, rund Fr. 397'500 erhielt.
Nach dem Ausscheiden des C. X. aus der X. AG wurde der Gedanke einer Beteiligung der Gesellschaft an den Vergütungen der VA fallen gelassen. Im Herbst 1954 erwähnte B. X. gegenüber dem Beschwerdeführer, dass nun die Möglichkeit unerwartet hoher Provisionsbezüge bestehe, und bot ihm an, die Provisionen unter ihnen beiden zu teilen. Der Beschwerdeführer war damit einverstanden. Nachdem die Bundesversammlung die Panzervorlage verabschiedet hatte, forderte ihn B. X. auf, einen Vorschlag für die Aufteilung zu machen. Der Beschwerdeführer regte an, 2/3 B. und 1/3 ihm selbst zuzuteilen. B. X. stimmte zu und übermittelte dem Beschwerdeführer am 6. Juli 1955 eine "Bestätigung" zur Unterschrift. Oberst X. unterzeichnete das Schriftstück, sandte es indessen nicht zurück, weil eine Unterredung, die er auf Veranlassung des Bruders und dessen Steuerberaters mit Minister T. hatte, ihn bedenklich stimmte. B. X. wurde vom Beschwerdeführer über dieses Gespräch orientiert. Er hielt aber im folgenden Briefwechsel mit dem Bruder an der Auffassung fest, dass dieser seinen Teil erhalten müsse; er sprach von Ratenzahlungen, die weniger auffallen würden. Im Jahre 1956 überwies er "vorläufig" einen Betrag von Fr. 50'000.-- auf das Konto des Beschwerdeführers bei der X. AG Er teilte dies dem Beschwerdeführer mit, der darauf nicht antwortete.
C - Ein gegen den Beschwerdeführer wegen Verdachts des Amtsmissbrauches, der ungetreuen Amts- oder Geschäftsführung und der Annahme von Geschenken (Art. 312, 314, 159, 316 StGB) eingeleitetes gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren wurde von der Bundesanwaltschaft am 19. Januar 1957 mangels eines strafrechtlichen Tatbestandes eingestellt.
Darauf wurde gegen Oberst X. eine beamtenrechtliche Disziplinaruntersuchung durchgeführt. Durch Verfügung des eidg. Militärdepartements vom 8. Juni 1957 wurde er wegen schwerer Verletzung seiner Dienstpflichten, insbesondere wegen Missachtung des in Art. 26 BtG ausgesprochenen Verbotes der Annahme von Geschenken, mit sofortiger Wirkung disziplinarisch aus dem Bundesdienst entlassen (Dispositiv 1). Es wurde beigefügt, dass die Entlassung als selbstverschuldet im Sinne der Statuten der eidg. Versicherungskasse gelte, so dass der Entlassene nur Anspruch auf Rückerstattung der von ihm geleisteten Beiträge und Einkaufssummen ohne Zinsen habe (Dispositiv 2).
Geahndet wurden, als Verstösse gegen Art. 26 (eventuell Art. 24 oder 22) BtG, die Annahme des Versprechens auf indirekte Beteiligung an den Vergütungen der VA auf dem Wege über die Beteiligung der X. AG, die Zustimmung zum Versprechen des B. X. auf direkte Beteiligung an der Provision und die Entgegennahme eines Teilbetrages von Fr. 50'000.--; ferner, als Widerhandlung gegen Art. 15 BtG, die Nichteinholung der Ermächtigung der Behörde zur Tätigkeit als Mitglied des Verwaltungsrates der X. AG Wegen Verjährung (Art. 23 Abs. 3 BO I) wurden nicht geahndet der Verstoss gegen Art. 22 oder 24 BtG, der in der Vermittlung der Vertretung der VA für B. X. erblickt wurde, und der Verstoss gegen Art. 26 (eventuell Art. 24) BtG, den man in der Annahme einer Vergütung von Fr. 3000.-- im Zusammenhang mit den Bauarbeiten auf einem Militärflugplatz sah; doch wurden diese Tatbestände bei der Strafzumessung unter dem Gesichtspunkte des bisherigen Verhaltens des Beschuldigten gewürdigt (Art. 23 Abs. 2 BO I).
D.- Mit der vorliegenden Beschwerde beantragt A. X., Ziff. 1 und 2 der Disziplinarverfügung vom 8. Juni 1957 aufzuheben und ihm eine angemessene Entschädigung zuzusprechen, eventuell eine leichtere Disziplinarstrafe zu verhängen.
Er macht geltend, er habe beim Gespräch mit Commander R. im Herbst 1949 nicht in amtlicher Eigenschaft, sondern als Privatmann Auskunft erteilt. Er habe in der Angelegenheit der Panzerbeschaffung weder mit der VA zu verhandeln noch Einfluss auf die Entschlüsse der Bundesbehörden gehabt. Die Annahme einer Vergütung des Bruders B. für jene Auskunft falle daher nicht unter Art. 26 BtG. Auf keinen Fall habe der Beschwerdeführer sich vorsätzlich gegen diese Bestimmung vergangen; denn er habe in gutem Glauben angenommen, als Privatmann Auskunft gegeben zu haben. Auch die Treuepflicht gegenüber der Eidgenossenschaft habe er nicht verletzt. Er habe den Bund nicht geschädigt, so wenig wie sein Bruder, dessen Verhältnis zu VA übrigens allgemein bekannt gewesen sei.
Wenn auch das Verhalten des Beschwerdeführers ungehörig gewesen sei, so habe er sich doch keiner schweren oder fortgesetzten Dienstpflichtverletzungen schuldig gemacht. Es handle sich um einen einheitlichen Tatbestand. Wenn der Beschwerdeführer gefehlt habe, so sei es aus Gedankenlosigkeit und Passivität geschehen, nicht aber in der Absicht, sich an Heereslieferungen zu bereichern. Auf Grund voreiliger Mitteilungen aus dem Bundeshaus habe die Presse den Sachverhalt unrichtig dargestellt. Der Beschwerdeführer habe bisher seine Pflichten als Beamter und Offizier in untadeliger Weise erfüllt. Unter diesen Umständen sei die disziplinarische Entlassung nicht gerechtfertigt und gebühre dem Beschwerdeführer eine Entschädigung.
E.- Das eidg. Militärdepartement beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Soweit sich die Beschwerde gegen das die disziplinarische Entlassung anordnende Dispositiv 1 des angefochtenen Entscheides richtet, ist sie gemäss Art. 117 OG zulässig.
Das Dispositiv 2, welches die Auseinandersetzung mit der eidg. Versicherungskasse betrifft, ist nicht eine Verfügung, die mit Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden könnte. Streitigkeiten über Ansprüche auf Kassenleistungen beurteilt das Bundesgericht als einzige Instanz, nicht als Beschwerdeinstanz (Art. 110 OG); sie sind ihm durch direkte verwaltungsrechtliche Klage zu unterbreiten. Mit einer solchen hat man es hier nicht zu tun. Soweit die Beschwerde das Dispositiv 2 anficht, kann darauf nicht eingetreten werden.
2. Der Bundesbeamte, der absichtlich oder fahrlässig seine Dienstpflichten verletzt, ist disziplinarisch strafbar (Art. 30 Abs. 1 BtG). Versetzung in das provisorische Dienstverhältnis und disziplinarische Entlassung dürfen nach Art. 31 Abs. 4 BtG nur verfügt werden, wenn sich der Beamte "schwerer oder fortgesetzter Dienstpflichtverletzungen" schuldig gemacht hat. Diese Bestimmung ist nicht so zu verstehen, dass mehrere Dienstpflichtverletzungen erforderlich sind. Unter Umständen kann schon eine einmalige Verfehlung so schwer sein, dass sich die Versetzung ins Provisorium oder die disziplinarische Entlassung rechtfertigt. In diesem Sinne ist Art. 31 Abs. 4 BtG in der Rechtsprechung stets ausgelegt worden (BGE 76 I 257, BGE 81 I 246 Erw. 2).
3. B. X. hat in der Sitzung des Verwaltungsrates der X. AG vom 24. November 1949 versprochen, die Zuwendungen, die er als Vertreter der VA erhalten würde, mit jener zu teilen. Der Beschwerdeführer, dem damit eine indirekte Beteiligung nach Massgabe seines Aktienbesitzes in Aussicht gestellt war, hat nach Erhalt des Sitzungsprotokolls keine Einwendungen erhoben, also dem Versprechen des Bruders stillschweigend zugestimmt. Er hat sodann im Herbst 1954 die vom Bruder ihm allein angebotene direkte Beteiligung an den Provisionen aus dem Vertretungsverhältnis angenommen, in der Folge selbst einen bestimmten Verteilungsschlüssel vorgeschlagen und schliesslich, im Jahre 1956, die "vorläufige" Überweisung eines Provisionsanteils von Fr. 50'000.-- auf sein Konto bei der X. AG ohne Widerspruch hingenommen. Zum Versprechen des B. X., die X. AG zu beteiligen, mag die Absicht beigetragen haben, die Bedenken des C. X. gegen die Übernahme der Vertretung der VA durch jenen zu beschwichtigen; ferner ist möglich, dass ein Motiv der Bereitschaft des B. X., den Beschwerdeführer allein zu beteiligen, die Dankbarkeit für dessen Stellungnahme zugunsten des B. in der Auseinandersetzung mit C. X. war, und ausserdem mag das Verhalten des B. X. durch steuerliche Überlegungen mitbestimmt worden sein. Wenn nicht der einzige, so doch ein wesentlicher Grund der Beteiligung des Beschwerdeführers in der einen wie in der andern Form war indessen der Dienst, den er dem Bruder B. dadurch erwiesen hatte, dass er ihn gegenüber Commander R. im Herbst 1949 als eine zur Vertretung der VA geeignete Persönlichkeit genannt hatte.
4. Der Verdacht, der Beschwerdeführer habe strafbare Handlungen krimineller Natur gegen die Amts- und Berufspflicht begangen, hat sich als unbegründet erwiesen. Insbesondere hat sich der Beschwerdeführer mit der Beteiligung an den Vergütungen der VA nicht der passiven Bestechung gemäss Art. 315 oder der Geschenkannahme im Sinne des Art. 316 StGB schuldig gemacht. Er hat die ihm vom Bruder B. angebotenen Vorteile nicht für eine künftige (pflichtwidrige oder nicht pflichtwidrige) Amtshandlung entgegengenommen. Art. 26 BtG untersagt jedoch dem Bundesbeamten schlechthin, Geschenke oder sonstige Vorteile anzunehmen, "wenn dies im Hinblick auf seine amtliche Stellung geschieht". Eine Ausnahme kommt lediglich für bestimmte eingelebte Trinkgelder in Betracht (Botschaft des Bundesrates vom 18. Juli 1924, BBl 1924 III S. 101). Das Verbot des Art. 26 BtG geht über jene strafrechtlichen Deliktstatbestände hinaus (BGE 77 I 91); es erfasst insbesondere auch den Fall, wo der Beamte im Zusammenhang mit einem vergangenen dienstlichen Verhalten, nachträglich, sich einen Vorteil gewähren lässt. Das eidg. Militärdepartement vertritt in erster Linie die Auffassung, dass der Beschwerdeführer durch die Beteiligung an den Vergütungen der VA gegen Art. 26 BtG verstossen habe, weil er die damit honorierte Auskunft an Commander R. in amtlicher Eigenschaft erteilt habe. Über die Richtigkeit dieses Standpunktes lässt sich streiten, doch kann dahingestellt bleiben, ob er zutrifft.
5. Gemäss Art. 22 BtG hat der Bundesbeamte seine dienstlichen Obliegenheiten treu und gewissenhaft zu erfüllen und dabei alles zu tun, was die Interessen des Bundes fördert, und alles zu unterlassen, was sie beeinträchtigt. Diese Pflicht verletzt er namentlich auch dann, wenn er sich in irgend einer Weise an einer privaten Unternehmung, von der die Eidgenossenschaft Heeresmaterial bezieht, finanziell beteiligt. Das hat der Beschwerdeführer getan: Da er sich einen Anteil an den Vergütungen, welche die VA ihrem schweizerischen Vertreter im Falle des Verkaufs von Kriegsmaterial an die Eidgenossenschaft ausrichtet, hat einräumen lassen, war er am Abschluss von Geschäften zwischen der VA und dem Bund interessiert.
Dies war umsoweniger zulässig, als der Beschwerdeführer in Verwaltungszweigen mitgearbeitet hat, die mit der Beschaffung von Kriegsmaterial zu tun haben. So hatte er sich als Militärattaché in London gerade mit der Angelegenheit des Ankaufs von Centurion-Panzern, in der es schliesslich zu umfangreichen Lieferungen der VA an den Bund gekommen ist, zu befassen, und auch später, als Instruktor der Fliegertruppe und Sektionschef beim eidg. Militärdepartement und dann wiederum als Militärattaché in Washington, war er im Militärwesen des Bundes tätig. Durch Annahme der ihm von B. X. angetragenen Beteiligung hat er sich der Versuchung ausgesetzt, bei sich bietender Gelegenheit dem Interesse der VA vor demjenigen des Bundes, das er einzig zu wahren hatte, bewusst oder unbewusst den Vorzug zu geben. Eine solche Versuchung hätte angesichts seiner Stellung und seiner mannigfachen Beziehungen leicht an ihn herantreten können, und es ist ungewiss, ob die Bundesverwaltung, die über seine Beteiligung nicht orientiert war, sich durch geeignete Vorkehren hätte schützen können. Dass er in Fragen der Kriegsmaterialbeschaffung in Wirklichkeit keine Entscheidungsbefugnis hatte, ist von untergeordneter Bedeutung (vgl.BGE 77 I 92).
Ebensowenig ist entscheidend, dass er die Eidgenossenschaft durch seine Beteiligung an den Provisionen, auf die der Vertreter der VA einen vertraglichen Anspruch hatte, offenbar nicht am Vermögen geschädigt hat. Art. 22 BtG soll, wie Art. 26 daselbst, nicht nur Unregelmässigkeiten des Beamten verhindern, durch welche der Bund unmittelbar finanziell benachteiligt wird, sondern allgemein das Ansehen und die Autorität, deren der Staat im Verhältnis zu den Bürgern bedarf, vor Beeinträchtigung durch den Beamten schützen. Er untersagt dem Beamten auch eine zweideutige Haltung, welche die Interessen des Bundes bloss gefährdet; denn solches Verhalten ist geeignet, das Vertrauen des Bürgers in die Integrität der Beamtenschaft zu erschüttern und damit der Autorität des Staates zu schaden. Die Interessen des Bundes beeinträchtigt daher auch der Beamte, der sie dadurch gefährdet, dass er sich an die privaten Interessen eines Kriegsmateriallieferanten bindet, ohne seinen Vorgesetzten davon Kenntnis zu geben, wie es der Beschwerdeführer getan hat; dadurch wird das Ansehen und die Vertrauenswürdigkeit der Militärverwaltung und ihrer Beamten aufs Spiel gesetzt.
Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer durch seine Beteiligung an den Einkünften des Bruders B. aus der Vertretung der VA auf jeden Fall gegen Art. 22 BtG verstossen hat, was auch das eidg. Militärdepartement annimmt. Die Handlungsweise des Beschwerdeführers wäre in gleichem Masse pflichtwidrig, wenn er im Gespräch mit Commander R. den Bruder B. nicht genannt und dieser ihm die Beteiligung lediglich aus brüderlicher Zuneigung gewährt hätte. Daher braucht nicht geprüft zu werden, ob der Beschwerdeführer die Auskunft, welche für die Abtretung der Beteiligung eine Rolle gespielt hat, in amtlicher Eigenschaft erteilt, demgemäss den Vorteil "im Hinblick auf seine amtliche Stellung" erhalten und so auch gegen Art. 26 BtG verstossen habe.
6. Mit Recht betrachtet der Beschwerdeführer sein Verhalten in der Angelegenheit der Vergütungen der VA als einheitlichen Tatbestand. In der Tat besteht die Verfehlung darin, dass er in den Jahren 1949-1956 in der gleichen pflichtwidrigen Haltung verharrte, indem er immer wieder einer Beteiligung zugestimmt und schliesslich die "vorläufige" Überweisung eines Betrages von Fr. 50'000.-- hingenommen hat. Die einzelnen zeitlich auseinanderliegenden Handlungen und Unterlassungen sind Verstösse gegen dieselbe einheitliche Dienstpflicht und Ausdruck derselben fehlerhaften dienstlichen Gesinnung. Art. 23 Abs. 3 BO I, wonach die disziplinarische Ahndung zu unterbleiben hat, wenn die Verletzung der Dienstpflicht mehr als fünf Jahre zurückliegt, hindert daher nicht, dass der Beschwerdeführer für alle Teilhandlungen disziplinarisch bestraft wird; denn jene Frist hat erst mit dem Ende der einheitlichen Verfehlung zu laufen begonnen, gleichgültig ob ein "Dauerdelikt" oder ein "fortgesetztes" Delikt angenommen wird.
Ob man es mit einem "fortgesetzten" Delikt im Sinne von Art. 31 Abs. 4 BtG zu tun habe oder nicht, braucht auch für die Frage der Strafzumessung nicht entschieden zu werden, wenn die einheitliche Verfehlung schwer im Sinne der gleichen Bestimmung ist und für sich allein die disziplinarische Entlassung rechtfertigt.
7. Die Beteiligung des Beschwerdeführers an den Zuwendungen der VA stellt offensichtlich eine schwere Dienstpflichtverletzung dar. Dadurch wurden die Interessen des Bundes in hohem Masse gefährdet und das Vertrauen in die Verwaltung empfindlich geschwächt. Die Verfehlung hat eine gewisse Ähnlichkeit mit strafrechtlichen Tatbeständen (Art. 312 ff. StGB). Sie wiegt um so schwerer, als die Beteiligung des Beschwerdeführers sehr einträglich ist - die Überweisung von Fr. 50'000.-- war nur eine Anzahlung - und Lieferungen von Kriegsmaterial betrifft, die vom Schweizervolk grosse Opfer fordern. Die Beamten der auf diesem Gebiete zuständigen Verwaltungsabteilungen haben besonders sorgfältig auf Sauberkeit ihrer Haltung zu achten und schon den blossen Anschein, an der Berücksichtigung bestimmter Lieferfirmen persönlich interessiert zu sein, mit peinlicher Gewissenhaftigkeit zu vermeiden, namentlich wenn sie eine hohe Stellung bekleiden, wie sie der Beschwerdeführer eingenommen hat.
Auch subjektiv ist der Fall schwer. Der Beschwerdeführer hat vorsätzlich gehandelt; er hat der Beteiligung zugestimmt, sie also gewollt. Gewiss ist der Anstoss immer wieder von seinem Bruder B. ausgegangen; doch war der Beschwerdeführer als Beamter verpflichtet, die Angebote des Bruders zurückzuweisen. Wenn er seinerzeit die ganze Schwere seines Fehlers nicht eingesehen hat, so vermag ihn dies nicht zu entlasten. Er hatte zur Zeit, da B. X. erstmals eine Teilung der Vergütungen der VA vorgeschlagen hat, selber bei den Verhandlungen über die Beschaffung britischer Panzerwagen als Vertreter der Eidgenossenschaft mitzuwirken, und es konnte ihm schon damals nicht entgehen, dass mit umfangreichen Lieferungen der VA an den Bund zu rechnen war. Er hätte von Anfang an nach kurzer Überlegung sich Rechenschaft darüber geben müssen, dass seine Beteiligung an den Zuwendungen der VA aus dem Vertretungsverhältnis absolut unzulässig war. Besonders schwerwiegend ist, dass er sich auch durch die Unterredung mit Minister T. im Sommer 1955 von seiner disziplinwidrigen Haltung nicht hat abbringen lassen. Wenn auch der Inhalt des Gespräches von den Teilnehmern etwas verschieden dargestellt wird, so steht doch fest, dass der Beschwerdeführer damals gewarnt worden ist.
Dass es sich um eine Abmachung unter Brüdern handelt, spricht nicht zugunsten des Beschwerdeführers. Im Gegenteil bilden persönliche finanzielle Vorteile, die dem Beamten von einem Verwandten gewährt werden, für das Ansehen des Gemeinwesens eine erhöhte Gefahr, weil dann der Verdacht eines Missbrauches der amtlichen Stellung besonders nahe liegt.
8. Der fehlbare Beamte darf auch dann, wenn er erstmals wegen einer schweren Dienstpflichtverletzung zur Verantwortung gezogen wird, mit der Entlassung bestraft werden, sofern die Interessen der Verwaltung durch die Verfehlung derart beeinträchtigt sind, dass es sich rechtfertigt, sofort die schwerste Disziplinarstrafe zu verhängen, damit eine Wiederholung ähnlicher Vorkommnisse nach Möglichkeit vermieden wird; in einem solchen Falle kann der Verwaltung nicht zugemutet werden, sich für einmal mit einer leichteren Strafe zu begnügen und damit allenfalls gemäss Art. 31 Abs. 2 BtG die Androhung der Entlassung zu verbinden (BGE 74 I 91,BGE 77 I 91). So verhält es sich hier. Es ist undenkbar, dass ein hoher Militärbeamter im Range eines Obersten im Amte bleiben kann, wenn er, wie es der Beschwerdeführer getan hat, beträchtliche Vorteile annimmt, die ihm im Zusammenhang mit Heereslieferungen angeboten werden. Ein solches Verhalten lässt darauf schliessen, dass es ihm an der Gesinnung fehlt, die von einem Beamten in seiner Stellung erwartet werden darf und muss. Dem Beschwerdeführer kann dieser Vorwurf auch dann nicht erspart werden, wenn darüber hinweggesehen wird, dass er schon im Jahre 1948 die erforderliche Zurückhaltung nicht geübt hat, indem er von der X. AG eine Belohnung für "Auftragswerbung" entgegengenommen hat.
Rechtfertigt somit allein schon die Beteiligung des Beschwerdeführers an den Vergütungen der VA aus dem Vertretungsverhältnis die disziplinarische Entlassung, so stellt sich die Frage nicht, ob die von der Verwaltung ebenfalls geahndete leichtere Verfehlung, die Nichteinholung der Ermächtigung der Behörde zur Tätigkeit im Verwaltungsrat der X. AG, einen Einfluss auf die Strafe hätte.
Es ist nicht bestritten und wird zutreffen, dass der Beschwerdeführer, abgesehen von den Verstössen, um die es geht, seine Pflichten als Beamter und Offizier gewissenhaft erfüllt hat, doch wird er dadurch nicht in einem Masse entlastet, dass die disziplinarische Entlassung als nicht gerechtfertigt erschiene.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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Droit disciplinaire: Révocation d'un fonctionnaire fédéral de l'administration militaire en raison de sa participation financière à une entreprise privée qui livre à la Confédération du matériel pour l'armée.
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Sachverhalt ab Seite 298
A.- Der Beschwerdeführer A. X., geb. 1901, hat an der ETH das Diplom eines Architekten erworben. Nach Abschluss des Studiums war er zunächst bei einer Bauunternehmung angestellt. Dann übernahm er die Leitung des Generalsekretariates des Aero-Clubs der Schweiz und betätigte sich als Fluglehrer in Schulen der Fliegertruppe. Am 25. August 1941 trat er als Angestellter des Bundes in das ständige Überwachungsgeschwader ein, das er vom 1. Januar 1946 an als Oberstleutnant kommandierte. Vom 15. Februar 1947 bis 2. April 1952 versah er, zunächst noch als Bundesangestellter, vom 1. Januar 1948 an als Bundesbeamter in der Stellung eines Instruktionsoffiziers, seit Ende 1948 als Oberst, den Posten des Militär- und Luftattachés bei der Schweizerischen Gesandtschaft in London, unter Minister T. Vom 2. April 1952 an war er wieder in der Schweiz tätig, als Instruktor der Fliegertruppe und seit Anfang 1954 als Sektionschef I bei der Abteilung für Flugwesen und Fliegerabwehr des eidg. Militärdepartements. Ab Anfang Dezember 1954 war er Militär- und Luftattaché bei der Schweizerischen Gesandtschaft in Washington und Ottawa, mit Sitz in Washington, wiederum unter Minister T.
Der Beschwerdeführer ist Aktionär der Bauunternehmung X. AG Der Betrieb wurde nach dem Tode des Gründers (1919) von der Witwe und später von den Söhnen A., B. und C. X. und der Tochter weitergeführt. A. X. gehört dem Verwaltungsrat seit 1939 an und besitzt einen Drittel des Aktienkapitals. C. X., dessen Verhältnis zu B. gespannt war, schied 1953 als Mitglied des Verwaltungsrates wie als Aktionär aus. Seither besteht der Verwaltungsrat aus den Brüdern A. und B. X. und ihrem Schwager. Geschäftsführer ist seit 1948 B. X.
Gegen Ende des Aktivdienstes machte der Beschwerdeführer, damals Major beim Überwachungsgeschwader, seinen Bruder C., der zu jener Zeit noch Geschäftsführer der Firma X. war, in Dübendorf mit dem Direktor der Militärflugplätze bekannt. In der Folge wurde die Bauunternehmung X. neben anderen eingeladen, für Bauarbeiten auf einem Militärflugplatz Offerte einzureichen. Sie erhielt einen Teil des Auftrages. Im Hinblick darauf richtete sie im Jahre 1948 dem Beschwerdeführer "für Auftragswerbung" Fr. 3000.-- aus.
B.- Seit 1949 hatte sich die Kriegstechnische Abteilung (KTA) des eidg. Militärdepartements näher mit der Frage der Beschaffung von Panzerwagen für die Armee zu befassen. Sie interessierte sich auch für den Panzer "Centurion", der in Grossbritannien vom Staate, dem Inhaber der Herstellungsrechte, und in dessen Auftrag von der Privatunternehmung Vickers-Armstrongs Ltd. (VA) fabriziert wird. Der Entscheid darüber, ob Wagen dieses Typs - sei es von einer der beiden staatlichen Fabriken, sei es von VA - ins Ausland geliefert werden können, steht den britischen Amtsstellen zu. Im Juni 1949 weilte eine Studienkommission der KTA in England. Bei ihren Besprechungen mit den dortigen Behörden war auch Attaché X. anwesend. Im Oktober 1949 beauftragte ihn die KTA, abzuklären, ob die britischen Amtsstellen sich mit einem Verkauf von Panzern an die Schweiz einverstanden erklären könnten, auf welchem Wege ein Gesuch für den Erwerb einiger Probefahrzeuge einzureichen wäre und ob über die voraussichtlichen Preise und Lieferfristen für solche Fahrzeuge und spätere Serienlieferungen schon etwas ausgesagt werden könne. Attaché X. führte den Auftrag aus und erstattete der KTA über seine Erhebungen Bericht. Er nahm im März 1950 an Unterredungen einer schweizerischen Militärmission mit den britischen Behörden teil.
Die VA unterhält in der Schweiz seit Jahren einen ständigen Vertreter, der die Verbindung mit den Kunden zu pflegen und die Firma über alles zu orientieren hat, was sie in ihrem Geschäftsbereich interessieren kann. Im August 1949 kündigte die VA dem bisherigen Inhaber des Postens auf Ende des Jahres. Auf der Suche nach einem Nachfolger wandte sich der Direktor ihrer Auslandverkaufsabteilung, Commander R., an Oberst X. Er lud ihn im Herbst 1949 zu einem Lunch ein und fragte ihn bei der Einnahme des Aperitifs, ob er eine geeignete Persönlichkeit nennen könne. Dabei umschrieb der Fragende die Anforderungen und erklärte, üblicherweise zahle die Firma ein kleines Fixum und beim Zustandekommen eines Geschäftes eine Provision. Der Beschwerdeführer antwortete, der einzige Milizoffizier der Panzerwaffe, den er in der in Betracht kommenden Gegend kenne, sei sein Bruder B.; Commander R. könne diesen ja einmal anfragen.
Oberst X. unterrichtete den Bruder B. über dieses Gespräch. B. X. liess sich am 24. November 1949 vom Verwaltungsrat der Firma X. ermächtigen, auf ein Angebot der Vertretung der VA einzugehen, wobei er erklärte, es würde die Abmachung gelten, "dass das ganze Fixum und die Hälfte der eventuellen Provision zugunsten der Firma gingen". Der Beschwerdeführer, dem das Protokoll der damaligen Sitzung des Verwaltungsrates zugestellt wurde, erhob keine Einwendungen. Die VA bestellte dann im Juni 1950 tatsächlich B. X. als Vertreter auf dem Gebiete der Waffenfabrikation. Es wurde vereinbart, dass die Höhe der Provision dem Agenten im Zeitpunkte der Offertstellung bekanntgegeben werde.
Die Verhandlungen der KTA mit den britischen Behörden über den Ankauf von Centurion-Panzern kamen nach längerem Unterbruch im Vorsommer 1952 wieder in Gang. In der Folge holte die KTA bei der VA, an die sie von den britischen Amtsstellen gewiesen wurde, eine erste Preisofferte ein. Darauf teilte die VA ihrem Agenten B. X. mit, dass seine Provision auf 1% festgesetzt werde. Nach Versuchen mit verschiedenen Typen von Panzerwagen entschlossen sich die Bundesbehörden, 100 Centurion-Tanks anzuschaffen. Mit Beschluss vom 25. März 1955 stimmte die Bundesversammlung der bezüglichen Vorlage zu und bewilligte den erforderlichen Kredit. Hierauf schloss die KTA den Kaufvertrag mit der VA über 100 Panzer Centurion ab, wozu gemäss einem Zusatzvertrage 10 Abschlepp-Panzer kamen. Der Gesamtpreis betrug £ 5'276,800, das Provisionsguthaben des B. X. demgemäss rund Fr. 650'000.--, wovon er bis zum 30. September 1956, nach Massgabe der Zahlungen der KTA an VA, rund Fr. 397'500 erhielt.
Nach dem Ausscheiden des C. X. aus der X. AG wurde der Gedanke einer Beteiligung der Gesellschaft an den Vergütungen der VA fallen gelassen. Im Herbst 1954 erwähnte B. X. gegenüber dem Beschwerdeführer, dass nun die Möglichkeit unerwartet hoher Provisionsbezüge bestehe, und bot ihm an, die Provisionen unter ihnen beiden zu teilen. Der Beschwerdeführer war damit einverstanden. Nachdem die Bundesversammlung die Panzervorlage verabschiedet hatte, forderte ihn B. X. auf, einen Vorschlag für die Aufteilung zu machen. Der Beschwerdeführer regte an, 2/3 B. und 1/3 ihm selbst zuzuteilen. B. X. stimmte zu und übermittelte dem Beschwerdeführer am 6. Juli 1955 eine "Bestätigung" zur Unterschrift. Oberst X. unterzeichnete das Schriftstück, sandte es indessen nicht zurück, weil eine Unterredung, die er auf Veranlassung des Bruders und dessen Steuerberaters mit Minister T. hatte, ihn bedenklich stimmte. B. X. wurde vom Beschwerdeführer über dieses Gespräch orientiert. Er hielt aber im folgenden Briefwechsel mit dem Bruder an der Auffassung fest, dass dieser seinen Teil erhalten müsse; er sprach von Ratenzahlungen, die weniger auffallen würden. Im Jahre 1956 überwies er "vorläufig" einen Betrag von Fr. 50'000.-- auf das Konto des Beschwerdeführers bei der X. AG Er teilte dies dem Beschwerdeführer mit, der darauf nicht antwortete.
C - Ein gegen den Beschwerdeführer wegen Verdachts des Amtsmissbrauches, der ungetreuen Amts- oder Geschäftsführung und der Annahme von Geschenken (Art. 312, 314, 159, 316 StGB) eingeleitetes gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren wurde von der Bundesanwaltschaft am 19. Januar 1957 mangels eines strafrechtlichen Tatbestandes eingestellt.
Darauf wurde gegen Oberst X. eine beamtenrechtliche Disziplinaruntersuchung durchgeführt. Durch Verfügung des eidg. Militärdepartements vom 8. Juni 1957 wurde er wegen schwerer Verletzung seiner Dienstpflichten, insbesondere wegen Missachtung des in Art. 26 BtG ausgesprochenen Verbotes der Annahme von Geschenken, mit sofortiger Wirkung disziplinarisch aus dem Bundesdienst entlassen (Dispositiv 1). Es wurde beigefügt, dass die Entlassung als selbstverschuldet im Sinne der Statuten der eidg. Versicherungskasse gelte, so dass der Entlassene nur Anspruch auf Rückerstattung der von ihm geleisteten Beiträge und Einkaufssummen ohne Zinsen habe (Dispositiv 2).
Geahndet wurden, als Verstösse gegen Art. 26 (eventuell Art. 24 oder 22) BtG, die Annahme des Versprechens auf indirekte Beteiligung an den Vergütungen der VA auf dem Wege über die Beteiligung der X. AG, die Zustimmung zum Versprechen des B. X. auf direkte Beteiligung an der Provision und die Entgegennahme eines Teilbetrages von Fr. 50'000.--; ferner, als Widerhandlung gegen Art. 15 BtG, die Nichteinholung der Ermächtigung der Behörde zur Tätigkeit als Mitglied des Verwaltungsrates der X. AG Wegen Verjährung (Art. 23 Abs. 3 BO I) wurden nicht geahndet der Verstoss gegen Art. 22 oder 24 BtG, der in der Vermittlung der Vertretung der VA für B. X. erblickt wurde, und der Verstoss gegen Art. 26 (eventuell Art. 24) BtG, den man in der Annahme einer Vergütung von Fr. 3000.-- im Zusammenhang mit den Bauarbeiten auf einem Militärflugplatz sah; doch wurden diese Tatbestände bei der Strafzumessung unter dem Gesichtspunkte des bisherigen Verhaltens des Beschuldigten gewürdigt (Art. 23 Abs. 2 BO I).
D.- Mit der vorliegenden Beschwerde beantragt A. X., Ziff. 1 und 2 der Disziplinarverfügung vom 8. Juni 1957 aufzuheben und ihm eine angemessene Entschädigung zuzusprechen, eventuell eine leichtere Disziplinarstrafe zu verhängen.
Er macht geltend, er habe beim Gespräch mit Commander R. im Herbst 1949 nicht in amtlicher Eigenschaft, sondern als Privatmann Auskunft erteilt. Er habe in der Angelegenheit der Panzerbeschaffung weder mit der VA zu verhandeln noch Einfluss auf die Entschlüsse der Bundesbehörden gehabt. Die Annahme einer Vergütung des Bruders B. für jene Auskunft falle daher nicht unter Art. 26 BtG. Auf keinen Fall habe der Beschwerdeführer sich vorsätzlich gegen diese Bestimmung vergangen; denn er habe in gutem Glauben angenommen, als Privatmann Auskunft gegeben zu haben. Auch die Treuepflicht gegenüber der Eidgenossenschaft habe er nicht verletzt. Er habe den Bund nicht geschädigt, so wenig wie sein Bruder, dessen Verhältnis zu VA übrigens allgemein bekannt gewesen sei.
Wenn auch das Verhalten des Beschwerdeführers ungehörig gewesen sei, so habe er sich doch keiner schweren oder fortgesetzten Dienstpflichtverletzungen schuldig gemacht. Es handle sich um einen einheitlichen Tatbestand. Wenn der Beschwerdeführer gefehlt habe, so sei es aus Gedankenlosigkeit und Passivität geschehen, nicht aber in der Absicht, sich an Heereslieferungen zu bereichern. Auf Grund voreiliger Mitteilungen aus dem Bundeshaus habe die Presse den Sachverhalt unrichtig dargestellt. Der Beschwerdeführer habe bisher seine Pflichten als Beamter und Offizier in untadeliger Weise erfüllt. Unter diesen Umständen sei die disziplinarische Entlassung nicht gerechtfertigt und gebühre dem Beschwerdeführer eine Entschädigung.
E.- Das eidg. Militärdepartement beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Soweit sich die Beschwerde gegen das die disziplinarische Entlassung anordnende Dispositiv 1 des angefochtenen Entscheides richtet, ist sie gemäss Art. 117 OG zulässig.
Das Dispositiv 2, welches die Auseinandersetzung mit der eidg. Versicherungskasse betrifft, ist nicht eine Verfügung, die mit Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden könnte. Streitigkeiten über Ansprüche auf Kassenleistungen beurteilt das Bundesgericht als einzige Instanz, nicht als Beschwerdeinstanz (Art. 110 OG); sie sind ihm durch direkte verwaltungsrechtliche Klage zu unterbreiten. Mit einer solchen hat man es hier nicht zu tun. Soweit die Beschwerde das Dispositiv 2 anficht, kann darauf nicht eingetreten werden.
2. Der Bundesbeamte, der absichtlich oder fahrlässig seine Dienstpflichten verletzt, ist disziplinarisch strafbar (Art. 30 Abs. 1 BtG). Versetzung in das provisorische Dienstverhältnis und disziplinarische Entlassung dürfen nach Art. 31 Abs. 4 BtG nur verfügt werden, wenn sich der Beamte "schwerer oder fortgesetzter Dienstpflichtverletzungen" schuldig gemacht hat. Diese Bestimmung ist nicht so zu verstehen, dass mehrere Dienstpflichtverletzungen erforderlich sind. Unter Umständen kann schon eine einmalige Verfehlung so schwer sein, dass sich die Versetzung ins Provisorium oder die disziplinarische Entlassung rechtfertigt. In diesem Sinne ist Art. 31 Abs. 4 BtG in der Rechtsprechung stets ausgelegt worden (BGE 76 I 257, BGE 81 I 246 Erw. 2).
3. B. X. hat in der Sitzung des Verwaltungsrates der X. AG vom 24. November 1949 versprochen, die Zuwendungen, die er als Vertreter der VA erhalten würde, mit jener zu teilen. Der Beschwerdeführer, dem damit eine indirekte Beteiligung nach Massgabe seines Aktienbesitzes in Aussicht gestellt war, hat nach Erhalt des Sitzungsprotokolls keine Einwendungen erhoben, also dem Versprechen des Bruders stillschweigend zugestimmt. Er hat sodann im Herbst 1954 die vom Bruder ihm allein angebotene direkte Beteiligung an den Provisionen aus dem Vertretungsverhältnis angenommen, in der Folge selbst einen bestimmten Verteilungsschlüssel vorgeschlagen und schliesslich, im Jahre 1956, die "vorläufige" Überweisung eines Provisionsanteils von Fr. 50'000.-- auf sein Konto bei der X. AG ohne Widerspruch hingenommen. Zum Versprechen des B. X., die X. AG zu beteiligen, mag die Absicht beigetragen haben, die Bedenken des C. X. gegen die Übernahme der Vertretung der VA durch jenen zu beschwichtigen; ferner ist möglich, dass ein Motiv der Bereitschaft des B. X., den Beschwerdeführer allein zu beteiligen, die Dankbarkeit für dessen Stellungnahme zugunsten des B. in der Auseinandersetzung mit C. X. war, und ausserdem mag das Verhalten des B. X. durch steuerliche Überlegungen mitbestimmt worden sein. Wenn nicht der einzige, so doch ein wesentlicher Grund der Beteiligung des Beschwerdeführers in der einen wie in der andern Form war indessen der Dienst, den er dem Bruder B. dadurch erwiesen hatte, dass er ihn gegenüber Commander R. im Herbst 1949 als eine zur Vertretung der VA geeignete Persönlichkeit genannt hatte.
4. Der Verdacht, der Beschwerdeführer habe strafbare Handlungen krimineller Natur gegen die Amts- und Berufspflicht begangen, hat sich als unbegründet erwiesen. Insbesondere hat sich der Beschwerdeführer mit der Beteiligung an den Vergütungen der VA nicht der passiven Bestechung gemäss Art. 315 oder der Geschenkannahme im Sinne des Art. 316 StGB schuldig gemacht. Er hat die ihm vom Bruder B. angebotenen Vorteile nicht für eine künftige (pflichtwidrige oder nicht pflichtwidrige) Amtshandlung entgegengenommen. Art. 26 BtG untersagt jedoch dem Bundesbeamten schlechthin, Geschenke oder sonstige Vorteile anzunehmen, "wenn dies im Hinblick auf seine amtliche Stellung geschieht". Eine Ausnahme kommt lediglich für bestimmte eingelebte Trinkgelder in Betracht (Botschaft des Bundesrates vom 18. Juli 1924, BBl 1924 III S. 101). Das Verbot des Art. 26 BtG geht über jene strafrechtlichen Deliktstatbestände hinaus (BGE 77 I 91); es erfasst insbesondere auch den Fall, wo der Beamte im Zusammenhang mit einem vergangenen dienstlichen Verhalten, nachträglich, sich einen Vorteil gewähren lässt. Das eidg. Militärdepartement vertritt in erster Linie die Auffassung, dass der Beschwerdeführer durch die Beteiligung an den Vergütungen der VA gegen Art. 26 BtG verstossen habe, weil er die damit honorierte Auskunft an Commander R. in amtlicher Eigenschaft erteilt habe. Über die Richtigkeit dieses Standpunktes lässt sich streiten, doch kann dahingestellt bleiben, ob er zutrifft.
5. Gemäss Art. 22 BtG hat der Bundesbeamte seine dienstlichen Obliegenheiten treu und gewissenhaft zu erfüllen und dabei alles zu tun, was die Interessen des Bundes fördert, und alles zu unterlassen, was sie beeinträchtigt. Diese Pflicht verletzt er namentlich auch dann, wenn er sich in irgend einer Weise an einer privaten Unternehmung, von der die Eidgenossenschaft Heeresmaterial bezieht, finanziell beteiligt. Das hat der Beschwerdeführer getan: Da er sich einen Anteil an den Vergütungen, welche die VA ihrem schweizerischen Vertreter im Falle des Verkaufs von Kriegsmaterial an die Eidgenossenschaft ausrichtet, hat einräumen lassen, war er am Abschluss von Geschäften zwischen der VA und dem Bund interessiert.
Dies war umsoweniger zulässig, als der Beschwerdeführer in Verwaltungszweigen mitgearbeitet hat, die mit der Beschaffung von Kriegsmaterial zu tun haben. So hatte er sich als Militärattaché in London gerade mit der Angelegenheit des Ankaufs von Centurion-Panzern, in der es schliesslich zu umfangreichen Lieferungen der VA an den Bund gekommen ist, zu befassen, und auch später, als Instruktor der Fliegertruppe und Sektionschef beim eidg. Militärdepartement und dann wiederum als Militärattaché in Washington, war er im Militärwesen des Bundes tätig. Durch Annahme der ihm von B. X. angetragenen Beteiligung hat er sich der Versuchung ausgesetzt, bei sich bietender Gelegenheit dem Interesse der VA vor demjenigen des Bundes, das er einzig zu wahren hatte, bewusst oder unbewusst den Vorzug zu geben. Eine solche Versuchung hätte angesichts seiner Stellung und seiner mannigfachen Beziehungen leicht an ihn herantreten können, und es ist ungewiss, ob die Bundesverwaltung, die über seine Beteiligung nicht orientiert war, sich durch geeignete Vorkehren hätte schützen können. Dass er in Fragen der Kriegsmaterialbeschaffung in Wirklichkeit keine Entscheidungsbefugnis hatte, ist von untergeordneter Bedeutung (vgl.BGE 77 I 92).
Ebensowenig ist entscheidend, dass er die Eidgenossenschaft durch seine Beteiligung an den Provisionen, auf die der Vertreter der VA einen vertraglichen Anspruch hatte, offenbar nicht am Vermögen geschädigt hat. Art. 22 BtG soll, wie Art. 26 daselbst, nicht nur Unregelmässigkeiten des Beamten verhindern, durch welche der Bund unmittelbar finanziell benachteiligt wird, sondern allgemein das Ansehen und die Autorität, deren der Staat im Verhältnis zu den Bürgern bedarf, vor Beeinträchtigung durch den Beamten schützen. Er untersagt dem Beamten auch eine zweideutige Haltung, welche die Interessen des Bundes bloss gefährdet; denn solches Verhalten ist geeignet, das Vertrauen des Bürgers in die Integrität der Beamtenschaft zu erschüttern und damit der Autorität des Staates zu schaden. Die Interessen des Bundes beeinträchtigt daher auch der Beamte, der sie dadurch gefährdet, dass er sich an die privaten Interessen eines Kriegsmateriallieferanten bindet, ohne seinen Vorgesetzten davon Kenntnis zu geben, wie es der Beschwerdeführer getan hat; dadurch wird das Ansehen und die Vertrauenswürdigkeit der Militärverwaltung und ihrer Beamten aufs Spiel gesetzt.
Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer durch seine Beteiligung an den Einkünften des Bruders B. aus der Vertretung der VA auf jeden Fall gegen Art. 22 BtG verstossen hat, was auch das eidg. Militärdepartement annimmt. Die Handlungsweise des Beschwerdeführers wäre in gleichem Masse pflichtwidrig, wenn er im Gespräch mit Commander R. den Bruder B. nicht genannt und dieser ihm die Beteiligung lediglich aus brüderlicher Zuneigung gewährt hätte. Daher braucht nicht geprüft zu werden, ob der Beschwerdeführer die Auskunft, welche für die Abtretung der Beteiligung eine Rolle gespielt hat, in amtlicher Eigenschaft erteilt, demgemäss den Vorteil "im Hinblick auf seine amtliche Stellung" erhalten und so auch gegen Art. 26 BtG verstossen habe.
6. Mit Recht betrachtet der Beschwerdeführer sein Verhalten in der Angelegenheit der Vergütungen der VA als einheitlichen Tatbestand. In der Tat besteht die Verfehlung darin, dass er in den Jahren 1949-1956 in der gleichen pflichtwidrigen Haltung verharrte, indem er immer wieder einer Beteiligung zugestimmt und schliesslich die "vorläufige" Überweisung eines Betrages von Fr. 50'000.-- hingenommen hat. Die einzelnen zeitlich auseinanderliegenden Handlungen und Unterlassungen sind Verstösse gegen dieselbe einheitliche Dienstpflicht und Ausdruck derselben fehlerhaften dienstlichen Gesinnung. Art. 23 Abs. 3 BO I, wonach die disziplinarische Ahndung zu unterbleiben hat, wenn die Verletzung der Dienstpflicht mehr als fünf Jahre zurückliegt, hindert daher nicht, dass der Beschwerdeführer für alle Teilhandlungen disziplinarisch bestraft wird; denn jene Frist hat erst mit dem Ende der einheitlichen Verfehlung zu laufen begonnen, gleichgültig ob ein "Dauerdelikt" oder ein "fortgesetztes" Delikt angenommen wird.
Ob man es mit einem "fortgesetzten" Delikt im Sinne von Art. 31 Abs. 4 BtG zu tun habe oder nicht, braucht auch für die Frage der Strafzumessung nicht entschieden zu werden, wenn die einheitliche Verfehlung schwer im Sinne der gleichen Bestimmung ist und für sich allein die disziplinarische Entlassung rechtfertigt.
7. Die Beteiligung des Beschwerdeführers an den Zuwendungen der VA stellt offensichtlich eine schwere Dienstpflichtverletzung dar. Dadurch wurden die Interessen des Bundes in hohem Masse gefährdet und das Vertrauen in die Verwaltung empfindlich geschwächt. Die Verfehlung hat eine gewisse Ähnlichkeit mit strafrechtlichen Tatbeständen (Art. 312 ff. StGB). Sie wiegt um so schwerer, als die Beteiligung des Beschwerdeführers sehr einträglich ist - die Überweisung von Fr. 50'000.-- war nur eine Anzahlung - und Lieferungen von Kriegsmaterial betrifft, die vom Schweizervolk grosse Opfer fordern. Die Beamten der auf diesem Gebiete zuständigen Verwaltungsabteilungen haben besonders sorgfältig auf Sauberkeit ihrer Haltung zu achten und schon den blossen Anschein, an der Berücksichtigung bestimmter Lieferfirmen persönlich interessiert zu sein, mit peinlicher Gewissenhaftigkeit zu vermeiden, namentlich wenn sie eine hohe Stellung bekleiden, wie sie der Beschwerdeführer eingenommen hat.
Auch subjektiv ist der Fall schwer. Der Beschwerdeführer hat vorsätzlich gehandelt; er hat der Beteiligung zugestimmt, sie also gewollt. Gewiss ist der Anstoss immer wieder von seinem Bruder B. ausgegangen; doch war der Beschwerdeführer als Beamter verpflichtet, die Angebote des Bruders zurückzuweisen. Wenn er seinerzeit die ganze Schwere seines Fehlers nicht eingesehen hat, so vermag ihn dies nicht zu entlasten. Er hatte zur Zeit, da B. X. erstmals eine Teilung der Vergütungen der VA vorgeschlagen hat, selber bei den Verhandlungen über die Beschaffung britischer Panzerwagen als Vertreter der Eidgenossenschaft mitzuwirken, und es konnte ihm schon damals nicht entgehen, dass mit umfangreichen Lieferungen der VA an den Bund zu rechnen war. Er hätte von Anfang an nach kurzer Überlegung sich Rechenschaft darüber geben müssen, dass seine Beteiligung an den Zuwendungen der VA aus dem Vertretungsverhältnis absolut unzulässig war. Besonders schwerwiegend ist, dass er sich auch durch die Unterredung mit Minister T. im Sommer 1955 von seiner disziplinwidrigen Haltung nicht hat abbringen lassen. Wenn auch der Inhalt des Gespräches von den Teilnehmern etwas verschieden dargestellt wird, so steht doch fest, dass der Beschwerdeführer damals gewarnt worden ist.
Dass es sich um eine Abmachung unter Brüdern handelt, spricht nicht zugunsten des Beschwerdeführers. Im Gegenteil bilden persönliche finanzielle Vorteile, die dem Beamten von einem Verwandten gewährt werden, für das Ansehen des Gemeinwesens eine erhöhte Gefahr, weil dann der Verdacht eines Missbrauches der amtlichen Stellung besonders nahe liegt.
8. Der fehlbare Beamte darf auch dann, wenn er erstmals wegen einer schweren Dienstpflichtverletzung zur Verantwortung gezogen wird, mit der Entlassung bestraft werden, sofern die Interessen der Verwaltung durch die Verfehlung derart beeinträchtigt sind, dass es sich rechtfertigt, sofort die schwerste Disziplinarstrafe zu verhängen, damit eine Wiederholung ähnlicher Vorkommnisse nach Möglichkeit vermieden wird; in einem solchen Falle kann der Verwaltung nicht zugemutet werden, sich für einmal mit einer leichteren Strafe zu begnügen und damit allenfalls gemäss Art. 31 Abs. 2 BtG die Androhung der Entlassung zu verbinden (BGE 74 I 91,BGE 77 I 91). So verhält es sich hier. Es ist undenkbar, dass ein hoher Militärbeamter im Range eines Obersten im Amte bleiben kann, wenn er, wie es der Beschwerdeführer getan hat, beträchtliche Vorteile annimmt, die ihm im Zusammenhang mit Heereslieferungen angeboten werden. Ein solches Verhalten lässt darauf schliessen, dass es ihm an der Gesinnung fehlt, die von einem Beamten in seiner Stellung erwartet werden darf und muss. Dem Beschwerdeführer kann dieser Vorwurf auch dann nicht erspart werden, wenn darüber hinweggesehen wird, dass er schon im Jahre 1948 die erforderliche Zurückhaltung nicht geübt hat, indem er von der X. AG eine Belohnung für "Auftragswerbung" entgegengenommen hat.
Rechtfertigt somit allein schon die Beteiligung des Beschwerdeführers an den Vergütungen der VA aus dem Vertretungsverhältnis die disziplinarische Entlassung, so stellt sich die Frage nicht, ob die von der Verwaltung ebenfalls geahndete leichtere Verfehlung, die Nichteinholung der Ermächtigung der Behörde zur Tätigkeit im Verwaltungsrat der X. AG, einen Einfluss auf die Strafe hätte.
Es ist nicht bestritten und wird zutreffen, dass der Beschwerdeführer, abgesehen von den Verstössen, um die es geht, seine Pflichten als Beamter und Offizier gewissenhaft erfüllt hat, doch wird er dadurch nicht in einem Masse entlastet, dass die disziplinarische Entlassung als nicht gerechtfertigt erschiene.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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Diritto disciplinare: Revoca di un funzionario federale dell'amministrazione militare a motivo della sua partecipazione finanziaria a un'azienda privata che fornisce alla Confederazione materiale per l'esercito.
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83 I 311
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83 I 311
Sachverhalt ab Seite 312
A.- Am 17. Mai 1956 verkauften die Erben des Landwirts Ernst Siegenthaler dessen Heimwesen in Münsingen, umfassend 691 a Acker- und Wiesland und 231 a Wald, für Fr. 245 000.-- an Armin Marti, Ingenieur und Teilhaber mehrerer Baufirmen in Bern. Gegen diesen Kaufvertrag erhob der Grundbuchverwalter von Konolfingen Einspruch auf Grund von Art. 19 Abs. 1 lit. a des BG über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes vom 12. Juni 1951 (EGG). Der Regierungsstatthalter von Konolfingen bestätigte den Einspruch, ebenso auf Beschwerde beider Vertragsparteien hin der Regierungsrat des Kantons Bern durch Entscheid vom 26. März 1957.
Der Regierungsrat führt aus, es sei nicht nachgewiesen, dass eine eigentliche Spekulation vorliege, ein Erwerb in der Absicht, das Kaufsobjekt möglichst bald mit grösstem Gewinn wieder zu veräussern. Es gehe dem Käufer vielmehr um eine Kapitalanlage, wie er offen zugestehe. Auch der Erwerb zu diesem Zwecke falle jedoch unter Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG, "nenne man nun ein solches Vorgehen Spekulation im weitern Sinne oder Güteraufkauf". Wenn hier auch das Bestreben, durch Umsatz einen Gewinn zu erzielen, nicht im Vordergrund stehe, so dürfte es doch ebenfalls vorhanden sein. Wie bei der eigentlichen Spekulation liege auch hier das Ziel nicht im Aufbau einer bäuerlichen Existenz, sondern auf einer "geldmässig orientierten Ebene". Wer eine Mangelware zum Zwecke der Kapitalanlage erwerbe, obwohl er sie nicht eigentlich benötige, sei ein Güteraufkäufer. Ob er dies zum erstenmal tue oder nicht, spiele keine Rolle; es komme einzig auf den Beweggrund an.
B.- Mit verwaltungsgerichtlicher Beschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrates beantragen die Erben Siegenthaler die Aufhebung des Einspruches. Sie machen geltend, die Auffassung des Regierungsrates sei gesetzwidrig; sie sei mit dem Ergebnis der Beratung des Gesetzes in der Bundesversammlung nicht vereinbar.
C.- Der Regierungsrat des Kantons Bern schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
D.- Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement enthält sich eines Antrages. Es weist darauf hin, dass der Erwerb landwirtschaftlicher Heimwesen durch Nichtlandwirte das bereits ungenügende Angebot noch verknappe; je kleiner das Angebot im Verhältnis zur Nachfrage sei, desto eher müsse ein Kauf als Aufkauf bezeichnet werden; in Betracht falle auch, ob und inwieweit der Käufer das Heimwesen brauche.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. .....
2. Da das EGG weder die Spekulation noch den Güteraufkauf näher umschreibt, sind die beiden Begriffe, die dem Wirtschaftsleben angehören, nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auszulegen.
Unter Spekulation versteht man landläufig den Erwerb eines Wirtschaftsgutes in der Absicht, es bei sich bietender Gelegenheit, möglichst bald, mit Gewinn wieder zu veräussern. Der gleichen Auffassung sind auch die vom Regierungsrat angerufenen Autoren, namentlich JOST (Handkommentar zum EGG, N. 4 zu Art. 19) und JENNY (Die Grundzüge des bäuerlichen Bodenrechts, in Schweiz. Zeitschrift für Beurkundungs- und Grundbuchrecht, Jg. 30, S. 306). Dieser stellt freilich der von ihm so umschriebenen "Bodenspekulation im engern Sinne" die Kapitalanlage in Grund und Boden als "Bodenspekulation im weitern Sinne" gegenüber und fordert deren Einbeziehung in die Einsprachegründe, a.a.O. de lege ferenda, an anderer Stelle (SJZ Jg. 30, S. 57/58) de lege lata, in Auslegung von Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG. Dass diese Bestimmung nicht den ihr von ihm beigelegten weitern, über den gewöhnlichen Sprachgebrauch hinausgehenden Sinn haben kann, ergibt sich jedoch schon aus ihrem Wortlaut, wonach der Spekulationszweck "offensichtlich" sein muss, und namentlich aus den Beratungen der Bundesversammlung. Ein Antrag, die Kapitalanlage neben der Spekulation zu nennen, wurde zuerst im Nationalrat gestellt und mit 54 gegen 48 Stimmen verworfen (StenBull 1948 NR S. 667-672). Nachdem der Ständerat den Güteraufkauf eingefügt hatte, beschloss der Nationalrat bei der Differenzenbereinigung zunächst, diesen durch die Kapitalanlage zu ersetzen (StenBull 1949 StR S. 343-345, NR S. 886-888); als aber der Ständerat ohne Gegenstimme an seiner Fassung festhielt, stimmte ihm der Nationalrat mit 59 gegen 42 Stimmen zu (Sten Bull 1950 StR S. 27, NR S. 690/691). Dabei handelt es sich nicht um Äusserungen einzelner Ratsmitglieder, die für den wirklichen Sinn des Gesetzes nicht massgebend sind, sondern um bewusste Stellungnahmen der Behörde als solcher; der Zusatz betreffend die Kapitalanlage wurde nicht etwa als überflüssig abgelehnt, weil diese mit unter die Spekulation falle, sondern in allen diesen Beratungen war man sich darüber einig, dass er eine Verschärfung darstelle (sowohl gegenüber der Spekulation als auch gegenüber dem Güteraufkauf), und diese wurde schliesslich verworfen. Der vom Gesetzgeber gewollte Entscheid darf nicht hinterher durch Umdeutung des von ihm angenommenen Textes umgangen werden. Davon, dass dessen Sinn durch die seitherige Entwicklung verändert worden sei, kann angesichts der Kürze der verflossenen Zeit keine Rede sein. Die Schwierigkeit für die Praxis, zwischen Spekulation und Kapitalanlage zuverlässig zu unterscheiden, ist nicht erst von den im Entscheid des Regierungsrates zitierten Autoren hervorgehoben worden (meist als Argument de lege ferenda, so von LIVER in ZSR 1949 S. 66); sie wurde schon in der ersten Diskussion im Nationalrat ausdrücklich erwähnt und in Kauf genommen. Sie darf nicht dazu führen, das Gesetz entgegen dem klaren Willen des Gesetzgebers auszulegen (ebenso KAUFMANN, Das neue landwirtschaftliche Bodenrecht der Schweiz, S. 84).
Mit der Überlegung, dass nicht geschützt werden solle, wer ein landwirtschaftliches Heimwesen nicht zum Aufbau einer bäuerlichen Existenz, sondern aus rein geldmässigen Erwägungen erwerben wolle, vertritt der Regierungsrat die Tendenz, den Erwerb solcher Heimwesen nur Landwirten zu ermöglichen. Diese Tendenz lag den Anregungen zugrunde, die zum Erlass des EGG geführt haben, wurde aber im Gesetz nicht verwirklicht. Mit ihr wurde auch der Einbezug der Absicht der Kapitalanlage in die Einsprachegründe abgelehnt; es wurde ein Unterschied gemacht zwischen der Erhaltung des Realwertes des Vermögens und der auf Gewinn gerichteten Spekulation. Demgemäss hat das Bundesgericht in seiner bisherigen Praxis Spekulation im Sinne des EGG nur angenommen, wenn Zweck des Erwerbes ein gewinnbringender Wiederverkauf ist, dagegen nicht, wenn eine dauernde Kapitalanlage beabsichtigt ist (Urteile vom 17. Februar 1956 i.S. Gasser und Mundwiler, vom 21. Dezember 1956 i.S. Werdenberg und i.S. Kellerhals und Koelz, nicht veröffentlicht). Hieran ist festzuhalten.
Da der Käufer Marti unbestrittenermassen keinen Gewinn durch Wiederverkauf, sondern eine dauernde Vermögensanlage beabsichtigt, liegt keine offensichtliche Spekulation vor.
3. Der Einsprachegrund des Güteraufkaufs wurde von der ständerätlichen Kommission in das Gesetz eingefügt und im Ständerat oppositionslos angenommen. Im Nationalrat wurde, wie bereits erwähnt, nur noch darüber diskutiert, ob er durch die Kapitalanlage zu ersetzen sei.
Mit dem Worte "Güteraufkauf" wird deutlich gesagt, dass es sich nicht einen einzelnen Kauf, sondern um den Erwerb einer Mehrheit von Gütern durch die gleiche Person handeln muss. Noch klarer kommt das in den romanischen Texten "accaparement", "accapparramento" zum Ausdruck, denen umso grössere Bedeutung zukommt, als die Anregung aus der romanischen Schweiz stammte (Sten-Bull 1949 StR S. 344, Votum des Bundesrates von Steiger).
Der Kauf eines einzigen landwirtschaftlichen Heimwesens oder einer einzigen zu einem solchen gehörenden Liegenschaft fällt grundsätzlich nicht darunter, gleichviel ob er von einem Landwirt oder von einem Nichtlandwirt getätigt wird. Immerhin kann schon beim Erwerb eines ersten Objektes der in Frage stehenden Art Güteraufkauf angenommen werden, wenn sich aus den Umständen mit genügender Sicherheit ("offensichtlich") ergibt, dass der Erwerber weitere derartige Geschäfte beabsichtigt im Bestreben, über seinen Bedarf hinaus möglichst viele solche Güter zusammenzukaufen. Dagegen vermag der blosse Umstand, dass ein einzelner Kauf eine Kapitalanlage bezweckt, noch keinen Güteraufkauf im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG zu begründen (zit. Urteil Kellerhals und Koelz). Dass das Gesetz zwischen diesen beiden Begriffen unterscheidet, ergibt sich klar aus dem Kampf zwischen den beiden Räten um die vom Nationalrat vorgeschlagene Ersetzung des Wortes "Güteraufkauf" durch "Kapitalanlage", wobei diese Verschärfung schliesslich abgelehnt wurde. Hieran ändert es nichts, dass durch den Erwerb auch einzelner landwirtschaftlicher Heimwesen oder einzelner zu einem solchen gehörender Liegenschaften durch Nichtlandwirte zur Kapitalanlage der bestehende Mangel an derartigen Objekten und die Tendenz zur Überzahlung noch verschärft werden. Der Versuch, auch hiegegen die Einsprache zu eröffnen, ist vom Gesetzgeber abgelehnt worden, und es geht nicht an, das nun doch zu tun durch eine ausdehnende, sowohl dem Wortlaut des Gesetzes als auch dem klaren Willen des Gesetzgebers widersprechende Auslegung des Begriffes des Güteraufkaufs.
Es steht fest, dass der Käufer Marti bisher kein landwirtschaftliches Heimwesen und auch keine zu einem solchen gehörende Liegenschaft erworben hat. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er entgegen seiner Versicherung ausser dem Bauerngut der Beschwerdeführer noch weitere solche Objekte zu erwerben beabsichtige; der Regierungsrat macht das auch nicht geltend. Unter diesen Umständen muss auch der Einsprachegrund des offensichtlichen Güteraufkaufs verneint werden. Der erhobene Einspruch erweist sich daher als unbegründet.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und der Einspruch für unbegründet erklärt.
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Einspruch gegen Liegenschaftskäufe: Begriffe der Spekulation und des Güteraufkaufs (Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG). Kauf zum Zwecke der Kapitalanlage.
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constitutional law and administrative law and public international law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-I-311%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 I 311
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83 I 311
Sachverhalt ab Seite 312
A.- Am 17. Mai 1956 verkauften die Erben des Landwirts Ernst Siegenthaler dessen Heimwesen in Münsingen, umfassend 691 a Acker- und Wiesland und 231 a Wald, für Fr. 245 000.-- an Armin Marti, Ingenieur und Teilhaber mehrerer Baufirmen in Bern. Gegen diesen Kaufvertrag erhob der Grundbuchverwalter von Konolfingen Einspruch auf Grund von Art. 19 Abs. 1 lit. a des BG über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes vom 12. Juni 1951 (EGG). Der Regierungsstatthalter von Konolfingen bestätigte den Einspruch, ebenso auf Beschwerde beider Vertragsparteien hin der Regierungsrat des Kantons Bern durch Entscheid vom 26. März 1957.
Der Regierungsrat führt aus, es sei nicht nachgewiesen, dass eine eigentliche Spekulation vorliege, ein Erwerb in der Absicht, das Kaufsobjekt möglichst bald mit grösstem Gewinn wieder zu veräussern. Es gehe dem Käufer vielmehr um eine Kapitalanlage, wie er offen zugestehe. Auch der Erwerb zu diesem Zwecke falle jedoch unter Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG, "nenne man nun ein solches Vorgehen Spekulation im weitern Sinne oder Güteraufkauf". Wenn hier auch das Bestreben, durch Umsatz einen Gewinn zu erzielen, nicht im Vordergrund stehe, so dürfte es doch ebenfalls vorhanden sein. Wie bei der eigentlichen Spekulation liege auch hier das Ziel nicht im Aufbau einer bäuerlichen Existenz, sondern auf einer "geldmässig orientierten Ebene". Wer eine Mangelware zum Zwecke der Kapitalanlage erwerbe, obwohl er sie nicht eigentlich benötige, sei ein Güteraufkäufer. Ob er dies zum erstenmal tue oder nicht, spiele keine Rolle; es komme einzig auf den Beweggrund an.
B.- Mit verwaltungsgerichtlicher Beschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrates beantragen die Erben Siegenthaler die Aufhebung des Einspruches. Sie machen geltend, die Auffassung des Regierungsrates sei gesetzwidrig; sie sei mit dem Ergebnis der Beratung des Gesetzes in der Bundesversammlung nicht vereinbar.
C.- Der Regierungsrat des Kantons Bern schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
D.- Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement enthält sich eines Antrages. Es weist darauf hin, dass der Erwerb landwirtschaftlicher Heimwesen durch Nichtlandwirte das bereits ungenügende Angebot noch verknappe; je kleiner das Angebot im Verhältnis zur Nachfrage sei, desto eher müsse ein Kauf als Aufkauf bezeichnet werden; in Betracht falle auch, ob und inwieweit der Käufer das Heimwesen brauche.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. .....
2. Da das EGG weder die Spekulation noch den Güteraufkauf näher umschreibt, sind die beiden Begriffe, die dem Wirtschaftsleben angehören, nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auszulegen.
Unter Spekulation versteht man landläufig den Erwerb eines Wirtschaftsgutes in der Absicht, es bei sich bietender Gelegenheit, möglichst bald, mit Gewinn wieder zu veräussern. Der gleichen Auffassung sind auch die vom Regierungsrat angerufenen Autoren, namentlich JOST (Handkommentar zum EGG, N. 4 zu Art. 19) und JENNY (Die Grundzüge des bäuerlichen Bodenrechts, in Schweiz. Zeitschrift für Beurkundungs- und Grundbuchrecht, Jg. 30, S. 306). Dieser stellt freilich der von ihm so umschriebenen "Bodenspekulation im engern Sinne" die Kapitalanlage in Grund und Boden als "Bodenspekulation im weitern Sinne" gegenüber und fordert deren Einbeziehung in die Einsprachegründe, a.a.O. de lege ferenda, an anderer Stelle (SJZ Jg. 30, S. 57/58) de lege lata, in Auslegung von Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG. Dass diese Bestimmung nicht den ihr von ihm beigelegten weitern, über den gewöhnlichen Sprachgebrauch hinausgehenden Sinn haben kann, ergibt sich jedoch schon aus ihrem Wortlaut, wonach der Spekulationszweck "offensichtlich" sein muss, und namentlich aus den Beratungen der Bundesversammlung. Ein Antrag, die Kapitalanlage neben der Spekulation zu nennen, wurde zuerst im Nationalrat gestellt und mit 54 gegen 48 Stimmen verworfen (StenBull 1948 NR S. 667-672). Nachdem der Ständerat den Güteraufkauf eingefügt hatte, beschloss der Nationalrat bei der Differenzenbereinigung zunächst, diesen durch die Kapitalanlage zu ersetzen (StenBull 1949 StR S. 343-345, NR S. 886-888); als aber der Ständerat ohne Gegenstimme an seiner Fassung festhielt, stimmte ihm der Nationalrat mit 59 gegen 42 Stimmen zu (Sten Bull 1950 StR S. 27, NR S. 690/691). Dabei handelt es sich nicht um Äusserungen einzelner Ratsmitglieder, die für den wirklichen Sinn des Gesetzes nicht massgebend sind, sondern um bewusste Stellungnahmen der Behörde als solcher; der Zusatz betreffend die Kapitalanlage wurde nicht etwa als überflüssig abgelehnt, weil diese mit unter die Spekulation falle, sondern in allen diesen Beratungen war man sich darüber einig, dass er eine Verschärfung darstelle (sowohl gegenüber der Spekulation als auch gegenüber dem Güteraufkauf), und diese wurde schliesslich verworfen. Der vom Gesetzgeber gewollte Entscheid darf nicht hinterher durch Umdeutung des von ihm angenommenen Textes umgangen werden. Davon, dass dessen Sinn durch die seitherige Entwicklung verändert worden sei, kann angesichts der Kürze der verflossenen Zeit keine Rede sein. Die Schwierigkeit für die Praxis, zwischen Spekulation und Kapitalanlage zuverlässig zu unterscheiden, ist nicht erst von den im Entscheid des Regierungsrates zitierten Autoren hervorgehoben worden (meist als Argument de lege ferenda, so von LIVER in ZSR 1949 S. 66); sie wurde schon in der ersten Diskussion im Nationalrat ausdrücklich erwähnt und in Kauf genommen. Sie darf nicht dazu führen, das Gesetz entgegen dem klaren Willen des Gesetzgebers auszulegen (ebenso KAUFMANN, Das neue landwirtschaftliche Bodenrecht der Schweiz, S. 84).
Mit der Überlegung, dass nicht geschützt werden solle, wer ein landwirtschaftliches Heimwesen nicht zum Aufbau einer bäuerlichen Existenz, sondern aus rein geldmässigen Erwägungen erwerben wolle, vertritt der Regierungsrat die Tendenz, den Erwerb solcher Heimwesen nur Landwirten zu ermöglichen. Diese Tendenz lag den Anregungen zugrunde, die zum Erlass des EGG geführt haben, wurde aber im Gesetz nicht verwirklicht. Mit ihr wurde auch der Einbezug der Absicht der Kapitalanlage in die Einsprachegründe abgelehnt; es wurde ein Unterschied gemacht zwischen der Erhaltung des Realwertes des Vermögens und der auf Gewinn gerichteten Spekulation. Demgemäss hat das Bundesgericht in seiner bisherigen Praxis Spekulation im Sinne des EGG nur angenommen, wenn Zweck des Erwerbes ein gewinnbringender Wiederverkauf ist, dagegen nicht, wenn eine dauernde Kapitalanlage beabsichtigt ist (Urteile vom 17. Februar 1956 i.S. Gasser und Mundwiler, vom 21. Dezember 1956 i.S. Werdenberg und i.S. Kellerhals und Koelz, nicht veröffentlicht). Hieran ist festzuhalten.
Da der Käufer Marti unbestrittenermassen keinen Gewinn durch Wiederverkauf, sondern eine dauernde Vermögensanlage beabsichtigt, liegt keine offensichtliche Spekulation vor.
3. Der Einsprachegrund des Güteraufkaufs wurde von der ständerätlichen Kommission in das Gesetz eingefügt und im Ständerat oppositionslos angenommen. Im Nationalrat wurde, wie bereits erwähnt, nur noch darüber diskutiert, ob er durch die Kapitalanlage zu ersetzen sei.
Mit dem Worte "Güteraufkauf" wird deutlich gesagt, dass es sich nicht einen einzelnen Kauf, sondern um den Erwerb einer Mehrheit von Gütern durch die gleiche Person handeln muss. Noch klarer kommt das in den romanischen Texten "accaparement", "accapparramento" zum Ausdruck, denen umso grössere Bedeutung zukommt, als die Anregung aus der romanischen Schweiz stammte (Sten-Bull 1949 StR S. 344, Votum des Bundesrates von Steiger).
Der Kauf eines einzigen landwirtschaftlichen Heimwesens oder einer einzigen zu einem solchen gehörenden Liegenschaft fällt grundsätzlich nicht darunter, gleichviel ob er von einem Landwirt oder von einem Nichtlandwirt getätigt wird. Immerhin kann schon beim Erwerb eines ersten Objektes der in Frage stehenden Art Güteraufkauf angenommen werden, wenn sich aus den Umständen mit genügender Sicherheit ("offensichtlich") ergibt, dass der Erwerber weitere derartige Geschäfte beabsichtigt im Bestreben, über seinen Bedarf hinaus möglichst viele solche Güter zusammenzukaufen. Dagegen vermag der blosse Umstand, dass ein einzelner Kauf eine Kapitalanlage bezweckt, noch keinen Güteraufkauf im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG zu begründen (zit. Urteil Kellerhals und Koelz). Dass das Gesetz zwischen diesen beiden Begriffen unterscheidet, ergibt sich klar aus dem Kampf zwischen den beiden Räten um die vom Nationalrat vorgeschlagene Ersetzung des Wortes "Güteraufkauf" durch "Kapitalanlage", wobei diese Verschärfung schliesslich abgelehnt wurde. Hieran ändert es nichts, dass durch den Erwerb auch einzelner landwirtschaftlicher Heimwesen oder einzelner zu einem solchen gehörender Liegenschaften durch Nichtlandwirte zur Kapitalanlage der bestehende Mangel an derartigen Objekten und die Tendenz zur Überzahlung noch verschärft werden. Der Versuch, auch hiegegen die Einsprache zu eröffnen, ist vom Gesetzgeber abgelehnt worden, und es geht nicht an, das nun doch zu tun durch eine ausdehnende, sowohl dem Wortlaut des Gesetzes als auch dem klaren Willen des Gesetzgebers widersprechende Auslegung des Begriffes des Güteraufkaufs.
Es steht fest, dass der Käufer Marti bisher kein landwirtschaftliches Heimwesen und auch keine zu einem solchen gehörende Liegenschaft erworben hat. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er entgegen seiner Versicherung ausser dem Bauerngut der Beschwerdeführer noch weitere solche Objekte zu erwerben beabsichtige; der Regierungsrat macht das auch nicht geltend. Unter diesen Umständen muss auch der Einsprachegrund des offensichtlichen Güteraufkaufs verneint werden. Der erhobene Einspruch erweist sich daher als unbegründet.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und der Einspruch für unbegründet erklärt.
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Opposition contre des ventes d'immeubles: Comment faut-il définir la spéculation et l'accaparement (art. 19 al. 1 lit. a LPR). Achat aux fins de placement.
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constitutional law and administrative law and public international law
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83 I 311
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83 I 311
Sachverhalt ab Seite 312
A.- Am 17. Mai 1956 verkauften die Erben des Landwirts Ernst Siegenthaler dessen Heimwesen in Münsingen, umfassend 691 a Acker- und Wiesland und 231 a Wald, für Fr. 245 000.-- an Armin Marti, Ingenieur und Teilhaber mehrerer Baufirmen in Bern. Gegen diesen Kaufvertrag erhob der Grundbuchverwalter von Konolfingen Einspruch auf Grund von Art. 19 Abs. 1 lit. a des BG über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes vom 12. Juni 1951 (EGG). Der Regierungsstatthalter von Konolfingen bestätigte den Einspruch, ebenso auf Beschwerde beider Vertragsparteien hin der Regierungsrat des Kantons Bern durch Entscheid vom 26. März 1957.
Der Regierungsrat führt aus, es sei nicht nachgewiesen, dass eine eigentliche Spekulation vorliege, ein Erwerb in der Absicht, das Kaufsobjekt möglichst bald mit grösstem Gewinn wieder zu veräussern. Es gehe dem Käufer vielmehr um eine Kapitalanlage, wie er offen zugestehe. Auch der Erwerb zu diesem Zwecke falle jedoch unter Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG, "nenne man nun ein solches Vorgehen Spekulation im weitern Sinne oder Güteraufkauf". Wenn hier auch das Bestreben, durch Umsatz einen Gewinn zu erzielen, nicht im Vordergrund stehe, so dürfte es doch ebenfalls vorhanden sein. Wie bei der eigentlichen Spekulation liege auch hier das Ziel nicht im Aufbau einer bäuerlichen Existenz, sondern auf einer "geldmässig orientierten Ebene". Wer eine Mangelware zum Zwecke der Kapitalanlage erwerbe, obwohl er sie nicht eigentlich benötige, sei ein Güteraufkäufer. Ob er dies zum erstenmal tue oder nicht, spiele keine Rolle; es komme einzig auf den Beweggrund an.
B.- Mit verwaltungsgerichtlicher Beschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrates beantragen die Erben Siegenthaler die Aufhebung des Einspruches. Sie machen geltend, die Auffassung des Regierungsrates sei gesetzwidrig; sie sei mit dem Ergebnis der Beratung des Gesetzes in der Bundesversammlung nicht vereinbar.
C.- Der Regierungsrat des Kantons Bern schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
D.- Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement enthält sich eines Antrages. Es weist darauf hin, dass der Erwerb landwirtschaftlicher Heimwesen durch Nichtlandwirte das bereits ungenügende Angebot noch verknappe; je kleiner das Angebot im Verhältnis zur Nachfrage sei, desto eher müsse ein Kauf als Aufkauf bezeichnet werden; in Betracht falle auch, ob und inwieweit der Käufer das Heimwesen brauche.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. .....
2. Da das EGG weder die Spekulation noch den Güteraufkauf näher umschreibt, sind die beiden Begriffe, die dem Wirtschaftsleben angehören, nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auszulegen.
Unter Spekulation versteht man landläufig den Erwerb eines Wirtschaftsgutes in der Absicht, es bei sich bietender Gelegenheit, möglichst bald, mit Gewinn wieder zu veräussern. Der gleichen Auffassung sind auch die vom Regierungsrat angerufenen Autoren, namentlich JOST (Handkommentar zum EGG, N. 4 zu Art. 19) und JENNY (Die Grundzüge des bäuerlichen Bodenrechts, in Schweiz. Zeitschrift für Beurkundungs- und Grundbuchrecht, Jg. 30, S. 306). Dieser stellt freilich der von ihm so umschriebenen "Bodenspekulation im engern Sinne" die Kapitalanlage in Grund und Boden als "Bodenspekulation im weitern Sinne" gegenüber und fordert deren Einbeziehung in die Einsprachegründe, a.a.O. de lege ferenda, an anderer Stelle (SJZ Jg. 30, S. 57/58) de lege lata, in Auslegung von Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG. Dass diese Bestimmung nicht den ihr von ihm beigelegten weitern, über den gewöhnlichen Sprachgebrauch hinausgehenden Sinn haben kann, ergibt sich jedoch schon aus ihrem Wortlaut, wonach der Spekulationszweck "offensichtlich" sein muss, und namentlich aus den Beratungen der Bundesversammlung. Ein Antrag, die Kapitalanlage neben der Spekulation zu nennen, wurde zuerst im Nationalrat gestellt und mit 54 gegen 48 Stimmen verworfen (StenBull 1948 NR S. 667-672). Nachdem der Ständerat den Güteraufkauf eingefügt hatte, beschloss der Nationalrat bei der Differenzenbereinigung zunächst, diesen durch die Kapitalanlage zu ersetzen (StenBull 1949 StR S. 343-345, NR S. 886-888); als aber der Ständerat ohne Gegenstimme an seiner Fassung festhielt, stimmte ihm der Nationalrat mit 59 gegen 42 Stimmen zu (Sten Bull 1950 StR S. 27, NR S. 690/691). Dabei handelt es sich nicht um Äusserungen einzelner Ratsmitglieder, die für den wirklichen Sinn des Gesetzes nicht massgebend sind, sondern um bewusste Stellungnahmen der Behörde als solcher; der Zusatz betreffend die Kapitalanlage wurde nicht etwa als überflüssig abgelehnt, weil diese mit unter die Spekulation falle, sondern in allen diesen Beratungen war man sich darüber einig, dass er eine Verschärfung darstelle (sowohl gegenüber der Spekulation als auch gegenüber dem Güteraufkauf), und diese wurde schliesslich verworfen. Der vom Gesetzgeber gewollte Entscheid darf nicht hinterher durch Umdeutung des von ihm angenommenen Textes umgangen werden. Davon, dass dessen Sinn durch die seitherige Entwicklung verändert worden sei, kann angesichts der Kürze der verflossenen Zeit keine Rede sein. Die Schwierigkeit für die Praxis, zwischen Spekulation und Kapitalanlage zuverlässig zu unterscheiden, ist nicht erst von den im Entscheid des Regierungsrates zitierten Autoren hervorgehoben worden (meist als Argument de lege ferenda, so von LIVER in ZSR 1949 S. 66); sie wurde schon in der ersten Diskussion im Nationalrat ausdrücklich erwähnt und in Kauf genommen. Sie darf nicht dazu führen, das Gesetz entgegen dem klaren Willen des Gesetzgebers auszulegen (ebenso KAUFMANN, Das neue landwirtschaftliche Bodenrecht der Schweiz, S. 84).
Mit der Überlegung, dass nicht geschützt werden solle, wer ein landwirtschaftliches Heimwesen nicht zum Aufbau einer bäuerlichen Existenz, sondern aus rein geldmässigen Erwägungen erwerben wolle, vertritt der Regierungsrat die Tendenz, den Erwerb solcher Heimwesen nur Landwirten zu ermöglichen. Diese Tendenz lag den Anregungen zugrunde, die zum Erlass des EGG geführt haben, wurde aber im Gesetz nicht verwirklicht. Mit ihr wurde auch der Einbezug der Absicht der Kapitalanlage in die Einsprachegründe abgelehnt; es wurde ein Unterschied gemacht zwischen der Erhaltung des Realwertes des Vermögens und der auf Gewinn gerichteten Spekulation. Demgemäss hat das Bundesgericht in seiner bisherigen Praxis Spekulation im Sinne des EGG nur angenommen, wenn Zweck des Erwerbes ein gewinnbringender Wiederverkauf ist, dagegen nicht, wenn eine dauernde Kapitalanlage beabsichtigt ist (Urteile vom 17. Februar 1956 i.S. Gasser und Mundwiler, vom 21. Dezember 1956 i.S. Werdenberg und i.S. Kellerhals und Koelz, nicht veröffentlicht). Hieran ist festzuhalten.
Da der Käufer Marti unbestrittenermassen keinen Gewinn durch Wiederverkauf, sondern eine dauernde Vermögensanlage beabsichtigt, liegt keine offensichtliche Spekulation vor.
3. Der Einsprachegrund des Güteraufkaufs wurde von der ständerätlichen Kommission in das Gesetz eingefügt und im Ständerat oppositionslos angenommen. Im Nationalrat wurde, wie bereits erwähnt, nur noch darüber diskutiert, ob er durch die Kapitalanlage zu ersetzen sei.
Mit dem Worte "Güteraufkauf" wird deutlich gesagt, dass es sich nicht einen einzelnen Kauf, sondern um den Erwerb einer Mehrheit von Gütern durch die gleiche Person handeln muss. Noch klarer kommt das in den romanischen Texten "accaparement", "accapparramento" zum Ausdruck, denen umso grössere Bedeutung zukommt, als die Anregung aus der romanischen Schweiz stammte (Sten-Bull 1949 StR S. 344, Votum des Bundesrates von Steiger).
Der Kauf eines einzigen landwirtschaftlichen Heimwesens oder einer einzigen zu einem solchen gehörenden Liegenschaft fällt grundsätzlich nicht darunter, gleichviel ob er von einem Landwirt oder von einem Nichtlandwirt getätigt wird. Immerhin kann schon beim Erwerb eines ersten Objektes der in Frage stehenden Art Güteraufkauf angenommen werden, wenn sich aus den Umständen mit genügender Sicherheit ("offensichtlich") ergibt, dass der Erwerber weitere derartige Geschäfte beabsichtigt im Bestreben, über seinen Bedarf hinaus möglichst viele solche Güter zusammenzukaufen. Dagegen vermag der blosse Umstand, dass ein einzelner Kauf eine Kapitalanlage bezweckt, noch keinen Güteraufkauf im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG zu begründen (zit. Urteil Kellerhals und Koelz). Dass das Gesetz zwischen diesen beiden Begriffen unterscheidet, ergibt sich klar aus dem Kampf zwischen den beiden Räten um die vom Nationalrat vorgeschlagene Ersetzung des Wortes "Güteraufkauf" durch "Kapitalanlage", wobei diese Verschärfung schliesslich abgelehnt wurde. Hieran ändert es nichts, dass durch den Erwerb auch einzelner landwirtschaftlicher Heimwesen oder einzelner zu einem solchen gehörender Liegenschaften durch Nichtlandwirte zur Kapitalanlage der bestehende Mangel an derartigen Objekten und die Tendenz zur Überzahlung noch verschärft werden. Der Versuch, auch hiegegen die Einsprache zu eröffnen, ist vom Gesetzgeber abgelehnt worden, und es geht nicht an, das nun doch zu tun durch eine ausdehnende, sowohl dem Wortlaut des Gesetzes als auch dem klaren Willen des Gesetzgebers widersprechende Auslegung des Begriffes des Güteraufkaufs.
Es steht fest, dass der Käufer Marti bisher kein landwirtschaftliches Heimwesen und auch keine zu einem solchen gehörende Liegenschaft erworben hat. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er entgegen seiner Versicherung ausser dem Bauerngut der Beschwerdeführer noch weitere solche Objekte zu erwerben beabsichtige; der Regierungsrat macht das auch nicht geltend. Unter diesen Umständen muss auch der Einsprachegrund des offensichtlichen Güteraufkaufs verneint werden. Der erhobene Einspruch erweist sich daher als unbegründet.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und der Einspruch für unbegründet erklärt.
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Opposizione alla vendita di immobili: Nozioni di speculazione e di accaparramento (art. 19, cp. 1, lett. a LPF). Acquisto a scopo di investimento.
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-I-311%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 I 317
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83 I 317
Sachverhalt ab Seite 317
A.- Die Baumgartner frères SA, die in Grenchen eine Roskopf-Ebauches-Fabrik betreibt, hat für Automobilisten, welche Parkplätze mit zeitlicher Einschränkung benützen, ein Warninstrument ("Parking-Timer") im Format einer Armbanduhr konstruiert. Der Apparat enthält ein Uhrwerk und eine Alarmvorrichtung, welche vor Überschreitung der Parkzeit warnen soll. Ende 1953 teilte die Firma Baumgartner dem eidg. Volkswirtschaftsdepartement mit, sie sei der Ansicht, den "Parking-Timer" ohne Bewilligung fabrizieren zu dürfen, weil er nicht eine Uhr im Sinne des Uhrenstatutes (UB) sei; für den Fall, dass ihr Standpunkt abgelehnt würde, ersuchte sie um Erteilung der Bewilligung.
Das Departement gab ihr am 16. Februar 1954 gestützt auf den Befund der beratenden Kommission der Uhrenindustrie den "definitiven Bescheid", dass eine Bewilligung nicht notwendig sei, weil es sich in erster Linie um eine Warnvorrichtung handle und das Werk für deren Auslösung technisch nicht als Zeitmesser im Sinne von Art. 1 Abs. 2 UB angesprochen werden könne. Darauf nahm die Firma die Fabrikation des "Parking-Timers" auf.
In der Folge vernahm das Departement, dass die Baumgartner frères SA auch "Zähler für Sportzwecke" (Sportstoppuhren, compteurs de sport) im Format einer Taschenuhr herstellt. Die beratende Kommission fand nun, dass hiefür nach dem Uhrenstatut eine Bewilligung erforderlich sei, desgleichen, entgegen ihrer früheren Stellungnahme, für die Fabrikation der "Parking-Timer". Die Firma bestritt dies, wobei sie sich auf ein Rechtsgutachten von Prof. René Rosset und einen Bericht berief, den Max Wyss, Direktor der kantonalen Uhrmacherschule in Biel, dem Obergericht des Kantons Solothurn in einer Strafsache erstattet hatte. Henri Rivier, Vorsteher des Sekretariates der Délégations réunies, teilte dagegen die geänderte Auffassung der beratenden Kommission.
Am 29. März 1956 entschied das Departement, dass die von der Firma Baumgartner konstruierten "Sportzähleruhren" als Uhren im Sinne von Art. 1 Abs. 2 UB gelten und dass ihre Herstellung gemäss Art. 3 Abs. 1 ebenda bewilligungspflichtig sei.
Mit "Wiedererwägungsentscheid" vom 7. August 1956 stellte es dasselbe auch für den Apparat "Parking-Timer" fest und erteilte gleichzeitig gestützt auf Art. 4 Abs. 2 UB der Firma Baumgartner die Bewilligung für dessen Herstellung, wobei es die Festsetzung der Arbeiterzahl und der Bewilligungsgebühr späterer Entscheidung vorbehielt.
B.- Die Firma Baumgartner hat zunächst gegen den Entscheid vom 29. März und sodann auch gegen denjenigen vom 7. August 1956 Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Sie beantragt, die Entscheide aufzuheben und zu erkennen, dass die Herstellung der von ihr konstruierten "Zähler für Sportzwecke" und "Parking-Timer" nicht bewilligungspflichtig sei. Eventuell sei der Entscheid vom 7. August 1956 insoweit aufzuheben, als er nur die Fabrikation der "Parking-Timer" bewilligt, und zu verfügen, a) dass die Beschwerdeführerin ermächtigt sei, allgemein Uhren - oder dann allgemein Instrumente, die nur eine Zeitspanne messen - zu fabrizieren, b) dass das Departement der Beschwerdeführerin die Arbeiterzahl zu bewilligen habe, die für eine rationelle Organisation der erlaubten Fabrikation notwendig sei.
C.- Das Departement, unterstützt von der Schweizerischen Uhrenkammer und weiteren Organisationen der Uhrenindustrie, stellt den Antrag, die Hauptbegehren der Beschwerdeführerin abzuweisen und auf die Eventualbegehren nicht einzutreten.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Betrieb der Beschwerdeführerin ist seinerzeit im Verzeichnis der Unternehmungen der Uhrenindustrie als Roskopf-Ebauches-Fabrik eingetragen worden. Die Beschwerdeführerin hat sich entschlossen, neben Roskopf-Ebauches auch fertige "Zähler für Sportzwecke" und "Parking-Timer" herzustellen. Diese zusätzliche Fabrikation unterliegt nach Art. 3 Abs. 1 UB der Bewilligungspflicht, sofern sie zur Uhrenindustrie im Sinne des Uhrenstatutes gehört. Ob dies der Fall sei, ist eine Vorfrage, für deren Entscheidung das eidg. Volkswirtschaftsdepartement als Bewilligungsbehörde zuständig ist. Das Departement hat in den Entscheiden, die Gegenstand der Beschwerden sind, die Frage für beide Erzeugnisse bejaht und daher deren Herstellung als bewilligungspflichtig erklärt. Das Bundesgericht hat diesen Standpunkt frei zu überprüfen, da er eine Rechtsfrage betrifft.
2. Die Herstellung der von der Beschwerdeführerin konstruierten "Zähler für Sportzwecke" und "Parking-Timer" gehört nach Art. 1 UB zur Uhrenindustrie im Sinne des Uhrenstatutes, wenn diese Apparate unter Abs. 2 dieser Bestimmung fallen, wonach als Uhren oder Uhrwerke im Sinne des Statutes Zeitmessinstrumente gelten, deren Werk in der Breite, Höhe oder im Durchmesser 60 mm oder in der Dicke 30 mm, gemessen am Boden und an der Brücke, nicht überschreitet. Die Werke der genannten Produkte überschreiten diese Masse nicht. Die fertigen Apparate dienen der Messung der Zeit während beschränkter Dauer; sie sind Kurzzeitmesser. Das gilt auch für den "Parking-Timer". Mit Recht ist das Departement von der im Bescheid vom 16. Februar 1954 vertretenen Auffassung abgegangen, dass dieser Apparat nicht als Zeitmesser betrachtet werden könne, weil er in erster Linie ein Warninstrument sei. In der Tat ist die Warnvorrichtung dazu bestimmt, den Benützer auf den Ablauf der Parkzeit (oder eventuell einer anderen Zeitdauer) aufmerksam zu machen, auf die der Mechanismus des Werkes eingestellt worden ist. Sie ist daher Bestandteil eines Kurzzeitmessers. Sowohl die "Zähler für Sportzwecke" (Sportstoppuhren) als auch die "Parking-Timer" stellen somit Zeitmessinstrumente im Sinne von Art. 1 Abs. 2 UB dar.
a) Die Beschwerdeführerin wendet vor allem ein, massgebend seien die in den romanischen Texten dieser Bestimmung verwendeten Ausdrücke "appareils à mesurer le temps", "apparecchi per misurare il tempo". Aus ihnen ergebe sich, dass "appareils à mesurer un temps" nicht unter das Uhrenstatut fallen. Die romanischen Fassungen präzisierten die deutsche, die aus sprachlichen Gründen zu weit sei. "Appareils à mesurer le temps" seien Instrumente zur Feststellung des gegenwärtigen Zeitpunktes im Zeitablauf, d.h. zur Ablesung der jeweiligen Tages- oder Nachtzeit, während mit "appareils à mesurer un temps" lediglich die Dauer eines kurzfristigen Vorganges gemessen werde. Die in Frage stehenden Produkte gehörten zur zweiten Gruppe und seien daher keine Uhren im Sinne des Uhrenstatutes.
Der Auslegung der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden. Nicht nur die Instrumente, auf denen abgelesen werden kann, wieviel Uhr es ist, messen "le temps", sondern auch die Kurzzeitmesser, zu denen die von der Beschwerdeführerin hergestellten Sportstoppuhren und "Parking-Timer" zu rechnen sind. Alle diese Apparate vermitteln dem Benützer Angaben über den Ablauf "der Zeit", wobei immer die Einheiten verwendet werden, die der Messung der gesetzlichen Zeit zugrunde gelegt werden (Stunden, Minuten, Sekunden). Der Unterschied besteht nur darin, dass die "klassischen" Uhren fortlaufend (mit der Genauigkeit, die ihr Werk gestattet) die gesetzliche Zeit angeben, während die Kurzzeitmesser dazu dienen, die mehr oder weniger beschränkte Dauer eines Vorganges von einem im Apparat eingestellten Nullpunkt an zu messen, was bedingt, dass der Gang des Werkes unterbrochen wird. Das Uhrenstatut trifft aber diese Unterscheidung nicht, sondern spricht einfach von Zeitmessinstrumenten, appareils à mesurer le temps. Darunter fallen neben den Instrumenten, welche angeben, wieviel Uhr es ist, mangels einer Ausnahmebestimmung offensichtlich auch die Apparate mit unterbrochenem Gang, welche bestimmt sind, die von einem Nullpunkt an während eines Vorganges ablaufende Zeit zu messen. Anders wäre es, wenn die Uhr im Statut etwa als "instrument indiquant l'heure" (vgl. Art. 4 Ziff. 18 der Kollektiv-Konvention der schweizerischen Uhrenindustrie) umschrieben wäre.
b) Die Annahme, dass Kurzzeitmesser ebenfalls Uhren im Sinne des Uhrenstatutes sind, entspricht auch dem Zweck dieses Erlasses, die inländische Uhrenindustrie zu schützen. Gewiss hat die Fabrikation solcher Instrumente für die schweizerische Volkswirtschaft bei weitem nicht die gleiche Bedeutung wie die Herstellung der eigentlichen Uhren. Aber wie das Departement feststellt, enthalten beide Arten von Erzeugnissen teilweise die gleichen Bestandteile. Wären die Kurzzeitmesser von der Ordnung des Uhrenstatutes ausgenommen, so wäre die Herstellung und die Ausfuhr solcher Teile und der zur Fabrikation notwendigen Spezialwerkzeuge frei oder umgekehrt den im Uhrenstatut vorgesehenen Beschränkungen unterworfen, je nachdem die Artikel für die eine oder für die andere Verwendung bestimmt wären, was zu Missbräuchen führen müsste, da eine wirksame Kontrolle kaum möglich oder jedenfalls nur schwer durchführbar wäre. Es erscheint daher als sachlich richtig, dass auch die Kurzzeitmesser zu den Uhren im Sinne des Statutes gerechnet werden. Der Einwand der Beschwerdeführerin, dass eine Reihe von Artikeln, wie Decolletages, Steine oder Gläser, in gleicher Weise für die Uhrenindustrie wie für andere Industrien verwendet werden können, ist nicht schlüssig, weil die Uhrenindustrie, wie das Departement ausführt, in der Regel nicht nur besondere Formen und Grössen benötigt, sondern namentlich auch höhere Anforderungen an die Präzision stellt als andere Industrien, so dass die Kontrolle in den betreffenden Sektoren kaum je auf Schwierigkeiten stösst. Hätte die Unterstellung der Stoppuhren und verwandter Produkte unter das Statut und damit unter die von den Verbänden der Uhrenindustrie aufgestellten Preisvorschriften zur Folge, dass die Fabrikation als unwirtschaftlich aufgegeben werden müsste, wie die Beschwerdeführerin weiter behauptet, so wäre das kein Grund, die Anwendung des Statutes auszuschliessen. Es wäre gegebenenfalls Sache der Verbände, die Tarife den Umständen anzupassen. Übrigens erklärt das Departement, dass zahlreiche Unternehmungen mit Gewinn Stoppuhren herstellen.
c) Max Wyss, Direktor der Uhrmacherschule Biel, und ihm folgend das solothurnische Obergericht haben angenommen, dass die Praxis bisher die Kurzzeitmesser nie als Uhren im Sinne der Gesetzgebung über die Uhrenindustrie betrachtet habe. Das Gegenteil trifft zu, wie sich aus den Feststellungen des Departementes und des Sekretariates der Délégations réunies ergibt. Aus dem Bescheid des Departementes vom 16. Februar 1954 betreffend die von der Beschwerdeführerin konstruierten "Parking-Timer" kann nichts anderes abgeleitet werden; er beruht nicht auf der Erwägung, dass Kurzzeitmesser nicht unter Art. 1 Abs. 2 UB fallen, sondern auf der - unrichtigen - Überlegung, dass der "Parking-Timer" kein Zeitmessinstrument im Sinne dieser Vorschrift sei. Es unterliegt auch keinem Zweifel, dass die frühere Bundesgesetzgebung über die Uhrenindustrie die Stoppuhren und dergleichen miterfasst hat. In den Bundesratsbeschlüssen über die Ordnung der Arbeit in der nicht fabrikmässigen Uhrenindustrie von 1936/1937, 1939, 1942 und 1945/48 (A.S. 52, 778; 53, 1121; 55, 1556; 58, 1229; 61, 1126; 64, 1265) war die Herstellung der "Stoppuhren" bzw. "Stopp- und Sportuhren" ausdrücklich als zur Uhrenindustrie gehörig aufgeführt, und die in die Bundesratsbeschlüsse zum Schutze der schweizerischen Uhrenindustrie von 1936, 1937, 1939/1942, 1945 und 1948 (A.S. 52, 143; 53, 1115; 55, 1549; 58, 1163; 61, 1115; 64, 1266) aufgenommene Regelung der Ausfuhrbewilligungen für Uhren usw. hat unter anderm auf Nr. 935 d des Zolltarifs (Chronographen, Repetieruhren, Taschenuhren mit Läutewerk usw.) verwiesen, worunter gemäss einer vor dem 5. Februar 1932 getroffenen Verfügung des Bundesrates auch "Sportzähler" ("compteurs pour sports") fallen. Wird das geltende Uhrenstatut mit dieser Ordnung verglichen, so bestätigt sich, dass ihm die Stoppuhren und ähnlichen Kurzzeitmesser ebenfalls unterstellt sind. Die Verweisung auf die Zolltarif-Nr. 935 d findet sich wieder in Art. 2 Abs. 2 UB - wonach die Ausfuhr fertiger Uhren zwar nicht mehr bewilligungspflichtig ist, aber doch, zur Verhinderung von Missbräuchen, von der Zollverwaltung kontrolliert wird -, während Art. 1 Abs. 2 UB den Begriff der Uhr im wesentlichen gleich umschreibt, wie es schon in den Bundesratsbeschlüssen zum Schutze der Uhrenindustrie von 1937, 1939/1942, 1945 und 1948 geschehen ist, wobei diese Bestimmung für den ganzen Anwendungsbereich des Uhrenstatutes gilt, also insbesondere für die Regelung der Ausfuhr und der Fabrikation wie auch für die vom Bundesrat gestützt auf Art. 5 UB getroffene Ordnung der Heimarbeit und der nicht fabrikmässigen Arbeit.
d) Wäre für die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 UB die Kollektiv-Konvention der schweizerischen Uhrenindustrie heranzuziehen, so ergäbe sich keine andere Lösung. Die Konvention ist nach ihrem Art. 2 unter den dort näher geordneten Voraussetzungen auf alle Uhrenerzeugnisse mit Ausnahme der in Art. 3 erschöpfend aufgezählten anwendbar. Ausgenommen sind unter anderm Zeitmessinstrumente (appareils à mesurer le temps), deren Werk in der Breite, in der Höhe oder im Durchmesser mehr als 60 mm misst, oder deren Dicke am Boden und an der Brücke gemessen mehr als 30 mm beträgt (Art. 3 lit. a), dagegen nicht etwa auch Stoppuhren und ähnliche Kurzzeitmesser, die jene Höchstmasse nicht überschreiten. Art. 4 der Konvention, der "zum Zwecke der genauen Festlegung der vertraglichen Verpflichtungen der Parteien" gewisse Begriffe umschreibt, führt auch die Stoppuhr und die Sportstoppuhr auf; er definiert sie als "Instrumente mit unterbrochenem Gang zur Zeitmessung (instruments à marche discontinue, destinés à mesurer un temps) nach Stunden, Minuten, Sekunden und Bruchteilen von Sekunden" (Ziff. 9). Dem entspricht es, dass das in der Konvention (Art. 2 Abs. 10) vorgesehene sog. Sanierungsreglement der F.H. - worin nur Artikel figurieren, die der Konvention unterstellt sind - die Preise der Sportstoppuhren ebenfalls regelt. Die Konvention behandelt die Begriffe "appareils à mesurer le temps" und "appareils à mesurer un temps" nicht als Gegensätze. Sie stellt vielmehr den "instruments à marche discontinue destinés à mesurer un temps" (Art. 4 Ziff. 9) die "instruments indiquant l'heure" gegenüber, welche, wenn sie tragbar sind, Uhren (montres) genannt werden (Art. 4 Ziff. 18). Die Kategorie der "appareils à mesurer le temps" umfasst nach der Konvention beide Gruppen. Im gleichen Sinne ist Art. 1 Abs. 2 UB zu verstehen. Die Bestimmung trifft innerhalb der Kategorie der Zeitmessinstrumente nur eine einzige Unterscheidung, diejenige nach der Grösse des Werkes. Sie erfasst alle Zeitmesser, deren Werk bestimmte Längenmasse nicht überschreitet.
3. Der Entscheid vom 29. März 1956, mit dem das Departement festgestellt hat, dass die von der Beschwerdeführerin unternommene Fabrikation von "Sportzähleruhren" nach Art. 3 Abs. 1 UB der Bewilligungspflicht unterliegt, erweist sich daher als richtig, und die dagegen erhobene Beschwerde ist abzuweisen.
4. Hätte das Departement die Vorfrage, ob die Fabrikation des von der Beschwerdeführerin konstruierten Apparates "Parking-Timer" nach dem Uhrenstatut bewilligungspflichtig sei, von Anfang an bejaht und die dafür eventuell erbetene Bewilligung sogleich erteilt, so hätte es diese in der Folge, jedenfalls wenn und soweit die Beschwerdeführerin davon bereits Gebrauch gemacht hätte, grundsätzlich nicht mehr zurücknehmen oder zu Ungunsten der Beschwerdeführerin abändern können mit der Begründung, der frühere Entscheid widerspreche dem Gesetz; denn in einem solchen Falle hat das Gebot der Rechtssicherheit gegenüber dem Postulat der richtigen Durchführung des objektiven Rechtes den Vorrang (BGE 79 I 6und Zitate). Die Beschwerdeführerin hätte auf Grund der Bewilligung ein wohlerworbenes Recht erlangt. Das Departement hätte die einmal erteilte Bewilligung nur ausnahmsweise, unter besonderen Voraussetzungen, zurückziehen oder aufheben können, sei es wegen Missbrauches (Art. 4 Abs. 7 UB) oder gestützt auf einen Revisionsgrund im Sinne der Rechtsprechung. Kein solcher Grund wäre eine inzwischen vorgenommene Änderung der Auslegung des anwendbaren Gesetzestextes gewesen (Urteil Sch. vom 23. Juni 1950, Erw. 3, wiedergegeben im Archiv für schweiz. Abgaberecht Bd. 19, S. 189).
Das Departement hat der Beschwerdeführerin am 16. Februar 1954 den als "definitiv" bezeichneten Bescheid gegeben, dass eine Bewilligung nach Gesetz nicht erforderlich sei, und ihr damit die Befugnis zur Fabrikation des "Parking-Timers" zuerkannt, wie wenn es schon damals eine entsprechende Bewilligung erteilt hätte. Die Auskunft hatte für die Beschwerdeführerin dieselbe Bedeutung wie eine Bewilligung. Die Beschwerdeführerin konnte sich in guten Treuen auf den Bescheid verlassen; sie besitzt ein wohlerworbenes Recht, in dem Umfange, als sie bisher von der ihr zuerkannten Befugnis Gebrauch gemacht hat.
Dieses Recht wird jedoch durch den angefochtenen "Wiedererwägungsentscheid" vom 7. August 1956 nicht beeinträchtigt. Das Departement hat damit, in Dispositiv 2, der Form nach eine Bewilligung neu erteilt, wobei es Art. 4 Abs. 2 UB angewendet hat. Richtigerweise wäre einfach anzuerkennen gewesen, dass die Befugnis zur Fabrikation auf Grund des früher gegebenen Bescheides bereits besteht. Auf eine solche Bestätigung läuft indessen der Entscheid der Sache nach hinaus, zumal das Departement in der Begründung unter den besonderen Umständen, welche nach seiner Ansicht die Bewilligung rechtfertigen, namentlich die Tatsache anführt, dass die Beschwerdeführerin gestützt auf jenen Bescheid schon längere Zeit "Parking-Timer" fabriziert hat. Auch die in Dispositiv 1 des Entscheides vom 7. August 1956 getroffene Feststellung der Bewilligungspflicht ist nicht zu beanstanden. Sie ist nach dem in Erw. 2 hiervor Gesagten richtig und verletzt so wenig Rechte der Beschwerdeführerin wie das Dispositiv 2, im Verhältnis zu dem sie lediglich die Bedeutung einer Erwägung über eine Vorfrage hat. Das Begehren der Beschwerdeführerin, der "Wiedererwägungsentscheid" sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Fabrikation der "Parking-Timer" der Bewilligungspflicht nicht unterliege, ist daher unbegründet.
5. Mit dem Eventualbegehren der Beschwerdeführerin, das die Festsetzung der Arbeiterzahl betrifft, kann der Gerichtshof sich nicht befassen, weil das Departement eine Verfügung hierüber noch nicht getroffen, sondern für später vorbehalten hat (Dispositiv 3 des "Wiedererwägungsentscheides"). Bei der Festsetzung der Zahl wird es zu berücksichtigen haben, in welchem Umfange die Beschwerdeführerin von der Befugnis zur Fabrikation der "Parking-Timer" tatsächlich bereits Gebrauch gemacht hat.
Von der Hand zu weisen ist auch das weitere Eventualbegehren der Beschwerdeführerin, es sei ihre Berechtigung anzuerkennen, allgemein Uhren oder wenigstens allgemein Kurzzeitmesser herzustellen. Hierüber hat das Departement nicht entschieden und hatte es auch nicht zu entscheiden, da ihm ein entsprechendes Gesuch nicht unterbreitet worden war.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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Betriebsbewilligungen: Zeitmessinstrumente mit unterbrochenem Gang im Format einer Taschen- oder Armbanduhr (Stoppuhren, "Parking-Timer" und dgl.) sind Uhren im Sinne des Uhrenstatutes; ihre Fabrikation unterliegt daher der Bewilligungspflicht. Wirkungen eines abweichenden Bescheides der Bewilligungsbehörde.
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constitutional law and administrative law and public international law
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I
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-I-317%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 I 317
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83 I 317
Sachverhalt ab Seite 317
A.- Die Baumgartner frères SA, die in Grenchen eine Roskopf-Ebauches-Fabrik betreibt, hat für Automobilisten, welche Parkplätze mit zeitlicher Einschränkung benützen, ein Warninstrument ("Parking-Timer") im Format einer Armbanduhr konstruiert. Der Apparat enthält ein Uhrwerk und eine Alarmvorrichtung, welche vor Überschreitung der Parkzeit warnen soll. Ende 1953 teilte die Firma Baumgartner dem eidg. Volkswirtschaftsdepartement mit, sie sei der Ansicht, den "Parking-Timer" ohne Bewilligung fabrizieren zu dürfen, weil er nicht eine Uhr im Sinne des Uhrenstatutes (UB) sei; für den Fall, dass ihr Standpunkt abgelehnt würde, ersuchte sie um Erteilung der Bewilligung.
Das Departement gab ihr am 16. Februar 1954 gestützt auf den Befund der beratenden Kommission der Uhrenindustrie den "definitiven Bescheid", dass eine Bewilligung nicht notwendig sei, weil es sich in erster Linie um eine Warnvorrichtung handle und das Werk für deren Auslösung technisch nicht als Zeitmesser im Sinne von Art. 1 Abs. 2 UB angesprochen werden könne. Darauf nahm die Firma die Fabrikation des "Parking-Timers" auf.
In der Folge vernahm das Departement, dass die Baumgartner frères SA auch "Zähler für Sportzwecke" (Sportstoppuhren, compteurs de sport) im Format einer Taschenuhr herstellt. Die beratende Kommission fand nun, dass hiefür nach dem Uhrenstatut eine Bewilligung erforderlich sei, desgleichen, entgegen ihrer früheren Stellungnahme, für die Fabrikation der "Parking-Timer". Die Firma bestritt dies, wobei sie sich auf ein Rechtsgutachten von Prof. René Rosset und einen Bericht berief, den Max Wyss, Direktor der kantonalen Uhrmacherschule in Biel, dem Obergericht des Kantons Solothurn in einer Strafsache erstattet hatte. Henri Rivier, Vorsteher des Sekretariates der Délégations réunies, teilte dagegen die geänderte Auffassung der beratenden Kommission.
Am 29. März 1956 entschied das Departement, dass die von der Firma Baumgartner konstruierten "Sportzähleruhren" als Uhren im Sinne von Art. 1 Abs. 2 UB gelten und dass ihre Herstellung gemäss Art. 3 Abs. 1 ebenda bewilligungspflichtig sei.
Mit "Wiedererwägungsentscheid" vom 7. August 1956 stellte es dasselbe auch für den Apparat "Parking-Timer" fest und erteilte gleichzeitig gestützt auf Art. 4 Abs. 2 UB der Firma Baumgartner die Bewilligung für dessen Herstellung, wobei es die Festsetzung der Arbeiterzahl und der Bewilligungsgebühr späterer Entscheidung vorbehielt.
B.- Die Firma Baumgartner hat zunächst gegen den Entscheid vom 29. März und sodann auch gegen denjenigen vom 7. August 1956 Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Sie beantragt, die Entscheide aufzuheben und zu erkennen, dass die Herstellung der von ihr konstruierten "Zähler für Sportzwecke" und "Parking-Timer" nicht bewilligungspflichtig sei. Eventuell sei der Entscheid vom 7. August 1956 insoweit aufzuheben, als er nur die Fabrikation der "Parking-Timer" bewilligt, und zu verfügen, a) dass die Beschwerdeführerin ermächtigt sei, allgemein Uhren - oder dann allgemein Instrumente, die nur eine Zeitspanne messen - zu fabrizieren, b) dass das Departement der Beschwerdeführerin die Arbeiterzahl zu bewilligen habe, die für eine rationelle Organisation der erlaubten Fabrikation notwendig sei.
C.- Das Departement, unterstützt von der Schweizerischen Uhrenkammer und weiteren Organisationen der Uhrenindustrie, stellt den Antrag, die Hauptbegehren der Beschwerdeführerin abzuweisen und auf die Eventualbegehren nicht einzutreten.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Betrieb der Beschwerdeführerin ist seinerzeit im Verzeichnis der Unternehmungen der Uhrenindustrie als Roskopf-Ebauches-Fabrik eingetragen worden. Die Beschwerdeführerin hat sich entschlossen, neben Roskopf-Ebauches auch fertige "Zähler für Sportzwecke" und "Parking-Timer" herzustellen. Diese zusätzliche Fabrikation unterliegt nach Art. 3 Abs. 1 UB der Bewilligungspflicht, sofern sie zur Uhrenindustrie im Sinne des Uhrenstatutes gehört. Ob dies der Fall sei, ist eine Vorfrage, für deren Entscheidung das eidg. Volkswirtschaftsdepartement als Bewilligungsbehörde zuständig ist. Das Departement hat in den Entscheiden, die Gegenstand der Beschwerden sind, die Frage für beide Erzeugnisse bejaht und daher deren Herstellung als bewilligungspflichtig erklärt. Das Bundesgericht hat diesen Standpunkt frei zu überprüfen, da er eine Rechtsfrage betrifft.
2. Die Herstellung der von der Beschwerdeführerin konstruierten "Zähler für Sportzwecke" und "Parking-Timer" gehört nach Art. 1 UB zur Uhrenindustrie im Sinne des Uhrenstatutes, wenn diese Apparate unter Abs. 2 dieser Bestimmung fallen, wonach als Uhren oder Uhrwerke im Sinne des Statutes Zeitmessinstrumente gelten, deren Werk in der Breite, Höhe oder im Durchmesser 60 mm oder in der Dicke 30 mm, gemessen am Boden und an der Brücke, nicht überschreitet. Die Werke der genannten Produkte überschreiten diese Masse nicht. Die fertigen Apparate dienen der Messung der Zeit während beschränkter Dauer; sie sind Kurzzeitmesser. Das gilt auch für den "Parking-Timer". Mit Recht ist das Departement von der im Bescheid vom 16. Februar 1954 vertretenen Auffassung abgegangen, dass dieser Apparat nicht als Zeitmesser betrachtet werden könne, weil er in erster Linie ein Warninstrument sei. In der Tat ist die Warnvorrichtung dazu bestimmt, den Benützer auf den Ablauf der Parkzeit (oder eventuell einer anderen Zeitdauer) aufmerksam zu machen, auf die der Mechanismus des Werkes eingestellt worden ist. Sie ist daher Bestandteil eines Kurzzeitmessers. Sowohl die "Zähler für Sportzwecke" (Sportstoppuhren) als auch die "Parking-Timer" stellen somit Zeitmessinstrumente im Sinne von Art. 1 Abs. 2 UB dar.
a) Die Beschwerdeführerin wendet vor allem ein, massgebend seien die in den romanischen Texten dieser Bestimmung verwendeten Ausdrücke "appareils à mesurer le temps", "apparecchi per misurare il tempo". Aus ihnen ergebe sich, dass "appareils à mesurer un temps" nicht unter das Uhrenstatut fallen. Die romanischen Fassungen präzisierten die deutsche, die aus sprachlichen Gründen zu weit sei. "Appareils à mesurer le temps" seien Instrumente zur Feststellung des gegenwärtigen Zeitpunktes im Zeitablauf, d.h. zur Ablesung der jeweiligen Tages- oder Nachtzeit, während mit "appareils à mesurer un temps" lediglich die Dauer eines kurzfristigen Vorganges gemessen werde. Die in Frage stehenden Produkte gehörten zur zweiten Gruppe und seien daher keine Uhren im Sinne des Uhrenstatutes.
Der Auslegung der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden. Nicht nur die Instrumente, auf denen abgelesen werden kann, wieviel Uhr es ist, messen "le temps", sondern auch die Kurzzeitmesser, zu denen die von der Beschwerdeführerin hergestellten Sportstoppuhren und "Parking-Timer" zu rechnen sind. Alle diese Apparate vermitteln dem Benützer Angaben über den Ablauf "der Zeit", wobei immer die Einheiten verwendet werden, die der Messung der gesetzlichen Zeit zugrunde gelegt werden (Stunden, Minuten, Sekunden). Der Unterschied besteht nur darin, dass die "klassischen" Uhren fortlaufend (mit der Genauigkeit, die ihr Werk gestattet) die gesetzliche Zeit angeben, während die Kurzzeitmesser dazu dienen, die mehr oder weniger beschränkte Dauer eines Vorganges von einem im Apparat eingestellten Nullpunkt an zu messen, was bedingt, dass der Gang des Werkes unterbrochen wird. Das Uhrenstatut trifft aber diese Unterscheidung nicht, sondern spricht einfach von Zeitmessinstrumenten, appareils à mesurer le temps. Darunter fallen neben den Instrumenten, welche angeben, wieviel Uhr es ist, mangels einer Ausnahmebestimmung offensichtlich auch die Apparate mit unterbrochenem Gang, welche bestimmt sind, die von einem Nullpunkt an während eines Vorganges ablaufende Zeit zu messen. Anders wäre es, wenn die Uhr im Statut etwa als "instrument indiquant l'heure" (vgl. Art. 4 Ziff. 18 der Kollektiv-Konvention der schweizerischen Uhrenindustrie) umschrieben wäre.
b) Die Annahme, dass Kurzzeitmesser ebenfalls Uhren im Sinne des Uhrenstatutes sind, entspricht auch dem Zweck dieses Erlasses, die inländische Uhrenindustrie zu schützen. Gewiss hat die Fabrikation solcher Instrumente für die schweizerische Volkswirtschaft bei weitem nicht die gleiche Bedeutung wie die Herstellung der eigentlichen Uhren. Aber wie das Departement feststellt, enthalten beide Arten von Erzeugnissen teilweise die gleichen Bestandteile. Wären die Kurzzeitmesser von der Ordnung des Uhrenstatutes ausgenommen, so wäre die Herstellung und die Ausfuhr solcher Teile und der zur Fabrikation notwendigen Spezialwerkzeuge frei oder umgekehrt den im Uhrenstatut vorgesehenen Beschränkungen unterworfen, je nachdem die Artikel für die eine oder für die andere Verwendung bestimmt wären, was zu Missbräuchen führen müsste, da eine wirksame Kontrolle kaum möglich oder jedenfalls nur schwer durchführbar wäre. Es erscheint daher als sachlich richtig, dass auch die Kurzzeitmesser zu den Uhren im Sinne des Statutes gerechnet werden. Der Einwand der Beschwerdeführerin, dass eine Reihe von Artikeln, wie Decolletages, Steine oder Gläser, in gleicher Weise für die Uhrenindustrie wie für andere Industrien verwendet werden können, ist nicht schlüssig, weil die Uhrenindustrie, wie das Departement ausführt, in der Regel nicht nur besondere Formen und Grössen benötigt, sondern namentlich auch höhere Anforderungen an die Präzision stellt als andere Industrien, so dass die Kontrolle in den betreffenden Sektoren kaum je auf Schwierigkeiten stösst. Hätte die Unterstellung der Stoppuhren und verwandter Produkte unter das Statut und damit unter die von den Verbänden der Uhrenindustrie aufgestellten Preisvorschriften zur Folge, dass die Fabrikation als unwirtschaftlich aufgegeben werden müsste, wie die Beschwerdeführerin weiter behauptet, so wäre das kein Grund, die Anwendung des Statutes auszuschliessen. Es wäre gegebenenfalls Sache der Verbände, die Tarife den Umständen anzupassen. Übrigens erklärt das Departement, dass zahlreiche Unternehmungen mit Gewinn Stoppuhren herstellen.
c) Max Wyss, Direktor der Uhrmacherschule Biel, und ihm folgend das solothurnische Obergericht haben angenommen, dass die Praxis bisher die Kurzzeitmesser nie als Uhren im Sinne der Gesetzgebung über die Uhrenindustrie betrachtet habe. Das Gegenteil trifft zu, wie sich aus den Feststellungen des Departementes und des Sekretariates der Délégations réunies ergibt. Aus dem Bescheid des Departementes vom 16. Februar 1954 betreffend die von der Beschwerdeführerin konstruierten "Parking-Timer" kann nichts anderes abgeleitet werden; er beruht nicht auf der Erwägung, dass Kurzzeitmesser nicht unter Art. 1 Abs. 2 UB fallen, sondern auf der - unrichtigen - Überlegung, dass der "Parking-Timer" kein Zeitmessinstrument im Sinne dieser Vorschrift sei. Es unterliegt auch keinem Zweifel, dass die frühere Bundesgesetzgebung über die Uhrenindustrie die Stoppuhren und dergleichen miterfasst hat. In den Bundesratsbeschlüssen über die Ordnung der Arbeit in der nicht fabrikmässigen Uhrenindustrie von 1936/1937, 1939, 1942 und 1945/48 (A.S. 52, 778; 53, 1121; 55, 1556; 58, 1229; 61, 1126; 64, 1265) war die Herstellung der "Stoppuhren" bzw. "Stopp- und Sportuhren" ausdrücklich als zur Uhrenindustrie gehörig aufgeführt, und die in die Bundesratsbeschlüsse zum Schutze der schweizerischen Uhrenindustrie von 1936, 1937, 1939/1942, 1945 und 1948 (A.S. 52, 143; 53, 1115; 55, 1549; 58, 1163; 61, 1115; 64, 1266) aufgenommene Regelung der Ausfuhrbewilligungen für Uhren usw. hat unter anderm auf Nr. 935 d des Zolltarifs (Chronographen, Repetieruhren, Taschenuhren mit Läutewerk usw.) verwiesen, worunter gemäss einer vor dem 5. Februar 1932 getroffenen Verfügung des Bundesrates auch "Sportzähler" ("compteurs pour sports") fallen. Wird das geltende Uhrenstatut mit dieser Ordnung verglichen, so bestätigt sich, dass ihm die Stoppuhren und ähnlichen Kurzzeitmesser ebenfalls unterstellt sind. Die Verweisung auf die Zolltarif-Nr. 935 d findet sich wieder in Art. 2 Abs. 2 UB - wonach die Ausfuhr fertiger Uhren zwar nicht mehr bewilligungspflichtig ist, aber doch, zur Verhinderung von Missbräuchen, von der Zollverwaltung kontrolliert wird -, während Art. 1 Abs. 2 UB den Begriff der Uhr im wesentlichen gleich umschreibt, wie es schon in den Bundesratsbeschlüssen zum Schutze der Uhrenindustrie von 1937, 1939/1942, 1945 und 1948 geschehen ist, wobei diese Bestimmung für den ganzen Anwendungsbereich des Uhrenstatutes gilt, also insbesondere für die Regelung der Ausfuhr und der Fabrikation wie auch für die vom Bundesrat gestützt auf Art. 5 UB getroffene Ordnung der Heimarbeit und der nicht fabrikmässigen Arbeit.
d) Wäre für die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 UB die Kollektiv-Konvention der schweizerischen Uhrenindustrie heranzuziehen, so ergäbe sich keine andere Lösung. Die Konvention ist nach ihrem Art. 2 unter den dort näher geordneten Voraussetzungen auf alle Uhrenerzeugnisse mit Ausnahme der in Art. 3 erschöpfend aufgezählten anwendbar. Ausgenommen sind unter anderm Zeitmessinstrumente (appareils à mesurer le temps), deren Werk in der Breite, in der Höhe oder im Durchmesser mehr als 60 mm misst, oder deren Dicke am Boden und an der Brücke gemessen mehr als 30 mm beträgt (Art. 3 lit. a), dagegen nicht etwa auch Stoppuhren und ähnliche Kurzzeitmesser, die jene Höchstmasse nicht überschreiten. Art. 4 der Konvention, der "zum Zwecke der genauen Festlegung der vertraglichen Verpflichtungen der Parteien" gewisse Begriffe umschreibt, führt auch die Stoppuhr und die Sportstoppuhr auf; er definiert sie als "Instrumente mit unterbrochenem Gang zur Zeitmessung (instruments à marche discontinue, destinés à mesurer un temps) nach Stunden, Minuten, Sekunden und Bruchteilen von Sekunden" (Ziff. 9). Dem entspricht es, dass das in der Konvention (Art. 2 Abs. 10) vorgesehene sog. Sanierungsreglement der F.H. - worin nur Artikel figurieren, die der Konvention unterstellt sind - die Preise der Sportstoppuhren ebenfalls regelt. Die Konvention behandelt die Begriffe "appareils à mesurer le temps" und "appareils à mesurer un temps" nicht als Gegensätze. Sie stellt vielmehr den "instruments à marche discontinue destinés à mesurer un temps" (Art. 4 Ziff. 9) die "instruments indiquant l'heure" gegenüber, welche, wenn sie tragbar sind, Uhren (montres) genannt werden (Art. 4 Ziff. 18). Die Kategorie der "appareils à mesurer le temps" umfasst nach der Konvention beide Gruppen. Im gleichen Sinne ist Art. 1 Abs. 2 UB zu verstehen. Die Bestimmung trifft innerhalb der Kategorie der Zeitmessinstrumente nur eine einzige Unterscheidung, diejenige nach der Grösse des Werkes. Sie erfasst alle Zeitmesser, deren Werk bestimmte Längenmasse nicht überschreitet.
3. Der Entscheid vom 29. März 1956, mit dem das Departement festgestellt hat, dass die von der Beschwerdeführerin unternommene Fabrikation von "Sportzähleruhren" nach Art. 3 Abs. 1 UB der Bewilligungspflicht unterliegt, erweist sich daher als richtig, und die dagegen erhobene Beschwerde ist abzuweisen.
4. Hätte das Departement die Vorfrage, ob die Fabrikation des von der Beschwerdeführerin konstruierten Apparates "Parking-Timer" nach dem Uhrenstatut bewilligungspflichtig sei, von Anfang an bejaht und die dafür eventuell erbetene Bewilligung sogleich erteilt, so hätte es diese in der Folge, jedenfalls wenn und soweit die Beschwerdeführerin davon bereits Gebrauch gemacht hätte, grundsätzlich nicht mehr zurücknehmen oder zu Ungunsten der Beschwerdeführerin abändern können mit der Begründung, der frühere Entscheid widerspreche dem Gesetz; denn in einem solchen Falle hat das Gebot der Rechtssicherheit gegenüber dem Postulat der richtigen Durchführung des objektiven Rechtes den Vorrang (BGE 79 I 6und Zitate). Die Beschwerdeführerin hätte auf Grund der Bewilligung ein wohlerworbenes Recht erlangt. Das Departement hätte die einmal erteilte Bewilligung nur ausnahmsweise, unter besonderen Voraussetzungen, zurückziehen oder aufheben können, sei es wegen Missbrauches (Art. 4 Abs. 7 UB) oder gestützt auf einen Revisionsgrund im Sinne der Rechtsprechung. Kein solcher Grund wäre eine inzwischen vorgenommene Änderung der Auslegung des anwendbaren Gesetzestextes gewesen (Urteil Sch. vom 23. Juni 1950, Erw. 3, wiedergegeben im Archiv für schweiz. Abgaberecht Bd. 19, S. 189).
Das Departement hat der Beschwerdeführerin am 16. Februar 1954 den als "definitiv" bezeichneten Bescheid gegeben, dass eine Bewilligung nach Gesetz nicht erforderlich sei, und ihr damit die Befugnis zur Fabrikation des "Parking-Timers" zuerkannt, wie wenn es schon damals eine entsprechende Bewilligung erteilt hätte. Die Auskunft hatte für die Beschwerdeführerin dieselbe Bedeutung wie eine Bewilligung. Die Beschwerdeführerin konnte sich in guten Treuen auf den Bescheid verlassen; sie besitzt ein wohlerworbenes Recht, in dem Umfange, als sie bisher von der ihr zuerkannten Befugnis Gebrauch gemacht hat.
Dieses Recht wird jedoch durch den angefochtenen "Wiedererwägungsentscheid" vom 7. August 1956 nicht beeinträchtigt. Das Departement hat damit, in Dispositiv 2, der Form nach eine Bewilligung neu erteilt, wobei es Art. 4 Abs. 2 UB angewendet hat. Richtigerweise wäre einfach anzuerkennen gewesen, dass die Befugnis zur Fabrikation auf Grund des früher gegebenen Bescheides bereits besteht. Auf eine solche Bestätigung läuft indessen der Entscheid der Sache nach hinaus, zumal das Departement in der Begründung unter den besonderen Umständen, welche nach seiner Ansicht die Bewilligung rechtfertigen, namentlich die Tatsache anführt, dass die Beschwerdeführerin gestützt auf jenen Bescheid schon längere Zeit "Parking-Timer" fabriziert hat. Auch die in Dispositiv 1 des Entscheides vom 7. August 1956 getroffene Feststellung der Bewilligungspflicht ist nicht zu beanstanden. Sie ist nach dem in Erw. 2 hiervor Gesagten richtig und verletzt so wenig Rechte der Beschwerdeführerin wie das Dispositiv 2, im Verhältnis zu dem sie lediglich die Bedeutung einer Erwägung über eine Vorfrage hat. Das Begehren der Beschwerdeführerin, der "Wiedererwägungsentscheid" sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Fabrikation der "Parking-Timer" der Bewilligungspflicht nicht unterliege, ist daher unbegründet.
5. Mit dem Eventualbegehren der Beschwerdeführerin, das die Festsetzung der Arbeiterzahl betrifft, kann der Gerichtshof sich nicht befassen, weil das Departement eine Verfügung hierüber noch nicht getroffen, sondern für später vorbehalten hat (Dispositiv 3 des "Wiedererwägungsentscheides"). Bei der Festsetzung der Zahl wird es zu berücksichtigen haben, in welchem Umfange die Beschwerdeführerin von der Befugnis zur Fabrikation der "Parking-Timer" tatsächlich bereits Gebrauch gemacht hat.
Von der Hand zu weisen ist auch das weitere Eventualbegehren der Beschwerdeführerin, es sei ihre Berechtigung anzuerkennen, allgemein Uhren oder wenigstens allgemein Kurzzeitmesser herzustellen. Hierüber hat das Departement nicht entschieden und hatte es auch nicht zu entscheiden, da ihm ein entsprechendes Gesuch nicht unterbreitet worden war.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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de
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Autorisations pour l'ouverture de nouvelles entreprises: Des appareils à marche discontinue, destinés à mesurer le temps et qui ont la forme d'une montre de poche ou d'une montre-bracelet (montre stop, "Parking-Timer", etc.) sont des montres au sens du statut de l'horlogerie; leur fabrication est donc soumise à autorisation. Effets d'un avis contraire donné par l'autorité compétente pour accorder le permis.
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constitutional law and administrative law and public international law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-I-317%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 I 317
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83 I 317
Sachverhalt ab Seite 317
A.- Die Baumgartner frères SA, die in Grenchen eine Roskopf-Ebauches-Fabrik betreibt, hat für Automobilisten, welche Parkplätze mit zeitlicher Einschränkung benützen, ein Warninstrument ("Parking-Timer") im Format einer Armbanduhr konstruiert. Der Apparat enthält ein Uhrwerk und eine Alarmvorrichtung, welche vor Überschreitung der Parkzeit warnen soll. Ende 1953 teilte die Firma Baumgartner dem eidg. Volkswirtschaftsdepartement mit, sie sei der Ansicht, den "Parking-Timer" ohne Bewilligung fabrizieren zu dürfen, weil er nicht eine Uhr im Sinne des Uhrenstatutes (UB) sei; für den Fall, dass ihr Standpunkt abgelehnt würde, ersuchte sie um Erteilung der Bewilligung.
Das Departement gab ihr am 16. Februar 1954 gestützt auf den Befund der beratenden Kommission der Uhrenindustrie den "definitiven Bescheid", dass eine Bewilligung nicht notwendig sei, weil es sich in erster Linie um eine Warnvorrichtung handle und das Werk für deren Auslösung technisch nicht als Zeitmesser im Sinne von Art. 1 Abs. 2 UB angesprochen werden könne. Darauf nahm die Firma die Fabrikation des "Parking-Timers" auf.
In der Folge vernahm das Departement, dass die Baumgartner frères SA auch "Zähler für Sportzwecke" (Sportstoppuhren, compteurs de sport) im Format einer Taschenuhr herstellt. Die beratende Kommission fand nun, dass hiefür nach dem Uhrenstatut eine Bewilligung erforderlich sei, desgleichen, entgegen ihrer früheren Stellungnahme, für die Fabrikation der "Parking-Timer". Die Firma bestritt dies, wobei sie sich auf ein Rechtsgutachten von Prof. René Rosset und einen Bericht berief, den Max Wyss, Direktor der kantonalen Uhrmacherschule in Biel, dem Obergericht des Kantons Solothurn in einer Strafsache erstattet hatte. Henri Rivier, Vorsteher des Sekretariates der Délégations réunies, teilte dagegen die geänderte Auffassung der beratenden Kommission.
Am 29. März 1956 entschied das Departement, dass die von der Firma Baumgartner konstruierten "Sportzähleruhren" als Uhren im Sinne von Art. 1 Abs. 2 UB gelten und dass ihre Herstellung gemäss Art. 3 Abs. 1 ebenda bewilligungspflichtig sei.
Mit "Wiedererwägungsentscheid" vom 7. August 1956 stellte es dasselbe auch für den Apparat "Parking-Timer" fest und erteilte gleichzeitig gestützt auf Art. 4 Abs. 2 UB der Firma Baumgartner die Bewilligung für dessen Herstellung, wobei es die Festsetzung der Arbeiterzahl und der Bewilligungsgebühr späterer Entscheidung vorbehielt.
B.- Die Firma Baumgartner hat zunächst gegen den Entscheid vom 29. März und sodann auch gegen denjenigen vom 7. August 1956 Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Sie beantragt, die Entscheide aufzuheben und zu erkennen, dass die Herstellung der von ihr konstruierten "Zähler für Sportzwecke" und "Parking-Timer" nicht bewilligungspflichtig sei. Eventuell sei der Entscheid vom 7. August 1956 insoweit aufzuheben, als er nur die Fabrikation der "Parking-Timer" bewilligt, und zu verfügen, a) dass die Beschwerdeführerin ermächtigt sei, allgemein Uhren - oder dann allgemein Instrumente, die nur eine Zeitspanne messen - zu fabrizieren, b) dass das Departement der Beschwerdeführerin die Arbeiterzahl zu bewilligen habe, die für eine rationelle Organisation der erlaubten Fabrikation notwendig sei.
C.- Das Departement, unterstützt von der Schweizerischen Uhrenkammer und weiteren Organisationen der Uhrenindustrie, stellt den Antrag, die Hauptbegehren der Beschwerdeführerin abzuweisen und auf die Eventualbegehren nicht einzutreten.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Betrieb der Beschwerdeführerin ist seinerzeit im Verzeichnis der Unternehmungen der Uhrenindustrie als Roskopf-Ebauches-Fabrik eingetragen worden. Die Beschwerdeführerin hat sich entschlossen, neben Roskopf-Ebauches auch fertige "Zähler für Sportzwecke" und "Parking-Timer" herzustellen. Diese zusätzliche Fabrikation unterliegt nach Art. 3 Abs. 1 UB der Bewilligungspflicht, sofern sie zur Uhrenindustrie im Sinne des Uhrenstatutes gehört. Ob dies der Fall sei, ist eine Vorfrage, für deren Entscheidung das eidg. Volkswirtschaftsdepartement als Bewilligungsbehörde zuständig ist. Das Departement hat in den Entscheiden, die Gegenstand der Beschwerden sind, die Frage für beide Erzeugnisse bejaht und daher deren Herstellung als bewilligungspflichtig erklärt. Das Bundesgericht hat diesen Standpunkt frei zu überprüfen, da er eine Rechtsfrage betrifft.
2. Die Herstellung der von der Beschwerdeführerin konstruierten "Zähler für Sportzwecke" und "Parking-Timer" gehört nach Art. 1 UB zur Uhrenindustrie im Sinne des Uhrenstatutes, wenn diese Apparate unter Abs. 2 dieser Bestimmung fallen, wonach als Uhren oder Uhrwerke im Sinne des Statutes Zeitmessinstrumente gelten, deren Werk in der Breite, Höhe oder im Durchmesser 60 mm oder in der Dicke 30 mm, gemessen am Boden und an der Brücke, nicht überschreitet. Die Werke der genannten Produkte überschreiten diese Masse nicht. Die fertigen Apparate dienen der Messung der Zeit während beschränkter Dauer; sie sind Kurzzeitmesser. Das gilt auch für den "Parking-Timer". Mit Recht ist das Departement von der im Bescheid vom 16. Februar 1954 vertretenen Auffassung abgegangen, dass dieser Apparat nicht als Zeitmesser betrachtet werden könne, weil er in erster Linie ein Warninstrument sei. In der Tat ist die Warnvorrichtung dazu bestimmt, den Benützer auf den Ablauf der Parkzeit (oder eventuell einer anderen Zeitdauer) aufmerksam zu machen, auf die der Mechanismus des Werkes eingestellt worden ist. Sie ist daher Bestandteil eines Kurzzeitmessers. Sowohl die "Zähler für Sportzwecke" (Sportstoppuhren) als auch die "Parking-Timer" stellen somit Zeitmessinstrumente im Sinne von Art. 1 Abs. 2 UB dar.
a) Die Beschwerdeführerin wendet vor allem ein, massgebend seien die in den romanischen Texten dieser Bestimmung verwendeten Ausdrücke "appareils à mesurer le temps", "apparecchi per misurare il tempo". Aus ihnen ergebe sich, dass "appareils à mesurer un temps" nicht unter das Uhrenstatut fallen. Die romanischen Fassungen präzisierten die deutsche, die aus sprachlichen Gründen zu weit sei. "Appareils à mesurer le temps" seien Instrumente zur Feststellung des gegenwärtigen Zeitpunktes im Zeitablauf, d.h. zur Ablesung der jeweiligen Tages- oder Nachtzeit, während mit "appareils à mesurer un temps" lediglich die Dauer eines kurzfristigen Vorganges gemessen werde. Die in Frage stehenden Produkte gehörten zur zweiten Gruppe und seien daher keine Uhren im Sinne des Uhrenstatutes.
Der Auslegung der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden. Nicht nur die Instrumente, auf denen abgelesen werden kann, wieviel Uhr es ist, messen "le temps", sondern auch die Kurzzeitmesser, zu denen die von der Beschwerdeführerin hergestellten Sportstoppuhren und "Parking-Timer" zu rechnen sind. Alle diese Apparate vermitteln dem Benützer Angaben über den Ablauf "der Zeit", wobei immer die Einheiten verwendet werden, die der Messung der gesetzlichen Zeit zugrunde gelegt werden (Stunden, Minuten, Sekunden). Der Unterschied besteht nur darin, dass die "klassischen" Uhren fortlaufend (mit der Genauigkeit, die ihr Werk gestattet) die gesetzliche Zeit angeben, während die Kurzzeitmesser dazu dienen, die mehr oder weniger beschränkte Dauer eines Vorganges von einem im Apparat eingestellten Nullpunkt an zu messen, was bedingt, dass der Gang des Werkes unterbrochen wird. Das Uhrenstatut trifft aber diese Unterscheidung nicht, sondern spricht einfach von Zeitmessinstrumenten, appareils à mesurer le temps. Darunter fallen neben den Instrumenten, welche angeben, wieviel Uhr es ist, mangels einer Ausnahmebestimmung offensichtlich auch die Apparate mit unterbrochenem Gang, welche bestimmt sind, die von einem Nullpunkt an während eines Vorganges ablaufende Zeit zu messen. Anders wäre es, wenn die Uhr im Statut etwa als "instrument indiquant l'heure" (vgl. Art. 4 Ziff. 18 der Kollektiv-Konvention der schweizerischen Uhrenindustrie) umschrieben wäre.
b) Die Annahme, dass Kurzzeitmesser ebenfalls Uhren im Sinne des Uhrenstatutes sind, entspricht auch dem Zweck dieses Erlasses, die inländische Uhrenindustrie zu schützen. Gewiss hat die Fabrikation solcher Instrumente für die schweizerische Volkswirtschaft bei weitem nicht die gleiche Bedeutung wie die Herstellung der eigentlichen Uhren. Aber wie das Departement feststellt, enthalten beide Arten von Erzeugnissen teilweise die gleichen Bestandteile. Wären die Kurzzeitmesser von der Ordnung des Uhrenstatutes ausgenommen, so wäre die Herstellung und die Ausfuhr solcher Teile und der zur Fabrikation notwendigen Spezialwerkzeuge frei oder umgekehrt den im Uhrenstatut vorgesehenen Beschränkungen unterworfen, je nachdem die Artikel für die eine oder für die andere Verwendung bestimmt wären, was zu Missbräuchen führen müsste, da eine wirksame Kontrolle kaum möglich oder jedenfalls nur schwer durchführbar wäre. Es erscheint daher als sachlich richtig, dass auch die Kurzzeitmesser zu den Uhren im Sinne des Statutes gerechnet werden. Der Einwand der Beschwerdeführerin, dass eine Reihe von Artikeln, wie Decolletages, Steine oder Gläser, in gleicher Weise für die Uhrenindustrie wie für andere Industrien verwendet werden können, ist nicht schlüssig, weil die Uhrenindustrie, wie das Departement ausführt, in der Regel nicht nur besondere Formen und Grössen benötigt, sondern namentlich auch höhere Anforderungen an die Präzision stellt als andere Industrien, so dass die Kontrolle in den betreffenden Sektoren kaum je auf Schwierigkeiten stösst. Hätte die Unterstellung der Stoppuhren und verwandter Produkte unter das Statut und damit unter die von den Verbänden der Uhrenindustrie aufgestellten Preisvorschriften zur Folge, dass die Fabrikation als unwirtschaftlich aufgegeben werden müsste, wie die Beschwerdeführerin weiter behauptet, so wäre das kein Grund, die Anwendung des Statutes auszuschliessen. Es wäre gegebenenfalls Sache der Verbände, die Tarife den Umständen anzupassen. Übrigens erklärt das Departement, dass zahlreiche Unternehmungen mit Gewinn Stoppuhren herstellen.
c) Max Wyss, Direktor der Uhrmacherschule Biel, und ihm folgend das solothurnische Obergericht haben angenommen, dass die Praxis bisher die Kurzzeitmesser nie als Uhren im Sinne der Gesetzgebung über die Uhrenindustrie betrachtet habe. Das Gegenteil trifft zu, wie sich aus den Feststellungen des Departementes und des Sekretariates der Délégations réunies ergibt. Aus dem Bescheid des Departementes vom 16. Februar 1954 betreffend die von der Beschwerdeführerin konstruierten "Parking-Timer" kann nichts anderes abgeleitet werden; er beruht nicht auf der Erwägung, dass Kurzzeitmesser nicht unter Art. 1 Abs. 2 UB fallen, sondern auf der - unrichtigen - Überlegung, dass der "Parking-Timer" kein Zeitmessinstrument im Sinne dieser Vorschrift sei. Es unterliegt auch keinem Zweifel, dass die frühere Bundesgesetzgebung über die Uhrenindustrie die Stoppuhren und dergleichen miterfasst hat. In den Bundesratsbeschlüssen über die Ordnung der Arbeit in der nicht fabrikmässigen Uhrenindustrie von 1936/1937, 1939, 1942 und 1945/48 (A.S. 52, 778; 53, 1121; 55, 1556; 58, 1229; 61, 1126; 64, 1265) war die Herstellung der "Stoppuhren" bzw. "Stopp- und Sportuhren" ausdrücklich als zur Uhrenindustrie gehörig aufgeführt, und die in die Bundesratsbeschlüsse zum Schutze der schweizerischen Uhrenindustrie von 1936, 1937, 1939/1942, 1945 und 1948 (A.S. 52, 143; 53, 1115; 55, 1549; 58, 1163; 61, 1115; 64, 1266) aufgenommene Regelung der Ausfuhrbewilligungen für Uhren usw. hat unter anderm auf Nr. 935 d des Zolltarifs (Chronographen, Repetieruhren, Taschenuhren mit Läutewerk usw.) verwiesen, worunter gemäss einer vor dem 5. Februar 1932 getroffenen Verfügung des Bundesrates auch "Sportzähler" ("compteurs pour sports") fallen. Wird das geltende Uhrenstatut mit dieser Ordnung verglichen, so bestätigt sich, dass ihm die Stoppuhren und ähnlichen Kurzzeitmesser ebenfalls unterstellt sind. Die Verweisung auf die Zolltarif-Nr. 935 d findet sich wieder in Art. 2 Abs. 2 UB - wonach die Ausfuhr fertiger Uhren zwar nicht mehr bewilligungspflichtig ist, aber doch, zur Verhinderung von Missbräuchen, von der Zollverwaltung kontrolliert wird -, während Art. 1 Abs. 2 UB den Begriff der Uhr im wesentlichen gleich umschreibt, wie es schon in den Bundesratsbeschlüssen zum Schutze der Uhrenindustrie von 1937, 1939/1942, 1945 und 1948 geschehen ist, wobei diese Bestimmung für den ganzen Anwendungsbereich des Uhrenstatutes gilt, also insbesondere für die Regelung der Ausfuhr und der Fabrikation wie auch für die vom Bundesrat gestützt auf Art. 5 UB getroffene Ordnung der Heimarbeit und der nicht fabrikmässigen Arbeit.
d) Wäre für die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 UB die Kollektiv-Konvention der schweizerischen Uhrenindustrie heranzuziehen, so ergäbe sich keine andere Lösung. Die Konvention ist nach ihrem Art. 2 unter den dort näher geordneten Voraussetzungen auf alle Uhrenerzeugnisse mit Ausnahme der in Art. 3 erschöpfend aufgezählten anwendbar. Ausgenommen sind unter anderm Zeitmessinstrumente (appareils à mesurer le temps), deren Werk in der Breite, in der Höhe oder im Durchmesser mehr als 60 mm misst, oder deren Dicke am Boden und an der Brücke gemessen mehr als 30 mm beträgt (Art. 3 lit. a), dagegen nicht etwa auch Stoppuhren und ähnliche Kurzzeitmesser, die jene Höchstmasse nicht überschreiten. Art. 4 der Konvention, der "zum Zwecke der genauen Festlegung der vertraglichen Verpflichtungen der Parteien" gewisse Begriffe umschreibt, führt auch die Stoppuhr und die Sportstoppuhr auf; er definiert sie als "Instrumente mit unterbrochenem Gang zur Zeitmessung (instruments à marche discontinue, destinés à mesurer un temps) nach Stunden, Minuten, Sekunden und Bruchteilen von Sekunden" (Ziff. 9). Dem entspricht es, dass das in der Konvention (Art. 2 Abs. 10) vorgesehene sog. Sanierungsreglement der F.H. - worin nur Artikel figurieren, die der Konvention unterstellt sind - die Preise der Sportstoppuhren ebenfalls regelt. Die Konvention behandelt die Begriffe "appareils à mesurer le temps" und "appareils à mesurer un temps" nicht als Gegensätze. Sie stellt vielmehr den "instruments à marche discontinue destinés à mesurer un temps" (Art. 4 Ziff. 9) die "instruments indiquant l'heure" gegenüber, welche, wenn sie tragbar sind, Uhren (montres) genannt werden (Art. 4 Ziff. 18). Die Kategorie der "appareils à mesurer le temps" umfasst nach der Konvention beide Gruppen. Im gleichen Sinne ist Art. 1 Abs. 2 UB zu verstehen. Die Bestimmung trifft innerhalb der Kategorie der Zeitmessinstrumente nur eine einzige Unterscheidung, diejenige nach der Grösse des Werkes. Sie erfasst alle Zeitmesser, deren Werk bestimmte Längenmasse nicht überschreitet.
3. Der Entscheid vom 29. März 1956, mit dem das Departement festgestellt hat, dass die von der Beschwerdeführerin unternommene Fabrikation von "Sportzähleruhren" nach Art. 3 Abs. 1 UB der Bewilligungspflicht unterliegt, erweist sich daher als richtig, und die dagegen erhobene Beschwerde ist abzuweisen.
4. Hätte das Departement die Vorfrage, ob die Fabrikation des von der Beschwerdeführerin konstruierten Apparates "Parking-Timer" nach dem Uhrenstatut bewilligungspflichtig sei, von Anfang an bejaht und die dafür eventuell erbetene Bewilligung sogleich erteilt, so hätte es diese in der Folge, jedenfalls wenn und soweit die Beschwerdeführerin davon bereits Gebrauch gemacht hätte, grundsätzlich nicht mehr zurücknehmen oder zu Ungunsten der Beschwerdeführerin abändern können mit der Begründung, der frühere Entscheid widerspreche dem Gesetz; denn in einem solchen Falle hat das Gebot der Rechtssicherheit gegenüber dem Postulat der richtigen Durchführung des objektiven Rechtes den Vorrang (BGE 79 I 6und Zitate). Die Beschwerdeführerin hätte auf Grund der Bewilligung ein wohlerworbenes Recht erlangt. Das Departement hätte die einmal erteilte Bewilligung nur ausnahmsweise, unter besonderen Voraussetzungen, zurückziehen oder aufheben können, sei es wegen Missbrauches (Art. 4 Abs. 7 UB) oder gestützt auf einen Revisionsgrund im Sinne der Rechtsprechung. Kein solcher Grund wäre eine inzwischen vorgenommene Änderung der Auslegung des anwendbaren Gesetzestextes gewesen (Urteil Sch. vom 23. Juni 1950, Erw. 3, wiedergegeben im Archiv für schweiz. Abgaberecht Bd. 19, S. 189).
Das Departement hat der Beschwerdeführerin am 16. Februar 1954 den als "definitiv" bezeichneten Bescheid gegeben, dass eine Bewilligung nach Gesetz nicht erforderlich sei, und ihr damit die Befugnis zur Fabrikation des "Parking-Timers" zuerkannt, wie wenn es schon damals eine entsprechende Bewilligung erteilt hätte. Die Auskunft hatte für die Beschwerdeführerin dieselbe Bedeutung wie eine Bewilligung. Die Beschwerdeführerin konnte sich in guten Treuen auf den Bescheid verlassen; sie besitzt ein wohlerworbenes Recht, in dem Umfange, als sie bisher von der ihr zuerkannten Befugnis Gebrauch gemacht hat.
Dieses Recht wird jedoch durch den angefochtenen "Wiedererwägungsentscheid" vom 7. August 1956 nicht beeinträchtigt. Das Departement hat damit, in Dispositiv 2, der Form nach eine Bewilligung neu erteilt, wobei es Art. 4 Abs. 2 UB angewendet hat. Richtigerweise wäre einfach anzuerkennen gewesen, dass die Befugnis zur Fabrikation auf Grund des früher gegebenen Bescheides bereits besteht. Auf eine solche Bestätigung läuft indessen der Entscheid der Sache nach hinaus, zumal das Departement in der Begründung unter den besonderen Umständen, welche nach seiner Ansicht die Bewilligung rechtfertigen, namentlich die Tatsache anführt, dass die Beschwerdeführerin gestützt auf jenen Bescheid schon längere Zeit "Parking-Timer" fabriziert hat. Auch die in Dispositiv 1 des Entscheides vom 7. August 1956 getroffene Feststellung der Bewilligungspflicht ist nicht zu beanstanden. Sie ist nach dem in Erw. 2 hiervor Gesagten richtig und verletzt so wenig Rechte der Beschwerdeführerin wie das Dispositiv 2, im Verhältnis zu dem sie lediglich die Bedeutung einer Erwägung über eine Vorfrage hat. Das Begehren der Beschwerdeführerin, der "Wiedererwägungsentscheid" sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Fabrikation der "Parking-Timer" der Bewilligungspflicht nicht unterliege, ist daher unbegründet.
5. Mit dem Eventualbegehren der Beschwerdeführerin, das die Festsetzung der Arbeiterzahl betrifft, kann der Gerichtshof sich nicht befassen, weil das Departement eine Verfügung hierüber noch nicht getroffen, sondern für später vorbehalten hat (Dispositiv 3 des "Wiedererwägungsentscheides"). Bei der Festsetzung der Zahl wird es zu berücksichtigen haben, in welchem Umfange die Beschwerdeführerin von der Befugnis zur Fabrikation der "Parking-Timer" tatsächlich bereits Gebrauch gemacht hat.
Von der Hand zu weisen ist auch das weitere Eventualbegehren der Beschwerdeführerin, es sei ihre Berechtigung anzuerkennen, allgemein Uhren oder wenigstens allgemein Kurzzeitmesser herzustellen. Hierüber hat das Departement nicht entschieden und hatte es auch nicht zu entscheiden, da ihm ein entsprechendes Gesuch nicht unterbreitet worden war.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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Autorizzazioni per l'apertura di nuove aziende: Apparecchi con movimento discontinuo, destinati a misurare il tempo e aventi la forma di un orologio da tasca o di un orologio a braccialetto (orologi stop, "Parking-Timer", ecc.) sono orologi nel senso dello statuto sull'orologeria; di conseguenza, la loro fabbricazione è sottoposta al permesso. Effetti di un parere contrario dell'autorità competente a rilasciare il permesso.
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constitutional law and administrative law and public international law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-I-317%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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2,211 |
83 I 329
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83 I 329
Sachverhalt ab Seite 329
A.- Mit Vertrag vom 10. Februar 1955 räumte der damalige Eigentümer der Liegenschaft Hohlstrasse 608 in Zürich dem in Buochs (Kanton Nidwalden) wohnhaften Kaufmann F. ein frei übertragbares Kaufsrecht am genannten Grundstück ein. Der Kaufpreis der Liegenschaft war im Vertrag auf Fr. 1'600,000.-- festgelegt; er wurde durch Zusatzvereinbarung vom 25. Februar 1955 auf Fr. 1'400,000.-- herabgesetzt. Am 8. März trat F. sein Kaufsrecht gegen Vergütung von Fr. 120'000.-- einem Zürcher Bauunternehmen ab. Dieses übte das Kaufsrecht aus und erwarb die Liegenschaft vom bisherigen Eigentümer.
Die Kommission für die Grundsteuern der Stadt Zürich erblickte in der Errichtung und der Übertragung des Kaufsrechts zwei Handänderungen, für die sie F. - das eine Mal als Erwerber, das andere Mal als Veräusserer - zur Handänderungssteuer heranzog. Ausserdem veranlagte sie ihn unter Zugrundelegung eines bei der Übertragung des Kaufsrechts erzielten Reingewinns von Fr. 89'307.-- zu einer Grundstücksgewinnsteuer von Fr. 30'420.--. In teilweiser Gutheissung eines Rekurses des Steuerpflichtigen erkannte die Finanzdirektion des Kantons Zürich mit Verfügung vom 21. Dezember 1956, dass F. infolge bisher nicht berücksichtigter Unkosten lediglich ein Reingewinn von Fr. 38'110.50 verblieben sei. Dementsprechend setzte sie die Grundstücksgewinnsteuer auf Fr. 10'535.-- herab. Mit Bezug auf die Handänderungssteuer wies sie den Rekurs dagegen ab.
B.- Mit der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des Art. 46 Abs. 2 BV beantragt F., die angeführte Verfügung sei, soweit sie sich auf die Grundstücksgewinnsteuer bezieht, aufzuheben, und es sei festzustellen, dass der Kanton Zürich auf dem in Frage stehenden Geschäft keine solche Steuer erheben dürfe. Zur Begründung macht der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, er bestreite nicht, dass im Kanton Zürich wohnhafte Steuerpflichtige gestützt auf § 161 Abs. 1 lit. a des Zürcher Steuergesetzes für den Gewinn aus der Veräusserung von Kaufsrechten zur Grundstücksgewinnsteuer herangezogen werden können. Zu prüfen sei vielmehr, ob der Kanton Zürich auch ausserhalb des Kantons wohnhafte Personen für derartige Gewinne seiner Steuerhoheit unterwerfen dürfe, wenn sich das veräusserte Kaufsrecht auf ein im Kanton gelegenes Grundstück bezieht. Das sei nach dem Urteil des Bundesgerichts vom 27. März 1957 i.S. H. (abgedruckt in ZStGV 58 S. 501 ff.) zu verneinen; weise dieser Entscheid doch den Zwischengewinn, der von einem nicht dinglich am Grundstück Berechtigten erzielt worden ist, dem Wohnsitzkanton zur Besteuerung zu. Der Beschwerdeführer aber habe den streitigen Gewinn nicht in Ausübung des Grundeigentums oder eines anderen dinglichen Rechts an der Sache erzielt. Dass der Gewinn zudem, wirtschaftlich gesehen, auf seine eigenen Bemühungen zurückzuführen sei, ergebe sich schon daraus, dass die Liegenschaften auf dem Gebiet der Stadt Zürich während der kurzen Zeit, da das Grundstück in seiner Verfügung stand, nicht allgemein in ebendem Masse im Wert gestiegen seien. Es rechtfertige sich daher, die erzielten Einkünfte als Bestandteil des ordentlichen Einkommens des Beschwerdeführers durch den Wohnsitzkanton Nidwalden besteuern zu lassen.
C.- Der Regierungsrat des Kantons Nidwalden schliesst sich der Betrachtungsweise und den Anträgen des Beschwerdeführers an. Der Regierungsrat des Kantons Zürich und der Finanzvorstand der Stadt Zürich beantragen demgegenüber die Abweisung der Beschwerde. Sie bemerken, der vorliegende Fall unterscheide sich wesentlich von dem, den das Bundesgericht in dem in der Beschwerde angerufenen Entscheid zu beurteilen hatte. Während Frau H. auf ihr Kaufsrecht zugunsten des bisherigen Eigentümers verzichtet habe, habe der Beschwerdeführer sein Kaufsrecht auf einen Dritten übertragen und diesem so den Erwerb der Liegenschaft ermöglicht. Wohl habe er den Gewinn, zivilrechtlich betrachtet, durch die Abtretung eines obligatorischen und nicht eines dinglichen Rechts erzielt. Auf diesen Umstand dürfe es aber bei der Bestimmung des Besteuerungsorts nicht ankommen. Massgebend sei allein, ob die Verfügungsgewalt über das Grundstück die Erzielung des Gewinns ermöglicht habe. Das sei hier der Fall gewesen: gestützt auf das im Grundbuch eingetragene Kaufsrecht habe der Beschwerdeführer gegenüber den Interessenten wie ein Eigentümer auftreten, den Kaufpreis frei bestimmen und den Zwischengewinn einziehen können. Wirtschaftlich gesehen, habe er damit das nämliche Ergebnis erzielt, wie wenn er das Eigentum selbst erworben und auf den Dritten weiterübertragen hätte. Derartigen sogen. Kettengeschäften komme - insbesondere im gewerbsmässigen Liegenschaftshandel - eine grosse Bedeutung zu. Würden die auf diese Art erzielten Grundstücksgewinne grundsätzlich dem Wohnsitzkanton zur Besteuerung zugewiesen, so wäre damit der Steuerumgehung Tür und Tor geöffnet.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Gewinn, den der Beschwerdeführer bei der Übertragung eines Kaufsrechts an einem im Kanton Zürich gelegenen Grundstück erzielt hat, ist vom Wohnsitzkanton Nidwalden nicht besteuert worden. Dies schliesst jedoch das Vorliegen eines interkantonalen Doppelbesteuerungskonflikts nicht aus. Die bundesgerichtlichen Kollisionsnormen richten sich nicht nur gegen die aktuelle, sondern auch gegen die virtuelle Doppelbesteuerung; sie verbieten den Eingriff in die Steuerhoheit eines andern Kantons selbst dann, wenn dieser von seinem Besteuerungsrecht keinen Gebrauch macht (BGE 83 I 106 Erw. 2, 262, und dort angeführte Urteile).
2. Nach § 161 Abs. 1 des Zürcher Steuergesetzes wird die Grundstücksgewinnsteuer auf den Gewinnen erhoben, die sich bei Handänderungen an Grundstücken oder Anteilen an solchen ergeben. Den Handänderungen stellt lit. a der genannten Bestimmung die Rechtsgeschäfte gleich, "die bezüglich der Verfügungsgewalt über Grundstücke tatsächlich und wirtschaftlich wie Handänderungen wirken". Als solches Rechtsgeschäft hat gemäss ständiger Praxis der Zürcher Steuerbehörden auch die Übertragung eines Kaufsrechts zu gelten (vgl.BGE 79 I 22). Der Beschwerdeführer ficht diese Betrachtungsweise an sich nicht an; er wendet lediglich ein, der Kanton Zürich dürfe nicht auf dem Wege der Auslegung des kantonalen Steuergesetzes in die Steuerhoheit des Kantons Nidwalden übergreifen.
Bei der Abgrenzung der Steuerhoheit der Kantone ist der Staatsgerichtshof nicht an die Umschreibung des Grundstücksgewinns und der Grundstücksgewinnsteuerpflicht in den kantonalen Steuerrechten gebunden. Er hat hierüber vielmehr eigene Normen aufgestellt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts steht das Grundeigentum und sein Ertrag unter der Steuerhoheit des Kantons, in dem es sich befindet. Das gleiche gilt grundsätzlich für den bei der Veräusserung einer Liegenschaft erzielten Gewinn, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er durch die Einkommenssteuer oder eine besondere Wertzuwachs- oder Grundstücksgewinnsteuer erfasst wird (BGE 45 I 286). Wurde dies in älteren Entscheiden nur mit Bezug auf Gewinne aus sogen. Wertzuwachs anerkannt, der ohne Zutun des Verkäufers entstanden ist, so behandelt die neuere Rechtsprechung den Gewinn, auch soweit er auf die persönlichen Bemühungen des Veräusserers und namentlich auf die Geschäftstätigkeit eines berufsmässigen Liegenschaftshändlers zurückzuführen ist, in der Regel als Liegenschaftsertrag, der im Kanton der gelegenen Sache zu besteuern ist (BGE 79 I 145ff., BGE 83 I 187 Erw. 2, 265, sowie zahlreiche nicht veröffentlichte Urteile). Den Ausschlag dafür gibt die Erwägung, dass der durch die persönlichen Bemühungen des Verkäufers bewirkte Gewinn regelmässig so sehr hinter dem durch äussere Ursachen (wie Konjunktur und Währungslage) sowie durch die örtlichen Verhältnisse (Anlage von Strassen und Kanalisationen, zunehmende Überbauung, erhöhte Nachfrage nach Land usw.) bedingten Wertzuwachs zurücktritt, dass sich eine Sonderbehandlung des (ausserdem meist schwer abzugrenzenden) Geschäftsgewinns nicht rechtfertigt. Dies trifft entgegen den Einwendungen des Beschwerdeführers auch dann zu, wenn der Veräusserer für ein kurz zuvor erworbenes Grundstück einen wesentlich über dem Ankaufspreise liegenden Verkaufspreis erzielt. Da der Gewinn auch in diesem Falle in überwiegendem Mass nicht den Anstrengungen des Verkäufers entspringt, sondern der Marktentwicklung, an der das Grundstück teilhat, erscheint es als folgerichtig, den ganzen Gewinn durch den Liegenschaftskanton besteuern zu lassen.
3. Zu prüfen ist, ob dieser Grundsatz auch gelte, wenn der Gewinn, wie es hier zutrifft, nicht vom bisherigen Eigentümer beim Verkauf des Grundstücks, sondern vom Kaufsberechtigten bei der Übertragung des Kaufsrechts erzielt worden ist. Dass Gewinne der einen wie der andern Art weitgehend auf die nämlichen äusseren Ursachen und örtlichen Verhältnisse zurückzuführen sind, ist nicht zu verkennen. Im Gegensatz zu den Fällen, in denen ein einfaches Mäklerverhältnis vorliegt, ist somit auch hier in erster Linie die Liegenschaft die Einkommensquelle und nicht die Handelstätigkeit des Veräusserers. Dass das Grundstück, das die Erzielung des Gewinns ermöglicht hat, nicht im Eigentum des Veräusserers steht, sondern dass dieser darüber nur in wirtschaftlichem Sinne und auf Grund eines bloss obligatorischen Rechtsverhältnisses verfügen kann, ändert an der engen Verbundenheit des Einkommens mit dem Grund und Boden nichts. Dieser Zusammenhang aber ist (und insofern kann an den Erwägungen des angeführten Urteils i.S. H. nicht festgehalten werden) für die Begründung der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons entscheidend, kommt es hiefür doch auf die objektive Eigenart des Einkommens im Hinblick auf das Grundstück und nicht auf die Stellung der Person an, die dieses Einkommen verwirklicht (vgl.BGE 68 I 72). Der vom Kaufsberechtigten bei der Übertragung des Kaufsrechts an einem Grundstück erzielte Gewinn ist deshalb grundsätzlich am Ort der gelegenen Sache zu versteuern. Allein diese Steuerausscheidung vermag denn auch, wie der Regierungsrat des Kantons Zürich mit Recht ausgeführt hat, eine vollständige steuerliche Erfassung der wirtschaftlich erheblich ins Gewicht fallenden Zwischengewinne des Liegenschaftshandels zu gewährleisten und Steuerumgehungen wirksam Einhalt zu gebieten.
Der Beschwerdeführer hat somit den Gewinn, den er bei der Abtretung des Kaufsrechts an der Liegenschaft Hohlstrasse 608 in Zürich erzielt hat, im Kanton Zürich zu versteuern.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Art. 46 Abs. 2 BV. Der bei der Veräusserung eines Kaufsrechts an einem Grundstück erzielte Gewinn untersteht grundsätzlich der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons.
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constitutional law and administrative law and public international law
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I
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2,212 |
83 I 329
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83 I 329
Sachverhalt ab Seite 329
A.- Mit Vertrag vom 10. Februar 1955 räumte der damalige Eigentümer der Liegenschaft Hohlstrasse 608 in Zürich dem in Buochs (Kanton Nidwalden) wohnhaften Kaufmann F. ein frei übertragbares Kaufsrecht am genannten Grundstück ein. Der Kaufpreis der Liegenschaft war im Vertrag auf Fr. 1'600,000.-- festgelegt; er wurde durch Zusatzvereinbarung vom 25. Februar 1955 auf Fr. 1'400,000.-- herabgesetzt. Am 8. März trat F. sein Kaufsrecht gegen Vergütung von Fr. 120'000.-- einem Zürcher Bauunternehmen ab. Dieses übte das Kaufsrecht aus und erwarb die Liegenschaft vom bisherigen Eigentümer.
Die Kommission für die Grundsteuern der Stadt Zürich erblickte in der Errichtung und der Übertragung des Kaufsrechts zwei Handänderungen, für die sie F. - das eine Mal als Erwerber, das andere Mal als Veräusserer - zur Handänderungssteuer heranzog. Ausserdem veranlagte sie ihn unter Zugrundelegung eines bei der Übertragung des Kaufsrechts erzielten Reingewinns von Fr. 89'307.-- zu einer Grundstücksgewinnsteuer von Fr. 30'420.--. In teilweiser Gutheissung eines Rekurses des Steuerpflichtigen erkannte die Finanzdirektion des Kantons Zürich mit Verfügung vom 21. Dezember 1956, dass F. infolge bisher nicht berücksichtigter Unkosten lediglich ein Reingewinn von Fr. 38'110.50 verblieben sei. Dementsprechend setzte sie die Grundstücksgewinnsteuer auf Fr. 10'535.-- herab. Mit Bezug auf die Handänderungssteuer wies sie den Rekurs dagegen ab.
B.- Mit der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des Art. 46 Abs. 2 BV beantragt F., die angeführte Verfügung sei, soweit sie sich auf die Grundstücksgewinnsteuer bezieht, aufzuheben, und es sei festzustellen, dass der Kanton Zürich auf dem in Frage stehenden Geschäft keine solche Steuer erheben dürfe. Zur Begründung macht der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, er bestreite nicht, dass im Kanton Zürich wohnhafte Steuerpflichtige gestützt auf § 161 Abs. 1 lit. a des Zürcher Steuergesetzes für den Gewinn aus der Veräusserung von Kaufsrechten zur Grundstücksgewinnsteuer herangezogen werden können. Zu prüfen sei vielmehr, ob der Kanton Zürich auch ausserhalb des Kantons wohnhafte Personen für derartige Gewinne seiner Steuerhoheit unterwerfen dürfe, wenn sich das veräusserte Kaufsrecht auf ein im Kanton gelegenes Grundstück bezieht. Das sei nach dem Urteil des Bundesgerichts vom 27. März 1957 i.S. H. (abgedruckt in ZStGV 58 S. 501 ff.) zu verneinen; weise dieser Entscheid doch den Zwischengewinn, der von einem nicht dinglich am Grundstück Berechtigten erzielt worden ist, dem Wohnsitzkanton zur Besteuerung zu. Der Beschwerdeführer aber habe den streitigen Gewinn nicht in Ausübung des Grundeigentums oder eines anderen dinglichen Rechts an der Sache erzielt. Dass der Gewinn zudem, wirtschaftlich gesehen, auf seine eigenen Bemühungen zurückzuführen sei, ergebe sich schon daraus, dass die Liegenschaften auf dem Gebiet der Stadt Zürich während der kurzen Zeit, da das Grundstück in seiner Verfügung stand, nicht allgemein in ebendem Masse im Wert gestiegen seien. Es rechtfertige sich daher, die erzielten Einkünfte als Bestandteil des ordentlichen Einkommens des Beschwerdeführers durch den Wohnsitzkanton Nidwalden besteuern zu lassen.
C.- Der Regierungsrat des Kantons Nidwalden schliesst sich der Betrachtungsweise und den Anträgen des Beschwerdeführers an. Der Regierungsrat des Kantons Zürich und der Finanzvorstand der Stadt Zürich beantragen demgegenüber die Abweisung der Beschwerde. Sie bemerken, der vorliegende Fall unterscheide sich wesentlich von dem, den das Bundesgericht in dem in der Beschwerde angerufenen Entscheid zu beurteilen hatte. Während Frau H. auf ihr Kaufsrecht zugunsten des bisherigen Eigentümers verzichtet habe, habe der Beschwerdeführer sein Kaufsrecht auf einen Dritten übertragen und diesem so den Erwerb der Liegenschaft ermöglicht. Wohl habe er den Gewinn, zivilrechtlich betrachtet, durch die Abtretung eines obligatorischen und nicht eines dinglichen Rechts erzielt. Auf diesen Umstand dürfe es aber bei der Bestimmung des Besteuerungsorts nicht ankommen. Massgebend sei allein, ob die Verfügungsgewalt über das Grundstück die Erzielung des Gewinns ermöglicht habe. Das sei hier der Fall gewesen: gestützt auf das im Grundbuch eingetragene Kaufsrecht habe der Beschwerdeführer gegenüber den Interessenten wie ein Eigentümer auftreten, den Kaufpreis frei bestimmen und den Zwischengewinn einziehen können. Wirtschaftlich gesehen, habe er damit das nämliche Ergebnis erzielt, wie wenn er das Eigentum selbst erworben und auf den Dritten weiterübertragen hätte. Derartigen sogen. Kettengeschäften komme - insbesondere im gewerbsmässigen Liegenschaftshandel - eine grosse Bedeutung zu. Würden die auf diese Art erzielten Grundstücksgewinne grundsätzlich dem Wohnsitzkanton zur Besteuerung zugewiesen, so wäre damit der Steuerumgehung Tür und Tor geöffnet.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Gewinn, den der Beschwerdeführer bei der Übertragung eines Kaufsrechts an einem im Kanton Zürich gelegenen Grundstück erzielt hat, ist vom Wohnsitzkanton Nidwalden nicht besteuert worden. Dies schliesst jedoch das Vorliegen eines interkantonalen Doppelbesteuerungskonflikts nicht aus. Die bundesgerichtlichen Kollisionsnormen richten sich nicht nur gegen die aktuelle, sondern auch gegen die virtuelle Doppelbesteuerung; sie verbieten den Eingriff in die Steuerhoheit eines andern Kantons selbst dann, wenn dieser von seinem Besteuerungsrecht keinen Gebrauch macht (BGE 83 I 106 Erw. 2, 262, und dort angeführte Urteile).
2. Nach § 161 Abs. 1 des Zürcher Steuergesetzes wird die Grundstücksgewinnsteuer auf den Gewinnen erhoben, die sich bei Handänderungen an Grundstücken oder Anteilen an solchen ergeben. Den Handänderungen stellt lit. a der genannten Bestimmung die Rechtsgeschäfte gleich, "die bezüglich der Verfügungsgewalt über Grundstücke tatsächlich und wirtschaftlich wie Handänderungen wirken". Als solches Rechtsgeschäft hat gemäss ständiger Praxis der Zürcher Steuerbehörden auch die Übertragung eines Kaufsrechts zu gelten (vgl.BGE 79 I 22). Der Beschwerdeführer ficht diese Betrachtungsweise an sich nicht an; er wendet lediglich ein, der Kanton Zürich dürfe nicht auf dem Wege der Auslegung des kantonalen Steuergesetzes in die Steuerhoheit des Kantons Nidwalden übergreifen.
Bei der Abgrenzung der Steuerhoheit der Kantone ist der Staatsgerichtshof nicht an die Umschreibung des Grundstücksgewinns und der Grundstücksgewinnsteuerpflicht in den kantonalen Steuerrechten gebunden. Er hat hierüber vielmehr eigene Normen aufgestellt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts steht das Grundeigentum und sein Ertrag unter der Steuerhoheit des Kantons, in dem es sich befindet. Das gleiche gilt grundsätzlich für den bei der Veräusserung einer Liegenschaft erzielten Gewinn, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er durch die Einkommenssteuer oder eine besondere Wertzuwachs- oder Grundstücksgewinnsteuer erfasst wird (BGE 45 I 286). Wurde dies in älteren Entscheiden nur mit Bezug auf Gewinne aus sogen. Wertzuwachs anerkannt, der ohne Zutun des Verkäufers entstanden ist, so behandelt die neuere Rechtsprechung den Gewinn, auch soweit er auf die persönlichen Bemühungen des Veräusserers und namentlich auf die Geschäftstätigkeit eines berufsmässigen Liegenschaftshändlers zurückzuführen ist, in der Regel als Liegenschaftsertrag, der im Kanton der gelegenen Sache zu besteuern ist (BGE 79 I 145ff., BGE 83 I 187 Erw. 2, 265, sowie zahlreiche nicht veröffentlichte Urteile). Den Ausschlag dafür gibt die Erwägung, dass der durch die persönlichen Bemühungen des Verkäufers bewirkte Gewinn regelmässig so sehr hinter dem durch äussere Ursachen (wie Konjunktur und Währungslage) sowie durch die örtlichen Verhältnisse (Anlage von Strassen und Kanalisationen, zunehmende Überbauung, erhöhte Nachfrage nach Land usw.) bedingten Wertzuwachs zurücktritt, dass sich eine Sonderbehandlung des (ausserdem meist schwer abzugrenzenden) Geschäftsgewinns nicht rechtfertigt. Dies trifft entgegen den Einwendungen des Beschwerdeführers auch dann zu, wenn der Veräusserer für ein kurz zuvor erworbenes Grundstück einen wesentlich über dem Ankaufspreise liegenden Verkaufspreis erzielt. Da der Gewinn auch in diesem Falle in überwiegendem Mass nicht den Anstrengungen des Verkäufers entspringt, sondern der Marktentwicklung, an der das Grundstück teilhat, erscheint es als folgerichtig, den ganzen Gewinn durch den Liegenschaftskanton besteuern zu lassen.
3. Zu prüfen ist, ob dieser Grundsatz auch gelte, wenn der Gewinn, wie es hier zutrifft, nicht vom bisherigen Eigentümer beim Verkauf des Grundstücks, sondern vom Kaufsberechtigten bei der Übertragung des Kaufsrechts erzielt worden ist. Dass Gewinne der einen wie der andern Art weitgehend auf die nämlichen äusseren Ursachen und örtlichen Verhältnisse zurückzuführen sind, ist nicht zu verkennen. Im Gegensatz zu den Fällen, in denen ein einfaches Mäklerverhältnis vorliegt, ist somit auch hier in erster Linie die Liegenschaft die Einkommensquelle und nicht die Handelstätigkeit des Veräusserers. Dass das Grundstück, das die Erzielung des Gewinns ermöglicht hat, nicht im Eigentum des Veräusserers steht, sondern dass dieser darüber nur in wirtschaftlichem Sinne und auf Grund eines bloss obligatorischen Rechtsverhältnisses verfügen kann, ändert an der engen Verbundenheit des Einkommens mit dem Grund und Boden nichts. Dieser Zusammenhang aber ist (und insofern kann an den Erwägungen des angeführten Urteils i.S. H. nicht festgehalten werden) für die Begründung der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons entscheidend, kommt es hiefür doch auf die objektive Eigenart des Einkommens im Hinblick auf das Grundstück und nicht auf die Stellung der Person an, die dieses Einkommen verwirklicht (vgl.BGE 68 I 72). Der vom Kaufsberechtigten bei der Übertragung des Kaufsrechts an einem Grundstück erzielte Gewinn ist deshalb grundsätzlich am Ort der gelegenen Sache zu versteuern. Allein diese Steuerausscheidung vermag denn auch, wie der Regierungsrat des Kantons Zürich mit Recht ausgeführt hat, eine vollständige steuerliche Erfassung der wirtschaftlich erheblich ins Gewicht fallenden Zwischengewinne des Liegenschaftshandels zu gewährleisten und Steuerumgehungen wirksam Einhalt zu gebieten.
Der Beschwerdeführer hat somit den Gewinn, den er bei der Abtretung des Kaufsrechts an der Liegenschaft Hohlstrasse 608 in Zürich erzielt hat, im Kanton Zürich zu versteuern.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Art. 46 al. 2 Cst. Le bénéfice réalisé lors de la vente d'un droit d'emption sur un immeuble est soumis en principe à la souveraineté fiscale du canton où se trouve l'immeuble.
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constitutional law and administrative law and public international law
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83 I 329
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83 I 329
Sachverhalt ab Seite 329
A.- Mit Vertrag vom 10. Februar 1955 räumte der damalige Eigentümer der Liegenschaft Hohlstrasse 608 in Zürich dem in Buochs (Kanton Nidwalden) wohnhaften Kaufmann F. ein frei übertragbares Kaufsrecht am genannten Grundstück ein. Der Kaufpreis der Liegenschaft war im Vertrag auf Fr. 1'600,000.-- festgelegt; er wurde durch Zusatzvereinbarung vom 25. Februar 1955 auf Fr. 1'400,000.-- herabgesetzt. Am 8. März trat F. sein Kaufsrecht gegen Vergütung von Fr. 120'000.-- einem Zürcher Bauunternehmen ab. Dieses übte das Kaufsrecht aus und erwarb die Liegenschaft vom bisherigen Eigentümer.
Die Kommission für die Grundsteuern der Stadt Zürich erblickte in der Errichtung und der Übertragung des Kaufsrechts zwei Handänderungen, für die sie F. - das eine Mal als Erwerber, das andere Mal als Veräusserer - zur Handänderungssteuer heranzog. Ausserdem veranlagte sie ihn unter Zugrundelegung eines bei der Übertragung des Kaufsrechts erzielten Reingewinns von Fr. 89'307.-- zu einer Grundstücksgewinnsteuer von Fr. 30'420.--. In teilweiser Gutheissung eines Rekurses des Steuerpflichtigen erkannte die Finanzdirektion des Kantons Zürich mit Verfügung vom 21. Dezember 1956, dass F. infolge bisher nicht berücksichtigter Unkosten lediglich ein Reingewinn von Fr. 38'110.50 verblieben sei. Dementsprechend setzte sie die Grundstücksgewinnsteuer auf Fr. 10'535.-- herab. Mit Bezug auf die Handänderungssteuer wies sie den Rekurs dagegen ab.
B.- Mit der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des Art. 46 Abs. 2 BV beantragt F., die angeführte Verfügung sei, soweit sie sich auf die Grundstücksgewinnsteuer bezieht, aufzuheben, und es sei festzustellen, dass der Kanton Zürich auf dem in Frage stehenden Geschäft keine solche Steuer erheben dürfe. Zur Begründung macht der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, er bestreite nicht, dass im Kanton Zürich wohnhafte Steuerpflichtige gestützt auf § 161 Abs. 1 lit. a des Zürcher Steuergesetzes für den Gewinn aus der Veräusserung von Kaufsrechten zur Grundstücksgewinnsteuer herangezogen werden können. Zu prüfen sei vielmehr, ob der Kanton Zürich auch ausserhalb des Kantons wohnhafte Personen für derartige Gewinne seiner Steuerhoheit unterwerfen dürfe, wenn sich das veräusserte Kaufsrecht auf ein im Kanton gelegenes Grundstück bezieht. Das sei nach dem Urteil des Bundesgerichts vom 27. März 1957 i.S. H. (abgedruckt in ZStGV 58 S. 501 ff.) zu verneinen; weise dieser Entscheid doch den Zwischengewinn, der von einem nicht dinglich am Grundstück Berechtigten erzielt worden ist, dem Wohnsitzkanton zur Besteuerung zu. Der Beschwerdeführer aber habe den streitigen Gewinn nicht in Ausübung des Grundeigentums oder eines anderen dinglichen Rechts an der Sache erzielt. Dass der Gewinn zudem, wirtschaftlich gesehen, auf seine eigenen Bemühungen zurückzuführen sei, ergebe sich schon daraus, dass die Liegenschaften auf dem Gebiet der Stadt Zürich während der kurzen Zeit, da das Grundstück in seiner Verfügung stand, nicht allgemein in ebendem Masse im Wert gestiegen seien. Es rechtfertige sich daher, die erzielten Einkünfte als Bestandteil des ordentlichen Einkommens des Beschwerdeführers durch den Wohnsitzkanton Nidwalden besteuern zu lassen.
C.- Der Regierungsrat des Kantons Nidwalden schliesst sich der Betrachtungsweise und den Anträgen des Beschwerdeführers an. Der Regierungsrat des Kantons Zürich und der Finanzvorstand der Stadt Zürich beantragen demgegenüber die Abweisung der Beschwerde. Sie bemerken, der vorliegende Fall unterscheide sich wesentlich von dem, den das Bundesgericht in dem in der Beschwerde angerufenen Entscheid zu beurteilen hatte. Während Frau H. auf ihr Kaufsrecht zugunsten des bisherigen Eigentümers verzichtet habe, habe der Beschwerdeführer sein Kaufsrecht auf einen Dritten übertragen und diesem so den Erwerb der Liegenschaft ermöglicht. Wohl habe er den Gewinn, zivilrechtlich betrachtet, durch die Abtretung eines obligatorischen und nicht eines dinglichen Rechts erzielt. Auf diesen Umstand dürfe es aber bei der Bestimmung des Besteuerungsorts nicht ankommen. Massgebend sei allein, ob die Verfügungsgewalt über das Grundstück die Erzielung des Gewinns ermöglicht habe. Das sei hier der Fall gewesen: gestützt auf das im Grundbuch eingetragene Kaufsrecht habe der Beschwerdeführer gegenüber den Interessenten wie ein Eigentümer auftreten, den Kaufpreis frei bestimmen und den Zwischengewinn einziehen können. Wirtschaftlich gesehen, habe er damit das nämliche Ergebnis erzielt, wie wenn er das Eigentum selbst erworben und auf den Dritten weiterübertragen hätte. Derartigen sogen. Kettengeschäften komme - insbesondere im gewerbsmässigen Liegenschaftshandel - eine grosse Bedeutung zu. Würden die auf diese Art erzielten Grundstücksgewinne grundsätzlich dem Wohnsitzkanton zur Besteuerung zugewiesen, so wäre damit der Steuerumgehung Tür und Tor geöffnet.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Gewinn, den der Beschwerdeführer bei der Übertragung eines Kaufsrechts an einem im Kanton Zürich gelegenen Grundstück erzielt hat, ist vom Wohnsitzkanton Nidwalden nicht besteuert worden. Dies schliesst jedoch das Vorliegen eines interkantonalen Doppelbesteuerungskonflikts nicht aus. Die bundesgerichtlichen Kollisionsnormen richten sich nicht nur gegen die aktuelle, sondern auch gegen die virtuelle Doppelbesteuerung; sie verbieten den Eingriff in die Steuerhoheit eines andern Kantons selbst dann, wenn dieser von seinem Besteuerungsrecht keinen Gebrauch macht (BGE 83 I 106 Erw. 2, 262, und dort angeführte Urteile).
2. Nach § 161 Abs. 1 des Zürcher Steuergesetzes wird die Grundstücksgewinnsteuer auf den Gewinnen erhoben, die sich bei Handänderungen an Grundstücken oder Anteilen an solchen ergeben. Den Handänderungen stellt lit. a der genannten Bestimmung die Rechtsgeschäfte gleich, "die bezüglich der Verfügungsgewalt über Grundstücke tatsächlich und wirtschaftlich wie Handänderungen wirken". Als solches Rechtsgeschäft hat gemäss ständiger Praxis der Zürcher Steuerbehörden auch die Übertragung eines Kaufsrechts zu gelten (vgl.BGE 79 I 22). Der Beschwerdeführer ficht diese Betrachtungsweise an sich nicht an; er wendet lediglich ein, der Kanton Zürich dürfe nicht auf dem Wege der Auslegung des kantonalen Steuergesetzes in die Steuerhoheit des Kantons Nidwalden übergreifen.
Bei der Abgrenzung der Steuerhoheit der Kantone ist der Staatsgerichtshof nicht an die Umschreibung des Grundstücksgewinns und der Grundstücksgewinnsteuerpflicht in den kantonalen Steuerrechten gebunden. Er hat hierüber vielmehr eigene Normen aufgestellt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts steht das Grundeigentum und sein Ertrag unter der Steuerhoheit des Kantons, in dem es sich befindet. Das gleiche gilt grundsätzlich für den bei der Veräusserung einer Liegenschaft erzielten Gewinn, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er durch die Einkommenssteuer oder eine besondere Wertzuwachs- oder Grundstücksgewinnsteuer erfasst wird (BGE 45 I 286). Wurde dies in älteren Entscheiden nur mit Bezug auf Gewinne aus sogen. Wertzuwachs anerkannt, der ohne Zutun des Verkäufers entstanden ist, so behandelt die neuere Rechtsprechung den Gewinn, auch soweit er auf die persönlichen Bemühungen des Veräusserers und namentlich auf die Geschäftstätigkeit eines berufsmässigen Liegenschaftshändlers zurückzuführen ist, in der Regel als Liegenschaftsertrag, der im Kanton der gelegenen Sache zu besteuern ist (BGE 79 I 145ff., BGE 83 I 187 Erw. 2, 265, sowie zahlreiche nicht veröffentlichte Urteile). Den Ausschlag dafür gibt die Erwägung, dass der durch die persönlichen Bemühungen des Verkäufers bewirkte Gewinn regelmässig so sehr hinter dem durch äussere Ursachen (wie Konjunktur und Währungslage) sowie durch die örtlichen Verhältnisse (Anlage von Strassen und Kanalisationen, zunehmende Überbauung, erhöhte Nachfrage nach Land usw.) bedingten Wertzuwachs zurücktritt, dass sich eine Sonderbehandlung des (ausserdem meist schwer abzugrenzenden) Geschäftsgewinns nicht rechtfertigt. Dies trifft entgegen den Einwendungen des Beschwerdeführers auch dann zu, wenn der Veräusserer für ein kurz zuvor erworbenes Grundstück einen wesentlich über dem Ankaufspreise liegenden Verkaufspreis erzielt. Da der Gewinn auch in diesem Falle in überwiegendem Mass nicht den Anstrengungen des Verkäufers entspringt, sondern der Marktentwicklung, an der das Grundstück teilhat, erscheint es als folgerichtig, den ganzen Gewinn durch den Liegenschaftskanton besteuern zu lassen.
3. Zu prüfen ist, ob dieser Grundsatz auch gelte, wenn der Gewinn, wie es hier zutrifft, nicht vom bisherigen Eigentümer beim Verkauf des Grundstücks, sondern vom Kaufsberechtigten bei der Übertragung des Kaufsrechts erzielt worden ist. Dass Gewinne der einen wie der andern Art weitgehend auf die nämlichen äusseren Ursachen und örtlichen Verhältnisse zurückzuführen sind, ist nicht zu verkennen. Im Gegensatz zu den Fällen, in denen ein einfaches Mäklerverhältnis vorliegt, ist somit auch hier in erster Linie die Liegenschaft die Einkommensquelle und nicht die Handelstätigkeit des Veräusserers. Dass das Grundstück, das die Erzielung des Gewinns ermöglicht hat, nicht im Eigentum des Veräusserers steht, sondern dass dieser darüber nur in wirtschaftlichem Sinne und auf Grund eines bloss obligatorischen Rechtsverhältnisses verfügen kann, ändert an der engen Verbundenheit des Einkommens mit dem Grund und Boden nichts. Dieser Zusammenhang aber ist (und insofern kann an den Erwägungen des angeführten Urteils i.S. H. nicht festgehalten werden) für die Begründung der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons entscheidend, kommt es hiefür doch auf die objektive Eigenart des Einkommens im Hinblick auf das Grundstück und nicht auf die Stellung der Person an, die dieses Einkommen verwirklicht (vgl.BGE 68 I 72). Der vom Kaufsberechtigten bei der Übertragung des Kaufsrechts an einem Grundstück erzielte Gewinn ist deshalb grundsätzlich am Ort der gelegenen Sache zu versteuern. Allein diese Steuerausscheidung vermag denn auch, wie der Regierungsrat des Kantons Zürich mit Recht ausgeführt hat, eine vollständige steuerliche Erfassung der wirtschaftlich erheblich ins Gewicht fallenden Zwischengewinne des Liegenschaftshandels zu gewährleisten und Steuerumgehungen wirksam Einhalt zu gebieten.
Der Beschwerdeführer hat somit den Gewinn, den er bei der Abtretung des Kaufsrechts an der Liegenschaft Hohlstrasse 608 in Zürich erzielt hat, im Kanton Zürich zu versteuern.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Art. 46 cp. 2 CF. L'utile attuato con la vendita di un diritto di compera su un immobile è soggetto di massima alla sovranità fiscale del Cantone in cui l'immobile è situato.
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83 I 335
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83 I 335
Erwägungen ab Seite 335
1. Nach Art. 111 Abs. 2 WStB wird der Entscheid der kantonalen Rekurskommission den Beteiligten durch eingeschriebenen Brief eröffnet. Die Zustellung in der Form, wie sie hier vorgeschrieben ist, hat im vorliegenden Fall erst am 19. Oktober 1956 stattgefunden. Von da an hat die dreissigtägige Frist des Art. 107 OG zu laufen begonnen. Der Beschwerdeführer hat sie eingehalten. Die Einrede, die am 16. November 1956 eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei verspätet, ist unbegründet. Vor dem 19. Oktober 1956 ist eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Eröffnung nicht vorgenommen worden. Der Versuch einer Zustellung am 20. September 1956 unter Nachnahme der Kosten des Rekursverfahrens ist gescheitert an der Weigerung des Beschwerdeführers, die in unrichtiger Form übermittelte Sendung entgegenzunehmen. Zur Einlösung der Nachnahme war der Beschwerdeführer angesichts der Vorschrift in Art. 111 Abs. 2 WStB auch dann nicht verpflichtet, wenn er vom Inhalt der Sendung und vom Rechtsgrund der darauf lastenden Nachnahme Kenntnis hatte. Er konnte verlangen, dass ihm der Entscheid der Rekurskommission unbelastet zugestellt werde (Urteil H. vom 22. Dezember 1943, Archiv für schweiz. Abgaberecht Bd. 13, S. 15).
3. In Art. 129 Abs. 3 WStB ist mit Strafe bedroht, "wer den Täter zu den in Abs. 1 und 2 bezeichneten Handlungen und Unterlassungen vorsätzlich bestimmt, ihm dabei Hilfe leistet oder dazu beiträgt oder beizutragen versucht, ihn der Strafverfolgung oder dem Strafvollzug zu entziehen" ("celui qui, intentionnellement, décide..., qui lui prête assistance... ou qui l'aide ou cherche à l'aider..."; "chiunque induce intenzionalmente..., lo assiste..., lo aiuta o tenta aiutarlo ..."). Wenn auch anscheinend in diesen Texten nichts ausdrücklich gesagt ist, dass die Beihilfe, gleich wie die Anstiftung, nur strafbar ist, wenn sie vorsätzlich verübt wird, so ist das doch der Sinn der Bestimmung (vgl. Art. 333 Abs. 3 StGB). Wohl ist auch eine bloss fahrlässige Beförderung oder Erleichterung der Tat eines anderen denkbar. Indessen ist nach dem gemeinen Strafrecht nur die vorsätzlich begangene Beihilfe unter Strafe gestellt (Art. 25 StGB; HAFTER, Lehrbuch des schweiz. Strafrechts, allg. Teil, S. 231 f.). Weshalb es gerade im Wehrsteuerrecht anders sein sollte, ist nicht ersichtlich. Wäre hier auch die fahrlässige Begehung strafbar, so würde das zu sachlich unhaltbaren Folgen führen, so dass sich die der gemeinrechtlichen Ordnung entsprechende Auslegung aufdrängt.
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Wehrsteuer: 1. Die Frist für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde beginnt von der Zustellung des angefochtenen Entscheides durch eingeschriebenen Brief an zu laufen. Eine Zustellung unter Nachnahme der Verfahrenskosten ist nicht zu beachten.
2. Wegen Gehilfenschaft bei Hinterziehung ist nur strafbar, wer vorsätzlich handelt.
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constitutional law and administrative law and public international law
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83 I 335
Erwägungen ab Seite 335
1. Nach Art. 111 Abs. 2 WStB wird der Entscheid der kantonalen Rekurskommission den Beteiligten durch eingeschriebenen Brief eröffnet. Die Zustellung in der Form, wie sie hier vorgeschrieben ist, hat im vorliegenden Fall erst am 19. Oktober 1956 stattgefunden. Von da an hat die dreissigtägige Frist des Art. 107 OG zu laufen begonnen. Der Beschwerdeführer hat sie eingehalten. Die Einrede, die am 16. November 1956 eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei verspätet, ist unbegründet. Vor dem 19. Oktober 1956 ist eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Eröffnung nicht vorgenommen worden. Der Versuch einer Zustellung am 20. September 1956 unter Nachnahme der Kosten des Rekursverfahrens ist gescheitert an der Weigerung des Beschwerdeführers, die in unrichtiger Form übermittelte Sendung entgegenzunehmen. Zur Einlösung der Nachnahme war der Beschwerdeführer angesichts der Vorschrift in Art. 111 Abs. 2 WStB auch dann nicht verpflichtet, wenn er vom Inhalt der Sendung und vom Rechtsgrund der darauf lastenden Nachnahme Kenntnis hatte. Er konnte verlangen, dass ihm der Entscheid der Rekurskommission unbelastet zugestellt werde (Urteil H. vom 22. Dezember 1943, Archiv für schweiz. Abgaberecht Bd. 13, S. 15).
3. In Art. 129 Abs. 3 WStB ist mit Strafe bedroht, "wer den Täter zu den in Abs. 1 und 2 bezeichneten Handlungen und Unterlassungen vorsätzlich bestimmt, ihm dabei Hilfe leistet oder dazu beiträgt oder beizutragen versucht, ihn der Strafverfolgung oder dem Strafvollzug zu entziehen" ("celui qui, intentionnellement, décide..., qui lui prête assistance... ou qui l'aide ou cherche à l'aider..."; "chiunque induce intenzionalmente..., lo assiste..., lo aiuta o tenta aiutarlo ..."). Wenn auch anscheinend in diesen Texten nichts ausdrücklich gesagt ist, dass die Beihilfe, gleich wie die Anstiftung, nur strafbar ist, wenn sie vorsätzlich verübt wird, so ist das doch der Sinn der Bestimmung (vgl. Art. 333 Abs. 3 StGB). Wohl ist auch eine bloss fahrlässige Beförderung oder Erleichterung der Tat eines anderen denkbar. Indessen ist nach dem gemeinen Strafrecht nur die vorsätzlich begangene Beihilfe unter Strafe gestellt (Art. 25 StGB; HAFTER, Lehrbuch des schweiz. Strafrechts, allg. Teil, S. 231 f.). Weshalb es gerade im Wehrsteuerrecht anders sein sollte, ist nicht ersichtlich. Wäre hier auch die fahrlässige Begehung strafbar, so würde das zu sachlich unhaltbaren Folgen führen, so dass sich die der gemeinrechtlichen Ordnung entsprechende Auslegung aufdrängt.
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Impôt pour la défense nationale: 1. Le délai pour former le recours de droit administratif part de la notification, par lettre recommandée, de la décision entreprise. Il n'y a pas lieu de tenir compte d'une notification contre remboursement des frais de procédure.
2. Seul est punissable pour complicité de soustraction, celui qui a agi intentionnellement.
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constitutional law and administrative law and public international law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-I-335%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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Erwägungen ab Seite 335
1. Nach Art. 111 Abs. 2 WStB wird der Entscheid der kantonalen Rekurskommission den Beteiligten durch eingeschriebenen Brief eröffnet. Die Zustellung in der Form, wie sie hier vorgeschrieben ist, hat im vorliegenden Fall erst am 19. Oktober 1956 stattgefunden. Von da an hat die dreissigtägige Frist des Art. 107 OG zu laufen begonnen. Der Beschwerdeführer hat sie eingehalten. Die Einrede, die am 16. November 1956 eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei verspätet, ist unbegründet. Vor dem 19. Oktober 1956 ist eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Eröffnung nicht vorgenommen worden. Der Versuch einer Zustellung am 20. September 1956 unter Nachnahme der Kosten des Rekursverfahrens ist gescheitert an der Weigerung des Beschwerdeführers, die in unrichtiger Form übermittelte Sendung entgegenzunehmen. Zur Einlösung der Nachnahme war der Beschwerdeführer angesichts der Vorschrift in Art. 111 Abs. 2 WStB auch dann nicht verpflichtet, wenn er vom Inhalt der Sendung und vom Rechtsgrund der darauf lastenden Nachnahme Kenntnis hatte. Er konnte verlangen, dass ihm der Entscheid der Rekurskommission unbelastet zugestellt werde (Urteil H. vom 22. Dezember 1943, Archiv für schweiz. Abgaberecht Bd. 13, S. 15).
3. In Art. 129 Abs. 3 WStB ist mit Strafe bedroht, "wer den Täter zu den in Abs. 1 und 2 bezeichneten Handlungen und Unterlassungen vorsätzlich bestimmt, ihm dabei Hilfe leistet oder dazu beiträgt oder beizutragen versucht, ihn der Strafverfolgung oder dem Strafvollzug zu entziehen" ("celui qui, intentionnellement, décide..., qui lui prête assistance... ou qui l'aide ou cherche à l'aider..."; "chiunque induce intenzionalmente..., lo assiste..., lo aiuta o tenta aiutarlo ..."). Wenn auch anscheinend in diesen Texten nichts ausdrücklich gesagt ist, dass die Beihilfe, gleich wie die Anstiftung, nur strafbar ist, wenn sie vorsätzlich verübt wird, so ist das doch der Sinn der Bestimmung (vgl. Art. 333 Abs. 3 StGB). Wohl ist auch eine bloss fahrlässige Beförderung oder Erleichterung der Tat eines anderen denkbar. Indessen ist nach dem gemeinen Strafrecht nur die vorsätzlich begangene Beihilfe unter Strafe gestellt (Art. 25 StGB; HAFTER, Lehrbuch des schweiz. Strafrechts, allg. Teil, S. 231 f.). Weshalb es gerade im Wehrsteuerrecht anders sein sollte, ist nicht ersichtlich. Wäre hier auch die fahrlässige Begehung strafbar, so würde das zu sachlich unhaltbaren Folgen führen, so dass sich die der gemeinrechtlichen Ordnung entsprechende Auslegung aufdrängt.
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Imposta per la difesa nazionale: 1. Il termine per interporre il ricorso di diritto amministrativo decorre dalla notificazione per lettera raccomandata della decisione impugnata. Non si deve tenere conto di una notificazione contro rimborso delle spese processuali.
2. Per complicità nella sottrazione é punibile solo chi ha agito con intenzione.
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Sachverhalt ab Seite 338
A.- Witwe B. erwarb im Jahre 1930 gemäss Erbschaftsinventar für Fr. 140'000.-- einen Gasthof. Sie führte den Betrieb weiter. Im Jahre 1933 heiratete sie den Beschwerdeführer F., der das Geschäft gemäss Handelsregistereintrag vom 12. April 1934 "mit Aktiven und Passiven" übernahm. Im Grundbuch blieb die Ehefrau als Eigentümerin eingetragen. Die Liegenschaft wurde gleichwohl seit 1934 in den Bilanzen des Ehemannes aufgeführt, und zwar stets mit dem Betrage der Katasterschatzung von Fr. 113'250.--. Im Jahre 1951, nach dem Tode der Ehefrau, übernahm der Beschwerdeführer die Liegenschaft zum Inventarwerte von Fr. 210'000.-- auf Rechnung seiner güter- und erbrechtlichen Ansprüche zu Eigentum, wobei er seine am 21. Dezember 1934 geborene Tochter, den einzigen Miterben, für ihren Erbteil abfand. Im Jahre 1953 verkaufte er den Gasthof.
Die Veranlagungsbehörde forderte vom Beschwerdeführer gestützt auf Art. 43 WStB neben der ordentlichen Wehrsteuer für die 7. Periode eine Jahressteuer auf dem beim Verkauf erzielten Gewinn, nach folgender Berechnung:
Verkaufserlös: Fr. Fr.
Liegenschaft 290'000.--
Betriebsinventar 8'000.--
Warenvorräte 2'040.-- 300'040.--
Abzüge:
Erwerbspreis Liegenschaft (1930) 140'000.--
Buchwert Betriebsinventar 6'520.--
Buchwert Warenvorräte 4'120.--
Verkaufsprovision 4'000.--
Abzug nach Art. 25 Abs. 1 lit. a
WStB 2'000.-- 156'640.--
Steuerbarer Liquidationsgewinn 143'400.--
Im Einspracheverfahren teilte die Veranlagungsbehörde den steuerbaren Gewinn zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Tochter auf; den vom Beschwerdeführer zu versteuernden Betrag setzte sie auf Fr. 122'520.-- herab und erhob von der Tochter eine Jahressteuer auf einem Betrage von Fr. 18'880.-- (Fr. 20, 880.-- abzüglich Fr. 2000.-- gemäss Art. 25 Abs. 1 lit. a WStB).
Die kantonale Rekurskommission hob die Veranlagung der Tochter auf und stellte die ursprüngliche Einschätzung des Beschwerdeführers wieder her (Entscheid vom 12. November 1956). Sie nahm an, die Tochter habe kein unter Art. 43 WStB fallendes Einkommen erzielt; der in Frage stehende Gewinn sei ausschliesslich vom Vater realisiert worden. Die Liegenschaft habe wirtschaftlich während der ganzen Zeit, da der Beschwerdeführer den Gasthof - zunächst zusammen mit der Ehefrau und nach ihrem Tod allein - betrieben habe, zu seinem Geschäftsvermögen gehört, also schon seit 1934, nicht erst seit 1951. Für die Berechnung des steuerbaren Gewinnes sei nicht auf den Verkehrswert im Zeitpunkte des Erbganges von 1951 abzustellen, sondern auf den Betrag von Fr. 140'000.-- (Buchwert, erhöht um den Betrag baulicher Aufwendungen des Beschwerdeführers während der Ehe).
B.- F. erhebt gegen den Entscheid der Rekurskommission Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, den steuerbaren Liquidationsgewinn auf Fr. 72'929.--, eventuell auf Fr. 91'037.-- herabzusetzen.
Er macht geltend, die Liegenschaft sei erst im Jahre 1951, als er sie zu Eigentum übernommen und seinem Geschäftsbetriebe gewidmet habe, sein Geschäftsvermögen geworden. Vorher sei sie Privatvermögen der Ehefrau gewesen, in deren Eigentum sie bei der Geschäftsübertragung im Jahre 1934 verblieben sei. Massgebend seien hier die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise der Rekurskommission wäre nur zulässig, wenn die zivilrechtliche Form zu Steuerumgehungszwecken gewählt worden wäre, wovon keine Rede sein könne. Der Beschwerdeführer dürfe nicht für eine Wertvermehrung besteuert werden, die vor 1951 im Vermögen des Rechtsvorgängers, der Ehefrau, eingetreten sei. Er hätte die Liegenschaft richtigerweise erst nachher in die Bilanz aufnehmen sollen. Der seit 1951 bilanzierte Wert sei unrichtig gewesen, weil er nicht den Gestehungskosten des Beschwerdeführers entsprochen habe. Zu diesen gehörten neben dem im Erbschaftsinventar von 1951 festgesetzten Übernahmewert auch die Inventarkosten, die der Beschwerdeführer damals habe zahlen müssen. Daher sei wie folgt zu rechnen:
Fr. Fr.
Erlös des Liegenschaftsverkaufs 290'000.--
Abzüge:
Inventarwert Liegenschaft 210'000.--
Inventarkosten 471.--
Verkaufsprovision 4'000.--
Verlust auf Betriebsinventar und
Warenvorräten 600.--
Abzug nach Art. 25 Abs. 1 lit. a
WStB 2'000.-- 217'071.--
Steuerbarer Liquidationsgewinn 72'929.--
Falls von einem Werte der Liegenschaft von Fr. 140'000.-- auszugehen wäre, so müsste zu den Gestehungskosten noch ein Betrag von Fr. 51'892.-- gerechnet werden, um den die Abfindung der Tochter sich verringert hätte, wenn die Erbteilung auf Grund dieses Wertes vorgenommen worden wäre.
C.- Die kantonale Rekurskommission stimmt dem Abzug der Inventarkosten von Fr. 471.-- zu und beantragt im übrigen Abweisung der Beschwerde.
D.- Die eidgenössische Steuerverwaltung schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Sie führt aus, die Liegenschaft habe ohne Unterbruch, auch in den Jahren 1934-1951, zum Geschäftsvermögen gehört. Die Ehefrau sei am Unternehmen des Beschwerdeführers beteiligt gewesen und habe die Liegenschaft in den Betrieb eingebracht. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag habe nicht abgeschlossen zu werden brauchen. Die Liegenschaft habe dem Beschwerdeführer in den Jahren 1934-1951 nicht nur auf Grund des güterrechtlichen Nutzungsrechtes, sondern als Bestandteil des Geschäftsvermögens zur Verfügung gestanden.
Nach dem Tode der Frau F. sei der Anteil der Tochter an den im Geschäftsbetrieb vorhandenen stillen Reserven realisiert worden, indem der Beschwerdeführer dafür eine Abfindung aus eigenen Mitteln geleistet habe. Die hiefür aufgewendeten Fr. 51'892.-- seien als Gestehungskosten zum (korrigierten) Buchwert von Fr. 140'000.-- hinzuzurechnen. Dagegen stellten die Inventarkosten von Fr. 471.-- keine Aufwendungen dar, die mit dem Geschäftsbetriebe in Zusammenhang gebracht werden könnten.
Anderseits habe die Tochter im Betrage von Fr. 51'892.-- einen Kapitalgewinn erzielt, der dem Vater zuzuweisen und in die Berechnung der von ihm geschuldeten Jahressteuer einzubeziehen sei (Art. 14, 43 WStB). Die Einschätzung gemäss angefochtenem Entscheid erweise sich daher im Ergebnis als richtig.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Wehrsteuerbeschluss erfasst als Einkommen physischer Personen grundsätzlich den Ertrag bestimmter Einnahmequellen (Art. 21). Die Quelle ist gedacht als das Mittel, das dem Steuerpflichtigen Einnahmen zuführt, die als Erträgnisse dem bisherigen Besitze gegenübergestellt werden (Roheinkommen). Das Roheinkommen wird sodann berichtigt, indem die mit der Einkommenserzielung verbundenen Lasten in Rechnung gestellt werden (Art. 22 WStB). Veränderungen der Quelle dagegen sind bei Steuern auf Quellenerträgnissen in der Regel nicht zu beachten; die Besteuerung bleibt im Grundsatz auf die Erträgnisse (Reineinkünfte) beschränkt. Eine besondere Ordnung sieht der Wehrsteuerbeschluss für kaufmännische Betriebe vor. Danach bilden Kapitalgewinne aus Veräusserung und Verwertung sowie verbuchte Vermehrungen des Wertes von Vermögensstücken Bestandteile des Roheinkommens (Art. 21 Abs. 1 lit. d und f), während anderseits Entwertungen und Geschäftsverluste abgezogen werden dürfen (Art. 22 Abs. 1 lit. b und c). Es wird auf den Geschäftserfolg abgestellt, wobei Gewinne und Verluste auf geschäftlichen Investitionen und damit Veränderungen der Einkommensquellen selber einbezogen werden. Bei nicht geschäftlichen Vermögen werden solche Veränderungen nicht berücksichtigt, sondern nur die Reineinkünfte erfasst (BGE 72 I 39f.;BGE 79 I 64Erw. 2, 366 f.).
Schwankungen des Wertes von Vermögensstücken fallen für die Steuer vom Einkommen geschäftlicher Unternehmen nur in Betracht, wenn die betreffenden Güter (Sachen oder Rechte) Geschäftsvermögen sind. Voraussetzung ist, dass die Vermögensstücke dem Geschäftsinhaber gehören und von ihm in der Unternehmung investiert sind. Es kommt grundsätzlich darauf an, ob sie zivilrechtlich ihm oder einem anderen zustehen; für Sachen sind also die privatrechtlichen Eigentumsverhältnisse massgebend (Urteil M. und S. vom 25. Juni 1948 betreffend die Kriegsgewinnsteuer, ASA 17, 231 ff.; im gleichen Sinne BGE 80 I 420 ff.). Gehört eine Sache nicht dem Geschäftsinhaber zu Eigentum, so kann sie, jedenfalls in der Regel, nicht seinem Geschäftsvermögen zugerechnet werden und berühren Veränderungen ihres Wertes den Geschäftserfolg nicht.
So verhält es sich im allgemeinen dann, wenn der Unternehmer eine Sache mietet, wobei unerheblich ist, ob das Objekt (z.B. ein Haus) praktisch nur für geschäftliche Zwecke oder auch anderweitig verwendet werden kann (vgl. BGE 80 I 422). Gleich zu behandeln ist der Fall, wo der Geschäftsmann auf Grund des Zivilrechtes ein Nutzungsrecht an einer fremden Sache hat. Insbesondere wird ein im Eigentum der Ehefrau stehendes Geschäftshaus dadurch, dass der Ehemann es kraft der ihm nach Güterverbindungsrecht zustehenden Befugnisse für seinen Betrieb nutzt, noch nicht zu seinem Geschäftsvermögen. Wenn auch nach Art. 13 WStB die Steuerfaktoren der Ehefrau denjenigen des Ehemannes zugerechnet werden, so bleibt die Ehefrau doch ein besonderes Steuersubjekt (BGE 75 I 388Erw. 3,BGE 76 I 400).
Die von den Beteiligten gewählte Gestaltung der zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse wäre für die Besteuerung allenfalls dann nicht massgeblich, wenn anzunehmen wäre, sie sei ungewöhnlich ("insolite"), den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen und diene lediglich der Steuerumgehung, so dass es sich rechtfertigen würde, von der zivilrechtlichen Form abzusehen und auf den wirtschaftlichen Sachverhalt abzustellen (ASA 17, 232 Erw. 2; vgl. BGE 80 I 34).
2. Der Beschwerdeführer hat im Jahre 1934, nach der Heirat, das bisher von der nunmehrigen Ehefrau geführte Geschäftsunternehmen (Hotel und Restaurant) übernommen und als Inhaber einer Einzelfirma weiterbetrieben. Indessen ist die Liegenschaft nach Ausweis des Grundbuches bis zum Tode der Ehefrau im Jahre 1951 in deren Eigentum geblieben. Sie ist erst infolge dieses Todesfalles in das Eigentum und das Geschäftsvermögen des Ehemannes übergegangen. Vorher, in den Jahren 1934-1951, gehörte sie zum Privatvermögen der Ehefrau.
Daran ändert es nichts, dass das Grundstück schon vor 1934 Geschäftsvermögen, und zwar zuletzt in der Hand der Witwe B. und nachmaligen Ehefrau des Beschwerdeführers, gewesen war. Die Lage hat sich im Jahre 1934 wesentlich geändert. Frau F. hat damals das Geschäft aufgegeben; die auf ihren Namen lautende Einzelfirma ist infolgedessen im Handelsregister gelöscht worden, und an deren Stelle ist diejenige des Ehemannes getreten. Die Ehefrau hat das Geschäft dem Ehemann abgetreten, aber sich das Eigentum am Grundstück vorbehalten, so dass dieses nicht Geschäftsvermögen des Ehemannes geworden ist.
Unerheblich ist sodann, dass der Handelsregistereintrag vom 12. April 1934 ohne Einschränkung feststellt, die neue Einzelfirma des Beschwerdeführers übernehme "Aktiven und Passiven" der erloschenen Firma, und ebensowenig kommt darauf etwas an, dass der Beschwerdeführer die Liegenschaft seit 1934 in seiner Geschäftsbuchhaltung erscheinen liess. Massgebend ist der Grundbucheintrag, wonach das Grundstück, auch im Verhältnis zum Beschwerdeführer, in den Jahren 1934-1951 Eigentum der Ehefrau war. Geschäftsvermögen hätte es damals nur dann sein können, wenn die Eigentümerin Inhaberin oder wenigstens Teilhaberin der Geschäftsunternehmung gewesen wäre. Weder das eine noch das andere trifft zu. Insbesondere haben die Eheleute F. für den Geschäftsbetrieb keine Gesellschaft gebildet, in welche das Grundstück als Geschäftsvermögen eingebracht worden wäre. Nichts lässt darauf schliessen, dass es nicht ihr Wille war, das Geschäft auf den Ehemann als alleinigen Inhaber zu übertragen, aber das Grundstück im Eigentum der Ehefrau zu belassen, wie dies in gesetzlicher Form in den Eintragungen im Handelsregister und im Grundbuch festgelegt wurde. Dass im Handelsregister schlechthin der Übergang der Aktiven und Passiven vermerkt und die Liegenschaft davon nicht ausdrücklich ausgenommen wurde, beruht offenbar auf einem Versehen oder einem Mangel an Genauigkeit; es wurde eine geläufige Kurzformel verwendet, ohne dass näher zugesehen wurde. Ähnlich verhält es sich mit der Geschäftsbuchhaltung; man hat darin einfach, nach dem Vorbild der bisherigen Bilanzen, die Liegenschaft weiterhin aufgeführt, ohne irgendwelche Wertberichtigungen vorzunehmen, so dass der Geschäftserfolg nicht beeinflusst wurde. Und wenn Frau F. im Betriebe des Ehemannes mitgearbeitet hat, so hat sie das nicht als Teilhaberin getan, sondern als Ehefrau des alleinigen Geschäftsinhabers, wie es in ähnlichen Fällen häufig vorkommt. Sie ist damit im Rahmen ihrer Aufgabe geblieben, den Ehemann in der Sorge für die Familie nach Kräften zu unterstützen (Art. 161 ZGB). Aus ihrer Mithilfe auf eine gesellschaftliche Beteiligung am Geschäft zu schliessen, ist verfehlt.
Wohl standen dem Beschwerdeführer zu Lebzeiten der Ehefrau die aus den Regeln der Güterverbindung sich ergebenden Rechte an der Liegenschaft zu, doch konnte er über diese nicht wie ein Eigentümer verfügen. Er konnte die Liegenschaft schon damals, auf Grund seiner Befugnis zur Verwaltung und Nutzung (Art. 200, 201 ZGB), für das Geschäft verwenden, war aber noch nicht in der Lage, sie dem Geschäftsvermögen einzuverleiben, in den Betrieb zu investieren. Das hat er erst getan und konnte er auch erst tun, nachdem er infolge des Todes der Ehefrau Eigentümer der Liegenschaft geworden war.
Dass die von den Beteiligten im Jahre 1934 getroffene zivilrechtliche Regelung den wirtschaftlichen Verhältnissen völlig unangemessen gewesen und lediglich zum Zweck der Steuerumgehung gewählt worden sei, wird von keiner Seite behauptet, und es liegt auch nichts dafür vor. Es besteht kein Grund, für die Besteuerung von dieser Rechtsgestaltung abzusehen und einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu folgen.
3. Da der Beschwerdeführer die Liegenschaft erst im Jahre 1951, nachdem er sie gemäss Erbschaftsinventar zu Eigentum übernommen hatte, in sein Unternehmen investiert und damit zu seinem Geschäftsvermögen gemacht hat, kommt der Wertzuwachs, den sie vor diesem Zeitpunkte erfahren hat, für die Steuer auf dem Liquidationsgewinn, die der Beschwerdeführer nach Art. 43 WStB zu entrichten hat, nicht in Betracht. Nur die seither bis zum Verkauf (1953) eingetretene Wertvermehrung stellt einen Kapitalgewinn dar, den der Beschwerdeführer in seinem kaufmännischen Unternehmen erzielt hat und daher nach Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB versteuern muss. Veränderungen des Wertes der Liegenschaft in der Zeit vor 1951 berühren das Geschäftsvermögen des Beschwerdeführers nicht; sie sind bei der Besteuerung seiner Einkünfte aus dem Geschäftsbetriebe, zu denen auch der Liquidationsgewinn gehört, ausser acht zu lassen.
Für die Ermittlung des steuerbaren Liquidationsgewinnes ist im allgemeinen die Differenz zwischen dem bei der Veräusserung erzielten Reinerlös und dem Buchwert massgebend.
Der Beschwerdeführer hat in seiner Geschäftsbuchhaltung nach dem Erwerb des Grundstückes zu Eigentum den ursprünglichen Betrag von Fr. 113'250.--, zu dem das Objekt schon im Jahre 1934 bilanziert war, unverändert beibehalten. Diese Bewertung könnte der Besteuerung allenfalls zugrunde gelegt werden, wenn die Liegenschaft schon zu Lebzeiten der Ehefrau des Beschwerdeführers Geschäftsvermögen gewesen und als solches auf den Beschwerdeführer übergegangen wäre; in diesem Falle wäre es richtig, an den Wert anzuknüpfen, der seinerzeit der Ermittlung des steuerbaren Geschäftseinkommens gedient hätte (BGE 82 I 116 Erw. 2). Indessen hat der Beschwerdeführer das Grundstück nicht als Geschäftsvermögen aus dem Nachlass der Ehefrau erhalten, da es ja zu deren Privatvermögen gehört hatte, sondern er hat es selber erst zu seinem Geschäftsvermögen gemacht, indem er es nach dem Eigentumserwerb im Jahre 1951 in sein Unternehmen investiert hat. Unter diesen Umständen kann auf jenen Buchwert nicht abgestellt werden, da er in offensichtlichem Widerspruch zu der wirklichen Sachlage steht. Die Liegenschaft wäre in den Jahren 1934-1951 gar nicht in die Geschäftsbilanz aufzunehmen gewesen, und nachher wurde sie darin mit einem Betrage weitergeführt, der in keiner Beziehung zu den vom Beschwerdeführer aufgewendeten Gestehungskosten stand. Würde der Betrag von Fr. 113'250.-- in Rechnung gestellt, so würden - selbst wenn er mit Rücksicht auf bauliche Aufwendungen während der Ehe um rund Fr. 30'000.-- erhöht wird - beim Beschwerdeführer entgegen der gesetzlichen Ordnung Wertvermehrungen besteuert, die nicht im Geschäftsvermögen entstanden sind.
Vielmehr ist, mangels anderer tauglicher Grundlage, von den Gestehungskosten auszugehen, d.h. von den Beträgen, die der Beschwerdeführer im Jahre 1951 für den Erwerb des Grundstückes zu Eigentum aufbringen oder sich anrechnen lassen musste, bevor er das Objekt in sein Geschäft einbringen konnte. Dazu gehören der im Erbschaftsinventar von 1951 festgesetzte Übernahmewert von Fr. 210'000.--, welcher der Berechnung der Abfindung für die Tochter zugrunde gelegt worden und dessen Angemessenheit nicht bestritten ist, und die dem Beschwerdeführer belasteten Inventarkosten von Fr. 471.--. Diese Beträge wären normalerweise in die Geschäftsbuchhaltung zu übernehmen gewesen.
Auf dieser Grundlage ergibt sich, gemäss dem Hauptantrag des Beschwerdeführers, ein steuerbarer Liquidationsgewinn von Fr. 72'929. -.
4. Da das Grundstück zum Privatvermögen der Frau F. gehört hat und als solches an die Erben gelangt ist, unterliegt der Kapitalgewinn, den die Tochter nach Auffassung der eidg. Steuerverwaltung bei der Erbteilung von 1951 realisiert hat, der Wehrsteuer vom Einkommen nicht; denn er ist nicht in einem kaufmännischen Unternehmen entstanden (Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und der steuerbare Liquidationsgewinn auf Fr. 72'929.-- herabgesetzt.
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Wehrsteuer: 1. Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Vermögen unterliegen der Wehrsteuer für Einkommen, wenn sie in einem buchführungspflichtigen Betriebe erzielt worden sind (Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB). Der Wertzuwachs, den ein Vermögensstück erfahren hat, bevor es ins Geschäftsvermögen gelangt ist, fällt ausser Betracht. Geschäftsvermögen kann eine Sache in der Regel nur sein, wenn sie dem Betriebsinhaber zu Eigentum gehört.
2. Berechnung des steuerbaren Liquidationsgewinns in einem Falle, wo der Verkäufer das Geschäft von der mit ihm in Güterverbindung lebenden Ehefrau zu deren Lebzeiten übernommen, aber das für den Betrieb verwendete Grundstück erst nach ihrem Tode zu Eigentum erworben hat.
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83 I 337
Sachverhalt ab Seite 338
A.- Witwe B. erwarb im Jahre 1930 gemäss Erbschaftsinventar für Fr. 140'000.-- einen Gasthof. Sie führte den Betrieb weiter. Im Jahre 1933 heiratete sie den Beschwerdeführer F., der das Geschäft gemäss Handelsregistereintrag vom 12. April 1934 "mit Aktiven und Passiven" übernahm. Im Grundbuch blieb die Ehefrau als Eigentümerin eingetragen. Die Liegenschaft wurde gleichwohl seit 1934 in den Bilanzen des Ehemannes aufgeführt, und zwar stets mit dem Betrage der Katasterschatzung von Fr. 113'250.--. Im Jahre 1951, nach dem Tode der Ehefrau, übernahm der Beschwerdeführer die Liegenschaft zum Inventarwerte von Fr. 210'000.-- auf Rechnung seiner güter- und erbrechtlichen Ansprüche zu Eigentum, wobei er seine am 21. Dezember 1934 geborene Tochter, den einzigen Miterben, für ihren Erbteil abfand. Im Jahre 1953 verkaufte er den Gasthof.
Die Veranlagungsbehörde forderte vom Beschwerdeführer gestützt auf Art. 43 WStB neben der ordentlichen Wehrsteuer für die 7. Periode eine Jahressteuer auf dem beim Verkauf erzielten Gewinn, nach folgender Berechnung:
Verkaufserlös: Fr. Fr.
Liegenschaft 290'000.--
Betriebsinventar 8'000.--
Warenvorräte 2'040.-- 300'040.--
Abzüge:
Erwerbspreis Liegenschaft (1930) 140'000.--
Buchwert Betriebsinventar 6'520.--
Buchwert Warenvorräte 4'120.--
Verkaufsprovision 4'000.--
Abzug nach Art. 25 Abs. 1 lit. a
WStB 2'000.-- 156'640.--
Steuerbarer Liquidationsgewinn 143'400.--
Im Einspracheverfahren teilte die Veranlagungsbehörde den steuerbaren Gewinn zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Tochter auf; den vom Beschwerdeführer zu versteuernden Betrag setzte sie auf Fr. 122'520.-- herab und erhob von der Tochter eine Jahressteuer auf einem Betrage von Fr. 18'880.-- (Fr. 20, 880.-- abzüglich Fr. 2000.-- gemäss Art. 25 Abs. 1 lit. a WStB).
Die kantonale Rekurskommission hob die Veranlagung der Tochter auf und stellte die ursprüngliche Einschätzung des Beschwerdeführers wieder her (Entscheid vom 12. November 1956). Sie nahm an, die Tochter habe kein unter Art. 43 WStB fallendes Einkommen erzielt; der in Frage stehende Gewinn sei ausschliesslich vom Vater realisiert worden. Die Liegenschaft habe wirtschaftlich während der ganzen Zeit, da der Beschwerdeführer den Gasthof - zunächst zusammen mit der Ehefrau und nach ihrem Tod allein - betrieben habe, zu seinem Geschäftsvermögen gehört, also schon seit 1934, nicht erst seit 1951. Für die Berechnung des steuerbaren Gewinnes sei nicht auf den Verkehrswert im Zeitpunkte des Erbganges von 1951 abzustellen, sondern auf den Betrag von Fr. 140'000.-- (Buchwert, erhöht um den Betrag baulicher Aufwendungen des Beschwerdeführers während der Ehe).
B.- F. erhebt gegen den Entscheid der Rekurskommission Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, den steuerbaren Liquidationsgewinn auf Fr. 72'929.--, eventuell auf Fr. 91'037.-- herabzusetzen.
Er macht geltend, die Liegenschaft sei erst im Jahre 1951, als er sie zu Eigentum übernommen und seinem Geschäftsbetriebe gewidmet habe, sein Geschäftsvermögen geworden. Vorher sei sie Privatvermögen der Ehefrau gewesen, in deren Eigentum sie bei der Geschäftsübertragung im Jahre 1934 verblieben sei. Massgebend seien hier die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise der Rekurskommission wäre nur zulässig, wenn die zivilrechtliche Form zu Steuerumgehungszwecken gewählt worden wäre, wovon keine Rede sein könne. Der Beschwerdeführer dürfe nicht für eine Wertvermehrung besteuert werden, die vor 1951 im Vermögen des Rechtsvorgängers, der Ehefrau, eingetreten sei. Er hätte die Liegenschaft richtigerweise erst nachher in die Bilanz aufnehmen sollen. Der seit 1951 bilanzierte Wert sei unrichtig gewesen, weil er nicht den Gestehungskosten des Beschwerdeführers entsprochen habe. Zu diesen gehörten neben dem im Erbschaftsinventar von 1951 festgesetzten Übernahmewert auch die Inventarkosten, die der Beschwerdeführer damals habe zahlen müssen. Daher sei wie folgt zu rechnen:
Fr. Fr.
Erlös des Liegenschaftsverkaufs 290'000.--
Abzüge:
Inventarwert Liegenschaft 210'000.--
Inventarkosten 471.--
Verkaufsprovision 4'000.--
Verlust auf Betriebsinventar und
Warenvorräten 600.--
Abzug nach Art. 25 Abs. 1 lit. a
WStB 2'000.-- 217'071.--
Steuerbarer Liquidationsgewinn 72'929.--
Falls von einem Werte der Liegenschaft von Fr. 140'000.-- auszugehen wäre, so müsste zu den Gestehungskosten noch ein Betrag von Fr. 51'892.-- gerechnet werden, um den die Abfindung der Tochter sich verringert hätte, wenn die Erbteilung auf Grund dieses Wertes vorgenommen worden wäre.
C.- Die kantonale Rekurskommission stimmt dem Abzug der Inventarkosten von Fr. 471.-- zu und beantragt im übrigen Abweisung der Beschwerde.
D.- Die eidgenössische Steuerverwaltung schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Sie führt aus, die Liegenschaft habe ohne Unterbruch, auch in den Jahren 1934-1951, zum Geschäftsvermögen gehört. Die Ehefrau sei am Unternehmen des Beschwerdeführers beteiligt gewesen und habe die Liegenschaft in den Betrieb eingebracht. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag habe nicht abgeschlossen zu werden brauchen. Die Liegenschaft habe dem Beschwerdeführer in den Jahren 1934-1951 nicht nur auf Grund des güterrechtlichen Nutzungsrechtes, sondern als Bestandteil des Geschäftsvermögens zur Verfügung gestanden.
Nach dem Tode der Frau F. sei der Anteil der Tochter an den im Geschäftsbetrieb vorhandenen stillen Reserven realisiert worden, indem der Beschwerdeführer dafür eine Abfindung aus eigenen Mitteln geleistet habe. Die hiefür aufgewendeten Fr. 51'892.-- seien als Gestehungskosten zum (korrigierten) Buchwert von Fr. 140'000.-- hinzuzurechnen. Dagegen stellten die Inventarkosten von Fr. 471.-- keine Aufwendungen dar, die mit dem Geschäftsbetriebe in Zusammenhang gebracht werden könnten.
Anderseits habe die Tochter im Betrage von Fr. 51'892.-- einen Kapitalgewinn erzielt, der dem Vater zuzuweisen und in die Berechnung der von ihm geschuldeten Jahressteuer einzubeziehen sei (Art. 14, 43 WStB). Die Einschätzung gemäss angefochtenem Entscheid erweise sich daher im Ergebnis als richtig.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Wehrsteuerbeschluss erfasst als Einkommen physischer Personen grundsätzlich den Ertrag bestimmter Einnahmequellen (Art. 21). Die Quelle ist gedacht als das Mittel, das dem Steuerpflichtigen Einnahmen zuführt, die als Erträgnisse dem bisherigen Besitze gegenübergestellt werden (Roheinkommen). Das Roheinkommen wird sodann berichtigt, indem die mit der Einkommenserzielung verbundenen Lasten in Rechnung gestellt werden (Art. 22 WStB). Veränderungen der Quelle dagegen sind bei Steuern auf Quellenerträgnissen in der Regel nicht zu beachten; die Besteuerung bleibt im Grundsatz auf die Erträgnisse (Reineinkünfte) beschränkt. Eine besondere Ordnung sieht der Wehrsteuerbeschluss für kaufmännische Betriebe vor. Danach bilden Kapitalgewinne aus Veräusserung und Verwertung sowie verbuchte Vermehrungen des Wertes von Vermögensstücken Bestandteile des Roheinkommens (Art. 21 Abs. 1 lit. d und f), während anderseits Entwertungen und Geschäftsverluste abgezogen werden dürfen (Art. 22 Abs. 1 lit. b und c). Es wird auf den Geschäftserfolg abgestellt, wobei Gewinne und Verluste auf geschäftlichen Investitionen und damit Veränderungen der Einkommensquellen selber einbezogen werden. Bei nicht geschäftlichen Vermögen werden solche Veränderungen nicht berücksichtigt, sondern nur die Reineinkünfte erfasst (BGE 72 I 39f.;BGE 79 I 64Erw. 2, 366 f.).
Schwankungen des Wertes von Vermögensstücken fallen für die Steuer vom Einkommen geschäftlicher Unternehmen nur in Betracht, wenn die betreffenden Güter (Sachen oder Rechte) Geschäftsvermögen sind. Voraussetzung ist, dass die Vermögensstücke dem Geschäftsinhaber gehören und von ihm in der Unternehmung investiert sind. Es kommt grundsätzlich darauf an, ob sie zivilrechtlich ihm oder einem anderen zustehen; für Sachen sind also die privatrechtlichen Eigentumsverhältnisse massgebend (Urteil M. und S. vom 25. Juni 1948 betreffend die Kriegsgewinnsteuer, ASA 17, 231 ff.; im gleichen Sinne BGE 80 I 420 ff.). Gehört eine Sache nicht dem Geschäftsinhaber zu Eigentum, so kann sie, jedenfalls in der Regel, nicht seinem Geschäftsvermögen zugerechnet werden und berühren Veränderungen ihres Wertes den Geschäftserfolg nicht.
So verhält es sich im allgemeinen dann, wenn der Unternehmer eine Sache mietet, wobei unerheblich ist, ob das Objekt (z.B. ein Haus) praktisch nur für geschäftliche Zwecke oder auch anderweitig verwendet werden kann (vgl. BGE 80 I 422). Gleich zu behandeln ist der Fall, wo der Geschäftsmann auf Grund des Zivilrechtes ein Nutzungsrecht an einer fremden Sache hat. Insbesondere wird ein im Eigentum der Ehefrau stehendes Geschäftshaus dadurch, dass der Ehemann es kraft der ihm nach Güterverbindungsrecht zustehenden Befugnisse für seinen Betrieb nutzt, noch nicht zu seinem Geschäftsvermögen. Wenn auch nach Art. 13 WStB die Steuerfaktoren der Ehefrau denjenigen des Ehemannes zugerechnet werden, so bleibt die Ehefrau doch ein besonderes Steuersubjekt (BGE 75 I 388Erw. 3,BGE 76 I 400).
Die von den Beteiligten gewählte Gestaltung der zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse wäre für die Besteuerung allenfalls dann nicht massgeblich, wenn anzunehmen wäre, sie sei ungewöhnlich ("insolite"), den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen und diene lediglich der Steuerumgehung, so dass es sich rechtfertigen würde, von der zivilrechtlichen Form abzusehen und auf den wirtschaftlichen Sachverhalt abzustellen (ASA 17, 232 Erw. 2; vgl. BGE 80 I 34).
2. Der Beschwerdeführer hat im Jahre 1934, nach der Heirat, das bisher von der nunmehrigen Ehefrau geführte Geschäftsunternehmen (Hotel und Restaurant) übernommen und als Inhaber einer Einzelfirma weiterbetrieben. Indessen ist die Liegenschaft nach Ausweis des Grundbuches bis zum Tode der Ehefrau im Jahre 1951 in deren Eigentum geblieben. Sie ist erst infolge dieses Todesfalles in das Eigentum und das Geschäftsvermögen des Ehemannes übergegangen. Vorher, in den Jahren 1934-1951, gehörte sie zum Privatvermögen der Ehefrau.
Daran ändert es nichts, dass das Grundstück schon vor 1934 Geschäftsvermögen, und zwar zuletzt in der Hand der Witwe B. und nachmaligen Ehefrau des Beschwerdeführers, gewesen war. Die Lage hat sich im Jahre 1934 wesentlich geändert. Frau F. hat damals das Geschäft aufgegeben; die auf ihren Namen lautende Einzelfirma ist infolgedessen im Handelsregister gelöscht worden, und an deren Stelle ist diejenige des Ehemannes getreten. Die Ehefrau hat das Geschäft dem Ehemann abgetreten, aber sich das Eigentum am Grundstück vorbehalten, so dass dieses nicht Geschäftsvermögen des Ehemannes geworden ist.
Unerheblich ist sodann, dass der Handelsregistereintrag vom 12. April 1934 ohne Einschränkung feststellt, die neue Einzelfirma des Beschwerdeführers übernehme "Aktiven und Passiven" der erloschenen Firma, und ebensowenig kommt darauf etwas an, dass der Beschwerdeführer die Liegenschaft seit 1934 in seiner Geschäftsbuchhaltung erscheinen liess. Massgebend ist der Grundbucheintrag, wonach das Grundstück, auch im Verhältnis zum Beschwerdeführer, in den Jahren 1934-1951 Eigentum der Ehefrau war. Geschäftsvermögen hätte es damals nur dann sein können, wenn die Eigentümerin Inhaberin oder wenigstens Teilhaberin der Geschäftsunternehmung gewesen wäre. Weder das eine noch das andere trifft zu. Insbesondere haben die Eheleute F. für den Geschäftsbetrieb keine Gesellschaft gebildet, in welche das Grundstück als Geschäftsvermögen eingebracht worden wäre. Nichts lässt darauf schliessen, dass es nicht ihr Wille war, das Geschäft auf den Ehemann als alleinigen Inhaber zu übertragen, aber das Grundstück im Eigentum der Ehefrau zu belassen, wie dies in gesetzlicher Form in den Eintragungen im Handelsregister und im Grundbuch festgelegt wurde. Dass im Handelsregister schlechthin der Übergang der Aktiven und Passiven vermerkt und die Liegenschaft davon nicht ausdrücklich ausgenommen wurde, beruht offenbar auf einem Versehen oder einem Mangel an Genauigkeit; es wurde eine geläufige Kurzformel verwendet, ohne dass näher zugesehen wurde. Ähnlich verhält es sich mit der Geschäftsbuchhaltung; man hat darin einfach, nach dem Vorbild der bisherigen Bilanzen, die Liegenschaft weiterhin aufgeführt, ohne irgendwelche Wertberichtigungen vorzunehmen, so dass der Geschäftserfolg nicht beeinflusst wurde. Und wenn Frau F. im Betriebe des Ehemannes mitgearbeitet hat, so hat sie das nicht als Teilhaberin getan, sondern als Ehefrau des alleinigen Geschäftsinhabers, wie es in ähnlichen Fällen häufig vorkommt. Sie ist damit im Rahmen ihrer Aufgabe geblieben, den Ehemann in der Sorge für die Familie nach Kräften zu unterstützen (Art. 161 ZGB). Aus ihrer Mithilfe auf eine gesellschaftliche Beteiligung am Geschäft zu schliessen, ist verfehlt.
Wohl standen dem Beschwerdeführer zu Lebzeiten der Ehefrau die aus den Regeln der Güterverbindung sich ergebenden Rechte an der Liegenschaft zu, doch konnte er über diese nicht wie ein Eigentümer verfügen. Er konnte die Liegenschaft schon damals, auf Grund seiner Befugnis zur Verwaltung und Nutzung (Art. 200, 201 ZGB), für das Geschäft verwenden, war aber noch nicht in der Lage, sie dem Geschäftsvermögen einzuverleiben, in den Betrieb zu investieren. Das hat er erst getan und konnte er auch erst tun, nachdem er infolge des Todes der Ehefrau Eigentümer der Liegenschaft geworden war.
Dass die von den Beteiligten im Jahre 1934 getroffene zivilrechtliche Regelung den wirtschaftlichen Verhältnissen völlig unangemessen gewesen und lediglich zum Zweck der Steuerumgehung gewählt worden sei, wird von keiner Seite behauptet, und es liegt auch nichts dafür vor. Es besteht kein Grund, für die Besteuerung von dieser Rechtsgestaltung abzusehen und einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu folgen.
3. Da der Beschwerdeführer die Liegenschaft erst im Jahre 1951, nachdem er sie gemäss Erbschaftsinventar zu Eigentum übernommen hatte, in sein Unternehmen investiert und damit zu seinem Geschäftsvermögen gemacht hat, kommt der Wertzuwachs, den sie vor diesem Zeitpunkte erfahren hat, für die Steuer auf dem Liquidationsgewinn, die der Beschwerdeführer nach Art. 43 WStB zu entrichten hat, nicht in Betracht. Nur die seither bis zum Verkauf (1953) eingetretene Wertvermehrung stellt einen Kapitalgewinn dar, den der Beschwerdeführer in seinem kaufmännischen Unternehmen erzielt hat und daher nach Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB versteuern muss. Veränderungen des Wertes der Liegenschaft in der Zeit vor 1951 berühren das Geschäftsvermögen des Beschwerdeführers nicht; sie sind bei der Besteuerung seiner Einkünfte aus dem Geschäftsbetriebe, zu denen auch der Liquidationsgewinn gehört, ausser acht zu lassen.
Für die Ermittlung des steuerbaren Liquidationsgewinnes ist im allgemeinen die Differenz zwischen dem bei der Veräusserung erzielten Reinerlös und dem Buchwert massgebend.
Der Beschwerdeführer hat in seiner Geschäftsbuchhaltung nach dem Erwerb des Grundstückes zu Eigentum den ursprünglichen Betrag von Fr. 113'250.--, zu dem das Objekt schon im Jahre 1934 bilanziert war, unverändert beibehalten. Diese Bewertung könnte der Besteuerung allenfalls zugrunde gelegt werden, wenn die Liegenschaft schon zu Lebzeiten der Ehefrau des Beschwerdeführers Geschäftsvermögen gewesen und als solches auf den Beschwerdeführer übergegangen wäre; in diesem Falle wäre es richtig, an den Wert anzuknüpfen, der seinerzeit der Ermittlung des steuerbaren Geschäftseinkommens gedient hätte (BGE 82 I 116 Erw. 2). Indessen hat der Beschwerdeführer das Grundstück nicht als Geschäftsvermögen aus dem Nachlass der Ehefrau erhalten, da es ja zu deren Privatvermögen gehört hatte, sondern er hat es selber erst zu seinem Geschäftsvermögen gemacht, indem er es nach dem Eigentumserwerb im Jahre 1951 in sein Unternehmen investiert hat. Unter diesen Umständen kann auf jenen Buchwert nicht abgestellt werden, da er in offensichtlichem Widerspruch zu der wirklichen Sachlage steht. Die Liegenschaft wäre in den Jahren 1934-1951 gar nicht in die Geschäftsbilanz aufzunehmen gewesen, und nachher wurde sie darin mit einem Betrage weitergeführt, der in keiner Beziehung zu den vom Beschwerdeführer aufgewendeten Gestehungskosten stand. Würde der Betrag von Fr. 113'250.-- in Rechnung gestellt, so würden - selbst wenn er mit Rücksicht auf bauliche Aufwendungen während der Ehe um rund Fr. 30'000.-- erhöht wird - beim Beschwerdeführer entgegen der gesetzlichen Ordnung Wertvermehrungen besteuert, die nicht im Geschäftsvermögen entstanden sind.
Vielmehr ist, mangels anderer tauglicher Grundlage, von den Gestehungskosten auszugehen, d.h. von den Beträgen, die der Beschwerdeführer im Jahre 1951 für den Erwerb des Grundstückes zu Eigentum aufbringen oder sich anrechnen lassen musste, bevor er das Objekt in sein Geschäft einbringen konnte. Dazu gehören der im Erbschaftsinventar von 1951 festgesetzte Übernahmewert von Fr. 210'000.--, welcher der Berechnung der Abfindung für die Tochter zugrunde gelegt worden und dessen Angemessenheit nicht bestritten ist, und die dem Beschwerdeführer belasteten Inventarkosten von Fr. 471.--. Diese Beträge wären normalerweise in die Geschäftsbuchhaltung zu übernehmen gewesen.
Auf dieser Grundlage ergibt sich, gemäss dem Hauptantrag des Beschwerdeführers, ein steuerbarer Liquidationsgewinn von Fr. 72'929. -.
4. Da das Grundstück zum Privatvermögen der Frau F. gehört hat und als solches an die Erben gelangt ist, unterliegt der Kapitalgewinn, den die Tochter nach Auffassung der eidg. Steuerverwaltung bei der Erbteilung von 1951 realisiert hat, der Wehrsteuer vom Einkommen nicht; denn er ist nicht in einem kaufmännischen Unternehmen entstanden (Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und der steuerbare Liquidationsgewinn auf Fr. 72'929.-- herabgesetzt.
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Impôt pour la défense nationale: 1. Les bénéfices en capital provenant de l'aliénation de biens composant la fortune sont soumis à l'impôt sur le revenu lorsqu'ils sont réalisés dans une entreprise astreinte à tenir des livres (art. 21 al. 1 lit. d AIN). La plus-value qu'un élément de la fortune a subie avant d'être compris dans la fortune commerciale n'entre pas en ligne de compte. En principe, une chose ne peut appartenir à la fortune commerciale que lorsqu'elle est dans la propriété du titulaire de l'exploitation.
2. Calcul du bénéfice de liquidation imposable lorsque le vendeur, qui avait repris l'affaire de sa femme alors qu'elle vivait avec lui sous le régime de l'union des biens, n'a cependant acquis la propriété des fonds utilisé pour l'exploitation qu'après la mort de sa femme.
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constitutional law and administrative law and public international law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-I-337%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 I 337
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83 I 337
Sachverhalt ab Seite 338
A.- Witwe B. erwarb im Jahre 1930 gemäss Erbschaftsinventar für Fr. 140'000.-- einen Gasthof. Sie führte den Betrieb weiter. Im Jahre 1933 heiratete sie den Beschwerdeführer F., der das Geschäft gemäss Handelsregistereintrag vom 12. April 1934 "mit Aktiven und Passiven" übernahm. Im Grundbuch blieb die Ehefrau als Eigentümerin eingetragen. Die Liegenschaft wurde gleichwohl seit 1934 in den Bilanzen des Ehemannes aufgeführt, und zwar stets mit dem Betrage der Katasterschatzung von Fr. 113'250.--. Im Jahre 1951, nach dem Tode der Ehefrau, übernahm der Beschwerdeführer die Liegenschaft zum Inventarwerte von Fr. 210'000.-- auf Rechnung seiner güter- und erbrechtlichen Ansprüche zu Eigentum, wobei er seine am 21. Dezember 1934 geborene Tochter, den einzigen Miterben, für ihren Erbteil abfand. Im Jahre 1953 verkaufte er den Gasthof.
Die Veranlagungsbehörde forderte vom Beschwerdeführer gestützt auf Art. 43 WStB neben der ordentlichen Wehrsteuer für die 7. Periode eine Jahressteuer auf dem beim Verkauf erzielten Gewinn, nach folgender Berechnung:
Verkaufserlös: Fr. Fr.
Liegenschaft 290'000.--
Betriebsinventar 8'000.--
Warenvorräte 2'040.-- 300'040.--
Abzüge:
Erwerbspreis Liegenschaft (1930) 140'000.--
Buchwert Betriebsinventar 6'520.--
Buchwert Warenvorräte 4'120.--
Verkaufsprovision 4'000.--
Abzug nach Art. 25 Abs. 1 lit. a
WStB 2'000.-- 156'640.--
Steuerbarer Liquidationsgewinn 143'400.--
Im Einspracheverfahren teilte die Veranlagungsbehörde den steuerbaren Gewinn zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Tochter auf; den vom Beschwerdeführer zu versteuernden Betrag setzte sie auf Fr. 122'520.-- herab und erhob von der Tochter eine Jahressteuer auf einem Betrage von Fr. 18'880.-- (Fr. 20, 880.-- abzüglich Fr. 2000.-- gemäss Art. 25 Abs. 1 lit. a WStB).
Die kantonale Rekurskommission hob die Veranlagung der Tochter auf und stellte die ursprüngliche Einschätzung des Beschwerdeführers wieder her (Entscheid vom 12. November 1956). Sie nahm an, die Tochter habe kein unter Art. 43 WStB fallendes Einkommen erzielt; der in Frage stehende Gewinn sei ausschliesslich vom Vater realisiert worden. Die Liegenschaft habe wirtschaftlich während der ganzen Zeit, da der Beschwerdeführer den Gasthof - zunächst zusammen mit der Ehefrau und nach ihrem Tod allein - betrieben habe, zu seinem Geschäftsvermögen gehört, also schon seit 1934, nicht erst seit 1951. Für die Berechnung des steuerbaren Gewinnes sei nicht auf den Verkehrswert im Zeitpunkte des Erbganges von 1951 abzustellen, sondern auf den Betrag von Fr. 140'000.-- (Buchwert, erhöht um den Betrag baulicher Aufwendungen des Beschwerdeführers während der Ehe).
B.- F. erhebt gegen den Entscheid der Rekurskommission Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, den steuerbaren Liquidationsgewinn auf Fr. 72'929.--, eventuell auf Fr. 91'037.-- herabzusetzen.
Er macht geltend, die Liegenschaft sei erst im Jahre 1951, als er sie zu Eigentum übernommen und seinem Geschäftsbetriebe gewidmet habe, sein Geschäftsvermögen geworden. Vorher sei sie Privatvermögen der Ehefrau gewesen, in deren Eigentum sie bei der Geschäftsübertragung im Jahre 1934 verblieben sei. Massgebend seien hier die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise der Rekurskommission wäre nur zulässig, wenn die zivilrechtliche Form zu Steuerumgehungszwecken gewählt worden wäre, wovon keine Rede sein könne. Der Beschwerdeführer dürfe nicht für eine Wertvermehrung besteuert werden, die vor 1951 im Vermögen des Rechtsvorgängers, der Ehefrau, eingetreten sei. Er hätte die Liegenschaft richtigerweise erst nachher in die Bilanz aufnehmen sollen. Der seit 1951 bilanzierte Wert sei unrichtig gewesen, weil er nicht den Gestehungskosten des Beschwerdeführers entsprochen habe. Zu diesen gehörten neben dem im Erbschaftsinventar von 1951 festgesetzten Übernahmewert auch die Inventarkosten, die der Beschwerdeführer damals habe zahlen müssen. Daher sei wie folgt zu rechnen:
Fr. Fr.
Erlös des Liegenschaftsverkaufs 290'000.--
Abzüge:
Inventarwert Liegenschaft 210'000.--
Inventarkosten 471.--
Verkaufsprovision 4'000.--
Verlust auf Betriebsinventar und
Warenvorräten 600.--
Abzug nach Art. 25 Abs. 1 lit. a
WStB 2'000.-- 217'071.--
Steuerbarer Liquidationsgewinn 72'929.--
Falls von einem Werte der Liegenschaft von Fr. 140'000.-- auszugehen wäre, so müsste zu den Gestehungskosten noch ein Betrag von Fr. 51'892.-- gerechnet werden, um den die Abfindung der Tochter sich verringert hätte, wenn die Erbteilung auf Grund dieses Wertes vorgenommen worden wäre.
C.- Die kantonale Rekurskommission stimmt dem Abzug der Inventarkosten von Fr. 471.-- zu und beantragt im übrigen Abweisung der Beschwerde.
D.- Die eidgenössische Steuerverwaltung schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Sie führt aus, die Liegenschaft habe ohne Unterbruch, auch in den Jahren 1934-1951, zum Geschäftsvermögen gehört. Die Ehefrau sei am Unternehmen des Beschwerdeführers beteiligt gewesen und habe die Liegenschaft in den Betrieb eingebracht. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag habe nicht abgeschlossen zu werden brauchen. Die Liegenschaft habe dem Beschwerdeführer in den Jahren 1934-1951 nicht nur auf Grund des güterrechtlichen Nutzungsrechtes, sondern als Bestandteil des Geschäftsvermögens zur Verfügung gestanden.
Nach dem Tode der Frau F. sei der Anteil der Tochter an den im Geschäftsbetrieb vorhandenen stillen Reserven realisiert worden, indem der Beschwerdeführer dafür eine Abfindung aus eigenen Mitteln geleistet habe. Die hiefür aufgewendeten Fr. 51'892.-- seien als Gestehungskosten zum (korrigierten) Buchwert von Fr. 140'000.-- hinzuzurechnen. Dagegen stellten die Inventarkosten von Fr. 471.-- keine Aufwendungen dar, die mit dem Geschäftsbetriebe in Zusammenhang gebracht werden könnten.
Anderseits habe die Tochter im Betrage von Fr. 51'892.-- einen Kapitalgewinn erzielt, der dem Vater zuzuweisen und in die Berechnung der von ihm geschuldeten Jahressteuer einzubeziehen sei (Art. 14, 43 WStB). Die Einschätzung gemäss angefochtenem Entscheid erweise sich daher im Ergebnis als richtig.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Wehrsteuerbeschluss erfasst als Einkommen physischer Personen grundsätzlich den Ertrag bestimmter Einnahmequellen (Art. 21). Die Quelle ist gedacht als das Mittel, das dem Steuerpflichtigen Einnahmen zuführt, die als Erträgnisse dem bisherigen Besitze gegenübergestellt werden (Roheinkommen). Das Roheinkommen wird sodann berichtigt, indem die mit der Einkommenserzielung verbundenen Lasten in Rechnung gestellt werden (Art. 22 WStB). Veränderungen der Quelle dagegen sind bei Steuern auf Quellenerträgnissen in der Regel nicht zu beachten; die Besteuerung bleibt im Grundsatz auf die Erträgnisse (Reineinkünfte) beschränkt. Eine besondere Ordnung sieht der Wehrsteuerbeschluss für kaufmännische Betriebe vor. Danach bilden Kapitalgewinne aus Veräusserung und Verwertung sowie verbuchte Vermehrungen des Wertes von Vermögensstücken Bestandteile des Roheinkommens (Art. 21 Abs. 1 lit. d und f), während anderseits Entwertungen und Geschäftsverluste abgezogen werden dürfen (Art. 22 Abs. 1 lit. b und c). Es wird auf den Geschäftserfolg abgestellt, wobei Gewinne und Verluste auf geschäftlichen Investitionen und damit Veränderungen der Einkommensquellen selber einbezogen werden. Bei nicht geschäftlichen Vermögen werden solche Veränderungen nicht berücksichtigt, sondern nur die Reineinkünfte erfasst (BGE 72 I 39f.;BGE 79 I 64Erw. 2, 366 f.).
Schwankungen des Wertes von Vermögensstücken fallen für die Steuer vom Einkommen geschäftlicher Unternehmen nur in Betracht, wenn die betreffenden Güter (Sachen oder Rechte) Geschäftsvermögen sind. Voraussetzung ist, dass die Vermögensstücke dem Geschäftsinhaber gehören und von ihm in der Unternehmung investiert sind. Es kommt grundsätzlich darauf an, ob sie zivilrechtlich ihm oder einem anderen zustehen; für Sachen sind also die privatrechtlichen Eigentumsverhältnisse massgebend (Urteil M. und S. vom 25. Juni 1948 betreffend die Kriegsgewinnsteuer, ASA 17, 231 ff.; im gleichen Sinne BGE 80 I 420 ff.). Gehört eine Sache nicht dem Geschäftsinhaber zu Eigentum, so kann sie, jedenfalls in der Regel, nicht seinem Geschäftsvermögen zugerechnet werden und berühren Veränderungen ihres Wertes den Geschäftserfolg nicht.
So verhält es sich im allgemeinen dann, wenn der Unternehmer eine Sache mietet, wobei unerheblich ist, ob das Objekt (z.B. ein Haus) praktisch nur für geschäftliche Zwecke oder auch anderweitig verwendet werden kann (vgl. BGE 80 I 422). Gleich zu behandeln ist der Fall, wo der Geschäftsmann auf Grund des Zivilrechtes ein Nutzungsrecht an einer fremden Sache hat. Insbesondere wird ein im Eigentum der Ehefrau stehendes Geschäftshaus dadurch, dass der Ehemann es kraft der ihm nach Güterverbindungsrecht zustehenden Befugnisse für seinen Betrieb nutzt, noch nicht zu seinem Geschäftsvermögen. Wenn auch nach Art. 13 WStB die Steuerfaktoren der Ehefrau denjenigen des Ehemannes zugerechnet werden, so bleibt die Ehefrau doch ein besonderes Steuersubjekt (BGE 75 I 388Erw. 3,BGE 76 I 400).
Die von den Beteiligten gewählte Gestaltung der zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse wäre für die Besteuerung allenfalls dann nicht massgeblich, wenn anzunehmen wäre, sie sei ungewöhnlich ("insolite"), den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen und diene lediglich der Steuerumgehung, so dass es sich rechtfertigen würde, von der zivilrechtlichen Form abzusehen und auf den wirtschaftlichen Sachverhalt abzustellen (ASA 17, 232 Erw. 2; vgl. BGE 80 I 34).
2. Der Beschwerdeführer hat im Jahre 1934, nach der Heirat, das bisher von der nunmehrigen Ehefrau geführte Geschäftsunternehmen (Hotel und Restaurant) übernommen und als Inhaber einer Einzelfirma weiterbetrieben. Indessen ist die Liegenschaft nach Ausweis des Grundbuches bis zum Tode der Ehefrau im Jahre 1951 in deren Eigentum geblieben. Sie ist erst infolge dieses Todesfalles in das Eigentum und das Geschäftsvermögen des Ehemannes übergegangen. Vorher, in den Jahren 1934-1951, gehörte sie zum Privatvermögen der Ehefrau.
Daran ändert es nichts, dass das Grundstück schon vor 1934 Geschäftsvermögen, und zwar zuletzt in der Hand der Witwe B. und nachmaligen Ehefrau des Beschwerdeführers, gewesen war. Die Lage hat sich im Jahre 1934 wesentlich geändert. Frau F. hat damals das Geschäft aufgegeben; die auf ihren Namen lautende Einzelfirma ist infolgedessen im Handelsregister gelöscht worden, und an deren Stelle ist diejenige des Ehemannes getreten. Die Ehefrau hat das Geschäft dem Ehemann abgetreten, aber sich das Eigentum am Grundstück vorbehalten, so dass dieses nicht Geschäftsvermögen des Ehemannes geworden ist.
Unerheblich ist sodann, dass der Handelsregistereintrag vom 12. April 1934 ohne Einschränkung feststellt, die neue Einzelfirma des Beschwerdeführers übernehme "Aktiven und Passiven" der erloschenen Firma, und ebensowenig kommt darauf etwas an, dass der Beschwerdeführer die Liegenschaft seit 1934 in seiner Geschäftsbuchhaltung erscheinen liess. Massgebend ist der Grundbucheintrag, wonach das Grundstück, auch im Verhältnis zum Beschwerdeführer, in den Jahren 1934-1951 Eigentum der Ehefrau war. Geschäftsvermögen hätte es damals nur dann sein können, wenn die Eigentümerin Inhaberin oder wenigstens Teilhaberin der Geschäftsunternehmung gewesen wäre. Weder das eine noch das andere trifft zu. Insbesondere haben die Eheleute F. für den Geschäftsbetrieb keine Gesellschaft gebildet, in welche das Grundstück als Geschäftsvermögen eingebracht worden wäre. Nichts lässt darauf schliessen, dass es nicht ihr Wille war, das Geschäft auf den Ehemann als alleinigen Inhaber zu übertragen, aber das Grundstück im Eigentum der Ehefrau zu belassen, wie dies in gesetzlicher Form in den Eintragungen im Handelsregister und im Grundbuch festgelegt wurde. Dass im Handelsregister schlechthin der Übergang der Aktiven und Passiven vermerkt und die Liegenschaft davon nicht ausdrücklich ausgenommen wurde, beruht offenbar auf einem Versehen oder einem Mangel an Genauigkeit; es wurde eine geläufige Kurzformel verwendet, ohne dass näher zugesehen wurde. Ähnlich verhält es sich mit der Geschäftsbuchhaltung; man hat darin einfach, nach dem Vorbild der bisherigen Bilanzen, die Liegenschaft weiterhin aufgeführt, ohne irgendwelche Wertberichtigungen vorzunehmen, so dass der Geschäftserfolg nicht beeinflusst wurde. Und wenn Frau F. im Betriebe des Ehemannes mitgearbeitet hat, so hat sie das nicht als Teilhaberin getan, sondern als Ehefrau des alleinigen Geschäftsinhabers, wie es in ähnlichen Fällen häufig vorkommt. Sie ist damit im Rahmen ihrer Aufgabe geblieben, den Ehemann in der Sorge für die Familie nach Kräften zu unterstützen (Art. 161 ZGB). Aus ihrer Mithilfe auf eine gesellschaftliche Beteiligung am Geschäft zu schliessen, ist verfehlt.
Wohl standen dem Beschwerdeführer zu Lebzeiten der Ehefrau die aus den Regeln der Güterverbindung sich ergebenden Rechte an der Liegenschaft zu, doch konnte er über diese nicht wie ein Eigentümer verfügen. Er konnte die Liegenschaft schon damals, auf Grund seiner Befugnis zur Verwaltung und Nutzung (Art. 200, 201 ZGB), für das Geschäft verwenden, war aber noch nicht in der Lage, sie dem Geschäftsvermögen einzuverleiben, in den Betrieb zu investieren. Das hat er erst getan und konnte er auch erst tun, nachdem er infolge des Todes der Ehefrau Eigentümer der Liegenschaft geworden war.
Dass die von den Beteiligten im Jahre 1934 getroffene zivilrechtliche Regelung den wirtschaftlichen Verhältnissen völlig unangemessen gewesen und lediglich zum Zweck der Steuerumgehung gewählt worden sei, wird von keiner Seite behauptet, und es liegt auch nichts dafür vor. Es besteht kein Grund, für die Besteuerung von dieser Rechtsgestaltung abzusehen und einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu folgen.
3. Da der Beschwerdeführer die Liegenschaft erst im Jahre 1951, nachdem er sie gemäss Erbschaftsinventar zu Eigentum übernommen hatte, in sein Unternehmen investiert und damit zu seinem Geschäftsvermögen gemacht hat, kommt der Wertzuwachs, den sie vor diesem Zeitpunkte erfahren hat, für die Steuer auf dem Liquidationsgewinn, die der Beschwerdeführer nach Art. 43 WStB zu entrichten hat, nicht in Betracht. Nur die seither bis zum Verkauf (1953) eingetretene Wertvermehrung stellt einen Kapitalgewinn dar, den der Beschwerdeführer in seinem kaufmännischen Unternehmen erzielt hat und daher nach Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB versteuern muss. Veränderungen des Wertes der Liegenschaft in der Zeit vor 1951 berühren das Geschäftsvermögen des Beschwerdeführers nicht; sie sind bei der Besteuerung seiner Einkünfte aus dem Geschäftsbetriebe, zu denen auch der Liquidationsgewinn gehört, ausser acht zu lassen.
Für die Ermittlung des steuerbaren Liquidationsgewinnes ist im allgemeinen die Differenz zwischen dem bei der Veräusserung erzielten Reinerlös und dem Buchwert massgebend.
Der Beschwerdeführer hat in seiner Geschäftsbuchhaltung nach dem Erwerb des Grundstückes zu Eigentum den ursprünglichen Betrag von Fr. 113'250.--, zu dem das Objekt schon im Jahre 1934 bilanziert war, unverändert beibehalten. Diese Bewertung könnte der Besteuerung allenfalls zugrunde gelegt werden, wenn die Liegenschaft schon zu Lebzeiten der Ehefrau des Beschwerdeführers Geschäftsvermögen gewesen und als solches auf den Beschwerdeführer übergegangen wäre; in diesem Falle wäre es richtig, an den Wert anzuknüpfen, der seinerzeit der Ermittlung des steuerbaren Geschäftseinkommens gedient hätte (BGE 82 I 116 Erw. 2). Indessen hat der Beschwerdeführer das Grundstück nicht als Geschäftsvermögen aus dem Nachlass der Ehefrau erhalten, da es ja zu deren Privatvermögen gehört hatte, sondern er hat es selber erst zu seinem Geschäftsvermögen gemacht, indem er es nach dem Eigentumserwerb im Jahre 1951 in sein Unternehmen investiert hat. Unter diesen Umständen kann auf jenen Buchwert nicht abgestellt werden, da er in offensichtlichem Widerspruch zu der wirklichen Sachlage steht. Die Liegenschaft wäre in den Jahren 1934-1951 gar nicht in die Geschäftsbilanz aufzunehmen gewesen, und nachher wurde sie darin mit einem Betrage weitergeführt, der in keiner Beziehung zu den vom Beschwerdeführer aufgewendeten Gestehungskosten stand. Würde der Betrag von Fr. 113'250.-- in Rechnung gestellt, so würden - selbst wenn er mit Rücksicht auf bauliche Aufwendungen während der Ehe um rund Fr. 30'000.-- erhöht wird - beim Beschwerdeführer entgegen der gesetzlichen Ordnung Wertvermehrungen besteuert, die nicht im Geschäftsvermögen entstanden sind.
Vielmehr ist, mangels anderer tauglicher Grundlage, von den Gestehungskosten auszugehen, d.h. von den Beträgen, die der Beschwerdeführer im Jahre 1951 für den Erwerb des Grundstückes zu Eigentum aufbringen oder sich anrechnen lassen musste, bevor er das Objekt in sein Geschäft einbringen konnte. Dazu gehören der im Erbschaftsinventar von 1951 festgesetzte Übernahmewert von Fr. 210'000.--, welcher der Berechnung der Abfindung für die Tochter zugrunde gelegt worden und dessen Angemessenheit nicht bestritten ist, und die dem Beschwerdeführer belasteten Inventarkosten von Fr. 471.--. Diese Beträge wären normalerweise in die Geschäftsbuchhaltung zu übernehmen gewesen.
Auf dieser Grundlage ergibt sich, gemäss dem Hauptantrag des Beschwerdeführers, ein steuerbarer Liquidationsgewinn von Fr. 72'929. -.
4. Da das Grundstück zum Privatvermögen der Frau F. gehört hat und als solches an die Erben gelangt ist, unterliegt der Kapitalgewinn, den die Tochter nach Auffassung der eidg. Steuerverwaltung bei der Erbteilung von 1951 realisiert hat, der Wehrsteuer vom Einkommen nicht; denn er ist nicht in einem kaufmännischen Unternehmen entstanden (Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und der steuerbare Liquidationsgewinn auf Fr. 72'929.-- herabgesetzt.
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Imposta per la difesa nazionale: 1. I profitti in capitale derivanti dall'alienazione di beni che compongono la sostanza sono soggetti all'imposta sul reddito quando sono conseguiti nell'esercizio di un'azienda avente obbligo di tenere una contabilità (art. 21 cp. 1 lett. d DIN). Il maggior valore che un elemento patrimoniale ha acquistatoprima che fosse compreso nel patrimonio aziendale non è preso in considerazione. Una cosa può, di massima, far parte del patrimonio aziendale solo quando sia la proprietà del titolare dell'azienda.
2. Computo dell'utile di liquidazione imponibile quando il venditore ha assunto l'azienda della moglie mentre questa ancora viveva con lui sotto il regime dell'unione di beni, ma ha acquistato in proprietà il fondo utilizzato per l'esercizio solo dopo la morte della moglie medesima.
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constitutional law and administrative law and public international law
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83 I 41
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83 I 41
Sachverhalt ab Seite 41
A.- Jack Waggoner und Warren Rowley ersuchten das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum am 12. Juli 1951, die Erfindung eines Verfahrens zu patentieren, das sie wie folgt umschrieben: "Verfahren zur Herstellung von Textilerzeugnissen aus Glasfasern und die Gewinnung von gekräuselten Fasern daraus, dadurch gekennzeichnet, dass ein Textilgut aus Glasfasern zunächst bei Temperaturen von 200-7000 C behandelt wird, um die Fasern in dem Textilgut möglichst weitgehend zu entspannen, darauf mit einem Überzugsmaterial für die Oberfläche der Fasern versehen wird, worauf man das Überzugsmittel auf die Faseroberfläche fixiert."
Das Gesuch wurde vom Amte beanstandet, weil die Erfindung eine nicht rein mechanische Veredlung von Textilfasern betreffe und daher, soweit sie für die Textilindustrie in Betracht komme, gemäss Art. 2 Ziff. 3 aPatG nicht patentiert werden könne.
Dem hielten die Gesuchsteller zunächst entgegen, unter Textilfasern im Sinne dieser Bestimmung seien nur organische Fasern zu verstehen; Glasfasern fielen nicht unter den Begriff. Um ihre Auffassung zu stützen, änderten sie im Patentanspruch die Wörter "Textilerzeugnisse" und "Textilgut" in "Erzeugnisse" bezw. "Gut" ab und merzten die Ausdrücke "Textil", "Textilien" und "Stoff" auch aus der Beschreibung der Erfindung aus. Später stellten sie sich auf den Standpunkt, die Glasfasern, mögen sie auch verspinnbar und verwebbar sein, würden erst durch das zur Patentierung angemeldete Verfahren für Bekleidungs- und Dekorationszwecke brauchbar; das Verfahren diene also nicht der Veredlung, sondern der Herstellung von Textilfasern. Übrigens überlasse die schweizerische Textilindustrie schon die bisher bekannten nicht rein mechanischen Verfahren zur Veredlung von Glasfasern einer Spezialindustrie und verarbeite selber die Glasfasern nur auf rein mechanischem Wege, weshalb mit Sicherheit gesagt werden könne, dass das vorliegende Verfahren, das eine Erwärmung auf 200-7000 C erfordere, für sie gar nicht in Betracht falle. Die Gesuchsteller lehnten es ab, das Gesuch auf nicht textile Zwecke einzuschränken oder sein Anmeldedatum auf den Tag der Einführung der amtlichen Vorprüfung zu verschieben (Art. 115 Abs. 2 PatG).
B.- Am 31. Oktober 1956 wies das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum das Gesuch auf Grund des Art. 111 PatG zurück.
C.- Die Gesuchsteller führen gemäss Art. 97 ff. OG Beschwerde mit dem Antrag, dieser Entscheid sei aufzuheben und das Amt anzuweisen, die Prüfung des Gesuches auf Grund des Art. 13 Abs. 2 VollzVo. PatG fortzusetzen.
Das Amt beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. "Erfindungen von Erzeugnissen, welche durch Anwendung nicht rein mechanischer Verfahren zur Veredlung von rohen oder verarbeiteten Textilfasern jeder Art erhalten werden, sowie von derartigen Veredlungsverfahren, soweit als diese Erfindungen für die Textilindustrie in Betracht kommen", konnten gemäss Art. 2 Ziff. 4 aPatG nicht patentiert werden und können es gemäss Art. 111 PatG auch heute noch nicht, solange die Vorschriften über die amtliche Vorprüfung (Art. 87 ff. PatG) nicht in Kraft gesetzt sind.
2. Durch die Wendung "Textilfasern jeder Art" bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass das Material, aus dem eine Faser hergestellt ist, ihrer Würdigung als Textilfaser nicht im Wege stehen kann. Die Beschwerdeführer anerkennen das und halten an ihrem im Beanstandungsverfahren eingenommenen Standpunkt, wonach aus Glas hergestellte Fasern wegen ihrer anorganischen Beschaffenheit nie Textilfasern seien, nicht mehr fest. Sie sehen im Erzeugnis, das in dem zur Patentierung angemeldeten Verfahren bearrbeitet werden soll, lediglich deshalb keine Textilfaser, weil es vor dieser Bearbeitung zu Bekleidungs- und Dekorationszwecken unbrauchbar sei. Die Streitfrage, ob das Verfahren an Textilfasern angewendet werde, deckt sich also mit der Frage, ob solche in ihm veredelt oder, wie die Beschwerdeführer geltend machen, erst hergestellt werden.
3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 2 Ziff. 4 aPatG (BGE 79 II 224ff.) ist die synthetische Textilfaser nicht schon hergestellt, wenn der Faden aus der Spinndüse austritt, sondern erst, wenn er die aus chemisch-technischen und betriebswirtschaftlichen Gründen mit seiner Bildung in den nämlichen fortlaufenden Arbeitsgang verlegte weitere Behandlung erfahren hat, so dass er von den Zweigen der Textilindustrie übernommen zu werden pflegt. Die Behandlungen, die nach hergebrachter Anschauung von diesen Zweigen besorgt werden, z.B. Färben, Schlichten, Mattieren und Konditionnieren, gehören zur Veredlung der Faser, auch wenn sie ausnahmsweise vom Hersteller besorgt werden, und anderseits gibt es Behandlungen, die an sich auch in einem Betrieb der Textilindustrie erfolgen können, aber üblicherweise in den der Herstellung dienenden Arbeitsvorgang verlegt werden und daher zur Herstellung zu rechnen sind, z.B. das Verstrecken des Fadens.
Diese Auslegung von Art. 2 Ziff. 4 aPatG trifft auch auf Art. 111 PatG zu, der die bis zur Einführung der amtlichen Vorprüfung von der Patentierung ausgeschlossenen Erfindungen wörtlich gleich umschreibt wie jene Bestimmung. Die Beschwerdeführer selbst setzen sich dafür ein, dass nach den Grundsätzen der erwähnten Rechtsprechung entschieden werde, ob ihre Erfindung der Herstellung oder vielmehr der Veredlung der Textilfaser dient.
4. Dass die Textilindustrie Glasfasern verwendet, ist nicht neu. Schon A. HAUSSENER, Professor an der Technischen Hochschule in Brünn, wies in seinen im Jahre 1907 erschienenen "Vorlesungen über mechanische Technologie der Faserstoffe" darauf hin, dass Glasfäden zu Phantasiezwecken benützt würden (S. 244). BERNARD KOZLIK sodann führte im Jahre 1920 in der "Materialkunde der Textilindustrie" aus, Glasfäden würden in vereinzelten Fällen in der Textilindustrie verwendet, wenn auch wegen ihrer Sprödigkeit nur als Schussmaterial in Seidenstoffe zu Dekorationszwecken (S. 32). Professor P. A. KOCH in Netstal (Glarus) spricht sich im Abschnitt über "die Eigenschaften der Textil-Glasfäden" des im Jahre 1953 von Professor R. PUMMERER herausgegebenen Buches "Chemische Textilfasern, Filme und Folien" dahin aus, es sei 1931 gelungen, Glasfasern, später auch Glasseide als Garn, in solcher Feinheit herzustellen, dass ihre textile Weiterverarbeitung sowie die Fertigung entsprechend feiner Gewebe, Bänder und Litzen aus ihnen möglich geworden sei, womit diese Textil-Glasfäden als Faserstoff Eingang in die Textilindustrie gefunden hätten (S. 1023). Er bezeichnet die Textil-Glasfäden als das feinste Textilmaterial (S. 1028) und führt aus, sie seien dort, wo eine Dehnung von wenigen Prozent ausreiche und die fehlende Geschmeidigkeit der Ware keinen Mangel darstelle, den übrigen Faserstoffen überlegen, zumal sie mit anderen Eigenschaften, wie Unbrennbarkeit, Widerstandsfähigkeit gegen Hitze und chemische Einwirkungen sowie elektrischem und thermischem Isoliervermögen, alle Textilien mit Ausnahme von Asbest überragten (S. 1033). Auch in der Ausgabe 1954 des Brockhaus-Lexikons wird die Glasfaser als Textilprodukt bezeichnet und ausgeführt, sie lasse sich zu spinnfähigen Fäden und weiter zu feuerhemmenden und akustisch wirksamen farbigen Vorhang- und Spannstoffen mit schönem Seidenglanz verarbeiten (Bd. 4 S. 668).
Die Glasfaser wird also nicht erst durch die zur Patentierung angemeldete Erfindung in die Textilindustrie eindringen können. Die Behauptung der Beschwerdeführer, bevor die Erzeugnisse aus Glas das erfundene Verfahren durchlaufen hätten, würden sie weder von der verarbeitenden noch von der ausrüstenden Textilindustrie, sondern nur von Spezialbetrieben für technische Zwecke (Herstellung von Isolationsmatten, Filtern und dgl.) gekauft, stimmt nicht. Dass die erwähnten Äusserungen in ausländischen Werken stehen, die den Besonderheiten des schweizerischen Patentrechts nicht Rechnung trügen, wie die Beschwerdeführer geltend machen, ist unerheblich. Sie betreffen nicht Fragen des Patentrechts, sondern technische und betriebswirtschaftliche Fragen, die für die schweizerische Textilindustrie nicht anders zu beantworten sind als für die ausländische, ganz abgesehen davon, dass Prof. Koch als in der Schweiz wohnender Fachmann auch mit den schweizerischen Verhältnissen vertraut ist.
Übrigens haben die Beschwerdeführer in ihrer Patentbeschreibung selber auf die bisherige Verwendung von Glasfasern zur Herstellung von Wandbehängen, Überwürfen und Vorhängen, also von Erzeugnissen der Textilindustrie hingewiesen und in der ursprünglichen Fassung des Patentanspruches und der Patentbeschreibung die im erfundenen Verfahren zu behandelnde Ware als "Textilgut" bezeichnet. Die nachträgliche Ausmerzung dieses Ausdrucks ändert an der Sache nichts.
Aus der Beschreibung des Patentes ergibt sich ferner, dass das angemeldete Verfahren auf Glasfasern angewendet werden soll, die bereits zu einem Gewebe, Gewirke oder dergleichen verarbeitet sind. Weberei und Wirkerei, die solche Erzeugnisse herstellen, sind Betriebe der Textilindustrie. Daraus erhellt, dass die Glasfaser schon vor der Anwendung des angemeldeten Verfahrens den Textilbetrieben zur Verfügung steht und von ihnen verlangt und gekauft wird, dass sie also die Phase der Herstellung fertig durchlaufen hat. Nicht nötig ist, dass sie sich, nachdem die Textilbetriebe sie im übernommenen Zustande gewoben oder gewirkt haben, bereits zu Bekleidungs- oder Dekorationszwecken eignen. Die weitere Behandlung, die ihnen diese Eignung erst verschafft, gehört zur Veredlung, so auch die Behandlung im angemeldeten Verfahren. Mit diesem wollen die Beschwerdeführer dem Gewebe oder Gewirke von Glasfasern neue Eigenschaften verleihen, die es befähigen, über die bis dahin beschränkte Verwendung als Textilstoffe weitere Möglichkeiten auf diesem Gebiete zu finden.
5. Nach Art. 111 PatG muss die Erfindung, um von der Patentierung ausgeschlossen zu sein, "für die Textilindustrie in Betracht kommen". Die Beschwerdeführer sprechen dem angemeldeten Verfahren dieses Merkmal ab, indem sie behaupten, die heutige Textilindustrie des Inlandes wäre nicht in der Lage, es auch nur teilweise anzuwenden. Schon mit den bisher bekannten nicht rein mechanischen Verfahren zur Herstellung brauchbarer Textil-Glasfasern befasse sie sich nicht, sondern sie überlasse diese Verfahren der chemischen Industrie. Deshalb sei sicher, dass das vorliegende Verfahren, das umfangreiche Kapitalanlagen (Entspannungsöfen) erfordere und die Umschulung ganzer Teile der Belegschaft notwendig machen würde, für sie jetzt und auch später ganz ausser Betracht falle.
Darauf kommt nichts an. Für die Textilindustrie kommt eine Erfindung nicht nur dann "in Betracht", wenn sie in eigenen Betrieben ausgeführt wird, sondern schon dann, wenn sie für die Textilindustrie von wirtschaftlicher Bedeutung ist. Das trifft hier zu; diese Industrie ist daran interessiert, dass den Textilfasern aus Glas mit Hilfe des von den Beschwerdeführern angemeldeten Verfahrens neue Eigenschaften gegeben werden, welche die aus diesen Fasern hergestellten Textilien verbessern oder ihnen neue Möglichkeiten der Verwendung schaffen.
6. Die Beschwerdeführer selber gehen davon aus, dass das zur Patentierung angemeldete Verfahren "nicht rein mechanischer" Art ist. Art. 111 PatG trifft also auch in dieser Hinsicht zu. Mithin sind alle Voraussetzungen dieser Norm erfüllt. Das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum hat das Gesuch zu Recht zurückgewiesen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Art. 2 Ziff. 4 aPatG, Art. 111 PatG. a) Diese Bestimmungen gelten auch für Textilfasern aus Glas (Erw. 2).
b) Wann ist die Herstellung der synthetischen Textilfaser beendet, wann beginnt ihre Veredlung? (Erw. 3, 4).
c) Wann kommt die Erfindung "für die Textilindustrie in Betracht"? (Erw. 5).
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Sachverhalt ab Seite 41
A.- Jack Waggoner und Warren Rowley ersuchten das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum am 12. Juli 1951, die Erfindung eines Verfahrens zu patentieren, das sie wie folgt umschrieben: "Verfahren zur Herstellung von Textilerzeugnissen aus Glasfasern und die Gewinnung von gekräuselten Fasern daraus, dadurch gekennzeichnet, dass ein Textilgut aus Glasfasern zunächst bei Temperaturen von 200-7000 C behandelt wird, um die Fasern in dem Textilgut möglichst weitgehend zu entspannen, darauf mit einem Überzugsmaterial für die Oberfläche der Fasern versehen wird, worauf man das Überzugsmittel auf die Faseroberfläche fixiert."
Das Gesuch wurde vom Amte beanstandet, weil die Erfindung eine nicht rein mechanische Veredlung von Textilfasern betreffe und daher, soweit sie für die Textilindustrie in Betracht komme, gemäss Art. 2 Ziff. 3 aPatG nicht patentiert werden könne.
Dem hielten die Gesuchsteller zunächst entgegen, unter Textilfasern im Sinne dieser Bestimmung seien nur organische Fasern zu verstehen; Glasfasern fielen nicht unter den Begriff. Um ihre Auffassung zu stützen, änderten sie im Patentanspruch die Wörter "Textilerzeugnisse" und "Textilgut" in "Erzeugnisse" bezw. "Gut" ab und merzten die Ausdrücke "Textil", "Textilien" und "Stoff" auch aus der Beschreibung der Erfindung aus. Später stellten sie sich auf den Standpunkt, die Glasfasern, mögen sie auch verspinnbar und verwebbar sein, würden erst durch das zur Patentierung angemeldete Verfahren für Bekleidungs- und Dekorationszwecke brauchbar; das Verfahren diene also nicht der Veredlung, sondern der Herstellung von Textilfasern. Übrigens überlasse die schweizerische Textilindustrie schon die bisher bekannten nicht rein mechanischen Verfahren zur Veredlung von Glasfasern einer Spezialindustrie und verarbeite selber die Glasfasern nur auf rein mechanischem Wege, weshalb mit Sicherheit gesagt werden könne, dass das vorliegende Verfahren, das eine Erwärmung auf 200-7000 C erfordere, für sie gar nicht in Betracht falle. Die Gesuchsteller lehnten es ab, das Gesuch auf nicht textile Zwecke einzuschränken oder sein Anmeldedatum auf den Tag der Einführung der amtlichen Vorprüfung zu verschieben (Art. 115 Abs. 2 PatG).
B.- Am 31. Oktober 1956 wies das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum das Gesuch auf Grund des Art. 111 PatG zurück.
C.- Die Gesuchsteller führen gemäss Art. 97 ff. OG Beschwerde mit dem Antrag, dieser Entscheid sei aufzuheben und das Amt anzuweisen, die Prüfung des Gesuches auf Grund des Art. 13 Abs. 2 VollzVo. PatG fortzusetzen.
Das Amt beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. "Erfindungen von Erzeugnissen, welche durch Anwendung nicht rein mechanischer Verfahren zur Veredlung von rohen oder verarbeiteten Textilfasern jeder Art erhalten werden, sowie von derartigen Veredlungsverfahren, soweit als diese Erfindungen für die Textilindustrie in Betracht kommen", konnten gemäss Art. 2 Ziff. 4 aPatG nicht patentiert werden und können es gemäss Art. 111 PatG auch heute noch nicht, solange die Vorschriften über die amtliche Vorprüfung (Art. 87 ff. PatG) nicht in Kraft gesetzt sind.
2. Durch die Wendung "Textilfasern jeder Art" bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass das Material, aus dem eine Faser hergestellt ist, ihrer Würdigung als Textilfaser nicht im Wege stehen kann. Die Beschwerdeführer anerkennen das und halten an ihrem im Beanstandungsverfahren eingenommenen Standpunkt, wonach aus Glas hergestellte Fasern wegen ihrer anorganischen Beschaffenheit nie Textilfasern seien, nicht mehr fest. Sie sehen im Erzeugnis, das in dem zur Patentierung angemeldeten Verfahren bearrbeitet werden soll, lediglich deshalb keine Textilfaser, weil es vor dieser Bearbeitung zu Bekleidungs- und Dekorationszwecken unbrauchbar sei. Die Streitfrage, ob das Verfahren an Textilfasern angewendet werde, deckt sich also mit der Frage, ob solche in ihm veredelt oder, wie die Beschwerdeführer geltend machen, erst hergestellt werden.
3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 2 Ziff. 4 aPatG (BGE 79 II 224ff.) ist die synthetische Textilfaser nicht schon hergestellt, wenn der Faden aus der Spinndüse austritt, sondern erst, wenn er die aus chemisch-technischen und betriebswirtschaftlichen Gründen mit seiner Bildung in den nämlichen fortlaufenden Arbeitsgang verlegte weitere Behandlung erfahren hat, so dass er von den Zweigen der Textilindustrie übernommen zu werden pflegt. Die Behandlungen, die nach hergebrachter Anschauung von diesen Zweigen besorgt werden, z.B. Färben, Schlichten, Mattieren und Konditionnieren, gehören zur Veredlung der Faser, auch wenn sie ausnahmsweise vom Hersteller besorgt werden, und anderseits gibt es Behandlungen, die an sich auch in einem Betrieb der Textilindustrie erfolgen können, aber üblicherweise in den der Herstellung dienenden Arbeitsvorgang verlegt werden und daher zur Herstellung zu rechnen sind, z.B. das Verstrecken des Fadens.
Diese Auslegung von Art. 2 Ziff. 4 aPatG trifft auch auf Art. 111 PatG zu, der die bis zur Einführung der amtlichen Vorprüfung von der Patentierung ausgeschlossenen Erfindungen wörtlich gleich umschreibt wie jene Bestimmung. Die Beschwerdeführer selbst setzen sich dafür ein, dass nach den Grundsätzen der erwähnten Rechtsprechung entschieden werde, ob ihre Erfindung der Herstellung oder vielmehr der Veredlung der Textilfaser dient.
4. Dass die Textilindustrie Glasfasern verwendet, ist nicht neu. Schon A. HAUSSENER, Professor an der Technischen Hochschule in Brünn, wies in seinen im Jahre 1907 erschienenen "Vorlesungen über mechanische Technologie der Faserstoffe" darauf hin, dass Glasfäden zu Phantasiezwecken benützt würden (S. 244). BERNARD KOZLIK sodann führte im Jahre 1920 in der "Materialkunde der Textilindustrie" aus, Glasfäden würden in vereinzelten Fällen in der Textilindustrie verwendet, wenn auch wegen ihrer Sprödigkeit nur als Schussmaterial in Seidenstoffe zu Dekorationszwecken (S. 32). Professor P. A. KOCH in Netstal (Glarus) spricht sich im Abschnitt über "die Eigenschaften der Textil-Glasfäden" des im Jahre 1953 von Professor R. PUMMERER herausgegebenen Buches "Chemische Textilfasern, Filme und Folien" dahin aus, es sei 1931 gelungen, Glasfasern, später auch Glasseide als Garn, in solcher Feinheit herzustellen, dass ihre textile Weiterverarbeitung sowie die Fertigung entsprechend feiner Gewebe, Bänder und Litzen aus ihnen möglich geworden sei, womit diese Textil-Glasfäden als Faserstoff Eingang in die Textilindustrie gefunden hätten (S. 1023). Er bezeichnet die Textil-Glasfäden als das feinste Textilmaterial (S. 1028) und führt aus, sie seien dort, wo eine Dehnung von wenigen Prozent ausreiche und die fehlende Geschmeidigkeit der Ware keinen Mangel darstelle, den übrigen Faserstoffen überlegen, zumal sie mit anderen Eigenschaften, wie Unbrennbarkeit, Widerstandsfähigkeit gegen Hitze und chemische Einwirkungen sowie elektrischem und thermischem Isoliervermögen, alle Textilien mit Ausnahme von Asbest überragten (S. 1033). Auch in der Ausgabe 1954 des Brockhaus-Lexikons wird die Glasfaser als Textilprodukt bezeichnet und ausgeführt, sie lasse sich zu spinnfähigen Fäden und weiter zu feuerhemmenden und akustisch wirksamen farbigen Vorhang- und Spannstoffen mit schönem Seidenglanz verarbeiten (Bd. 4 S. 668).
Die Glasfaser wird also nicht erst durch die zur Patentierung angemeldete Erfindung in die Textilindustrie eindringen können. Die Behauptung der Beschwerdeführer, bevor die Erzeugnisse aus Glas das erfundene Verfahren durchlaufen hätten, würden sie weder von der verarbeitenden noch von der ausrüstenden Textilindustrie, sondern nur von Spezialbetrieben für technische Zwecke (Herstellung von Isolationsmatten, Filtern und dgl.) gekauft, stimmt nicht. Dass die erwähnten Äusserungen in ausländischen Werken stehen, die den Besonderheiten des schweizerischen Patentrechts nicht Rechnung trügen, wie die Beschwerdeführer geltend machen, ist unerheblich. Sie betreffen nicht Fragen des Patentrechts, sondern technische und betriebswirtschaftliche Fragen, die für die schweizerische Textilindustrie nicht anders zu beantworten sind als für die ausländische, ganz abgesehen davon, dass Prof. Koch als in der Schweiz wohnender Fachmann auch mit den schweizerischen Verhältnissen vertraut ist.
Übrigens haben die Beschwerdeführer in ihrer Patentbeschreibung selber auf die bisherige Verwendung von Glasfasern zur Herstellung von Wandbehängen, Überwürfen und Vorhängen, also von Erzeugnissen der Textilindustrie hingewiesen und in der ursprünglichen Fassung des Patentanspruches und der Patentbeschreibung die im erfundenen Verfahren zu behandelnde Ware als "Textilgut" bezeichnet. Die nachträgliche Ausmerzung dieses Ausdrucks ändert an der Sache nichts.
Aus der Beschreibung des Patentes ergibt sich ferner, dass das angemeldete Verfahren auf Glasfasern angewendet werden soll, die bereits zu einem Gewebe, Gewirke oder dergleichen verarbeitet sind. Weberei und Wirkerei, die solche Erzeugnisse herstellen, sind Betriebe der Textilindustrie. Daraus erhellt, dass die Glasfaser schon vor der Anwendung des angemeldeten Verfahrens den Textilbetrieben zur Verfügung steht und von ihnen verlangt und gekauft wird, dass sie also die Phase der Herstellung fertig durchlaufen hat. Nicht nötig ist, dass sie sich, nachdem die Textilbetriebe sie im übernommenen Zustande gewoben oder gewirkt haben, bereits zu Bekleidungs- oder Dekorationszwecken eignen. Die weitere Behandlung, die ihnen diese Eignung erst verschafft, gehört zur Veredlung, so auch die Behandlung im angemeldeten Verfahren. Mit diesem wollen die Beschwerdeführer dem Gewebe oder Gewirke von Glasfasern neue Eigenschaften verleihen, die es befähigen, über die bis dahin beschränkte Verwendung als Textilstoffe weitere Möglichkeiten auf diesem Gebiete zu finden.
5. Nach Art. 111 PatG muss die Erfindung, um von der Patentierung ausgeschlossen zu sein, "für die Textilindustrie in Betracht kommen". Die Beschwerdeführer sprechen dem angemeldeten Verfahren dieses Merkmal ab, indem sie behaupten, die heutige Textilindustrie des Inlandes wäre nicht in der Lage, es auch nur teilweise anzuwenden. Schon mit den bisher bekannten nicht rein mechanischen Verfahren zur Herstellung brauchbarer Textil-Glasfasern befasse sie sich nicht, sondern sie überlasse diese Verfahren der chemischen Industrie. Deshalb sei sicher, dass das vorliegende Verfahren, das umfangreiche Kapitalanlagen (Entspannungsöfen) erfordere und die Umschulung ganzer Teile der Belegschaft notwendig machen würde, für sie jetzt und auch später ganz ausser Betracht falle.
Darauf kommt nichts an. Für die Textilindustrie kommt eine Erfindung nicht nur dann "in Betracht", wenn sie in eigenen Betrieben ausgeführt wird, sondern schon dann, wenn sie für die Textilindustrie von wirtschaftlicher Bedeutung ist. Das trifft hier zu; diese Industrie ist daran interessiert, dass den Textilfasern aus Glas mit Hilfe des von den Beschwerdeführern angemeldeten Verfahrens neue Eigenschaften gegeben werden, welche die aus diesen Fasern hergestellten Textilien verbessern oder ihnen neue Möglichkeiten der Verwendung schaffen.
6. Die Beschwerdeführer selber gehen davon aus, dass das zur Patentierung angemeldete Verfahren "nicht rein mechanischer" Art ist. Art. 111 PatG trifft also auch in dieser Hinsicht zu. Mithin sind alle Voraussetzungen dieser Norm erfüllt. Das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum hat das Gesuch zu Recht zurückgewiesen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Art. 2 ch. 4 LBI de 1907, art. 111 LBI. a) Ces dispositions s'appliquent également aux fibres textiles de verre (consid. 2).
b) Quand la fabrication des fibres textiles synthétiques est-elle achevée et quand commence leur perfectionnement? (consid. 3 et 4).
c) Quand est-ce que les inventions "se rapportent à l'industrie textile"? (consid. 5).
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Sachverhalt ab Seite 41
A.- Jack Waggoner und Warren Rowley ersuchten das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum am 12. Juli 1951, die Erfindung eines Verfahrens zu patentieren, das sie wie folgt umschrieben: "Verfahren zur Herstellung von Textilerzeugnissen aus Glasfasern und die Gewinnung von gekräuselten Fasern daraus, dadurch gekennzeichnet, dass ein Textilgut aus Glasfasern zunächst bei Temperaturen von 200-7000 C behandelt wird, um die Fasern in dem Textilgut möglichst weitgehend zu entspannen, darauf mit einem Überzugsmaterial für die Oberfläche der Fasern versehen wird, worauf man das Überzugsmittel auf die Faseroberfläche fixiert."
Das Gesuch wurde vom Amte beanstandet, weil die Erfindung eine nicht rein mechanische Veredlung von Textilfasern betreffe und daher, soweit sie für die Textilindustrie in Betracht komme, gemäss Art. 2 Ziff. 3 aPatG nicht patentiert werden könne.
Dem hielten die Gesuchsteller zunächst entgegen, unter Textilfasern im Sinne dieser Bestimmung seien nur organische Fasern zu verstehen; Glasfasern fielen nicht unter den Begriff. Um ihre Auffassung zu stützen, änderten sie im Patentanspruch die Wörter "Textilerzeugnisse" und "Textilgut" in "Erzeugnisse" bezw. "Gut" ab und merzten die Ausdrücke "Textil", "Textilien" und "Stoff" auch aus der Beschreibung der Erfindung aus. Später stellten sie sich auf den Standpunkt, die Glasfasern, mögen sie auch verspinnbar und verwebbar sein, würden erst durch das zur Patentierung angemeldete Verfahren für Bekleidungs- und Dekorationszwecke brauchbar; das Verfahren diene also nicht der Veredlung, sondern der Herstellung von Textilfasern. Übrigens überlasse die schweizerische Textilindustrie schon die bisher bekannten nicht rein mechanischen Verfahren zur Veredlung von Glasfasern einer Spezialindustrie und verarbeite selber die Glasfasern nur auf rein mechanischem Wege, weshalb mit Sicherheit gesagt werden könne, dass das vorliegende Verfahren, das eine Erwärmung auf 200-7000 C erfordere, für sie gar nicht in Betracht falle. Die Gesuchsteller lehnten es ab, das Gesuch auf nicht textile Zwecke einzuschränken oder sein Anmeldedatum auf den Tag der Einführung der amtlichen Vorprüfung zu verschieben (Art. 115 Abs. 2 PatG).
B.- Am 31. Oktober 1956 wies das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum das Gesuch auf Grund des Art. 111 PatG zurück.
C.- Die Gesuchsteller führen gemäss Art. 97 ff. OG Beschwerde mit dem Antrag, dieser Entscheid sei aufzuheben und das Amt anzuweisen, die Prüfung des Gesuches auf Grund des Art. 13 Abs. 2 VollzVo. PatG fortzusetzen.
Das Amt beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. "Erfindungen von Erzeugnissen, welche durch Anwendung nicht rein mechanischer Verfahren zur Veredlung von rohen oder verarbeiteten Textilfasern jeder Art erhalten werden, sowie von derartigen Veredlungsverfahren, soweit als diese Erfindungen für die Textilindustrie in Betracht kommen", konnten gemäss Art. 2 Ziff. 4 aPatG nicht patentiert werden und können es gemäss Art. 111 PatG auch heute noch nicht, solange die Vorschriften über die amtliche Vorprüfung (Art. 87 ff. PatG) nicht in Kraft gesetzt sind.
2. Durch die Wendung "Textilfasern jeder Art" bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass das Material, aus dem eine Faser hergestellt ist, ihrer Würdigung als Textilfaser nicht im Wege stehen kann. Die Beschwerdeführer anerkennen das und halten an ihrem im Beanstandungsverfahren eingenommenen Standpunkt, wonach aus Glas hergestellte Fasern wegen ihrer anorganischen Beschaffenheit nie Textilfasern seien, nicht mehr fest. Sie sehen im Erzeugnis, das in dem zur Patentierung angemeldeten Verfahren bearrbeitet werden soll, lediglich deshalb keine Textilfaser, weil es vor dieser Bearbeitung zu Bekleidungs- und Dekorationszwecken unbrauchbar sei. Die Streitfrage, ob das Verfahren an Textilfasern angewendet werde, deckt sich also mit der Frage, ob solche in ihm veredelt oder, wie die Beschwerdeführer geltend machen, erst hergestellt werden.
3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 2 Ziff. 4 aPatG (BGE 79 II 224ff.) ist die synthetische Textilfaser nicht schon hergestellt, wenn der Faden aus der Spinndüse austritt, sondern erst, wenn er die aus chemisch-technischen und betriebswirtschaftlichen Gründen mit seiner Bildung in den nämlichen fortlaufenden Arbeitsgang verlegte weitere Behandlung erfahren hat, so dass er von den Zweigen der Textilindustrie übernommen zu werden pflegt. Die Behandlungen, die nach hergebrachter Anschauung von diesen Zweigen besorgt werden, z.B. Färben, Schlichten, Mattieren und Konditionnieren, gehören zur Veredlung der Faser, auch wenn sie ausnahmsweise vom Hersteller besorgt werden, und anderseits gibt es Behandlungen, die an sich auch in einem Betrieb der Textilindustrie erfolgen können, aber üblicherweise in den der Herstellung dienenden Arbeitsvorgang verlegt werden und daher zur Herstellung zu rechnen sind, z.B. das Verstrecken des Fadens.
Diese Auslegung von Art. 2 Ziff. 4 aPatG trifft auch auf Art. 111 PatG zu, der die bis zur Einführung der amtlichen Vorprüfung von der Patentierung ausgeschlossenen Erfindungen wörtlich gleich umschreibt wie jene Bestimmung. Die Beschwerdeführer selbst setzen sich dafür ein, dass nach den Grundsätzen der erwähnten Rechtsprechung entschieden werde, ob ihre Erfindung der Herstellung oder vielmehr der Veredlung der Textilfaser dient.
4. Dass die Textilindustrie Glasfasern verwendet, ist nicht neu. Schon A. HAUSSENER, Professor an der Technischen Hochschule in Brünn, wies in seinen im Jahre 1907 erschienenen "Vorlesungen über mechanische Technologie der Faserstoffe" darauf hin, dass Glasfäden zu Phantasiezwecken benützt würden (S. 244). BERNARD KOZLIK sodann führte im Jahre 1920 in der "Materialkunde der Textilindustrie" aus, Glasfäden würden in vereinzelten Fällen in der Textilindustrie verwendet, wenn auch wegen ihrer Sprödigkeit nur als Schussmaterial in Seidenstoffe zu Dekorationszwecken (S. 32). Professor P. A. KOCH in Netstal (Glarus) spricht sich im Abschnitt über "die Eigenschaften der Textil-Glasfäden" des im Jahre 1953 von Professor R. PUMMERER herausgegebenen Buches "Chemische Textilfasern, Filme und Folien" dahin aus, es sei 1931 gelungen, Glasfasern, später auch Glasseide als Garn, in solcher Feinheit herzustellen, dass ihre textile Weiterverarbeitung sowie die Fertigung entsprechend feiner Gewebe, Bänder und Litzen aus ihnen möglich geworden sei, womit diese Textil-Glasfäden als Faserstoff Eingang in die Textilindustrie gefunden hätten (S. 1023). Er bezeichnet die Textil-Glasfäden als das feinste Textilmaterial (S. 1028) und führt aus, sie seien dort, wo eine Dehnung von wenigen Prozent ausreiche und die fehlende Geschmeidigkeit der Ware keinen Mangel darstelle, den übrigen Faserstoffen überlegen, zumal sie mit anderen Eigenschaften, wie Unbrennbarkeit, Widerstandsfähigkeit gegen Hitze und chemische Einwirkungen sowie elektrischem und thermischem Isoliervermögen, alle Textilien mit Ausnahme von Asbest überragten (S. 1033). Auch in der Ausgabe 1954 des Brockhaus-Lexikons wird die Glasfaser als Textilprodukt bezeichnet und ausgeführt, sie lasse sich zu spinnfähigen Fäden und weiter zu feuerhemmenden und akustisch wirksamen farbigen Vorhang- und Spannstoffen mit schönem Seidenglanz verarbeiten (Bd. 4 S. 668).
Die Glasfaser wird also nicht erst durch die zur Patentierung angemeldete Erfindung in die Textilindustrie eindringen können. Die Behauptung der Beschwerdeführer, bevor die Erzeugnisse aus Glas das erfundene Verfahren durchlaufen hätten, würden sie weder von der verarbeitenden noch von der ausrüstenden Textilindustrie, sondern nur von Spezialbetrieben für technische Zwecke (Herstellung von Isolationsmatten, Filtern und dgl.) gekauft, stimmt nicht. Dass die erwähnten Äusserungen in ausländischen Werken stehen, die den Besonderheiten des schweizerischen Patentrechts nicht Rechnung trügen, wie die Beschwerdeführer geltend machen, ist unerheblich. Sie betreffen nicht Fragen des Patentrechts, sondern technische und betriebswirtschaftliche Fragen, die für die schweizerische Textilindustrie nicht anders zu beantworten sind als für die ausländische, ganz abgesehen davon, dass Prof. Koch als in der Schweiz wohnender Fachmann auch mit den schweizerischen Verhältnissen vertraut ist.
Übrigens haben die Beschwerdeführer in ihrer Patentbeschreibung selber auf die bisherige Verwendung von Glasfasern zur Herstellung von Wandbehängen, Überwürfen und Vorhängen, also von Erzeugnissen der Textilindustrie hingewiesen und in der ursprünglichen Fassung des Patentanspruches und der Patentbeschreibung die im erfundenen Verfahren zu behandelnde Ware als "Textilgut" bezeichnet. Die nachträgliche Ausmerzung dieses Ausdrucks ändert an der Sache nichts.
Aus der Beschreibung des Patentes ergibt sich ferner, dass das angemeldete Verfahren auf Glasfasern angewendet werden soll, die bereits zu einem Gewebe, Gewirke oder dergleichen verarbeitet sind. Weberei und Wirkerei, die solche Erzeugnisse herstellen, sind Betriebe der Textilindustrie. Daraus erhellt, dass die Glasfaser schon vor der Anwendung des angemeldeten Verfahrens den Textilbetrieben zur Verfügung steht und von ihnen verlangt und gekauft wird, dass sie also die Phase der Herstellung fertig durchlaufen hat. Nicht nötig ist, dass sie sich, nachdem die Textilbetriebe sie im übernommenen Zustande gewoben oder gewirkt haben, bereits zu Bekleidungs- oder Dekorationszwecken eignen. Die weitere Behandlung, die ihnen diese Eignung erst verschafft, gehört zur Veredlung, so auch die Behandlung im angemeldeten Verfahren. Mit diesem wollen die Beschwerdeführer dem Gewebe oder Gewirke von Glasfasern neue Eigenschaften verleihen, die es befähigen, über die bis dahin beschränkte Verwendung als Textilstoffe weitere Möglichkeiten auf diesem Gebiete zu finden.
5. Nach Art. 111 PatG muss die Erfindung, um von der Patentierung ausgeschlossen zu sein, "für die Textilindustrie in Betracht kommen". Die Beschwerdeführer sprechen dem angemeldeten Verfahren dieses Merkmal ab, indem sie behaupten, die heutige Textilindustrie des Inlandes wäre nicht in der Lage, es auch nur teilweise anzuwenden. Schon mit den bisher bekannten nicht rein mechanischen Verfahren zur Herstellung brauchbarer Textil-Glasfasern befasse sie sich nicht, sondern sie überlasse diese Verfahren der chemischen Industrie. Deshalb sei sicher, dass das vorliegende Verfahren, das umfangreiche Kapitalanlagen (Entspannungsöfen) erfordere und die Umschulung ganzer Teile der Belegschaft notwendig machen würde, für sie jetzt und auch später ganz ausser Betracht falle.
Darauf kommt nichts an. Für die Textilindustrie kommt eine Erfindung nicht nur dann "in Betracht", wenn sie in eigenen Betrieben ausgeführt wird, sondern schon dann, wenn sie für die Textilindustrie von wirtschaftlicher Bedeutung ist. Das trifft hier zu; diese Industrie ist daran interessiert, dass den Textilfasern aus Glas mit Hilfe des von den Beschwerdeführern angemeldeten Verfahrens neue Eigenschaften gegeben werden, welche die aus diesen Fasern hergestellten Textilien verbessern oder ihnen neue Möglichkeiten der Verwendung schaffen.
6. Die Beschwerdeführer selber gehen davon aus, dass das zur Patentierung angemeldete Verfahren "nicht rein mechanischer" Art ist. Art. 111 PatG trifft also auch in dieser Hinsicht zu. Mithin sind alle Voraussetzungen dieser Norm erfüllt. Das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum hat das Gesuch zu Recht zurückgewiesen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Art. 2 num. 4 LBI del 1907, art. 111 LBI. a) Questi disposti si applicano parimente alle fibre tessili di vetro (consid. 2).
b) Quando la fabbricazione delle fibre tessili sintetiche è terminata e quando comincia il loro perfezionamento? (consid. 3 e 4).
c) Quando le invenzioni "riguardano l'industria tessile"? (consid. 5).
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constitutional law and administrative law and public international law
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Sachverhalt ab Seite 48
A.- Einem Begehren der Aktion "Gesundes Volk" entsprechend, erklärte sich die eidg. Postverwaltung Ende 1955 bereit, auf den Postsendungen in verschiedenen Städten neben dem Poststempel eine Werbeflagge mit dem Text "Mehr Verantwortung - weniger Alkohol" und der Abbildung einer Weinflasche einzusetzen. Weil gewisse am Alkoholkonsum interessierte Kreise diese Flagge beanstandeten, wurde sie im Frühling 1956 zurückgezogen und ersetzt durch einen Stempel mit dem Text "Mehr Verantwortung - kein Alkohol am Steuer" und der Abbildung eines Automobils. Der Schweizerische Weinhändlerverband, der Verband schweizerischer Weinimporteure en gros, die Interessegemeinschaft für den schweizerischen Weinimport, die Fédération romande des vignerons und der Verband des schweizerischen Spirituosengewerbes ersuchten die Generaldirektion der PTT, auch diese Werbeflagge unverzüglich zurückzuziehen. Die Direktion der Postabteilung lehnte das Begehren mit Schreiben vom 17. Juli 1956 ab. Der Weinhändlerverband und die Firma Berger & Co., Weine und Spirituosen, in Langnau i.E., wandten sich nochmals an die Generaldirektion der PTT, worauf diese mit Entscheid vom 28. Juli 1956 die Stellungnahme der Postabteilung bestätigte.
B.- Mit der vorliegenden Beschwerde beantragen die Firma Berger & Co., der Schweizerische Weinhändlerverband, die Fédération romande des vignerons und der Verband des schweizerischen Spirituosengewerbes, den Entscheid der Generaldirektion der PTT aufzuheben und die Verwendung der Postwerbeflagge "Mehr Verantwortung - kein Alkohol am Steuer" als widerrechtlich zu untersagen, eventuell die Postverwaltung anzuhalten, alle erforderlichen Massnahmen zu treffen, um die Abstempelung sämtlicher Postsendungen der Beschwerdeführer mit dieser Flagge zu verhindern.
C.- Auf ein Gesuch der Beschwerdeführer um Erteilung aufschiebender Wirkung hin hat sich die Generaldirektion der PTT bereit erklärt, den Weinhändlern und anderen Interessenten zu gestatten, ihre Briefpost jeweils gebündelt am Postschalter mit dem schriftlichen Vermerk "Nicht mit der Maschine stempeln" abzugeben, so dass die betreffenden Sendungen lediglich einen Abdruck des Handstempels ohne Flagge erhalten würden.
D.- Nach einem Meinungsaustausch mit dem eidg. Post- und Eisenbahndepartement hat das Bundesgericht die Beurteilung der Beschwerde insoweit übernommen, als darin eine Verletzung von Rechten der Postbenützer behauptet wird.
E.- Die Generaldirektion der PTT beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. - Gemäss Art. 99 Ziff. XI OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig gegen Entscheide des eidg. Post- und Eisenbahndepartements und Entscheide der Generaldirektion der PTT, die an das Departement nicht weiterziehbar sind, über Ansprüche, die sich stützen auf das Postverkehrsgesetz oder das Telegraphen- und Telephonverkehrgesetz, die zugehörigen Vollziehungsverordnungen und gewisse an die Anstaltsbenützer gerichtete Ausführungsbestimmungen (Abs. 1; s. auch Art. 97, Abs. 2 OG, der die Konzessionsgebühren und Post- Telegraphen- und Telephontaxen besonders erwähnt). Ausgenommen sind die Haftpflicht- und die Straffälle (Art. 99 Ziff. XI Abs. 2 OG). In den Angelegenheiten, in denen Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben werden kann, ist die Generaldirektion der PTT Mittelinstanz im Sinne des Art. 23 BG über die Organisation der Bundesverwaltung, das Departement also von der Entscheidungsbefugnis ausgeschlossen (Art. 2 Ziff. 4, Art. 3 Ziff. 4 BRB über die Zuständigkeit im Bereich der PTT-Verwaltung vom 22. März 1946). Entscheide der Generaldirektion über Ansprüche, die unter Art. 99 Ziff. XI Abs. 1 OG fallen, unterliegen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, ihre sonstigen Entscheide der Verwaltungsbeschwerde an das Departement.
Art. 99 Ziff. XI unterstellt der Verwaltungsgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der in Abs. 2 genannten Fälle, das ganze Verhältnis gegenseitiger Rechte und Pflichten, das zwichen den von der PTT-Verwaltung betriebenen öffentlichen Anstalten und ihren Benützern besteht. Im vorliegenden Fall kommt eine Verletzung der Rechte der Postbenützer in Betracht, jedoch nur soweit es sich um die von den Beschwerdeführern selbst aufgegebenen Sendungen handelt. Die Beschwerdeführer behaupten, dass eine solche Verletzung ihnen gegenüber vorliege, und stellen deshalb den Eventualantrag. Dieser richtet sich - wie auch der Hauptantrag - gegen einen Entscheid der Generaldirektion der PTT. Zur Beurteilung des Eventualantrages ist daher das Bundesgericht zuständig. Soweit die Begründung der Beschwerde das Postbenützungsverhältnis berührt, betrifft sie aber ausschliesslich diesen Antrag. Der Hauptantrag, die Verwendung der beanstandeten Werbeflagge sei schlechthin zu untersagen, beruht auf Überlegungen, die nicht das Postbenützungsverhältnis angehen, und fällt daher nicht in den Bereich der Zuständigkeit des Bundesgerichts. Hierüber wird vielmehr das Departement zu entscheiden haben.
2. - Wenn der angefochtene Entscheid rechtswidrig im Sinne der Begründung des Eventualantrages der Beschwerdeführer ist, so greift er in deren Rechtsstellung und nicht bloss in ihre Interessen ein. Das gilt nicht nur für die Firma Berger & Co., sondern auch für die beschwerdeführenden Verbände. Der Eventualantrag bezieht sich auf die Postsendungen "der Beschwerdeführer", nicht auch auf diejenigen der Mitglieder der beteiligten Verbände (abgesehen von der Firma Berger & Co., die Mitglied des Weinhändlerverbandes ist), so dass nicht zu prüfen ist, ob die Verbände berechtigt wären, zur Wahrung der Rechte ihrer Mitglieder an deren Stelle Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu erheben. Sämtliche Beschwerdeführer sind daher, was den Eventualantrag anbelangt, zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert, auch wenn nicht alle in dem angefochtenen Entscheide als Partei beteiligt waren (Art. 103 Abs. 1 OG).
3. - Nach Art. 4 des Postverkehrsgesetzes ist die Postverwaltung, wo die erforderlichen Posteinrichtungen bestehen, gegenüber jedermann zur Erfüllung der in diesem Gesetz, in der Postordnung und in den Ausführungsbestimmungen vorgesehenen Leistungen verpflichtet. Insbesondere hat sie Postsendungen anzunehmen und zu befördern. Anderseits hat sie zu beachten, dass die Sendungen (Karten, Briefe, Pakete) samt allfälligem Umschliessungsmaterial (Briefumschlägen usw.) Eigentum des Postbenützers sind. Sie hat sich ungerechtfertigter Eingriffe in die Rechte des Eigentümers, der auf ihre Dienste infolge des im Postregal begründeten Monopols angewiesen ist, zu enthalten. Diese Verpflichtung, die namentlich in den Bestimmungen über die Haftpflicht der Post zum Ausdruck kommt (Art. 44 ff. Postverkehrsgesetz), lässt freilich die Befugnis der Postverwaltung unberührt, von den Sendungen den Gebrauch zu machen, der zur Erfüllung der Aufgabe der Post erforderlich ist.
Insbesondere ist die Verwaltung berechtigt, auf den Sendungen zur Entwertung der für die Frankierung verwendeten Postwertzeichen oder zu sonstigen postamtlichen Zwecken den Abdruck eines Datumstempels anzubringen. Ferner darf sie, wie dies bei der Abstempelung mit der Maschine geschieht, neben dem Datumstempeleine Stempelflagge einsetzen, damit die auf der Sendung aufgeklebten oder aufgedruckten Postwertzeichen rasch und sicher entwertet werden können. Die Flagge kann aus blossen Wellenlinien oder auch aus einem Werbetext mit oder ohne Abbildung bestehen. Werbeflaggen werden etwa verwendet für Hinweise, die mit dem Postdienst selbst zusammenhängen ("Benützet die Luftpost", "Weihnachtspost beizeiten aufgeben" und dgl.), sodann zur Werbung für sonstige Anliegen des Staates im allgemeinen (Landesverteidigung, Verkehrssicherheit, Lärmbekämpfung usw.), ferner für gemeinnützige Sammlungen (Nationalspende, Rotes Kreuz usw.) und auch zur Propaganda für bedeutende Feste oder wirtschaftliche Veranstaltungen (Mustermesse, Schweizerwoche und dgl.) oder für touristische Zwecke. Die Verwendung solcher Werbestempel ist zwar in der Gesetzgebung über das Postwesen nicht vorgesehen, doch lässt sich nichts Triftiges gegen sie einwenden, wenn und soweit sie im öffentlichen Interesse liegt und die Rechte des Eigentümers der Postsendung nicht verletzt.
4. Es ist klar, dass die Werbeflagge mit dem Text "Mehr Verantwortung - kein Alkohol am Steuer" dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Strassenverkehrs dient; denn es ist bekannt, dass unter Alkoholeinfluss stehende Fahrzeuglenker zu unvorsichtigem Fahren neigen und deshalb sehr häufig Unfälle verursachen. Die Beschwerdeführer wenden vergeblich ein, jener Text fordere mehr, als nach Gesetz zulässig sei, weil er, wie sich aus der kategorischen Wendung "kein Alkohol" ergebe, über den Inhalt des Art. 59 MFG (Verbot, in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug zu führen) und des Art. 57 MFV (Verbot des Alkoholgenusses für Führer von Motorwagen zum gewerbsmässigen Personentransport) hinausgehe. Die im Text verwendeten Worte "kein Alkohol am Steuer" können nur dann richtig verstanden werden, wenn ihr Zusammenhang mit der vorausgehenden Wendung "mehr Verantwortung" berücksichtigt wird, zumal das Wort "Verantwortung" besonders hervorgehoben ist, indem es mit grösseren Buchstaben als die übrigen Worte geschrieben ist. Danach bedeutet der Text nicht, dass man sich schlechterdings nicht ans Steuer setzen könne oder dürfe, wenn man Alkohol - und sei es auch so wenig - getrunken hat, sondern nur, dass der Fahrzeuglenker den Sinn für seine Verantwortlichkeit besser bewahrt, wenn er völlig nüchtern ist. Die Formel bringt in gedrängter Fassung, aber doch deutlich eine allgemeine Vorsichtsregel zum Ausdruck, die sich nicht in der Befolgung jener gesetzlichen Verbote erschöpft. Sie hält sich gewiss im Rahmen dessen, was zur Erhöhung der Verkehrssicherheit empfohlen werden darf. Daher kann der Postverwaltung grundsätzlich nicht verwehrt werden, den Fahrzeuglenkern mittels der beanstandeten Werbeflagge Zurückhaltung im Alkoholgenuss nahezulegen; dies umsoweniger, als die Verwaltung selber ein Interesse daran hat, dass der Ermahnung nachgelebt wird, da sie zahlreiche Motorfahrzeuge einsetzt und ausserdem Tausende von Zustellboten beschäftigt, die zu Fuss oder auf Fahrrädern die Strasse benützen.
Gleichwohl brauchen die Beschwerdeführer sich nicht gefallen zu lassen, dass auf ihren der Post übergebenen Sendungen der streitige Werbestempel angebracht wird. Man kann ihnen nicht wohl zumuten, bei einer Propagandaaktion mitzumachen, die nach ihrer Auffassung ihren Interessen abträglich ist. Ihre Einstellung ist verständlich. In der Tat werden ihre Postsendungen, wenn sie jenen Stempel tragen, beim Empfänger einige Verwunderung erregen oder gar lächerlich wirken, besonders dann, wenn die verwendeten Briefumschläge oder Postkarten mit Texten oder Bildern ausgestattet sind, die für den Absender werben sollen. Die Postverwaltung war verpflichtet, auf Begehren der Beschwerdeführer deren Postsendungen von der Abstempelung mit der beanstandeten Werbeflagge auszunehmen. Der angefochtene Entscheid verkennt dies und verletzt damit Rechte, die mit dem Eigentum der Beschwerdeführer an den der Post zur Beförderung anvertrauten Gegenständen verbunden sind.
Die Postverwaltung wird dafür zu sorgen haben, dass diese Rechte beachtet werden. Es ist ihre Sache, die erforderlichen Massnahmen anzuordnen. Sie wird prüfen, ob das Vorgehen genügt, das die Generaldirektion auf das Begehren der Beschwerdeführer um Erteilung aufschiebender Wirkung hin vorgeschlagen hat. Nötigenfalls werden noch weitere Anordnungen zu treffen sein.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Auf das Hauptbegehren der Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.- Das Eventualbegehren der Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen.
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Werbestempel der Post. 1. Zuständigkeit des Bundesgerichts.
2. Legitimation zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
3. Ein Stempel mit dem Text "Mehr Verantwortung - kein Alkohol am Steuer" und dem Bilde eines Automobils darf auf Sendungen gewisser am Alkoholkonsum interessierter Postbenützer nicht gegen deren Willen angebracht werden.
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A.- Einem Begehren der Aktion "Gesundes Volk" entsprechend, erklärte sich die eidg. Postverwaltung Ende 1955 bereit, auf den Postsendungen in verschiedenen Städten neben dem Poststempel eine Werbeflagge mit dem Text "Mehr Verantwortung - weniger Alkohol" und der Abbildung einer Weinflasche einzusetzen. Weil gewisse am Alkoholkonsum interessierte Kreise diese Flagge beanstandeten, wurde sie im Frühling 1956 zurückgezogen und ersetzt durch einen Stempel mit dem Text "Mehr Verantwortung - kein Alkohol am Steuer" und der Abbildung eines Automobils. Der Schweizerische Weinhändlerverband, der Verband schweizerischer Weinimporteure en gros, die Interessegemeinschaft für den schweizerischen Weinimport, die Fédération romande des vignerons und der Verband des schweizerischen Spirituosengewerbes ersuchten die Generaldirektion der PTT, auch diese Werbeflagge unverzüglich zurückzuziehen. Die Direktion der Postabteilung lehnte das Begehren mit Schreiben vom 17. Juli 1956 ab. Der Weinhändlerverband und die Firma Berger & Co., Weine und Spirituosen, in Langnau i.E., wandten sich nochmals an die Generaldirektion der PTT, worauf diese mit Entscheid vom 28. Juli 1956 die Stellungnahme der Postabteilung bestätigte.
B.- Mit der vorliegenden Beschwerde beantragen die Firma Berger & Co., der Schweizerische Weinhändlerverband, die Fédération romande des vignerons und der Verband des schweizerischen Spirituosengewerbes, den Entscheid der Generaldirektion der PTT aufzuheben und die Verwendung der Postwerbeflagge "Mehr Verantwortung - kein Alkohol am Steuer" als widerrechtlich zu untersagen, eventuell die Postverwaltung anzuhalten, alle erforderlichen Massnahmen zu treffen, um die Abstempelung sämtlicher Postsendungen der Beschwerdeführer mit dieser Flagge zu verhindern.
C.- Auf ein Gesuch der Beschwerdeführer um Erteilung aufschiebender Wirkung hin hat sich die Generaldirektion der PTT bereit erklärt, den Weinhändlern und anderen Interessenten zu gestatten, ihre Briefpost jeweils gebündelt am Postschalter mit dem schriftlichen Vermerk "Nicht mit der Maschine stempeln" abzugeben, so dass die betreffenden Sendungen lediglich einen Abdruck des Handstempels ohne Flagge erhalten würden.
D.- Nach einem Meinungsaustausch mit dem eidg. Post- und Eisenbahndepartement hat das Bundesgericht die Beurteilung der Beschwerde insoweit übernommen, als darin eine Verletzung von Rechten der Postbenützer behauptet wird.
E.- Die Generaldirektion der PTT beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. - Gemäss Art. 99 Ziff. XI OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig gegen Entscheide des eidg. Post- und Eisenbahndepartements und Entscheide der Generaldirektion der PTT, die an das Departement nicht weiterziehbar sind, über Ansprüche, die sich stützen auf das Postverkehrsgesetz oder das Telegraphen- und Telephonverkehrgesetz, die zugehörigen Vollziehungsverordnungen und gewisse an die Anstaltsbenützer gerichtete Ausführungsbestimmungen (Abs. 1; s. auch Art. 97, Abs. 2 OG, der die Konzessionsgebühren und Post- Telegraphen- und Telephontaxen besonders erwähnt). Ausgenommen sind die Haftpflicht- und die Straffälle (Art. 99 Ziff. XI Abs. 2 OG). In den Angelegenheiten, in denen Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben werden kann, ist die Generaldirektion der PTT Mittelinstanz im Sinne des Art. 23 BG über die Organisation der Bundesverwaltung, das Departement also von der Entscheidungsbefugnis ausgeschlossen (Art. 2 Ziff. 4, Art. 3 Ziff. 4 BRB über die Zuständigkeit im Bereich der PTT-Verwaltung vom 22. März 1946). Entscheide der Generaldirektion über Ansprüche, die unter Art. 99 Ziff. XI Abs. 1 OG fallen, unterliegen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, ihre sonstigen Entscheide der Verwaltungsbeschwerde an das Departement.
Art. 99 Ziff. XI unterstellt der Verwaltungsgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der in Abs. 2 genannten Fälle, das ganze Verhältnis gegenseitiger Rechte und Pflichten, das zwichen den von der PTT-Verwaltung betriebenen öffentlichen Anstalten und ihren Benützern besteht. Im vorliegenden Fall kommt eine Verletzung der Rechte der Postbenützer in Betracht, jedoch nur soweit es sich um die von den Beschwerdeführern selbst aufgegebenen Sendungen handelt. Die Beschwerdeführer behaupten, dass eine solche Verletzung ihnen gegenüber vorliege, und stellen deshalb den Eventualantrag. Dieser richtet sich - wie auch der Hauptantrag - gegen einen Entscheid der Generaldirektion der PTT. Zur Beurteilung des Eventualantrages ist daher das Bundesgericht zuständig. Soweit die Begründung der Beschwerde das Postbenützungsverhältnis berührt, betrifft sie aber ausschliesslich diesen Antrag. Der Hauptantrag, die Verwendung der beanstandeten Werbeflagge sei schlechthin zu untersagen, beruht auf Überlegungen, die nicht das Postbenützungsverhältnis angehen, und fällt daher nicht in den Bereich der Zuständigkeit des Bundesgerichts. Hierüber wird vielmehr das Departement zu entscheiden haben.
2. - Wenn der angefochtene Entscheid rechtswidrig im Sinne der Begründung des Eventualantrages der Beschwerdeführer ist, so greift er in deren Rechtsstellung und nicht bloss in ihre Interessen ein. Das gilt nicht nur für die Firma Berger & Co., sondern auch für die beschwerdeführenden Verbände. Der Eventualantrag bezieht sich auf die Postsendungen "der Beschwerdeführer", nicht auch auf diejenigen der Mitglieder der beteiligten Verbände (abgesehen von der Firma Berger & Co., die Mitglied des Weinhändlerverbandes ist), so dass nicht zu prüfen ist, ob die Verbände berechtigt wären, zur Wahrung der Rechte ihrer Mitglieder an deren Stelle Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu erheben. Sämtliche Beschwerdeführer sind daher, was den Eventualantrag anbelangt, zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert, auch wenn nicht alle in dem angefochtenen Entscheide als Partei beteiligt waren (Art. 103 Abs. 1 OG).
3. - Nach Art. 4 des Postverkehrsgesetzes ist die Postverwaltung, wo die erforderlichen Posteinrichtungen bestehen, gegenüber jedermann zur Erfüllung der in diesem Gesetz, in der Postordnung und in den Ausführungsbestimmungen vorgesehenen Leistungen verpflichtet. Insbesondere hat sie Postsendungen anzunehmen und zu befördern. Anderseits hat sie zu beachten, dass die Sendungen (Karten, Briefe, Pakete) samt allfälligem Umschliessungsmaterial (Briefumschlägen usw.) Eigentum des Postbenützers sind. Sie hat sich ungerechtfertigter Eingriffe in die Rechte des Eigentümers, der auf ihre Dienste infolge des im Postregal begründeten Monopols angewiesen ist, zu enthalten. Diese Verpflichtung, die namentlich in den Bestimmungen über die Haftpflicht der Post zum Ausdruck kommt (Art. 44 ff. Postverkehrsgesetz), lässt freilich die Befugnis der Postverwaltung unberührt, von den Sendungen den Gebrauch zu machen, der zur Erfüllung der Aufgabe der Post erforderlich ist.
Insbesondere ist die Verwaltung berechtigt, auf den Sendungen zur Entwertung der für die Frankierung verwendeten Postwertzeichen oder zu sonstigen postamtlichen Zwecken den Abdruck eines Datumstempels anzubringen. Ferner darf sie, wie dies bei der Abstempelung mit der Maschine geschieht, neben dem Datumstempeleine Stempelflagge einsetzen, damit die auf der Sendung aufgeklebten oder aufgedruckten Postwertzeichen rasch und sicher entwertet werden können. Die Flagge kann aus blossen Wellenlinien oder auch aus einem Werbetext mit oder ohne Abbildung bestehen. Werbeflaggen werden etwa verwendet für Hinweise, die mit dem Postdienst selbst zusammenhängen ("Benützet die Luftpost", "Weihnachtspost beizeiten aufgeben" und dgl.), sodann zur Werbung für sonstige Anliegen des Staates im allgemeinen (Landesverteidigung, Verkehrssicherheit, Lärmbekämpfung usw.), ferner für gemeinnützige Sammlungen (Nationalspende, Rotes Kreuz usw.) und auch zur Propaganda für bedeutende Feste oder wirtschaftliche Veranstaltungen (Mustermesse, Schweizerwoche und dgl.) oder für touristische Zwecke. Die Verwendung solcher Werbestempel ist zwar in der Gesetzgebung über das Postwesen nicht vorgesehen, doch lässt sich nichts Triftiges gegen sie einwenden, wenn und soweit sie im öffentlichen Interesse liegt und die Rechte des Eigentümers der Postsendung nicht verletzt.
4. Es ist klar, dass die Werbeflagge mit dem Text "Mehr Verantwortung - kein Alkohol am Steuer" dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Strassenverkehrs dient; denn es ist bekannt, dass unter Alkoholeinfluss stehende Fahrzeuglenker zu unvorsichtigem Fahren neigen und deshalb sehr häufig Unfälle verursachen. Die Beschwerdeführer wenden vergeblich ein, jener Text fordere mehr, als nach Gesetz zulässig sei, weil er, wie sich aus der kategorischen Wendung "kein Alkohol" ergebe, über den Inhalt des Art. 59 MFG (Verbot, in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug zu führen) und des Art. 57 MFV (Verbot des Alkoholgenusses für Führer von Motorwagen zum gewerbsmässigen Personentransport) hinausgehe. Die im Text verwendeten Worte "kein Alkohol am Steuer" können nur dann richtig verstanden werden, wenn ihr Zusammenhang mit der vorausgehenden Wendung "mehr Verantwortung" berücksichtigt wird, zumal das Wort "Verantwortung" besonders hervorgehoben ist, indem es mit grösseren Buchstaben als die übrigen Worte geschrieben ist. Danach bedeutet der Text nicht, dass man sich schlechterdings nicht ans Steuer setzen könne oder dürfe, wenn man Alkohol - und sei es auch so wenig - getrunken hat, sondern nur, dass der Fahrzeuglenker den Sinn für seine Verantwortlichkeit besser bewahrt, wenn er völlig nüchtern ist. Die Formel bringt in gedrängter Fassung, aber doch deutlich eine allgemeine Vorsichtsregel zum Ausdruck, die sich nicht in der Befolgung jener gesetzlichen Verbote erschöpft. Sie hält sich gewiss im Rahmen dessen, was zur Erhöhung der Verkehrssicherheit empfohlen werden darf. Daher kann der Postverwaltung grundsätzlich nicht verwehrt werden, den Fahrzeuglenkern mittels der beanstandeten Werbeflagge Zurückhaltung im Alkoholgenuss nahezulegen; dies umsoweniger, als die Verwaltung selber ein Interesse daran hat, dass der Ermahnung nachgelebt wird, da sie zahlreiche Motorfahrzeuge einsetzt und ausserdem Tausende von Zustellboten beschäftigt, die zu Fuss oder auf Fahrrädern die Strasse benützen.
Gleichwohl brauchen die Beschwerdeführer sich nicht gefallen zu lassen, dass auf ihren der Post übergebenen Sendungen der streitige Werbestempel angebracht wird. Man kann ihnen nicht wohl zumuten, bei einer Propagandaaktion mitzumachen, die nach ihrer Auffassung ihren Interessen abträglich ist. Ihre Einstellung ist verständlich. In der Tat werden ihre Postsendungen, wenn sie jenen Stempel tragen, beim Empfänger einige Verwunderung erregen oder gar lächerlich wirken, besonders dann, wenn die verwendeten Briefumschläge oder Postkarten mit Texten oder Bildern ausgestattet sind, die für den Absender werben sollen. Die Postverwaltung war verpflichtet, auf Begehren der Beschwerdeführer deren Postsendungen von der Abstempelung mit der beanstandeten Werbeflagge auszunehmen. Der angefochtene Entscheid verkennt dies und verletzt damit Rechte, die mit dem Eigentum der Beschwerdeführer an den der Post zur Beförderung anvertrauten Gegenständen verbunden sind.
Die Postverwaltung wird dafür zu sorgen haben, dass diese Rechte beachtet werden. Es ist ihre Sache, die erforderlichen Massnahmen anzuordnen. Sie wird prüfen, ob das Vorgehen genügt, das die Generaldirektion auf das Begehren der Beschwerdeführer um Erteilung aufschiebender Wirkung hin vorgeschlagen hat. Nötigenfalls werden noch weitere Anordnungen zu treffen sein.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Auf das Hauptbegehren der Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.- Das Eventualbegehren der Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen.
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Oblitération postale portant des formules de propagande. 1. Compétence du Tribunal fédéral.
2. Qualité pour agir par la voie du recours de droit administratif.
3. Une oblitération portant le texte: "Sécurité par la sobriété" et l'image d'une automobile ne peut être apposée sur les envois contre la volonté de l'expéditeur lorsqu'il est intéressé à la consommation d'alcool.
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Sachverhalt ab Seite 48
A.- Einem Begehren der Aktion "Gesundes Volk" entsprechend, erklärte sich die eidg. Postverwaltung Ende 1955 bereit, auf den Postsendungen in verschiedenen Städten neben dem Poststempel eine Werbeflagge mit dem Text "Mehr Verantwortung - weniger Alkohol" und der Abbildung einer Weinflasche einzusetzen. Weil gewisse am Alkoholkonsum interessierte Kreise diese Flagge beanstandeten, wurde sie im Frühling 1956 zurückgezogen und ersetzt durch einen Stempel mit dem Text "Mehr Verantwortung - kein Alkohol am Steuer" und der Abbildung eines Automobils. Der Schweizerische Weinhändlerverband, der Verband schweizerischer Weinimporteure en gros, die Interessegemeinschaft für den schweizerischen Weinimport, die Fédération romande des vignerons und der Verband des schweizerischen Spirituosengewerbes ersuchten die Generaldirektion der PTT, auch diese Werbeflagge unverzüglich zurückzuziehen. Die Direktion der Postabteilung lehnte das Begehren mit Schreiben vom 17. Juli 1956 ab. Der Weinhändlerverband und die Firma Berger & Co., Weine und Spirituosen, in Langnau i.E., wandten sich nochmals an die Generaldirektion der PTT, worauf diese mit Entscheid vom 28. Juli 1956 die Stellungnahme der Postabteilung bestätigte.
B.- Mit der vorliegenden Beschwerde beantragen die Firma Berger & Co., der Schweizerische Weinhändlerverband, die Fédération romande des vignerons und der Verband des schweizerischen Spirituosengewerbes, den Entscheid der Generaldirektion der PTT aufzuheben und die Verwendung der Postwerbeflagge "Mehr Verantwortung - kein Alkohol am Steuer" als widerrechtlich zu untersagen, eventuell die Postverwaltung anzuhalten, alle erforderlichen Massnahmen zu treffen, um die Abstempelung sämtlicher Postsendungen der Beschwerdeführer mit dieser Flagge zu verhindern.
C.- Auf ein Gesuch der Beschwerdeführer um Erteilung aufschiebender Wirkung hin hat sich die Generaldirektion der PTT bereit erklärt, den Weinhändlern und anderen Interessenten zu gestatten, ihre Briefpost jeweils gebündelt am Postschalter mit dem schriftlichen Vermerk "Nicht mit der Maschine stempeln" abzugeben, so dass die betreffenden Sendungen lediglich einen Abdruck des Handstempels ohne Flagge erhalten würden.
D.- Nach einem Meinungsaustausch mit dem eidg. Post- und Eisenbahndepartement hat das Bundesgericht die Beurteilung der Beschwerde insoweit übernommen, als darin eine Verletzung von Rechten der Postbenützer behauptet wird.
E.- Die Generaldirektion der PTT beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. - Gemäss Art. 99 Ziff. XI OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig gegen Entscheide des eidg. Post- und Eisenbahndepartements und Entscheide der Generaldirektion der PTT, die an das Departement nicht weiterziehbar sind, über Ansprüche, die sich stützen auf das Postverkehrsgesetz oder das Telegraphen- und Telephonverkehrgesetz, die zugehörigen Vollziehungsverordnungen und gewisse an die Anstaltsbenützer gerichtete Ausführungsbestimmungen (Abs. 1; s. auch Art. 97, Abs. 2 OG, der die Konzessionsgebühren und Post- Telegraphen- und Telephontaxen besonders erwähnt). Ausgenommen sind die Haftpflicht- und die Straffälle (Art. 99 Ziff. XI Abs. 2 OG). In den Angelegenheiten, in denen Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben werden kann, ist die Generaldirektion der PTT Mittelinstanz im Sinne des Art. 23 BG über die Organisation der Bundesverwaltung, das Departement also von der Entscheidungsbefugnis ausgeschlossen (Art. 2 Ziff. 4, Art. 3 Ziff. 4 BRB über die Zuständigkeit im Bereich der PTT-Verwaltung vom 22. März 1946). Entscheide der Generaldirektion über Ansprüche, die unter Art. 99 Ziff. XI Abs. 1 OG fallen, unterliegen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, ihre sonstigen Entscheide der Verwaltungsbeschwerde an das Departement.
Art. 99 Ziff. XI unterstellt der Verwaltungsgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der in Abs. 2 genannten Fälle, das ganze Verhältnis gegenseitiger Rechte und Pflichten, das zwichen den von der PTT-Verwaltung betriebenen öffentlichen Anstalten und ihren Benützern besteht. Im vorliegenden Fall kommt eine Verletzung der Rechte der Postbenützer in Betracht, jedoch nur soweit es sich um die von den Beschwerdeführern selbst aufgegebenen Sendungen handelt. Die Beschwerdeführer behaupten, dass eine solche Verletzung ihnen gegenüber vorliege, und stellen deshalb den Eventualantrag. Dieser richtet sich - wie auch der Hauptantrag - gegen einen Entscheid der Generaldirektion der PTT. Zur Beurteilung des Eventualantrages ist daher das Bundesgericht zuständig. Soweit die Begründung der Beschwerde das Postbenützungsverhältnis berührt, betrifft sie aber ausschliesslich diesen Antrag. Der Hauptantrag, die Verwendung der beanstandeten Werbeflagge sei schlechthin zu untersagen, beruht auf Überlegungen, die nicht das Postbenützungsverhältnis angehen, und fällt daher nicht in den Bereich der Zuständigkeit des Bundesgerichts. Hierüber wird vielmehr das Departement zu entscheiden haben.
2. - Wenn der angefochtene Entscheid rechtswidrig im Sinne der Begründung des Eventualantrages der Beschwerdeführer ist, so greift er in deren Rechtsstellung und nicht bloss in ihre Interessen ein. Das gilt nicht nur für die Firma Berger & Co., sondern auch für die beschwerdeführenden Verbände. Der Eventualantrag bezieht sich auf die Postsendungen "der Beschwerdeführer", nicht auch auf diejenigen der Mitglieder der beteiligten Verbände (abgesehen von der Firma Berger & Co., die Mitglied des Weinhändlerverbandes ist), so dass nicht zu prüfen ist, ob die Verbände berechtigt wären, zur Wahrung der Rechte ihrer Mitglieder an deren Stelle Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu erheben. Sämtliche Beschwerdeführer sind daher, was den Eventualantrag anbelangt, zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert, auch wenn nicht alle in dem angefochtenen Entscheide als Partei beteiligt waren (Art. 103 Abs. 1 OG).
3. - Nach Art. 4 des Postverkehrsgesetzes ist die Postverwaltung, wo die erforderlichen Posteinrichtungen bestehen, gegenüber jedermann zur Erfüllung der in diesem Gesetz, in der Postordnung und in den Ausführungsbestimmungen vorgesehenen Leistungen verpflichtet. Insbesondere hat sie Postsendungen anzunehmen und zu befördern. Anderseits hat sie zu beachten, dass die Sendungen (Karten, Briefe, Pakete) samt allfälligem Umschliessungsmaterial (Briefumschlägen usw.) Eigentum des Postbenützers sind. Sie hat sich ungerechtfertigter Eingriffe in die Rechte des Eigentümers, der auf ihre Dienste infolge des im Postregal begründeten Monopols angewiesen ist, zu enthalten. Diese Verpflichtung, die namentlich in den Bestimmungen über die Haftpflicht der Post zum Ausdruck kommt (Art. 44 ff. Postverkehrsgesetz), lässt freilich die Befugnis der Postverwaltung unberührt, von den Sendungen den Gebrauch zu machen, der zur Erfüllung der Aufgabe der Post erforderlich ist.
Insbesondere ist die Verwaltung berechtigt, auf den Sendungen zur Entwertung der für die Frankierung verwendeten Postwertzeichen oder zu sonstigen postamtlichen Zwecken den Abdruck eines Datumstempels anzubringen. Ferner darf sie, wie dies bei der Abstempelung mit der Maschine geschieht, neben dem Datumstempeleine Stempelflagge einsetzen, damit die auf der Sendung aufgeklebten oder aufgedruckten Postwertzeichen rasch und sicher entwertet werden können. Die Flagge kann aus blossen Wellenlinien oder auch aus einem Werbetext mit oder ohne Abbildung bestehen. Werbeflaggen werden etwa verwendet für Hinweise, die mit dem Postdienst selbst zusammenhängen ("Benützet die Luftpost", "Weihnachtspost beizeiten aufgeben" und dgl.), sodann zur Werbung für sonstige Anliegen des Staates im allgemeinen (Landesverteidigung, Verkehrssicherheit, Lärmbekämpfung usw.), ferner für gemeinnützige Sammlungen (Nationalspende, Rotes Kreuz usw.) und auch zur Propaganda für bedeutende Feste oder wirtschaftliche Veranstaltungen (Mustermesse, Schweizerwoche und dgl.) oder für touristische Zwecke. Die Verwendung solcher Werbestempel ist zwar in der Gesetzgebung über das Postwesen nicht vorgesehen, doch lässt sich nichts Triftiges gegen sie einwenden, wenn und soweit sie im öffentlichen Interesse liegt und die Rechte des Eigentümers der Postsendung nicht verletzt.
4. Es ist klar, dass die Werbeflagge mit dem Text "Mehr Verantwortung - kein Alkohol am Steuer" dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Strassenverkehrs dient; denn es ist bekannt, dass unter Alkoholeinfluss stehende Fahrzeuglenker zu unvorsichtigem Fahren neigen und deshalb sehr häufig Unfälle verursachen. Die Beschwerdeführer wenden vergeblich ein, jener Text fordere mehr, als nach Gesetz zulässig sei, weil er, wie sich aus der kategorischen Wendung "kein Alkohol" ergebe, über den Inhalt des Art. 59 MFG (Verbot, in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug zu führen) und des Art. 57 MFV (Verbot des Alkoholgenusses für Führer von Motorwagen zum gewerbsmässigen Personentransport) hinausgehe. Die im Text verwendeten Worte "kein Alkohol am Steuer" können nur dann richtig verstanden werden, wenn ihr Zusammenhang mit der vorausgehenden Wendung "mehr Verantwortung" berücksichtigt wird, zumal das Wort "Verantwortung" besonders hervorgehoben ist, indem es mit grösseren Buchstaben als die übrigen Worte geschrieben ist. Danach bedeutet der Text nicht, dass man sich schlechterdings nicht ans Steuer setzen könne oder dürfe, wenn man Alkohol - und sei es auch so wenig - getrunken hat, sondern nur, dass der Fahrzeuglenker den Sinn für seine Verantwortlichkeit besser bewahrt, wenn er völlig nüchtern ist. Die Formel bringt in gedrängter Fassung, aber doch deutlich eine allgemeine Vorsichtsregel zum Ausdruck, die sich nicht in der Befolgung jener gesetzlichen Verbote erschöpft. Sie hält sich gewiss im Rahmen dessen, was zur Erhöhung der Verkehrssicherheit empfohlen werden darf. Daher kann der Postverwaltung grundsätzlich nicht verwehrt werden, den Fahrzeuglenkern mittels der beanstandeten Werbeflagge Zurückhaltung im Alkoholgenuss nahezulegen; dies umsoweniger, als die Verwaltung selber ein Interesse daran hat, dass der Ermahnung nachgelebt wird, da sie zahlreiche Motorfahrzeuge einsetzt und ausserdem Tausende von Zustellboten beschäftigt, die zu Fuss oder auf Fahrrädern die Strasse benützen.
Gleichwohl brauchen die Beschwerdeführer sich nicht gefallen zu lassen, dass auf ihren der Post übergebenen Sendungen der streitige Werbestempel angebracht wird. Man kann ihnen nicht wohl zumuten, bei einer Propagandaaktion mitzumachen, die nach ihrer Auffassung ihren Interessen abträglich ist. Ihre Einstellung ist verständlich. In der Tat werden ihre Postsendungen, wenn sie jenen Stempel tragen, beim Empfänger einige Verwunderung erregen oder gar lächerlich wirken, besonders dann, wenn die verwendeten Briefumschläge oder Postkarten mit Texten oder Bildern ausgestattet sind, die für den Absender werben sollen. Die Postverwaltung war verpflichtet, auf Begehren der Beschwerdeführer deren Postsendungen von der Abstempelung mit der beanstandeten Werbeflagge auszunehmen. Der angefochtene Entscheid verkennt dies und verletzt damit Rechte, die mit dem Eigentum der Beschwerdeführer an den der Post zur Beförderung anvertrauten Gegenständen verbunden sind.
Die Postverwaltung wird dafür zu sorgen haben, dass diese Rechte beachtet werden. Es ist ihre Sache, die erforderlichen Massnahmen anzuordnen. Sie wird prüfen, ob das Vorgehen genügt, das die Generaldirektion auf das Begehren der Beschwerdeführer um Erteilung aufschiebender Wirkung hin vorgeschlagen hat. Nötigenfalls werden noch weitere Anordnungen zu treffen sein.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Auf das Hauptbegehren der Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.- Das Eventualbegehren der Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen.
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Bollo propagandistico della posta. 1. Competenza del Tribunale federale.
2. Veste per proporre il ricorso di diritto amministrativo.
3. Un bollo portante il testo "Meno alcool maggior sicurezza" e raffigurante un'automobile non può essere apposto su gli invii contro la volontà del mittente quando egli- è interessato al consumo dell'alcool.
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constitutional law and administrative law and public international law
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83 I 54
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83 I 54
Sachverhalt ab Seite 54
A.- Am 18. April 1948 gebar Hedwig Henziross, von Niederbuchsiten (Solothurn), in Laufen die aussereheliche Tochter Nina Edmée Marietta. Diese wurde legitimiert durch die am 27. Mai 1949 geschlossene Ehe der Mutter mit dem Vater Fachraddin Allachwerdijew, der damals Staatsangehöriger der Sowjetunion war. Im Jahre 1949 siedelte die Familie Allachwerdijew in die Türkei über. Sie wurde dort im folgenden Jahre eingebürgert und nahm den türkischen Namen Azeri an.
Mit Beschluss vom 21. Dezember 1956 stellte der Regierungsrat des Kantons Solothurn im Verfahren gemäss Art. 49 des BG über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts vom 29. September 1952 (BüG) fest, dass Hedwig Allachwerdijew-Henziross genannt Azeri und deren Tochter Nina Edmée Marietta durch den Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit das Schweizerbürgerrecht und die Bürgerrechte des Kantons Solothurn und der Gemeinde Niederbuchsiten verloren haben.
Durch Verfügung des eidg. Justiz- und Polizeidepartements vom 5. Januar 1957 wurde Hedwig Allachwerdijew-Henziross genannt Azeri gestützt auf Art. 58 BüG wieder ins Schweizerbürgerrecht und in die Bürgerrechte des Kantons Solothurn und der Gemeinde Niederbuchsiten aufgenommen.
B.- Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrates vom 21. Dezember 1956 mit dem Antrag, es sei festzustellen, dass Nina Edmée Marietta Allachwerdijew genannt Azeri die Bürgerrechte der Gemeinde Niederbuchsiten und des Kantons Solothurn und damit das Schweizerbürgrrecht noch besitze.
Es macht geltend, dass durch die Eheschliessung mit F. Allachwerdijew und die damit verbundene Legitimation weder die Ehefrau noch die Tochter das Sowjetbürgerrecht erworben und damit das Schweizerbürgerrecht verloren haben. Durch den späteren Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit habe wohl die Mutter das Schweizerbürgerrecht gemäss Art. 5 Abs. 4 des BRB vom 11. November 1941 verloren, nicht aber die Tochter. Art. 5 des BRB behandle das sog. Beibehaltungsrecht der Schweizerbürgerin bei Eheschliessung mit einem Ausländer und im Zusammenhang damit die Frage, wann Kinder aus einer solchen Ehe das Schweizerbürgerrecht mit der Geburt erhalten. Da er nicht über das Beibehaltungsrecht hinausgreife, könne sich auch sein Abs. 4 nur auf diejenigen Kinder beziehen, die das Schweizerbürgerrecht gemäss Abs. 3 zur Vermeidung von Staatenlosigkeit erhalten hätten; das gehe übrigens auch aus seinem Wortlaut hervor. Nina Edmée Marietta habe bei der Geburt das Schweizerbürgerrecht der Mutter aus einem anderen Grunde erhalten, nämlich weil die Vaterschaft nicht festgestellt gewesen sei. Da dieser Erwerbsgrund mit dem Beibehaltungsrecht nichts zu tun habe, berühre die auf dieses sich stützende Ausnahmebestimmung ihre Staatsangehörigkeit nicht. An der Rechtslage habe auch das BüG nichts geändert. Nach seinem Art. 8 verliere das aussereheliche Kind einer Schweizerin und eines Ausländers das Schweizerbürgerrecht durch Eheschliessung der Eltern, sofern es dadurch, also durch Legitimation, die Staatsangehörigkeit des Vaters erwerbe oder sie bereits besitze, nicht aber, wenn es sie später erhalte; ein solcher späterer Verlust hätte ausdrücklich im Gesetz erwähnt werden müssen, wie z.B. in Art 28 Abs. 1 lit. b BüG. Die Überlegung, legitimierte Kinder seien ehelichen gleichgestellt und fielen damit unter Art. 5 BüG, sei nicht stichhaltig; das aussereheliche Kind erhalte durch die Legitimation nur zivilrechtlich die Stellung eines ehelichen.
C.- Der Regierungsrat hat sich eines Antrages enthalten.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Entscheide kantonaler Behörden über das Schweizerbürgerrecht (und über das damit verbundene Kantons- und Gemeindebürgerrecht), die im Feststellungsverfahren nach Art. 49 BüG getroffen werden, unterliegen gemäss Art. 50 der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Zu deren Erhebung ist laut Art. 52 lit. b auch das eidg. Justiz- und Polizeidepartement legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2. Dass trotz der Eheschliessung mit F. Allachwerdijew, der damals Staatsangehöriger der Sowjetunion war, und trotz der damit verbundenen Legitimation die Ehefrau und die Tochter ihr Schweizerbürgerrecht behalten haben, ist nicht und war nie streitig: diese Frage bildet nicht Gegenstand der vorliegenden Beschwerde. Die Ausführungen des eidg. Justiz- und Polizeidepartements über das Staatsangehörigkeitsrecht der Sowjetunion, die sich ausschliesslich hierauf beziehen, brauchen nicht überprüft zu werden. Unbestritten ist sodann, dass Frau Hedwig Allachwerdijew-Henziross durch den Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit im Jahre 1950 ihr Schweizerbürgerrecht verloren hat. Mit Bezug auf sie ist der Feststellungsentscheid des Regierungsrates von keiner Seite angefochten worden und in Rechtskraft erwachsen. Ebenfalls unbestritten ist, dass die Tochter Nina Edmée Allachwerdijew im Jahre 1950 zusammen mit ihren Eltern die türkische Staatsangehörigkeit erworben hat. In der Tat bestimmt das türkische Staatsangehörigkeitsgesetz vom 8. Mai 1928/9. April 1929 in Art. 5: "Minderjährige Kinder erwerben zusammen mit dem Vater oder, wenn dieser verstorben ist, zusammen mit der Mutter die türkische Staatsangehörigkeit". Zu entscheiden ist einzig, ob auch die Tochter durch diesen Erwerb ihr Schweizerbürgerrecht verloren hat.
3. Diese Frage ist nach dem im Jahre 1950 gültigen schweizerischen Recht, somit nach dem BRB vom 11. November 1941 über Änderung der Vorschriften über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts (BS 1, 106) zu beurteilen. Er ordnet in Art. 5 das Bürgerrecht der Schweizerin, die einen Ausländer heiratet, und in einem gewissen Rahmen dasjenige ihrer Kinder aus dieser Ehe. Ausgehend vom Grundsatz der Einheit des Bürgerrechts in der Familie, stellt er in Abs. 1 die Regel auf, dass die Ehefrau ihr Schweizerbürgerrecht verliert. Die Kinder aus der Ehe werden für diesen Fall gar nicht erwähnt; denn da sie durch keinen Elternteil mit der Schweiz verbunden sind, kommt das Schweizerbürgerrecht für sie nicht in Frage. Abs. 2 sieht eine Ausnahme von dem Grundsatz vor, um Staatenlosigkeit zu vermeiden: Trotz der Heirat mit einem Ausländer behält die Frau ihr Schweizerbürgerrecht, wenn sie sonst unvermeidlich staatenlos würde. Abs 3 dehnt diese Ausnahme auf die Kinder aus der Ehe aus (und wahrt damit zugleich das Prinzip der Einheit wenigstens für Mutter und Kinder): Unter der analogen Voraussetzung erhalten sie mit der Geburt das Schweizerbürgerrecht. Abs. 4 beschränkt die Ausnahme entsprechend ihrem Zweck: Da sie nur der Vermeidung von Staatenlosigkeit dienen soll, fällt sie mit dem Wegfall jener Voraussetzung ebenfalls dahin.
Die vorehelichen Kinder der Schweizerin, die einen Ausländer heiratet, werden in Art. 5 des BRB nicht genannt - und brauchen auch darin zur Regelung ihres Bürgerrechts nicht ausdrücklich genannt zu werden. Stammen sie von einem anderen Vater als dem nunmehrigen Ehegatten ihrer Mutter - gleichviel, ob unehelich oder aus einer früheren Ehe -, so wird ihr Status durch die Heirat der Mutter nicht berührt und behalten sie ihre bisherige Staatsangehörigkeit. Ist dagegen ihr Vater der nunmehrige Ehemann ihrer Mutter, so werden sie durch die Heirat legitimiert und gemäss Art. 263 Abs. 1 ZGB ehelichen Kindern gleichgestellt; dann gilt also für sie die gleiche Ordnung, wie sie Art. 5 des BRB für die ehelichen Kinder aufstellt. Der Auffassung des eidg. Justiz- und Polizeidepartements, durch die Legitimation erhalte das aussereheliche Kind nur zivilrechtlich die Stellung eines ehelichen, kann nicht beigepflichtet werden. Wohl spricht Art. 263 ZGB von Gleichstellung "im Verhältnis zu Vater und Mutter und deren Verwandtschaft"; doch ist allgemein anerkannt, dass das Kind durch die Legitimation das Bürgerrecht des Vaters erhält und damit das bisherige der Mutter verliert (EGGER, N. 1, und SILBERNAGEL-WÄBER, N. 2 zu Art. 263 ZGB). Das schweizerische Recht stand - wiederum ausgehend vom Grundsatz der Einheit des Bürgerrechts in der Familie - von jeher auf diesem Standpunkt; schon vor dem Erlass des ZGB hat ihn das Bundesgericht aus Art. 54 Abs. 5 BV hergeleitet (BGE 37 I 246ff.,BGE 45 I 161ff.). Während er für den Fall der Legitimation durch einen schweizerischen Vater als selbstverständlich betrachtet wurde, war anderseits zu berücksichtigen, dass die Staatsangehörigkeit eines ausländischen Vaters nur kraft dessen Heimatrechts erworben werden kann. Um Staatenlosigkeit zu vermeiden, liess deshalb die Praxis des Bundesgerichts bei Legitimation durch einen Ausländer den Verlust des Schweizerbürgerrechts nur eintreten, wenn das Kind nach dem ausländischen Recht infolge der Legitimation die Staatsangehörigkeit des Vaters erwarb. Schon damals wurde das legitimierte Kind diesbezüglich einem ehelichen gleichgestellt; denn auch das eheliche Kind einer Schweizerin und eines Ausländers erhielt das Schweizerbürgerrecht, wenn es nicht die Staatsangehörigkeit des Vaters erhielt. Der einzige, aus der Natur der Sache sich ergebende Unterschied bestand darin, dass das während der Ehe geborene Kind das Schweizerbürgerrecht mit der Geburt erhielt, das legitimierte aber sein schon vor der Legitimation erworbenes beibehielt.
Der BRB vom 11. November 1941 hat in Art. 5 die schon vorher kraft der Rechtsprechung des Bundesgerichts geltende Ordnung des Bürgerrechts der Schweizerin, die einen Ausländer heiratet, sanktioniert und etwas verschärft, indem er strengere Folgerungen daraus gezogen hat, dass das Schweizerbürgerrecht lediglich zur Vermeidung von Staatenlosigkeit gewährt wird: In Abs. 2 und 3 macht er zur Voraussetzung seiner Beibehaltung durch die Ehefrau bzw. seines Erwerbs mit der Geburt durch die Kinder, dass sie andernfalls "unvermeidlich" staatenlos wären, und in Abs. 4 bestimmt er, dass das gestützt darauf beibehaltene bzw. erworbene Schweizerbürgerrecht durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit verloren wird. Aus der Gleichstellung der legitimierten Kinder mit ehelichen folgt, dass diese Bestimmungen auf sie sinngemäss anzuwenden sind. Das durch die Heirat legitimierte Kind ist deshalb von da an gleich zu behandeln wie das in der Ehe geborene von Geburt an. Es "erwirbt" zwar damit nicht das Schweizerbürgerrecht, weil es dasselbe schon mit seiner unehelichen Geburt erhalten hat. Es würde aber normalerweise durch die Legitimation dieses Bürgerrecht verlieren und behält es nur bei, wenn es sonst unvermeidlich staatenlos würde, und verliert es durch den Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit. Das Argument des eidg. Justiz- und Polizeidepartements, Art. 5 Abs. 4 des BRB könne nicht über das Beibehaltungsrecht hinausgreifen, geht fehl; gerade bei den legitimierten Kindern handelt es sich um ein beibehaltenes - und zwar im Zusammenhang mit dem Beibehaltungsrecht der Mutter und ausschliesslich zur Vermeidung von Staatenlosigkeit beibehaltenes - Schweizerbürgerrecht. Freilich nennt der deutsche Text des Abs. 4 nur "das gemäss Abs. 2 beibehaltene und das gemäss Abs. 3 erworbene Schweizerbürgerrecht". Dieser Wortlaut ist jedoch zu eng; denn neben dem nach Abs. 2 beibehaltenen der Ehefrau und dem nach Abs. 3 erworbenen der in der Ehe geborenen Kinder gibt es noch das kraft sinngemässer Anwendung von Abs. 3 beibehaltene der legitimierten Kinder, auf das Abs. 4 ebenfalls sinngemäss anzuwenden ist. Besser sind die romanischen Texte des Abs. 4, wonach durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit verloren wird "la nationalité suisse conservée ou acquise en vertu des 2e et 3e alinéas", "la cittadinaza svizzera conservata o acquistata in virtù del secondo e del terzo capoverso". Es ist nicht denkbar, dass das Gesetz die legitimierten Kinder anders behandeln, besser stellen wolle als die ehelichen Kinder. Alle hier hereinspielenden Grundsätze des schweizerischen Rechts - die Einheit des Bürgerrechts in der Familie, die Gleichstellung der legitimierten Kinder mit den ehelichen und die Beschränkung von Ausnahmen auf die Vermeidung von Staatenlosigkeit - erfordern diese Auslegung von Art. 5 des BRB. Das zeigt sich darin, dass sonst die Kinder der Familie Allachwerdijew eine verschiedene Staatsangehörigkeit hätten. Die in der Zeit zwischen der Heirat und dem Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit geborenen haben das Schweizerbürgerrecht mit der Geburt erhalten, aber nacher wieder verloren; die nach der Einbürgerung der Eltern in der Türkei geborenen haben es überhaupt nie besessen - und zwar ohne Unterschied, ob sie vor oder nach dem Inkrafttreten des neuen Bürgerrechtsgesetzes und vor oder nach der Wiederaufnahme der Mutter in das Schweizerbürgerrecht geboren wurden (im letzten Falle gemäss Art. 5 Abs. 1 BüG). Dass im Gegensatz hiezu das legitimierte Kind türkisch-schweizerischer Doppelbürger wäre, würde der ganzen Ordnung des schweizerischen Rechtes widersprechen.
Im angefochtenen Endscheid wird deshalb mit Recht festgestellt, dass auch Nina Edmée Marietta Allachwerdijew im Jahre 1950 durch den Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit ihr Schweizerbürgerrecht und die Bürgerrechte des Kantons Solothurn und der Gemeinde Niederbuchsiten verloren hat.
4. Selbst wenn sie das Schweizerbürgerrecht in jenem Zeitpunkt nach dem damals gültigen Recht nicht verloren hätte, so wäre der Verlust nach dem Inkrafttreten des neuen Bürgerrechtsgesetzes (1. Januar 1953) auf Grund dieses Erlasses eingetreten.
Die Wirkung der Legitimation des ausserehelichen Kindes einer Schweizerin und eines Ausländers auf das Bürgerrecht ist in Art. 8 BüG ausdrücklich geregelt, und zwar im wesentlichen gleich wie schon vorher nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, mit der Präzisierung, dass nur das noch unmündige Kind durch die Legitimation das Schweizerbürgerrecht verliert, "sofern es dadurch die Staatsangehörigkeit des Vaters erwirbt oder diese bereits besitzt." Die Beibehaltung bildet also nach wie vor eine Ausnahme, die nur der Vermeidung von Staatenlosigkeit dient; bezeichnend hiefür ist, dass der Verlust auch eintritt, wenn das Kind schon vor der Legitimation aus einem anderen Grunde das Bürgerrecht des Vaters (neben dem schweizerischen) besass. Da das legitimierte Kind einem ehelichen gleichgestellt ist, richtet sich der Verlust des trotz der Legitimation beibehaltenen Schweizerbürgerrechtes nach der Regel, die Art. 5 Abs. 2 BüG für das eheliche Kind einer Schweizerin und eines Ausländers aufstellt. Diese stimmt zur Hauptsache mit derjenigen von Art. 5 Abs. 4 des BRB vom 11. November 1941 überein, mit einer zweifachen Milderung: Nicht jeder Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit bewirkt den Verlust des Schweizerbürgerrechts, sondern nur derjenige der Staatsangehörigkeit des Vaters, und nur wenn er vor der Mündigkeit erfolgt. Im Gegensatz zu dem engen deutschen Wortlaut des BRB ist aber hier nicht nur von dem "gemäss Abs. 1 erworbenen" Schweizerbürgerrecht die Rede, sondern es heisst allgemein: "Es (das eheliche Kind eines ausländischen Vaters und einer schweizerischen Mutter) verliert das Schweizerbürgerrecht, wenn es vor der Mündigkeit die ausländische Staatsangehörigkeit des Vaters besitzt". Die Bestimmung ist also nicht nur dem Sinne, sondern auch dem Wortlaut nach auf die legitimierten und damit den ehelichen gleichgestellten Kinder ebenfalls anwendbar - gleichviel, ob die Legitimation vor oder nach dem 1. Januar 1953 eintrat und das Schweizerbürgerrecht kraft des früheren Rechts oder des Art. 8 BüG beibehalten wurde (Art. 57 Abs. 4 BüG).
Auch Art. 5 Abs. 2 BüG beruht auf dem Gedanken, dass das Schweizerbürgerrecht ehelicher Kinder einer Schweizerin und eines Ausländers eine Ausnahme bildet, nur dazu dient, Staatenlosigkeit zu verhindern, und daher entfällt, wenn keine solche droht. Aus welchem Grunde und wann das Kind die Staatsangehörigkeit des Vaters erworben hat, ist unerheblich, wenn es nur vor der Mündigkeit geschah. Von wesentlicher Bedeutung ist das Wort "besitzt", das im Entwurf des Bundesrates anstelle des im Entwurf der Expertenkommission verwendeten Wortes "erwirbt" eingefügt wurde. Darin kommt deutlich zum Ausdruck, dass der Verlust des Schweizerbürgerrechtes auch eintritt, wenn das Kind die Staatsangehörigkeit des Vaters nicht erst nach dem Inkrafttreten des Bürgerrechtsgesetzes erwirbt, sondern dieselbe schon vorher besass und in jenem Zeitpunkt noch nicht mündig ist. Das trifft zu bei Nina Edmée Marietta Allachwerdijew: Sie war bei der Legitimation ein Jahr alt gewesen und hatte das Schweizerbürgerrecht behalten, weil sie sonst staatenlos geworden wäre. Im Jahre 1950 erwarb sie zusammen mit ihren Eltern die türkische Staatsangehörigkeit. Selbst wenn sie nach dem damals gültigen Recht das Schweizerbürgerrecht noch weiter behalten hätte, hätte sie es nach dem Inkrafttreten des neuen Bürgerrechtsgesetzes am 1. Januar 1953 verloren, weil sie die ausländische Staatsangehörigkeit des Vaters besass und noch nicht mündig war.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Sachverhalt ab Seite 54
A.- Am 18. April 1948 gebar Hedwig Henziross, von Niederbuchsiten (Solothurn), in Laufen die aussereheliche Tochter Nina Edmée Marietta. Diese wurde legitimiert durch die am 27. Mai 1949 geschlossene Ehe der Mutter mit dem Vater Fachraddin Allachwerdijew, der damals Staatsangehöriger der Sowjetunion war. Im Jahre 1949 siedelte die Familie Allachwerdijew in die Türkei über. Sie wurde dort im folgenden Jahre eingebürgert und nahm den türkischen Namen Azeri an.
Mit Beschluss vom 21. Dezember 1956 stellte der Regierungsrat des Kantons Solothurn im Verfahren gemäss Art. 49 des BG über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts vom 29. September 1952 (BüG) fest, dass Hedwig Allachwerdijew-Henziross genannt Azeri und deren Tochter Nina Edmée Marietta durch den Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit das Schweizerbürgerrecht und die Bürgerrechte des Kantons Solothurn und der Gemeinde Niederbuchsiten verloren haben.
Durch Verfügung des eidg. Justiz- und Polizeidepartements vom 5. Januar 1957 wurde Hedwig Allachwerdijew-Henziross genannt Azeri gestützt auf Art. 58 BüG wieder ins Schweizerbürgerrecht und in die Bürgerrechte des Kantons Solothurn und der Gemeinde Niederbuchsiten aufgenommen.
B.- Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrates vom 21. Dezember 1956 mit dem Antrag, es sei festzustellen, dass Nina Edmée Marietta Allachwerdijew genannt Azeri die Bürgerrechte der Gemeinde Niederbuchsiten und des Kantons Solothurn und damit das Schweizerbürgrrecht noch besitze.
Es macht geltend, dass durch die Eheschliessung mit F. Allachwerdijew und die damit verbundene Legitimation weder die Ehefrau noch die Tochter das Sowjetbürgerrecht erworben und damit das Schweizerbürgerrecht verloren haben. Durch den späteren Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit habe wohl die Mutter das Schweizerbürgerrecht gemäss Art. 5 Abs. 4 des BRB vom 11. November 1941 verloren, nicht aber die Tochter. Art. 5 des BRB behandle das sog. Beibehaltungsrecht der Schweizerbürgerin bei Eheschliessung mit einem Ausländer und im Zusammenhang damit die Frage, wann Kinder aus einer solchen Ehe das Schweizerbürgerrecht mit der Geburt erhalten. Da er nicht über das Beibehaltungsrecht hinausgreife, könne sich auch sein Abs. 4 nur auf diejenigen Kinder beziehen, die das Schweizerbürgerrecht gemäss Abs. 3 zur Vermeidung von Staatenlosigkeit erhalten hätten; das gehe übrigens auch aus seinem Wortlaut hervor. Nina Edmée Marietta habe bei der Geburt das Schweizerbürgerrecht der Mutter aus einem anderen Grunde erhalten, nämlich weil die Vaterschaft nicht festgestellt gewesen sei. Da dieser Erwerbsgrund mit dem Beibehaltungsrecht nichts zu tun habe, berühre die auf dieses sich stützende Ausnahmebestimmung ihre Staatsangehörigkeit nicht. An der Rechtslage habe auch das BüG nichts geändert. Nach seinem Art. 8 verliere das aussereheliche Kind einer Schweizerin und eines Ausländers das Schweizerbürgerrecht durch Eheschliessung der Eltern, sofern es dadurch, also durch Legitimation, die Staatsangehörigkeit des Vaters erwerbe oder sie bereits besitze, nicht aber, wenn es sie später erhalte; ein solcher späterer Verlust hätte ausdrücklich im Gesetz erwähnt werden müssen, wie z.B. in Art 28 Abs. 1 lit. b BüG. Die Überlegung, legitimierte Kinder seien ehelichen gleichgestellt und fielen damit unter Art. 5 BüG, sei nicht stichhaltig; das aussereheliche Kind erhalte durch die Legitimation nur zivilrechtlich die Stellung eines ehelichen.
C.- Der Regierungsrat hat sich eines Antrages enthalten.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Entscheide kantonaler Behörden über das Schweizerbürgerrecht (und über das damit verbundene Kantons- und Gemeindebürgerrecht), die im Feststellungsverfahren nach Art. 49 BüG getroffen werden, unterliegen gemäss Art. 50 der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Zu deren Erhebung ist laut Art. 52 lit. b auch das eidg. Justiz- und Polizeidepartement legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2. Dass trotz der Eheschliessung mit F. Allachwerdijew, der damals Staatsangehöriger der Sowjetunion war, und trotz der damit verbundenen Legitimation die Ehefrau und die Tochter ihr Schweizerbürgerrecht behalten haben, ist nicht und war nie streitig: diese Frage bildet nicht Gegenstand der vorliegenden Beschwerde. Die Ausführungen des eidg. Justiz- und Polizeidepartements über das Staatsangehörigkeitsrecht der Sowjetunion, die sich ausschliesslich hierauf beziehen, brauchen nicht überprüft zu werden. Unbestritten ist sodann, dass Frau Hedwig Allachwerdijew-Henziross durch den Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit im Jahre 1950 ihr Schweizerbürgerrecht verloren hat. Mit Bezug auf sie ist der Feststellungsentscheid des Regierungsrates von keiner Seite angefochten worden und in Rechtskraft erwachsen. Ebenfalls unbestritten ist, dass die Tochter Nina Edmée Allachwerdijew im Jahre 1950 zusammen mit ihren Eltern die türkische Staatsangehörigkeit erworben hat. In der Tat bestimmt das türkische Staatsangehörigkeitsgesetz vom 8. Mai 1928/9. April 1929 in Art. 5: "Minderjährige Kinder erwerben zusammen mit dem Vater oder, wenn dieser verstorben ist, zusammen mit der Mutter die türkische Staatsangehörigkeit". Zu entscheiden ist einzig, ob auch die Tochter durch diesen Erwerb ihr Schweizerbürgerrecht verloren hat.
3. Diese Frage ist nach dem im Jahre 1950 gültigen schweizerischen Recht, somit nach dem BRB vom 11. November 1941 über Änderung der Vorschriften über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts (BS 1, 106) zu beurteilen. Er ordnet in Art. 5 das Bürgerrecht der Schweizerin, die einen Ausländer heiratet, und in einem gewissen Rahmen dasjenige ihrer Kinder aus dieser Ehe. Ausgehend vom Grundsatz der Einheit des Bürgerrechts in der Familie, stellt er in Abs. 1 die Regel auf, dass die Ehefrau ihr Schweizerbürgerrecht verliert. Die Kinder aus der Ehe werden für diesen Fall gar nicht erwähnt; denn da sie durch keinen Elternteil mit der Schweiz verbunden sind, kommt das Schweizerbürgerrecht für sie nicht in Frage. Abs. 2 sieht eine Ausnahme von dem Grundsatz vor, um Staatenlosigkeit zu vermeiden: Trotz der Heirat mit einem Ausländer behält die Frau ihr Schweizerbürgerrecht, wenn sie sonst unvermeidlich staatenlos würde. Abs 3 dehnt diese Ausnahme auf die Kinder aus der Ehe aus (und wahrt damit zugleich das Prinzip der Einheit wenigstens für Mutter und Kinder): Unter der analogen Voraussetzung erhalten sie mit der Geburt das Schweizerbürgerrecht. Abs. 4 beschränkt die Ausnahme entsprechend ihrem Zweck: Da sie nur der Vermeidung von Staatenlosigkeit dienen soll, fällt sie mit dem Wegfall jener Voraussetzung ebenfalls dahin.
Die vorehelichen Kinder der Schweizerin, die einen Ausländer heiratet, werden in Art. 5 des BRB nicht genannt - und brauchen auch darin zur Regelung ihres Bürgerrechts nicht ausdrücklich genannt zu werden. Stammen sie von einem anderen Vater als dem nunmehrigen Ehegatten ihrer Mutter - gleichviel, ob unehelich oder aus einer früheren Ehe -, so wird ihr Status durch die Heirat der Mutter nicht berührt und behalten sie ihre bisherige Staatsangehörigkeit. Ist dagegen ihr Vater der nunmehrige Ehemann ihrer Mutter, so werden sie durch die Heirat legitimiert und gemäss Art. 263 Abs. 1 ZGB ehelichen Kindern gleichgestellt; dann gilt also für sie die gleiche Ordnung, wie sie Art. 5 des BRB für die ehelichen Kinder aufstellt. Der Auffassung des eidg. Justiz- und Polizeidepartements, durch die Legitimation erhalte das aussereheliche Kind nur zivilrechtlich die Stellung eines ehelichen, kann nicht beigepflichtet werden. Wohl spricht Art. 263 ZGB von Gleichstellung "im Verhältnis zu Vater und Mutter und deren Verwandtschaft"; doch ist allgemein anerkannt, dass das Kind durch die Legitimation das Bürgerrecht des Vaters erhält und damit das bisherige der Mutter verliert (EGGER, N. 1, und SILBERNAGEL-WÄBER, N. 2 zu Art. 263 ZGB). Das schweizerische Recht stand - wiederum ausgehend vom Grundsatz der Einheit des Bürgerrechts in der Familie - von jeher auf diesem Standpunkt; schon vor dem Erlass des ZGB hat ihn das Bundesgericht aus Art. 54 Abs. 5 BV hergeleitet (BGE 37 I 246ff.,BGE 45 I 161ff.). Während er für den Fall der Legitimation durch einen schweizerischen Vater als selbstverständlich betrachtet wurde, war anderseits zu berücksichtigen, dass die Staatsangehörigkeit eines ausländischen Vaters nur kraft dessen Heimatrechts erworben werden kann. Um Staatenlosigkeit zu vermeiden, liess deshalb die Praxis des Bundesgerichts bei Legitimation durch einen Ausländer den Verlust des Schweizerbürgerrechts nur eintreten, wenn das Kind nach dem ausländischen Recht infolge der Legitimation die Staatsangehörigkeit des Vaters erwarb. Schon damals wurde das legitimierte Kind diesbezüglich einem ehelichen gleichgestellt; denn auch das eheliche Kind einer Schweizerin und eines Ausländers erhielt das Schweizerbürgerrecht, wenn es nicht die Staatsangehörigkeit des Vaters erhielt. Der einzige, aus der Natur der Sache sich ergebende Unterschied bestand darin, dass das während der Ehe geborene Kind das Schweizerbürgerrecht mit der Geburt erhielt, das legitimierte aber sein schon vor der Legitimation erworbenes beibehielt.
Der BRB vom 11. November 1941 hat in Art. 5 die schon vorher kraft der Rechtsprechung des Bundesgerichts geltende Ordnung des Bürgerrechts der Schweizerin, die einen Ausländer heiratet, sanktioniert und etwas verschärft, indem er strengere Folgerungen daraus gezogen hat, dass das Schweizerbürgerrecht lediglich zur Vermeidung von Staatenlosigkeit gewährt wird: In Abs. 2 und 3 macht er zur Voraussetzung seiner Beibehaltung durch die Ehefrau bzw. seines Erwerbs mit der Geburt durch die Kinder, dass sie andernfalls "unvermeidlich" staatenlos wären, und in Abs. 4 bestimmt er, dass das gestützt darauf beibehaltene bzw. erworbene Schweizerbürgerrecht durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit verloren wird. Aus der Gleichstellung der legitimierten Kinder mit ehelichen folgt, dass diese Bestimmungen auf sie sinngemäss anzuwenden sind. Das durch die Heirat legitimierte Kind ist deshalb von da an gleich zu behandeln wie das in der Ehe geborene von Geburt an. Es "erwirbt" zwar damit nicht das Schweizerbürgerrecht, weil es dasselbe schon mit seiner unehelichen Geburt erhalten hat. Es würde aber normalerweise durch die Legitimation dieses Bürgerrecht verlieren und behält es nur bei, wenn es sonst unvermeidlich staatenlos würde, und verliert es durch den Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit. Das Argument des eidg. Justiz- und Polizeidepartements, Art. 5 Abs. 4 des BRB könne nicht über das Beibehaltungsrecht hinausgreifen, geht fehl; gerade bei den legitimierten Kindern handelt es sich um ein beibehaltenes - und zwar im Zusammenhang mit dem Beibehaltungsrecht der Mutter und ausschliesslich zur Vermeidung von Staatenlosigkeit beibehaltenes - Schweizerbürgerrecht. Freilich nennt der deutsche Text des Abs. 4 nur "das gemäss Abs. 2 beibehaltene und das gemäss Abs. 3 erworbene Schweizerbürgerrecht". Dieser Wortlaut ist jedoch zu eng; denn neben dem nach Abs. 2 beibehaltenen der Ehefrau und dem nach Abs. 3 erworbenen der in der Ehe geborenen Kinder gibt es noch das kraft sinngemässer Anwendung von Abs. 3 beibehaltene der legitimierten Kinder, auf das Abs. 4 ebenfalls sinngemäss anzuwenden ist. Besser sind die romanischen Texte des Abs. 4, wonach durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit verloren wird "la nationalité suisse conservée ou acquise en vertu des 2e et 3e alinéas", "la cittadinaza svizzera conservata o acquistata in virtù del secondo e del terzo capoverso". Es ist nicht denkbar, dass das Gesetz die legitimierten Kinder anders behandeln, besser stellen wolle als die ehelichen Kinder. Alle hier hereinspielenden Grundsätze des schweizerischen Rechts - die Einheit des Bürgerrechts in der Familie, die Gleichstellung der legitimierten Kinder mit den ehelichen und die Beschränkung von Ausnahmen auf die Vermeidung von Staatenlosigkeit - erfordern diese Auslegung von Art. 5 des BRB. Das zeigt sich darin, dass sonst die Kinder der Familie Allachwerdijew eine verschiedene Staatsangehörigkeit hätten. Die in der Zeit zwischen der Heirat und dem Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit geborenen haben das Schweizerbürgerrecht mit der Geburt erhalten, aber nacher wieder verloren; die nach der Einbürgerung der Eltern in der Türkei geborenen haben es überhaupt nie besessen - und zwar ohne Unterschied, ob sie vor oder nach dem Inkrafttreten des neuen Bürgerrechtsgesetzes und vor oder nach der Wiederaufnahme der Mutter in das Schweizerbürgerrecht geboren wurden (im letzten Falle gemäss Art. 5 Abs. 1 BüG). Dass im Gegensatz hiezu das legitimierte Kind türkisch-schweizerischer Doppelbürger wäre, würde der ganzen Ordnung des schweizerischen Rechtes widersprechen.
Im angefochtenen Endscheid wird deshalb mit Recht festgestellt, dass auch Nina Edmée Marietta Allachwerdijew im Jahre 1950 durch den Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit ihr Schweizerbürgerrecht und die Bürgerrechte des Kantons Solothurn und der Gemeinde Niederbuchsiten verloren hat.
4. Selbst wenn sie das Schweizerbürgerrecht in jenem Zeitpunkt nach dem damals gültigen Recht nicht verloren hätte, so wäre der Verlust nach dem Inkrafttreten des neuen Bürgerrechtsgesetzes (1. Januar 1953) auf Grund dieses Erlasses eingetreten.
Die Wirkung der Legitimation des ausserehelichen Kindes einer Schweizerin und eines Ausländers auf das Bürgerrecht ist in Art. 8 BüG ausdrücklich geregelt, und zwar im wesentlichen gleich wie schon vorher nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, mit der Präzisierung, dass nur das noch unmündige Kind durch die Legitimation das Schweizerbürgerrecht verliert, "sofern es dadurch die Staatsangehörigkeit des Vaters erwirbt oder diese bereits besitzt." Die Beibehaltung bildet also nach wie vor eine Ausnahme, die nur der Vermeidung von Staatenlosigkeit dient; bezeichnend hiefür ist, dass der Verlust auch eintritt, wenn das Kind schon vor der Legitimation aus einem anderen Grunde das Bürgerrecht des Vaters (neben dem schweizerischen) besass. Da das legitimierte Kind einem ehelichen gleichgestellt ist, richtet sich der Verlust des trotz der Legitimation beibehaltenen Schweizerbürgerrechtes nach der Regel, die Art. 5 Abs. 2 BüG für das eheliche Kind einer Schweizerin und eines Ausländers aufstellt. Diese stimmt zur Hauptsache mit derjenigen von Art. 5 Abs. 4 des BRB vom 11. November 1941 überein, mit einer zweifachen Milderung: Nicht jeder Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit bewirkt den Verlust des Schweizerbürgerrechts, sondern nur derjenige der Staatsangehörigkeit des Vaters, und nur wenn er vor der Mündigkeit erfolgt. Im Gegensatz zu dem engen deutschen Wortlaut des BRB ist aber hier nicht nur von dem "gemäss Abs. 1 erworbenen" Schweizerbürgerrecht die Rede, sondern es heisst allgemein: "Es (das eheliche Kind eines ausländischen Vaters und einer schweizerischen Mutter) verliert das Schweizerbürgerrecht, wenn es vor der Mündigkeit die ausländische Staatsangehörigkeit des Vaters besitzt". Die Bestimmung ist also nicht nur dem Sinne, sondern auch dem Wortlaut nach auf die legitimierten und damit den ehelichen gleichgestellten Kinder ebenfalls anwendbar - gleichviel, ob die Legitimation vor oder nach dem 1. Januar 1953 eintrat und das Schweizerbürgerrecht kraft des früheren Rechts oder des Art. 8 BüG beibehalten wurde (Art. 57 Abs. 4 BüG).
Auch Art. 5 Abs. 2 BüG beruht auf dem Gedanken, dass das Schweizerbürgerrecht ehelicher Kinder einer Schweizerin und eines Ausländers eine Ausnahme bildet, nur dazu dient, Staatenlosigkeit zu verhindern, und daher entfällt, wenn keine solche droht. Aus welchem Grunde und wann das Kind die Staatsangehörigkeit des Vaters erworben hat, ist unerheblich, wenn es nur vor der Mündigkeit geschah. Von wesentlicher Bedeutung ist das Wort "besitzt", das im Entwurf des Bundesrates anstelle des im Entwurf der Expertenkommission verwendeten Wortes "erwirbt" eingefügt wurde. Darin kommt deutlich zum Ausdruck, dass der Verlust des Schweizerbürgerrechtes auch eintritt, wenn das Kind die Staatsangehörigkeit des Vaters nicht erst nach dem Inkrafttreten des Bürgerrechtsgesetzes erwirbt, sondern dieselbe schon vorher besass und in jenem Zeitpunkt noch nicht mündig ist. Das trifft zu bei Nina Edmée Marietta Allachwerdijew: Sie war bei der Legitimation ein Jahr alt gewesen und hatte das Schweizerbürgerrecht behalten, weil sie sonst staatenlos geworden wäre. Im Jahre 1950 erwarb sie zusammen mit ihren Eltern die türkische Staatsangehörigkeit. Selbst wenn sie nach dem damals gültigen Recht das Schweizerbürgerrecht noch weiter behalten hätte, hätte sie es nach dem Inkrafttreten des neuen Bürgerrechtsgesetzes am 1. Januar 1953 verloren, weil sie die ausländische Staatsangehörigkeit des Vaters besass und noch nicht mündig war.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
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de
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Nationalité suisse: Statut de l'enfant illégitime né d'une mère suisse et qui, légitimé par le mariage de sa mère avec son père, ressortissant de l'URSS, acquiert ensuite avec ses parents la nationalité turque par naturalisation.
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fr
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constitutional law and administrative law and public international law
| 1,957 |
I
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-I-54%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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2,228 |
83 I 54
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83 I 54
Sachverhalt ab Seite 54
A.- Am 18. April 1948 gebar Hedwig Henziross, von Niederbuchsiten (Solothurn), in Laufen die aussereheliche Tochter Nina Edmée Marietta. Diese wurde legitimiert durch die am 27. Mai 1949 geschlossene Ehe der Mutter mit dem Vater Fachraddin Allachwerdijew, der damals Staatsangehöriger der Sowjetunion war. Im Jahre 1949 siedelte die Familie Allachwerdijew in die Türkei über. Sie wurde dort im folgenden Jahre eingebürgert und nahm den türkischen Namen Azeri an.
Mit Beschluss vom 21. Dezember 1956 stellte der Regierungsrat des Kantons Solothurn im Verfahren gemäss Art. 49 des BG über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts vom 29. September 1952 (BüG) fest, dass Hedwig Allachwerdijew-Henziross genannt Azeri und deren Tochter Nina Edmée Marietta durch den Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit das Schweizerbürgerrecht und die Bürgerrechte des Kantons Solothurn und der Gemeinde Niederbuchsiten verloren haben.
Durch Verfügung des eidg. Justiz- und Polizeidepartements vom 5. Januar 1957 wurde Hedwig Allachwerdijew-Henziross genannt Azeri gestützt auf Art. 58 BüG wieder ins Schweizerbürgerrecht und in die Bürgerrechte des Kantons Solothurn und der Gemeinde Niederbuchsiten aufgenommen.
B.- Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrates vom 21. Dezember 1956 mit dem Antrag, es sei festzustellen, dass Nina Edmée Marietta Allachwerdijew genannt Azeri die Bürgerrechte der Gemeinde Niederbuchsiten und des Kantons Solothurn und damit das Schweizerbürgrrecht noch besitze.
Es macht geltend, dass durch die Eheschliessung mit F. Allachwerdijew und die damit verbundene Legitimation weder die Ehefrau noch die Tochter das Sowjetbürgerrecht erworben und damit das Schweizerbürgerrecht verloren haben. Durch den späteren Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit habe wohl die Mutter das Schweizerbürgerrecht gemäss Art. 5 Abs. 4 des BRB vom 11. November 1941 verloren, nicht aber die Tochter. Art. 5 des BRB behandle das sog. Beibehaltungsrecht der Schweizerbürgerin bei Eheschliessung mit einem Ausländer und im Zusammenhang damit die Frage, wann Kinder aus einer solchen Ehe das Schweizerbürgerrecht mit der Geburt erhalten. Da er nicht über das Beibehaltungsrecht hinausgreife, könne sich auch sein Abs. 4 nur auf diejenigen Kinder beziehen, die das Schweizerbürgerrecht gemäss Abs. 3 zur Vermeidung von Staatenlosigkeit erhalten hätten; das gehe übrigens auch aus seinem Wortlaut hervor. Nina Edmée Marietta habe bei der Geburt das Schweizerbürgerrecht der Mutter aus einem anderen Grunde erhalten, nämlich weil die Vaterschaft nicht festgestellt gewesen sei. Da dieser Erwerbsgrund mit dem Beibehaltungsrecht nichts zu tun habe, berühre die auf dieses sich stützende Ausnahmebestimmung ihre Staatsangehörigkeit nicht. An der Rechtslage habe auch das BüG nichts geändert. Nach seinem Art. 8 verliere das aussereheliche Kind einer Schweizerin und eines Ausländers das Schweizerbürgerrecht durch Eheschliessung der Eltern, sofern es dadurch, also durch Legitimation, die Staatsangehörigkeit des Vaters erwerbe oder sie bereits besitze, nicht aber, wenn es sie später erhalte; ein solcher späterer Verlust hätte ausdrücklich im Gesetz erwähnt werden müssen, wie z.B. in Art 28 Abs. 1 lit. b BüG. Die Überlegung, legitimierte Kinder seien ehelichen gleichgestellt und fielen damit unter Art. 5 BüG, sei nicht stichhaltig; das aussereheliche Kind erhalte durch die Legitimation nur zivilrechtlich die Stellung eines ehelichen.
C.- Der Regierungsrat hat sich eines Antrages enthalten.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Entscheide kantonaler Behörden über das Schweizerbürgerrecht (und über das damit verbundene Kantons- und Gemeindebürgerrecht), die im Feststellungsverfahren nach Art. 49 BüG getroffen werden, unterliegen gemäss Art. 50 der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Zu deren Erhebung ist laut Art. 52 lit. b auch das eidg. Justiz- und Polizeidepartement legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2. Dass trotz der Eheschliessung mit F. Allachwerdijew, der damals Staatsangehöriger der Sowjetunion war, und trotz der damit verbundenen Legitimation die Ehefrau und die Tochter ihr Schweizerbürgerrecht behalten haben, ist nicht und war nie streitig: diese Frage bildet nicht Gegenstand der vorliegenden Beschwerde. Die Ausführungen des eidg. Justiz- und Polizeidepartements über das Staatsangehörigkeitsrecht der Sowjetunion, die sich ausschliesslich hierauf beziehen, brauchen nicht überprüft zu werden. Unbestritten ist sodann, dass Frau Hedwig Allachwerdijew-Henziross durch den Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit im Jahre 1950 ihr Schweizerbürgerrecht verloren hat. Mit Bezug auf sie ist der Feststellungsentscheid des Regierungsrates von keiner Seite angefochten worden und in Rechtskraft erwachsen. Ebenfalls unbestritten ist, dass die Tochter Nina Edmée Allachwerdijew im Jahre 1950 zusammen mit ihren Eltern die türkische Staatsangehörigkeit erworben hat. In der Tat bestimmt das türkische Staatsangehörigkeitsgesetz vom 8. Mai 1928/9. April 1929 in Art. 5: "Minderjährige Kinder erwerben zusammen mit dem Vater oder, wenn dieser verstorben ist, zusammen mit der Mutter die türkische Staatsangehörigkeit". Zu entscheiden ist einzig, ob auch die Tochter durch diesen Erwerb ihr Schweizerbürgerrecht verloren hat.
3. Diese Frage ist nach dem im Jahre 1950 gültigen schweizerischen Recht, somit nach dem BRB vom 11. November 1941 über Änderung der Vorschriften über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts (BS 1, 106) zu beurteilen. Er ordnet in Art. 5 das Bürgerrecht der Schweizerin, die einen Ausländer heiratet, und in einem gewissen Rahmen dasjenige ihrer Kinder aus dieser Ehe. Ausgehend vom Grundsatz der Einheit des Bürgerrechts in der Familie, stellt er in Abs. 1 die Regel auf, dass die Ehefrau ihr Schweizerbürgerrecht verliert. Die Kinder aus der Ehe werden für diesen Fall gar nicht erwähnt; denn da sie durch keinen Elternteil mit der Schweiz verbunden sind, kommt das Schweizerbürgerrecht für sie nicht in Frage. Abs. 2 sieht eine Ausnahme von dem Grundsatz vor, um Staatenlosigkeit zu vermeiden: Trotz der Heirat mit einem Ausländer behält die Frau ihr Schweizerbürgerrecht, wenn sie sonst unvermeidlich staatenlos würde. Abs 3 dehnt diese Ausnahme auf die Kinder aus der Ehe aus (und wahrt damit zugleich das Prinzip der Einheit wenigstens für Mutter und Kinder): Unter der analogen Voraussetzung erhalten sie mit der Geburt das Schweizerbürgerrecht. Abs. 4 beschränkt die Ausnahme entsprechend ihrem Zweck: Da sie nur der Vermeidung von Staatenlosigkeit dienen soll, fällt sie mit dem Wegfall jener Voraussetzung ebenfalls dahin.
Die vorehelichen Kinder der Schweizerin, die einen Ausländer heiratet, werden in Art. 5 des BRB nicht genannt - und brauchen auch darin zur Regelung ihres Bürgerrechts nicht ausdrücklich genannt zu werden. Stammen sie von einem anderen Vater als dem nunmehrigen Ehegatten ihrer Mutter - gleichviel, ob unehelich oder aus einer früheren Ehe -, so wird ihr Status durch die Heirat der Mutter nicht berührt und behalten sie ihre bisherige Staatsangehörigkeit. Ist dagegen ihr Vater der nunmehrige Ehemann ihrer Mutter, so werden sie durch die Heirat legitimiert und gemäss Art. 263 Abs. 1 ZGB ehelichen Kindern gleichgestellt; dann gilt also für sie die gleiche Ordnung, wie sie Art. 5 des BRB für die ehelichen Kinder aufstellt. Der Auffassung des eidg. Justiz- und Polizeidepartements, durch die Legitimation erhalte das aussereheliche Kind nur zivilrechtlich die Stellung eines ehelichen, kann nicht beigepflichtet werden. Wohl spricht Art. 263 ZGB von Gleichstellung "im Verhältnis zu Vater und Mutter und deren Verwandtschaft"; doch ist allgemein anerkannt, dass das Kind durch die Legitimation das Bürgerrecht des Vaters erhält und damit das bisherige der Mutter verliert (EGGER, N. 1, und SILBERNAGEL-WÄBER, N. 2 zu Art. 263 ZGB). Das schweizerische Recht stand - wiederum ausgehend vom Grundsatz der Einheit des Bürgerrechts in der Familie - von jeher auf diesem Standpunkt; schon vor dem Erlass des ZGB hat ihn das Bundesgericht aus Art. 54 Abs. 5 BV hergeleitet (BGE 37 I 246ff.,BGE 45 I 161ff.). Während er für den Fall der Legitimation durch einen schweizerischen Vater als selbstverständlich betrachtet wurde, war anderseits zu berücksichtigen, dass die Staatsangehörigkeit eines ausländischen Vaters nur kraft dessen Heimatrechts erworben werden kann. Um Staatenlosigkeit zu vermeiden, liess deshalb die Praxis des Bundesgerichts bei Legitimation durch einen Ausländer den Verlust des Schweizerbürgerrechts nur eintreten, wenn das Kind nach dem ausländischen Recht infolge der Legitimation die Staatsangehörigkeit des Vaters erwarb. Schon damals wurde das legitimierte Kind diesbezüglich einem ehelichen gleichgestellt; denn auch das eheliche Kind einer Schweizerin und eines Ausländers erhielt das Schweizerbürgerrecht, wenn es nicht die Staatsangehörigkeit des Vaters erhielt. Der einzige, aus der Natur der Sache sich ergebende Unterschied bestand darin, dass das während der Ehe geborene Kind das Schweizerbürgerrecht mit der Geburt erhielt, das legitimierte aber sein schon vor der Legitimation erworbenes beibehielt.
Der BRB vom 11. November 1941 hat in Art. 5 die schon vorher kraft der Rechtsprechung des Bundesgerichts geltende Ordnung des Bürgerrechts der Schweizerin, die einen Ausländer heiratet, sanktioniert und etwas verschärft, indem er strengere Folgerungen daraus gezogen hat, dass das Schweizerbürgerrecht lediglich zur Vermeidung von Staatenlosigkeit gewährt wird: In Abs. 2 und 3 macht er zur Voraussetzung seiner Beibehaltung durch die Ehefrau bzw. seines Erwerbs mit der Geburt durch die Kinder, dass sie andernfalls "unvermeidlich" staatenlos wären, und in Abs. 4 bestimmt er, dass das gestützt darauf beibehaltene bzw. erworbene Schweizerbürgerrecht durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit verloren wird. Aus der Gleichstellung der legitimierten Kinder mit ehelichen folgt, dass diese Bestimmungen auf sie sinngemäss anzuwenden sind. Das durch die Heirat legitimierte Kind ist deshalb von da an gleich zu behandeln wie das in der Ehe geborene von Geburt an. Es "erwirbt" zwar damit nicht das Schweizerbürgerrecht, weil es dasselbe schon mit seiner unehelichen Geburt erhalten hat. Es würde aber normalerweise durch die Legitimation dieses Bürgerrecht verlieren und behält es nur bei, wenn es sonst unvermeidlich staatenlos würde, und verliert es durch den Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit. Das Argument des eidg. Justiz- und Polizeidepartements, Art. 5 Abs. 4 des BRB könne nicht über das Beibehaltungsrecht hinausgreifen, geht fehl; gerade bei den legitimierten Kindern handelt es sich um ein beibehaltenes - und zwar im Zusammenhang mit dem Beibehaltungsrecht der Mutter und ausschliesslich zur Vermeidung von Staatenlosigkeit beibehaltenes - Schweizerbürgerrecht. Freilich nennt der deutsche Text des Abs. 4 nur "das gemäss Abs. 2 beibehaltene und das gemäss Abs. 3 erworbene Schweizerbürgerrecht". Dieser Wortlaut ist jedoch zu eng; denn neben dem nach Abs. 2 beibehaltenen der Ehefrau und dem nach Abs. 3 erworbenen der in der Ehe geborenen Kinder gibt es noch das kraft sinngemässer Anwendung von Abs. 3 beibehaltene der legitimierten Kinder, auf das Abs. 4 ebenfalls sinngemäss anzuwenden ist. Besser sind die romanischen Texte des Abs. 4, wonach durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit verloren wird "la nationalité suisse conservée ou acquise en vertu des 2e et 3e alinéas", "la cittadinaza svizzera conservata o acquistata in virtù del secondo e del terzo capoverso". Es ist nicht denkbar, dass das Gesetz die legitimierten Kinder anders behandeln, besser stellen wolle als die ehelichen Kinder. Alle hier hereinspielenden Grundsätze des schweizerischen Rechts - die Einheit des Bürgerrechts in der Familie, die Gleichstellung der legitimierten Kinder mit den ehelichen und die Beschränkung von Ausnahmen auf die Vermeidung von Staatenlosigkeit - erfordern diese Auslegung von Art. 5 des BRB. Das zeigt sich darin, dass sonst die Kinder der Familie Allachwerdijew eine verschiedene Staatsangehörigkeit hätten. Die in der Zeit zwischen der Heirat und dem Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit geborenen haben das Schweizerbürgerrecht mit der Geburt erhalten, aber nacher wieder verloren; die nach der Einbürgerung der Eltern in der Türkei geborenen haben es überhaupt nie besessen - und zwar ohne Unterschied, ob sie vor oder nach dem Inkrafttreten des neuen Bürgerrechtsgesetzes und vor oder nach der Wiederaufnahme der Mutter in das Schweizerbürgerrecht geboren wurden (im letzten Falle gemäss Art. 5 Abs. 1 BüG). Dass im Gegensatz hiezu das legitimierte Kind türkisch-schweizerischer Doppelbürger wäre, würde der ganzen Ordnung des schweizerischen Rechtes widersprechen.
Im angefochtenen Endscheid wird deshalb mit Recht festgestellt, dass auch Nina Edmée Marietta Allachwerdijew im Jahre 1950 durch den Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit ihr Schweizerbürgerrecht und die Bürgerrechte des Kantons Solothurn und der Gemeinde Niederbuchsiten verloren hat.
4. Selbst wenn sie das Schweizerbürgerrecht in jenem Zeitpunkt nach dem damals gültigen Recht nicht verloren hätte, so wäre der Verlust nach dem Inkrafttreten des neuen Bürgerrechtsgesetzes (1. Januar 1953) auf Grund dieses Erlasses eingetreten.
Die Wirkung der Legitimation des ausserehelichen Kindes einer Schweizerin und eines Ausländers auf das Bürgerrecht ist in Art. 8 BüG ausdrücklich geregelt, und zwar im wesentlichen gleich wie schon vorher nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, mit der Präzisierung, dass nur das noch unmündige Kind durch die Legitimation das Schweizerbürgerrecht verliert, "sofern es dadurch die Staatsangehörigkeit des Vaters erwirbt oder diese bereits besitzt." Die Beibehaltung bildet also nach wie vor eine Ausnahme, die nur der Vermeidung von Staatenlosigkeit dient; bezeichnend hiefür ist, dass der Verlust auch eintritt, wenn das Kind schon vor der Legitimation aus einem anderen Grunde das Bürgerrecht des Vaters (neben dem schweizerischen) besass. Da das legitimierte Kind einem ehelichen gleichgestellt ist, richtet sich der Verlust des trotz der Legitimation beibehaltenen Schweizerbürgerrechtes nach der Regel, die Art. 5 Abs. 2 BüG für das eheliche Kind einer Schweizerin und eines Ausländers aufstellt. Diese stimmt zur Hauptsache mit derjenigen von Art. 5 Abs. 4 des BRB vom 11. November 1941 überein, mit einer zweifachen Milderung: Nicht jeder Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit bewirkt den Verlust des Schweizerbürgerrechts, sondern nur derjenige der Staatsangehörigkeit des Vaters, und nur wenn er vor der Mündigkeit erfolgt. Im Gegensatz zu dem engen deutschen Wortlaut des BRB ist aber hier nicht nur von dem "gemäss Abs. 1 erworbenen" Schweizerbürgerrecht die Rede, sondern es heisst allgemein: "Es (das eheliche Kind eines ausländischen Vaters und einer schweizerischen Mutter) verliert das Schweizerbürgerrecht, wenn es vor der Mündigkeit die ausländische Staatsangehörigkeit des Vaters besitzt". Die Bestimmung ist also nicht nur dem Sinne, sondern auch dem Wortlaut nach auf die legitimierten und damit den ehelichen gleichgestellten Kinder ebenfalls anwendbar - gleichviel, ob die Legitimation vor oder nach dem 1. Januar 1953 eintrat und das Schweizerbürgerrecht kraft des früheren Rechts oder des Art. 8 BüG beibehalten wurde (Art. 57 Abs. 4 BüG).
Auch Art. 5 Abs. 2 BüG beruht auf dem Gedanken, dass das Schweizerbürgerrecht ehelicher Kinder einer Schweizerin und eines Ausländers eine Ausnahme bildet, nur dazu dient, Staatenlosigkeit zu verhindern, und daher entfällt, wenn keine solche droht. Aus welchem Grunde und wann das Kind die Staatsangehörigkeit des Vaters erworben hat, ist unerheblich, wenn es nur vor der Mündigkeit geschah. Von wesentlicher Bedeutung ist das Wort "besitzt", das im Entwurf des Bundesrates anstelle des im Entwurf der Expertenkommission verwendeten Wortes "erwirbt" eingefügt wurde. Darin kommt deutlich zum Ausdruck, dass der Verlust des Schweizerbürgerrechtes auch eintritt, wenn das Kind die Staatsangehörigkeit des Vaters nicht erst nach dem Inkrafttreten des Bürgerrechtsgesetzes erwirbt, sondern dieselbe schon vorher besass und in jenem Zeitpunkt noch nicht mündig ist. Das trifft zu bei Nina Edmée Marietta Allachwerdijew: Sie war bei der Legitimation ein Jahr alt gewesen und hatte das Schweizerbürgerrecht behalten, weil sie sonst staatenlos geworden wäre. Im Jahre 1950 erwarb sie zusammen mit ihren Eltern die türkische Staatsangehörigkeit. Selbst wenn sie nach dem damals gültigen Recht das Schweizerbürgerrecht noch weiter behalten hätte, hätte sie es nach dem Inkrafttreten des neuen Bürgerrechtsgesetzes am 1. Januar 1953 verloren, weil sie die ausländische Staatsangehörigkeit des Vaters besass und noch nicht mündig war.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Cittadinanza svizzera: Caso del flglio naturale, nato da madre svizzera, che, legittimato in seguito al matrimonio della madre con il padre, cittadino russo, acquista successivamente con i suoi genitori la cittadinanza turca per naturalizzazione.
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constitutional law and administrative law and public international law
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83 I 63
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83 I 63
Sachverhalt ab Seite 63
A.- Der Kläger Ernst Müller steht als Kontrolleur im Dienste der eidg. Zollverwaltung. Am 18. Januar 1952 erlitt er im Militärdienst einen Unfall. Er zog sich dabei Verletzungen zu, die eine bleibende Schädigung - "Bildung einer Coxarthrosis mit wesentlichem Hinken sowie erheblicher Einschränkung der Beweglichkeit des linken Hüftgelenkes und zeitweise auftretender starker Schmerzhaftigkeit" - zur Folge hatten. Die eidg. Militärversicherung gewährt ihm seit 1. Juni 1955 für dauernde "Invalidität bzw. Schädigung der körperlichen Integrität" im Umfange von 25% eine Monatsrente von Fr. 206.25. Er versieht seit dem Unfall den gleichen Posten wie vorher.
Die Zollkreisdirektion I verfügte am 25. Oktober 1955 "gestützt auf Art. 45 Abs. 5 BtG" eine teilweise Anrechnung der Militärversicherungsrente auf die Besoldung des Klägers mit Wirkung ab 1. November 1955. Sie ordnete an, vorläufig seien 40% der Rente anzurechnen, in Erwägung, dass die persönlichen und finanziellen Verhältnisse des Klägers infolge des Integritätsschadens beeinträchtigt seien und dass möglicherweise der Kläger durch den Unfall auch im beruflichen Vorwärtskommen behindert werde. Weiter bestimmte sie, dass im Falle einer Beförderung die Anrechnung sich für jede Besoldungsklasse um 5% bis auf einen Anteil von 50% der Rente erhöhe.
Ein Begehren des Klägers um Aufhebung dieser Verfügung wurde vom eidg. Finanz- und Zolldepartement am 2. August 1956 abgelehnt.
B.- Mit verwaltungsrechtlicher Klage beantragt Ernst Müller, die Schweiz. Eidgenossenschaft sei zu verurteilen, ihm die seit dem 25. Oktober 1955 von der Besoldung durch teilweise Anrechnung der Militärversicherungsrente abgezogenen Beträge nachzuzahlen und in Zukunft die volle gesetzliche Besoldung auszurichten. Er macht geltend, da er für sein Amt nach wie vor voll arbeitsfähig sei, habe er auch Anspruch auf die ungekürzte Besoldung. Der Gehaltsanspruch des Beamten sei ein wohlerworbenes Recht. Eine Kürzung sei für den hier vorliegenden Fall im Gesetz nicht vorgesehen. Art. 45 Abs. 5 BtG ordne einen andern Sachverhalt und dürfe hier nicht analog angewendet werden. Auch die vom Departement angerufenen Urteile BGE 62 I 40 ff. und BGE 78 I 180 ff. beträfen andere Tatbestände.
C.- Die eidg. Finanzverwaltung schliesst auf Abweisung der Klage. Sie führt aus, nach dem Beamtenrecht des Bundes müsse der Beamte sich Leistungen der Militärversicherung oder der Suva auf seine Besoldung und nach der Pensionierung auf die Pension anrechnen lassen. Dieser Grundsatz sei in verschiedenen Bestimmungen für besondere Fälle ausgesprochen, gelte aber allgemein (BGE 62 I 42, BGE 78 I 182). Art. 45 Abs. 5 BtG sei hier sinngemäss anwendbar. Dass der Kläger nach dem Unfall an seinem bisherigen Posten habe belassen werden können, sei unerheblich. Übrigens sei er seither nicht nur im Privatleben, sondern auch bei der Berufsausübung leicht behindert. Ein Eingriff in ein wohlerworbenes Recht liege nicht vor.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit aus dem Bundesbeamtenverhältnis, die gemäss Art. 110 Abs. 1 lit. a OG vom Bundesgericht als einziger Instanz zu beurteilen ist. Die gemäss Art. 114 OG und Art. 67 BO I erforderliche Stellungnahme der zuständigen Verwaltungsinstanz liegt im Schreiben des eidg. Finanz- und Zolldepartements vom 2. August 1956 vor. Auf die Klage ist einzutreten.
2. Auf die Garantie der wohlerworbenen Rechte des Beamten könnte sich der Kläger nur berufen, wenn der beanstandeten Kürzung eine bestimmte im Gesetz selbst enthaltene oder individuell abgegebene Zusicherung entgegenstände (BGE 70 I 20 Erw. 3, BGE 77 I 144). Eine solche Zusicherung wird vom Kläger nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich. Dass abgesehen davon der Besoldungsanspruch des Bundesbeamten nur im Rahmen der gesetzlichen Ordnung besteht, also den gesetzlichen Beschränkungen unterliegt, ist allgemein anerkannt und wird auch vom Klâger nicht bestritten. Der Streit geht darum, ob die gesetzliche Ordnung, das eidgenössische Beamtenrecht, eine Anrechnung der Militärversicherungsrente auf die Besoldung für den hier vorliegenden Fall vorsieht oder nicht.
3. Art. 45 Abs. 5 BtG bestimmt, dass der Beamte, dem wegen eines nicht auf grobem Selbstverschulden beruhenden Gebrechens eine andere - gemeint ist eine an sich geringer besoldete - Tätigkeit zugewiesen werden muss, vom Eintritt des Gebrechens an für die Dauer von zwei Jahren Anspruch auf die bisherige Besoldung hat, mit der Einschränkung, dass Leistungen der Militärversicherung oder der Suva darauf angerechnet werden können. Hier ist die Vorschrift offensichtlich nicht anwendbar, weil ihre Voraussetzung, die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, nicht erfüllt ist; denn es ist unbestritten, dass der Kläger seit dem Unfall den gleichen Posten versieht wie vorher. In der Klageantwort wird denn auch zugegeben, dass Art. 45 Abs. 5 BtG einen hier nicht vorliegenden besonderen Fall regelt. Eine andere Bestimmung, aufwelche sich die Anrechnung für den hier gegebenen Tatbestand unmittelbar stützen liesse, wird nicht genannt und ist auch nicht zu finden.
Die Beklagte macht jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts geltend, in Art. 45 Abs. 5 BtG wie auch in anderen Vorschriften des eidgenössischen Beamtenrechts komme ein allgemeiner Grundsatz zum Ausdruck, der dieses ganze Rechtsgebiet beherrsche und daher auch für den vorliegenden Fall Geltung habe. Neben Art. 45 Abs. 5 BtG führt sie Art. 53 Abs. 4 und 5 und Art. 59 Abs. 2 BO I an. Diese Verordnungsbestimmungen - ebenso Art. 46 Abs. 4 und 5 und Art. 52 Abs. 2 BO II - sehen vor (Fassung vom 26. Sept. 1952, AS 1952, 686 und 719): Kürzung der Besoldung nach den Grundsätzen von Art. 75 KUVG, wenn sich der Beamte auf Kosten der Verwaltung oder der Militärversicherung oder der Suva in einer Klinik oder Heilanstalt aufhält; Anrechnung von Krankengeldleistungen der Suva auf die Besoldung; Anrechnung der Leistungen der Suva und der Militärversicherung auf die Leistungen der Verwaltung an den Beamten oder seine Hinterbliebenen bei Betriebsunfällen. Sodann ermöglichen die Statuten der eidgenössischen Versicherungskasse - wie auch diejenigen der Pensionskasse der SBB - in Art. 9 Abs. 2 die Kürzung der Kassenleistungen um den Betrag allfälliger Leistungen der Militärversicherung oder der Suva aus obligatorischer Versicherung einschliesslich der Zuschüsse der Verwaltung dei Betriebsunfällen. Diese sämtlichen Bestimmungen setzen voraus, dass die Leistung des Beamten aus dem Dienstverhältnis ganz oder teilweise aufgehört hat, zum mindestens vorübergehend. Es kann daraus also wohl auf einen allgemeinen Grundsatz geschlossen werden, dass die Besoldung und Pension von Bundesbeamten um die Leistung von Fürsorgeeinrichtungen des Bundes zu kürzen ist in allen Fällen, wo der Beamte seinerseits keine oder keine volle Leistung mehr erbringt. Doch geht es nicht an, den Grundsatz auszudehnen auf Fälle, wo der Beamte die Aufgabe, für die er besoldet wird, nach wie vor unvermindert erfüllt und daher Leistungen einer Fürsorgeeinrichtung des Bundes wegen Beeinträchtigung der Fähigkeit zu diesem Dienst nicht beanspruchen kann, sondern solche Leistungen aus anderen Gründen, insbesondere wegen Schädigung der körperlichen Integrität, erhält; denn wo es sich so verhält, besteht ein wesentlicher Unterschied gegenüber sämtlichen gesetzlich geordneten Tatbeständen und fehlt ein sachlicher Grund, in analoger Anwendung der für diese Tatbestände aufgestellten Ordnung eine Kumulation der Leistungen auszuschliessen.
Freilich hat das Bundesgericht in BGE 62 I 43 erklärt, die dort zitierten Anordnungen beruhten auf dem allgemeinen Gedanken, dass der Beamte nicht Anspruch auf mehr als den Betrag erheben könne, der seiner gesetzlichen Besoldung gleichkommt, und dass es nicht darauf ankomme, ob ihm dieser Betrag als Besoldung oder unter einem andern Titel - von einer Fürsorgeeinrichtung des Bundes - ausgerichtet wird. Wenn sich mit dieser Erwägung die Anrechnung allenfalls auch dort begründen liesse, wo der Beamte nach wie vor seine Aufgabe voll erfüllt, so wäre zu einer solchen Ausdehnung aber nur der Gesetzgeber befugt. Nachdem er die Anrechnung bisher auf enger umgrenzte Tatbestände beschränkt hat, darf die das Gesetz anwendende Behörde sie nicht auf anders geartete Fälle erstrecken unter Berufung auf einen allgemeinen Grundsatz, der beide Gruppen umfasse. Es trifft nicht zu, dass die geltende eidgenössische Beamtengesetzgebung grundsätzlich - also ohne Rücksicht darauf, ob der Beamte seine Aufgabe voll erfüllt oder nicht - auf dem Boden stehe, er müsse sich Leistungen der eidgenössischen Sozialversicherungen auf seine Besoldung anrechnen lassen. Die abweichende Feststellung in BGE 62 I 42 und BGE 78 I 182 geht zu weit, verallgemeinert den Grundsatz, der aus verschiedenen Einzelbestimmungen abgeleitet werden kann, zu stark. Diese Urteile wären übrigens nicht anders ausgefallen, falls sie eingeschränkt worden wäre in dem Sinne, dass die Anrechnung zulässig ist, wenn und soweit die Leistung des Beamten aufgehört oder herabgesetzt ist.
4. Mehr beiläufig bemerkt die Beklagte, der Kläger habe zwar an seinem bisherigen Arbeitsposten belassen werden können, doch sei er "wie im Privatleben so auch bei der Berufsausübung, namentlich beim Besteigen von Silos, Hochtanks, Schiffen, Bahnwagen und dergleichen, durch die Unfallfolgen leicht behindert". Sie macht indessen nicht geltend, dass er seiner Aufgabe nicht mehr gewachsen sei; sie sagt weder, ob und in welchem Ausmass die von ihr erwähnten Besteigungen in den Rahmen seiner Amtstätigkeit fallen, noch, inwiefern diese beeinträchtigt wird. Die Behinderung durch Hinken und Schmerzhaftigkeit trifft wohl den Kläger persönlich, wirkt sich aber nicht notwendig auf seine Arbeitsleistung aus, die ja wesentlich im Kontrollieren besteht. Es ist deshalb davon auszugehen, dass er gemäss seiner Darstellung seiner Aufgabe wie bisher in vollem Umfange genügt und dass die Militärrente, die er erhält, lediglich einen gewissen Ausgleich für die persönlichen und finanziellen Nachteile schaffen soll, die er wegen der durch den Unfall bewirkten Beeinträchtigung seiner körperlichen Integrität erleidet. Dann fehlen aber die Voraussetzungen für eine Anrechnung der Versicherungsleistungen auf die Besoldung, selbst dann, wenn angenommen wird, es bestehe ein allgemeiner Grundsatz, wonach sie in allen Fällen zulässig sei, wo der Beamte keine oder nicht mehr die volle Arbeitsleitung erbringt.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Klage wird gutgeheissen. Die Beklagte hat dem Kläger die seit dem 1. November 1955 von der Besoldung durch teilweise Anrechnung der Militärversicherungsrente abgezogenen Beträge nachzuzahlen und in Zukunft die volle gesetzliche Besoldung auszurichten.
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Besoldung des Bundesbeamten: Anrechnung einer Unfallrente der Militärversicherung? Solange der Beamte die Aufgabe, für die er besoldet wird, voll erfüllt, hat er Anspruch auf ungekürzte Ausrichtung des Gehalts.
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constitutional law and administrative law and public international law
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83 I 63
Sachverhalt ab Seite 63
A.- Der Kläger Ernst Müller steht als Kontrolleur im Dienste der eidg. Zollverwaltung. Am 18. Januar 1952 erlitt er im Militärdienst einen Unfall. Er zog sich dabei Verletzungen zu, die eine bleibende Schädigung - "Bildung einer Coxarthrosis mit wesentlichem Hinken sowie erheblicher Einschränkung der Beweglichkeit des linken Hüftgelenkes und zeitweise auftretender starker Schmerzhaftigkeit" - zur Folge hatten. Die eidg. Militärversicherung gewährt ihm seit 1. Juni 1955 für dauernde "Invalidität bzw. Schädigung der körperlichen Integrität" im Umfange von 25% eine Monatsrente von Fr. 206.25. Er versieht seit dem Unfall den gleichen Posten wie vorher.
Die Zollkreisdirektion I verfügte am 25. Oktober 1955 "gestützt auf Art. 45 Abs. 5 BtG" eine teilweise Anrechnung der Militärversicherungsrente auf die Besoldung des Klägers mit Wirkung ab 1. November 1955. Sie ordnete an, vorläufig seien 40% der Rente anzurechnen, in Erwägung, dass die persönlichen und finanziellen Verhältnisse des Klägers infolge des Integritätsschadens beeinträchtigt seien und dass möglicherweise der Kläger durch den Unfall auch im beruflichen Vorwärtskommen behindert werde. Weiter bestimmte sie, dass im Falle einer Beförderung die Anrechnung sich für jede Besoldungsklasse um 5% bis auf einen Anteil von 50% der Rente erhöhe.
Ein Begehren des Klägers um Aufhebung dieser Verfügung wurde vom eidg. Finanz- und Zolldepartement am 2. August 1956 abgelehnt.
B.- Mit verwaltungsrechtlicher Klage beantragt Ernst Müller, die Schweiz. Eidgenossenschaft sei zu verurteilen, ihm die seit dem 25. Oktober 1955 von der Besoldung durch teilweise Anrechnung der Militärversicherungsrente abgezogenen Beträge nachzuzahlen und in Zukunft die volle gesetzliche Besoldung auszurichten. Er macht geltend, da er für sein Amt nach wie vor voll arbeitsfähig sei, habe er auch Anspruch auf die ungekürzte Besoldung. Der Gehaltsanspruch des Beamten sei ein wohlerworbenes Recht. Eine Kürzung sei für den hier vorliegenden Fall im Gesetz nicht vorgesehen. Art. 45 Abs. 5 BtG ordne einen andern Sachverhalt und dürfe hier nicht analog angewendet werden. Auch die vom Departement angerufenen Urteile BGE 62 I 40 ff. und BGE 78 I 180 ff. beträfen andere Tatbestände.
C.- Die eidg. Finanzverwaltung schliesst auf Abweisung der Klage. Sie führt aus, nach dem Beamtenrecht des Bundes müsse der Beamte sich Leistungen der Militärversicherung oder der Suva auf seine Besoldung und nach der Pensionierung auf die Pension anrechnen lassen. Dieser Grundsatz sei in verschiedenen Bestimmungen für besondere Fälle ausgesprochen, gelte aber allgemein (BGE 62 I 42, BGE 78 I 182). Art. 45 Abs. 5 BtG sei hier sinngemäss anwendbar. Dass der Kläger nach dem Unfall an seinem bisherigen Posten habe belassen werden können, sei unerheblich. Übrigens sei er seither nicht nur im Privatleben, sondern auch bei der Berufsausübung leicht behindert. Ein Eingriff in ein wohlerworbenes Recht liege nicht vor.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit aus dem Bundesbeamtenverhältnis, die gemäss Art. 110 Abs. 1 lit. a OG vom Bundesgericht als einziger Instanz zu beurteilen ist. Die gemäss Art. 114 OG und Art. 67 BO I erforderliche Stellungnahme der zuständigen Verwaltungsinstanz liegt im Schreiben des eidg. Finanz- und Zolldepartements vom 2. August 1956 vor. Auf die Klage ist einzutreten.
2. Auf die Garantie der wohlerworbenen Rechte des Beamten könnte sich der Kläger nur berufen, wenn der beanstandeten Kürzung eine bestimmte im Gesetz selbst enthaltene oder individuell abgegebene Zusicherung entgegenstände (BGE 70 I 20 Erw. 3, BGE 77 I 144). Eine solche Zusicherung wird vom Kläger nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich. Dass abgesehen davon der Besoldungsanspruch des Bundesbeamten nur im Rahmen der gesetzlichen Ordnung besteht, also den gesetzlichen Beschränkungen unterliegt, ist allgemein anerkannt und wird auch vom Klâger nicht bestritten. Der Streit geht darum, ob die gesetzliche Ordnung, das eidgenössische Beamtenrecht, eine Anrechnung der Militärversicherungsrente auf die Besoldung für den hier vorliegenden Fall vorsieht oder nicht.
3. Art. 45 Abs. 5 BtG bestimmt, dass der Beamte, dem wegen eines nicht auf grobem Selbstverschulden beruhenden Gebrechens eine andere - gemeint ist eine an sich geringer besoldete - Tätigkeit zugewiesen werden muss, vom Eintritt des Gebrechens an für die Dauer von zwei Jahren Anspruch auf die bisherige Besoldung hat, mit der Einschränkung, dass Leistungen der Militärversicherung oder der Suva darauf angerechnet werden können. Hier ist die Vorschrift offensichtlich nicht anwendbar, weil ihre Voraussetzung, die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, nicht erfüllt ist; denn es ist unbestritten, dass der Kläger seit dem Unfall den gleichen Posten versieht wie vorher. In der Klageantwort wird denn auch zugegeben, dass Art. 45 Abs. 5 BtG einen hier nicht vorliegenden besonderen Fall regelt. Eine andere Bestimmung, aufwelche sich die Anrechnung für den hier gegebenen Tatbestand unmittelbar stützen liesse, wird nicht genannt und ist auch nicht zu finden.
Die Beklagte macht jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts geltend, in Art. 45 Abs. 5 BtG wie auch in anderen Vorschriften des eidgenössischen Beamtenrechts komme ein allgemeiner Grundsatz zum Ausdruck, der dieses ganze Rechtsgebiet beherrsche und daher auch für den vorliegenden Fall Geltung habe. Neben Art. 45 Abs. 5 BtG führt sie Art. 53 Abs. 4 und 5 und Art. 59 Abs. 2 BO I an. Diese Verordnungsbestimmungen - ebenso Art. 46 Abs. 4 und 5 und Art. 52 Abs. 2 BO II - sehen vor (Fassung vom 26. Sept. 1952, AS 1952, 686 und 719): Kürzung der Besoldung nach den Grundsätzen von Art. 75 KUVG, wenn sich der Beamte auf Kosten der Verwaltung oder der Militärversicherung oder der Suva in einer Klinik oder Heilanstalt aufhält; Anrechnung von Krankengeldleistungen der Suva auf die Besoldung; Anrechnung der Leistungen der Suva und der Militärversicherung auf die Leistungen der Verwaltung an den Beamten oder seine Hinterbliebenen bei Betriebsunfällen. Sodann ermöglichen die Statuten der eidgenössischen Versicherungskasse - wie auch diejenigen der Pensionskasse der SBB - in Art. 9 Abs. 2 die Kürzung der Kassenleistungen um den Betrag allfälliger Leistungen der Militärversicherung oder der Suva aus obligatorischer Versicherung einschliesslich der Zuschüsse der Verwaltung dei Betriebsunfällen. Diese sämtlichen Bestimmungen setzen voraus, dass die Leistung des Beamten aus dem Dienstverhältnis ganz oder teilweise aufgehört hat, zum mindestens vorübergehend. Es kann daraus also wohl auf einen allgemeinen Grundsatz geschlossen werden, dass die Besoldung und Pension von Bundesbeamten um die Leistung von Fürsorgeeinrichtungen des Bundes zu kürzen ist in allen Fällen, wo der Beamte seinerseits keine oder keine volle Leistung mehr erbringt. Doch geht es nicht an, den Grundsatz auszudehnen auf Fälle, wo der Beamte die Aufgabe, für die er besoldet wird, nach wie vor unvermindert erfüllt und daher Leistungen einer Fürsorgeeinrichtung des Bundes wegen Beeinträchtigung der Fähigkeit zu diesem Dienst nicht beanspruchen kann, sondern solche Leistungen aus anderen Gründen, insbesondere wegen Schädigung der körperlichen Integrität, erhält; denn wo es sich so verhält, besteht ein wesentlicher Unterschied gegenüber sämtlichen gesetzlich geordneten Tatbeständen und fehlt ein sachlicher Grund, in analoger Anwendung der für diese Tatbestände aufgestellten Ordnung eine Kumulation der Leistungen auszuschliessen.
Freilich hat das Bundesgericht in BGE 62 I 43 erklärt, die dort zitierten Anordnungen beruhten auf dem allgemeinen Gedanken, dass der Beamte nicht Anspruch auf mehr als den Betrag erheben könne, der seiner gesetzlichen Besoldung gleichkommt, und dass es nicht darauf ankomme, ob ihm dieser Betrag als Besoldung oder unter einem andern Titel - von einer Fürsorgeeinrichtung des Bundes - ausgerichtet wird. Wenn sich mit dieser Erwägung die Anrechnung allenfalls auch dort begründen liesse, wo der Beamte nach wie vor seine Aufgabe voll erfüllt, so wäre zu einer solchen Ausdehnung aber nur der Gesetzgeber befugt. Nachdem er die Anrechnung bisher auf enger umgrenzte Tatbestände beschränkt hat, darf die das Gesetz anwendende Behörde sie nicht auf anders geartete Fälle erstrecken unter Berufung auf einen allgemeinen Grundsatz, der beide Gruppen umfasse. Es trifft nicht zu, dass die geltende eidgenössische Beamtengesetzgebung grundsätzlich - also ohne Rücksicht darauf, ob der Beamte seine Aufgabe voll erfüllt oder nicht - auf dem Boden stehe, er müsse sich Leistungen der eidgenössischen Sozialversicherungen auf seine Besoldung anrechnen lassen. Die abweichende Feststellung in BGE 62 I 42 und BGE 78 I 182 geht zu weit, verallgemeinert den Grundsatz, der aus verschiedenen Einzelbestimmungen abgeleitet werden kann, zu stark. Diese Urteile wären übrigens nicht anders ausgefallen, falls sie eingeschränkt worden wäre in dem Sinne, dass die Anrechnung zulässig ist, wenn und soweit die Leistung des Beamten aufgehört oder herabgesetzt ist.
4. Mehr beiläufig bemerkt die Beklagte, der Kläger habe zwar an seinem bisherigen Arbeitsposten belassen werden können, doch sei er "wie im Privatleben so auch bei der Berufsausübung, namentlich beim Besteigen von Silos, Hochtanks, Schiffen, Bahnwagen und dergleichen, durch die Unfallfolgen leicht behindert". Sie macht indessen nicht geltend, dass er seiner Aufgabe nicht mehr gewachsen sei; sie sagt weder, ob und in welchem Ausmass die von ihr erwähnten Besteigungen in den Rahmen seiner Amtstätigkeit fallen, noch, inwiefern diese beeinträchtigt wird. Die Behinderung durch Hinken und Schmerzhaftigkeit trifft wohl den Kläger persönlich, wirkt sich aber nicht notwendig auf seine Arbeitsleistung aus, die ja wesentlich im Kontrollieren besteht. Es ist deshalb davon auszugehen, dass er gemäss seiner Darstellung seiner Aufgabe wie bisher in vollem Umfange genügt und dass die Militärrente, die er erhält, lediglich einen gewissen Ausgleich für die persönlichen und finanziellen Nachteile schaffen soll, die er wegen der durch den Unfall bewirkten Beeinträchtigung seiner körperlichen Integrität erleidet. Dann fehlen aber die Voraussetzungen für eine Anrechnung der Versicherungsleistungen auf die Besoldung, selbst dann, wenn angenommen wird, es bestehe ein allgemeiner Grundsatz, wonach sie in allen Fällen zulässig sei, wo der Beamte keine oder nicht mehr die volle Arbeitsleitung erbringt.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Klage wird gutgeheissen. Die Beklagte hat dem Kläger die seit dem 1. November 1955 von der Besoldung durch teilweise Anrechnung der Militärversicherungsrente abgezogenen Beträge nachzuzahlen und in Zukunft die volle gesetzliche Besoldung auszurichten.
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Rétribution du fonctionnaire fédéral: Imputation d'une rente de l'assurance militaire pour une invalidité consécutive à un accident? Aussi longtemps que le fonctionnaire accomplit entièrement le service pour lequel il est rétribué, il a droit au paiement de son traitement entier.
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Sachverhalt ab Seite 63
A.- Der Kläger Ernst Müller steht als Kontrolleur im Dienste der eidg. Zollverwaltung. Am 18. Januar 1952 erlitt er im Militärdienst einen Unfall. Er zog sich dabei Verletzungen zu, die eine bleibende Schädigung - "Bildung einer Coxarthrosis mit wesentlichem Hinken sowie erheblicher Einschränkung der Beweglichkeit des linken Hüftgelenkes und zeitweise auftretender starker Schmerzhaftigkeit" - zur Folge hatten. Die eidg. Militärversicherung gewährt ihm seit 1. Juni 1955 für dauernde "Invalidität bzw. Schädigung der körperlichen Integrität" im Umfange von 25% eine Monatsrente von Fr. 206.25. Er versieht seit dem Unfall den gleichen Posten wie vorher.
Die Zollkreisdirektion I verfügte am 25. Oktober 1955 "gestützt auf Art. 45 Abs. 5 BtG" eine teilweise Anrechnung der Militärversicherungsrente auf die Besoldung des Klägers mit Wirkung ab 1. November 1955. Sie ordnete an, vorläufig seien 40% der Rente anzurechnen, in Erwägung, dass die persönlichen und finanziellen Verhältnisse des Klägers infolge des Integritätsschadens beeinträchtigt seien und dass möglicherweise der Kläger durch den Unfall auch im beruflichen Vorwärtskommen behindert werde. Weiter bestimmte sie, dass im Falle einer Beförderung die Anrechnung sich für jede Besoldungsklasse um 5% bis auf einen Anteil von 50% der Rente erhöhe.
Ein Begehren des Klägers um Aufhebung dieser Verfügung wurde vom eidg. Finanz- und Zolldepartement am 2. August 1956 abgelehnt.
B.- Mit verwaltungsrechtlicher Klage beantragt Ernst Müller, die Schweiz. Eidgenossenschaft sei zu verurteilen, ihm die seit dem 25. Oktober 1955 von der Besoldung durch teilweise Anrechnung der Militärversicherungsrente abgezogenen Beträge nachzuzahlen und in Zukunft die volle gesetzliche Besoldung auszurichten. Er macht geltend, da er für sein Amt nach wie vor voll arbeitsfähig sei, habe er auch Anspruch auf die ungekürzte Besoldung. Der Gehaltsanspruch des Beamten sei ein wohlerworbenes Recht. Eine Kürzung sei für den hier vorliegenden Fall im Gesetz nicht vorgesehen. Art. 45 Abs. 5 BtG ordne einen andern Sachverhalt und dürfe hier nicht analog angewendet werden. Auch die vom Departement angerufenen Urteile BGE 62 I 40 ff. und BGE 78 I 180 ff. beträfen andere Tatbestände.
C.- Die eidg. Finanzverwaltung schliesst auf Abweisung der Klage. Sie führt aus, nach dem Beamtenrecht des Bundes müsse der Beamte sich Leistungen der Militärversicherung oder der Suva auf seine Besoldung und nach der Pensionierung auf die Pension anrechnen lassen. Dieser Grundsatz sei in verschiedenen Bestimmungen für besondere Fälle ausgesprochen, gelte aber allgemein (BGE 62 I 42, BGE 78 I 182). Art. 45 Abs. 5 BtG sei hier sinngemäss anwendbar. Dass der Kläger nach dem Unfall an seinem bisherigen Posten habe belassen werden können, sei unerheblich. Übrigens sei er seither nicht nur im Privatleben, sondern auch bei der Berufsausübung leicht behindert. Ein Eingriff in ein wohlerworbenes Recht liege nicht vor.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit aus dem Bundesbeamtenverhältnis, die gemäss Art. 110 Abs. 1 lit. a OG vom Bundesgericht als einziger Instanz zu beurteilen ist. Die gemäss Art. 114 OG und Art. 67 BO I erforderliche Stellungnahme der zuständigen Verwaltungsinstanz liegt im Schreiben des eidg. Finanz- und Zolldepartements vom 2. August 1956 vor. Auf die Klage ist einzutreten.
2. Auf die Garantie der wohlerworbenen Rechte des Beamten könnte sich der Kläger nur berufen, wenn der beanstandeten Kürzung eine bestimmte im Gesetz selbst enthaltene oder individuell abgegebene Zusicherung entgegenstände (BGE 70 I 20 Erw. 3, BGE 77 I 144). Eine solche Zusicherung wird vom Kläger nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich. Dass abgesehen davon der Besoldungsanspruch des Bundesbeamten nur im Rahmen der gesetzlichen Ordnung besteht, also den gesetzlichen Beschränkungen unterliegt, ist allgemein anerkannt und wird auch vom Klâger nicht bestritten. Der Streit geht darum, ob die gesetzliche Ordnung, das eidgenössische Beamtenrecht, eine Anrechnung der Militärversicherungsrente auf die Besoldung für den hier vorliegenden Fall vorsieht oder nicht.
3. Art. 45 Abs. 5 BtG bestimmt, dass der Beamte, dem wegen eines nicht auf grobem Selbstverschulden beruhenden Gebrechens eine andere - gemeint ist eine an sich geringer besoldete - Tätigkeit zugewiesen werden muss, vom Eintritt des Gebrechens an für die Dauer von zwei Jahren Anspruch auf die bisherige Besoldung hat, mit der Einschränkung, dass Leistungen der Militärversicherung oder der Suva darauf angerechnet werden können. Hier ist die Vorschrift offensichtlich nicht anwendbar, weil ihre Voraussetzung, die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, nicht erfüllt ist; denn es ist unbestritten, dass der Kläger seit dem Unfall den gleichen Posten versieht wie vorher. In der Klageantwort wird denn auch zugegeben, dass Art. 45 Abs. 5 BtG einen hier nicht vorliegenden besonderen Fall regelt. Eine andere Bestimmung, aufwelche sich die Anrechnung für den hier gegebenen Tatbestand unmittelbar stützen liesse, wird nicht genannt und ist auch nicht zu finden.
Die Beklagte macht jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts geltend, in Art. 45 Abs. 5 BtG wie auch in anderen Vorschriften des eidgenössischen Beamtenrechts komme ein allgemeiner Grundsatz zum Ausdruck, der dieses ganze Rechtsgebiet beherrsche und daher auch für den vorliegenden Fall Geltung habe. Neben Art. 45 Abs. 5 BtG führt sie Art. 53 Abs. 4 und 5 und Art. 59 Abs. 2 BO I an. Diese Verordnungsbestimmungen - ebenso Art. 46 Abs. 4 und 5 und Art. 52 Abs. 2 BO II - sehen vor (Fassung vom 26. Sept. 1952, AS 1952, 686 und 719): Kürzung der Besoldung nach den Grundsätzen von Art. 75 KUVG, wenn sich der Beamte auf Kosten der Verwaltung oder der Militärversicherung oder der Suva in einer Klinik oder Heilanstalt aufhält; Anrechnung von Krankengeldleistungen der Suva auf die Besoldung; Anrechnung der Leistungen der Suva und der Militärversicherung auf die Leistungen der Verwaltung an den Beamten oder seine Hinterbliebenen bei Betriebsunfällen. Sodann ermöglichen die Statuten der eidgenössischen Versicherungskasse - wie auch diejenigen der Pensionskasse der SBB - in Art. 9 Abs. 2 die Kürzung der Kassenleistungen um den Betrag allfälliger Leistungen der Militärversicherung oder der Suva aus obligatorischer Versicherung einschliesslich der Zuschüsse der Verwaltung dei Betriebsunfällen. Diese sämtlichen Bestimmungen setzen voraus, dass die Leistung des Beamten aus dem Dienstverhältnis ganz oder teilweise aufgehört hat, zum mindestens vorübergehend. Es kann daraus also wohl auf einen allgemeinen Grundsatz geschlossen werden, dass die Besoldung und Pension von Bundesbeamten um die Leistung von Fürsorgeeinrichtungen des Bundes zu kürzen ist in allen Fällen, wo der Beamte seinerseits keine oder keine volle Leistung mehr erbringt. Doch geht es nicht an, den Grundsatz auszudehnen auf Fälle, wo der Beamte die Aufgabe, für die er besoldet wird, nach wie vor unvermindert erfüllt und daher Leistungen einer Fürsorgeeinrichtung des Bundes wegen Beeinträchtigung der Fähigkeit zu diesem Dienst nicht beanspruchen kann, sondern solche Leistungen aus anderen Gründen, insbesondere wegen Schädigung der körperlichen Integrität, erhält; denn wo es sich so verhält, besteht ein wesentlicher Unterschied gegenüber sämtlichen gesetzlich geordneten Tatbeständen und fehlt ein sachlicher Grund, in analoger Anwendung der für diese Tatbestände aufgestellten Ordnung eine Kumulation der Leistungen auszuschliessen.
Freilich hat das Bundesgericht in BGE 62 I 43 erklärt, die dort zitierten Anordnungen beruhten auf dem allgemeinen Gedanken, dass der Beamte nicht Anspruch auf mehr als den Betrag erheben könne, der seiner gesetzlichen Besoldung gleichkommt, und dass es nicht darauf ankomme, ob ihm dieser Betrag als Besoldung oder unter einem andern Titel - von einer Fürsorgeeinrichtung des Bundes - ausgerichtet wird. Wenn sich mit dieser Erwägung die Anrechnung allenfalls auch dort begründen liesse, wo der Beamte nach wie vor seine Aufgabe voll erfüllt, so wäre zu einer solchen Ausdehnung aber nur der Gesetzgeber befugt. Nachdem er die Anrechnung bisher auf enger umgrenzte Tatbestände beschränkt hat, darf die das Gesetz anwendende Behörde sie nicht auf anders geartete Fälle erstrecken unter Berufung auf einen allgemeinen Grundsatz, der beide Gruppen umfasse. Es trifft nicht zu, dass die geltende eidgenössische Beamtengesetzgebung grundsätzlich - also ohne Rücksicht darauf, ob der Beamte seine Aufgabe voll erfüllt oder nicht - auf dem Boden stehe, er müsse sich Leistungen der eidgenössischen Sozialversicherungen auf seine Besoldung anrechnen lassen. Die abweichende Feststellung in BGE 62 I 42 und BGE 78 I 182 geht zu weit, verallgemeinert den Grundsatz, der aus verschiedenen Einzelbestimmungen abgeleitet werden kann, zu stark. Diese Urteile wären übrigens nicht anders ausgefallen, falls sie eingeschränkt worden wäre in dem Sinne, dass die Anrechnung zulässig ist, wenn und soweit die Leistung des Beamten aufgehört oder herabgesetzt ist.
4. Mehr beiläufig bemerkt die Beklagte, der Kläger habe zwar an seinem bisherigen Arbeitsposten belassen werden können, doch sei er "wie im Privatleben so auch bei der Berufsausübung, namentlich beim Besteigen von Silos, Hochtanks, Schiffen, Bahnwagen und dergleichen, durch die Unfallfolgen leicht behindert". Sie macht indessen nicht geltend, dass er seiner Aufgabe nicht mehr gewachsen sei; sie sagt weder, ob und in welchem Ausmass die von ihr erwähnten Besteigungen in den Rahmen seiner Amtstätigkeit fallen, noch, inwiefern diese beeinträchtigt wird. Die Behinderung durch Hinken und Schmerzhaftigkeit trifft wohl den Kläger persönlich, wirkt sich aber nicht notwendig auf seine Arbeitsleistung aus, die ja wesentlich im Kontrollieren besteht. Es ist deshalb davon auszugehen, dass er gemäss seiner Darstellung seiner Aufgabe wie bisher in vollem Umfange genügt und dass die Militärrente, die er erhält, lediglich einen gewissen Ausgleich für die persönlichen und finanziellen Nachteile schaffen soll, die er wegen der durch den Unfall bewirkten Beeinträchtigung seiner körperlichen Integrität erleidet. Dann fehlen aber die Voraussetzungen für eine Anrechnung der Versicherungsleistungen auf die Besoldung, selbst dann, wenn angenommen wird, es bestehe ein allgemeiner Grundsatz, wonach sie in allen Fällen zulässig sei, wo der Beamte keine oder nicht mehr die volle Arbeitsleitung erbringt.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Klage wird gutgeheissen. Die Beklagte hat dem Kläger die seit dem 1. November 1955 von der Besoldung durch teilweise Anrechnung der Militärversicherungsrente abgezogenen Beträge nachzuzahlen und in Zukunft die volle gesetzliche Besoldung auszurichten.
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Stipendio del funzionario federale: Imputazione d'una rendita per invalidità dell'assicurazione militare? Finchè adempie completamente il compito per il quale è retribuito il funzionario ha diritto al pagamento dell'intero stipendio.
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Sachverhalt ab Seite 69
A.- Frau Rosa Luise Eyer ist Eigentümerin eines bäuerlichen Heimwesens im Halte von 311,64 a, das auf dem Gebiete der Gemeinde Thun im "Buchholz", ausserhalb der Bauzone, liegt. Mit Vertrag vom 29. September 1955 verkaufte sie der Einwohnergemeinde Thun einen Landabschnitt von 243,14 a. Der Grundbuchverwalter erhob gestützt auf Art. 19 Abs. 1 lit. c BG vom 12. Juni 1951 über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG) Einspruch, der vom Regierungsstatthalter von Thun und auf Rekurs beider Vertragsparteien hin vom Regierungsrat des Kantons Bern geschützt wurde.
B.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen Frau Eyer und die Einwohnergemeinde Thun, den Entscheid des Regierungsrates aufzuheben und den Einspruch des Grundbuchverwalters abzuweisen.
Sie machen vor allem geltend, der Kaufvertrag sei von der Gemeinde zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben abgeschlossen worden, so dass gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG das Einspruchsverfahren nicht anwendbar sei. Die Gemeinde benötige für öffentliche Hochbauten, Strassen, Plätze und Anlagen und zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus Grund und Boden, könne aber mit dessen Ankauf jeweils nicht zuwarten, bis ein ausgereiftes Projekt vorliege. Um eine dem allgemeinen Interesse entsprechende, einer allseitigen Ortsplanung dienende Bodenpolitik verfolgen zu können, müsse sie sich eine gewisse Landreserve sichern. Eine solche brauche sie insbesondere auch, um den vielfach, namentlich von der Burgergemeinde Thun, als Gegenleistung für Landabtretungen geforderten Realersatz bieten zu können. Aus flnanziellen Gründen sei sie darauf angewiesen, Boden ausserhalb der Bauzone zu erwerben. Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG schliesse das Einspruchsverfahren gegenüber einer Gemeinde nicht nur dann aus, wenn das von ihr gekaufte Land unmittelbar für einen öffentlichen Zweck verwendet werden solle. Es gehe nicht an, die Gemeinde an der Erfüllung ihrer Aufgaben zu hindern mit der Begründung, dass es den bäuerlichen Grundbesitz zu erhalten gelte. Übrigens werde das in Frage stehende Land durch den Verkauf der landwirtschaftlichen Nutzung nicht entzogen, sondern solle weiterhin den bisherigen Pächtern überlassen bleiben.
C.- Der Regierungsrat schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement teilt seinen Standpunkt.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Nach Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG ist das Einspruchsverfahren nicht anwendbar auf Rechtsgeschäfte, für die das Enteignungsrecht gegeben ist oder die zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben abgeschlossen werden oder dem Ersatz von Liegenschaften dienen, die für solche Zwecke verkauft worden sind. Das Bundesgericht hat bei Beurteilung eines Landverkaufs an eine gemeinnützige Stiftung entschieden, dass man es mit einem zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben abgeschlossenen Geschäft im Sinne der Vorschrift nur dann zu tun hat, wenn das Kaufsobjekt unmittelbar für einen solchen Zweck verwendet werden soll (BGE 80 I 413 Erw. 4). An dieser Auslegung ist festzuhalten, auch für Fälle, wo es sich um Liegenschaftskäufe öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder Anstalten handelt. Landerwerbungen des Gemeinwesens dienen stets mehr oder weniger öffentlichen Zwecken. Würde es für die Anwendung von Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG genügen, dass der Kauf im Hinblick auf allfällige zur Zeit des Abschlusses noch ganz unbestimmte öffentliche Bedürfnisse, zur Schaffung einer allgemeinen Landreserve, vorgenommen wird, so wären Landkäufe der öffentlichen Hand kraft Bundesrechts vom Einspruchsverfahren praktisch überhaupt ausgenommen. Wäre das gewollt, so müsste es im Gesetz zum Ausdruck kommen. Das ist nicht der Fall. Der Wortlaut von Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG, namentlich die Erwähnung der Rechtsgeschäfte, für die das Enteignungsrecht gegeben ist, lässt vielmehr erkennen, dass eine Widmung für bestimmte Zwecke gemeint ist. Eine weitergehende Beschränkung des Einspruchsverfahrens ist in der Bestimmung nicht vorgeschrieben.
Der angefochtene Entscheid verletzt Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG nicht. Wohl wird in der Beschwerde auf die verschiedenen öffentlichen Aufgaben hingewiesen, für deren Erfüllung die Einwohnergemeinde Thun Land erwerben müsse. Aber es fehlt an konkreten Angaben, denen zu entnehmen wäre, dass der umstrittene Landkauf unmittelbar einem bestimmten öffentlichen Zweck zu dienen habe. Es werden lediglich unbestimmte Möglichkeiten angeführt; die Beschwerdeführerinnen machen geltend, die Gemeinde müsse sich eine allgemeine Landreserve im Hinblick auf allfällige künftige Bedürfnisse sichern, namentlich um gegebenenfalls Realersatz leisten zu können. Es liegen keine Verträge oder sonstige Unterlagen vor, aus denen zu schliessen wäre, dass der in Frage stehende Landabschnitt bestimmten Grundeigentümern als Ersatz für Boden, der von der Gemeinde zu bestimmten öffentlichen Zwecken beansprucht würde, abgetreten werden soll. Dass die Gemeinde ihrerseits Boden für öffentliche, gemeinnützige oder kulturelle Zwecke verkauft habe, welcher nun durch das Land der Frau Eyer ersetzt werden solle, wird nicht behauptet. Unter diesen Umständen besteht kein Grund, das Einspruchsverfahren gestützt auf Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG auszuschliessen. Ob durch den Verkauf der landwirtschaftlich genutzte Boden geschmälert werde oder nicht, ist unter dem Gesichtspunkt dieser Bestimmung unerheblich.
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Einspruch gegen Liegenschaftskäufe: Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG, wonach Rechtsgeschäfte, die zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben abgeschlossen werden, vom Einspruchsverfahren ausgenommen sind, ist nicht anwendbar auf Käufe, durch die sich eine Gemeinde eine allgemeine Landreserve für allfällige künftige Bedürfnisse sichern will.
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A.- Frau Rosa Luise Eyer ist Eigentümerin eines bäuerlichen Heimwesens im Halte von 311,64 a, das auf dem Gebiete der Gemeinde Thun im "Buchholz", ausserhalb der Bauzone, liegt. Mit Vertrag vom 29. September 1955 verkaufte sie der Einwohnergemeinde Thun einen Landabschnitt von 243,14 a. Der Grundbuchverwalter erhob gestützt auf Art. 19 Abs. 1 lit. c BG vom 12. Juni 1951 über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG) Einspruch, der vom Regierungsstatthalter von Thun und auf Rekurs beider Vertragsparteien hin vom Regierungsrat des Kantons Bern geschützt wurde.
B.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen Frau Eyer und die Einwohnergemeinde Thun, den Entscheid des Regierungsrates aufzuheben und den Einspruch des Grundbuchverwalters abzuweisen.
Sie machen vor allem geltend, der Kaufvertrag sei von der Gemeinde zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben abgeschlossen worden, so dass gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG das Einspruchsverfahren nicht anwendbar sei. Die Gemeinde benötige für öffentliche Hochbauten, Strassen, Plätze und Anlagen und zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus Grund und Boden, könne aber mit dessen Ankauf jeweils nicht zuwarten, bis ein ausgereiftes Projekt vorliege. Um eine dem allgemeinen Interesse entsprechende, einer allseitigen Ortsplanung dienende Bodenpolitik verfolgen zu können, müsse sie sich eine gewisse Landreserve sichern. Eine solche brauche sie insbesondere auch, um den vielfach, namentlich von der Burgergemeinde Thun, als Gegenleistung für Landabtretungen geforderten Realersatz bieten zu können. Aus flnanziellen Gründen sei sie darauf angewiesen, Boden ausserhalb der Bauzone zu erwerben. Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG schliesse das Einspruchsverfahren gegenüber einer Gemeinde nicht nur dann aus, wenn das von ihr gekaufte Land unmittelbar für einen öffentlichen Zweck verwendet werden solle. Es gehe nicht an, die Gemeinde an der Erfüllung ihrer Aufgaben zu hindern mit der Begründung, dass es den bäuerlichen Grundbesitz zu erhalten gelte. Übrigens werde das in Frage stehende Land durch den Verkauf der landwirtschaftlichen Nutzung nicht entzogen, sondern solle weiterhin den bisherigen Pächtern überlassen bleiben.
C.- Der Regierungsrat schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement teilt seinen Standpunkt.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Nach Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG ist das Einspruchsverfahren nicht anwendbar auf Rechtsgeschäfte, für die das Enteignungsrecht gegeben ist oder die zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben abgeschlossen werden oder dem Ersatz von Liegenschaften dienen, die für solche Zwecke verkauft worden sind. Das Bundesgericht hat bei Beurteilung eines Landverkaufs an eine gemeinnützige Stiftung entschieden, dass man es mit einem zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben abgeschlossenen Geschäft im Sinne der Vorschrift nur dann zu tun hat, wenn das Kaufsobjekt unmittelbar für einen solchen Zweck verwendet werden soll (BGE 80 I 413 Erw. 4). An dieser Auslegung ist festzuhalten, auch für Fälle, wo es sich um Liegenschaftskäufe öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder Anstalten handelt. Landerwerbungen des Gemeinwesens dienen stets mehr oder weniger öffentlichen Zwecken. Würde es für die Anwendung von Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG genügen, dass der Kauf im Hinblick auf allfällige zur Zeit des Abschlusses noch ganz unbestimmte öffentliche Bedürfnisse, zur Schaffung einer allgemeinen Landreserve, vorgenommen wird, so wären Landkäufe der öffentlichen Hand kraft Bundesrechts vom Einspruchsverfahren praktisch überhaupt ausgenommen. Wäre das gewollt, so müsste es im Gesetz zum Ausdruck kommen. Das ist nicht der Fall. Der Wortlaut von Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG, namentlich die Erwähnung der Rechtsgeschäfte, für die das Enteignungsrecht gegeben ist, lässt vielmehr erkennen, dass eine Widmung für bestimmte Zwecke gemeint ist. Eine weitergehende Beschränkung des Einspruchsverfahrens ist in der Bestimmung nicht vorgeschrieben.
Der angefochtene Entscheid verletzt Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG nicht. Wohl wird in der Beschwerde auf die verschiedenen öffentlichen Aufgaben hingewiesen, für deren Erfüllung die Einwohnergemeinde Thun Land erwerben müsse. Aber es fehlt an konkreten Angaben, denen zu entnehmen wäre, dass der umstrittene Landkauf unmittelbar einem bestimmten öffentlichen Zweck zu dienen habe. Es werden lediglich unbestimmte Möglichkeiten angeführt; die Beschwerdeführerinnen machen geltend, die Gemeinde müsse sich eine allgemeine Landreserve im Hinblick auf allfällige künftige Bedürfnisse sichern, namentlich um gegebenenfalls Realersatz leisten zu können. Es liegen keine Verträge oder sonstige Unterlagen vor, aus denen zu schliessen wäre, dass der in Frage stehende Landabschnitt bestimmten Grundeigentümern als Ersatz für Boden, der von der Gemeinde zu bestimmten öffentlichen Zwecken beansprucht würde, abgetreten werden soll. Dass die Gemeinde ihrerseits Boden für öffentliche, gemeinnützige oder kulturelle Zwecke verkauft habe, welcher nun durch das Land der Frau Eyer ersetzt werden solle, wird nicht behauptet. Unter diesen Umständen besteht kein Grund, das Einspruchsverfahren gestützt auf Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG auszuschliessen. Ob durch den Verkauf der landwirtschaftlich genutzte Boden geschmälert werde oder nicht, ist unter dem Gesichtspunkt dieser Bestimmung unerheblich.
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Opposition contre des ventes d'immeubles: L'art. 21 al. 1 lit. b LPR, qui soustrait à la procédure d'opposition les actes juridiques conclus pour réaliser des oeuvres de caractère public, ne s'applique pas aux achats que fait une commune en vue de constituer une réserve de terrain pour ses besoins éventuels.
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A.- Frau Rosa Luise Eyer ist Eigentümerin eines bäuerlichen Heimwesens im Halte von 311,64 a, das auf dem Gebiete der Gemeinde Thun im "Buchholz", ausserhalb der Bauzone, liegt. Mit Vertrag vom 29. September 1955 verkaufte sie der Einwohnergemeinde Thun einen Landabschnitt von 243,14 a. Der Grundbuchverwalter erhob gestützt auf Art. 19 Abs. 1 lit. c BG vom 12. Juni 1951 über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG) Einspruch, der vom Regierungsstatthalter von Thun und auf Rekurs beider Vertragsparteien hin vom Regierungsrat des Kantons Bern geschützt wurde.
B.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen Frau Eyer und die Einwohnergemeinde Thun, den Entscheid des Regierungsrates aufzuheben und den Einspruch des Grundbuchverwalters abzuweisen.
Sie machen vor allem geltend, der Kaufvertrag sei von der Gemeinde zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben abgeschlossen worden, so dass gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG das Einspruchsverfahren nicht anwendbar sei. Die Gemeinde benötige für öffentliche Hochbauten, Strassen, Plätze und Anlagen und zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus Grund und Boden, könne aber mit dessen Ankauf jeweils nicht zuwarten, bis ein ausgereiftes Projekt vorliege. Um eine dem allgemeinen Interesse entsprechende, einer allseitigen Ortsplanung dienende Bodenpolitik verfolgen zu können, müsse sie sich eine gewisse Landreserve sichern. Eine solche brauche sie insbesondere auch, um den vielfach, namentlich von der Burgergemeinde Thun, als Gegenleistung für Landabtretungen geforderten Realersatz bieten zu können. Aus flnanziellen Gründen sei sie darauf angewiesen, Boden ausserhalb der Bauzone zu erwerben. Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG schliesse das Einspruchsverfahren gegenüber einer Gemeinde nicht nur dann aus, wenn das von ihr gekaufte Land unmittelbar für einen öffentlichen Zweck verwendet werden solle. Es gehe nicht an, die Gemeinde an der Erfüllung ihrer Aufgaben zu hindern mit der Begründung, dass es den bäuerlichen Grundbesitz zu erhalten gelte. Übrigens werde das in Frage stehende Land durch den Verkauf der landwirtschaftlichen Nutzung nicht entzogen, sondern solle weiterhin den bisherigen Pächtern überlassen bleiben.
C.- Der Regierungsrat schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement teilt seinen Standpunkt.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Nach Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG ist das Einspruchsverfahren nicht anwendbar auf Rechtsgeschäfte, für die das Enteignungsrecht gegeben ist oder die zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben abgeschlossen werden oder dem Ersatz von Liegenschaften dienen, die für solche Zwecke verkauft worden sind. Das Bundesgericht hat bei Beurteilung eines Landverkaufs an eine gemeinnützige Stiftung entschieden, dass man es mit einem zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben abgeschlossenen Geschäft im Sinne der Vorschrift nur dann zu tun hat, wenn das Kaufsobjekt unmittelbar für einen solchen Zweck verwendet werden soll (BGE 80 I 413 Erw. 4). An dieser Auslegung ist festzuhalten, auch für Fälle, wo es sich um Liegenschaftskäufe öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder Anstalten handelt. Landerwerbungen des Gemeinwesens dienen stets mehr oder weniger öffentlichen Zwecken. Würde es für die Anwendung von Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG genügen, dass der Kauf im Hinblick auf allfällige zur Zeit des Abschlusses noch ganz unbestimmte öffentliche Bedürfnisse, zur Schaffung einer allgemeinen Landreserve, vorgenommen wird, so wären Landkäufe der öffentlichen Hand kraft Bundesrechts vom Einspruchsverfahren praktisch überhaupt ausgenommen. Wäre das gewollt, so müsste es im Gesetz zum Ausdruck kommen. Das ist nicht der Fall. Der Wortlaut von Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG, namentlich die Erwähnung der Rechtsgeschäfte, für die das Enteignungsrecht gegeben ist, lässt vielmehr erkennen, dass eine Widmung für bestimmte Zwecke gemeint ist. Eine weitergehende Beschränkung des Einspruchsverfahrens ist in der Bestimmung nicht vorgeschrieben.
Der angefochtene Entscheid verletzt Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG nicht. Wohl wird in der Beschwerde auf die verschiedenen öffentlichen Aufgaben hingewiesen, für deren Erfüllung die Einwohnergemeinde Thun Land erwerben müsse. Aber es fehlt an konkreten Angaben, denen zu entnehmen wäre, dass der umstrittene Landkauf unmittelbar einem bestimmten öffentlichen Zweck zu dienen habe. Es werden lediglich unbestimmte Möglichkeiten angeführt; die Beschwerdeführerinnen machen geltend, die Gemeinde müsse sich eine allgemeine Landreserve im Hinblick auf allfällige künftige Bedürfnisse sichern, namentlich um gegebenenfalls Realersatz leisten zu können. Es liegen keine Verträge oder sonstige Unterlagen vor, aus denen zu schliessen wäre, dass der in Frage stehende Landabschnitt bestimmten Grundeigentümern als Ersatz für Boden, der von der Gemeinde zu bestimmten öffentlichen Zwecken beansprucht würde, abgetreten werden soll. Dass die Gemeinde ihrerseits Boden für öffentliche, gemeinnützige oder kulturelle Zwecke verkauft habe, welcher nun durch das Land der Frau Eyer ersetzt werden solle, wird nicht behauptet. Unter diesen Umständen besteht kein Grund, das Einspruchsverfahren gestützt auf Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG auszuschliessen. Ob durch den Verkauf der landwirtschaftlich genutzte Boden geschmälert werde oder nicht, ist unter dem Gesichtspunkt dieser Bestimmung unerheblich.
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Opposizione in materia di vendita di beni immobili: L'art. 21 cp. 1 lett. b LPF, che esclude dalla procedura di opposizione gli atti giuridici conchiusi allo scopo di attuare opere di carattere pubblico, non è applicabile agli acquisti cui un comune procede nell'intento di costituire una riserva di terreno per eventuali suoi futuri bisogni.
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La société en nom collectif Bourquin-Kroug exploite à Genève un commerce de tapissiers-ensembliers. En 1954-1955, elle n'était pas habilitée à former des apprentis. Néanmoins, par un contrat passé en janvier 1955 et qui n'a pas été déposé au Service cantonal des apprentissages, elle a engagé en cette qualité le jeune Pierre Richoz, qu'elle avait à son service depuis la fln de 1954. L'apprentissage a commencé le 1er mars 1955. Richoz a été chargé d'accomplir de petits travaux et de faire des courses. Il a reçu le modeste salaire des apprentis. Il a quitté la maison Bourquin le 29 février 1956, sans avoir fini son temps d'apprentissage.
Le 20 octobre 1956, Richoz, représenté par sa mère, a réclamé à la maison Bourquin-Kroug une somme de 5760 fr. à titre de salaire. Il a exposé que le contrat d'apprentissage n'était pas valable parce qu'il n'avait pas été déposé auprès de l'autorité compétente et que la maison Bourquin-Kroug n'avait pas le droit de former des apprentis. Il en a déduit qu'il avait droit non au salaire d'un simple apprenti mais à celui d'un ouvrier, c'est-à-dire à deux francs l'heure.
Par jugement du 12 novembre 1956, le Tribunal des prud'hommes de Genève a admis la demande dans son principe, mais a réduit le salaire à la somme de 1740 fr.
La maison Bourquin-Kroug a porté l'affaire devant la Chambre d'appel des Conseils de prud'hommes, qui a entendu tout d'abord en qualité de témoin un sieur Lecuyer, employé au Service des apprentissages. Celui-ci a exposé qu'au mois de janvier 1955, il avait eu avec la mère de Richoz et un représentant de la maison Bourquin-Kroug une entrevue au cours de laquelle il leur avait expliqué que le jeune Richoz ne pourrait pas faire chez ses employeurs un apprentissage valable du point de vue légal. Il a ajouté qu'en sa présence il avait alors été convenu que Pierre Richoz quitterait la maison Bourquin-Kroug au mois de janvier 1955.
Par arrêt du 18 décembre 1956, la Chambre d'appel a confirmé le jugement attaqué. Elle a considéré qu'en acceptant d'engager un apprenti alors qu'elle n'avait pas le droit d'en former, la maison Bourquin-Kroug avait gravement trompé l'autre partie, qui, ignorant à cette époque l'incapacité frappant l'employeur, s'était trouvée ainsi dans une erreur essentielle et n'était pas obligée par le contrat. Elle a donc estimé que le salaire horaire de Richoz devait être adapté à ses véritables fonctions. Pour le surplus, elle a confirmé le montant de ce salaire tel que l'avaient fixé les premiers juges.
Agissant par la voie du recours de droit public, la société Bourquin-Kroug requiert le Tribunal fédéral d'annuler l'arrêt de la Chambre d'appel. Elle se plaint essentiellement d'une interprétation arbitraire de la déposition faite par le témoin Lecuyer.
La Chambre d'appel des prud'hommes et l'intimé Richoz concluent au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
La recourante et dame Richoz, agissant pour son fils mineur, ont passé un contrat d'apprentissage qui n'était pas valable, l'employeur ne réunissant pas à l'époque les conditions nécessaires pour former des apprentis. Le procès qui s'est déroulé devant les autorités cantonales a eu pour objet les conséquences de cette invalidité. Pour déterminer ces conséquences, les premiers juges devaient au préalable définir cette invalidité. A cet égard, la Chambre d'appel s'est fondée notamment sur la déposition de sieur Lecuyer.
Lecuyer a déclaré qu'il avait eu un entretien commun avec dame Richoz et un représentant de la maison Bourquin-Kroug au mois de janvier 1955, qu'au cours de cette entrevue il avait expliqué que le jeune Richoz ne pourrait pas faire d'apprentissage valable dans cette maison, et qu'en sa présence il avait été convenu que Richoz quitterait son employeur au mois de janvier 1955. Lecuyer a insisté sur le fait que ces événements s'étaient déroulés au mois de janvier 1955. Il a précisé qu'il n'avait plus revu dame Richoz depuis lors.
La juridiction cantonale pouvait apprécier librement ce témoignage, et si sa décision à ce propos est susceptible d'un recours de droit public pour violation de l'art. 4 Cst., il faut souligner qu'en ces matières, le Tribunal fédéral se montre toujours réservé. Il estime que les autorités cantonales doivent jouir d'une grande liberté dans le domaine de l'appréciation des preuves. Aussi bien ne revoit-il leurs décisions à cet égard que si elles sont évidemment fausses ou arbitraires ou si elles reposent sur une inadvertance manifeste (arrêts non publiés Will c. Fleury du 6 octobre 1954, Monic SA du 2 mai 1955, Mühlematter du 18 janvier 1956, Robert du 20 février 1957).
En l'espèce, du témoignage Lecuyer la juridiction cantonale a retenu que la recourante savait dès le mois de janvier 1955 qu'elle n'avait pas le droit de former des apprentis. Pour le surplus, elle a admis l'exactitude de la version de dame Richoz qui affirmait n'avoir eu connaissance de la situation réelle de la maison Bourquin-Kroug qu'au mois de novembre 1955. Elle en a conclu qu'auparavant en tout cas dame Richoz se trouvait dans une erreur essentielle. Cette déduction est absolument incompatible avec la déposition de sieur Lecuyer, dans la mesure où celui-ci explique que dame Richoz était présente à l'entrevue du mois de janvier 1955 et qu'elle a été informée à ce moment-là déjà que la recourante ne pouvait pas former des apprentis. Ainsi, tandis que la juridiction cantonale a retenu le témoignage Lecuyer en tant qu'il concernait la recourante, sa présence à l'entrevue de janvier 1955, sa connaissance de l'interdiction de former des apprentis, elle en a fait complètement abstraction en ce qui concerne l'intimé. Elle a retenu la version de dame Richoz, en fait partie au litige, et a écarté, sans un mot d'explication, toute une partie de la déposition d'un témoin dont l'impartialité n'était pas discutée et auquel des fonctions officielles étaient de nature à conférer un crédit particulier.
Sans doute, dans sa réponse au recours, la Chambre d'appel tente-t-elle de justifier sa manière de voir. Elle rappelle tout d'abord que tant la maison Bourquin-Kroug que dame Richoz ont contesté avoir été averties par sieur Lecuyer. Or, ajoute-t-elle, si sieur Lecuyer s'est opposé formellement aux déclarations de la recourante sur ce point, il n'a pas été très affirmatif en présence des dénégations de dame Richoz. Toutefois cette explication n'est pas satisfaisante. Outre qu'elle n'est fondée que sur la lettre d'un procès-verbal qui n'est peut-être pas parfaitement fidèle, elle ne tient surtout pas compte du fait que dame Richoz a reconnu d'autre part que sieur Lecuyer lui avait dit "d'enlever son fils". Il est vrai que la juridiction cantonale expose encore que le 20 avril 1955, Richoz a passé la visite médicale nécessaire avant le dépôt du contrat d'apprentissage, ce qui, dit-elle, démontre que dame Richoz croyait à la validité dudit contrat. Toutefois, même si Richoz s'est soumis à cette visite sanitaire, cela ne suffit pas à prouver que sa mère ignorait l'incapacité qui frrappait la recourante.
Dans ces conditions, on ne saurait retenir les explications données par la juridiction cantonale. En réalité, il ressort du dossier que celle-ci a admis le témoignage de sieur Lecuyer dans la mesure où il était favorable à sa thèse selon laquelle la recourante avait gravement trompé l'intimé, mais qu'elle l'a écarté sans donner de raison valable dans la mesure où il lui était contraire. Elle a commis ainsi un acte manifeste d'arbitraire, qui doit entraîner l'annulation de sa décision.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
Admet le recours dans le sens des motifs et annule l'arrêt attaqué.
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Art. 4 BV: Willkürliche Beweiswürdigung; Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts.
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La société en nom collectif Bourquin-Kroug exploite à Genève un commerce de tapissiers-ensembliers. En 1954-1955, elle n'était pas habilitée à former des apprentis. Néanmoins, par un contrat passé en janvier 1955 et qui n'a pas été déposé au Service cantonal des apprentissages, elle a engagé en cette qualité le jeune Pierre Richoz, qu'elle avait à son service depuis la fln de 1954. L'apprentissage a commencé le 1er mars 1955. Richoz a été chargé d'accomplir de petits travaux et de faire des courses. Il a reçu le modeste salaire des apprentis. Il a quitté la maison Bourquin le 29 février 1956, sans avoir fini son temps d'apprentissage.
Le 20 octobre 1956, Richoz, représenté par sa mère, a réclamé à la maison Bourquin-Kroug une somme de 5760 fr. à titre de salaire. Il a exposé que le contrat d'apprentissage n'était pas valable parce qu'il n'avait pas été déposé auprès de l'autorité compétente et que la maison Bourquin-Kroug n'avait pas le droit de former des apprentis. Il en a déduit qu'il avait droit non au salaire d'un simple apprenti mais à celui d'un ouvrier, c'est-à-dire à deux francs l'heure.
Par jugement du 12 novembre 1956, le Tribunal des prud'hommes de Genève a admis la demande dans son principe, mais a réduit le salaire à la somme de 1740 fr.
La maison Bourquin-Kroug a porté l'affaire devant la Chambre d'appel des Conseils de prud'hommes, qui a entendu tout d'abord en qualité de témoin un sieur Lecuyer, employé au Service des apprentissages. Celui-ci a exposé qu'au mois de janvier 1955, il avait eu avec la mère de Richoz et un représentant de la maison Bourquin-Kroug une entrevue au cours de laquelle il leur avait expliqué que le jeune Richoz ne pourrait pas faire chez ses employeurs un apprentissage valable du point de vue légal. Il a ajouté qu'en sa présence il avait alors été convenu que Pierre Richoz quitterait la maison Bourquin-Kroug au mois de janvier 1955.
Par arrêt du 18 décembre 1956, la Chambre d'appel a confirmé le jugement attaqué. Elle a considéré qu'en acceptant d'engager un apprenti alors qu'elle n'avait pas le droit d'en former, la maison Bourquin-Kroug avait gravement trompé l'autre partie, qui, ignorant à cette époque l'incapacité frappant l'employeur, s'était trouvée ainsi dans une erreur essentielle et n'était pas obligée par le contrat. Elle a donc estimé que le salaire horaire de Richoz devait être adapté à ses véritables fonctions. Pour le surplus, elle a confirmé le montant de ce salaire tel que l'avaient fixé les premiers juges.
Agissant par la voie du recours de droit public, la société Bourquin-Kroug requiert le Tribunal fédéral d'annuler l'arrêt de la Chambre d'appel. Elle se plaint essentiellement d'une interprétation arbitraire de la déposition faite par le témoin Lecuyer.
La Chambre d'appel des prud'hommes et l'intimé Richoz concluent au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
La recourante et dame Richoz, agissant pour son fils mineur, ont passé un contrat d'apprentissage qui n'était pas valable, l'employeur ne réunissant pas à l'époque les conditions nécessaires pour former des apprentis. Le procès qui s'est déroulé devant les autorités cantonales a eu pour objet les conséquences de cette invalidité. Pour déterminer ces conséquences, les premiers juges devaient au préalable définir cette invalidité. A cet égard, la Chambre d'appel s'est fondée notamment sur la déposition de sieur Lecuyer.
Lecuyer a déclaré qu'il avait eu un entretien commun avec dame Richoz et un représentant de la maison Bourquin-Kroug au mois de janvier 1955, qu'au cours de cette entrevue il avait expliqué que le jeune Richoz ne pourrait pas faire d'apprentissage valable dans cette maison, et qu'en sa présence il avait été convenu que Richoz quitterait son employeur au mois de janvier 1955. Lecuyer a insisté sur le fait que ces événements s'étaient déroulés au mois de janvier 1955. Il a précisé qu'il n'avait plus revu dame Richoz depuis lors.
La juridiction cantonale pouvait apprécier librement ce témoignage, et si sa décision à ce propos est susceptible d'un recours de droit public pour violation de l'art. 4 Cst., il faut souligner qu'en ces matières, le Tribunal fédéral se montre toujours réservé. Il estime que les autorités cantonales doivent jouir d'une grande liberté dans le domaine de l'appréciation des preuves. Aussi bien ne revoit-il leurs décisions à cet égard que si elles sont évidemment fausses ou arbitraires ou si elles reposent sur une inadvertance manifeste (arrêts non publiés Will c. Fleury du 6 octobre 1954, Monic SA du 2 mai 1955, Mühlematter du 18 janvier 1956, Robert du 20 février 1957).
En l'espèce, du témoignage Lecuyer la juridiction cantonale a retenu que la recourante savait dès le mois de janvier 1955 qu'elle n'avait pas le droit de former des apprentis. Pour le surplus, elle a admis l'exactitude de la version de dame Richoz qui affirmait n'avoir eu connaissance de la situation réelle de la maison Bourquin-Kroug qu'au mois de novembre 1955. Elle en a conclu qu'auparavant en tout cas dame Richoz se trouvait dans une erreur essentielle. Cette déduction est absolument incompatible avec la déposition de sieur Lecuyer, dans la mesure où celui-ci explique que dame Richoz était présente à l'entrevue du mois de janvier 1955 et qu'elle a été informée à ce moment-là déjà que la recourante ne pouvait pas former des apprentis. Ainsi, tandis que la juridiction cantonale a retenu le témoignage Lecuyer en tant qu'il concernait la recourante, sa présence à l'entrevue de janvier 1955, sa connaissance de l'interdiction de former des apprentis, elle en a fait complètement abstraction en ce qui concerne l'intimé. Elle a retenu la version de dame Richoz, en fait partie au litige, et a écarté, sans un mot d'explication, toute une partie de la déposition d'un témoin dont l'impartialité n'était pas discutée et auquel des fonctions officielles étaient de nature à conférer un crédit particulier.
Sans doute, dans sa réponse au recours, la Chambre d'appel tente-t-elle de justifier sa manière de voir. Elle rappelle tout d'abord que tant la maison Bourquin-Kroug que dame Richoz ont contesté avoir été averties par sieur Lecuyer. Or, ajoute-t-elle, si sieur Lecuyer s'est opposé formellement aux déclarations de la recourante sur ce point, il n'a pas été très affirmatif en présence des dénégations de dame Richoz. Toutefois cette explication n'est pas satisfaisante. Outre qu'elle n'est fondée que sur la lettre d'un procès-verbal qui n'est peut-être pas parfaitement fidèle, elle ne tient surtout pas compte du fait que dame Richoz a reconnu d'autre part que sieur Lecuyer lui avait dit "d'enlever son fils". Il est vrai que la juridiction cantonale expose encore que le 20 avril 1955, Richoz a passé la visite médicale nécessaire avant le dépôt du contrat d'apprentissage, ce qui, dit-elle, démontre que dame Richoz croyait à la validité dudit contrat. Toutefois, même si Richoz s'est soumis à cette visite sanitaire, cela ne suffit pas à prouver que sa mère ignorait l'incapacité qui frrappait la recourante.
Dans ces conditions, on ne saurait retenir les explications données par la juridiction cantonale. En réalité, il ressort du dossier que celle-ci a admis le témoignage de sieur Lecuyer dans la mesure où il était favorable à sa thèse selon laquelle la recourante avait gravement trompé l'intimé, mais qu'elle l'a écarté sans donner de raison valable dans la mesure où il lui était contraire. Elle a commis ainsi un acte manifeste d'arbitraire, qui doit entraîner l'annulation de sa décision.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
Admet le recours dans le sens des motifs et annule l'arrêt attaqué.
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Art. 4 Cst.: Arbitraire dans l'appréciation des preuves; pouvoir d'examen du Tribunal fédéral.
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La société en nom collectif Bourquin-Kroug exploite à Genève un commerce de tapissiers-ensembliers. En 1954-1955, elle n'était pas habilitée à former des apprentis. Néanmoins, par un contrat passé en janvier 1955 et qui n'a pas été déposé au Service cantonal des apprentissages, elle a engagé en cette qualité le jeune Pierre Richoz, qu'elle avait à son service depuis la fln de 1954. L'apprentissage a commencé le 1er mars 1955. Richoz a été chargé d'accomplir de petits travaux et de faire des courses. Il a reçu le modeste salaire des apprentis. Il a quitté la maison Bourquin le 29 février 1956, sans avoir fini son temps d'apprentissage.
Le 20 octobre 1956, Richoz, représenté par sa mère, a réclamé à la maison Bourquin-Kroug une somme de 5760 fr. à titre de salaire. Il a exposé que le contrat d'apprentissage n'était pas valable parce qu'il n'avait pas été déposé auprès de l'autorité compétente et que la maison Bourquin-Kroug n'avait pas le droit de former des apprentis. Il en a déduit qu'il avait droit non au salaire d'un simple apprenti mais à celui d'un ouvrier, c'est-à-dire à deux francs l'heure.
Par jugement du 12 novembre 1956, le Tribunal des prud'hommes de Genève a admis la demande dans son principe, mais a réduit le salaire à la somme de 1740 fr.
La maison Bourquin-Kroug a porté l'affaire devant la Chambre d'appel des Conseils de prud'hommes, qui a entendu tout d'abord en qualité de témoin un sieur Lecuyer, employé au Service des apprentissages. Celui-ci a exposé qu'au mois de janvier 1955, il avait eu avec la mère de Richoz et un représentant de la maison Bourquin-Kroug une entrevue au cours de laquelle il leur avait expliqué que le jeune Richoz ne pourrait pas faire chez ses employeurs un apprentissage valable du point de vue légal. Il a ajouté qu'en sa présence il avait alors été convenu que Pierre Richoz quitterait la maison Bourquin-Kroug au mois de janvier 1955.
Par arrêt du 18 décembre 1956, la Chambre d'appel a confirmé le jugement attaqué. Elle a considéré qu'en acceptant d'engager un apprenti alors qu'elle n'avait pas le droit d'en former, la maison Bourquin-Kroug avait gravement trompé l'autre partie, qui, ignorant à cette époque l'incapacité frappant l'employeur, s'était trouvée ainsi dans une erreur essentielle et n'était pas obligée par le contrat. Elle a donc estimé que le salaire horaire de Richoz devait être adapté à ses véritables fonctions. Pour le surplus, elle a confirmé le montant de ce salaire tel que l'avaient fixé les premiers juges.
Agissant par la voie du recours de droit public, la société Bourquin-Kroug requiert le Tribunal fédéral d'annuler l'arrêt de la Chambre d'appel. Elle se plaint essentiellement d'une interprétation arbitraire de la déposition faite par le témoin Lecuyer.
La Chambre d'appel des prud'hommes et l'intimé Richoz concluent au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
La recourante et dame Richoz, agissant pour son fils mineur, ont passé un contrat d'apprentissage qui n'était pas valable, l'employeur ne réunissant pas à l'époque les conditions nécessaires pour former des apprentis. Le procès qui s'est déroulé devant les autorités cantonales a eu pour objet les conséquences de cette invalidité. Pour déterminer ces conséquences, les premiers juges devaient au préalable définir cette invalidité. A cet égard, la Chambre d'appel s'est fondée notamment sur la déposition de sieur Lecuyer.
Lecuyer a déclaré qu'il avait eu un entretien commun avec dame Richoz et un représentant de la maison Bourquin-Kroug au mois de janvier 1955, qu'au cours de cette entrevue il avait expliqué que le jeune Richoz ne pourrait pas faire d'apprentissage valable dans cette maison, et qu'en sa présence il avait été convenu que Richoz quitterait son employeur au mois de janvier 1955. Lecuyer a insisté sur le fait que ces événements s'étaient déroulés au mois de janvier 1955. Il a précisé qu'il n'avait plus revu dame Richoz depuis lors.
La juridiction cantonale pouvait apprécier librement ce témoignage, et si sa décision à ce propos est susceptible d'un recours de droit public pour violation de l'art. 4 Cst., il faut souligner qu'en ces matières, le Tribunal fédéral se montre toujours réservé. Il estime que les autorités cantonales doivent jouir d'une grande liberté dans le domaine de l'appréciation des preuves. Aussi bien ne revoit-il leurs décisions à cet égard que si elles sont évidemment fausses ou arbitraires ou si elles reposent sur une inadvertance manifeste (arrêts non publiés Will c. Fleury du 6 octobre 1954, Monic SA du 2 mai 1955, Mühlematter du 18 janvier 1956, Robert du 20 février 1957).
En l'espèce, du témoignage Lecuyer la juridiction cantonale a retenu que la recourante savait dès le mois de janvier 1955 qu'elle n'avait pas le droit de former des apprentis. Pour le surplus, elle a admis l'exactitude de la version de dame Richoz qui affirmait n'avoir eu connaissance de la situation réelle de la maison Bourquin-Kroug qu'au mois de novembre 1955. Elle en a conclu qu'auparavant en tout cas dame Richoz se trouvait dans une erreur essentielle. Cette déduction est absolument incompatible avec la déposition de sieur Lecuyer, dans la mesure où celui-ci explique que dame Richoz était présente à l'entrevue du mois de janvier 1955 et qu'elle a été informée à ce moment-là déjà que la recourante ne pouvait pas former des apprentis. Ainsi, tandis que la juridiction cantonale a retenu le témoignage Lecuyer en tant qu'il concernait la recourante, sa présence à l'entrevue de janvier 1955, sa connaissance de l'interdiction de former des apprentis, elle en a fait complètement abstraction en ce qui concerne l'intimé. Elle a retenu la version de dame Richoz, en fait partie au litige, et a écarté, sans un mot d'explication, toute une partie de la déposition d'un témoin dont l'impartialité n'était pas discutée et auquel des fonctions officielles étaient de nature à conférer un crédit particulier.
Sans doute, dans sa réponse au recours, la Chambre d'appel tente-t-elle de justifier sa manière de voir. Elle rappelle tout d'abord que tant la maison Bourquin-Kroug que dame Richoz ont contesté avoir été averties par sieur Lecuyer. Or, ajoute-t-elle, si sieur Lecuyer s'est opposé formellement aux déclarations de la recourante sur ce point, il n'a pas été très affirmatif en présence des dénégations de dame Richoz. Toutefois cette explication n'est pas satisfaisante. Outre qu'elle n'est fondée que sur la lettre d'un procès-verbal qui n'est peut-être pas parfaitement fidèle, elle ne tient surtout pas compte du fait que dame Richoz a reconnu d'autre part que sieur Lecuyer lui avait dit "d'enlever son fils". Il est vrai que la juridiction cantonale expose encore que le 20 avril 1955, Richoz a passé la visite médicale nécessaire avant le dépôt du contrat d'apprentissage, ce qui, dit-elle, démontre que dame Richoz croyait à la validité dudit contrat. Toutefois, même si Richoz s'est soumis à cette visite sanitaire, cela ne suffit pas à prouver que sa mère ignorait l'incapacité qui frrappait la recourante.
Dans ces conditions, on ne saurait retenir les explications données par la juridiction cantonale. En réalité, il ressort du dossier que celle-ci a admis le témoignage de sieur Lecuyer dans la mesure où il était favorable à sa thèse selon laquelle la recourante avait gravement trompé l'intimé, mais qu'elle l'a écarté sans donner de raison valable dans la mesure où il lui était contraire. Elle a commis ainsi un acte manifeste d'arbitraire, qui doit entraîner l'annulation de sa décision.
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Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
Admet le recours dans le sens des motifs et annule l'arrêt attaqué.
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Art. 4 CF: Arbitrio nell'apprezzamento delle prove; potere d'esame del Tribunale federale.
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Sachverhalt ab Seite 73
A.- Zur Erweiterung des Bahnhofs Horgen enteignen die Schweiz. Bundesbahnen die 2080 m2 umfassende Liegenschaft der Cottoferm AG., auf der diese ihre chemische Fabrik betreibt. Das Enteignungsverfahren wurde im Frühjahr 1955 eröffnet. Im Dezember 1955 einigten sich die Parteien ausseramtlich dahin, dass die enteignete Liegenschaft am 1. April 1957 geräumt sein und den SBB zum Abbruch zur Verfügung stehen solle. Im März 1956 begann die Enteignete mit dem Bau eines neuen Fabrikgebäudes in Horgen-Oberdorf. Für die laufenden Bauauslagen leisteten ihr die SBB vorschussweise freiwillige Zahlungen. Der Betrieb soll im Laufe des März 1957 stufenweise an den neuen Ort verlegt werden.
B.- Neben der Vergütung des vollen Verkehrswertes der enteigneten Liegenschaft (Art. 19 lit. a EntG), dessen Hauptposten (Wert der Liegenschaft ohne besondere Einrichtungen wie Leitungen nsw.) von der Enteigneten auf Fr. 1'035,549.--, von den SBB dagegen nur auf Fr. 473'043.-- beziffert wurde, verlangte die Enteignete eine Entschädigung für alle weitern ihr durch die Enteignung verursachten Nachteile (Art. 19 lit. c EntG; sog. Inkonvenienzen). Als solche machte sie geltend die Kosten des von der Baudirektion des Kantons Zürich abgelehnten Projekts für einen Neubau in Au-Wädenswil, die Kosten der Verlegung des Betriebes nach Horgen-Oberdorf (Planungskosten, Umtriebe für den Landerwerb, Mehrkosten der Vorproduktion für die Umzugszeit, Produktionsausfall während dieser Zeit, Kosten des Umzugs und der Neueinrichtung), die durch die Lage der neuen Fabrik bedingte Verteuerung der Transporte und den Schaden aus der Erhöhung der Kapitalzinslasten und der Verminderung der Mietzinseinnahmen, die mit der Preisgabe der alten und der Erstellung einer neuen Fabrik verbunden seien, schliesslich die Kosten der Berechnung der Ansprüche auf Enteignungsentschädigung. Weitere Begehren der Enteigneten bezogen sich auf den Ersatz allfälliger Wertzuwachssteuern durch die SBB und auf allfällig beim Abbruch und bei den Grabungen auf der enteigneten Liegenschaft zum Vorschein kommende Wertgegenstände (Schatzfund).
C.- Obwohl die Enteignete die gesamthafte Beurteilung ihrer Begehren verlangte, beschränkte die Schätzungskommission VI das Verfahren entsprechend dem Antrag der SBB auf die Feststellung des Verkehrswertes der enteigneten Liegenschaft. Die weitern Enteignungsnachteile waren bei Gelegenheit des Augenscheins und der Schätzungsverhandlung vom 2. Oktober 1956 Gegenstand einer Einigungsverhandlung, die gemäss dem Protokoll hierüber nicht zu einer endgültigen Erledigung führte, wenn sich auch hinsichtlich einzelner Posten die Möglichkeit einer Verständigung abzeichnete. Das Dispositiv des den Parteien am 23. November 1956 zugestellten Entscheides der Schätzungskommission vom 2. Oktober 1956 lautet wie folgt:
"beschlossen:
1.:... (Nichteintreten auf das Begehren betr. Schatzfund).
2. Über die der Enteigneten zustehende Inkonvenienzentschädigung (Art. 19 lit. c EntG) wird später entschieden.
und
erkannt:
1. Die Liegenschaft ... geht auf den 1. April 1957 ... in das Eigentum der SBB über.
2. Die SBB haben hiefür den Berechtigten als Verkehrswert (Art. 19 lit. a EntG) Fr. 588'000.-- zu bezahlen.
3. Die Verfahrenskosten tragen die SBB. Sie haben der Enteigneten eine Parteientschädigung zu bezahlen.
Über die Höhe der Kosten und der Parteientschädigung wird annlässlich der Erledigung der Inkonvenienzansprüche durch die Schätzungskommission entschieden.
4. ... (Zustellung).
5. ... (Rechtsmittelbelehrung)."
Zur Begründung der Teilung des Verfahrens wird in den Erwägungen im wesentlichen ausgeführt, ordentlicherweise urteile die Schätzungskommission gleichzeitig über alle streitigen Begehren. Dies sei prozessökonomisch und erleichtere den Parteien bzw. dem Enteigner die Entschliessung darüber, ob das Bundesgericht anzurufen bzw. nachträglich auf die Enteignung zu verzichten sei. Das Gesetz enthalte jedoch keine Bestimmung, die unter allen Umständen eine Gesamterledigung fordern würde. Eine Teilung des Verfahrens sei deshalb statthaft, "wenn besondere Verhältnisse sie aufdrängen". So verhalte es sich hier. Die Nachteile infolge der Enteignung (Art. 19 lit. c EntG) seien zur Zeit nicht abschätzbar, da die Kosten der Betriebsverlegung noch nicht feststünden und die tatsächlichen Anlagekosten der neuen Fabrik noch unbekannt seien und genügende Unterlagen fehlten, um die mit der Inkonvenienzentschädigung zu verrechnenden produktionsmässigen Vorteile der neuen Anlage zu bestimmen. Auf der andern Seite sei die Schätzung des Verkehrswertes der enteigneten Liegenschaft spruchreif. Werde sie bis zum Entscheid über die Nachteile aus der Enteignung (Inkonvenienzen) aufgeschoben, so entstehe die Gefahr, dass eine allfällige Bewertung der alten Liegenschaft durch Mitglieder der Oberschätzungskommission im bundesgerichtlichen Verfahren nicht vor Beginn des Abbruchs der Gebäude am 1. April 1957 erfolgen könne. Für eine Schätzung dieser Gebäude bedürfe es aber des Augenscheins; eine durch Pläne und Photographien verdeutlichte Beschreibung des Zustandes könne diesen hier nicht ersetzen. Der sofortige Entscheid über den Verkehrswert dränge sich daher auf. Über die Inkonvenienzbegehren einschliesslich des Antrags auf Ausgleich der mit der Aufgabe der alten Liegenschaft verbundenen Steuern werde die Schätzungskommission entscheiden, sobald dies möglich sei.
Über den Vollzug der Enteignung sagen die Erwägungen der Schätzungskommission, die Parteien hätten die Räumung der Liegenschaft auf Ende März 1957 vereinbart. Dem Wunsche der Enteigneten, bis dahin Eigentümerin des Grundstücks zu bleiben, stehe nichts entgegen. Die SBB seien zur Übernahme der Liegenschaft auf einen frühern Zeitpunkt nicht berechtigt, weil sie diese erst vom erwähnten Datum an benötigten. Sollte der Entscheid der Schätzungskommission dann noch nicht rechtskräftig sein, so könnten die SBB die vorzeitige Besitzeinweisung verlangen.
D.- Mit ihrem Rekurs an das Bundesgericht beantragt die Enteignete, der angefochtene Entscheid sei "nichtig zu erklären", weil die Schätzungskommission in unzulässiger Weise nur einen einzigen der geltend gemachten Ansprüche (nämlich den Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts der enteigneten Liegenschaft) und auch diesen nur unvollständig beurteilt habe; eventuell sei der angefochtene Entscheid aufzuheben, die Entschädigung gemäss den Eingaben der Enteigneten an die Schätzungskommission einschliesslich der Inkonvenienzen auf Fr. 1'506,987.90 zu bestimmen und die Enteignerin zu verpflichten, der Enteigneten die Wertzuwachssteuern zu ersetzen und die beim Abbruch der Gebäude und bei den Grabarbeiten allfällig zu Tage geförderten Gegenstände von Wert auszuhändigen.
Die SBB haben sich der Weiterziehung angeschlossen mit dem Begehren, der (von der Schätzungskommission) auf Fr. 90.- pro m2 bemessene Landwert sei auf Fr. 60.- pro m2 anzusetzen und im übrigen sei der Entscheid der Schätzungskommission zu bestätigen.
E.- Am 5. Februar 1957 bestätigten die Parteien vor der bundesgerichtlichen Instruktionskommission ihre frühere Vereinbarung, wonach die enteignete Liegenschaft den SBB am 1. April 1957 zum Abbruch zur Verfügung stehen soll, und einigten sich dahin, dass das bundesgerichtliche Schätzungsverfahren auch im Falle einer Rückweisung der Sache an die Schätzungskommission noch vor dem Abbruch durchgeführt werden soll. Die SBB erklärten, dass sie auf den Rücktritt vom eingeleiteten Enteignungsverfahren (Art. 14 EntG) verzichten.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. (Zur Rüge, dass die Schätzungskommission den Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts der enteigneten Liegenschaft nicht vollständig beurteilt habe.)
2. Die Enteignung kann gemäss Art. 16 EntG (wo der in Art. 23 Abs. 2 BV aufgestellte allgemeine Grundsatz bestätigt wird) nur gegen volle Entschädigung erfolgen.
Der Enteigner erwirbt das Eigentum am enteigneten Grundstück (oder das auf dem Enteignungsweg eingeräumte Recht an einem Grundstück) gemäss Art. 91 EntG erst durch die Bezahlung der "Entschädigungen". Darunter ist unzweifelhaft die Gesamtheit der dem Enteigneten nach Art. 19 EntG zukommenden Leistungen zu verstehen. Das ergibt sich nicht nur aus dem im gleichen Unterabschnitt (über die Bezahlung der Entschädigung) stehenden Art. 89 EntG, der in Abs. 1 die Entschädigungen gemäss Art. 19 lit. a und b und in Abs. 2 diejenige gemäss Art. 19 lit. c erwähnt, sondern vor allem auch daraus, dass allein diese Auslegung gewährleistet, dass der Enteignete sein Eigentum wirklich nur gegen volle Entschädigung preiszugeben hat. Vor Bezahlung der gesamten Entschädigung erwirbt der Enteigner das Eigentum am enteigneten Grundstück nur in den hier nicht gegebenen Ausnahmefällen von Art. 88 Abs. 1 Satz 2 und Art. 86 Abs 2 EntG, nämlich dann, wenn als Entschädigung für den Verkehrswert eines noch nicht endgültig vermessenen Grundstücks neunzig vom Hundert der nach den Massen im aufgelegten Plan berechneten Summe bezahlt sind oder wenn der bundesgerichtliche Instruktionsrichter nach Durchführung des Schriftenwechsels auf Verlangen des Enteigneten die sofortige Bezahlung der nicht mehr streitigen Entschädigung anordnet und gegen Sicherstellung des noch streitigen Betrags verfügt, dass die Wirkung der Enteignung schon mit der Bezahlung der Teilentschädigung (d.h. des nicht mehr streitigen Betrags) eintrete.
Im vorliegenden Fall umfasst die vom Enteigner zu bezahlende volle Entschädigung neben dem von der Vorinstanz festgesetzten Verkehrswert im Sinne von Art. 19 lit. a EntG unstreitig auch eine Entschädigung für Enteignungsnachteile im Sinne von Art. 19 lit. c. Indem die Vorinstanz erkannte, dass die enteignete Liegenschaft auf den 1. April 1957 in das Eigentum der SBB übergehe und dass diese dafür (wenigstens einstweilen) nur die auf Fr. 588'000.-- bezifferte Verkehrswertentschädigung zu bezahlen haben, hat sie also die klaren Bestimmungen von Art. 16 und 91 EntG verletzt. Mit der Zuweisung des Eigentums auf den 1. April 1957 gegen blosse Zahlung des Verkehrswerts wäre übrigens, selbst wenn dieser bis zum angegebenen Tag endgültig festgesetzt werden könnte, für die SBB auch rein praktisch nichts gewonnen; denn die bei Bemessung der Enteignungsnachteile zu berücksichtigenden Vorteile der neuen Anlage gegenüber der alten lassen sich so wenig wie der Verkehrswert der enteigneten Liegenschaft ohne Besichtigung der alten Gebäude richtig schätzen, so dass den SBB der Abbruch trotz dem Eigentumsübergang verboten werden müsste, wenn es nicht möglich wäre, die alten Gebäude noch vor dem 1. April 1957 durch die mit der Schätzung der Enteignungsfolgen betrauten Sachverständigen beider Instanzen besichtigen zu lassen. Daher muss auf jeden Fall das den Eigentumsübergang anordnende Dispositiv 1 des Erkenntnisses der Vorinstanz aufgehoben werden.
3. Das angefochtene Erkenntnis lässt sich aber auch insoweit nicht aufrechterhalten, als es im Sinne eines Teilentscheids über einen von mehreren Posten der Enteignungsentschädigung den Verkehrswert der enteigneten Liegenschaft festsetzt (Dispositiv 2) und den Entscheid über die Enteignungsfolgen auf später verschiebt.
Die Art. 64. lit. a, 72, 73 Abs. 1 lit. g, 73 Abs. 2, 74 Abs. 1, 75, 76, 88 Abs. 1 und 116 EntG sprechen von der "Entschädigung" bzw. vom "Entscheid" der Schätzungskommission in der Einzahl. Von einem Teilentscheid über einzelne Entschädigungsposten und einer Trennung des Verfahrens ist im Gesetz nirgends die Rede. Schon deshalb liegt die Annahme nahe, dass die Schätzungskommission die gesamte Entschädigung in einem einzigen Entscheide festzusetzen hat. Der entscheidende Grund für diese Auslegung des Gesetzes liegt aber nicht im Wortlaut, sondern in sachlichen Erwägungen. Die Entschädigung für eine und dieselbe Enteignung bildet ihrer Natur nach eine Einheit, auch wenn sie aus verschiedenen Bestandteilen besteht. Sie ist das Entgelt für das Interesse, das der Enteignete hatte, nicht enteignet zu werden (vgl. W. BURCKHARDT, Die Entschädigungspflicht nach schweizerischem Expropriationsrecht, ZSR 1913 S. 145 ff.). Wenn der Enteignete eine aus verschiedenen Posten zusammengesetzte Entschädigungsforderung stellt, hat man es nicht etwa mit einer Klagenhäufung im Sinne von Art. 24 BZP zu tun, so wenig wie dort, wo ein Verunfallter im Prozess die Unfallfolgen einklagt und hierbei z.B. Ersatz für Heilungskosten, für eingetretenen Verdienstausfall und für Verminderung der künftigen Erwerbsfähigkeit sowie eine Genugtuungssumme verlangt. Eine Teilung des Verfahrens nach Art. 24 Abs. 3 des Gesetzes über den Bundeszivilprozess (das gemäss Art. 3 der Verordnung für die eidgenössischen Schätzungskommissionen vom 22. Mai 1931 auf das Verfahren dieser Kommissionen entsprechende Anwendung findet, soweit sich aus Gesetz und Verordnung nichts anderes ergibt und die Natur des Verfahrens nicht entgegensteht) kommt also keinesfalls in Frage. So wie der Zivilrichter die Beurteilung eines nicht ziffernmässig nachweisbaren Schadenspostens nicht einfach verweigern oder auf die Zukunft verschieben darf, sondern gemäss Art. 42 OR den Schaden nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge "abschätzen" muss, so muss der Richter auch im Enteignungsverfahren alle Posten der einheitlichen Enteignungsentschädigung auf einmal erledigen.
Die Beurteilung der verschiedenen Bestandteile der Enteignungsentschädigung in getrennten Verfahren ist zudem deswegen abzulehnen, weil sie unvermeidlich auch zu praktischen Schwierigkeiten führt. Zu wissen, wieviel die Entschädigung insgesamt ausmacht, ist für die Parteien weit wichtiger als die Kenntnis der Einzelposten. Solange ihnen nicht bekannt ist, auf welchen Betrag die Schätzungskommission die Gesamtentschädigung bemisst, können sie also nicht richtig beurteilen, ob eine Weiterziehung an das Bundesgericht sich lohne. Ausserdem kann die Teilung des Verfahrens dazu führen, dass die Erledigung der ganzen Sache sich verzögert; denn wenn der auf einen einzelnen Posten bezügliche Teilentscheid weitergezogen wird, so ist es aus technischen Gründen (weil die Akten immer nur einer der beiden Instanzen zur Verfügung stehen können) oft nicht möglich, das bei der Schätzungskommission verbliebene und das beim Bundesgericht hängige Verfahren gleichzeitig zu fördern, sondern die eine oder andere Instanz muss unter Umständen den Fall ruhen lassen, obwohl er für sie spruchreif geworden ist. Schliesslich können sich aus der Teilung des Verfahrens auch Kompetenzkonflikte ergeben. Wird wie hier vorweg über den Verkehrswert entschieden und gegen diesen Entscheid der Rekurs ans Bundesgericht ergriffen, während die Schätzungskommission mit der Frage der Inkonvenienzen befasst bleibt, so weiss man nicht, ob fortan diese Behörde oder aber der bundesgerichtliche Instruktionsrichter über allfällige Gesuche um vorzeitige Besitzeinweisung im Sinne von Art 76 EntG zu befinden habe. (Zur Anwendung dieser Bestimmung im Verfahren vor Bundesgericht vgl. BGE 80 I 109 f.) Alle diese Schwierigkeiten und Unzukömmlichkeiten lassen sich nur dadurch verhindern, dass man eine derartige Teilung des Verfahrens ausschliesst.
Der angefochtene Teilentscheid ist daher aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen zur Festsetzung der Gesamtentschädigung in einem einzigen Entscheide.
Hätte die Vorinstanz das Verfahren nicht geteilt und zur Abschätzung der im Gefolge der Enteignung entstehenden Nachteile (Art. 19 lit. c EntG) die entsprechenden Sachverständigen beigezogen, so läge wohl heute, da die Schätzung aller Inkonvenienzen spätestens zu Beginn dieses Jahres (zwei oder drei Monate vor der Betriebsverlegung) möglich geworden war, bereits ein erstinstanzlicher Entscheid über alle Entschädigungsposten vor.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Der Entscheid der Schätzungskommission VI vom 2. Oktober 1956 wird aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen zur Feststellung der Gesamtentschädigung an die Schätzungskommission VI zurückgewiesen.
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Enteignung. Alle Posten der Enteignungsentschädigung im Sinne von Art. 19 EntG sind gleichzeitig zu beurteilen.
Die Schätzungskommission darf nicht die Vergütung für den Verkehrswert der enteigneten Liegenschaft (Art. 19 lit. a) vorweg festsetzen, den Entscheid über die weitern Nachteile (Art. 19 lit. c) auf später verschieben und anordnen, dass gegen Zahlung der Verkehrswertentschädiädigung das Eigentum an der enteigneten Liegenschaft auf den Enteigner übergehe.
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Sachverhalt ab Seite 73
A.- Zur Erweiterung des Bahnhofs Horgen enteignen die Schweiz. Bundesbahnen die 2080 m2 umfassende Liegenschaft der Cottoferm AG., auf der diese ihre chemische Fabrik betreibt. Das Enteignungsverfahren wurde im Frühjahr 1955 eröffnet. Im Dezember 1955 einigten sich die Parteien ausseramtlich dahin, dass die enteignete Liegenschaft am 1. April 1957 geräumt sein und den SBB zum Abbruch zur Verfügung stehen solle. Im März 1956 begann die Enteignete mit dem Bau eines neuen Fabrikgebäudes in Horgen-Oberdorf. Für die laufenden Bauauslagen leisteten ihr die SBB vorschussweise freiwillige Zahlungen. Der Betrieb soll im Laufe des März 1957 stufenweise an den neuen Ort verlegt werden.
B.- Neben der Vergütung des vollen Verkehrswertes der enteigneten Liegenschaft (Art. 19 lit. a EntG), dessen Hauptposten (Wert der Liegenschaft ohne besondere Einrichtungen wie Leitungen nsw.) von der Enteigneten auf Fr. 1'035,549.--, von den SBB dagegen nur auf Fr. 473'043.-- beziffert wurde, verlangte die Enteignete eine Entschädigung für alle weitern ihr durch die Enteignung verursachten Nachteile (Art. 19 lit. c EntG; sog. Inkonvenienzen). Als solche machte sie geltend die Kosten des von der Baudirektion des Kantons Zürich abgelehnten Projekts für einen Neubau in Au-Wädenswil, die Kosten der Verlegung des Betriebes nach Horgen-Oberdorf (Planungskosten, Umtriebe für den Landerwerb, Mehrkosten der Vorproduktion für die Umzugszeit, Produktionsausfall während dieser Zeit, Kosten des Umzugs und der Neueinrichtung), die durch die Lage der neuen Fabrik bedingte Verteuerung der Transporte und den Schaden aus der Erhöhung der Kapitalzinslasten und der Verminderung der Mietzinseinnahmen, die mit der Preisgabe der alten und der Erstellung einer neuen Fabrik verbunden seien, schliesslich die Kosten der Berechnung der Ansprüche auf Enteignungsentschädigung. Weitere Begehren der Enteigneten bezogen sich auf den Ersatz allfälliger Wertzuwachssteuern durch die SBB und auf allfällig beim Abbruch und bei den Grabungen auf der enteigneten Liegenschaft zum Vorschein kommende Wertgegenstände (Schatzfund).
C.- Obwohl die Enteignete die gesamthafte Beurteilung ihrer Begehren verlangte, beschränkte die Schätzungskommission VI das Verfahren entsprechend dem Antrag der SBB auf die Feststellung des Verkehrswertes der enteigneten Liegenschaft. Die weitern Enteignungsnachteile waren bei Gelegenheit des Augenscheins und der Schätzungsverhandlung vom 2. Oktober 1956 Gegenstand einer Einigungsverhandlung, die gemäss dem Protokoll hierüber nicht zu einer endgültigen Erledigung führte, wenn sich auch hinsichtlich einzelner Posten die Möglichkeit einer Verständigung abzeichnete. Das Dispositiv des den Parteien am 23. November 1956 zugestellten Entscheides der Schätzungskommission vom 2. Oktober 1956 lautet wie folgt:
"beschlossen:
1.:... (Nichteintreten auf das Begehren betr. Schatzfund).
2. Über die der Enteigneten zustehende Inkonvenienzentschädigung (Art. 19 lit. c EntG) wird später entschieden.
und
erkannt:
1. Die Liegenschaft ... geht auf den 1. April 1957 ... in das Eigentum der SBB über.
2. Die SBB haben hiefür den Berechtigten als Verkehrswert (Art. 19 lit. a EntG) Fr. 588'000.-- zu bezahlen.
3. Die Verfahrenskosten tragen die SBB. Sie haben der Enteigneten eine Parteientschädigung zu bezahlen.
Über die Höhe der Kosten und der Parteientschädigung wird annlässlich der Erledigung der Inkonvenienzansprüche durch die Schätzungskommission entschieden.
4. ... (Zustellung).
5. ... (Rechtsmittelbelehrung)."
Zur Begründung der Teilung des Verfahrens wird in den Erwägungen im wesentlichen ausgeführt, ordentlicherweise urteile die Schätzungskommission gleichzeitig über alle streitigen Begehren. Dies sei prozessökonomisch und erleichtere den Parteien bzw. dem Enteigner die Entschliessung darüber, ob das Bundesgericht anzurufen bzw. nachträglich auf die Enteignung zu verzichten sei. Das Gesetz enthalte jedoch keine Bestimmung, die unter allen Umständen eine Gesamterledigung fordern würde. Eine Teilung des Verfahrens sei deshalb statthaft, "wenn besondere Verhältnisse sie aufdrängen". So verhalte es sich hier. Die Nachteile infolge der Enteignung (Art. 19 lit. c EntG) seien zur Zeit nicht abschätzbar, da die Kosten der Betriebsverlegung noch nicht feststünden und die tatsächlichen Anlagekosten der neuen Fabrik noch unbekannt seien und genügende Unterlagen fehlten, um die mit der Inkonvenienzentschädigung zu verrechnenden produktionsmässigen Vorteile der neuen Anlage zu bestimmen. Auf der andern Seite sei die Schätzung des Verkehrswertes der enteigneten Liegenschaft spruchreif. Werde sie bis zum Entscheid über die Nachteile aus der Enteignung (Inkonvenienzen) aufgeschoben, so entstehe die Gefahr, dass eine allfällige Bewertung der alten Liegenschaft durch Mitglieder der Oberschätzungskommission im bundesgerichtlichen Verfahren nicht vor Beginn des Abbruchs der Gebäude am 1. April 1957 erfolgen könne. Für eine Schätzung dieser Gebäude bedürfe es aber des Augenscheins; eine durch Pläne und Photographien verdeutlichte Beschreibung des Zustandes könne diesen hier nicht ersetzen. Der sofortige Entscheid über den Verkehrswert dränge sich daher auf. Über die Inkonvenienzbegehren einschliesslich des Antrags auf Ausgleich der mit der Aufgabe der alten Liegenschaft verbundenen Steuern werde die Schätzungskommission entscheiden, sobald dies möglich sei.
Über den Vollzug der Enteignung sagen die Erwägungen der Schätzungskommission, die Parteien hätten die Räumung der Liegenschaft auf Ende März 1957 vereinbart. Dem Wunsche der Enteigneten, bis dahin Eigentümerin des Grundstücks zu bleiben, stehe nichts entgegen. Die SBB seien zur Übernahme der Liegenschaft auf einen frühern Zeitpunkt nicht berechtigt, weil sie diese erst vom erwähnten Datum an benötigten. Sollte der Entscheid der Schätzungskommission dann noch nicht rechtskräftig sein, so könnten die SBB die vorzeitige Besitzeinweisung verlangen.
D.- Mit ihrem Rekurs an das Bundesgericht beantragt die Enteignete, der angefochtene Entscheid sei "nichtig zu erklären", weil die Schätzungskommission in unzulässiger Weise nur einen einzigen der geltend gemachten Ansprüche (nämlich den Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts der enteigneten Liegenschaft) und auch diesen nur unvollständig beurteilt habe; eventuell sei der angefochtene Entscheid aufzuheben, die Entschädigung gemäss den Eingaben der Enteigneten an die Schätzungskommission einschliesslich der Inkonvenienzen auf Fr. 1'506,987.90 zu bestimmen und die Enteignerin zu verpflichten, der Enteigneten die Wertzuwachssteuern zu ersetzen und die beim Abbruch der Gebäude und bei den Grabarbeiten allfällig zu Tage geförderten Gegenstände von Wert auszuhändigen.
Die SBB haben sich der Weiterziehung angeschlossen mit dem Begehren, der (von der Schätzungskommission) auf Fr. 90.- pro m2 bemessene Landwert sei auf Fr. 60.- pro m2 anzusetzen und im übrigen sei der Entscheid der Schätzungskommission zu bestätigen.
E.- Am 5. Februar 1957 bestätigten die Parteien vor der bundesgerichtlichen Instruktionskommission ihre frühere Vereinbarung, wonach die enteignete Liegenschaft den SBB am 1. April 1957 zum Abbruch zur Verfügung stehen soll, und einigten sich dahin, dass das bundesgerichtliche Schätzungsverfahren auch im Falle einer Rückweisung der Sache an die Schätzungskommission noch vor dem Abbruch durchgeführt werden soll. Die SBB erklärten, dass sie auf den Rücktritt vom eingeleiteten Enteignungsverfahren (Art. 14 EntG) verzichten.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. (Zur Rüge, dass die Schätzungskommission den Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts der enteigneten Liegenschaft nicht vollständig beurteilt habe.)
2. Die Enteignung kann gemäss Art. 16 EntG (wo der in Art. 23 Abs. 2 BV aufgestellte allgemeine Grundsatz bestätigt wird) nur gegen volle Entschädigung erfolgen.
Der Enteigner erwirbt das Eigentum am enteigneten Grundstück (oder das auf dem Enteignungsweg eingeräumte Recht an einem Grundstück) gemäss Art. 91 EntG erst durch die Bezahlung der "Entschädigungen". Darunter ist unzweifelhaft die Gesamtheit der dem Enteigneten nach Art. 19 EntG zukommenden Leistungen zu verstehen. Das ergibt sich nicht nur aus dem im gleichen Unterabschnitt (über die Bezahlung der Entschädigung) stehenden Art. 89 EntG, der in Abs. 1 die Entschädigungen gemäss Art. 19 lit. a und b und in Abs. 2 diejenige gemäss Art. 19 lit. c erwähnt, sondern vor allem auch daraus, dass allein diese Auslegung gewährleistet, dass der Enteignete sein Eigentum wirklich nur gegen volle Entschädigung preiszugeben hat. Vor Bezahlung der gesamten Entschädigung erwirbt der Enteigner das Eigentum am enteigneten Grundstück nur in den hier nicht gegebenen Ausnahmefällen von Art. 88 Abs. 1 Satz 2 und Art. 86 Abs 2 EntG, nämlich dann, wenn als Entschädigung für den Verkehrswert eines noch nicht endgültig vermessenen Grundstücks neunzig vom Hundert der nach den Massen im aufgelegten Plan berechneten Summe bezahlt sind oder wenn der bundesgerichtliche Instruktionsrichter nach Durchführung des Schriftenwechsels auf Verlangen des Enteigneten die sofortige Bezahlung der nicht mehr streitigen Entschädigung anordnet und gegen Sicherstellung des noch streitigen Betrags verfügt, dass die Wirkung der Enteignung schon mit der Bezahlung der Teilentschädigung (d.h. des nicht mehr streitigen Betrags) eintrete.
Im vorliegenden Fall umfasst die vom Enteigner zu bezahlende volle Entschädigung neben dem von der Vorinstanz festgesetzten Verkehrswert im Sinne von Art. 19 lit. a EntG unstreitig auch eine Entschädigung für Enteignungsnachteile im Sinne von Art. 19 lit. c. Indem die Vorinstanz erkannte, dass die enteignete Liegenschaft auf den 1. April 1957 in das Eigentum der SBB übergehe und dass diese dafür (wenigstens einstweilen) nur die auf Fr. 588'000.-- bezifferte Verkehrswertentschädigung zu bezahlen haben, hat sie also die klaren Bestimmungen von Art. 16 und 91 EntG verletzt. Mit der Zuweisung des Eigentums auf den 1. April 1957 gegen blosse Zahlung des Verkehrswerts wäre übrigens, selbst wenn dieser bis zum angegebenen Tag endgültig festgesetzt werden könnte, für die SBB auch rein praktisch nichts gewonnen; denn die bei Bemessung der Enteignungsnachteile zu berücksichtigenden Vorteile der neuen Anlage gegenüber der alten lassen sich so wenig wie der Verkehrswert der enteigneten Liegenschaft ohne Besichtigung der alten Gebäude richtig schätzen, so dass den SBB der Abbruch trotz dem Eigentumsübergang verboten werden müsste, wenn es nicht möglich wäre, die alten Gebäude noch vor dem 1. April 1957 durch die mit der Schätzung der Enteignungsfolgen betrauten Sachverständigen beider Instanzen besichtigen zu lassen. Daher muss auf jeden Fall das den Eigentumsübergang anordnende Dispositiv 1 des Erkenntnisses der Vorinstanz aufgehoben werden.
3. Das angefochtene Erkenntnis lässt sich aber auch insoweit nicht aufrechterhalten, als es im Sinne eines Teilentscheids über einen von mehreren Posten der Enteignungsentschädigung den Verkehrswert der enteigneten Liegenschaft festsetzt (Dispositiv 2) und den Entscheid über die Enteignungsfolgen auf später verschiebt.
Die Art. 64. lit. a, 72, 73 Abs. 1 lit. g, 73 Abs. 2, 74 Abs. 1, 75, 76, 88 Abs. 1 und 116 EntG sprechen von der "Entschädigung" bzw. vom "Entscheid" der Schätzungskommission in der Einzahl. Von einem Teilentscheid über einzelne Entschädigungsposten und einer Trennung des Verfahrens ist im Gesetz nirgends die Rede. Schon deshalb liegt die Annahme nahe, dass die Schätzungskommission die gesamte Entschädigung in einem einzigen Entscheide festzusetzen hat. Der entscheidende Grund für diese Auslegung des Gesetzes liegt aber nicht im Wortlaut, sondern in sachlichen Erwägungen. Die Entschädigung für eine und dieselbe Enteignung bildet ihrer Natur nach eine Einheit, auch wenn sie aus verschiedenen Bestandteilen besteht. Sie ist das Entgelt für das Interesse, das der Enteignete hatte, nicht enteignet zu werden (vgl. W. BURCKHARDT, Die Entschädigungspflicht nach schweizerischem Expropriationsrecht, ZSR 1913 S. 145 ff.). Wenn der Enteignete eine aus verschiedenen Posten zusammengesetzte Entschädigungsforderung stellt, hat man es nicht etwa mit einer Klagenhäufung im Sinne von Art. 24 BZP zu tun, so wenig wie dort, wo ein Verunfallter im Prozess die Unfallfolgen einklagt und hierbei z.B. Ersatz für Heilungskosten, für eingetretenen Verdienstausfall und für Verminderung der künftigen Erwerbsfähigkeit sowie eine Genugtuungssumme verlangt. Eine Teilung des Verfahrens nach Art. 24 Abs. 3 des Gesetzes über den Bundeszivilprozess (das gemäss Art. 3 der Verordnung für die eidgenössischen Schätzungskommissionen vom 22. Mai 1931 auf das Verfahren dieser Kommissionen entsprechende Anwendung findet, soweit sich aus Gesetz und Verordnung nichts anderes ergibt und die Natur des Verfahrens nicht entgegensteht) kommt also keinesfalls in Frage. So wie der Zivilrichter die Beurteilung eines nicht ziffernmässig nachweisbaren Schadenspostens nicht einfach verweigern oder auf die Zukunft verschieben darf, sondern gemäss Art. 42 OR den Schaden nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge "abschätzen" muss, so muss der Richter auch im Enteignungsverfahren alle Posten der einheitlichen Enteignungsentschädigung auf einmal erledigen.
Die Beurteilung der verschiedenen Bestandteile der Enteignungsentschädigung in getrennten Verfahren ist zudem deswegen abzulehnen, weil sie unvermeidlich auch zu praktischen Schwierigkeiten führt. Zu wissen, wieviel die Entschädigung insgesamt ausmacht, ist für die Parteien weit wichtiger als die Kenntnis der Einzelposten. Solange ihnen nicht bekannt ist, auf welchen Betrag die Schätzungskommission die Gesamtentschädigung bemisst, können sie also nicht richtig beurteilen, ob eine Weiterziehung an das Bundesgericht sich lohne. Ausserdem kann die Teilung des Verfahrens dazu führen, dass die Erledigung der ganzen Sache sich verzögert; denn wenn der auf einen einzelnen Posten bezügliche Teilentscheid weitergezogen wird, so ist es aus technischen Gründen (weil die Akten immer nur einer der beiden Instanzen zur Verfügung stehen können) oft nicht möglich, das bei der Schätzungskommission verbliebene und das beim Bundesgericht hängige Verfahren gleichzeitig zu fördern, sondern die eine oder andere Instanz muss unter Umständen den Fall ruhen lassen, obwohl er für sie spruchreif geworden ist. Schliesslich können sich aus der Teilung des Verfahrens auch Kompetenzkonflikte ergeben. Wird wie hier vorweg über den Verkehrswert entschieden und gegen diesen Entscheid der Rekurs ans Bundesgericht ergriffen, während die Schätzungskommission mit der Frage der Inkonvenienzen befasst bleibt, so weiss man nicht, ob fortan diese Behörde oder aber der bundesgerichtliche Instruktionsrichter über allfällige Gesuche um vorzeitige Besitzeinweisung im Sinne von Art 76 EntG zu befinden habe. (Zur Anwendung dieser Bestimmung im Verfahren vor Bundesgericht vgl. BGE 80 I 109 f.) Alle diese Schwierigkeiten und Unzukömmlichkeiten lassen sich nur dadurch verhindern, dass man eine derartige Teilung des Verfahrens ausschliesst.
Der angefochtene Teilentscheid ist daher aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen zur Festsetzung der Gesamtentschädigung in einem einzigen Entscheide.
Hätte die Vorinstanz das Verfahren nicht geteilt und zur Abschätzung der im Gefolge der Enteignung entstehenden Nachteile (Art. 19 lit. c EntG) die entsprechenden Sachverständigen beigezogen, so läge wohl heute, da die Schätzung aller Inkonvenienzen spätestens zu Beginn dieses Jahres (zwei oder drei Monate vor der Betriebsverlegung) möglich geworden war, bereits ein erstinstanzlicher Entscheid über alle Entschädigungsposten vor.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Der Entscheid der Schätzungskommission VI vom 2. Oktober 1956 wird aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen zur Feststellung der Gesamtentschädigung an die Schätzungskommission VI zurückgewiesen.
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de
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Expropriation. Tous les éléments de l'indemnité d'expropriation cités par l'art. 19 LEx doivent être appréciés en meme temps.
La commission d'estimation ne saurait commencer par fixer l'indemnité relative à la valeur vénale de l'immeuble exproprié (art. 19 litt. a), renvoyer à plus tard sa décision quant aux autres préjudices (art. 19 litt. c) et ordonner que la propriété de l'immeuble exproprié passera à l'expropriant contre paiement de l'indemnité pour la valeur vénale.
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constitutional law and administrative law and public international law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-I-72%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 I 72
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83 I 72
Sachverhalt ab Seite 73
A.- Zur Erweiterung des Bahnhofs Horgen enteignen die Schweiz. Bundesbahnen die 2080 m2 umfassende Liegenschaft der Cottoferm AG., auf der diese ihre chemische Fabrik betreibt. Das Enteignungsverfahren wurde im Frühjahr 1955 eröffnet. Im Dezember 1955 einigten sich die Parteien ausseramtlich dahin, dass die enteignete Liegenschaft am 1. April 1957 geräumt sein und den SBB zum Abbruch zur Verfügung stehen solle. Im März 1956 begann die Enteignete mit dem Bau eines neuen Fabrikgebäudes in Horgen-Oberdorf. Für die laufenden Bauauslagen leisteten ihr die SBB vorschussweise freiwillige Zahlungen. Der Betrieb soll im Laufe des März 1957 stufenweise an den neuen Ort verlegt werden.
B.- Neben der Vergütung des vollen Verkehrswertes der enteigneten Liegenschaft (Art. 19 lit. a EntG), dessen Hauptposten (Wert der Liegenschaft ohne besondere Einrichtungen wie Leitungen nsw.) von der Enteigneten auf Fr. 1'035,549.--, von den SBB dagegen nur auf Fr. 473'043.-- beziffert wurde, verlangte die Enteignete eine Entschädigung für alle weitern ihr durch die Enteignung verursachten Nachteile (Art. 19 lit. c EntG; sog. Inkonvenienzen). Als solche machte sie geltend die Kosten des von der Baudirektion des Kantons Zürich abgelehnten Projekts für einen Neubau in Au-Wädenswil, die Kosten der Verlegung des Betriebes nach Horgen-Oberdorf (Planungskosten, Umtriebe für den Landerwerb, Mehrkosten der Vorproduktion für die Umzugszeit, Produktionsausfall während dieser Zeit, Kosten des Umzugs und der Neueinrichtung), die durch die Lage der neuen Fabrik bedingte Verteuerung der Transporte und den Schaden aus der Erhöhung der Kapitalzinslasten und der Verminderung der Mietzinseinnahmen, die mit der Preisgabe der alten und der Erstellung einer neuen Fabrik verbunden seien, schliesslich die Kosten der Berechnung der Ansprüche auf Enteignungsentschädigung. Weitere Begehren der Enteigneten bezogen sich auf den Ersatz allfälliger Wertzuwachssteuern durch die SBB und auf allfällig beim Abbruch und bei den Grabungen auf der enteigneten Liegenschaft zum Vorschein kommende Wertgegenstände (Schatzfund).
C.- Obwohl die Enteignete die gesamthafte Beurteilung ihrer Begehren verlangte, beschränkte die Schätzungskommission VI das Verfahren entsprechend dem Antrag der SBB auf die Feststellung des Verkehrswertes der enteigneten Liegenschaft. Die weitern Enteignungsnachteile waren bei Gelegenheit des Augenscheins und der Schätzungsverhandlung vom 2. Oktober 1956 Gegenstand einer Einigungsverhandlung, die gemäss dem Protokoll hierüber nicht zu einer endgültigen Erledigung führte, wenn sich auch hinsichtlich einzelner Posten die Möglichkeit einer Verständigung abzeichnete. Das Dispositiv des den Parteien am 23. November 1956 zugestellten Entscheides der Schätzungskommission vom 2. Oktober 1956 lautet wie folgt:
"beschlossen:
1.:... (Nichteintreten auf das Begehren betr. Schatzfund).
2. Über die der Enteigneten zustehende Inkonvenienzentschädigung (Art. 19 lit. c EntG) wird später entschieden.
und
erkannt:
1. Die Liegenschaft ... geht auf den 1. April 1957 ... in das Eigentum der SBB über.
2. Die SBB haben hiefür den Berechtigten als Verkehrswert (Art. 19 lit. a EntG) Fr. 588'000.-- zu bezahlen.
3. Die Verfahrenskosten tragen die SBB. Sie haben der Enteigneten eine Parteientschädigung zu bezahlen.
Über die Höhe der Kosten und der Parteientschädigung wird annlässlich der Erledigung der Inkonvenienzansprüche durch die Schätzungskommission entschieden.
4. ... (Zustellung).
5. ... (Rechtsmittelbelehrung)."
Zur Begründung der Teilung des Verfahrens wird in den Erwägungen im wesentlichen ausgeführt, ordentlicherweise urteile die Schätzungskommission gleichzeitig über alle streitigen Begehren. Dies sei prozessökonomisch und erleichtere den Parteien bzw. dem Enteigner die Entschliessung darüber, ob das Bundesgericht anzurufen bzw. nachträglich auf die Enteignung zu verzichten sei. Das Gesetz enthalte jedoch keine Bestimmung, die unter allen Umständen eine Gesamterledigung fordern würde. Eine Teilung des Verfahrens sei deshalb statthaft, "wenn besondere Verhältnisse sie aufdrängen". So verhalte es sich hier. Die Nachteile infolge der Enteignung (Art. 19 lit. c EntG) seien zur Zeit nicht abschätzbar, da die Kosten der Betriebsverlegung noch nicht feststünden und die tatsächlichen Anlagekosten der neuen Fabrik noch unbekannt seien und genügende Unterlagen fehlten, um die mit der Inkonvenienzentschädigung zu verrechnenden produktionsmässigen Vorteile der neuen Anlage zu bestimmen. Auf der andern Seite sei die Schätzung des Verkehrswertes der enteigneten Liegenschaft spruchreif. Werde sie bis zum Entscheid über die Nachteile aus der Enteignung (Inkonvenienzen) aufgeschoben, so entstehe die Gefahr, dass eine allfällige Bewertung der alten Liegenschaft durch Mitglieder der Oberschätzungskommission im bundesgerichtlichen Verfahren nicht vor Beginn des Abbruchs der Gebäude am 1. April 1957 erfolgen könne. Für eine Schätzung dieser Gebäude bedürfe es aber des Augenscheins; eine durch Pläne und Photographien verdeutlichte Beschreibung des Zustandes könne diesen hier nicht ersetzen. Der sofortige Entscheid über den Verkehrswert dränge sich daher auf. Über die Inkonvenienzbegehren einschliesslich des Antrags auf Ausgleich der mit der Aufgabe der alten Liegenschaft verbundenen Steuern werde die Schätzungskommission entscheiden, sobald dies möglich sei.
Über den Vollzug der Enteignung sagen die Erwägungen der Schätzungskommission, die Parteien hätten die Räumung der Liegenschaft auf Ende März 1957 vereinbart. Dem Wunsche der Enteigneten, bis dahin Eigentümerin des Grundstücks zu bleiben, stehe nichts entgegen. Die SBB seien zur Übernahme der Liegenschaft auf einen frühern Zeitpunkt nicht berechtigt, weil sie diese erst vom erwähnten Datum an benötigten. Sollte der Entscheid der Schätzungskommission dann noch nicht rechtskräftig sein, so könnten die SBB die vorzeitige Besitzeinweisung verlangen.
D.- Mit ihrem Rekurs an das Bundesgericht beantragt die Enteignete, der angefochtene Entscheid sei "nichtig zu erklären", weil die Schätzungskommission in unzulässiger Weise nur einen einzigen der geltend gemachten Ansprüche (nämlich den Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts der enteigneten Liegenschaft) und auch diesen nur unvollständig beurteilt habe; eventuell sei der angefochtene Entscheid aufzuheben, die Entschädigung gemäss den Eingaben der Enteigneten an die Schätzungskommission einschliesslich der Inkonvenienzen auf Fr. 1'506,987.90 zu bestimmen und die Enteignerin zu verpflichten, der Enteigneten die Wertzuwachssteuern zu ersetzen und die beim Abbruch der Gebäude und bei den Grabarbeiten allfällig zu Tage geförderten Gegenstände von Wert auszuhändigen.
Die SBB haben sich der Weiterziehung angeschlossen mit dem Begehren, der (von der Schätzungskommission) auf Fr. 90.- pro m2 bemessene Landwert sei auf Fr. 60.- pro m2 anzusetzen und im übrigen sei der Entscheid der Schätzungskommission zu bestätigen.
E.- Am 5. Februar 1957 bestätigten die Parteien vor der bundesgerichtlichen Instruktionskommission ihre frühere Vereinbarung, wonach die enteignete Liegenschaft den SBB am 1. April 1957 zum Abbruch zur Verfügung stehen soll, und einigten sich dahin, dass das bundesgerichtliche Schätzungsverfahren auch im Falle einer Rückweisung der Sache an die Schätzungskommission noch vor dem Abbruch durchgeführt werden soll. Die SBB erklärten, dass sie auf den Rücktritt vom eingeleiteten Enteignungsverfahren (Art. 14 EntG) verzichten.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. (Zur Rüge, dass die Schätzungskommission den Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts der enteigneten Liegenschaft nicht vollständig beurteilt habe.)
2. Die Enteignung kann gemäss Art. 16 EntG (wo der in Art. 23 Abs. 2 BV aufgestellte allgemeine Grundsatz bestätigt wird) nur gegen volle Entschädigung erfolgen.
Der Enteigner erwirbt das Eigentum am enteigneten Grundstück (oder das auf dem Enteignungsweg eingeräumte Recht an einem Grundstück) gemäss Art. 91 EntG erst durch die Bezahlung der "Entschädigungen". Darunter ist unzweifelhaft die Gesamtheit der dem Enteigneten nach Art. 19 EntG zukommenden Leistungen zu verstehen. Das ergibt sich nicht nur aus dem im gleichen Unterabschnitt (über die Bezahlung der Entschädigung) stehenden Art. 89 EntG, der in Abs. 1 die Entschädigungen gemäss Art. 19 lit. a und b und in Abs. 2 diejenige gemäss Art. 19 lit. c erwähnt, sondern vor allem auch daraus, dass allein diese Auslegung gewährleistet, dass der Enteignete sein Eigentum wirklich nur gegen volle Entschädigung preiszugeben hat. Vor Bezahlung der gesamten Entschädigung erwirbt der Enteigner das Eigentum am enteigneten Grundstück nur in den hier nicht gegebenen Ausnahmefällen von Art. 88 Abs. 1 Satz 2 und Art. 86 Abs 2 EntG, nämlich dann, wenn als Entschädigung für den Verkehrswert eines noch nicht endgültig vermessenen Grundstücks neunzig vom Hundert der nach den Massen im aufgelegten Plan berechneten Summe bezahlt sind oder wenn der bundesgerichtliche Instruktionsrichter nach Durchführung des Schriftenwechsels auf Verlangen des Enteigneten die sofortige Bezahlung der nicht mehr streitigen Entschädigung anordnet und gegen Sicherstellung des noch streitigen Betrags verfügt, dass die Wirkung der Enteignung schon mit der Bezahlung der Teilentschädigung (d.h. des nicht mehr streitigen Betrags) eintrete.
Im vorliegenden Fall umfasst die vom Enteigner zu bezahlende volle Entschädigung neben dem von der Vorinstanz festgesetzten Verkehrswert im Sinne von Art. 19 lit. a EntG unstreitig auch eine Entschädigung für Enteignungsnachteile im Sinne von Art. 19 lit. c. Indem die Vorinstanz erkannte, dass die enteignete Liegenschaft auf den 1. April 1957 in das Eigentum der SBB übergehe und dass diese dafür (wenigstens einstweilen) nur die auf Fr. 588'000.-- bezifferte Verkehrswertentschädigung zu bezahlen haben, hat sie also die klaren Bestimmungen von Art. 16 und 91 EntG verletzt. Mit der Zuweisung des Eigentums auf den 1. April 1957 gegen blosse Zahlung des Verkehrswerts wäre übrigens, selbst wenn dieser bis zum angegebenen Tag endgültig festgesetzt werden könnte, für die SBB auch rein praktisch nichts gewonnen; denn die bei Bemessung der Enteignungsnachteile zu berücksichtigenden Vorteile der neuen Anlage gegenüber der alten lassen sich so wenig wie der Verkehrswert der enteigneten Liegenschaft ohne Besichtigung der alten Gebäude richtig schätzen, so dass den SBB der Abbruch trotz dem Eigentumsübergang verboten werden müsste, wenn es nicht möglich wäre, die alten Gebäude noch vor dem 1. April 1957 durch die mit der Schätzung der Enteignungsfolgen betrauten Sachverständigen beider Instanzen besichtigen zu lassen. Daher muss auf jeden Fall das den Eigentumsübergang anordnende Dispositiv 1 des Erkenntnisses der Vorinstanz aufgehoben werden.
3. Das angefochtene Erkenntnis lässt sich aber auch insoweit nicht aufrechterhalten, als es im Sinne eines Teilentscheids über einen von mehreren Posten der Enteignungsentschädigung den Verkehrswert der enteigneten Liegenschaft festsetzt (Dispositiv 2) und den Entscheid über die Enteignungsfolgen auf später verschiebt.
Die Art. 64. lit. a, 72, 73 Abs. 1 lit. g, 73 Abs. 2, 74 Abs. 1, 75, 76, 88 Abs. 1 und 116 EntG sprechen von der "Entschädigung" bzw. vom "Entscheid" der Schätzungskommission in der Einzahl. Von einem Teilentscheid über einzelne Entschädigungsposten und einer Trennung des Verfahrens ist im Gesetz nirgends die Rede. Schon deshalb liegt die Annahme nahe, dass die Schätzungskommission die gesamte Entschädigung in einem einzigen Entscheide festzusetzen hat. Der entscheidende Grund für diese Auslegung des Gesetzes liegt aber nicht im Wortlaut, sondern in sachlichen Erwägungen. Die Entschädigung für eine und dieselbe Enteignung bildet ihrer Natur nach eine Einheit, auch wenn sie aus verschiedenen Bestandteilen besteht. Sie ist das Entgelt für das Interesse, das der Enteignete hatte, nicht enteignet zu werden (vgl. W. BURCKHARDT, Die Entschädigungspflicht nach schweizerischem Expropriationsrecht, ZSR 1913 S. 145 ff.). Wenn der Enteignete eine aus verschiedenen Posten zusammengesetzte Entschädigungsforderung stellt, hat man es nicht etwa mit einer Klagenhäufung im Sinne von Art. 24 BZP zu tun, so wenig wie dort, wo ein Verunfallter im Prozess die Unfallfolgen einklagt und hierbei z.B. Ersatz für Heilungskosten, für eingetretenen Verdienstausfall und für Verminderung der künftigen Erwerbsfähigkeit sowie eine Genugtuungssumme verlangt. Eine Teilung des Verfahrens nach Art. 24 Abs. 3 des Gesetzes über den Bundeszivilprozess (das gemäss Art. 3 der Verordnung für die eidgenössischen Schätzungskommissionen vom 22. Mai 1931 auf das Verfahren dieser Kommissionen entsprechende Anwendung findet, soweit sich aus Gesetz und Verordnung nichts anderes ergibt und die Natur des Verfahrens nicht entgegensteht) kommt also keinesfalls in Frage. So wie der Zivilrichter die Beurteilung eines nicht ziffernmässig nachweisbaren Schadenspostens nicht einfach verweigern oder auf die Zukunft verschieben darf, sondern gemäss Art. 42 OR den Schaden nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge "abschätzen" muss, so muss der Richter auch im Enteignungsverfahren alle Posten der einheitlichen Enteignungsentschädigung auf einmal erledigen.
Die Beurteilung der verschiedenen Bestandteile der Enteignungsentschädigung in getrennten Verfahren ist zudem deswegen abzulehnen, weil sie unvermeidlich auch zu praktischen Schwierigkeiten führt. Zu wissen, wieviel die Entschädigung insgesamt ausmacht, ist für die Parteien weit wichtiger als die Kenntnis der Einzelposten. Solange ihnen nicht bekannt ist, auf welchen Betrag die Schätzungskommission die Gesamtentschädigung bemisst, können sie also nicht richtig beurteilen, ob eine Weiterziehung an das Bundesgericht sich lohne. Ausserdem kann die Teilung des Verfahrens dazu führen, dass die Erledigung der ganzen Sache sich verzögert; denn wenn der auf einen einzelnen Posten bezügliche Teilentscheid weitergezogen wird, so ist es aus technischen Gründen (weil die Akten immer nur einer der beiden Instanzen zur Verfügung stehen können) oft nicht möglich, das bei der Schätzungskommission verbliebene und das beim Bundesgericht hängige Verfahren gleichzeitig zu fördern, sondern die eine oder andere Instanz muss unter Umständen den Fall ruhen lassen, obwohl er für sie spruchreif geworden ist. Schliesslich können sich aus der Teilung des Verfahrens auch Kompetenzkonflikte ergeben. Wird wie hier vorweg über den Verkehrswert entschieden und gegen diesen Entscheid der Rekurs ans Bundesgericht ergriffen, während die Schätzungskommission mit der Frage der Inkonvenienzen befasst bleibt, so weiss man nicht, ob fortan diese Behörde oder aber der bundesgerichtliche Instruktionsrichter über allfällige Gesuche um vorzeitige Besitzeinweisung im Sinne von Art 76 EntG zu befinden habe. (Zur Anwendung dieser Bestimmung im Verfahren vor Bundesgericht vgl. BGE 80 I 109 f.) Alle diese Schwierigkeiten und Unzukömmlichkeiten lassen sich nur dadurch verhindern, dass man eine derartige Teilung des Verfahrens ausschliesst.
Der angefochtene Teilentscheid ist daher aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen zur Festsetzung der Gesamtentschädigung in einem einzigen Entscheide.
Hätte die Vorinstanz das Verfahren nicht geteilt und zur Abschätzung der im Gefolge der Enteignung entstehenden Nachteile (Art. 19 lit. c EntG) die entsprechenden Sachverständigen beigezogen, so läge wohl heute, da die Schätzung aller Inkonvenienzen spätestens zu Beginn dieses Jahres (zwei oder drei Monate vor der Betriebsverlegung) möglich geworden war, bereits ein erstinstanzlicher Entscheid über alle Entschädigungsposten vor.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Der Entscheid der Schätzungskommission VI vom 2. Oktober 1956 wird aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen zur Feststellung der Gesamtentschädigung an die Schätzungskommission VI zurückgewiesen.
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Espropriazione. Tutti gli elementi dell'indennità d'espropriazione a norma dell'art. 19 LEspr. devono essere vagliati nello stesso tempo.
La Commissione di stima non può fissare dapprima l'indennità relativa al valore venale dell'immobile espropriato(art. 19 lett. a), differire a più tardi la decisione circa gli altri pregiudizi (art. 19 lett. c) e ordinare la trasmissione della proprietà dell'immobile dall'espropriato all'espropriante verso pagamento dell'indennità per il valore venale.
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constitutional law and administrative law and public international law
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83 I 81
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83 I 81
Sachverhalt ab Seite 81
A.- Friedrich B., der am 23. November 1953 in Bern starb, hinterliess als einzige Erben den Sohn Fritz B. und die Tochter Lucie D. geb. B. Im Auftrag der Erben nahm Notar S. in Bern das Inventar des Nachlasses auf; er besorgte ausserdem einige weitere die Erbschaft betreffende Geschäfte. So erstellte er je eine sogen. Erbgangsurkunde über die Grundstücke des Erblassers in den Grundbuchkreisen Bern, Laupen und Tafers; unter Vorlegung dieser Urkunden meldete er den gesetzlichen Eigentumsübergang vom Erblasser auf die Erbengemeinschaft zur Eintragung im Grundbuch an. Am 31. Dezember 1955 stellte er den Erben für seine Bemühungen Gebühren von Fr. 12'000.-- und Auslagen von Fr. 548.35 in Rechnung. Die Erben anerkannten und beglichen die Forderung bis auf einen Rechnungsposten von Fr. 5901.80, der sich auf Gebühren für die Errichtung der drei Erbgangsurkunden bezieht, wofür 3 des amtlichen Werts der Liegenschaften von Fr. 1'513,289.-- zuzüglich 30% Teuerungszulage verlangt wurden.
B.- Gestützt auf Art. 25 des bernischen Gesetzes über das Notariat (NG) vom 31. Januar 1909 ersuchten die Erben die Justizdirektion des Kantons Bern um amtliche Kostenfestsetzung mit dem Antrag auf angemessene Herabsetzung des genannten Rechnungspostens. Sie machten geltend, die Leistungen, die der Notar in diesem Zusammenhang zu erbringen gehabt habe, rechtfertigten die Höhe der Gebühr nicht. Die Einwohnergemeinderäte stellten den eingesetzten Erben für 5 bis 10 Franken eine Erbbescheinigung aus. Der Notar dürfe für diesen Teil der Erbgangsurkunde nicht wesentlich mehr berechnen. Für die weiter darin enthaltene Liegenschaftsbeschreibung, die überflüssig sei, dürfe höchstens so viel verlangt werden wie für einen Grundbuchauszug. Das Eintragungsgesuch, das sich daran anschliesst, sei keine öffentliche Urkunde, weshalb dafür keine Notariatsgebühr erhoben werden dürfe.
C.- Am 27. Oktober 1956 hat die Justizdirektion auf Grund eines Gutachtens der Notariatskammer die streitige Gebühr auf Fr. 3026.60 herabgesetzt. Sie hat dabei festgestellt, dass sich Notar S. an den Tarif des Verbands bernischer Notare gehalten hat. Der angewendete Gebührenansatz stütze sich auf frühere Moderationsentscheide und ein Kreisschreiben der Justizdirektion. Im allgemeinen habe es sich durchaus bewährt, die Gebühr für Erbgangsurrkunden auf 3 des amtlichen Werts der darin aufgeführten Liegenschaften anzusetzen. Im vorliegenden Fall stehe eine so bemessene Entschädigung indes zum Arbeitsaufwand des Notars in keinem rechten Verhältnis. Die Gebühr sei deshalb ausnahmsweise auf 2 des amtlichen Werts der Grundstücke festzusetzen.
D.- Fritz B. und Frau Lucie D. geb. B. führen staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Art. 4 und 58 Abs. 1 BV. Sie beantragen, der Entscheid der Justizdirektion sei aufzuheben und die ihm zugrunde liegenden Bestimmungen des bernischen Notariatsrechts seien für nicht (amtlich) tarifierte Verrichtungen des Notars als unanwendbar zu erklären.
E.- Die Justizdirektion des Kantons Bern und Notar S. schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Gemäss Art. 23 Abs. 3 NG wird die Höhe der vom Notar zu beziehenden Gebühren regelmässig durch einen vom Grossen Rat aufzustellenden Tarif bestimmt. Die Entschädigung für Verrichtungen, auf die sich der Tarif nicht ausdrücklich erstreckt, ist zwischen dem Notar und den Parteien zu vereinbaren. In jedem Fall aber haben die zahlungspflichtige Partei und der Notar das Recht, die geschuldeten Gebühren durch die Justizdirektion amtlich festsetzen zu lassen (Art. 25 NG).
Dem Entscheid dieser Behörde kommt nach dem Gesetz die Bedeutung eines "rechtskräftigen Administrativurteils" zu. Dieses ergeht nur über die Höhe der Kostenforderung des Notars; über die Schuldpflicht hat im Streitfall der Zivilrichter zu entscheiden (ZBJV 65 S. 175; MBVR 35 Nr. 182, 36 Nr. 132 und 134, 40 Nr. 236; vgl. auch BGE 38 I 504 ff.). Hinsichtlich der Höhe der Kostenforderung ist der Richter an den Entscheid der Justizdirektion gebunden. Die Festsetzungsverfügung stellt damit nicht bloss eine gutachtliche Äusserung dar, sondern einen individuellen, konkreten kantonalen Hoheitsakt, der ein bestimmter Rechtsverhältnis nach einer Richtung hin endgültig und verbindlich ordnet. Eine solche Verfügung kann Gegenstand der staatsrechtlichen Beschwerde bilden.
Während die Beschwerde wegen Verletzung des Art. 58 Abs. 1 BV schon vor Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs erhoben werden kann (Art. 86 Abs. 2 OG), kann die Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV erst an den Entscheid der letzten kantonalen Instanz angeschlossen werden (Art. 87 OG). Da die Justizdirektion als einzige kantonale Instanz urteilt, ist diese Voraussetzung erfüllt. Ob die Kostenfestsetzung als Endentscheid oder als Zwischenentscheid zu betrachten sei, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang, da die Beschwerde auch im zweiten Fall zulässig ist, sofern der Entscheid für den Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hat (Art. 87 OG). Dies trifft unter den vorliegenden Verhältnissen ohne weiteres zu.
2. Die Beschwerdeführer rügen in erster Linie eine Verletzung der Gewährleistung des verfassungsmässigen Richters (Art. 58 Abs. 1 BV). Sie beantragen, der angefochtene Entscheid sei, weil von einer unzuständigen Instanz erlassen, aufzuheben, und die dem Entscheid zugrunde liegenden Bestimmungen des bernischen Notariatsrechts (Art. 25 NG sowie § 12 des Dekrets betreffend die Ausführung des Gesetzes über das Notariat vom 24. November 1909) seien für nicht (amtlich) tarifierte Verrichtungen der Notare als unanwendbar zu erklären. Ist das zweite Beschwerdebegehren lediglich dahin zu verstehen, dass die erwähnten kantonalen Bestimmungen im vorliegenden Fall nicht anzuwenden seien, so kommt ihm keine selbständige Bedeutung zu. Sollte es den Beschwerdeführern dagegen darum gehen, jene Vorschriften allgemein für nicht tarifierte Verrichtungen als unanwendbar erklären zu lassen, so könnte auf diesen Antrag nicht eingetreten werden. Eine Erklärung dieses Inhalts liefe auf eine teilweise Aufhebung von Art. 25 NG und § 12 des Dekrets hinaus. Das kann aber, nachdem die Frist zur Anfechtung des Notariatsgesetzes und der zugehörigen Verordnung längst abgelaufen ist, nicht mehr verlangt werden.
3. Mit der Vorschrift, niemand dürfe seinem verfassungsmässigen Richter entzogen werden, gewährleistet Art. 58 Abs. 1 BV dem Bürger die Freiheit, nur von dem Richter Recht zu nehmen, der nach den bestehenden Verfassungsbestimmungen, Gesetzen und Verordnungen allgemein für die Streitsachen zuständig ist, zu denen der konkrete Prozess gehört (FLEINER/GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht, S. 867). Dass ihre Sache von der nach kantonalem Recht zuständigen Instanz beurteilt worden ist, räumen die Beschwerdeführer selbst ein, wenn sie erklären, die bernische Notariatsgesetzgebung habe sie veranlasst, die Justizdirektion anzurufen. Entgegen ihrer Auffassung verstossen die betreffenden kantonalen Vorschriften ihrerseits nicht gegen Art. 58 Abs. 1 BV. Dieser Verfassungssatz fordert weder eine bestimmte Gerichtsorganisation noch ein bestimmtes Verfahren. Insbesondere verlangt Art. 58 Abs. 1 BV nicht, dass zivilrechtliche Ansprüche ausschliesslich durch Zivilgerichte, verwaltungsrechtliche Streitigkeiten dagegen nur durch Verwaltungsbehörden zu beurteilen seien (vgl. BGE 16 728, 27 I 35).
Auf die Einwendungen, welche die Beschwerdeführer gegen die Ausgestaltung des kantonalen Verfahrens vorbringen, könnte daher nur unter dem Gesichtswinkel des von ihnen gleichfalls angerufenen Art. 4 BV eingetreten werden. Die Beantwortung der Frage, ob ihnen in formeller Hinsicht das Recht verweigert worden sei, erübrigt sich jedoch, da ihre Beschwerde, wie sich im Folgenden ergibt, jedenfalls wegen materieller Rechtsverweigerung gutzuheissen ist.
4. Die angefochtene Kostenfestsetzung bezieht sich auf die Ausstellung sogen. Erbgangsurrkunden. Diese Urkunden sind von der Praxis der bernischen Notariate und Grundbuchämter im Hmnblick auf die Anmeldung und Eintragung des Eigentumsübergangs kraft gesetzlicher Erbfolge entwickelt worden. Erster Bestandteil der Urkunde bildet die Erbbescheinigung, der herkömmlicherweise ein Verzeichnis der Liegenschaften des Erblassers (mit genauer Beschreibung jedes einzelnen Grundstücks) und das Gesuch an das Grundbuchamt um Eintragung des erbrechtlichen Eigentumsüberganges folgen.
Diese Teile sind von verschiedener rechtlicher Natur. Die Ausstellung der Erbbescheinigung ist der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit zuzurechnen (GULDENER, Freiwillige Gerichtsbarkeit, S. 9). Ob nach bernischem Recht allein der Notar den gesetzlichen Erben eine solche Bescheinigung ausstellen dürfe (wie die Justizdirektion in einem Kreisschreiben vom 19. Juni 1934, ZBGR 20 S. 167 f., unter Hinweis auf die herrschende Meinung annimmt), oder ob diese Befugnis daneben auch den Einwohnergemeinderäten zukomme, die zur Ausstellung von Erbbescheinigungen an eingesetzte Erben zuständig sind, kann dahingestellt bleiben. Nimmt ein Notar, wie das hier der Fall war, diese Verrichtung vor, so handelt es sich dabei jedenfalls um eine berufliche Dienstleistung, die er nur in seiner Eigenschaft als Notar erbringen kann.
Im Gegensatz dazu liegen den weiteren Bestandteilen der Erbgangsurkunde nicht eigentlich notarielle Verrichtungen zugrunde. Den erbrechtlichen Eigentumsübergang können die Erben, die im Besitz einer Erbbescheinigung sind, ohne Hilfe des Notars beim Grundbuchamt zur Eintragung anmelden. Die entsprechende Erklärung braucht nicht öffentlich beurkundet zu werden. Der dieses Begehren enthaltende dritte Teil der Erbgangsurkunde ist deshalb von den Beschwerdeführern unterzeichnet worden. Das Verzeichnis der Liegenschaften des Erblassers ist als Teil des Eintragungsgesuchs aufzufassen.
5. Arbeit und Verantwortung des Notars sind demnach vornehmlich mit der Ausstellung der Erbbescheinigung verknüpft. Als Akt der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit stellt diese Verrichtung eine Amtshandlung dar (vgl. BGE 73 I 385), die, was die hier zu beurteilenden Rechtsfolgen anbelangt, durch das öffentliche Recht geregelt wird. Für Verrichtungen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit steht dem Notar denn auch nicht eine Vergütung im Sinne des Obligationenrechts zu, sondern ein Entgelt von Gebührencharakter (MARTI, Der Notar des Kantons Bern, in Notar und Recht, Festschrift des Verbands bernischer Notare 1953, S. 37).
Gemäss Art. 23 NG ist der Notar berechtigt, eine Entschädigung sowie den vollen Ersatz der Auslagen zu fordern. Der Gebührenanspruch des Notars beruht somit dem Grundsatze nach auf einer besonderen gesetzlichen Grundlage, wie sie für Gebühren, die den Bürger erheblich belasten, verlangt werden muss (BGE 82 I 28). Das Gesetz oder die von ihm abgezweigte Verordnung hat aber gleichzeitig auch den Gebührentarif festzusetzen; denn die Bestimmung der Höhe der Gebühr darf im Rechtsstaat nicht der Entscheidung von Fall zu Fall überlassen bleiben (FLEINER, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl., S. 135 f., 426; vgl. auch BGE 80 I 327). Wohl kann eine Gebührenordnung kaum je sämtliche denkbaren Anwendungsfälle einzeln erfassen. Alle wichtigeren gebührenpflichtigen Amtshandlungen sollten darin indes in einer Weise berücksichtigt werden, dass sich allfällige Lücken mittels Auslegung unschwer ausfüllen lassen.
Das bernische Notariatsrecht geht andere Wege. Das Dekret betreffend die Notariatsgebühren vom 13. März 1919 enthält lediglich 6 Gebührenansätze (während der vom Verband bernischer Notare erlassene Tarif vergleichsweise allein für eigentlich notarielle Handlungen 59 Gebührenansätze vorsieht). Die Lücken der Gebührenordnung sucht Art. 23 Abs. 3 NG dadurch zu schliessen, dass er die Festsetzung der Entschädigung für Verrichtungen, auf die sich der Tarif nicht ausdrücklich erstreckt, der freien Vereinbarung zwischen dem Notar und den Parteien anheimstellt. Um den Beteiligten und namentlich dem Bürger, der bei dieser Regelung praktisch weitgehend von den mit der "ausschliesslichen Befugnis zur Vornahme von Handlungen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit" (Art. 1 Abs. 2 NG) ausgestatteten Angehörigen des "autorisierten" Notariatsberufes (Art. 1 Abs. 1 NG) abhängig ist, ein gewisses Mass von Rechtssicherheit zu gewährleisten, öffnet Art. 25 NG beiden Seiten die Möglichkeit, die Notariatsgebühr (nachträglich) durch die Justizdirektion amtlich festsetzen zu lassen.
Wie weit diese Ordnung den oben angeführten rechtsstaatlichen Anforderungen gerecht wird, braucht nicht geprüft zu werden. Zu untersuchen ist einzig, ob der angefochtene Entscheid, der im Rahmen dieser Ordnung ergangen ist, der Rüge der Willkür standhalte.
6. Zu den wichtigen und häufig vorzunehmenden Verrichtungen, auf die sich der Dekretstarif nicht erstreckt, gehört auch die Ausstellung von Erbbescheinigungen bzw. von Erbgangsurkunden. Dass sie, da Gesetz und Verordnung hiefür keine bestimmte Gebühr festlegen, überhaupt nicht zur Entrichtung einer solchen verpflichtet seien (vgl. BGE 80 I 327 und dortige Zitate), machen die Beschwerdeführer nicht geltend. Sie fechten vielmehr ausschliesslich die Höhe der streitigen Gebühr an und bemängeln die Art der Kostenberechnung.
Bei Festsetzung der Entschädigung hat die Justizdirektion auf Art. 23 Abs. 3 NG hingewiesen, der bei Fehlen eines amtlichen Gebührenansatzes die freie Vereinbarung zwischen Notar und Bürger Platz greifen lässt. Sie ist aber richtigerweise nicht davon ausgegangen, dass die Parteien im vorliegenden Fall eine solche Abrede getroffen hätten. Zu Recht hat sie ihnen nicht unterstellt, sich stillschweigend auf den Konventionaltarif des Verbands bernischer Notare geeinigt zu haben, der den Beschwerdeführern gar nicht bekannt war. Dass dieser Tarif für die Justizdirektion nicht verbindlich ist, steht ausser Frage (MBVR 11 Nr. 43, 39 Nr. 202); sie hat sich nur insofern darauf berufen, als ihre eigene "jahrzehntealte Praxis" (die sie in einem Kreisschreiben vom 14. Mai 1935 zusammengefasst hat) darin eingegangen ist.
Mangels gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen über die Höhe der geschuldeten Gebühr hat die Justizdirektion ihren Entscheid nach freiem Ermessen getroffen, wobei sie sich im einzelnen auf allgemeine finanzrechtliche Grundsätze berufen hat. Nach Rechtsprechung und Wissenschaft ist die Gebühr ein besonderes Entgelt für eine bestimmte, durch den Pflichtigen veranlasste Amtshandlung. Um als Gegenleistung für die beanspruchte amtliche Tätigkeit gelten zu können, muss die Abgabe der Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten dieser Verrichtung und der Grösse der damit verbundenen Verantwortung stehen. Unter den Kosten sind dabei nicht nur die unmittelbaren Aufwendungen für die verlangte Amtshandlung zu verstehen; es fällt darunter auch ein entsprechender Anteil an den allgemeinen Unkosten (BGE 53 I 482, BGE 56 I 515, BGE 72 I 394 ff.). Die Verteilung der Unkosten auf die einzelnen Verrichtungen braucht nicht notwendigerweise dem durch diese verursachten Arbeits- und Kostenaufwand zu entsprechen; vielmehr dürfen die Gebühren im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der mit der Amtshandlung verbundenen Verantwortung nach dem Interesse des Pflichtigen an der behördlichen Verrichtung und nach dessen Leistungsfähigkeit so abgestuft werden, dass die Gebühren für bedeutende Geschäfte den Ausfall aus Verrichtungen ausgleichen, für die wegen der Geringfügigkeit des Interesses keine kostendeckende Entschädigung verlangt werden kann (BGE 53 I 468 /7, BGE 72 I 396). So können die Grundbuchgebühren nach dem Wert der einzutragenden Rechte (BGE 53 I 486 ff.), die Gebühren für die Prüfung vormundschaftlicher Inventare und Rechnungen nach der Höhe des Mündelvermögen (BGE 29 I 45 und das in BGE 53 I 487 angeführte nicht veröffentlichte Urteil vom 13. April 1927 i.S. Tobler), die Gerichtsgebühren nach dem Streitwert berechnet werden. Dieser Staffelung sind jedoch insofern gewisse Grenzen gesetzt, als dadurch nicht die Benützung bestimmter Institute verunmöglicht oder übermässig erschwert werden darf (BGE 48 I 540, BGE 73 I 383 Erw. 8, BGE 75 I 111 ff., BGE 79 I 213 Erw. 2 und 3, BGE 82 I 286 Erw. 4), und als die Abgabe nie den Charakter einer Gebühr verlieren darf, wie das der Fall wäre, wenn sie zu den wirklichen Kosten der verlangten Verrichtung in keinem vernünftigen Verhältnis mehr stünde.
7. Mit den Beschwerdeführern ist festzustellen, dass die vom Notar erbrachte Leistung und die von der Justizdirektion festgesetzte Gegenleistung in einem solchen Missverhältnis stehen. Beim heutigen Ausbau des Zivilstandswesens sind die gesetzlichen Erben in der Regel ohne Schwierigkeiten und grossen Zeitaufwand zu ermitteln, was die mit der Ausstellung einer Erbbescheinigung verbundenen Risiken entsprechend verringert. Der Konventionaltarif des Verbands bernischer Notare sieht denn auch für "Erbgangsbescheinigungen in Titel" lediglich eine Gebühr von 5 bis 20 Franken (zuzüglich 30% Teuerungszulage) vor. Dass dieser von den unmittelbar daran Interessierten gewählte Ansatz den tatsächlichen Aufwendungen nicht gerecht werde, ist nach dem Gesagten nicht anzunehmen. Die Ausstellung von Erbbescheinigungen zuhanden des Grundbuchamtes verursacht aber weder mehr Arbeit, noch schliesst sie eine höhere Verantwortung in sich als die Errichtung von "Erbgangsbescheinigungen in Titel". Eine Entschädigung in der genannten Höhe dürfte daher auch in Fällen wie dem vorliegenden den wirklichen Aufwendungen des Notars Rechnung tragen. Wie dargelegt, darf der dafür ausgesetzte Betrag um einen dem Interesse an der Verrichtung angepassten Anteil an den allgemeinen Unkosten erhöht werden, wobei der Umstand berücksichtigt werden kann, dass der Notar für viele kleinere Geschäfte nur ungenügend bezahlt wird. Dieser Zuschlag darf indes nicht so bemessen werden, dass die Entschädigung für die unmittelbaren Aufwendungen nur noch den kleinsten Teil der Gebühr ausmacht. Dies trifft hier jedoch zu. Wenn die Justizdirektion die Entschädigung für eine keine besonderen Schwierigkeiten und Risiken in sich schliessende Verrichtung auf weit mehr als das Dutzendfache dessen festgesetzt hat, was dem Notar für den mit der Ausstellung der Erbbescheinigung verbundenen Zeitaufwand bestenfalls hätte zugesprochen werden können, so hat sie damit die Grundsätze, nach denen die Gebühr zu bemessen ist, offensichtlich verkannt.
Dass die in Frage stehenden Erbgangsurkunden neben der Erbbescheinigung das Gesuch um Eintragung des erbrechtlichen Eigentumsüberganges und ein ausführliches Liegenschaftsverzeichnis enthalten, vermag daran nichts zu ändern. Das Gesuch an das Grundbuchamt, das von den Erben selbst unterzeichnet ist, umfasst lediglich wenige Zeilen. Dem Liegenschaftsverzeichnis aber darf bei der Festsetzung der Gebühr nicht die Bedeutung beigelegt werden, die ihm dem Umfang nach zuzukommen scheint. Die darin enthaltenen (vom Standpunkt des Bundesrechts aus übrigens nicht erforderlichen) Liegenschaftsbeschreibungen stellen nichts anderes dar als die Wiedergabe von Grundbuchauszügen, die ihrerseits öffentlichen Glauben geniessen. Der mit ihrer Erstellung verbundene Aufwand kann nur gering eingeschätzt werden.
8. Nach dem Gesagten hat die Justizdirektion bei Festsetzung der streitigen Gebühr den für die Bemessung einer solchen massgebenden Grundsätzen und Umständen nicht Rechnung getragen. Sie hat damit die Grenzen des pflichtgemässen Ermessens überschritten. Ihr Entscheid erscheint insofern als willkürlich; er ist, weil gegen Art. 4 BV verstossend, aufzuheben, ohne dass auf die weiteren Einwendungen der Beschwerdeführer einzutreten wäre.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird insofern teilweise gutgeheissen, als der Entscheid der Justizdirektion des Kantons Bern vom 27. Oktober 1956 aufgehoben wird.
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1. Art. 58 Abs. 1 BV: Tragweite der Gewährleistung des verfassungsmässigen Richters (Erw. 3). 2. Gebühren:
Für Verrichtungen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit (Ausstellung von Erbbescheinigungen) steht dem bernischen Notar ein Entgelt von Gebührencharakter zu (Erw. 5).
Erfordernis der gesetzlichen Grundlage (Erw. 5).
Grundsätze für die Bemessung einer Notariatsgebühr (Erw. 6, 7).
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constitutional law and administrative law and public international law
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83 I 81
Sachverhalt ab Seite 81
A.- Friedrich B., der am 23. November 1953 in Bern starb, hinterliess als einzige Erben den Sohn Fritz B. und die Tochter Lucie D. geb. B. Im Auftrag der Erben nahm Notar S. in Bern das Inventar des Nachlasses auf; er besorgte ausserdem einige weitere die Erbschaft betreffende Geschäfte. So erstellte er je eine sogen. Erbgangsurkunde über die Grundstücke des Erblassers in den Grundbuchkreisen Bern, Laupen und Tafers; unter Vorlegung dieser Urkunden meldete er den gesetzlichen Eigentumsübergang vom Erblasser auf die Erbengemeinschaft zur Eintragung im Grundbuch an. Am 31. Dezember 1955 stellte er den Erben für seine Bemühungen Gebühren von Fr. 12'000.-- und Auslagen von Fr. 548.35 in Rechnung. Die Erben anerkannten und beglichen die Forderung bis auf einen Rechnungsposten von Fr. 5901.80, der sich auf Gebühren für die Errichtung der drei Erbgangsurkunden bezieht, wofür 3 des amtlichen Werts der Liegenschaften von Fr. 1'513,289.-- zuzüglich 30% Teuerungszulage verlangt wurden.
B.- Gestützt auf Art. 25 des bernischen Gesetzes über das Notariat (NG) vom 31. Januar 1909 ersuchten die Erben die Justizdirektion des Kantons Bern um amtliche Kostenfestsetzung mit dem Antrag auf angemessene Herabsetzung des genannten Rechnungspostens. Sie machten geltend, die Leistungen, die der Notar in diesem Zusammenhang zu erbringen gehabt habe, rechtfertigten die Höhe der Gebühr nicht. Die Einwohnergemeinderäte stellten den eingesetzten Erben für 5 bis 10 Franken eine Erbbescheinigung aus. Der Notar dürfe für diesen Teil der Erbgangsurkunde nicht wesentlich mehr berechnen. Für die weiter darin enthaltene Liegenschaftsbeschreibung, die überflüssig sei, dürfe höchstens so viel verlangt werden wie für einen Grundbuchauszug. Das Eintragungsgesuch, das sich daran anschliesst, sei keine öffentliche Urkunde, weshalb dafür keine Notariatsgebühr erhoben werden dürfe.
C.- Am 27. Oktober 1956 hat die Justizdirektion auf Grund eines Gutachtens der Notariatskammer die streitige Gebühr auf Fr. 3026.60 herabgesetzt. Sie hat dabei festgestellt, dass sich Notar S. an den Tarif des Verbands bernischer Notare gehalten hat. Der angewendete Gebührenansatz stütze sich auf frühere Moderationsentscheide und ein Kreisschreiben der Justizdirektion. Im allgemeinen habe es sich durchaus bewährt, die Gebühr für Erbgangsurrkunden auf 3 des amtlichen Werts der darin aufgeführten Liegenschaften anzusetzen. Im vorliegenden Fall stehe eine so bemessene Entschädigung indes zum Arbeitsaufwand des Notars in keinem rechten Verhältnis. Die Gebühr sei deshalb ausnahmsweise auf 2 des amtlichen Werts der Grundstücke festzusetzen.
D.- Fritz B. und Frau Lucie D. geb. B. führen staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Art. 4 und 58 Abs. 1 BV. Sie beantragen, der Entscheid der Justizdirektion sei aufzuheben und die ihm zugrunde liegenden Bestimmungen des bernischen Notariatsrechts seien für nicht (amtlich) tarifierte Verrichtungen des Notars als unanwendbar zu erklären.
E.- Die Justizdirektion des Kantons Bern und Notar S. schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Gemäss Art. 23 Abs. 3 NG wird die Höhe der vom Notar zu beziehenden Gebühren regelmässig durch einen vom Grossen Rat aufzustellenden Tarif bestimmt. Die Entschädigung für Verrichtungen, auf die sich der Tarif nicht ausdrücklich erstreckt, ist zwischen dem Notar und den Parteien zu vereinbaren. In jedem Fall aber haben die zahlungspflichtige Partei und der Notar das Recht, die geschuldeten Gebühren durch die Justizdirektion amtlich festsetzen zu lassen (Art. 25 NG).
Dem Entscheid dieser Behörde kommt nach dem Gesetz die Bedeutung eines "rechtskräftigen Administrativurteils" zu. Dieses ergeht nur über die Höhe der Kostenforderung des Notars; über die Schuldpflicht hat im Streitfall der Zivilrichter zu entscheiden (ZBJV 65 S. 175; MBVR 35 Nr. 182, 36 Nr. 132 und 134, 40 Nr. 236; vgl. auch BGE 38 I 504 ff.). Hinsichtlich der Höhe der Kostenforderung ist der Richter an den Entscheid der Justizdirektion gebunden. Die Festsetzungsverfügung stellt damit nicht bloss eine gutachtliche Äusserung dar, sondern einen individuellen, konkreten kantonalen Hoheitsakt, der ein bestimmter Rechtsverhältnis nach einer Richtung hin endgültig und verbindlich ordnet. Eine solche Verfügung kann Gegenstand der staatsrechtlichen Beschwerde bilden.
Während die Beschwerde wegen Verletzung des Art. 58 Abs. 1 BV schon vor Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs erhoben werden kann (Art. 86 Abs. 2 OG), kann die Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV erst an den Entscheid der letzten kantonalen Instanz angeschlossen werden (Art. 87 OG). Da die Justizdirektion als einzige kantonale Instanz urteilt, ist diese Voraussetzung erfüllt. Ob die Kostenfestsetzung als Endentscheid oder als Zwischenentscheid zu betrachten sei, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang, da die Beschwerde auch im zweiten Fall zulässig ist, sofern der Entscheid für den Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hat (Art. 87 OG). Dies trifft unter den vorliegenden Verhältnissen ohne weiteres zu.
2. Die Beschwerdeführer rügen in erster Linie eine Verletzung der Gewährleistung des verfassungsmässigen Richters (Art. 58 Abs. 1 BV). Sie beantragen, der angefochtene Entscheid sei, weil von einer unzuständigen Instanz erlassen, aufzuheben, und die dem Entscheid zugrunde liegenden Bestimmungen des bernischen Notariatsrechts (Art. 25 NG sowie § 12 des Dekrets betreffend die Ausführung des Gesetzes über das Notariat vom 24. November 1909) seien für nicht (amtlich) tarifierte Verrichtungen der Notare als unanwendbar zu erklären. Ist das zweite Beschwerdebegehren lediglich dahin zu verstehen, dass die erwähnten kantonalen Bestimmungen im vorliegenden Fall nicht anzuwenden seien, so kommt ihm keine selbständige Bedeutung zu. Sollte es den Beschwerdeführern dagegen darum gehen, jene Vorschriften allgemein für nicht tarifierte Verrichtungen als unanwendbar erklären zu lassen, so könnte auf diesen Antrag nicht eingetreten werden. Eine Erklärung dieses Inhalts liefe auf eine teilweise Aufhebung von Art. 25 NG und § 12 des Dekrets hinaus. Das kann aber, nachdem die Frist zur Anfechtung des Notariatsgesetzes und der zugehörigen Verordnung längst abgelaufen ist, nicht mehr verlangt werden.
3. Mit der Vorschrift, niemand dürfe seinem verfassungsmässigen Richter entzogen werden, gewährleistet Art. 58 Abs. 1 BV dem Bürger die Freiheit, nur von dem Richter Recht zu nehmen, der nach den bestehenden Verfassungsbestimmungen, Gesetzen und Verordnungen allgemein für die Streitsachen zuständig ist, zu denen der konkrete Prozess gehört (FLEINER/GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht, S. 867). Dass ihre Sache von der nach kantonalem Recht zuständigen Instanz beurteilt worden ist, räumen die Beschwerdeführer selbst ein, wenn sie erklären, die bernische Notariatsgesetzgebung habe sie veranlasst, die Justizdirektion anzurufen. Entgegen ihrer Auffassung verstossen die betreffenden kantonalen Vorschriften ihrerseits nicht gegen Art. 58 Abs. 1 BV. Dieser Verfassungssatz fordert weder eine bestimmte Gerichtsorganisation noch ein bestimmtes Verfahren. Insbesondere verlangt Art. 58 Abs. 1 BV nicht, dass zivilrechtliche Ansprüche ausschliesslich durch Zivilgerichte, verwaltungsrechtliche Streitigkeiten dagegen nur durch Verwaltungsbehörden zu beurteilen seien (vgl. BGE 16 728, 27 I 35).
Auf die Einwendungen, welche die Beschwerdeführer gegen die Ausgestaltung des kantonalen Verfahrens vorbringen, könnte daher nur unter dem Gesichtswinkel des von ihnen gleichfalls angerufenen Art. 4 BV eingetreten werden. Die Beantwortung der Frage, ob ihnen in formeller Hinsicht das Recht verweigert worden sei, erübrigt sich jedoch, da ihre Beschwerde, wie sich im Folgenden ergibt, jedenfalls wegen materieller Rechtsverweigerung gutzuheissen ist.
4. Die angefochtene Kostenfestsetzung bezieht sich auf die Ausstellung sogen. Erbgangsurrkunden. Diese Urkunden sind von der Praxis der bernischen Notariate und Grundbuchämter im Hmnblick auf die Anmeldung und Eintragung des Eigentumsübergangs kraft gesetzlicher Erbfolge entwickelt worden. Erster Bestandteil der Urkunde bildet die Erbbescheinigung, der herkömmlicherweise ein Verzeichnis der Liegenschaften des Erblassers (mit genauer Beschreibung jedes einzelnen Grundstücks) und das Gesuch an das Grundbuchamt um Eintragung des erbrechtlichen Eigentumsüberganges folgen.
Diese Teile sind von verschiedener rechtlicher Natur. Die Ausstellung der Erbbescheinigung ist der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit zuzurechnen (GULDENER, Freiwillige Gerichtsbarkeit, S. 9). Ob nach bernischem Recht allein der Notar den gesetzlichen Erben eine solche Bescheinigung ausstellen dürfe (wie die Justizdirektion in einem Kreisschreiben vom 19. Juni 1934, ZBGR 20 S. 167 f., unter Hinweis auf die herrschende Meinung annimmt), oder ob diese Befugnis daneben auch den Einwohnergemeinderäten zukomme, die zur Ausstellung von Erbbescheinigungen an eingesetzte Erben zuständig sind, kann dahingestellt bleiben. Nimmt ein Notar, wie das hier der Fall war, diese Verrichtung vor, so handelt es sich dabei jedenfalls um eine berufliche Dienstleistung, die er nur in seiner Eigenschaft als Notar erbringen kann.
Im Gegensatz dazu liegen den weiteren Bestandteilen der Erbgangsurkunde nicht eigentlich notarielle Verrichtungen zugrunde. Den erbrechtlichen Eigentumsübergang können die Erben, die im Besitz einer Erbbescheinigung sind, ohne Hilfe des Notars beim Grundbuchamt zur Eintragung anmelden. Die entsprechende Erklärung braucht nicht öffentlich beurkundet zu werden. Der dieses Begehren enthaltende dritte Teil der Erbgangsurkunde ist deshalb von den Beschwerdeführern unterzeichnet worden. Das Verzeichnis der Liegenschaften des Erblassers ist als Teil des Eintragungsgesuchs aufzufassen.
5. Arbeit und Verantwortung des Notars sind demnach vornehmlich mit der Ausstellung der Erbbescheinigung verknüpft. Als Akt der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit stellt diese Verrichtung eine Amtshandlung dar (vgl. BGE 73 I 385), die, was die hier zu beurteilenden Rechtsfolgen anbelangt, durch das öffentliche Recht geregelt wird. Für Verrichtungen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit steht dem Notar denn auch nicht eine Vergütung im Sinne des Obligationenrechts zu, sondern ein Entgelt von Gebührencharakter (MARTI, Der Notar des Kantons Bern, in Notar und Recht, Festschrift des Verbands bernischer Notare 1953, S. 37).
Gemäss Art. 23 NG ist der Notar berechtigt, eine Entschädigung sowie den vollen Ersatz der Auslagen zu fordern. Der Gebührenanspruch des Notars beruht somit dem Grundsatze nach auf einer besonderen gesetzlichen Grundlage, wie sie für Gebühren, die den Bürger erheblich belasten, verlangt werden muss (BGE 82 I 28). Das Gesetz oder die von ihm abgezweigte Verordnung hat aber gleichzeitig auch den Gebührentarif festzusetzen; denn die Bestimmung der Höhe der Gebühr darf im Rechtsstaat nicht der Entscheidung von Fall zu Fall überlassen bleiben (FLEINER, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl., S. 135 f., 426; vgl. auch BGE 80 I 327). Wohl kann eine Gebührenordnung kaum je sämtliche denkbaren Anwendungsfälle einzeln erfassen. Alle wichtigeren gebührenpflichtigen Amtshandlungen sollten darin indes in einer Weise berücksichtigt werden, dass sich allfällige Lücken mittels Auslegung unschwer ausfüllen lassen.
Das bernische Notariatsrecht geht andere Wege. Das Dekret betreffend die Notariatsgebühren vom 13. März 1919 enthält lediglich 6 Gebührenansätze (während der vom Verband bernischer Notare erlassene Tarif vergleichsweise allein für eigentlich notarielle Handlungen 59 Gebührenansätze vorsieht). Die Lücken der Gebührenordnung sucht Art. 23 Abs. 3 NG dadurch zu schliessen, dass er die Festsetzung der Entschädigung für Verrichtungen, auf die sich der Tarif nicht ausdrücklich erstreckt, der freien Vereinbarung zwischen dem Notar und den Parteien anheimstellt. Um den Beteiligten und namentlich dem Bürger, der bei dieser Regelung praktisch weitgehend von den mit der "ausschliesslichen Befugnis zur Vornahme von Handlungen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit" (Art. 1 Abs. 2 NG) ausgestatteten Angehörigen des "autorisierten" Notariatsberufes (Art. 1 Abs. 1 NG) abhängig ist, ein gewisses Mass von Rechtssicherheit zu gewährleisten, öffnet Art. 25 NG beiden Seiten die Möglichkeit, die Notariatsgebühr (nachträglich) durch die Justizdirektion amtlich festsetzen zu lassen.
Wie weit diese Ordnung den oben angeführten rechtsstaatlichen Anforderungen gerecht wird, braucht nicht geprüft zu werden. Zu untersuchen ist einzig, ob der angefochtene Entscheid, der im Rahmen dieser Ordnung ergangen ist, der Rüge der Willkür standhalte.
6. Zu den wichtigen und häufig vorzunehmenden Verrichtungen, auf die sich der Dekretstarif nicht erstreckt, gehört auch die Ausstellung von Erbbescheinigungen bzw. von Erbgangsurkunden. Dass sie, da Gesetz und Verordnung hiefür keine bestimmte Gebühr festlegen, überhaupt nicht zur Entrichtung einer solchen verpflichtet seien (vgl. BGE 80 I 327 und dortige Zitate), machen die Beschwerdeführer nicht geltend. Sie fechten vielmehr ausschliesslich die Höhe der streitigen Gebühr an und bemängeln die Art der Kostenberechnung.
Bei Festsetzung der Entschädigung hat die Justizdirektion auf Art. 23 Abs. 3 NG hingewiesen, der bei Fehlen eines amtlichen Gebührenansatzes die freie Vereinbarung zwischen Notar und Bürger Platz greifen lässt. Sie ist aber richtigerweise nicht davon ausgegangen, dass die Parteien im vorliegenden Fall eine solche Abrede getroffen hätten. Zu Recht hat sie ihnen nicht unterstellt, sich stillschweigend auf den Konventionaltarif des Verbands bernischer Notare geeinigt zu haben, der den Beschwerdeführern gar nicht bekannt war. Dass dieser Tarif für die Justizdirektion nicht verbindlich ist, steht ausser Frage (MBVR 11 Nr. 43, 39 Nr. 202); sie hat sich nur insofern darauf berufen, als ihre eigene "jahrzehntealte Praxis" (die sie in einem Kreisschreiben vom 14. Mai 1935 zusammengefasst hat) darin eingegangen ist.
Mangels gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen über die Höhe der geschuldeten Gebühr hat die Justizdirektion ihren Entscheid nach freiem Ermessen getroffen, wobei sie sich im einzelnen auf allgemeine finanzrechtliche Grundsätze berufen hat. Nach Rechtsprechung und Wissenschaft ist die Gebühr ein besonderes Entgelt für eine bestimmte, durch den Pflichtigen veranlasste Amtshandlung. Um als Gegenleistung für die beanspruchte amtliche Tätigkeit gelten zu können, muss die Abgabe der Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten dieser Verrichtung und der Grösse der damit verbundenen Verantwortung stehen. Unter den Kosten sind dabei nicht nur die unmittelbaren Aufwendungen für die verlangte Amtshandlung zu verstehen; es fällt darunter auch ein entsprechender Anteil an den allgemeinen Unkosten (BGE 53 I 482, BGE 56 I 515, BGE 72 I 394 ff.). Die Verteilung der Unkosten auf die einzelnen Verrichtungen braucht nicht notwendigerweise dem durch diese verursachten Arbeits- und Kostenaufwand zu entsprechen; vielmehr dürfen die Gebühren im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der mit der Amtshandlung verbundenen Verantwortung nach dem Interesse des Pflichtigen an der behördlichen Verrichtung und nach dessen Leistungsfähigkeit so abgestuft werden, dass die Gebühren für bedeutende Geschäfte den Ausfall aus Verrichtungen ausgleichen, für die wegen der Geringfügigkeit des Interesses keine kostendeckende Entschädigung verlangt werden kann (BGE 53 I 468 /7, BGE 72 I 396). So können die Grundbuchgebühren nach dem Wert der einzutragenden Rechte (BGE 53 I 486 ff.), die Gebühren für die Prüfung vormundschaftlicher Inventare und Rechnungen nach der Höhe des Mündelvermögen (BGE 29 I 45 und das in BGE 53 I 487 angeführte nicht veröffentlichte Urteil vom 13. April 1927 i.S. Tobler), die Gerichtsgebühren nach dem Streitwert berechnet werden. Dieser Staffelung sind jedoch insofern gewisse Grenzen gesetzt, als dadurch nicht die Benützung bestimmter Institute verunmöglicht oder übermässig erschwert werden darf (BGE 48 I 540, BGE 73 I 383 Erw. 8, BGE 75 I 111 ff., BGE 79 I 213 Erw. 2 und 3, BGE 82 I 286 Erw. 4), und als die Abgabe nie den Charakter einer Gebühr verlieren darf, wie das der Fall wäre, wenn sie zu den wirklichen Kosten der verlangten Verrichtung in keinem vernünftigen Verhältnis mehr stünde.
7. Mit den Beschwerdeführern ist festzustellen, dass die vom Notar erbrachte Leistung und die von der Justizdirektion festgesetzte Gegenleistung in einem solchen Missverhältnis stehen. Beim heutigen Ausbau des Zivilstandswesens sind die gesetzlichen Erben in der Regel ohne Schwierigkeiten und grossen Zeitaufwand zu ermitteln, was die mit der Ausstellung einer Erbbescheinigung verbundenen Risiken entsprechend verringert. Der Konventionaltarif des Verbands bernischer Notare sieht denn auch für "Erbgangsbescheinigungen in Titel" lediglich eine Gebühr von 5 bis 20 Franken (zuzüglich 30% Teuerungszulage) vor. Dass dieser von den unmittelbar daran Interessierten gewählte Ansatz den tatsächlichen Aufwendungen nicht gerecht werde, ist nach dem Gesagten nicht anzunehmen. Die Ausstellung von Erbbescheinigungen zuhanden des Grundbuchamtes verursacht aber weder mehr Arbeit, noch schliesst sie eine höhere Verantwortung in sich als die Errichtung von "Erbgangsbescheinigungen in Titel". Eine Entschädigung in der genannten Höhe dürfte daher auch in Fällen wie dem vorliegenden den wirklichen Aufwendungen des Notars Rechnung tragen. Wie dargelegt, darf der dafür ausgesetzte Betrag um einen dem Interesse an der Verrichtung angepassten Anteil an den allgemeinen Unkosten erhöht werden, wobei der Umstand berücksichtigt werden kann, dass der Notar für viele kleinere Geschäfte nur ungenügend bezahlt wird. Dieser Zuschlag darf indes nicht so bemessen werden, dass die Entschädigung für die unmittelbaren Aufwendungen nur noch den kleinsten Teil der Gebühr ausmacht. Dies trifft hier jedoch zu. Wenn die Justizdirektion die Entschädigung für eine keine besonderen Schwierigkeiten und Risiken in sich schliessende Verrichtung auf weit mehr als das Dutzendfache dessen festgesetzt hat, was dem Notar für den mit der Ausstellung der Erbbescheinigung verbundenen Zeitaufwand bestenfalls hätte zugesprochen werden können, so hat sie damit die Grundsätze, nach denen die Gebühr zu bemessen ist, offensichtlich verkannt.
Dass die in Frage stehenden Erbgangsurkunden neben der Erbbescheinigung das Gesuch um Eintragung des erbrechtlichen Eigentumsüberganges und ein ausführliches Liegenschaftsverzeichnis enthalten, vermag daran nichts zu ändern. Das Gesuch an das Grundbuchamt, das von den Erben selbst unterzeichnet ist, umfasst lediglich wenige Zeilen. Dem Liegenschaftsverzeichnis aber darf bei der Festsetzung der Gebühr nicht die Bedeutung beigelegt werden, die ihm dem Umfang nach zuzukommen scheint. Die darin enthaltenen (vom Standpunkt des Bundesrechts aus übrigens nicht erforderlichen) Liegenschaftsbeschreibungen stellen nichts anderes dar als die Wiedergabe von Grundbuchauszügen, die ihrerseits öffentlichen Glauben geniessen. Der mit ihrer Erstellung verbundene Aufwand kann nur gering eingeschätzt werden.
8. Nach dem Gesagten hat die Justizdirektion bei Festsetzung der streitigen Gebühr den für die Bemessung einer solchen massgebenden Grundsätzen und Umständen nicht Rechnung getragen. Sie hat damit die Grenzen des pflichtgemässen Ermessens überschritten. Ihr Entscheid erscheint insofern als willkürlich; er ist, weil gegen Art. 4 BV verstossend, aufzuheben, ohne dass auf die weiteren Einwendungen der Beschwerdeführer einzutreten wäre.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird insofern teilweise gutgeheissen, als der Entscheid der Justizdirektion des Kantons Bern vom 27. Oktober 1956 aufgehoben wird.
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de
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1. Art. 58 al. 1 Cst.: Portée de la garantie du juge naturel (consid. 3). 2. Emoluments:
S'agissant d'actes relevant de la juridiction non contentieuse (délivrance de certificats d'héritier), le notaire bernois peut réclamer un dédommagement ayant le caractère d'un émolument (consid. 5).
Exigence de la base légale (consid. 5).
Principes pour fixer les émoluments du notaire (consid. 6, 7).
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constitutional law and administrative law and public international law
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83 I 81
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83 I 81
Sachverhalt ab Seite 81
A.- Friedrich B., der am 23. November 1953 in Bern starb, hinterliess als einzige Erben den Sohn Fritz B. und die Tochter Lucie D. geb. B. Im Auftrag der Erben nahm Notar S. in Bern das Inventar des Nachlasses auf; er besorgte ausserdem einige weitere die Erbschaft betreffende Geschäfte. So erstellte er je eine sogen. Erbgangsurkunde über die Grundstücke des Erblassers in den Grundbuchkreisen Bern, Laupen und Tafers; unter Vorlegung dieser Urkunden meldete er den gesetzlichen Eigentumsübergang vom Erblasser auf die Erbengemeinschaft zur Eintragung im Grundbuch an. Am 31. Dezember 1955 stellte er den Erben für seine Bemühungen Gebühren von Fr. 12'000.-- und Auslagen von Fr. 548.35 in Rechnung. Die Erben anerkannten und beglichen die Forderung bis auf einen Rechnungsposten von Fr. 5901.80, der sich auf Gebühren für die Errichtung der drei Erbgangsurkunden bezieht, wofür 3 des amtlichen Werts der Liegenschaften von Fr. 1'513,289.-- zuzüglich 30% Teuerungszulage verlangt wurden.
B.- Gestützt auf Art. 25 des bernischen Gesetzes über das Notariat (NG) vom 31. Januar 1909 ersuchten die Erben die Justizdirektion des Kantons Bern um amtliche Kostenfestsetzung mit dem Antrag auf angemessene Herabsetzung des genannten Rechnungspostens. Sie machten geltend, die Leistungen, die der Notar in diesem Zusammenhang zu erbringen gehabt habe, rechtfertigten die Höhe der Gebühr nicht. Die Einwohnergemeinderäte stellten den eingesetzten Erben für 5 bis 10 Franken eine Erbbescheinigung aus. Der Notar dürfe für diesen Teil der Erbgangsurkunde nicht wesentlich mehr berechnen. Für die weiter darin enthaltene Liegenschaftsbeschreibung, die überflüssig sei, dürfe höchstens so viel verlangt werden wie für einen Grundbuchauszug. Das Eintragungsgesuch, das sich daran anschliesst, sei keine öffentliche Urkunde, weshalb dafür keine Notariatsgebühr erhoben werden dürfe.
C.- Am 27. Oktober 1956 hat die Justizdirektion auf Grund eines Gutachtens der Notariatskammer die streitige Gebühr auf Fr. 3026.60 herabgesetzt. Sie hat dabei festgestellt, dass sich Notar S. an den Tarif des Verbands bernischer Notare gehalten hat. Der angewendete Gebührenansatz stütze sich auf frühere Moderationsentscheide und ein Kreisschreiben der Justizdirektion. Im allgemeinen habe es sich durchaus bewährt, die Gebühr für Erbgangsurrkunden auf 3 des amtlichen Werts der darin aufgeführten Liegenschaften anzusetzen. Im vorliegenden Fall stehe eine so bemessene Entschädigung indes zum Arbeitsaufwand des Notars in keinem rechten Verhältnis. Die Gebühr sei deshalb ausnahmsweise auf 2 des amtlichen Werts der Grundstücke festzusetzen.
D.- Fritz B. und Frau Lucie D. geb. B. führen staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Art. 4 und 58 Abs. 1 BV. Sie beantragen, der Entscheid der Justizdirektion sei aufzuheben und die ihm zugrunde liegenden Bestimmungen des bernischen Notariatsrechts seien für nicht (amtlich) tarifierte Verrichtungen des Notars als unanwendbar zu erklären.
E.- Die Justizdirektion des Kantons Bern und Notar S. schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Gemäss Art. 23 Abs. 3 NG wird die Höhe der vom Notar zu beziehenden Gebühren regelmässig durch einen vom Grossen Rat aufzustellenden Tarif bestimmt. Die Entschädigung für Verrichtungen, auf die sich der Tarif nicht ausdrücklich erstreckt, ist zwischen dem Notar und den Parteien zu vereinbaren. In jedem Fall aber haben die zahlungspflichtige Partei und der Notar das Recht, die geschuldeten Gebühren durch die Justizdirektion amtlich festsetzen zu lassen (Art. 25 NG).
Dem Entscheid dieser Behörde kommt nach dem Gesetz die Bedeutung eines "rechtskräftigen Administrativurteils" zu. Dieses ergeht nur über die Höhe der Kostenforderung des Notars; über die Schuldpflicht hat im Streitfall der Zivilrichter zu entscheiden (ZBJV 65 S. 175; MBVR 35 Nr. 182, 36 Nr. 132 und 134, 40 Nr. 236; vgl. auch BGE 38 I 504 ff.). Hinsichtlich der Höhe der Kostenforderung ist der Richter an den Entscheid der Justizdirektion gebunden. Die Festsetzungsverfügung stellt damit nicht bloss eine gutachtliche Äusserung dar, sondern einen individuellen, konkreten kantonalen Hoheitsakt, der ein bestimmter Rechtsverhältnis nach einer Richtung hin endgültig und verbindlich ordnet. Eine solche Verfügung kann Gegenstand der staatsrechtlichen Beschwerde bilden.
Während die Beschwerde wegen Verletzung des Art. 58 Abs. 1 BV schon vor Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs erhoben werden kann (Art. 86 Abs. 2 OG), kann die Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV erst an den Entscheid der letzten kantonalen Instanz angeschlossen werden (Art. 87 OG). Da die Justizdirektion als einzige kantonale Instanz urteilt, ist diese Voraussetzung erfüllt. Ob die Kostenfestsetzung als Endentscheid oder als Zwischenentscheid zu betrachten sei, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang, da die Beschwerde auch im zweiten Fall zulässig ist, sofern der Entscheid für den Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hat (Art. 87 OG). Dies trifft unter den vorliegenden Verhältnissen ohne weiteres zu.
2. Die Beschwerdeführer rügen in erster Linie eine Verletzung der Gewährleistung des verfassungsmässigen Richters (Art. 58 Abs. 1 BV). Sie beantragen, der angefochtene Entscheid sei, weil von einer unzuständigen Instanz erlassen, aufzuheben, und die dem Entscheid zugrunde liegenden Bestimmungen des bernischen Notariatsrechts (Art. 25 NG sowie § 12 des Dekrets betreffend die Ausführung des Gesetzes über das Notariat vom 24. November 1909) seien für nicht (amtlich) tarifierte Verrichtungen der Notare als unanwendbar zu erklären. Ist das zweite Beschwerdebegehren lediglich dahin zu verstehen, dass die erwähnten kantonalen Bestimmungen im vorliegenden Fall nicht anzuwenden seien, so kommt ihm keine selbständige Bedeutung zu. Sollte es den Beschwerdeführern dagegen darum gehen, jene Vorschriften allgemein für nicht tarifierte Verrichtungen als unanwendbar erklären zu lassen, so könnte auf diesen Antrag nicht eingetreten werden. Eine Erklärung dieses Inhalts liefe auf eine teilweise Aufhebung von Art. 25 NG und § 12 des Dekrets hinaus. Das kann aber, nachdem die Frist zur Anfechtung des Notariatsgesetzes und der zugehörigen Verordnung längst abgelaufen ist, nicht mehr verlangt werden.
3. Mit der Vorschrift, niemand dürfe seinem verfassungsmässigen Richter entzogen werden, gewährleistet Art. 58 Abs. 1 BV dem Bürger die Freiheit, nur von dem Richter Recht zu nehmen, der nach den bestehenden Verfassungsbestimmungen, Gesetzen und Verordnungen allgemein für die Streitsachen zuständig ist, zu denen der konkrete Prozess gehört (FLEINER/GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht, S. 867). Dass ihre Sache von der nach kantonalem Recht zuständigen Instanz beurteilt worden ist, räumen die Beschwerdeführer selbst ein, wenn sie erklären, die bernische Notariatsgesetzgebung habe sie veranlasst, die Justizdirektion anzurufen. Entgegen ihrer Auffassung verstossen die betreffenden kantonalen Vorschriften ihrerseits nicht gegen Art. 58 Abs. 1 BV. Dieser Verfassungssatz fordert weder eine bestimmte Gerichtsorganisation noch ein bestimmtes Verfahren. Insbesondere verlangt Art. 58 Abs. 1 BV nicht, dass zivilrechtliche Ansprüche ausschliesslich durch Zivilgerichte, verwaltungsrechtliche Streitigkeiten dagegen nur durch Verwaltungsbehörden zu beurteilen seien (vgl. BGE 16 728, 27 I 35).
Auf die Einwendungen, welche die Beschwerdeführer gegen die Ausgestaltung des kantonalen Verfahrens vorbringen, könnte daher nur unter dem Gesichtswinkel des von ihnen gleichfalls angerufenen Art. 4 BV eingetreten werden. Die Beantwortung der Frage, ob ihnen in formeller Hinsicht das Recht verweigert worden sei, erübrigt sich jedoch, da ihre Beschwerde, wie sich im Folgenden ergibt, jedenfalls wegen materieller Rechtsverweigerung gutzuheissen ist.
4. Die angefochtene Kostenfestsetzung bezieht sich auf die Ausstellung sogen. Erbgangsurrkunden. Diese Urkunden sind von der Praxis der bernischen Notariate und Grundbuchämter im Hmnblick auf die Anmeldung und Eintragung des Eigentumsübergangs kraft gesetzlicher Erbfolge entwickelt worden. Erster Bestandteil der Urkunde bildet die Erbbescheinigung, der herkömmlicherweise ein Verzeichnis der Liegenschaften des Erblassers (mit genauer Beschreibung jedes einzelnen Grundstücks) und das Gesuch an das Grundbuchamt um Eintragung des erbrechtlichen Eigentumsüberganges folgen.
Diese Teile sind von verschiedener rechtlicher Natur. Die Ausstellung der Erbbescheinigung ist der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit zuzurechnen (GULDENER, Freiwillige Gerichtsbarkeit, S. 9). Ob nach bernischem Recht allein der Notar den gesetzlichen Erben eine solche Bescheinigung ausstellen dürfe (wie die Justizdirektion in einem Kreisschreiben vom 19. Juni 1934, ZBGR 20 S. 167 f., unter Hinweis auf die herrschende Meinung annimmt), oder ob diese Befugnis daneben auch den Einwohnergemeinderäten zukomme, die zur Ausstellung von Erbbescheinigungen an eingesetzte Erben zuständig sind, kann dahingestellt bleiben. Nimmt ein Notar, wie das hier der Fall war, diese Verrichtung vor, so handelt es sich dabei jedenfalls um eine berufliche Dienstleistung, die er nur in seiner Eigenschaft als Notar erbringen kann.
Im Gegensatz dazu liegen den weiteren Bestandteilen der Erbgangsurkunde nicht eigentlich notarielle Verrichtungen zugrunde. Den erbrechtlichen Eigentumsübergang können die Erben, die im Besitz einer Erbbescheinigung sind, ohne Hilfe des Notars beim Grundbuchamt zur Eintragung anmelden. Die entsprechende Erklärung braucht nicht öffentlich beurkundet zu werden. Der dieses Begehren enthaltende dritte Teil der Erbgangsurkunde ist deshalb von den Beschwerdeführern unterzeichnet worden. Das Verzeichnis der Liegenschaften des Erblassers ist als Teil des Eintragungsgesuchs aufzufassen.
5. Arbeit und Verantwortung des Notars sind demnach vornehmlich mit der Ausstellung der Erbbescheinigung verknüpft. Als Akt der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit stellt diese Verrichtung eine Amtshandlung dar (vgl. BGE 73 I 385), die, was die hier zu beurteilenden Rechtsfolgen anbelangt, durch das öffentliche Recht geregelt wird. Für Verrichtungen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit steht dem Notar denn auch nicht eine Vergütung im Sinne des Obligationenrechts zu, sondern ein Entgelt von Gebührencharakter (MARTI, Der Notar des Kantons Bern, in Notar und Recht, Festschrift des Verbands bernischer Notare 1953, S. 37).
Gemäss Art. 23 NG ist der Notar berechtigt, eine Entschädigung sowie den vollen Ersatz der Auslagen zu fordern. Der Gebührenanspruch des Notars beruht somit dem Grundsatze nach auf einer besonderen gesetzlichen Grundlage, wie sie für Gebühren, die den Bürger erheblich belasten, verlangt werden muss (BGE 82 I 28). Das Gesetz oder die von ihm abgezweigte Verordnung hat aber gleichzeitig auch den Gebührentarif festzusetzen; denn die Bestimmung der Höhe der Gebühr darf im Rechtsstaat nicht der Entscheidung von Fall zu Fall überlassen bleiben (FLEINER, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl., S. 135 f., 426; vgl. auch BGE 80 I 327). Wohl kann eine Gebührenordnung kaum je sämtliche denkbaren Anwendungsfälle einzeln erfassen. Alle wichtigeren gebührenpflichtigen Amtshandlungen sollten darin indes in einer Weise berücksichtigt werden, dass sich allfällige Lücken mittels Auslegung unschwer ausfüllen lassen.
Das bernische Notariatsrecht geht andere Wege. Das Dekret betreffend die Notariatsgebühren vom 13. März 1919 enthält lediglich 6 Gebührenansätze (während der vom Verband bernischer Notare erlassene Tarif vergleichsweise allein für eigentlich notarielle Handlungen 59 Gebührenansätze vorsieht). Die Lücken der Gebührenordnung sucht Art. 23 Abs. 3 NG dadurch zu schliessen, dass er die Festsetzung der Entschädigung für Verrichtungen, auf die sich der Tarif nicht ausdrücklich erstreckt, der freien Vereinbarung zwischen dem Notar und den Parteien anheimstellt. Um den Beteiligten und namentlich dem Bürger, der bei dieser Regelung praktisch weitgehend von den mit der "ausschliesslichen Befugnis zur Vornahme von Handlungen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit" (Art. 1 Abs. 2 NG) ausgestatteten Angehörigen des "autorisierten" Notariatsberufes (Art. 1 Abs. 1 NG) abhängig ist, ein gewisses Mass von Rechtssicherheit zu gewährleisten, öffnet Art. 25 NG beiden Seiten die Möglichkeit, die Notariatsgebühr (nachträglich) durch die Justizdirektion amtlich festsetzen zu lassen.
Wie weit diese Ordnung den oben angeführten rechtsstaatlichen Anforderungen gerecht wird, braucht nicht geprüft zu werden. Zu untersuchen ist einzig, ob der angefochtene Entscheid, der im Rahmen dieser Ordnung ergangen ist, der Rüge der Willkür standhalte.
6. Zu den wichtigen und häufig vorzunehmenden Verrichtungen, auf die sich der Dekretstarif nicht erstreckt, gehört auch die Ausstellung von Erbbescheinigungen bzw. von Erbgangsurkunden. Dass sie, da Gesetz und Verordnung hiefür keine bestimmte Gebühr festlegen, überhaupt nicht zur Entrichtung einer solchen verpflichtet seien (vgl. BGE 80 I 327 und dortige Zitate), machen die Beschwerdeführer nicht geltend. Sie fechten vielmehr ausschliesslich die Höhe der streitigen Gebühr an und bemängeln die Art der Kostenberechnung.
Bei Festsetzung der Entschädigung hat die Justizdirektion auf Art. 23 Abs. 3 NG hingewiesen, der bei Fehlen eines amtlichen Gebührenansatzes die freie Vereinbarung zwischen Notar und Bürger Platz greifen lässt. Sie ist aber richtigerweise nicht davon ausgegangen, dass die Parteien im vorliegenden Fall eine solche Abrede getroffen hätten. Zu Recht hat sie ihnen nicht unterstellt, sich stillschweigend auf den Konventionaltarif des Verbands bernischer Notare geeinigt zu haben, der den Beschwerdeführern gar nicht bekannt war. Dass dieser Tarif für die Justizdirektion nicht verbindlich ist, steht ausser Frage (MBVR 11 Nr. 43, 39 Nr. 202); sie hat sich nur insofern darauf berufen, als ihre eigene "jahrzehntealte Praxis" (die sie in einem Kreisschreiben vom 14. Mai 1935 zusammengefasst hat) darin eingegangen ist.
Mangels gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen über die Höhe der geschuldeten Gebühr hat die Justizdirektion ihren Entscheid nach freiem Ermessen getroffen, wobei sie sich im einzelnen auf allgemeine finanzrechtliche Grundsätze berufen hat. Nach Rechtsprechung und Wissenschaft ist die Gebühr ein besonderes Entgelt für eine bestimmte, durch den Pflichtigen veranlasste Amtshandlung. Um als Gegenleistung für die beanspruchte amtliche Tätigkeit gelten zu können, muss die Abgabe der Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten dieser Verrichtung und der Grösse der damit verbundenen Verantwortung stehen. Unter den Kosten sind dabei nicht nur die unmittelbaren Aufwendungen für die verlangte Amtshandlung zu verstehen; es fällt darunter auch ein entsprechender Anteil an den allgemeinen Unkosten (BGE 53 I 482, BGE 56 I 515, BGE 72 I 394 ff.). Die Verteilung der Unkosten auf die einzelnen Verrichtungen braucht nicht notwendigerweise dem durch diese verursachten Arbeits- und Kostenaufwand zu entsprechen; vielmehr dürfen die Gebühren im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der mit der Amtshandlung verbundenen Verantwortung nach dem Interesse des Pflichtigen an der behördlichen Verrichtung und nach dessen Leistungsfähigkeit so abgestuft werden, dass die Gebühren für bedeutende Geschäfte den Ausfall aus Verrichtungen ausgleichen, für die wegen der Geringfügigkeit des Interesses keine kostendeckende Entschädigung verlangt werden kann (BGE 53 I 468 /7, BGE 72 I 396). So können die Grundbuchgebühren nach dem Wert der einzutragenden Rechte (BGE 53 I 486 ff.), die Gebühren für die Prüfung vormundschaftlicher Inventare und Rechnungen nach der Höhe des Mündelvermögen (BGE 29 I 45 und das in BGE 53 I 487 angeführte nicht veröffentlichte Urteil vom 13. April 1927 i.S. Tobler), die Gerichtsgebühren nach dem Streitwert berechnet werden. Dieser Staffelung sind jedoch insofern gewisse Grenzen gesetzt, als dadurch nicht die Benützung bestimmter Institute verunmöglicht oder übermässig erschwert werden darf (BGE 48 I 540, BGE 73 I 383 Erw. 8, BGE 75 I 111 ff., BGE 79 I 213 Erw. 2 und 3, BGE 82 I 286 Erw. 4), und als die Abgabe nie den Charakter einer Gebühr verlieren darf, wie das der Fall wäre, wenn sie zu den wirklichen Kosten der verlangten Verrichtung in keinem vernünftigen Verhältnis mehr stünde.
7. Mit den Beschwerdeführern ist festzustellen, dass die vom Notar erbrachte Leistung und die von der Justizdirektion festgesetzte Gegenleistung in einem solchen Missverhältnis stehen. Beim heutigen Ausbau des Zivilstandswesens sind die gesetzlichen Erben in der Regel ohne Schwierigkeiten und grossen Zeitaufwand zu ermitteln, was die mit der Ausstellung einer Erbbescheinigung verbundenen Risiken entsprechend verringert. Der Konventionaltarif des Verbands bernischer Notare sieht denn auch für "Erbgangsbescheinigungen in Titel" lediglich eine Gebühr von 5 bis 20 Franken (zuzüglich 30% Teuerungszulage) vor. Dass dieser von den unmittelbar daran Interessierten gewählte Ansatz den tatsächlichen Aufwendungen nicht gerecht werde, ist nach dem Gesagten nicht anzunehmen. Die Ausstellung von Erbbescheinigungen zuhanden des Grundbuchamtes verursacht aber weder mehr Arbeit, noch schliesst sie eine höhere Verantwortung in sich als die Errichtung von "Erbgangsbescheinigungen in Titel". Eine Entschädigung in der genannten Höhe dürfte daher auch in Fällen wie dem vorliegenden den wirklichen Aufwendungen des Notars Rechnung tragen. Wie dargelegt, darf der dafür ausgesetzte Betrag um einen dem Interesse an der Verrichtung angepassten Anteil an den allgemeinen Unkosten erhöht werden, wobei der Umstand berücksichtigt werden kann, dass der Notar für viele kleinere Geschäfte nur ungenügend bezahlt wird. Dieser Zuschlag darf indes nicht so bemessen werden, dass die Entschädigung für die unmittelbaren Aufwendungen nur noch den kleinsten Teil der Gebühr ausmacht. Dies trifft hier jedoch zu. Wenn die Justizdirektion die Entschädigung für eine keine besonderen Schwierigkeiten und Risiken in sich schliessende Verrichtung auf weit mehr als das Dutzendfache dessen festgesetzt hat, was dem Notar für den mit der Ausstellung der Erbbescheinigung verbundenen Zeitaufwand bestenfalls hätte zugesprochen werden können, so hat sie damit die Grundsätze, nach denen die Gebühr zu bemessen ist, offensichtlich verkannt.
Dass die in Frage stehenden Erbgangsurkunden neben der Erbbescheinigung das Gesuch um Eintragung des erbrechtlichen Eigentumsüberganges und ein ausführliches Liegenschaftsverzeichnis enthalten, vermag daran nichts zu ändern. Das Gesuch an das Grundbuchamt, das von den Erben selbst unterzeichnet ist, umfasst lediglich wenige Zeilen. Dem Liegenschaftsverzeichnis aber darf bei der Festsetzung der Gebühr nicht die Bedeutung beigelegt werden, die ihm dem Umfang nach zuzukommen scheint. Die darin enthaltenen (vom Standpunkt des Bundesrechts aus übrigens nicht erforderlichen) Liegenschaftsbeschreibungen stellen nichts anderes dar als die Wiedergabe von Grundbuchauszügen, die ihrerseits öffentlichen Glauben geniessen. Der mit ihrer Erstellung verbundene Aufwand kann nur gering eingeschätzt werden.
8. Nach dem Gesagten hat die Justizdirektion bei Festsetzung der streitigen Gebühr den für die Bemessung einer solchen massgebenden Grundsätzen und Umständen nicht Rechnung getragen. Sie hat damit die Grenzen des pflichtgemässen Ermessens überschritten. Ihr Entscheid erscheint insofern als willkürlich; er ist, weil gegen Art. 4 BV verstossend, aufzuheben, ohne dass auf die weiteren Einwendungen der Beschwerdeführer einzutreten wäre.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird insofern teilweise gutgeheissen, als der Entscheid der Justizdirektion des Kantons Bern vom 27. Oktober 1956 aufgehoben wird.
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1. Art. 58 cp. 1 CF: Portata della garanzia del giudice costituzionale (consid. 3). 2. Tasse:
Trattandosi di atti della giurisdizione non contenziosa (rilascio di certificati ereditari), il notaio bernese può esigere un compenso che riveste il carattere di una tassa (consid. 5).
Requisito della base legale (consid. 5).
Norme per il computo delle tasse notarili (consid. 6, 7).
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constitutional law and administrative law and public international law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-I-81%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 I 92
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83 I 92
Sachverhalt ab Seite 92
A.- Der Beschwerdeführer Werner Moser ist Direktor der Firma Ruhr & Saar-Kohle AG in Basel. Als solcher erhält er einen festen Monatsgehalt und eine Gratifikation, die jeweils nach Abschluss des mit dem Kalenderjahr zusammenfallenden Geschäftsjahrs, d.h. im Frühjahr, vom Verwaltungsrat festgesetzt und hierauf ausbezahlt wird.
Am 1. Juli 1952 verlegte der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz von Basel nach Binningen (Kanton Basel-Landschaft).
In der am gleichen Tag abgegebenen Steuererklärung für das erste Halbjahr 1952 gab er als sein in diesem Zeitraum in Basel erzieltes Erwerbseinkommen den für die Monate Januar bis Juni bezogenen Gehalt und die ihm im Frühjahr 1952 für 1951 ausgerichtete Gratifikation an. Am 17. Oktober 1952 deklarierte er in Binningen für das zweite Halbjahr 1952 als Erwerbseinkommen den Gehalt für die Monate Juli bis Dezember 1952.
a) Nach dem basellandsch. Steuergesetz vom 20. August 1928 ist für die Besteuerung grundsätzlich das Einkommen des Vorjahres (§ 36 Abs. 4), beim Eintritt in die Steuerpflicht ausnahmsweise dasjenige des laufenden Jahres massgebend, wobei, wenn die Steuerpflicht nur für einen Teil des Jahres besteht, das Einkommen auf ein volles Jahreseinkommen umzurechnen, die Steuer hingegen pro rata temporis zu erheben ist (§ 36 Abs. 5). In Anwendung dieser Bestimmungen rechnete die Steuerverwaltung Baselland auch die dem Beschwerdeführer im Frühjahr 1952 ausgerichtete Gratifikation zum vollen Jahreseinkommen von 1952 und verlangte auf diesem die Steuer für 6 Monate. Auf eine gegen diese Veranlagung erhobene Einsprache des Beschwerdeführers wurde wegen Verspätung nicht eingetreten.
b) Nach dem basel-städtischen Steuergesetz vom 22. Dezember 1949 wird die Einkommensteuer jährlich für das verflossene Jahr verlangt (§ 52). Endet die Steuerpflicht im Verlaufe des Jahres, so wird auf demregelmässigen Einkommen, das dabei in das entsprechende Jahreseinkommen umzurechnen ist, derjenige Teil einer Jahressteuer erhoben, welcher der Dauer der Steuerpflicht entspricht (§ 53 Abs. 1), während nicht regelmässiges Einkommen der vollen Jahressteuer unterliegt, aber nicht in ein entsprechendes Jahreseinkommen umgerechnet wird (§ 53 Abs. 2). Auf Grund dieser Bestimmungen rechnete die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt den vom Beschwerdeführer im ersten Halbjahr 1952 bezogenen Gehalt und Vermögensertrag auf ein Jahreseinkommen um und veranlagte ihn für die Hälfte desselben und für die ganze, im Frühjahr 1952 ausgerichtete Gratifikation zu dem der Summe dieser beiden Beträge entsprechenden Satze. Moser rekurrierte hiegegen, wurde aber von der Steuerkommission und vom Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt abgewiesen, von diesem durch Entscheid vom 27. März 1956. Das Verwaltungsgericht nahm an, dass die im Jahre 1951 erarbeitete, aber vom Arbeitgeber erst im Frühjahr 1952 beschlossene und ausgerichtete Gratifikation zum Einkommen des Jahres 1952 gehöre, und zwar stelle sie Einkommen dar, das nach Entstehungsgrund und Zeit der Ausrichtung weder unter Abs. 1 noch unter Abs. 2 von § 53 StG falle. Sie sei zwar an sich "regelmässiges" Einkommen, jedoch schon auf das Jahr berechnet und daher der Umrechnung in ein entsprechendes Jahreseinkommen nicht fähig. Sodann könne eine solche Gratifikation in einem Falle wie dem vorliegenden durch Basel-Stadt nicht bloss, wie noch im Urteil vom 18. Dezember 1953 (ZBl 1954 S. 407) angenommen worden sei, pro rata temporis, sondern voll besteuert werden, da sie vor dem WWegzug sowohl zur Gänze verdient als auch fällig und ausgerichtet worden sei und daher vom Zuzugskanton nicht als ein dem Steuerpflichtigen zum Teil erst nach dem Zuzug zuwachsendes Einkommen behandelt werden dürfe.
B.- Innert 30 Tagen nach Zustellung dieses Entscheids des basel-städtischen Verwaltungsgerichtes hat Werner Moser staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit den Begehren:
"a) es sei der Kanton Basel-Stadt bzw. dessen Steuerverwaltung anzuweisen, die vom Beschwerdeführer im Frühjahr 1952 bezogene Gratifikation als regelmässiges und umrechenbares Einkommen zu behandeln und demzufolge eine pro rata temporis-Berechnung vorzunehmen,
b) eventuell sei der Kanton Baselland bzw. dessen Steuerverwaltung anzuweisen, auf die Besteuerung der vom Beschwerdeführer im Jahre 1952 bezogenen Gratifikation gänzlich zu verzichten."
Der Beschwerdeführer beruft sich auf Art. 4 und 46 BV und macht geltend, dass er für die im Frühjahr 1952 bezogene Jahresgratifikation im Kanton Basel-Stadt voll, im Kanton Basel-Landschaft zur Hälfte besteuert werde. Somit liegt für die halbe Gratifikation eine Doppelbesteuerung vor. Der Beschwerdeführer sei das Opfer der auseinandergehenden Rechtsauffassungen der beiden Kantone geworden.
C.- Das Finanzdepartement und die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt beantragen in getrennten Eingaben die Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen Basel-Stadt richte. Das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt hat auf Vernehmlassung verzichtet.
D.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen Basel-Landschaft richte.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Beschwerdeführer beruft sich ausser auf Art. 46 BV auch auf Art. 4 BV. Worin eine Verletzung des durch diese Bestimmung gewährleisteten Anspruchs auf rechtsgleiche Behandlung liegen soll, wird jedoch in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt; insbesondere wird darin weder ausdrücklich noch dem Sinne nach geltend gemacht, dass die basel-städtische oder die basellandschaftliche Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer für 1952 auf einer willkürrlichen, d.h. mit Wortlaut und Sinn unvereinbaren Auslegung der massgebenden Bestimmungen der kantonalen Steuergesetze beruhe. Auf die Rüge der Verletzung des Art. 4 BV ist daher mangels Begründung nicht einzutreten (Art. 90 lit. b OG; BGE 81 I 56 Erw. 1 und 60 Erw. 4).
2. Bei Beschwerden wegen Verletzung von Art. 46 BV beginnt die 30-tägige Beschwerdefrist spätestens mit der Erhebung des zeitlich zweiten der nach Ansicht des Beschwerdeführers einander ausschliessenden Steueransprüche (Art. 89 Abs. 3 OG), wobei es nicht erforderlich, jedoch gestattet ist, der einen oder andern Veranlagung gegenüber zunächst die kantonalen Rechtsmittel durchzuführen (Art. 86 Abs. 2 und 3 OG). Der Beschwerdeführer, dem zuerst die basel-städtische Veranlagung für das erste und dann die basellandschaftliche Veranlagung für das zweite Halbjahr 1952 eröffnet worden ist, war daher befugt, zunächst die basel-städtische Einschätzung durch Einsprache und Rekurs anzufechten und dann im Anschluss an die letztinstanzliche Abweisung des Rekurses durch das Verwaltungsgericht gegenüber beiden Kantonen staatsrechtliche Beschwerde wegen Doppelbesteuerung zu erheben.
3. Der Beschwerdeführer behauptet, im Jahre 1952 für einen Teil seines Erwerbseinkommens doppelt besteuert worden zu sein. Das wird vom Regierungsrat des Kantons Baselland und vom Finanzdepartement des Kantons Basel-Stadt ausdrücklich bestritten, während die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt zu dieser Frage nicht Stellung nimmt, sondern lediglich geltend macht, dass jedenfalls der Kanton Basel-Stadt sich im Rahmen des ihm zustehenden Besteuerungsrechtes gehalten und nicht in die Steuerhoheit des Kantons Baselland übergegriffen habe.
Da die Steuerhoheit für das Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit, zu dem auch die Gratifikation zu rechnen ist, von jedem der beiden Kantone nur für sechs Monate, d.h. nur für denjenigen Teil des Jahres 1952, in dem der Beschwerdeführer im betreffenden Kanton Wohnsitz hatte, beansprucht wird, liegt zeitlich, hinsichtlich der Periode, für welche die Steuer erhoben wird, keine Doppelbesteuerung vor. Dagegen besteht eine solche hinsichtlich des Steuerobjektes insofern, als der Kanton Basel-Stadt die Gratifikation, die dem Beschwerdeführer im Frühjahr 1952 von seiner Arbeitgeberin ausgerichtet worden ist, als Einkommen der ersten Hälfte dieses Jahres behandelt und ganz zur Besteuerung beansprucht, während der Kanton Baselland sie als Bestandteil des ordentlichen Erwerbseinkommens des ganzen Jahres 1952 betrachtet und demgemäss zur Hälfte besteuert. Dass diese Gratifikation dergestalt im gleichen Jahre anderthalb mal erfasst wird, ist ausschliesslich darauf zurückzuführen, dass der Beschwerdeführer in diesem Jahre zwar nicht gleichzeitig, aber nacheinander, der Steuerhoheit zweier Kantone unterstand; wäre er während des ganzen Jahres nur im einen oder im andern Kanton wohnhaft und für sein Erwerbseinkommen steuerpflichtig gewesen, so wäre er unbestreitbar für die Gratifikation nur einmal besteuert worden.
Was demgegenüber vorgebracht wird, vermag die Annahme, dass der Beschwerdeführer tatsächlich doppelt besteuert worden ist, nicht zu widerlegen. Die Ausführungen in den nicht veröffentlichten Urteilen des Bundesgerichts vom 19. März 1926 i.S. Stoll und vom 26. März 1943 i.S. Court (Erw. 3), auf die sich der Regierungsrat des Kantons Baselland beruft, beziehen sich auf die Frage, ob es einem Kanton gestattet sei, im Sinne einer blossen Bemessungsgrundlage auf dasjenige Einkommen zurückzugreifen, das ein neu zugezogener Steuerpflichtiger vorher im Kanton seines bisherigen Wohnsitzes erzielt hat. Wenn dort diese Frage für den Fall, dass die Steuerquelle gleich geblieben sei, bejaht und damit das Vorliegen einer Doppelbesteuerung verneint worden ist, so lässt sich daraus für den vorliegenden Fall nichts ableiten. Im Gegensatz zur basel-städtischen Einkommensteuerung, bei der die Bemessungs- und die Steuerperiode stets zusammenfallen und lediglich die Veranlagung erst nachher erfolgt (vgl.BGE 69 I 154/5,BGE 74 I 119), ist zwar nach § 36 Abs. 4 des basellandschaftlichen Steuergesetzes vom 30. April 1928 für die Besteuerung grundsätzlich das Einkommen des Vorjahres massgebend (sog. Pränumerandobesteuerung); indessen bestimmt Abs. 5 als Ausnahme hievon, dass beim Eintritt in die Steuerpflicht das Einkommen des laufenden Jahres massgebend ist, wobei, wenn die Steuerpflicht nur für einen Teil des Jahres besteht, das Einkommen (dieses Teils des Jahres) auf ein volles Jahreseinkommen umzurechnen, die Steuer hingegen nur pro rata temporis zu erheben ist. Der Beschwerdeführer ist demnach nicht nur für das erste Halbjahr 1952 im Kanton Basel-Stadt, sondern auch für das zweite Halbjahr im Kanton Baselland je für das laufende Einkommen besteuert worden. Da dabei die im Frühjahr 1952 ausgerichtete Gratifikation anderthalb mal, also teilweise doppelt, erfasst worden ist, fragt sich weiter, welcher der beiden Kantone die Schranken, die seiner Steuerhoheit durch die bundesrechtlichen Kollisionsnormen gesetzt sind, überschritten hat.
4. Die Behörden des Kantons Basel-Stadt machen geltend, dass die streitige Gratifikation im Jahre 1951 verdient und im Frühjahr 1952 ausgerichtet worden sei, und leiten hieraus, da der Beschwerdeführer bis Ende Juni 1952 in Basel-Stadt Wohnsitz hatte, ab, dass dieser Kanton berechtigt sei, sie ganz zu besteuern. Dieser Standpunkt erweist sich als unanfechtbar. Es ist unbestritten, dass die Gratifikation eine Vergütung darstellt für Arbeit, die der Beschwerdeführer im Jahre 1951 geleistet hat. Betrachtet man sie infolgedessen, was an sich denkbar und im bereits angeführten Urteil i.S. Stoll geschehen ist, als Bestandteil des Einkommens des Jahres 1951, so kann ihre Besteuerung nur dem Kanton Basel-Stadt zustehen, weil der Beschwerdeführer während des ganzen Jahres 1951 in diesem Kanton wohnte. Stellt man dagegen, wie es im vorliegenden Falle beide Kantone tun und wohl richtiger ist (vgl.BGE 73 I 141), auf den Zeitpunkt ab, in dem die Gratifikation gestützt auf das Geschäftsergebnis des Jahres 1951 ziffernmässig festgesetzt worden ist und der Beschwerdeführer einen festen Rechtsanspruch auf sie erhalten hat, so ist zu ihrer Besteuerung, da der Beschwerdeführer in diesem Zeitpunkt (Frühjahr 1952) noch im Kanton Basel-Stadt wohnte, wiederum nur dieser Kanton zuständig (wobei es eine hier nicht zu erörtende Frage des basel-städtischen Steuerrechts ist, ob die Gratifikation, wie es die Steuerverwaltung zuerst getan hat, mit dem übrigen Einkommen des ersten Halbjahres in ein volles Jahreseinkommen umzurechnen und dieses pro rata temporis zu besteuern ist, oder ob auf ihr, entsprechend der von den Rekursbehörden geschützten endgültigen Veranlagung, eine volle Jahressteuer zum Satze des Gesamteinkommens zu erheben ist). Irgend ein sachlicher Grund, der es rechtfertigen würde, dem Kanton Baselland einen Teil der Gratifikation zur Besteuerung zu überlassen, ist nicht ersichtlich, da die Gratifikation weder im Hinblick auf ihren Entstehungsgrund noch im Hinblick auf den Zeitpunkt ihrer Ausrichtung mit dem Wohnsitz des Beschwerdeführers im Kanton Baselland in Beziehung gebracht werden kann. Der Einwand des basellandschaftlichen Regierungsrates, dass es sich bei der Gratifikation um eine jährliche Vergütung für geleistete Arbeit handle, ist unbehelflich, denn gerade als solche bezieht sie sich offensichtlich nicht auf das Jahr 1952, sondern auf das Jahr 1951, in dem der Beschwerdeführer ausschliesslich der Steuerhoheit des Kantons Basel-Stadt unterstanden hat.
Zum Schutze des basel-städtischen Steueranspruchs führt noch eine weitere Überlegung. Wenn der Beschwerdeführer um die Zeit seiner Übersiedlung von Basel nach Binningen (1. Juli 1952) seine Arbeitsstelle freiwillig oder infolge Pensionierung aufgegeben hätte, so wäre es dem Kanton Baselland schon wegen der dabei eingetretenen grundlegenden Änderung der Einkommenverhältnisse des Beschwerdeführers nicht gestattet gewesen, auf die ihm im Frühjahr 1952 ausgerichtete Gratifikation zurückzugreifen (BGE 50 I 113,BGE 77 I 30). Ist aber die Gratifikation in diesem besondern Falle ganz dem Kanton Basel-Stadt zur Besteuerung zuzuweisen, so muss dies in allen Fällen gelten, wo der Steuerpflichtige nach der Ausrichtung der Gratifikation aus diesem Kanton wegzieht. Denn der Umfang der Steuerhoheit eines Kantons über einen wegziehenden Steuerpflichtigen muss sich notwendigerweise nach den Verhältnissen, die während der Dauer dieser Steuerhoheit, d.h. bis zum Wegzug, bestanden haben, bestimmen und kann nicht davon abhängen, ob der Steuerpflichtige nach dem Wegzug in diesem oder jenem Kanton Wohnsitz nimmt und ob er dort bzw. von dort aus die bisherige, eine ganz anders geartete oder überhaupt keine Erwerbstätigkeit ausübt.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gegenüber dem Kanton BaselLandschaft gutgeheissen.
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Doppelbesteuerung. Welchem Kanton steht die Besteuerung der Gratifikation zu, die einem Steuerpflichtigen, der seinen Wohnsitz während des Steuerjahres in einen andern Kanton verlegt, vor dem Wegzug vom Arbeitgeber ausgerichtet worden ist?
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constitutional law and administrative law and public international law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-I-92%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 I 92
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83 I 92
Sachverhalt ab Seite 92
A.- Der Beschwerdeführer Werner Moser ist Direktor der Firma Ruhr & Saar-Kohle AG in Basel. Als solcher erhält er einen festen Monatsgehalt und eine Gratifikation, die jeweils nach Abschluss des mit dem Kalenderjahr zusammenfallenden Geschäftsjahrs, d.h. im Frühjahr, vom Verwaltungsrat festgesetzt und hierauf ausbezahlt wird.
Am 1. Juli 1952 verlegte der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz von Basel nach Binningen (Kanton Basel-Landschaft).
In der am gleichen Tag abgegebenen Steuererklärung für das erste Halbjahr 1952 gab er als sein in diesem Zeitraum in Basel erzieltes Erwerbseinkommen den für die Monate Januar bis Juni bezogenen Gehalt und die ihm im Frühjahr 1952 für 1951 ausgerichtete Gratifikation an. Am 17. Oktober 1952 deklarierte er in Binningen für das zweite Halbjahr 1952 als Erwerbseinkommen den Gehalt für die Monate Juli bis Dezember 1952.
a) Nach dem basellandsch. Steuergesetz vom 20. August 1928 ist für die Besteuerung grundsätzlich das Einkommen des Vorjahres (§ 36 Abs. 4), beim Eintritt in die Steuerpflicht ausnahmsweise dasjenige des laufenden Jahres massgebend, wobei, wenn die Steuerpflicht nur für einen Teil des Jahres besteht, das Einkommen auf ein volles Jahreseinkommen umzurechnen, die Steuer hingegen pro rata temporis zu erheben ist (§ 36 Abs. 5). In Anwendung dieser Bestimmungen rechnete die Steuerverwaltung Baselland auch die dem Beschwerdeführer im Frühjahr 1952 ausgerichtete Gratifikation zum vollen Jahreseinkommen von 1952 und verlangte auf diesem die Steuer für 6 Monate. Auf eine gegen diese Veranlagung erhobene Einsprache des Beschwerdeführers wurde wegen Verspätung nicht eingetreten.
b) Nach dem basel-städtischen Steuergesetz vom 22. Dezember 1949 wird die Einkommensteuer jährlich für das verflossene Jahr verlangt (§ 52). Endet die Steuerpflicht im Verlaufe des Jahres, so wird auf demregelmässigen Einkommen, das dabei in das entsprechende Jahreseinkommen umzurechnen ist, derjenige Teil einer Jahressteuer erhoben, welcher der Dauer der Steuerpflicht entspricht (§ 53 Abs. 1), während nicht regelmässiges Einkommen der vollen Jahressteuer unterliegt, aber nicht in ein entsprechendes Jahreseinkommen umgerechnet wird (§ 53 Abs. 2). Auf Grund dieser Bestimmungen rechnete die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt den vom Beschwerdeführer im ersten Halbjahr 1952 bezogenen Gehalt und Vermögensertrag auf ein Jahreseinkommen um und veranlagte ihn für die Hälfte desselben und für die ganze, im Frühjahr 1952 ausgerichtete Gratifikation zu dem der Summe dieser beiden Beträge entsprechenden Satze. Moser rekurrierte hiegegen, wurde aber von der Steuerkommission und vom Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt abgewiesen, von diesem durch Entscheid vom 27. März 1956. Das Verwaltungsgericht nahm an, dass die im Jahre 1951 erarbeitete, aber vom Arbeitgeber erst im Frühjahr 1952 beschlossene und ausgerichtete Gratifikation zum Einkommen des Jahres 1952 gehöre, und zwar stelle sie Einkommen dar, das nach Entstehungsgrund und Zeit der Ausrichtung weder unter Abs. 1 noch unter Abs. 2 von § 53 StG falle. Sie sei zwar an sich "regelmässiges" Einkommen, jedoch schon auf das Jahr berechnet und daher der Umrechnung in ein entsprechendes Jahreseinkommen nicht fähig. Sodann könne eine solche Gratifikation in einem Falle wie dem vorliegenden durch Basel-Stadt nicht bloss, wie noch im Urteil vom 18. Dezember 1953 (ZBl 1954 S. 407) angenommen worden sei, pro rata temporis, sondern voll besteuert werden, da sie vor dem WWegzug sowohl zur Gänze verdient als auch fällig und ausgerichtet worden sei und daher vom Zuzugskanton nicht als ein dem Steuerpflichtigen zum Teil erst nach dem Zuzug zuwachsendes Einkommen behandelt werden dürfe.
B.- Innert 30 Tagen nach Zustellung dieses Entscheids des basel-städtischen Verwaltungsgerichtes hat Werner Moser staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit den Begehren:
"a) es sei der Kanton Basel-Stadt bzw. dessen Steuerverwaltung anzuweisen, die vom Beschwerdeführer im Frühjahr 1952 bezogene Gratifikation als regelmässiges und umrechenbares Einkommen zu behandeln und demzufolge eine pro rata temporis-Berechnung vorzunehmen,
b) eventuell sei der Kanton Baselland bzw. dessen Steuerverwaltung anzuweisen, auf die Besteuerung der vom Beschwerdeführer im Jahre 1952 bezogenen Gratifikation gänzlich zu verzichten."
Der Beschwerdeführer beruft sich auf Art. 4 und 46 BV und macht geltend, dass er für die im Frühjahr 1952 bezogene Jahresgratifikation im Kanton Basel-Stadt voll, im Kanton Basel-Landschaft zur Hälfte besteuert werde. Somit liegt für die halbe Gratifikation eine Doppelbesteuerung vor. Der Beschwerdeführer sei das Opfer der auseinandergehenden Rechtsauffassungen der beiden Kantone geworden.
C.- Das Finanzdepartement und die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt beantragen in getrennten Eingaben die Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen Basel-Stadt richte. Das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt hat auf Vernehmlassung verzichtet.
D.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen Basel-Landschaft richte.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Beschwerdeführer beruft sich ausser auf Art. 46 BV auch auf Art. 4 BV. Worin eine Verletzung des durch diese Bestimmung gewährleisteten Anspruchs auf rechtsgleiche Behandlung liegen soll, wird jedoch in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt; insbesondere wird darin weder ausdrücklich noch dem Sinne nach geltend gemacht, dass die basel-städtische oder die basellandschaftliche Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer für 1952 auf einer willkürrlichen, d.h. mit Wortlaut und Sinn unvereinbaren Auslegung der massgebenden Bestimmungen der kantonalen Steuergesetze beruhe. Auf die Rüge der Verletzung des Art. 4 BV ist daher mangels Begründung nicht einzutreten (Art. 90 lit. b OG; BGE 81 I 56 Erw. 1 und 60 Erw. 4).
2. Bei Beschwerden wegen Verletzung von Art. 46 BV beginnt die 30-tägige Beschwerdefrist spätestens mit der Erhebung des zeitlich zweiten der nach Ansicht des Beschwerdeführers einander ausschliessenden Steueransprüche (Art. 89 Abs. 3 OG), wobei es nicht erforderlich, jedoch gestattet ist, der einen oder andern Veranlagung gegenüber zunächst die kantonalen Rechtsmittel durchzuführen (Art. 86 Abs. 2 und 3 OG). Der Beschwerdeführer, dem zuerst die basel-städtische Veranlagung für das erste und dann die basellandschaftliche Veranlagung für das zweite Halbjahr 1952 eröffnet worden ist, war daher befugt, zunächst die basel-städtische Einschätzung durch Einsprache und Rekurs anzufechten und dann im Anschluss an die letztinstanzliche Abweisung des Rekurses durch das Verwaltungsgericht gegenüber beiden Kantonen staatsrechtliche Beschwerde wegen Doppelbesteuerung zu erheben.
3. Der Beschwerdeführer behauptet, im Jahre 1952 für einen Teil seines Erwerbseinkommens doppelt besteuert worden zu sein. Das wird vom Regierungsrat des Kantons Baselland und vom Finanzdepartement des Kantons Basel-Stadt ausdrücklich bestritten, während die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt zu dieser Frage nicht Stellung nimmt, sondern lediglich geltend macht, dass jedenfalls der Kanton Basel-Stadt sich im Rahmen des ihm zustehenden Besteuerungsrechtes gehalten und nicht in die Steuerhoheit des Kantons Baselland übergegriffen habe.
Da die Steuerhoheit für das Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit, zu dem auch die Gratifikation zu rechnen ist, von jedem der beiden Kantone nur für sechs Monate, d.h. nur für denjenigen Teil des Jahres 1952, in dem der Beschwerdeführer im betreffenden Kanton Wohnsitz hatte, beansprucht wird, liegt zeitlich, hinsichtlich der Periode, für welche die Steuer erhoben wird, keine Doppelbesteuerung vor. Dagegen besteht eine solche hinsichtlich des Steuerobjektes insofern, als der Kanton Basel-Stadt die Gratifikation, die dem Beschwerdeführer im Frühjahr 1952 von seiner Arbeitgeberin ausgerichtet worden ist, als Einkommen der ersten Hälfte dieses Jahres behandelt und ganz zur Besteuerung beansprucht, während der Kanton Baselland sie als Bestandteil des ordentlichen Erwerbseinkommens des ganzen Jahres 1952 betrachtet und demgemäss zur Hälfte besteuert. Dass diese Gratifikation dergestalt im gleichen Jahre anderthalb mal erfasst wird, ist ausschliesslich darauf zurückzuführen, dass der Beschwerdeführer in diesem Jahre zwar nicht gleichzeitig, aber nacheinander, der Steuerhoheit zweier Kantone unterstand; wäre er während des ganzen Jahres nur im einen oder im andern Kanton wohnhaft und für sein Erwerbseinkommen steuerpflichtig gewesen, so wäre er unbestreitbar für die Gratifikation nur einmal besteuert worden.
Was demgegenüber vorgebracht wird, vermag die Annahme, dass der Beschwerdeführer tatsächlich doppelt besteuert worden ist, nicht zu widerlegen. Die Ausführungen in den nicht veröffentlichten Urteilen des Bundesgerichts vom 19. März 1926 i.S. Stoll und vom 26. März 1943 i.S. Court (Erw. 3), auf die sich der Regierungsrat des Kantons Baselland beruft, beziehen sich auf die Frage, ob es einem Kanton gestattet sei, im Sinne einer blossen Bemessungsgrundlage auf dasjenige Einkommen zurückzugreifen, das ein neu zugezogener Steuerpflichtiger vorher im Kanton seines bisherigen Wohnsitzes erzielt hat. Wenn dort diese Frage für den Fall, dass die Steuerquelle gleich geblieben sei, bejaht und damit das Vorliegen einer Doppelbesteuerung verneint worden ist, so lässt sich daraus für den vorliegenden Fall nichts ableiten. Im Gegensatz zur basel-städtischen Einkommensteuerung, bei der die Bemessungs- und die Steuerperiode stets zusammenfallen und lediglich die Veranlagung erst nachher erfolgt (vgl.BGE 69 I 154/5,BGE 74 I 119), ist zwar nach § 36 Abs. 4 des basellandschaftlichen Steuergesetzes vom 30. April 1928 für die Besteuerung grundsätzlich das Einkommen des Vorjahres massgebend (sog. Pränumerandobesteuerung); indessen bestimmt Abs. 5 als Ausnahme hievon, dass beim Eintritt in die Steuerpflicht das Einkommen des laufenden Jahres massgebend ist, wobei, wenn die Steuerpflicht nur für einen Teil des Jahres besteht, das Einkommen (dieses Teils des Jahres) auf ein volles Jahreseinkommen umzurechnen, die Steuer hingegen nur pro rata temporis zu erheben ist. Der Beschwerdeführer ist demnach nicht nur für das erste Halbjahr 1952 im Kanton Basel-Stadt, sondern auch für das zweite Halbjahr im Kanton Baselland je für das laufende Einkommen besteuert worden. Da dabei die im Frühjahr 1952 ausgerichtete Gratifikation anderthalb mal, also teilweise doppelt, erfasst worden ist, fragt sich weiter, welcher der beiden Kantone die Schranken, die seiner Steuerhoheit durch die bundesrechtlichen Kollisionsnormen gesetzt sind, überschritten hat.
4. Die Behörden des Kantons Basel-Stadt machen geltend, dass die streitige Gratifikation im Jahre 1951 verdient und im Frühjahr 1952 ausgerichtet worden sei, und leiten hieraus, da der Beschwerdeführer bis Ende Juni 1952 in Basel-Stadt Wohnsitz hatte, ab, dass dieser Kanton berechtigt sei, sie ganz zu besteuern. Dieser Standpunkt erweist sich als unanfechtbar. Es ist unbestritten, dass die Gratifikation eine Vergütung darstellt für Arbeit, die der Beschwerdeführer im Jahre 1951 geleistet hat. Betrachtet man sie infolgedessen, was an sich denkbar und im bereits angeführten Urteil i.S. Stoll geschehen ist, als Bestandteil des Einkommens des Jahres 1951, so kann ihre Besteuerung nur dem Kanton Basel-Stadt zustehen, weil der Beschwerdeführer während des ganzen Jahres 1951 in diesem Kanton wohnte. Stellt man dagegen, wie es im vorliegenden Falle beide Kantone tun und wohl richtiger ist (vgl.BGE 73 I 141), auf den Zeitpunkt ab, in dem die Gratifikation gestützt auf das Geschäftsergebnis des Jahres 1951 ziffernmässig festgesetzt worden ist und der Beschwerdeführer einen festen Rechtsanspruch auf sie erhalten hat, so ist zu ihrer Besteuerung, da der Beschwerdeführer in diesem Zeitpunkt (Frühjahr 1952) noch im Kanton Basel-Stadt wohnte, wiederum nur dieser Kanton zuständig (wobei es eine hier nicht zu erörtende Frage des basel-städtischen Steuerrechts ist, ob die Gratifikation, wie es die Steuerverwaltung zuerst getan hat, mit dem übrigen Einkommen des ersten Halbjahres in ein volles Jahreseinkommen umzurechnen und dieses pro rata temporis zu besteuern ist, oder ob auf ihr, entsprechend der von den Rekursbehörden geschützten endgültigen Veranlagung, eine volle Jahressteuer zum Satze des Gesamteinkommens zu erheben ist). Irgend ein sachlicher Grund, der es rechtfertigen würde, dem Kanton Baselland einen Teil der Gratifikation zur Besteuerung zu überlassen, ist nicht ersichtlich, da die Gratifikation weder im Hinblick auf ihren Entstehungsgrund noch im Hinblick auf den Zeitpunkt ihrer Ausrichtung mit dem Wohnsitz des Beschwerdeführers im Kanton Baselland in Beziehung gebracht werden kann. Der Einwand des basellandschaftlichen Regierungsrates, dass es sich bei der Gratifikation um eine jährliche Vergütung für geleistete Arbeit handle, ist unbehelflich, denn gerade als solche bezieht sie sich offensichtlich nicht auf das Jahr 1952, sondern auf das Jahr 1951, in dem der Beschwerdeführer ausschliesslich der Steuerhoheit des Kantons Basel-Stadt unterstanden hat.
Zum Schutze des basel-städtischen Steueranspruchs führt noch eine weitere Überlegung. Wenn der Beschwerdeführer um die Zeit seiner Übersiedlung von Basel nach Binningen (1. Juli 1952) seine Arbeitsstelle freiwillig oder infolge Pensionierung aufgegeben hätte, so wäre es dem Kanton Baselland schon wegen der dabei eingetretenen grundlegenden Änderung der Einkommenverhältnisse des Beschwerdeführers nicht gestattet gewesen, auf die ihm im Frühjahr 1952 ausgerichtete Gratifikation zurückzugreifen (BGE 50 I 113,BGE 77 I 30). Ist aber die Gratifikation in diesem besondern Falle ganz dem Kanton Basel-Stadt zur Besteuerung zuzuweisen, so muss dies in allen Fällen gelten, wo der Steuerpflichtige nach der Ausrichtung der Gratifikation aus diesem Kanton wegzieht. Denn der Umfang der Steuerhoheit eines Kantons über einen wegziehenden Steuerpflichtigen muss sich notwendigerweise nach den Verhältnissen, die während der Dauer dieser Steuerhoheit, d.h. bis zum Wegzug, bestanden haben, bestimmen und kann nicht davon abhängen, ob der Steuerpflichtige nach dem Wegzug in diesem oder jenem Kanton Wohnsitz nimmt und ob er dort bzw. von dort aus die bisherige, eine ganz anders geartete oder überhaupt keine Erwerbstätigkeit ausübt.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gegenüber dem Kanton BaselLandschaft gutgeheissen.
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Double imposition. A quel canton appartient le droit d'imposer une gratification qu'un contribuable, qui transfère son domicile dans un autre canton pendant l'année fiscale, reçoit de son employeur avant le déménagement?
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83 I 92
Sachverhalt ab Seite 92
A.- Der Beschwerdeführer Werner Moser ist Direktor der Firma Ruhr & Saar-Kohle AG in Basel. Als solcher erhält er einen festen Monatsgehalt und eine Gratifikation, die jeweils nach Abschluss des mit dem Kalenderjahr zusammenfallenden Geschäftsjahrs, d.h. im Frühjahr, vom Verwaltungsrat festgesetzt und hierauf ausbezahlt wird.
Am 1. Juli 1952 verlegte der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz von Basel nach Binningen (Kanton Basel-Landschaft).
In der am gleichen Tag abgegebenen Steuererklärung für das erste Halbjahr 1952 gab er als sein in diesem Zeitraum in Basel erzieltes Erwerbseinkommen den für die Monate Januar bis Juni bezogenen Gehalt und die ihm im Frühjahr 1952 für 1951 ausgerichtete Gratifikation an. Am 17. Oktober 1952 deklarierte er in Binningen für das zweite Halbjahr 1952 als Erwerbseinkommen den Gehalt für die Monate Juli bis Dezember 1952.
a) Nach dem basellandsch. Steuergesetz vom 20. August 1928 ist für die Besteuerung grundsätzlich das Einkommen des Vorjahres (§ 36 Abs. 4), beim Eintritt in die Steuerpflicht ausnahmsweise dasjenige des laufenden Jahres massgebend, wobei, wenn die Steuerpflicht nur für einen Teil des Jahres besteht, das Einkommen auf ein volles Jahreseinkommen umzurechnen, die Steuer hingegen pro rata temporis zu erheben ist (§ 36 Abs. 5). In Anwendung dieser Bestimmungen rechnete die Steuerverwaltung Baselland auch die dem Beschwerdeführer im Frühjahr 1952 ausgerichtete Gratifikation zum vollen Jahreseinkommen von 1952 und verlangte auf diesem die Steuer für 6 Monate. Auf eine gegen diese Veranlagung erhobene Einsprache des Beschwerdeführers wurde wegen Verspätung nicht eingetreten.
b) Nach dem basel-städtischen Steuergesetz vom 22. Dezember 1949 wird die Einkommensteuer jährlich für das verflossene Jahr verlangt (§ 52). Endet die Steuerpflicht im Verlaufe des Jahres, so wird auf demregelmässigen Einkommen, das dabei in das entsprechende Jahreseinkommen umzurechnen ist, derjenige Teil einer Jahressteuer erhoben, welcher der Dauer der Steuerpflicht entspricht (§ 53 Abs. 1), während nicht regelmässiges Einkommen der vollen Jahressteuer unterliegt, aber nicht in ein entsprechendes Jahreseinkommen umgerechnet wird (§ 53 Abs. 2). Auf Grund dieser Bestimmungen rechnete die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt den vom Beschwerdeführer im ersten Halbjahr 1952 bezogenen Gehalt und Vermögensertrag auf ein Jahreseinkommen um und veranlagte ihn für die Hälfte desselben und für die ganze, im Frühjahr 1952 ausgerichtete Gratifikation zu dem der Summe dieser beiden Beträge entsprechenden Satze. Moser rekurrierte hiegegen, wurde aber von der Steuerkommission und vom Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt abgewiesen, von diesem durch Entscheid vom 27. März 1956. Das Verwaltungsgericht nahm an, dass die im Jahre 1951 erarbeitete, aber vom Arbeitgeber erst im Frühjahr 1952 beschlossene und ausgerichtete Gratifikation zum Einkommen des Jahres 1952 gehöre, und zwar stelle sie Einkommen dar, das nach Entstehungsgrund und Zeit der Ausrichtung weder unter Abs. 1 noch unter Abs. 2 von § 53 StG falle. Sie sei zwar an sich "regelmässiges" Einkommen, jedoch schon auf das Jahr berechnet und daher der Umrechnung in ein entsprechendes Jahreseinkommen nicht fähig. Sodann könne eine solche Gratifikation in einem Falle wie dem vorliegenden durch Basel-Stadt nicht bloss, wie noch im Urteil vom 18. Dezember 1953 (ZBl 1954 S. 407) angenommen worden sei, pro rata temporis, sondern voll besteuert werden, da sie vor dem WWegzug sowohl zur Gänze verdient als auch fällig und ausgerichtet worden sei und daher vom Zuzugskanton nicht als ein dem Steuerpflichtigen zum Teil erst nach dem Zuzug zuwachsendes Einkommen behandelt werden dürfe.
B.- Innert 30 Tagen nach Zustellung dieses Entscheids des basel-städtischen Verwaltungsgerichtes hat Werner Moser staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit den Begehren:
"a) es sei der Kanton Basel-Stadt bzw. dessen Steuerverwaltung anzuweisen, die vom Beschwerdeführer im Frühjahr 1952 bezogene Gratifikation als regelmässiges und umrechenbares Einkommen zu behandeln und demzufolge eine pro rata temporis-Berechnung vorzunehmen,
b) eventuell sei der Kanton Baselland bzw. dessen Steuerverwaltung anzuweisen, auf die Besteuerung der vom Beschwerdeführer im Jahre 1952 bezogenen Gratifikation gänzlich zu verzichten."
Der Beschwerdeführer beruft sich auf Art. 4 und 46 BV und macht geltend, dass er für die im Frühjahr 1952 bezogene Jahresgratifikation im Kanton Basel-Stadt voll, im Kanton Basel-Landschaft zur Hälfte besteuert werde. Somit liegt für die halbe Gratifikation eine Doppelbesteuerung vor. Der Beschwerdeführer sei das Opfer der auseinandergehenden Rechtsauffassungen der beiden Kantone geworden.
C.- Das Finanzdepartement und die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt beantragen in getrennten Eingaben die Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen Basel-Stadt richte. Das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt hat auf Vernehmlassung verzichtet.
D.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen Basel-Landschaft richte.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Beschwerdeführer beruft sich ausser auf Art. 46 BV auch auf Art. 4 BV. Worin eine Verletzung des durch diese Bestimmung gewährleisteten Anspruchs auf rechtsgleiche Behandlung liegen soll, wird jedoch in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt; insbesondere wird darin weder ausdrücklich noch dem Sinne nach geltend gemacht, dass die basel-städtische oder die basellandschaftliche Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer für 1952 auf einer willkürrlichen, d.h. mit Wortlaut und Sinn unvereinbaren Auslegung der massgebenden Bestimmungen der kantonalen Steuergesetze beruhe. Auf die Rüge der Verletzung des Art. 4 BV ist daher mangels Begründung nicht einzutreten (Art. 90 lit. b OG; BGE 81 I 56 Erw. 1 und 60 Erw. 4).
2. Bei Beschwerden wegen Verletzung von Art. 46 BV beginnt die 30-tägige Beschwerdefrist spätestens mit der Erhebung des zeitlich zweiten der nach Ansicht des Beschwerdeführers einander ausschliessenden Steueransprüche (Art. 89 Abs. 3 OG), wobei es nicht erforderlich, jedoch gestattet ist, der einen oder andern Veranlagung gegenüber zunächst die kantonalen Rechtsmittel durchzuführen (Art. 86 Abs. 2 und 3 OG). Der Beschwerdeführer, dem zuerst die basel-städtische Veranlagung für das erste und dann die basellandschaftliche Veranlagung für das zweite Halbjahr 1952 eröffnet worden ist, war daher befugt, zunächst die basel-städtische Einschätzung durch Einsprache und Rekurs anzufechten und dann im Anschluss an die letztinstanzliche Abweisung des Rekurses durch das Verwaltungsgericht gegenüber beiden Kantonen staatsrechtliche Beschwerde wegen Doppelbesteuerung zu erheben.
3. Der Beschwerdeführer behauptet, im Jahre 1952 für einen Teil seines Erwerbseinkommens doppelt besteuert worden zu sein. Das wird vom Regierungsrat des Kantons Baselland und vom Finanzdepartement des Kantons Basel-Stadt ausdrücklich bestritten, während die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt zu dieser Frage nicht Stellung nimmt, sondern lediglich geltend macht, dass jedenfalls der Kanton Basel-Stadt sich im Rahmen des ihm zustehenden Besteuerungsrechtes gehalten und nicht in die Steuerhoheit des Kantons Baselland übergegriffen habe.
Da die Steuerhoheit für das Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit, zu dem auch die Gratifikation zu rechnen ist, von jedem der beiden Kantone nur für sechs Monate, d.h. nur für denjenigen Teil des Jahres 1952, in dem der Beschwerdeführer im betreffenden Kanton Wohnsitz hatte, beansprucht wird, liegt zeitlich, hinsichtlich der Periode, für welche die Steuer erhoben wird, keine Doppelbesteuerung vor. Dagegen besteht eine solche hinsichtlich des Steuerobjektes insofern, als der Kanton Basel-Stadt die Gratifikation, die dem Beschwerdeführer im Frühjahr 1952 von seiner Arbeitgeberin ausgerichtet worden ist, als Einkommen der ersten Hälfte dieses Jahres behandelt und ganz zur Besteuerung beansprucht, während der Kanton Baselland sie als Bestandteil des ordentlichen Erwerbseinkommens des ganzen Jahres 1952 betrachtet und demgemäss zur Hälfte besteuert. Dass diese Gratifikation dergestalt im gleichen Jahre anderthalb mal erfasst wird, ist ausschliesslich darauf zurückzuführen, dass der Beschwerdeführer in diesem Jahre zwar nicht gleichzeitig, aber nacheinander, der Steuerhoheit zweier Kantone unterstand; wäre er während des ganzen Jahres nur im einen oder im andern Kanton wohnhaft und für sein Erwerbseinkommen steuerpflichtig gewesen, so wäre er unbestreitbar für die Gratifikation nur einmal besteuert worden.
Was demgegenüber vorgebracht wird, vermag die Annahme, dass der Beschwerdeführer tatsächlich doppelt besteuert worden ist, nicht zu widerlegen. Die Ausführungen in den nicht veröffentlichten Urteilen des Bundesgerichts vom 19. März 1926 i.S. Stoll und vom 26. März 1943 i.S. Court (Erw. 3), auf die sich der Regierungsrat des Kantons Baselland beruft, beziehen sich auf die Frage, ob es einem Kanton gestattet sei, im Sinne einer blossen Bemessungsgrundlage auf dasjenige Einkommen zurückzugreifen, das ein neu zugezogener Steuerpflichtiger vorher im Kanton seines bisherigen Wohnsitzes erzielt hat. Wenn dort diese Frage für den Fall, dass die Steuerquelle gleich geblieben sei, bejaht und damit das Vorliegen einer Doppelbesteuerung verneint worden ist, so lässt sich daraus für den vorliegenden Fall nichts ableiten. Im Gegensatz zur basel-städtischen Einkommensteuerung, bei der die Bemessungs- und die Steuerperiode stets zusammenfallen und lediglich die Veranlagung erst nachher erfolgt (vgl.BGE 69 I 154/5,BGE 74 I 119), ist zwar nach § 36 Abs. 4 des basellandschaftlichen Steuergesetzes vom 30. April 1928 für die Besteuerung grundsätzlich das Einkommen des Vorjahres massgebend (sog. Pränumerandobesteuerung); indessen bestimmt Abs. 5 als Ausnahme hievon, dass beim Eintritt in die Steuerpflicht das Einkommen des laufenden Jahres massgebend ist, wobei, wenn die Steuerpflicht nur für einen Teil des Jahres besteht, das Einkommen (dieses Teils des Jahres) auf ein volles Jahreseinkommen umzurechnen, die Steuer hingegen nur pro rata temporis zu erheben ist. Der Beschwerdeführer ist demnach nicht nur für das erste Halbjahr 1952 im Kanton Basel-Stadt, sondern auch für das zweite Halbjahr im Kanton Baselland je für das laufende Einkommen besteuert worden. Da dabei die im Frühjahr 1952 ausgerichtete Gratifikation anderthalb mal, also teilweise doppelt, erfasst worden ist, fragt sich weiter, welcher der beiden Kantone die Schranken, die seiner Steuerhoheit durch die bundesrechtlichen Kollisionsnormen gesetzt sind, überschritten hat.
4. Die Behörden des Kantons Basel-Stadt machen geltend, dass die streitige Gratifikation im Jahre 1951 verdient und im Frühjahr 1952 ausgerichtet worden sei, und leiten hieraus, da der Beschwerdeführer bis Ende Juni 1952 in Basel-Stadt Wohnsitz hatte, ab, dass dieser Kanton berechtigt sei, sie ganz zu besteuern. Dieser Standpunkt erweist sich als unanfechtbar. Es ist unbestritten, dass die Gratifikation eine Vergütung darstellt für Arbeit, die der Beschwerdeführer im Jahre 1951 geleistet hat. Betrachtet man sie infolgedessen, was an sich denkbar und im bereits angeführten Urteil i.S. Stoll geschehen ist, als Bestandteil des Einkommens des Jahres 1951, so kann ihre Besteuerung nur dem Kanton Basel-Stadt zustehen, weil der Beschwerdeführer während des ganzen Jahres 1951 in diesem Kanton wohnte. Stellt man dagegen, wie es im vorliegenden Falle beide Kantone tun und wohl richtiger ist (vgl.BGE 73 I 141), auf den Zeitpunkt ab, in dem die Gratifikation gestützt auf das Geschäftsergebnis des Jahres 1951 ziffernmässig festgesetzt worden ist und der Beschwerdeführer einen festen Rechtsanspruch auf sie erhalten hat, so ist zu ihrer Besteuerung, da der Beschwerdeführer in diesem Zeitpunkt (Frühjahr 1952) noch im Kanton Basel-Stadt wohnte, wiederum nur dieser Kanton zuständig (wobei es eine hier nicht zu erörtende Frage des basel-städtischen Steuerrechts ist, ob die Gratifikation, wie es die Steuerverwaltung zuerst getan hat, mit dem übrigen Einkommen des ersten Halbjahres in ein volles Jahreseinkommen umzurechnen und dieses pro rata temporis zu besteuern ist, oder ob auf ihr, entsprechend der von den Rekursbehörden geschützten endgültigen Veranlagung, eine volle Jahressteuer zum Satze des Gesamteinkommens zu erheben ist). Irgend ein sachlicher Grund, der es rechtfertigen würde, dem Kanton Baselland einen Teil der Gratifikation zur Besteuerung zu überlassen, ist nicht ersichtlich, da die Gratifikation weder im Hinblick auf ihren Entstehungsgrund noch im Hinblick auf den Zeitpunkt ihrer Ausrichtung mit dem Wohnsitz des Beschwerdeführers im Kanton Baselland in Beziehung gebracht werden kann. Der Einwand des basellandschaftlichen Regierungsrates, dass es sich bei der Gratifikation um eine jährliche Vergütung für geleistete Arbeit handle, ist unbehelflich, denn gerade als solche bezieht sie sich offensichtlich nicht auf das Jahr 1952, sondern auf das Jahr 1951, in dem der Beschwerdeführer ausschliesslich der Steuerhoheit des Kantons Basel-Stadt unterstanden hat.
Zum Schutze des basel-städtischen Steueranspruchs führt noch eine weitere Überlegung. Wenn der Beschwerdeführer um die Zeit seiner Übersiedlung von Basel nach Binningen (1. Juli 1952) seine Arbeitsstelle freiwillig oder infolge Pensionierung aufgegeben hätte, so wäre es dem Kanton Baselland schon wegen der dabei eingetretenen grundlegenden Änderung der Einkommenverhältnisse des Beschwerdeführers nicht gestattet gewesen, auf die ihm im Frühjahr 1952 ausgerichtete Gratifikation zurückzugreifen (BGE 50 I 113,BGE 77 I 30). Ist aber die Gratifikation in diesem besondern Falle ganz dem Kanton Basel-Stadt zur Besteuerung zuzuweisen, so muss dies in allen Fällen gelten, wo der Steuerpflichtige nach der Ausrichtung der Gratifikation aus diesem Kanton wegzieht. Denn der Umfang der Steuerhoheit eines Kantons über einen wegziehenden Steuerpflichtigen muss sich notwendigerweise nach den Verhältnissen, die während der Dauer dieser Steuerhoheit, d.h. bis zum Wegzug, bestanden haben, bestimmen und kann nicht davon abhängen, ob der Steuerpflichtige nach dem Wegzug in diesem oder jenem Kanton Wohnsitz nimmt und ob er dort bzw. von dort aus die bisherige, eine ganz anders geartete oder überhaupt keine Erwerbstätigkeit ausübt.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gegenüber dem Kanton BaselLandschaft gutgeheissen.
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Doppia imposizione. Quale Cantone ha il diritto d'i porre la gratificazione che un contribuente, il quale trasferisce il suo domicilio in un altro Cantone durante l'anno fiscale, riceve dal suo datore di lavoro prima del trasloco?
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constitutional law and administrative law and public international law
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83 II 1
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83 II 1
Sachverhalt ab Seite 1
A.- Die seit 1946 verheirateten, in R. (Kanton Zürich) wohnhaften Eheleute H. hatten ein 1947 geborenes Kind. Da dieses von 1949 an wiederholt krank war und im Bündnerland kuren musste, nahm die Mutter, um in seiner Nähe zu sein, jeweilen dort Stellen an und weilte mehrmals monatelang, das letzte Mal über ein Jahr lang in Chur, während der Ehemann in R. verblieb, wo in der Folge seine Mutter bei ihm wohnte. Streitigkeiten zwischen dieser und der Ehefrau trugen dazu bei, dass das durch die langen Absenzen der letztern ohnehin gefährdete eheliche Verhältnis sich verschlechterte. Nachdem die Frau am Ostersamstag (17. April) 1954 nach mehr als einjähriger Abwesenheit in die eheliche Wohnung zurückgekehrt war, reichte sie im Juli 1954 in Winterthur Scheidungsklage ein. Der Scheidungsprozess ist daselbst noch hängig. Am 8. November 1954 gebar die Ehefrau in der Krankenanstalt Liestal ein Kind, das mit dem Namen M. M. H. als eheliches Kind der Eheleute H. in die Zivilstandsregister eingetragen wurde. Der Ehemann verlangte im Scheidungsprozess widerklageweise die Scheidung wegen Ehebruchs der Frau und erhob sodann am 4. Januar 1955 beim Vermittleramt seines Heimatortes Walzenhausen Klage auf Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes M. M. Zu dessen Beistand bestellte die Waisenbehörde der Stadt Schaffhausen, wo die Mutter wohnte, Frl. Dr. C. Etzensperger, Amtsvormund daselbst.
Die beklagte Ehefrau anerkannte die Klage und bestätigte die Behauptungen des Klägers, wonach sie mit ihm seit drei Jahren vor der Geburt nicht mehr geschlechtlich verkehrt habe; sie sei bei ihrer Rückkehr von Chur zu Ostern 1954 bereits schwanger gewesen, habe aber dem Manne nichts davon gesagt. Den Namen des Urhebers der um die Fastnachtszeit 1954 in Chur erfolgten Schwängerung wolle sie gemäss ihm gegebenem Versprechen nicht bekannt geben.
Namens des beklagten Kindes opponierte Frl. Dr. Etzensperger der Anfechtungsklage vorbehältlich eines schlüssigen Ergebnisses einer Blutuntersuchung. Diese, erst vor Obergericht durchgeführt, liess den Ehemann als möglichen Vater nicht ausschliessen.
B.- Sowohl das Bezirksgericht Vorderland als das Obergericht von Appenzell-Ausserrhoden haben die Klage abgewiesen, weil der Kläger den Beweis der Unmöglichkeit seiner Vaterschaft nicht erbracht habe.
C.- Mit der vorliegenden Berufung hält der Ehemann an der Anfechtungsklage fest. Für das beklagte Kind beantragt sein Beistand Abweisung der Berufung. Die beklagte Ehefrau, die sich von Anfang an dem Klagebegehren angeschlossen hatte, nahm zur Berufung nicht Stellung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 254 ZGB vermag der Ehemann seine Anfechtungsklage nur durch den Nachweis zu begründen, "dass er unmöglich der Vater des Kindes sein könne". Absolute Unmöglichkeit der Vaterschaft liegt zunächst in den Fällen vor, wo während der Zeit, da die Empfängnis stattgefunden haben kann, ein ehelicher Verkehr unmöglich, also ausgeschlossen war (wegen Abwesenheit in grosser Entfernung, strenger Internierung des einen Gatten, Krankheit, impotentia coeundi,BGE 62 II 58). Ausser der physischen Unmöglichkeit der Beiwohnung hat die Rechtsprechung ferner die sog. "moralische" bzw. psychische Unmöglichkeit einer Beiwohnung als genügend anerkannt (a.a.O.). Da das Gesetz indessen nicht einen Nachweis der Unmöglichkeit der Beiwohnung, sondern nur der Vaterschaft des Ehemannes verlangt, ist der Nachweis tauglich, dass trotz erfolgtem Geschlechtsverkehr der Ehegatten ein Dritter der Erzeuger sein muss (impotentia generandi des Ehemannes; zurzeit des ersten Geschlechtsverkehrs mit ihm bereits bestehende Schwangerschaft der Ehefrau; Ausschluss der Vaterschaft des Ehemannes durch Rassemerkmale des Kindes oder durch das Ergebnis der Blutuntersuchung in Verbindung mit anderweitiger Glaubhaftmachung eines Ehebruches der Mutter). Endlich lässt die neuere Rechtsprechung die Anwendung von Art. 254 auch dann zu, wenn bewiesen wird, dass zwischen den Ehegatten um die Zeit der Empfängnis trotz allfällig vorhandener Möglichkeit tatsächlich kein Geschlechtsverkehr stattgefunden hat; denn auch in diesem Fall ist die Vaterschaft des Ehemannes physisch unmöglich - wobei immerhin die Probleme ausser Betracht gelassen sind, die sich aus der medizinisch gegebenen Möglichkeit der künstlichen Befruchtung ergeben können (vgl. die neueste Zusammenstellung der Rechtsprechung zu Art. 254 in BGE 82 II 501 ff.). Der Ehemann kann daher die Anfechtungsklage auch dadurch begründen, dass er ganz allgemein und schlechthin nachweist, dass zwischen ihm und der Ehefrau in der kritischen Zeit kein Geschlechtsverkehr stattgefunden hat (a.a.O. 502, 71 II 58).
Diese Frage ist eine rein tatsächliche; die Feststellung der letzten kantonalen Instanz hierüber ist mithin für das Bundesgericht verbindlich (Art. 63 Abs. 2, 55 Abs. 1 lit. c OG). Für diesen Nachweis gelten, da es sich um einen Statusprozess handelt, nach der Rechtsprechung die für den Scheidungsprozess aufgestellten bundesrechtlichen Verfahrensgrundsätze von Art. 158 Ziff. 1 und 3, wonach Parteierklärungen für den Richter nicht verbindlich sind und er behauptete Tatsachen nur dann als erwiesen annehmen darf, wenn er sich von deren Vorhandensein überzeugt hat (BGE 82 II 3). Der Umstand, dass die anfechtungsbeklagte Ehefrau der Klage zustimmt, kann somit nicht deren Abschreibung wegen Anerkennung zur Folge haben, zumal die Ehefrau nicht über die Rechte des mitbeklagten Kindes verfügen darf (vgl. a.a.O. 3, 4). Aber auch das Zugeständnis der Ehefrau, sie habe während der kritischen Zeit mit dem Ehemanne keinen Geschlechtsumgang gehabt, wohl aber mit einem andern Manne, erlaubt dem Richter nicht, nach der allgemeinen Beweisregel, wonach anerkannte Behauptungen als bewiesen gelten, diese Tatsachen ohne weiteres als erstellt zu betrachten; er muss sich von deren Richtigkeit überzeugt haben.
2. Im vorliegenden Falle gibt nun die Vorinstanz die erwähnte Rechtsprechung zutreffend dahin wieder, Art. 254 ZGB verlange nicht die Unmöglichkeit der Beiwohnung, sondern nur die Unmöglichkeit der Vaterschaft; es genüge also der Nachweis, dass die Ehegatten - trotz allfälliger Möglichkeit und Gelegenheit - tatsächlich nicht miteinander verkehrt hätten (S. 14 unten). In den Erwägungen zum konkreten Fall geht sie dann aber nicht von diesem Beweisthema, sondern davon aus, der Ehemann müsse die Unmöglichkeit - physischer oder psychischer Art - der Beiwohnung nachweisen, was der Kläger nicht getan habe. Sie führt aus, die Parteien hätten gegen Ende der kritischen Zeit (12. Januar - 12. Mai; bei Berücksichtigung der nach geburtsärztlichem Bericht um 14 Tage zu früh erfolgten Geburt: 26. Januar - 26. Mai 1954), nämlich von Ostern (17. April) bis Juli 1954 im gemeinsamen Haushalt in R. beisammengelebt; es könne eine Beiwohnung in dieser Zeit, auch in Ansehung der kurzen Dauer von Ostern bis zur Geburt (204 Tage), nicht als unmöglich bezeichnet werden. Auch bestehe trotz den gegenteiligen Angaben der Parteien objektiv durchaus die Möglichkeit, dass sie, obwohl in R. bzw. in Chur wohnhaft, (ausser zu Weihnachten 1953) auch vor Ostern, d.h. im Februar/März 1954, zusammengekommen seien und bei einer solchen Gelegenheit intim verkehrt hätten.
Nun hat die beklagte Ehefrau - im Gegensatz zur Beklagten im Falle K. (BGE 82 II 495 ff.) - von Anfang an stetsfort, in Übereinstimmung mit dem Kläger, erklärt, mit diesem während der kritischen Zeit keinen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, ja überhaupt schon seit drei Jahren vor der Geburt nicht mehr. Sie gab an, das Kind stamme von einem Dritten, mit dem sie während ihres Aufenthaltes in Chur um die Fastnacht (28. Februar 1954) geschlechtlich verkehrt habe, dessen Namen anzugeben sie sich aber zufolge eines Versprechens hartnäckig weigerte, und zwar im vorliegenden wie im Scheidungsprozess.
Mit dieser Darstellung, nämlich dass die Eheleute während der kritischen Zeit, ungeachtet einer allfälligen Möglichkeit hiezu, nun einmal tatsächlich keinen Geschlechtsverkehr gehabt haben, was zur Begründung der Unmöglichkeit der Vaterschaft des Klägers genügen würde, hat sich die Vorinstanz in keiner Weise auseinandergesetzt. Sie hat die Frage weder positiv noch negativ beantwortet, also nicht etwa erklärt, sie sei nicht überzeugt, dass die Parteien nicht intim verkehrt hätten, sondern hat lediglich die - physische oder psychische - Unmöglichkeit eines solchen Vorkommnisses verneint. Das Obergericht hat aber auch nicht erklärt, dass und warum es auf die bezüglichen Aussagen der Eheleute nicht abstelle. Indem die Vorinstanz auf diese prozessentscheidende tatbeständliche Behauptung nicht einging und ohne Begründung nicht prüfte, ob sie bewiesen sei, hat sie Bundesrecht verletzt. Der Beweislast gemäss Art. 8 ZGB entspricht als Korrelat das Recht auf Erbringung des Beweises für eine behauptete rechtsbegründende Tatsache.
3. Die Berufungsinstanz kann die Prüfung und Beantwortung jener sich nach richtiger Betrachtung stellenden tatsächlichen Frage nicht selbst vornehmen; denn sie hängt einerseits vom kantonalen Prozessrecht bezüglich der Beweismittel und der Beweiswürdigung, anderseits von der Handhabung der letztern in concreto mit Bezug auf die Aussagen der Eheleute, namentlich der Ehefrau ab. Hinsichtlich des kantonalen Prozessrechts machte die Vorinstanz bzw. deren Gerichtsschreiber erst in ihren Gegenbemerkungen zur Berufung einige Ausführungen, die aber nicht als Ergänzung der Urteilsbegründung in Betracht gezogen werden können; denn ganz allgemein müssen die Feststellungen und beweisrechtlichen Erwägungen der letzten kantonalen Instanz im Urteil selbst enthalten sein, wie sich aus Art. 51 Abs. 1 lit. c OG, aber auch daraus ergibt, dass jeder Partei das Recht offen stehen muss, jene mit staatsrechtlicher Beschwerde oder mit Berufung anzufechten (vgl. BGE 81 II 425 E. 5), was nicht möglich ist, wenn sie nur in nachträglichen Gegenbemerkungen der Vorinstanz gemäss Art. 56 OG stehen, die den Parteien gar nicht zu Gesichte zu kommen brauchen.
Die Sache ist daher gemäss Art. 64 Abs. 1 OG zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, sofern dies nicht in Ansehung des kantonalen Prozessrechts offenbar zwecklos ist...
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen wird zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen.
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Anfechtung der Ehelichkeit; Nachweis nach Art. 254 Z GB. Es bedarf nicht des Nachweises der Unmöglichkeit der Beiwohnung in der kritischen Zeit; es genügt der Nachweis, dass tatsächlich keine solche stattgefunden hat. Wird dies vom Kläger (ev. auch von der Beklagten) geltend gemacht, so muss der Richter die Frage nach Massgabe des kantonalen Prozessrechts prüfen und darüber eine tatsächliche Feststellung treffen.
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Sachverhalt ab Seite 1
A.- Die seit 1946 verheirateten, in R. (Kanton Zürich) wohnhaften Eheleute H. hatten ein 1947 geborenes Kind. Da dieses von 1949 an wiederholt krank war und im Bündnerland kuren musste, nahm die Mutter, um in seiner Nähe zu sein, jeweilen dort Stellen an und weilte mehrmals monatelang, das letzte Mal über ein Jahr lang in Chur, während der Ehemann in R. verblieb, wo in der Folge seine Mutter bei ihm wohnte. Streitigkeiten zwischen dieser und der Ehefrau trugen dazu bei, dass das durch die langen Absenzen der letztern ohnehin gefährdete eheliche Verhältnis sich verschlechterte. Nachdem die Frau am Ostersamstag (17. April) 1954 nach mehr als einjähriger Abwesenheit in die eheliche Wohnung zurückgekehrt war, reichte sie im Juli 1954 in Winterthur Scheidungsklage ein. Der Scheidungsprozess ist daselbst noch hängig. Am 8. November 1954 gebar die Ehefrau in der Krankenanstalt Liestal ein Kind, das mit dem Namen M. M. H. als eheliches Kind der Eheleute H. in die Zivilstandsregister eingetragen wurde. Der Ehemann verlangte im Scheidungsprozess widerklageweise die Scheidung wegen Ehebruchs der Frau und erhob sodann am 4. Januar 1955 beim Vermittleramt seines Heimatortes Walzenhausen Klage auf Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes M. M. Zu dessen Beistand bestellte die Waisenbehörde der Stadt Schaffhausen, wo die Mutter wohnte, Frl. Dr. C. Etzensperger, Amtsvormund daselbst.
Die beklagte Ehefrau anerkannte die Klage und bestätigte die Behauptungen des Klägers, wonach sie mit ihm seit drei Jahren vor der Geburt nicht mehr geschlechtlich verkehrt habe; sie sei bei ihrer Rückkehr von Chur zu Ostern 1954 bereits schwanger gewesen, habe aber dem Manne nichts davon gesagt. Den Namen des Urhebers der um die Fastnachtszeit 1954 in Chur erfolgten Schwängerung wolle sie gemäss ihm gegebenem Versprechen nicht bekannt geben.
Namens des beklagten Kindes opponierte Frl. Dr. Etzensperger der Anfechtungsklage vorbehältlich eines schlüssigen Ergebnisses einer Blutuntersuchung. Diese, erst vor Obergericht durchgeführt, liess den Ehemann als möglichen Vater nicht ausschliessen.
B.- Sowohl das Bezirksgericht Vorderland als das Obergericht von Appenzell-Ausserrhoden haben die Klage abgewiesen, weil der Kläger den Beweis der Unmöglichkeit seiner Vaterschaft nicht erbracht habe.
C.- Mit der vorliegenden Berufung hält der Ehemann an der Anfechtungsklage fest. Für das beklagte Kind beantragt sein Beistand Abweisung der Berufung. Die beklagte Ehefrau, die sich von Anfang an dem Klagebegehren angeschlossen hatte, nahm zur Berufung nicht Stellung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 254 ZGB vermag der Ehemann seine Anfechtungsklage nur durch den Nachweis zu begründen, "dass er unmöglich der Vater des Kindes sein könne". Absolute Unmöglichkeit der Vaterschaft liegt zunächst in den Fällen vor, wo während der Zeit, da die Empfängnis stattgefunden haben kann, ein ehelicher Verkehr unmöglich, also ausgeschlossen war (wegen Abwesenheit in grosser Entfernung, strenger Internierung des einen Gatten, Krankheit, impotentia coeundi,BGE 62 II 58). Ausser der physischen Unmöglichkeit der Beiwohnung hat die Rechtsprechung ferner die sog. "moralische" bzw. psychische Unmöglichkeit einer Beiwohnung als genügend anerkannt (a.a.O.). Da das Gesetz indessen nicht einen Nachweis der Unmöglichkeit der Beiwohnung, sondern nur der Vaterschaft des Ehemannes verlangt, ist der Nachweis tauglich, dass trotz erfolgtem Geschlechtsverkehr der Ehegatten ein Dritter der Erzeuger sein muss (impotentia generandi des Ehemannes; zurzeit des ersten Geschlechtsverkehrs mit ihm bereits bestehende Schwangerschaft der Ehefrau; Ausschluss der Vaterschaft des Ehemannes durch Rassemerkmale des Kindes oder durch das Ergebnis der Blutuntersuchung in Verbindung mit anderweitiger Glaubhaftmachung eines Ehebruches der Mutter). Endlich lässt die neuere Rechtsprechung die Anwendung von Art. 254 auch dann zu, wenn bewiesen wird, dass zwischen den Ehegatten um die Zeit der Empfängnis trotz allfällig vorhandener Möglichkeit tatsächlich kein Geschlechtsverkehr stattgefunden hat; denn auch in diesem Fall ist die Vaterschaft des Ehemannes physisch unmöglich - wobei immerhin die Probleme ausser Betracht gelassen sind, die sich aus der medizinisch gegebenen Möglichkeit der künstlichen Befruchtung ergeben können (vgl. die neueste Zusammenstellung der Rechtsprechung zu Art. 254 in BGE 82 II 501 ff.). Der Ehemann kann daher die Anfechtungsklage auch dadurch begründen, dass er ganz allgemein und schlechthin nachweist, dass zwischen ihm und der Ehefrau in der kritischen Zeit kein Geschlechtsverkehr stattgefunden hat (a.a.O. 502, 71 II 58).
Diese Frage ist eine rein tatsächliche; die Feststellung der letzten kantonalen Instanz hierüber ist mithin für das Bundesgericht verbindlich (Art. 63 Abs. 2, 55 Abs. 1 lit. c OG). Für diesen Nachweis gelten, da es sich um einen Statusprozess handelt, nach der Rechtsprechung die für den Scheidungsprozess aufgestellten bundesrechtlichen Verfahrensgrundsätze von Art. 158 Ziff. 1 und 3, wonach Parteierklärungen für den Richter nicht verbindlich sind und er behauptete Tatsachen nur dann als erwiesen annehmen darf, wenn er sich von deren Vorhandensein überzeugt hat (BGE 82 II 3). Der Umstand, dass die anfechtungsbeklagte Ehefrau der Klage zustimmt, kann somit nicht deren Abschreibung wegen Anerkennung zur Folge haben, zumal die Ehefrau nicht über die Rechte des mitbeklagten Kindes verfügen darf (vgl. a.a.O. 3, 4). Aber auch das Zugeständnis der Ehefrau, sie habe während der kritischen Zeit mit dem Ehemanne keinen Geschlechtsumgang gehabt, wohl aber mit einem andern Manne, erlaubt dem Richter nicht, nach der allgemeinen Beweisregel, wonach anerkannte Behauptungen als bewiesen gelten, diese Tatsachen ohne weiteres als erstellt zu betrachten; er muss sich von deren Richtigkeit überzeugt haben.
2. Im vorliegenden Falle gibt nun die Vorinstanz die erwähnte Rechtsprechung zutreffend dahin wieder, Art. 254 ZGB verlange nicht die Unmöglichkeit der Beiwohnung, sondern nur die Unmöglichkeit der Vaterschaft; es genüge also der Nachweis, dass die Ehegatten - trotz allfälliger Möglichkeit und Gelegenheit - tatsächlich nicht miteinander verkehrt hätten (S. 14 unten). In den Erwägungen zum konkreten Fall geht sie dann aber nicht von diesem Beweisthema, sondern davon aus, der Ehemann müsse die Unmöglichkeit - physischer oder psychischer Art - der Beiwohnung nachweisen, was der Kläger nicht getan habe. Sie führt aus, die Parteien hätten gegen Ende der kritischen Zeit (12. Januar - 12. Mai; bei Berücksichtigung der nach geburtsärztlichem Bericht um 14 Tage zu früh erfolgten Geburt: 26. Januar - 26. Mai 1954), nämlich von Ostern (17. April) bis Juli 1954 im gemeinsamen Haushalt in R. beisammengelebt; es könne eine Beiwohnung in dieser Zeit, auch in Ansehung der kurzen Dauer von Ostern bis zur Geburt (204 Tage), nicht als unmöglich bezeichnet werden. Auch bestehe trotz den gegenteiligen Angaben der Parteien objektiv durchaus die Möglichkeit, dass sie, obwohl in R. bzw. in Chur wohnhaft, (ausser zu Weihnachten 1953) auch vor Ostern, d.h. im Februar/März 1954, zusammengekommen seien und bei einer solchen Gelegenheit intim verkehrt hätten.
Nun hat die beklagte Ehefrau - im Gegensatz zur Beklagten im Falle K. (BGE 82 II 495 ff.) - von Anfang an stetsfort, in Übereinstimmung mit dem Kläger, erklärt, mit diesem während der kritischen Zeit keinen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, ja überhaupt schon seit drei Jahren vor der Geburt nicht mehr. Sie gab an, das Kind stamme von einem Dritten, mit dem sie während ihres Aufenthaltes in Chur um die Fastnacht (28. Februar 1954) geschlechtlich verkehrt habe, dessen Namen anzugeben sie sich aber zufolge eines Versprechens hartnäckig weigerte, und zwar im vorliegenden wie im Scheidungsprozess.
Mit dieser Darstellung, nämlich dass die Eheleute während der kritischen Zeit, ungeachtet einer allfälligen Möglichkeit hiezu, nun einmal tatsächlich keinen Geschlechtsverkehr gehabt haben, was zur Begründung der Unmöglichkeit der Vaterschaft des Klägers genügen würde, hat sich die Vorinstanz in keiner Weise auseinandergesetzt. Sie hat die Frage weder positiv noch negativ beantwortet, also nicht etwa erklärt, sie sei nicht überzeugt, dass die Parteien nicht intim verkehrt hätten, sondern hat lediglich die - physische oder psychische - Unmöglichkeit eines solchen Vorkommnisses verneint. Das Obergericht hat aber auch nicht erklärt, dass und warum es auf die bezüglichen Aussagen der Eheleute nicht abstelle. Indem die Vorinstanz auf diese prozessentscheidende tatbeständliche Behauptung nicht einging und ohne Begründung nicht prüfte, ob sie bewiesen sei, hat sie Bundesrecht verletzt. Der Beweislast gemäss Art. 8 ZGB entspricht als Korrelat das Recht auf Erbringung des Beweises für eine behauptete rechtsbegründende Tatsache.
3. Die Berufungsinstanz kann die Prüfung und Beantwortung jener sich nach richtiger Betrachtung stellenden tatsächlichen Frage nicht selbst vornehmen; denn sie hängt einerseits vom kantonalen Prozessrecht bezüglich der Beweismittel und der Beweiswürdigung, anderseits von der Handhabung der letztern in concreto mit Bezug auf die Aussagen der Eheleute, namentlich der Ehefrau ab. Hinsichtlich des kantonalen Prozessrechts machte die Vorinstanz bzw. deren Gerichtsschreiber erst in ihren Gegenbemerkungen zur Berufung einige Ausführungen, die aber nicht als Ergänzung der Urteilsbegründung in Betracht gezogen werden können; denn ganz allgemein müssen die Feststellungen und beweisrechtlichen Erwägungen der letzten kantonalen Instanz im Urteil selbst enthalten sein, wie sich aus Art. 51 Abs. 1 lit. c OG, aber auch daraus ergibt, dass jeder Partei das Recht offen stehen muss, jene mit staatsrechtlicher Beschwerde oder mit Berufung anzufechten (vgl. BGE 81 II 425 E. 5), was nicht möglich ist, wenn sie nur in nachträglichen Gegenbemerkungen der Vorinstanz gemäss Art. 56 OG stehen, die den Parteien gar nicht zu Gesichte zu kommen brauchen.
Die Sache ist daher gemäss Art. 64 Abs. 1 OG zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, sofern dies nicht in Ansehung des kantonalen Prozessrechts offenbar zwecklos ist...
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen wird zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen.
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Désaveu; preuve prévue par l'art. 254 CC. Il n'est pas nécessaire de prouver que la cohabitation pendant la période critique a été impossible; il suffit d'établir qu'en fait il n'y a eu aucune cohabitation. Si c'est ce que plaide le demandeur (éventuellement aussi le défendeur), le juge doit examiner la question selon les règles de la procédure cantonale et constater les faits existant à ce sujet.
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83 II 1
Sachverhalt ab Seite 1
A.- Die seit 1946 verheirateten, in R. (Kanton Zürich) wohnhaften Eheleute H. hatten ein 1947 geborenes Kind. Da dieses von 1949 an wiederholt krank war und im Bündnerland kuren musste, nahm die Mutter, um in seiner Nähe zu sein, jeweilen dort Stellen an und weilte mehrmals monatelang, das letzte Mal über ein Jahr lang in Chur, während der Ehemann in R. verblieb, wo in der Folge seine Mutter bei ihm wohnte. Streitigkeiten zwischen dieser und der Ehefrau trugen dazu bei, dass das durch die langen Absenzen der letztern ohnehin gefährdete eheliche Verhältnis sich verschlechterte. Nachdem die Frau am Ostersamstag (17. April) 1954 nach mehr als einjähriger Abwesenheit in die eheliche Wohnung zurückgekehrt war, reichte sie im Juli 1954 in Winterthur Scheidungsklage ein. Der Scheidungsprozess ist daselbst noch hängig. Am 8. November 1954 gebar die Ehefrau in der Krankenanstalt Liestal ein Kind, das mit dem Namen M. M. H. als eheliches Kind der Eheleute H. in die Zivilstandsregister eingetragen wurde. Der Ehemann verlangte im Scheidungsprozess widerklageweise die Scheidung wegen Ehebruchs der Frau und erhob sodann am 4. Januar 1955 beim Vermittleramt seines Heimatortes Walzenhausen Klage auf Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes M. M. Zu dessen Beistand bestellte die Waisenbehörde der Stadt Schaffhausen, wo die Mutter wohnte, Frl. Dr. C. Etzensperger, Amtsvormund daselbst.
Die beklagte Ehefrau anerkannte die Klage und bestätigte die Behauptungen des Klägers, wonach sie mit ihm seit drei Jahren vor der Geburt nicht mehr geschlechtlich verkehrt habe; sie sei bei ihrer Rückkehr von Chur zu Ostern 1954 bereits schwanger gewesen, habe aber dem Manne nichts davon gesagt. Den Namen des Urhebers der um die Fastnachtszeit 1954 in Chur erfolgten Schwängerung wolle sie gemäss ihm gegebenem Versprechen nicht bekannt geben.
Namens des beklagten Kindes opponierte Frl. Dr. Etzensperger der Anfechtungsklage vorbehältlich eines schlüssigen Ergebnisses einer Blutuntersuchung. Diese, erst vor Obergericht durchgeführt, liess den Ehemann als möglichen Vater nicht ausschliessen.
B.- Sowohl das Bezirksgericht Vorderland als das Obergericht von Appenzell-Ausserrhoden haben die Klage abgewiesen, weil der Kläger den Beweis der Unmöglichkeit seiner Vaterschaft nicht erbracht habe.
C.- Mit der vorliegenden Berufung hält der Ehemann an der Anfechtungsklage fest. Für das beklagte Kind beantragt sein Beistand Abweisung der Berufung. Die beklagte Ehefrau, die sich von Anfang an dem Klagebegehren angeschlossen hatte, nahm zur Berufung nicht Stellung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 254 ZGB vermag der Ehemann seine Anfechtungsklage nur durch den Nachweis zu begründen, "dass er unmöglich der Vater des Kindes sein könne". Absolute Unmöglichkeit der Vaterschaft liegt zunächst in den Fällen vor, wo während der Zeit, da die Empfängnis stattgefunden haben kann, ein ehelicher Verkehr unmöglich, also ausgeschlossen war (wegen Abwesenheit in grosser Entfernung, strenger Internierung des einen Gatten, Krankheit, impotentia coeundi,BGE 62 II 58). Ausser der physischen Unmöglichkeit der Beiwohnung hat die Rechtsprechung ferner die sog. "moralische" bzw. psychische Unmöglichkeit einer Beiwohnung als genügend anerkannt (a.a.O.). Da das Gesetz indessen nicht einen Nachweis der Unmöglichkeit der Beiwohnung, sondern nur der Vaterschaft des Ehemannes verlangt, ist der Nachweis tauglich, dass trotz erfolgtem Geschlechtsverkehr der Ehegatten ein Dritter der Erzeuger sein muss (impotentia generandi des Ehemannes; zurzeit des ersten Geschlechtsverkehrs mit ihm bereits bestehende Schwangerschaft der Ehefrau; Ausschluss der Vaterschaft des Ehemannes durch Rassemerkmale des Kindes oder durch das Ergebnis der Blutuntersuchung in Verbindung mit anderweitiger Glaubhaftmachung eines Ehebruches der Mutter). Endlich lässt die neuere Rechtsprechung die Anwendung von Art. 254 auch dann zu, wenn bewiesen wird, dass zwischen den Ehegatten um die Zeit der Empfängnis trotz allfällig vorhandener Möglichkeit tatsächlich kein Geschlechtsverkehr stattgefunden hat; denn auch in diesem Fall ist die Vaterschaft des Ehemannes physisch unmöglich - wobei immerhin die Probleme ausser Betracht gelassen sind, die sich aus der medizinisch gegebenen Möglichkeit der künstlichen Befruchtung ergeben können (vgl. die neueste Zusammenstellung der Rechtsprechung zu Art. 254 in BGE 82 II 501 ff.). Der Ehemann kann daher die Anfechtungsklage auch dadurch begründen, dass er ganz allgemein und schlechthin nachweist, dass zwischen ihm und der Ehefrau in der kritischen Zeit kein Geschlechtsverkehr stattgefunden hat (a.a.O. 502, 71 II 58).
Diese Frage ist eine rein tatsächliche; die Feststellung der letzten kantonalen Instanz hierüber ist mithin für das Bundesgericht verbindlich (Art. 63 Abs. 2, 55 Abs. 1 lit. c OG). Für diesen Nachweis gelten, da es sich um einen Statusprozess handelt, nach der Rechtsprechung die für den Scheidungsprozess aufgestellten bundesrechtlichen Verfahrensgrundsätze von Art. 158 Ziff. 1 und 3, wonach Parteierklärungen für den Richter nicht verbindlich sind und er behauptete Tatsachen nur dann als erwiesen annehmen darf, wenn er sich von deren Vorhandensein überzeugt hat (BGE 82 II 3). Der Umstand, dass die anfechtungsbeklagte Ehefrau der Klage zustimmt, kann somit nicht deren Abschreibung wegen Anerkennung zur Folge haben, zumal die Ehefrau nicht über die Rechte des mitbeklagten Kindes verfügen darf (vgl. a.a.O. 3, 4). Aber auch das Zugeständnis der Ehefrau, sie habe während der kritischen Zeit mit dem Ehemanne keinen Geschlechtsumgang gehabt, wohl aber mit einem andern Manne, erlaubt dem Richter nicht, nach der allgemeinen Beweisregel, wonach anerkannte Behauptungen als bewiesen gelten, diese Tatsachen ohne weiteres als erstellt zu betrachten; er muss sich von deren Richtigkeit überzeugt haben.
2. Im vorliegenden Falle gibt nun die Vorinstanz die erwähnte Rechtsprechung zutreffend dahin wieder, Art. 254 ZGB verlange nicht die Unmöglichkeit der Beiwohnung, sondern nur die Unmöglichkeit der Vaterschaft; es genüge also der Nachweis, dass die Ehegatten - trotz allfälliger Möglichkeit und Gelegenheit - tatsächlich nicht miteinander verkehrt hätten (S. 14 unten). In den Erwägungen zum konkreten Fall geht sie dann aber nicht von diesem Beweisthema, sondern davon aus, der Ehemann müsse die Unmöglichkeit - physischer oder psychischer Art - der Beiwohnung nachweisen, was der Kläger nicht getan habe. Sie führt aus, die Parteien hätten gegen Ende der kritischen Zeit (12. Januar - 12. Mai; bei Berücksichtigung der nach geburtsärztlichem Bericht um 14 Tage zu früh erfolgten Geburt: 26. Januar - 26. Mai 1954), nämlich von Ostern (17. April) bis Juli 1954 im gemeinsamen Haushalt in R. beisammengelebt; es könne eine Beiwohnung in dieser Zeit, auch in Ansehung der kurzen Dauer von Ostern bis zur Geburt (204 Tage), nicht als unmöglich bezeichnet werden. Auch bestehe trotz den gegenteiligen Angaben der Parteien objektiv durchaus die Möglichkeit, dass sie, obwohl in R. bzw. in Chur wohnhaft, (ausser zu Weihnachten 1953) auch vor Ostern, d.h. im Februar/März 1954, zusammengekommen seien und bei einer solchen Gelegenheit intim verkehrt hätten.
Nun hat die beklagte Ehefrau - im Gegensatz zur Beklagten im Falle K. (BGE 82 II 495 ff.) - von Anfang an stetsfort, in Übereinstimmung mit dem Kläger, erklärt, mit diesem während der kritischen Zeit keinen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, ja überhaupt schon seit drei Jahren vor der Geburt nicht mehr. Sie gab an, das Kind stamme von einem Dritten, mit dem sie während ihres Aufenthaltes in Chur um die Fastnacht (28. Februar 1954) geschlechtlich verkehrt habe, dessen Namen anzugeben sie sich aber zufolge eines Versprechens hartnäckig weigerte, und zwar im vorliegenden wie im Scheidungsprozess.
Mit dieser Darstellung, nämlich dass die Eheleute während der kritischen Zeit, ungeachtet einer allfälligen Möglichkeit hiezu, nun einmal tatsächlich keinen Geschlechtsverkehr gehabt haben, was zur Begründung der Unmöglichkeit der Vaterschaft des Klägers genügen würde, hat sich die Vorinstanz in keiner Weise auseinandergesetzt. Sie hat die Frage weder positiv noch negativ beantwortet, also nicht etwa erklärt, sie sei nicht überzeugt, dass die Parteien nicht intim verkehrt hätten, sondern hat lediglich die - physische oder psychische - Unmöglichkeit eines solchen Vorkommnisses verneint. Das Obergericht hat aber auch nicht erklärt, dass und warum es auf die bezüglichen Aussagen der Eheleute nicht abstelle. Indem die Vorinstanz auf diese prozessentscheidende tatbeständliche Behauptung nicht einging und ohne Begründung nicht prüfte, ob sie bewiesen sei, hat sie Bundesrecht verletzt. Der Beweislast gemäss Art. 8 ZGB entspricht als Korrelat das Recht auf Erbringung des Beweises für eine behauptete rechtsbegründende Tatsache.
3. Die Berufungsinstanz kann die Prüfung und Beantwortung jener sich nach richtiger Betrachtung stellenden tatsächlichen Frage nicht selbst vornehmen; denn sie hängt einerseits vom kantonalen Prozessrecht bezüglich der Beweismittel und der Beweiswürdigung, anderseits von der Handhabung der letztern in concreto mit Bezug auf die Aussagen der Eheleute, namentlich der Ehefrau ab. Hinsichtlich des kantonalen Prozessrechts machte die Vorinstanz bzw. deren Gerichtsschreiber erst in ihren Gegenbemerkungen zur Berufung einige Ausführungen, die aber nicht als Ergänzung der Urteilsbegründung in Betracht gezogen werden können; denn ganz allgemein müssen die Feststellungen und beweisrechtlichen Erwägungen der letzten kantonalen Instanz im Urteil selbst enthalten sein, wie sich aus Art. 51 Abs. 1 lit. c OG, aber auch daraus ergibt, dass jeder Partei das Recht offen stehen muss, jene mit staatsrechtlicher Beschwerde oder mit Berufung anzufechten (vgl. BGE 81 II 425 E. 5), was nicht möglich ist, wenn sie nur in nachträglichen Gegenbemerkungen der Vorinstanz gemäss Art. 56 OG stehen, die den Parteien gar nicht zu Gesichte zu kommen brauchen.
Die Sache ist daher gemäss Art. 64 Abs. 1 OG zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, sofern dies nicht in Ansehung des kantonalen Prozessrechts offenbar zwecklos ist...
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen wird zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen.
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Contestazione della paternità; prova a'sensi dell'art. 254 CC. Non è necessario dimostrare che il concubito durante il periodo critico è stato impossibile; basta la prova che in realtà non vi è stato nessun concubito. Se ciò è fatto valere dall'attore (eventualmente anche dal convenuto), il giudice deve esaminare la questione secondo le regole della procedura cantonale e accertare i relativi fatti.
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83 II 102
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83 II 102
Sachverhalt ab Seite 102
Frl. L. und das von ihr am 14. Mai 1955 geborene Kind leiteten gegen D. im Oktober 1955 Vaterschaftsklage auf Vermögensleistungen ein. Das Amtsgericht Luzern-Stadt wies diese Klage am 29. Mai 1956 ab mit der Begründung, dem Beklagten, welcher der Erstklägerin während der kritischen Zeit beigewohnt habe, sei es zwar nicht gelungen, Mehrverkehr oder unzüchtigen Lebenswandel der Mutter nachzuweisen. Auch könne seine Vaterschaft auf Grund der Bestimmung der Blutmerkmale ABO, MN, Rhesus und Kell nicht ausgeschlossen werden. Dagegen seien erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB dadurch begründet, dass das Kind das Blutmerkmal Duffya aufweise, das weder bei der Mutter noch beim Beklagten vorhanden sei.
Das Obergericht des Kantons Luzern, an das die Klägerinnen appellierten, hielt den Mehrverkehr und den unzüchtigen Lebenswandel mit dem Amtsgericht für unbewiesen und erachtete das Ergebnis der Blutuntersuchung hinsichtlich des Merkmals Duffya im Gegensatz zur ersten Instanz als untauglich zur Begründung erheblicher Zweifel im Sinne des Gesetzes. Demgemäss hat es mit Urteil vom 18. Dezember 1956 die Klage gutgeheissen.
Mit der vorliegenden, rechtzeitig erklärten Berufung beantragt der Beklagte die Abweisung der Vaterschaftsklage. Die Klägerinnen schliessen auf Abweisung der Berufung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Beklagte versucht mit Recht nicht, aus dem von der Vorinstanz zutreffend als leichtfertig bezeichneten Verhalten der Erstklägerin bei ihrer Begegnung mit dem Beklagten die Einrede des unzüchtigen Lebenswandels im Sinne von Art. 315 ZGB herzuleiten. Da auch kein Mehrverkehr festgestellt ist, bleibt somit einzig zu entscheiden, ob die Vorinstanz dadurch Bundesrecht verletzt habe, dass sie annahm, das Ergebnis der Blutuntersuchung hinsichtlich des Merkmals Duffya (Fya), das im Jahre 1950 entdeckt wurde (SJZ 1954 S. 276), genüge nicht, um im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB erhebliche Zweifel über die Vaterschaft des Beklagten zu begründen.
2. Der Berufungskläger weist darauf hin, dass B. WUILLERET, S. ROSIN und A. HÄSSIG, anerkannte Fachleute auf dem Gebiete der Blutgruppeneigenschaften, in einem Ende 1956 in der Schweiz. Medizinischen Wochenschrift erschienenen Aufsatze, welcher der Vorinstanz im Manuskript vorlag, zum Schlusse gelangt sind, ein sog. Fya-Ausschluss erreiche heute ihres Erachtens einen Grad von Wahrscheinlichkeit, der im Vaterschaftsprozess erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB rechtfertige (S. 1457), und macht geltend, die Vorinstanz habe diese Schlussfolgerung verkannt und sich mit ihrem die Beweiskraft eines solchen Ausschlusses verneinenden Entscheide zu den neuesten Erkenntnissen der wissenschaftlichen Forschung, die sie hätte berücksichtigen sollen, in Gegensatz gestellt. Die erwähnte Schlussfolgerung war jedoch für die Vorinstanz schon deshalb nicht massgebend, weil es eine der Beurteilung durch den Richter vorbehaltene Rechtsfrage ist, ob das gegen die Vaterschaft des Beklagten sprechende Ergebnis einer bestimmten naturwissenschaftlichen Untersuchung die Anwendung von Art. 314 Abs. 2 ZGB rechtfertige. Der Richter allein hat darüber zu befinden, welchen Grad der Zuverlässigkeit ein solches Untersuchungsergebnis aufweisen muss, um erhebliche Zweifel im Sinne dieser Bestimmung zu begründen. Die Naturwissenschafter haben hier nur die Aufgabe, den Richter ohne Erörterung der rechtlichen Tragweite ihrer Feststellungen darüber aufzuklären, welche Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass ihre Schlüsse richtig sind.
3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts erlaubt das Ergebnis einer naturwissenschaftlichen Untersuchung die Anwendung von Art. 314 Abs. 2 ZGB nur dann, wenn es die Vaterschaft des Beklagten mit Sicherheit oder doch mit grösster, an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschliessen vermag (BGE 82 II 264 und dortige Hinweise). Diese Praxis beruht auf der Erwägung, dass Art. 314 Abs. 1 ZGB die blosse Möglichkeit der Zeugung durch den Beklagten genügen lässt, um die Vermutung seiner Vaterschaft zu begründen (vgl. BGE 77 II 31 oben), und dass biologischen Erscheinungen ganz allgemein nur dann eine vom Recht zu beachtende Gesetzmässigkeit zugeschrieben werden darf, wenn die Annahme, dass sie einem bestimmten Gesetze folgen, sich unabweislich aufdrängt (vgl. BGE 82 II 265 Erw. 2, wo zur Begründung der genannten Regel darauf hingewiesen wurde, dass die biologischen Gesetze, auf die es hier ankommt, immer noch unvollkommen bekannt sind).
Vergleicht man nun die von Sachverständigen getroffenen Feststellungen, die das Bundesgericht veranlasst haben, einem auf die Ermittlung der Merkmale ABO, MN und Rhesus gestützten Ausschluss der Vaterschaft Beweiswert zuzuerkennen, mit der Stellungnahme der Wissenschaft zum Merkmal Duffya, so ergibt sich ohne weiteres, dass die Vorinstanz es zu Recht abgelehnt hat, einem sog. Duffya-Ausschluss heute schon die gleiche Bedeutung wie jenen andern Ausschlüssen beizulegen.
Im Gutachten, welches das Bundesgericht im Falle Walter gegen Bigler (BGE 61 II 72 ff.) über die grundsätzliche Frage der Verwertung von Feststellungen über die Blutgruppen in Vaterschaftsprozessen einholte, erklärte Prof. Zangger, die Vererbung der vier klassischen Blutgruppen O, A, B und AB erfolge ohne Zweifel gesetzmässig. Diese Gesetzmässigkeit sei durch unzählige Einzelbeobachtungen je und je festgelegt worden. Deren Zahl sei so gross, dass es keinen Sinn hätte, ihnen neue beifügen zu wollen. Die Zahl der Ausnahmen sei geringfügig (es gebe sicher weit weniger als einen Fall auf 1000). Auch die Faktoren M und N seien gesetzmässig vererbbar. Vorbehalte nach der Richtung, dass bei der Bestimmung der erwähnten Bluteigenschaften trotz einwandfreier Untersuchungstechnik Fehler unterlaufen können, brachte Prof. Zangger nicht an. In der "Zusammenfassung der wesentlichen Punkte", die in die im erwähnten Urteil (S. 74) wiedergegebenen Schlussfolgerungen ausmündet, stellte er fest, wenn man auf Grund der Blutgruppenbestimmung dazukomme, eine Vaterschaft auszuschliessen, dann sei (die Durchführung der Untersuchung durch ein wirklich zuverlässiges Spezialinstitut vorausgesetzt) "der Ausschluss mit einem Wahrscheinlichkeitsgrad, der an Sicherheit grenzt, möglich".
Im Falle Schmid gegen Martin, wo das Bundesgericht erstmals einen sog. MN-Ausschluss als beweiskräftig anerkannte (Urteil vom 2. Juni 1939, zitiert in BGE 65 II 127 oben und BGE 66 II 68), war das Gerichtlich-Medizinische Institut der Universität Zürich in seinen den kantonalen Gerichten abgegebenen Gutachten zum Schlusse gekommen, das bisher in der Literatur niedergelegte empirische Material habe eine weitgehende Bestätigung der Erbgesetze der Faktoren M und N ergeben. Immerhin sei die Sachlage noch nicht derart, dass ein Ausschluss einer Vaterschaft auf Grund dieser Faktoren mit absoluter Sicherheit erfolgen könne. Es bestünden noch gewisse, allerdings sehr minime Fehlermöglichkeiten, herrührend vom Vorkommen eines - äusserst seltenen - defekten N-Typus sowie von Fehlbestimmungen infolge ungenügend gereinigter Immunseren, welche Fehler sich aber nicht kumulierten. Diese Fehlermöglichkeit dürfte höchstens 1: 500-1000 betragen, während sie bei den klassischen Blutgruppen noch geringer (weniger als 1: 1000) sei. Auf keinen Fall aber könne es sich um einen prinzipiellen Unterschied handeln in dem Sinne, dass bei den klassischen Blutgruppen ein Ausschluss der Vaterschaft mit absoluter Sicherheit, bei den Faktoren M und N nur mit einem mehr oder weniger hohen Grade von Wahrscheinlichkeit möglich sei. Wenn die beiden Proben bezüglich ihrer forensischen Verwertbarkeit auch nicht ganz gleichgestellt werden könnten, so stehe doch heute schon fest, dass die Möglichkeit eines Fehlausschlusses auf Grund des M/N-Systems nur ausserordentlich gering sei. In den Urteilserwägungen konnte das Bundesgericht ausserdem noch darauf hinweisen, dass die Blutprobe bezüglich der Faktoren M und N zum Ausschluss der Vaterschaft auch in andern Ländern anerkannt werde, allgemein insbesondere in Deutschland, obwohl § 1717 BGB hiezu die offenbare Unmöglichkeit der Vaterschaft des Beklagten verlange.
Im Falle BGE 78 II 311, wo das Ergebnis der Bestimmung zweier verschiedener Bluteigenschaften (A1-A2 und Rhesus) die Vaterschaft des Beklagten ausschloss, erklärte der Sachverständige Dr. Hardmeier, beim vorliegenden doppelten Ausschluss dürfte die tatsächliche Fehlerquelle bei ca. 1:1'000,000 liegen, so dass von praktisch absoluter Sicherheit des Vaterschaftsausschlusses gesprochen werden könne.
Als das Bundesgericht im Falle BGE 79 II Nr. 4 dazu gelangte, einem Ausschluss auf Grund des Nachweises, dass das Kind die weder bei der Mutter noch beim angeblichen Vater vorhandene Rhesuseigenschaft E besass, sogar in einem Prozess auf Anfechtung der Ehelichkeit Beweiswert beizumessen, lagen Gutachten vor, die besagten, dass die gesetzmässige Vererbung der Rhesuseigenschaften sicher erwiesen sei (Prof. Schwarz) und dass die Rhesusbestimmung heute "eine derartige Sicherheit vermittle, wie ein biologischer Beweis sie überhaupt bieten könne" (Prof. Hallauer; a.a.O. S. 23).
Im Falle BGE 80 II Nr. 3, wo ein anders gearteter Rhesusausschluss als zur Begründung erheblicher Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB tauglich befunden wurde, hatte der Sachverständige Dr. Hässig erklärt, der Beklagte könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Vater ausgeschlossen werden, und lag ein Gutachten von Prof. Schwarz vor, der sich im gleichen Sinne geäussert hatte (a.a.O. S. 11 f.).
Demgegenüber erklärte Dr. Hässig in den Schlussfolgerungen des von ihm im vorliegenden Falle am 11. April 1956 abgegebenen Gutachtens lediglich, da weder der Beklagte noch die Mutter den beim Kinde festgestellten Blutfaktor Duffya besitze, sei der Beklagte "mit erheblicher Wahrscheinlichkeit" als Vater des Kindes der Erstklägerin auszuschliessen. Im Aufsatz von Wuilleret, Rosin und Hässig wird der im wissenschaftlichen Sprachgebrauch geläufige Ausdruck "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" ebenfalls nicht verwendet, sondern die Verfasser gehen über die von Dr. Hässig im Gutachten vom 11. April 1956 geäusserte Auffassung nur insofern hinaus, als sie von einer "sehr erheblichen Wahrscheinlichkeit" sprechen (S. 1457). Der Grund dafür, dass sie einem Duffya-Ausschluss nicht denselben hohen Beweiswert zuerkennen wie einem ABO-, MN- oder Rhesusausschluss, liegt nach ihren Ausführungen (S. 1456) in der verhältnismässig noch geringen Zahl von Untersuchungsergebnissen, die Schlüsse auf die Vererbung des Faktors Duffya zulassen. Sie wagen deswegen noch nicht bestimmt festzustellen, dass dieser Faktor sich gesetzmässig vererbe, sondern sagen nur, an der Richtigkeit des dominanten Erbganges dieses Merkmals (und des Faktors Kell) sei "kaum" mehr zu zweifeln. Steht demnach die Gesetzmässigkeit der Vererbung dieser Bluteigenschaft noch nicht mit Sicherheit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, so kann dem Umstand, dass die Häufigkeit von Fehlbestimmungen dieser Eigenschaft bei Verwendung von einwandfreien Seren und bei sicherer Beherrschung der Untersuchungstechnik mit "wesentlich unter 1:1000" liegend angenommen wird (S. 1457), keine entscheidende Bedeutung zukommen. Im übrigen bemerken Wuilleret, Rosin und Hässig selber, dass gewisse amerikanische Autoren die forensische Verwertung des Faktors Duffya (und der Blutgruppenmerkmale A1, A2, Kell und P) wegen der schwierigen Bestimmungstechnik ablehnen, und vertreten im Anschluss daran die Auffassung, man sollte diese Blutmerkmale bei forensischen Untersuchungen mitbestimmen und ihnen im Falle des Ausschlusses vorläufig einen "bedingten" Beweiswert zuerkennen (S. 1457). Darüber hinaus verweist die Vorinstanz auf einen Bericht des Rhesuslaboratoriums des Basler Kinderspitals vom 12. September 1956, wo auf Grund einer Umfrage bei verschiedenen ausländischen Instituten erklärt wird, der Wert der Duffya-Untersuchungen sei noch umstritten und das Abstellen auf einen nur darauf gestützten Ausschluss werde z.B. in Dänemark abgelehnt. Bei diesem Stande der wissenschaftlichen Forschung in dem für die Beurteilung der Berufung massgebenden Zeitpunkte der vorinstanzlichen Urteilsfällung (18. Dezember 1956) kann keine Rede davon sein, dass die Vorinstanz mit der Annahme, ein sog. Duffya-Ausschluss genüge heute noch nicht, um die Vaterschaft eines bestimmten Mannes mit Sicherheit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschliessen und damit erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB zu begründen, einen Satz des Bundesrechts oder einen allgemein anerkannten Erfahrungssatz missachtet habe, der berufungsrechtlich einem Bundesrechtssatze gleichzustellen wäre.
Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich die Erstklägerin dem Beklagten in leichtfertiger Weise hingegeben hat. Dieser Umstand ist, zumal da das Zeugenverhör keinerlei Anhaltspunkte für Geschlechtsverkehr oder auch nur für verdächtige Beziehungen der Erstklägerin mit andern Männern ergeben hat, nicht geeignet, zusammen mit einem biologischen Befunde, der für sich allein die Anwendung von Art. 314 Abs. 2 ZGB nicht zu rechtfertigen vermag, die Vaterschaft des Beklagten als mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen erscheinen zu lassen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons Luzern, II. Kammer, vom 18. Dezember 1956 bestätigt.
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Vaterschaftsklage. Kann das Ergebnis der Bestimmung des Blutfaktors Duffya erhebliche Zweifel über die Vaterschaft des Beklagten begründen?
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Sachverhalt ab Seite 102
Frl. L. und das von ihr am 14. Mai 1955 geborene Kind leiteten gegen D. im Oktober 1955 Vaterschaftsklage auf Vermögensleistungen ein. Das Amtsgericht Luzern-Stadt wies diese Klage am 29. Mai 1956 ab mit der Begründung, dem Beklagten, welcher der Erstklägerin während der kritischen Zeit beigewohnt habe, sei es zwar nicht gelungen, Mehrverkehr oder unzüchtigen Lebenswandel der Mutter nachzuweisen. Auch könne seine Vaterschaft auf Grund der Bestimmung der Blutmerkmale ABO, MN, Rhesus und Kell nicht ausgeschlossen werden. Dagegen seien erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB dadurch begründet, dass das Kind das Blutmerkmal Duffya aufweise, das weder bei der Mutter noch beim Beklagten vorhanden sei.
Das Obergericht des Kantons Luzern, an das die Klägerinnen appellierten, hielt den Mehrverkehr und den unzüchtigen Lebenswandel mit dem Amtsgericht für unbewiesen und erachtete das Ergebnis der Blutuntersuchung hinsichtlich des Merkmals Duffya im Gegensatz zur ersten Instanz als untauglich zur Begründung erheblicher Zweifel im Sinne des Gesetzes. Demgemäss hat es mit Urteil vom 18. Dezember 1956 die Klage gutgeheissen.
Mit der vorliegenden, rechtzeitig erklärten Berufung beantragt der Beklagte die Abweisung der Vaterschaftsklage. Die Klägerinnen schliessen auf Abweisung der Berufung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Beklagte versucht mit Recht nicht, aus dem von der Vorinstanz zutreffend als leichtfertig bezeichneten Verhalten der Erstklägerin bei ihrer Begegnung mit dem Beklagten die Einrede des unzüchtigen Lebenswandels im Sinne von Art. 315 ZGB herzuleiten. Da auch kein Mehrverkehr festgestellt ist, bleibt somit einzig zu entscheiden, ob die Vorinstanz dadurch Bundesrecht verletzt habe, dass sie annahm, das Ergebnis der Blutuntersuchung hinsichtlich des Merkmals Duffya (Fya), das im Jahre 1950 entdeckt wurde (SJZ 1954 S. 276), genüge nicht, um im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB erhebliche Zweifel über die Vaterschaft des Beklagten zu begründen.
2. Der Berufungskläger weist darauf hin, dass B. WUILLERET, S. ROSIN und A. HÄSSIG, anerkannte Fachleute auf dem Gebiete der Blutgruppeneigenschaften, in einem Ende 1956 in der Schweiz. Medizinischen Wochenschrift erschienenen Aufsatze, welcher der Vorinstanz im Manuskript vorlag, zum Schlusse gelangt sind, ein sog. Fya-Ausschluss erreiche heute ihres Erachtens einen Grad von Wahrscheinlichkeit, der im Vaterschaftsprozess erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB rechtfertige (S. 1457), und macht geltend, die Vorinstanz habe diese Schlussfolgerung verkannt und sich mit ihrem die Beweiskraft eines solchen Ausschlusses verneinenden Entscheide zu den neuesten Erkenntnissen der wissenschaftlichen Forschung, die sie hätte berücksichtigen sollen, in Gegensatz gestellt. Die erwähnte Schlussfolgerung war jedoch für die Vorinstanz schon deshalb nicht massgebend, weil es eine der Beurteilung durch den Richter vorbehaltene Rechtsfrage ist, ob das gegen die Vaterschaft des Beklagten sprechende Ergebnis einer bestimmten naturwissenschaftlichen Untersuchung die Anwendung von Art. 314 Abs. 2 ZGB rechtfertige. Der Richter allein hat darüber zu befinden, welchen Grad der Zuverlässigkeit ein solches Untersuchungsergebnis aufweisen muss, um erhebliche Zweifel im Sinne dieser Bestimmung zu begründen. Die Naturwissenschafter haben hier nur die Aufgabe, den Richter ohne Erörterung der rechtlichen Tragweite ihrer Feststellungen darüber aufzuklären, welche Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass ihre Schlüsse richtig sind.
3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts erlaubt das Ergebnis einer naturwissenschaftlichen Untersuchung die Anwendung von Art. 314 Abs. 2 ZGB nur dann, wenn es die Vaterschaft des Beklagten mit Sicherheit oder doch mit grösster, an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschliessen vermag (BGE 82 II 264 und dortige Hinweise). Diese Praxis beruht auf der Erwägung, dass Art. 314 Abs. 1 ZGB die blosse Möglichkeit der Zeugung durch den Beklagten genügen lässt, um die Vermutung seiner Vaterschaft zu begründen (vgl. BGE 77 II 31 oben), und dass biologischen Erscheinungen ganz allgemein nur dann eine vom Recht zu beachtende Gesetzmässigkeit zugeschrieben werden darf, wenn die Annahme, dass sie einem bestimmten Gesetze folgen, sich unabweislich aufdrängt (vgl. BGE 82 II 265 Erw. 2, wo zur Begründung der genannten Regel darauf hingewiesen wurde, dass die biologischen Gesetze, auf die es hier ankommt, immer noch unvollkommen bekannt sind).
Vergleicht man nun die von Sachverständigen getroffenen Feststellungen, die das Bundesgericht veranlasst haben, einem auf die Ermittlung der Merkmale ABO, MN und Rhesus gestützten Ausschluss der Vaterschaft Beweiswert zuzuerkennen, mit der Stellungnahme der Wissenschaft zum Merkmal Duffya, so ergibt sich ohne weiteres, dass die Vorinstanz es zu Recht abgelehnt hat, einem sog. Duffya-Ausschluss heute schon die gleiche Bedeutung wie jenen andern Ausschlüssen beizulegen.
Im Gutachten, welches das Bundesgericht im Falle Walter gegen Bigler (BGE 61 II 72 ff.) über die grundsätzliche Frage der Verwertung von Feststellungen über die Blutgruppen in Vaterschaftsprozessen einholte, erklärte Prof. Zangger, die Vererbung der vier klassischen Blutgruppen O, A, B und AB erfolge ohne Zweifel gesetzmässig. Diese Gesetzmässigkeit sei durch unzählige Einzelbeobachtungen je und je festgelegt worden. Deren Zahl sei so gross, dass es keinen Sinn hätte, ihnen neue beifügen zu wollen. Die Zahl der Ausnahmen sei geringfügig (es gebe sicher weit weniger als einen Fall auf 1000). Auch die Faktoren M und N seien gesetzmässig vererbbar. Vorbehalte nach der Richtung, dass bei der Bestimmung der erwähnten Bluteigenschaften trotz einwandfreier Untersuchungstechnik Fehler unterlaufen können, brachte Prof. Zangger nicht an. In der "Zusammenfassung der wesentlichen Punkte", die in die im erwähnten Urteil (S. 74) wiedergegebenen Schlussfolgerungen ausmündet, stellte er fest, wenn man auf Grund der Blutgruppenbestimmung dazukomme, eine Vaterschaft auszuschliessen, dann sei (die Durchführung der Untersuchung durch ein wirklich zuverlässiges Spezialinstitut vorausgesetzt) "der Ausschluss mit einem Wahrscheinlichkeitsgrad, der an Sicherheit grenzt, möglich".
Im Falle Schmid gegen Martin, wo das Bundesgericht erstmals einen sog. MN-Ausschluss als beweiskräftig anerkannte (Urteil vom 2. Juni 1939, zitiert in BGE 65 II 127 oben und BGE 66 II 68), war das Gerichtlich-Medizinische Institut der Universität Zürich in seinen den kantonalen Gerichten abgegebenen Gutachten zum Schlusse gekommen, das bisher in der Literatur niedergelegte empirische Material habe eine weitgehende Bestätigung der Erbgesetze der Faktoren M und N ergeben. Immerhin sei die Sachlage noch nicht derart, dass ein Ausschluss einer Vaterschaft auf Grund dieser Faktoren mit absoluter Sicherheit erfolgen könne. Es bestünden noch gewisse, allerdings sehr minime Fehlermöglichkeiten, herrührend vom Vorkommen eines - äusserst seltenen - defekten N-Typus sowie von Fehlbestimmungen infolge ungenügend gereinigter Immunseren, welche Fehler sich aber nicht kumulierten. Diese Fehlermöglichkeit dürfte höchstens 1: 500-1000 betragen, während sie bei den klassischen Blutgruppen noch geringer (weniger als 1: 1000) sei. Auf keinen Fall aber könne es sich um einen prinzipiellen Unterschied handeln in dem Sinne, dass bei den klassischen Blutgruppen ein Ausschluss der Vaterschaft mit absoluter Sicherheit, bei den Faktoren M und N nur mit einem mehr oder weniger hohen Grade von Wahrscheinlichkeit möglich sei. Wenn die beiden Proben bezüglich ihrer forensischen Verwertbarkeit auch nicht ganz gleichgestellt werden könnten, so stehe doch heute schon fest, dass die Möglichkeit eines Fehlausschlusses auf Grund des M/N-Systems nur ausserordentlich gering sei. In den Urteilserwägungen konnte das Bundesgericht ausserdem noch darauf hinweisen, dass die Blutprobe bezüglich der Faktoren M und N zum Ausschluss der Vaterschaft auch in andern Ländern anerkannt werde, allgemein insbesondere in Deutschland, obwohl § 1717 BGB hiezu die offenbare Unmöglichkeit der Vaterschaft des Beklagten verlange.
Im Falle BGE 78 II 311, wo das Ergebnis der Bestimmung zweier verschiedener Bluteigenschaften (A1-A2 und Rhesus) die Vaterschaft des Beklagten ausschloss, erklärte der Sachverständige Dr. Hardmeier, beim vorliegenden doppelten Ausschluss dürfte die tatsächliche Fehlerquelle bei ca. 1:1'000,000 liegen, so dass von praktisch absoluter Sicherheit des Vaterschaftsausschlusses gesprochen werden könne.
Als das Bundesgericht im Falle BGE 79 II Nr. 4 dazu gelangte, einem Ausschluss auf Grund des Nachweises, dass das Kind die weder bei der Mutter noch beim angeblichen Vater vorhandene Rhesuseigenschaft E besass, sogar in einem Prozess auf Anfechtung der Ehelichkeit Beweiswert beizumessen, lagen Gutachten vor, die besagten, dass die gesetzmässige Vererbung der Rhesuseigenschaften sicher erwiesen sei (Prof. Schwarz) und dass die Rhesusbestimmung heute "eine derartige Sicherheit vermittle, wie ein biologischer Beweis sie überhaupt bieten könne" (Prof. Hallauer; a.a.O. S. 23).
Im Falle BGE 80 II Nr. 3, wo ein anders gearteter Rhesusausschluss als zur Begründung erheblicher Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB tauglich befunden wurde, hatte der Sachverständige Dr. Hässig erklärt, der Beklagte könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Vater ausgeschlossen werden, und lag ein Gutachten von Prof. Schwarz vor, der sich im gleichen Sinne geäussert hatte (a.a.O. S. 11 f.).
Demgegenüber erklärte Dr. Hässig in den Schlussfolgerungen des von ihm im vorliegenden Falle am 11. April 1956 abgegebenen Gutachtens lediglich, da weder der Beklagte noch die Mutter den beim Kinde festgestellten Blutfaktor Duffya besitze, sei der Beklagte "mit erheblicher Wahrscheinlichkeit" als Vater des Kindes der Erstklägerin auszuschliessen. Im Aufsatz von Wuilleret, Rosin und Hässig wird der im wissenschaftlichen Sprachgebrauch geläufige Ausdruck "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" ebenfalls nicht verwendet, sondern die Verfasser gehen über die von Dr. Hässig im Gutachten vom 11. April 1956 geäusserte Auffassung nur insofern hinaus, als sie von einer "sehr erheblichen Wahrscheinlichkeit" sprechen (S. 1457). Der Grund dafür, dass sie einem Duffya-Ausschluss nicht denselben hohen Beweiswert zuerkennen wie einem ABO-, MN- oder Rhesusausschluss, liegt nach ihren Ausführungen (S. 1456) in der verhältnismässig noch geringen Zahl von Untersuchungsergebnissen, die Schlüsse auf die Vererbung des Faktors Duffya zulassen. Sie wagen deswegen noch nicht bestimmt festzustellen, dass dieser Faktor sich gesetzmässig vererbe, sondern sagen nur, an der Richtigkeit des dominanten Erbganges dieses Merkmals (und des Faktors Kell) sei "kaum" mehr zu zweifeln. Steht demnach die Gesetzmässigkeit der Vererbung dieser Bluteigenschaft noch nicht mit Sicherheit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, so kann dem Umstand, dass die Häufigkeit von Fehlbestimmungen dieser Eigenschaft bei Verwendung von einwandfreien Seren und bei sicherer Beherrschung der Untersuchungstechnik mit "wesentlich unter 1:1000" liegend angenommen wird (S. 1457), keine entscheidende Bedeutung zukommen. Im übrigen bemerken Wuilleret, Rosin und Hässig selber, dass gewisse amerikanische Autoren die forensische Verwertung des Faktors Duffya (und der Blutgruppenmerkmale A1, A2, Kell und P) wegen der schwierigen Bestimmungstechnik ablehnen, und vertreten im Anschluss daran die Auffassung, man sollte diese Blutmerkmale bei forensischen Untersuchungen mitbestimmen und ihnen im Falle des Ausschlusses vorläufig einen "bedingten" Beweiswert zuerkennen (S. 1457). Darüber hinaus verweist die Vorinstanz auf einen Bericht des Rhesuslaboratoriums des Basler Kinderspitals vom 12. September 1956, wo auf Grund einer Umfrage bei verschiedenen ausländischen Instituten erklärt wird, der Wert der Duffya-Untersuchungen sei noch umstritten und das Abstellen auf einen nur darauf gestützten Ausschluss werde z.B. in Dänemark abgelehnt. Bei diesem Stande der wissenschaftlichen Forschung in dem für die Beurteilung der Berufung massgebenden Zeitpunkte der vorinstanzlichen Urteilsfällung (18. Dezember 1956) kann keine Rede davon sein, dass die Vorinstanz mit der Annahme, ein sog. Duffya-Ausschluss genüge heute noch nicht, um die Vaterschaft eines bestimmten Mannes mit Sicherheit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschliessen und damit erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB zu begründen, einen Satz des Bundesrechts oder einen allgemein anerkannten Erfahrungssatz missachtet habe, der berufungsrechtlich einem Bundesrechtssatze gleichzustellen wäre.
Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich die Erstklägerin dem Beklagten in leichtfertiger Weise hingegeben hat. Dieser Umstand ist, zumal da das Zeugenverhör keinerlei Anhaltspunkte für Geschlechtsverkehr oder auch nur für verdächtige Beziehungen der Erstklägerin mit andern Männern ergeben hat, nicht geeignet, zusammen mit einem biologischen Befunde, der für sich allein die Anwendung von Art. 314 Abs. 2 ZGB nicht zu rechtfertigen vermag, die Vaterschaft des Beklagten als mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen erscheinen zu lassen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons Luzern, II. Kammer, vom 18. Dezember 1956 bestätigt.
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Action en recherche de paternité. Le résultat de la détermination du facteur sanguin Duffya peut-il fonder des doutes sérieux sur la paternité du défendeur?
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civil law
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Sachverhalt ab Seite 102
Frl. L. und das von ihr am 14. Mai 1955 geborene Kind leiteten gegen D. im Oktober 1955 Vaterschaftsklage auf Vermögensleistungen ein. Das Amtsgericht Luzern-Stadt wies diese Klage am 29. Mai 1956 ab mit der Begründung, dem Beklagten, welcher der Erstklägerin während der kritischen Zeit beigewohnt habe, sei es zwar nicht gelungen, Mehrverkehr oder unzüchtigen Lebenswandel der Mutter nachzuweisen. Auch könne seine Vaterschaft auf Grund der Bestimmung der Blutmerkmale ABO, MN, Rhesus und Kell nicht ausgeschlossen werden. Dagegen seien erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB dadurch begründet, dass das Kind das Blutmerkmal Duffya aufweise, das weder bei der Mutter noch beim Beklagten vorhanden sei.
Das Obergericht des Kantons Luzern, an das die Klägerinnen appellierten, hielt den Mehrverkehr und den unzüchtigen Lebenswandel mit dem Amtsgericht für unbewiesen und erachtete das Ergebnis der Blutuntersuchung hinsichtlich des Merkmals Duffya im Gegensatz zur ersten Instanz als untauglich zur Begründung erheblicher Zweifel im Sinne des Gesetzes. Demgemäss hat es mit Urteil vom 18. Dezember 1956 die Klage gutgeheissen.
Mit der vorliegenden, rechtzeitig erklärten Berufung beantragt der Beklagte die Abweisung der Vaterschaftsklage. Die Klägerinnen schliessen auf Abweisung der Berufung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Beklagte versucht mit Recht nicht, aus dem von der Vorinstanz zutreffend als leichtfertig bezeichneten Verhalten der Erstklägerin bei ihrer Begegnung mit dem Beklagten die Einrede des unzüchtigen Lebenswandels im Sinne von Art. 315 ZGB herzuleiten. Da auch kein Mehrverkehr festgestellt ist, bleibt somit einzig zu entscheiden, ob die Vorinstanz dadurch Bundesrecht verletzt habe, dass sie annahm, das Ergebnis der Blutuntersuchung hinsichtlich des Merkmals Duffya (Fya), das im Jahre 1950 entdeckt wurde (SJZ 1954 S. 276), genüge nicht, um im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB erhebliche Zweifel über die Vaterschaft des Beklagten zu begründen.
2. Der Berufungskläger weist darauf hin, dass B. WUILLERET, S. ROSIN und A. HÄSSIG, anerkannte Fachleute auf dem Gebiete der Blutgruppeneigenschaften, in einem Ende 1956 in der Schweiz. Medizinischen Wochenschrift erschienenen Aufsatze, welcher der Vorinstanz im Manuskript vorlag, zum Schlusse gelangt sind, ein sog. Fya-Ausschluss erreiche heute ihres Erachtens einen Grad von Wahrscheinlichkeit, der im Vaterschaftsprozess erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB rechtfertige (S. 1457), und macht geltend, die Vorinstanz habe diese Schlussfolgerung verkannt und sich mit ihrem die Beweiskraft eines solchen Ausschlusses verneinenden Entscheide zu den neuesten Erkenntnissen der wissenschaftlichen Forschung, die sie hätte berücksichtigen sollen, in Gegensatz gestellt. Die erwähnte Schlussfolgerung war jedoch für die Vorinstanz schon deshalb nicht massgebend, weil es eine der Beurteilung durch den Richter vorbehaltene Rechtsfrage ist, ob das gegen die Vaterschaft des Beklagten sprechende Ergebnis einer bestimmten naturwissenschaftlichen Untersuchung die Anwendung von Art. 314 Abs. 2 ZGB rechtfertige. Der Richter allein hat darüber zu befinden, welchen Grad der Zuverlässigkeit ein solches Untersuchungsergebnis aufweisen muss, um erhebliche Zweifel im Sinne dieser Bestimmung zu begründen. Die Naturwissenschafter haben hier nur die Aufgabe, den Richter ohne Erörterung der rechtlichen Tragweite ihrer Feststellungen darüber aufzuklären, welche Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass ihre Schlüsse richtig sind.
3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts erlaubt das Ergebnis einer naturwissenschaftlichen Untersuchung die Anwendung von Art. 314 Abs. 2 ZGB nur dann, wenn es die Vaterschaft des Beklagten mit Sicherheit oder doch mit grösster, an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschliessen vermag (BGE 82 II 264 und dortige Hinweise). Diese Praxis beruht auf der Erwägung, dass Art. 314 Abs. 1 ZGB die blosse Möglichkeit der Zeugung durch den Beklagten genügen lässt, um die Vermutung seiner Vaterschaft zu begründen (vgl. BGE 77 II 31 oben), und dass biologischen Erscheinungen ganz allgemein nur dann eine vom Recht zu beachtende Gesetzmässigkeit zugeschrieben werden darf, wenn die Annahme, dass sie einem bestimmten Gesetze folgen, sich unabweislich aufdrängt (vgl. BGE 82 II 265 Erw. 2, wo zur Begründung der genannten Regel darauf hingewiesen wurde, dass die biologischen Gesetze, auf die es hier ankommt, immer noch unvollkommen bekannt sind).
Vergleicht man nun die von Sachverständigen getroffenen Feststellungen, die das Bundesgericht veranlasst haben, einem auf die Ermittlung der Merkmale ABO, MN und Rhesus gestützten Ausschluss der Vaterschaft Beweiswert zuzuerkennen, mit der Stellungnahme der Wissenschaft zum Merkmal Duffya, so ergibt sich ohne weiteres, dass die Vorinstanz es zu Recht abgelehnt hat, einem sog. Duffya-Ausschluss heute schon die gleiche Bedeutung wie jenen andern Ausschlüssen beizulegen.
Im Gutachten, welches das Bundesgericht im Falle Walter gegen Bigler (BGE 61 II 72 ff.) über die grundsätzliche Frage der Verwertung von Feststellungen über die Blutgruppen in Vaterschaftsprozessen einholte, erklärte Prof. Zangger, die Vererbung der vier klassischen Blutgruppen O, A, B und AB erfolge ohne Zweifel gesetzmässig. Diese Gesetzmässigkeit sei durch unzählige Einzelbeobachtungen je und je festgelegt worden. Deren Zahl sei so gross, dass es keinen Sinn hätte, ihnen neue beifügen zu wollen. Die Zahl der Ausnahmen sei geringfügig (es gebe sicher weit weniger als einen Fall auf 1000). Auch die Faktoren M und N seien gesetzmässig vererbbar. Vorbehalte nach der Richtung, dass bei der Bestimmung der erwähnten Bluteigenschaften trotz einwandfreier Untersuchungstechnik Fehler unterlaufen können, brachte Prof. Zangger nicht an. In der "Zusammenfassung der wesentlichen Punkte", die in die im erwähnten Urteil (S. 74) wiedergegebenen Schlussfolgerungen ausmündet, stellte er fest, wenn man auf Grund der Blutgruppenbestimmung dazukomme, eine Vaterschaft auszuschliessen, dann sei (die Durchführung der Untersuchung durch ein wirklich zuverlässiges Spezialinstitut vorausgesetzt) "der Ausschluss mit einem Wahrscheinlichkeitsgrad, der an Sicherheit grenzt, möglich".
Im Falle Schmid gegen Martin, wo das Bundesgericht erstmals einen sog. MN-Ausschluss als beweiskräftig anerkannte (Urteil vom 2. Juni 1939, zitiert in BGE 65 II 127 oben und BGE 66 II 68), war das Gerichtlich-Medizinische Institut der Universität Zürich in seinen den kantonalen Gerichten abgegebenen Gutachten zum Schlusse gekommen, das bisher in der Literatur niedergelegte empirische Material habe eine weitgehende Bestätigung der Erbgesetze der Faktoren M und N ergeben. Immerhin sei die Sachlage noch nicht derart, dass ein Ausschluss einer Vaterschaft auf Grund dieser Faktoren mit absoluter Sicherheit erfolgen könne. Es bestünden noch gewisse, allerdings sehr minime Fehlermöglichkeiten, herrührend vom Vorkommen eines - äusserst seltenen - defekten N-Typus sowie von Fehlbestimmungen infolge ungenügend gereinigter Immunseren, welche Fehler sich aber nicht kumulierten. Diese Fehlermöglichkeit dürfte höchstens 1: 500-1000 betragen, während sie bei den klassischen Blutgruppen noch geringer (weniger als 1: 1000) sei. Auf keinen Fall aber könne es sich um einen prinzipiellen Unterschied handeln in dem Sinne, dass bei den klassischen Blutgruppen ein Ausschluss der Vaterschaft mit absoluter Sicherheit, bei den Faktoren M und N nur mit einem mehr oder weniger hohen Grade von Wahrscheinlichkeit möglich sei. Wenn die beiden Proben bezüglich ihrer forensischen Verwertbarkeit auch nicht ganz gleichgestellt werden könnten, so stehe doch heute schon fest, dass die Möglichkeit eines Fehlausschlusses auf Grund des M/N-Systems nur ausserordentlich gering sei. In den Urteilserwägungen konnte das Bundesgericht ausserdem noch darauf hinweisen, dass die Blutprobe bezüglich der Faktoren M und N zum Ausschluss der Vaterschaft auch in andern Ländern anerkannt werde, allgemein insbesondere in Deutschland, obwohl § 1717 BGB hiezu die offenbare Unmöglichkeit der Vaterschaft des Beklagten verlange.
Im Falle BGE 78 II 311, wo das Ergebnis der Bestimmung zweier verschiedener Bluteigenschaften (A1-A2 und Rhesus) die Vaterschaft des Beklagten ausschloss, erklärte der Sachverständige Dr. Hardmeier, beim vorliegenden doppelten Ausschluss dürfte die tatsächliche Fehlerquelle bei ca. 1:1'000,000 liegen, so dass von praktisch absoluter Sicherheit des Vaterschaftsausschlusses gesprochen werden könne.
Als das Bundesgericht im Falle BGE 79 II Nr. 4 dazu gelangte, einem Ausschluss auf Grund des Nachweises, dass das Kind die weder bei der Mutter noch beim angeblichen Vater vorhandene Rhesuseigenschaft E besass, sogar in einem Prozess auf Anfechtung der Ehelichkeit Beweiswert beizumessen, lagen Gutachten vor, die besagten, dass die gesetzmässige Vererbung der Rhesuseigenschaften sicher erwiesen sei (Prof. Schwarz) und dass die Rhesusbestimmung heute "eine derartige Sicherheit vermittle, wie ein biologischer Beweis sie überhaupt bieten könne" (Prof. Hallauer; a.a.O. S. 23).
Im Falle BGE 80 II Nr. 3, wo ein anders gearteter Rhesusausschluss als zur Begründung erheblicher Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB tauglich befunden wurde, hatte der Sachverständige Dr. Hässig erklärt, der Beklagte könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Vater ausgeschlossen werden, und lag ein Gutachten von Prof. Schwarz vor, der sich im gleichen Sinne geäussert hatte (a.a.O. S. 11 f.).
Demgegenüber erklärte Dr. Hässig in den Schlussfolgerungen des von ihm im vorliegenden Falle am 11. April 1956 abgegebenen Gutachtens lediglich, da weder der Beklagte noch die Mutter den beim Kinde festgestellten Blutfaktor Duffya besitze, sei der Beklagte "mit erheblicher Wahrscheinlichkeit" als Vater des Kindes der Erstklägerin auszuschliessen. Im Aufsatz von Wuilleret, Rosin und Hässig wird der im wissenschaftlichen Sprachgebrauch geläufige Ausdruck "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" ebenfalls nicht verwendet, sondern die Verfasser gehen über die von Dr. Hässig im Gutachten vom 11. April 1956 geäusserte Auffassung nur insofern hinaus, als sie von einer "sehr erheblichen Wahrscheinlichkeit" sprechen (S. 1457). Der Grund dafür, dass sie einem Duffya-Ausschluss nicht denselben hohen Beweiswert zuerkennen wie einem ABO-, MN- oder Rhesusausschluss, liegt nach ihren Ausführungen (S. 1456) in der verhältnismässig noch geringen Zahl von Untersuchungsergebnissen, die Schlüsse auf die Vererbung des Faktors Duffya zulassen. Sie wagen deswegen noch nicht bestimmt festzustellen, dass dieser Faktor sich gesetzmässig vererbe, sondern sagen nur, an der Richtigkeit des dominanten Erbganges dieses Merkmals (und des Faktors Kell) sei "kaum" mehr zu zweifeln. Steht demnach die Gesetzmässigkeit der Vererbung dieser Bluteigenschaft noch nicht mit Sicherheit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, so kann dem Umstand, dass die Häufigkeit von Fehlbestimmungen dieser Eigenschaft bei Verwendung von einwandfreien Seren und bei sicherer Beherrschung der Untersuchungstechnik mit "wesentlich unter 1:1000" liegend angenommen wird (S. 1457), keine entscheidende Bedeutung zukommen. Im übrigen bemerken Wuilleret, Rosin und Hässig selber, dass gewisse amerikanische Autoren die forensische Verwertung des Faktors Duffya (und der Blutgruppenmerkmale A1, A2, Kell und P) wegen der schwierigen Bestimmungstechnik ablehnen, und vertreten im Anschluss daran die Auffassung, man sollte diese Blutmerkmale bei forensischen Untersuchungen mitbestimmen und ihnen im Falle des Ausschlusses vorläufig einen "bedingten" Beweiswert zuerkennen (S. 1457). Darüber hinaus verweist die Vorinstanz auf einen Bericht des Rhesuslaboratoriums des Basler Kinderspitals vom 12. September 1956, wo auf Grund einer Umfrage bei verschiedenen ausländischen Instituten erklärt wird, der Wert der Duffya-Untersuchungen sei noch umstritten und das Abstellen auf einen nur darauf gestützten Ausschluss werde z.B. in Dänemark abgelehnt. Bei diesem Stande der wissenschaftlichen Forschung in dem für die Beurteilung der Berufung massgebenden Zeitpunkte der vorinstanzlichen Urteilsfällung (18. Dezember 1956) kann keine Rede davon sein, dass die Vorinstanz mit der Annahme, ein sog. Duffya-Ausschluss genüge heute noch nicht, um die Vaterschaft eines bestimmten Mannes mit Sicherheit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschliessen und damit erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB zu begründen, einen Satz des Bundesrechts oder einen allgemein anerkannten Erfahrungssatz missachtet habe, der berufungsrechtlich einem Bundesrechtssatze gleichzustellen wäre.
Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich die Erstklägerin dem Beklagten in leichtfertiger Weise hingegeben hat. Dieser Umstand ist, zumal da das Zeugenverhör keinerlei Anhaltspunkte für Geschlechtsverkehr oder auch nur für verdächtige Beziehungen der Erstklägerin mit andern Männern ergeben hat, nicht geeignet, zusammen mit einem biologischen Befunde, der für sich allein die Anwendung von Art. 314 Abs. 2 ZGB nicht zu rechtfertigen vermag, die Vaterschaft des Beklagten als mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen erscheinen zu lassen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons Luzern, II. Kammer, vom 18. Dezember 1956 bestätigt.
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Azione di paternità. Può il risultato della determinazione del fattore sanguigno Duffya giustificare seri dubbi sulla paternità del convenuto?
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83 II 109
Sachverhalt ab Seite 110
A.- Am 19. Februar 1946 starb in A. bei Zürich Witwe G. Ihre gesetzlichen Erben sind zwei Söhne und eine Tochter. Das Hauptaktivum ihres Nachlasses ist ein landwirtschaftliches Gewerbe, das aus zwei Wohnhäusern, zwei Scheunen, einem Geflügelhaus, Hofraum, Wies- und Ackerland, Streue und Wald besteht. Die Gebäude stehen ca. 20 Minuten vom Bahnhof A. entfernt auf ca. 520 m Höhe über Meer oberhalb einer Hauptverkehrsstrasse. Die beiden Wohnhäuser enthalten je drei Wohnungen. Das Wies- und Ackerland liegt bei den Gebäuden und misst einschliesslich Gebäudefläche und Hofraum 522 Aren. Das Streue- und Waldgrundstück im Ausmass von 147 Aren befindet sich an einem Bergabhang.
B.- Im Jahre 1949 leitete der eine Sohn gegen seine beiden Miterben Klage auf Feststellung und Teilung des Nachlasses und ungeteilte Zuweisung sämtlicher Liegenschaften an ihn nach den Bestimmungen des bäuerlichen Erbrechts ein. Der andere Sohn bestritt, dass die zum Nachlass gehörenden Liegenschaften ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB bilden und eine Familie zu ernähren vermögen, und machte überdies geltend, dem Kläger fehle die Eignung zur Führung eines Landwirtschaftsbetriebes. Die Tochter Frau F. widersetzte sich ebenfalls der Zuweisung des Heimwesens an den Kläger und beantragte widerklageweise, dieses sei gemäss Art. 620 ZGB ihr zuzuweisen, soweit es eine wirtschaftliche Einheit bilde; im Falle der Zuweisung an den Kläger sei ihr wenigstens die Parzelle Nr. 2656 zu überlassen.
C.- Nachdem das erste Urteil des Bezirksgerichtes Horgen vom 3. September 1953, dem ein Gutachten von Walter Schmid, Werkführer an der landwirtschaftlichen Schule Strickhof in Zürich, zugrunde lag, durch Beschluss des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 31. Oktober 1954 aufgehoben worden war, ergänzte das Bezirksgericht Horgen seine Beweiserhebungen u.a. durch Einholung eines Gutachtens von Dr. Willy Neukomm, Chef des Schätzungsamtes des Schweiz. Bauernverbandes in Brugg. Mit Urteil vom 14. Februar 1956 wies es in Übereinstimmung mit seinem frühern Entscheide das im Nachlass befindliche Heimwesen (einschliesslich des toten Inventars und eines Anteils an einer Brennereigenossenschaft) zum Ertragswert ungeteilt dem Kläger zu, überband diesem die darauf lastenden Passiven und wies die Widerklage ab. Im weitern stellte es die Schulden des Klägers und der Beklagten Frau F. gegenüber dem Nachlass und den Aktivsaldo desselben fest und bestimmte, welchen Betrag der Kläger an seine Miterben bar auszuzahlen habe und wie die Parteien am Gewinn bezw. Verlust aus der bestehenden Erbschaftsverwaltung beteiligt seien.
D.- Die Beklagten appellierten gegen dieses Urteil an das Obergericht. Mit Eingabe vom 15. Juni 1956 liess Frau F. das auf Zuweisung des Heimwesens an sie abzielende Hauptbegehren der Widerklage fallen. Das Eventualbegehren hielt sie in der Fassung aufrecht, dass bei Zuweisung des Hofes an den Kläger das Grundstück Nr. 2656 in dem von der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich am 3. September 1948 vorgeschlagenen Umfang, d.h. ohne die Einfahrt zu der auf Grundstück Nr. 1541 stehenden Scheune Nr. 52 und ohne das Geflügelhaus Nr. 53, ihr zuzuweisen sei. Mit Urteil vom 6. Juli 1956 hat das Obergericht das bezirksgerichtliche Urteil vom 14. Februar 1956 bestätigt.
E.- Mit ihrer Berufung an das Bundesgericht, die sich gegen Ziff. 1-3, 5, 6 und 8-10 des obergerichtlichen Urteils wendet, beantragt Frau F., die auf Zuweisung der Liegenschaften an den Kläger gerichteten Klagebegehren seien abzuweisen und der Nachlass sei auf Grund des gewöhnlichen Erbrechts zu teilen. Für den Fall, dass die Klage grundsätzlich gutgeheissen werden sollte, bestätigt sie das vor Obergericht gestellte Eventualbegehren.
Der Kläger schliesst auf Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. (Prozessuale Einwendungen).
2. Nach Art. 108 des Bundesgesetzes über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen vom 12. Dezember 1940 (LEG) finden die Bestimmungen dieses Gesetzes über das Erbrecht, d.h. die Art. 619, 620, 621, 621bis-quater, 625 und 625bis ZGB in der Fassung gemäss Art. 94 LEG, auf alle Erbschaften Anwendung, in denen sich ein landwirtschaftliches Gewerbe befindet, sofern im Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Gesetzes die Teilung noch nicht abgeschlossen ist (oder, was hier ausser Betracht fällt, der Erblasser nicht anders über den Anrechnungswert oder die Zuteilung des Gewerbes verfügt hat). Im vorliegenden Falle war die Teilung beim Inkrafttreten des LEG, d.h. am 1. Januar 1947, noch nicht abgeschlossen; sie ist es heute noch nicht. Daher sind der Beurteilung dieses Falles die revidierten Bestimmungen über das bäuerliche Erbrecht zugrunde zu legen, obwohl beim Tode der Erblasserin noch die ursprüngliche Fassung von Art. 619 ff. ZGB galt.
3. Gemäss Art. 2 Abs. 1 LEG setzt die Anwendung dieses Gesetzes auf ein bestimmtes Heimwesen oder eine bestimmte Liegenschaft die Unterstellung durch einen Entscheid der zuständigen Behörde voraus. Es ist umstritten, ob hienach auch die Anwendung der durch das LEG revidierten Bestimmungen über das bäuerliche Erbrecht von der Unterstellung des in Frage stehenden Heimwesens unter das LEG abhange (vgl. BGE 77 I 99 ff.). Diese Frage braucht jedoch im vorliegenden Falle nicht entschieden zu werden, weil hier die Unterstellung tatsächlich erfolgt ist.
4. Auch wenn man annimmt, ein Heimwesen könne nur unter der Voraussetzung, dass es dem LEG unterstellt wurde, einem Erben gemäss Art. 620 ZGB zum Ertragswert ungeteilt zugewiesen werden, kann doch keine Rede davon sein, dass die Unterstellungsverfügung dem in Frage stehenden Heimwesen in einer für die Gerichte verbindlichen Weise die Eigenschaft eines landwirtschaftlichen Gewerbes im Sinne von Art. 620 ZGB zuerkenne. Vielmehr ist die Frage, ob ein solches Gewerbe vorliege, wie die Frage, ob die übrigen Voraussetzungen des Art. 620 ZGB gegeben seien, von den Gerichten selbständig zu prüfen. Dabei kommt der Bestimmung von Art. 1 LEG, wonach dieses Gesetz auf Heimwesen und Liegenschaften Anwendung findet, die ausschliesslich oder vorwiegend landwirtschaftlich genutzt werden, höchstens die negative Bedeutung zu, dass ein Heimwesen, das diese Bedingung nicht erfüllt, nicht als landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB gelten kann. Im übrigen ist der Ausdruck "landwirtschaftliches Gewerbe" so auszulegen, wie es dem Sinn und Zweck von Art. 620 ZGB entspricht. Die vor dem Inkrafttreten des LEG ergangene Rechtsprechung bleibt dabei beachtlich.
Letzteres gilt insbesondere für den grundsätzlichen Entscheid BGE 50 II 329 ff., wonach das bäuerliche Erbrecht auf baureife Grundstücke nicht angewendet werden kann. Soweit dieser Entscheid die Anwendung von Art. 620 ff. ZGB davon abhängig macht, dass der landwirtschaftliche Betrieb der Beschaffenheit und Lage des Grundstücks dauernd entsprechen müsse und dass eine spekulative Ausbeutung zu andern Zwecken nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht oder dann nur unter ausserordentlichen Umständen in Betracht fallen dürfe, ist er aber immerhin nicht allzu wörtlich zu nehmen. Es muss genügen, wenn keine Umstände vorliegen, die die bestimmte Erwartung begründen würden, dass das Grundstück sich in den nächsten Jahren zu andern als landwirtschaftlichen Zwecken werde verwenden lassen. Einem Grundstück wird der landwirtschaftliche Charakter im Sinne von Art. 620 ZGB nicht schon durch das Bestehen der blossen Möglichkeit entzogen, dass in absehbarer Zeit allenfalls auch es von der fortschreitenden Ausdehnung des Baugebietes erfasst werden könnte; denn sonst wäre die Anwendung des bäuerlichen Erbrechts in grossen Teilen unseres Landes, das stark von um sich greifenden Städten und Industriedörfern durchsetzt ist, schon heute von vornherein ausgeschlossen, obwohl sich in der Umgebung dieser Ortschaften noch zahlreiche lebensfähige Bauernbetriebe befinden, und würde der Verstädterung Vorschub geleistet, der nach Möglichkeit entgegenzuwirken das bäuerliche Erbrecht mithelfen soll. Selbst die Tatsache, dass bereits gewisse Vorarbeiten für eine allfällige spätere Überbauung geleistet wurden, erlaubt für sich allein nicht den Schluss, dass dieses Recht nicht mehr anwendbar sei, da solche Vorbereitungen von den Gemeindeverwaltungen oft auf weite Sicht vorsorglich getroffen werden. Die Miterben desjenigen, dem ein landwirtschaftliches Grundstück zum Ertragswert zugewiesen wird, obwohl eine Überbauung in absehbarer Zeit immerhin als möglich erscheint, können ihre Interessen in der Weise wahren, dass sie sich auf Grund von Art. 619 ZGB für den Fall eines Verkaufs binnen der folgenden 15 Jahre durch Vormerkung im Grundbuch den Anspruch auf einen verhältnismässigen Anteil am Gewinn sichern. Freilich soll dieser Anteil gemäss Art. 619 Abs. 2 nicht mehr betragen, als der Miterbe erhalten hätte, wenn das Grundstück bei der Teilung zum (damaligen) Verkehrswert angerechnet worden wäre. Eine nach der Teilung eintretende Steigerung des Verkehrswertes kommt aber auch dann allein dem Erwerber zugut, wenn das Grundstück nicht einem Erben zum Ertragswert zugewiesen, sondern an einen Dritten verkauft oder von einem Erben zum Verkehrswert übernommen wird. Im übrigen steht es den Erben frei, den für die Berechnung des Gewinnanteils massgebenden Verkehrswert auf dem Wege der Vereinbarung so festzusetzen, dass die Miterben des Übernehmers sich auch bei einer spätern Erhöhung des tatsächlich erzielbaren Erlöses nicht verkürzt fühlen können.
Im vorliegenden Falle liegt der untere Teil des im Nachlass befindlichen Heimwesens, dessen Zuteilung zum Ertragswert verlangt wird, in der Zone, wo nach dem zur Bauordnung der Gemeinde A. vom 16. Juli 1953 gehörenden Zonenplan zweigeschossige Bauten erstellt werden dürfen, während der obere Teil in dem in erster Linie für die Land- und Forstwirtschaft bestimmten "übrigen Gemeindegebiet" liegt. Der Anschluss an die Kanalisation ist längs der Hauptverkehrsstrasse hergestellt. Das Quartierplanverfahren ist eingeleitet worden. Es besteht auch ein Projekt für eine Quartierstrasse, deren Bau die Kulturfläche des Heimwesens stark beeinträchtigen und erhebliche Teile davon für die Überbauung erschliessen würde. Ein Hoch- und Tiefbauunternehmer, A. St. in Zürich, hat einem des Parteivertreter am 18. Februar 1956 geschrieben, er offeriere für den Hof Fr. 275'000.-- (ungefähr Fr. 4.- pro m2). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Bezirksgerichtes, welche die Vorinstanz sich durch Übernahme der erstinstanzlichen Erwägungen zu eigen gemacht hat, wird jedoch der Quartierplan noch mindestens 4-5 Jahre auf sich warten lassen und wird es bis zum Bau einer Zuleitung zur Kläranlage, von welchem die Gemeinde die Bewilligung von Bauten an der Hauptverkehrsstrasse abhängig macht, mindestens noch bis zum Jahre 1960 oder 1961 dauern. Der Bau der Quartierstrasse, für die noch keine Bau- und Niveaulinien gezogen wurden, wird, wie das Bezirksgericht weiter feststellt, "nicht in absehbarer Zeit" erfolgen. Die Umgebung des Hofes hat wie dieser selbst noch vorwiegend landwirtschaftlichen Charakter. Bis heute ist hier laut dem angefochtenen Urteil "von einer zunehmenden Verstädterung nicht viel zu verspüren". Vom Dorfkern ist der streitige Hof ziemlich weit entfernt. In A. und in den übrigen Vororten von Zürich dürften noch beträchtliche Flächen vorhanden sein, die sich für eine Überbauung wesentlich besser eignen als das Gebiet des streitigen Hofs. Es wäre daher eher ein Zufall, wenn in absehbarer Zeit auf diesem Hof gebaut würde. Die privatschriftliche Offerte St.s taugt schon deshalb nicht zum Beweis der Baureife, weil sie rechtlich unverbindlich ist. Der Umstand, dass der Kläger sich bereit erklärt hat, den Betrag von Fr. 275'000.-- bei der Vormerkung des Gewinnanteilsrechts der Miterben als für die Berechnung des Gewinnanteils massgebenden Verkehrswert anzuerkennen, beweist nicht, dass er einen Verkauf zu diesem Preis für möglich halte. Im übrigen ist der dem Angebot St.s entsprechende Quadratmeterpreis von Fr. 4.- immerhin nicht so hoch, dass die Fortführung des Landwirtschaftsbetriebs auf dem streitigen Hof als schlechthin unvernünftig bezeichnet werden könnte, wenn dieser Preis wirklich erhältlich wäre. Die Berufungsklägerin hat denn auch im vorliegenden Prozess jahrelang geltend gemacht, dass dieser Hof ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB darstelle und ihr zuzuteilen sei, und diesen Standpunkt erst am 15. Juni 1956 aufgegeben, nachdem ihre persönlichen Verhältnisse sich geändert und beide Experten ihr die Eignung zur Betriebsführung abgesprochen hatten. Unter diesen Umständen ist die Frage, ob man es beim streitigen Heimwesen mit einem "landwirtschaftlichen Gewerbe" im Sinne der eben erwähnten Gesetzesbestimmung zu tun habe, grundsätzlich zu bejahen. Ein Vorbehalt ist lediglich mit Bezug auf eines der beiden Wohnhäuser zu machen (vgl. Erwägung 7).
5. Ein landwirtschaftliches Gewerbe kann gemäss Art. 620 ZGB nur dann einem Erben zum Ertragswert ungeteilt zugewiesen werden, wenn es eine wirtschaftliche Einheit bildet und eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz bietet.
Im vorliegenden Falle bilden Kulturland, Streue und Wald zusammen mit den für die Bewirtschaftung erforderlichen Gebäuden ohne Zweifel eine wirtschaftliche Einheit.
Heikler ist die Frage, ob das Heimwesen eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz biete, d.h. ob seine Bewirtschaftung einen Ertrag abwerfe, der einer mittlern Bauernfamilie unter normalen Verhältnissen zum Leben ausreicht (vgl. BGE 81 II 105 ff.). Der Sachverständige Dr. Neukomm, auf dessen Gutachten die Vorinstanz in allen Teilen abstellt, berechnet das durchschnittliche Einkommen auf Fr. 7640.--, den durchschnittlichen Verbrauch der Bewirtschafterfamilie auf Grund der Annahme, dass diese aus Mann, Frau, einem im Haushalt lebenden und einem auswärts wohnenden mit monatlich Fr. 100.-- zu unterhaltenden Kinde bestehe, auf von Fr. 7400.-- So kommt er aufeinen jährlichen Vorschlag Fr. 240.--. Das von ihm errechnete Einkommen schliesst indes den Ertrag der Mietwohnungen in beiden Wohnhäusern ein. Das Einkommen des Übernehmers vermindert sich also, wenn man eines dieser beiden Häuser als nicht zum landwirtschaftlichen Gewerbe gehörend von der Zuweisung ausnimmt. Auf der andern Seite vermindert sich dann aber auch die Hypothekarzinslast. Zudem hat der Sachverständige erklärt, bei geschickter Bewirtschaftung könnten weitere Einnahmequellen erschlossen werden. Das Bezirksgericht nimmt an, dies sei dem Kläger tatsächlich gelungen (S. 40 des Urteils vom 14. Februar 1956, dessen Erwägungen das Obergericht, wie schon bemerkt, übernommen hat). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Betrag von Fr. 7400.--, auf den der Sachverständige auf Grund von Zahlen aus Vergleichsbetrieben den Verbrauch beziffert hat, für eine Familie mit zwei Kindern auch bei Mitberücksichtigung der Steuern noch über dem Existenzminimum liegen dürfte, das gemäss BGE 81 II 110 lit. f für die Bemessung des Lebensbedarfs massgebend ist, da nach dem Sinne des Gesetzes auch Betriebe, die nur eine kärgliche Existenz ermöglichen, nach bäuerlichem Erbrecht sollen vererbt werden können. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Gutachten Schmid, auf das die Vorinstanz sich ebenfalls beruft, im Kanton Zürich noch zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe mit einer Fläche von 3-5 ha vorhanden sind, die nur zum kleinern Teil so gut gelegen und arrondiert sein dürften wie der streitige Hof und deren Inhaber offenbar gleichwohl ihr Fortkommen finden. Daher bedeutet es keine Bundesrechtsverletzung, dass die kantonalen Instanzen angenommen haben, der Übernehmer finde auf diesem Heimwesen eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz.
6. Auf die Zuweisung eines landwirtschaftlichen Gewerbes zum Ertragswert kann nach Art. 620 ZGB nur ein Erbe Anspruch erheben, der als zu dessen Übernahme geeignet erscheint.
Bei der Untersuchung der beruflichen Eignung des Klägers ist das Bezirksgericht in seinen vom Obergericht gebilligten Erwägungen auf Grund der eingeholten Gutachten und eines einlässlichen Beweisverfahrens über die dem Kläger von der Gegenpartei vorgeworfenen Fehler in der Betriebsführung zum Schlusse gelangt, dass der Kläger, obwohl er mit den modernsten Grundsätzen der Bewirtschaftung nicht vollständig vertraut sei und auch praktisch keinen tadellosen, vorbildlichen Betrieb gewährleiste, doch im Sinne des bäuerlichen Erbrechts nach den orts- und landesüblichen Vorstellungen für die Zuweisung des streitigen Heimwesens als geeignet erscheine. Die Feststellungen über die Kenntnisse und die Betriebsführung des Klägers, auf welche dieser Schluss sich stützt, betreffen tatsächliche Verhältnisse und sind daher für das Bundesgericht verbindlich. Auf Grund dieser Feststellungen konnten die kantonalen Gerichte die berufliche Eignung die Klägers ohne Verstoss gegen Art. 620 ZGB bejahen.
An einen Bewerber sind freilich um so höhere Anforderungen zu stellen, je grösser die finanziellen Schwierigkeiten sind, denen er bei Übernahme des Heimwesens begegnet (BGE 75 II 31 und dort angeführte Entscheide). In dieser Beziehung fällt in Betracht, dass der Kläger nach den Feststellungen des Bezirksgerichtes zwar laufende Schulden von Fr. 7000.-- und eine Darlehensschuld von Fr. 10'000.-- hat und in den Jahren 1952 bis 1955 insgesamt 68 Mal betrieben wurde, dass er jedoch seinen finanziellen Verpflichtungen, wenn auch mit Verspätung, nachzukommen vermochte, obwohl er heute das Heimwesen noch unter erschwerten Bedingungen (zum Teil mit Pachtland statt mit Eigenland) bewirtschaftet und bis anhin grosse Zahlungen für Gerichts- und Anwaltskosten aus seinem Scheidungsprozess zu leisten hatte und auch den vorliegenden Prozess finanzieren musste. Die Erwartung, dass er nach Wegfall dieser ausserordentlichen Umstände seine Verbindlichkeiten um so eher werde erfüllen können, erscheint daher als gerechtfertigt. Die Beschaffung der Mittel für die Auszahlung der Geschwister ist gemäss Feststellung des Bezirksgerichts zu annehmbaren Bedingungen gesichert. In den bestehenden finanziellen Schwierigkeiten liegt daher kein genügender Grund, dem Kläger die Eignung für die Übernahme des Heimwesens abzusprechen.
Ein solcher Grund kann aber auch in den moralischen Eigenschaften des Klägers nicht gefunden werden. Der Kläger hat zwar einen etwas schwierigen Charakter, was sich nicht nur aus dem Scheidungsprozess, sondern z.B. auch aus seinem Schreiben an den Anwalt der Berufungsklägerin vom 16. April 1956 ergibt. Dass er seit Jahren mit seiner Haushälterin, die ein uneheliches Kind von ihm hat, im Konkubinat lebt, wirft auf ihn ebenfalls nicht das beste Licht. Unfleiss, Trunksucht, eine Neigung zu übermässigem Aufwand oder andere moralische Schwächen, die seine Fähigkeit, sich auf dem Betriebe zu behaupten, in Frage stellen könnten, sind ihm jedoch nicht vorzuwerfen. Der vorliegende Fall hat keinerlei Ähnlichkeit mit den in BGE 75 II 30 ff. und BGE 77 II 225 ff. beurteilten Fällen, wo die Eignung im Sinne von Art. 620 ZGB mit Rücksicht auf moralische Eigenschaften verneint wurde, die befürchten liessen, dass die Bewerber sich trotz dem Besitz der nötigen technischen Fähigkeiten als Betriebsinhaber nicht bewähren würden.
Die kantonalen Instanzen durften demnach auch die subjektiven Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 620 ZGB als erfüllt betrachten.
7. Das auf die Parzelle Nr. 2656 bezügliche Eventualbegehren der Berufungsklägerin kann auf jeden Fall nicht im vollen Umfange geschützt werden. Das Kulturland und der Hofraum auf der Parzelle Nr. 2656 und die darauf stehenden Wirtschaftsgebäude, insbesondere auch die Scheune Nr. 54, gehören unzweifelhaft zum landwirtschaftlichen Gewerbe, auf dessen ungeteilte Zuweisung der Kläger Anspruch hat. Wie die Berufungsklägerin selber ausführt, kann keine Rede davon sein, dass sich das streitige Gewerbe, das ohnehin nur eine knappe Existenz bietet, im Sinne von Art. 621ter ZGB in zwei lebensfähige Betriebe zerlegen liesse.
Als Bestandteil des landwirtschaftlichen Gewerbes, das dem Kläger zuzuweisen ist, hat auch das eine der beiden Wohnhäuser zu gelten, da der Betriebsinhaber eine Wohnung benötigt und gesagt werden kann, zwischen Kulturland und Gebäuden bestehe noch ein vernünftiges Verhältnis und den betriebsfremden Räumen komme im Vergleich zu den für den Betrieb notwendigen Räumen und zum Kulturland nur untergeordnete Bedeutung zu (vgl. hiezu BGE 50 II 328 und Urteil vom 11. Februar 1954 i.S. König gegen König, Erw. 2 c Abs. 3 S. 14), auch wenn zum landwirtschaftlichen Gewerbe ein Wohnhaus gerechnet wird, das neben der Bauernwohnung noch zwei bescheidene Mietwohnungen enthält. (Die Mietzinsen für den 1. und 2. Stock des Hauses Nr. 50, dessen Erdgeschoss der Kläger gegenwärtig bewohnt, betragen nach dem Gutachten Neukomm jährlich nur Fr. 636.-- bezw. Fr. 576.--.)
Auf die Zuweisung beider Wohnhäuser kann dagegen der Kläger nicht Anspruch erheben, da es nicht angeht, neben den zwei Wohnungen umfassenden betriebsfremden Räumen im Hause, wo der Betriebsinhaber wohnen wird, auch noch ein zweites Wohnhaus mit drei weitern Wohnungen im Vergleich zu den für den Landwirtschaftsbetrieb erforderlichen Bestandteilen des Heimwesens als Nebensache zu betrachten, die bei der Anwendung von Art. 620 ZGB das Schicksal der Hauptsache zu teilen hätte. Hieran würde sich auch nichts ändern, wenn gewisse Kellerräume des zweiten Hauses gegenwärtig für den Betrieb oder für den Haushalt des Betriebsinhabers benützt werden sollten. Ebensowenig können die (gewiss nicht unlösbaren) Schwierigkeiten, welche im Falle der Abtretung des einen Wohnhauses vom Heimwesen die Regelung der Wegverhältnisse bieten kann, dazu führen, dem Kläger beide Wohnhäuser zu überlassen.
Eines dieser beiden Häuser ist daher von der Zuteilung an den Kläger auszunehmen, wenn die Erben sich nicht auf eine andere Lösung (z.B. Überlassung beider Häuser an den Kläger und Einräumung eines Wohnrechts an die Berufungsklägerin) einigen. Welches der beiden Häuser sich leichter aussondern lässt, welcher Umschwung dafür unentbehrlich ist, wie die Wegverhältnisse zu gestalten sind und wie hoch der Anrechnungswert des Gewerbes mit nur einem Wohnhaus zu beziffern ist, sowie welches die weitern Folgen der Aussonderung des einen Hauses für die Erbteilung sind, lässt sich indessen auf Grund der vorliegenden Akten nicht beurteilen. Insbesondere lässt sich heute auch noch nicht sagen, in welcher Weise die Erbteilung mit Bezug auf das auszusondernde Wohnhaus durchzuführen ist (vgl. hiezu BGE 78 II 408 ff.). Daher muss die Sache zu neuer Entscheidung (auch über die kantonalen Kosten) an die Vorinstanz zurückgewiesen werden.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 6. Juli 1956, soweit es angefochten wurde, aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung gemäss den Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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de
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Bäuerliches Erbrecht. Zeitliche Rechtsanwendung.
Bedeutung der Unterstellung des Heimwesens unter das LEG.
Landwirtschaftliches Gewerbe oder Bauland? Ausreichende landwirtschaftliche Existenz.
Eignung des Bewerbers in Bezug auf die beruflichen Fähigkeiten, die finanziellen Verhältnisse und die moralischen Eigenschaften.
Wie weit können Wohnhäuser als Bestandteile eines landwirtschaftlichen Gewerbes gelten?
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de
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-II-109%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 II 109
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83 II 109
Sachverhalt ab Seite 110
A.- Am 19. Februar 1946 starb in A. bei Zürich Witwe G. Ihre gesetzlichen Erben sind zwei Söhne und eine Tochter. Das Hauptaktivum ihres Nachlasses ist ein landwirtschaftliches Gewerbe, das aus zwei Wohnhäusern, zwei Scheunen, einem Geflügelhaus, Hofraum, Wies- und Ackerland, Streue und Wald besteht. Die Gebäude stehen ca. 20 Minuten vom Bahnhof A. entfernt auf ca. 520 m Höhe über Meer oberhalb einer Hauptverkehrsstrasse. Die beiden Wohnhäuser enthalten je drei Wohnungen. Das Wies- und Ackerland liegt bei den Gebäuden und misst einschliesslich Gebäudefläche und Hofraum 522 Aren. Das Streue- und Waldgrundstück im Ausmass von 147 Aren befindet sich an einem Bergabhang.
B.- Im Jahre 1949 leitete der eine Sohn gegen seine beiden Miterben Klage auf Feststellung und Teilung des Nachlasses und ungeteilte Zuweisung sämtlicher Liegenschaften an ihn nach den Bestimmungen des bäuerlichen Erbrechts ein. Der andere Sohn bestritt, dass die zum Nachlass gehörenden Liegenschaften ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB bilden und eine Familie zu ernähren vermögen, und machte überdies geltend, dem Kläger fehle die Eignung zur Führung eines Landwirtschaftsbetriebes. Die Tochter Frau F. widersetzte sich ebenfalls der Zuweisung des Heimwesens an den Kläger und beantragte widerklageweise, dieses sei gemäss Art. 620 ZGB ihr zuzuweisen, soweit es eine wirtschaftliche Einheit bilde; im Falle der Zuweisung an den Kläger sei ihr wenigstens die Parzelle Nr. 2656 zu überlassen.
C.- Nachdem das erste Urteil des Bezirksgerichtes Horgen vom 3. September 1953, dem ein Gutachten von Walter Schmid, Werkführer an der landwirtschaftlichen Schule Strickhof in Zürich, zugrunde lag, durch Beschluss des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 31. Oktober 1954 aufgehoben worden war, ergänzte das Bezirksgericht Horgen seine Beweiserhebungen u.a. durch Einholung eines Gutachtens von Dr. Willy Neukomm, Chef des Schätzungsamtes des Schweiz. Bauernverbandes in Brugg. Mit Urteil vom 14. Februar 1956 wies es in Übereinstimmung mit seinem frühern Entscheide das im Nachlass befindliche Heimwesen (einschliesslich des toten Inventars und eines Anteils an einer Brennereigenossenschaft) zum Ertragswert ungeteilt dem Kläger zu, überband diesem die darauf lastenden Passiven und wies die Widerklage ab. Im weitern stellte es die Schulden des Klägers und der Beklagten Frau F. gegenüber dem Nachlass und den Aktivsaldo desselben fest und bestimmte, welchen Betrag der Kläger an seine Miterben bar auszuzahlen habe und wie die Parteien am Gewinn bezw. Verlust aus der bestehenden Erbschaftsverwaltung beteiligt seien.
D.- Die Beklagten appellierten gegen dieses Urteil an das Obergericht. Mit Eingabe vom 15. Juni 1956 liess Frau F. das auf Zuweisung des Heimwesens an sie abzielende Hauptbegehren der Widerklage fallen. Das Eventualbegehren hielt sie in der Fassung aufrecht, dass bei Zuweisung des Hofes an den Kläger das Grundstück Nr. 2656 in dem von der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich am 3. September 1948 vorgeschlagenen Umfang, d.h. ohne die Einfahrt zu der auf Grundstück Nr. 1541 stehenden Scheune Nr. 52 und ohne das Geflügelhaus Nr. 53, ihr zuzuweisen sei. Mit Urteil vom 6. Juli 1956 hat das Obergericht das bezirksgerichtliche Urteil vom 14. Februar 1956 bestätigt.
E.- Mit ihrer Berufung an das Bundesgericht, die sich gegen Ziff. 1-3, 5, 6 und 8-10 des obergerichtlichen Urteils wendet, beantragt Frau F., die auf Zuweisung der Liegenschaften an den Kläger gerichteten Klagebegehren seien abzuweisen und der Nachlass sei auf Grund des gewöhnlichen Erbrechts zu teilen. Für den Fall, dass die Klage grundsätzlich gutgeheissen werden sollte, bestätigt sie das vor Obergericht gestellte Eventualbegehren.
Der Kläger schliesst auf Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. (Prozessuale Einwendungen).
2. Nach Art. 108 des Bundesgesetzes über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen vom 12. Dezember 1940 (LEG) finden die Bestimmungen dieses Gesetzes über das Erbrecht, d.h. die Art. 619, 620, 621, 621bis-quater, 625 und 625bis ZGB in der Fassung gemäss Art. 94 LEG, auf alle Erbschaften Anwendung, in denen sich ein landwirtschaftliches Gewerbe befindet, sofern im Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Gesetzes die Teilung noch nicht abgeschlossen ist (oder, was hier ausser Betracht fällt, der Erblasser nicht anders über den Anrechnungswert oder die Zuteilung des Gewerbes verfügt hat). Im vorliegenden Falle war die Teilung beim Inkrafttreten des LEG, d.h. am 1. Januar 1947, noch nicht abgeschlossen; sie ist es heute noch nicht. Daher sind der Beurteilung dieses Falles die revidierten Bestimmungen über das bäuerliche Erbrecht zugrunde zu legen, obwohl beim Tode der Erblasserin noch die ursprüngliche Fassung von Art. 619 ff. ZGB galt.
3. Gemäss Art. 2 Abs. 1 LEG setzt die Anwendung dieses Gesetzes auf ein bestimmtes Heimwesen oder eine bestimmte Liegenschaft die Unterstellung durch einen Entscheid der zuständigen Behörde voraus. Es ist umstritten, ob hienach auch die Anwendung der durch das LEG revidierten Bestimmungen über das bäuerliche Erbrecht von der Unterstellung des in Frage stehenden Heimwesens unter das LEG abhange (vgl. BGE 77 I 99 ff.). Diese Frage braucht jedoch im vorliegenden Falle nicht entschieden zu werden, weil hier die Unterstellung tatsächlich erfolgt ist.
4. Auch wenn man annimmt, ein Heimwesen könne nur unter der Voraussetzung, dass es dem LEG unterstellt wurde, einem Erben gemäss Art. 620 ZGB zum Ertragswert ungeteilt zugewiesen werden, kann doch keine Rede davon sein, dass die Unterstellungsverfügung dem in Frage stehenden Heimwesen in einer für die Gerichte verbindlichen Weise die Eigenschaft eines landwirtschaftlichen Gewerbes im Sinne von Art. 620 ZGB zuerkenne. Vielmehr ist die Frage, ob ein solches Gewerbe vorliege, wie die Frage, ob die übrigen Voraussetzungen des Art. 620 ZGB gegeben seien, von den Gerichten selbständig zu prüfen. Dabei kommt der Bestimmung von Art. 1 LEG, wonach dieses Gesetz auf Heimwesen und Liegenschaften Anwendung findet, die ausschliesslich oder vorwiegend landwirtschaftlich genutzt werden, höchstens die negative Bedeutung zu, dass ein Heimwesen, das diese Bedingung nicht erfüllt, nicht als landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB gelten kann. Im übrigen ist der Ausdruck "landwirtschaftliches Gewerbe" so auszulegen, wie es dem Sinn und Zweck von Art. 620 ZGB entspricht. Die vor dem Inkrafttreten des LEG ergangene Rechtsprechung bleibt dabei beachtlich.
Letzteres gilt insbesondere für den grundsätzlichen Entscheid BGE 50 II 329 ff., wonach das bäuerliche Erbrecht auf baureife Grundstücke nicht angewendet werden kann. Soweit dieser Entscheid die Anwendung von Art. 620 ff. ZGB davon abhängig macht, dass der landwirtschaftliche Betrieb der Beschaffenheit und Lage des Grundstücks dauernd entsprechen müsse und dass eine spekulative Ausbeutung zu andern Zwecken nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht oder dann nur unter ausserordentlichen Umständen in Betracht fallen dürfe, ist er aber immerhin nicht allzu wörtlich zu nehmen. Es muss genügen, wenn keine Umstände vorliegen, die die bestimmte Erwartung begründen würden, dass das Grundstück sich in den nächsten Jahren zu andern als landwirtschaftlichen Zwecken werde verwenden lassen. Einem Grundstück wird der landwirtschaftliche Charakter im Sinne von Art. 620 ZGB nicht schon durch das Bestehen der blossen Möglichkeit entzogen, dass in absehbarer Zeit allenfalls auch es von der fortschreitenden Ausdehnung des Baugebietes erfasst werden könnte; denn sonst wäre die Anwendung des bäuerlichen Erbrechts in grossen Teilen unseres Landes, das stark von um sich greifenden Städten und Industriedörfern durchsetzt ist, schon heute von vornherein ausgeschlossen, obwohl sich in der Umgebung dieser Ortschaften noch zahlreiche lebensfähige Bauernbetriebe befinden, und würde der Verstädterung Vorschub geleistet, der nach Möglichkeit entgegenzuwirken das bäuerliche Erbrecht mithelfen soll. Selbst die Tatsache, dass bereits gewisse Vorarbeiten für eine allfällige spätere Überbauung geleistet wurden, erlaubt für sich allein nicht den Schluss, dass dieses Recht nicht mehr anwendbar sei, da solche Vorbereitungen von den Gemeindeverwaltungen oft auf weite Sicht vorsorglich getroffen werden. Die Miterben desjenigen, dem ein landwirtschaftliches Grundstück zum Ertragswert zugewiesen wird, obwohl eine Überbauung in absehbarer Zeit immerhin als möglich erscheint, können ihre Interessen in der Weise wahren, dass sie sich auf Grund von Art. 619 ZGB für den Fall eines Verkaufs binnen der folgenden 15 Jahre durch Vormerkung im Grundbuch den Anspruch auf einen verhältnismässigen Anteil am Gewinn sichern. Freilich soll dieser Anteil gemäss Art. 619 Abs. 2 nicht mehr betragen, als der Miterbe erhalten hätte, wenn das Grundstück bei der Teilung zum (damaligen) Verkehrswert angerechnet worden wäre. Eine nach der Teilung eintretende Steigerung des Verkehrswertes kommt aber auch dann allein dem Erwerber zugut, wenn das Grundstück nicht einem Erben zum Ertragswert zugewiesen, sondern an einen Dritten verkauft oder von einem Erben zum Verkehrswert übernommen wird. Im übrigen steht es den Erben frei, den für die Berechnung des Gewinnanteils massgebenden Verkehrswert auf dem Wege der Vereinbarung so festzusetzen, dass die Miterben des Übernehmers sich auch bei einer spätern Erhöhung des tatsächlich erzielbaren Erlöses nicht verkürzt fühlen können.
Im vorliegenden Falle liegt der untere Teil des im Nachlass befindlichen Heimwesens, dessen Zuteilung zum Ertragswert verlangt wird, in der Zone, wo nach dem zur Bauordnung der Gemeinde A. vom 16. Juli 1953 gehörenden Zonenplan zweigeschossige Bauten erstellt werden dürfen, während der obere Teil in dem in erster Linie für die Land- und Forstwirtschaft bestimmten "übrigen Gemeindegebiet" liegt. Der Anschluss an die Kanalisation ist längs der Hauptverkehrsstrasse hergestellt. Das Quartierplanverfahren ist eingeleitet worden. Es besteht auch ein Projekt für eine Quartierstrasse, deren Bau die Kulturfläche des Heimwesens stark beeinträchtigen und erhebliche Teile davon für die Überbauung erschliessen würde. Ein Hoch- und Tiefbauunternehmer, A. St. in Zürich, hat einem des Parteivertreter am 18. Februar 1956 geschrieben, er offeriere für den Hof Fr. 275'000.-- (ungefähr Fr. 4.- pro m2). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Bezirksgerichtes, welche die Vorinstanz sich durch Übernahme der erstinstanzlichen Erwägungen zu eigen gemacht hat, wird jedoch der Quartierplan noch mindestens 4-5 Jahre auf sich warten lassen und wird es bis zum Bau einer Zuleitung zur Kläranlage, von welchem die Gemeinde die Bewilligung von Bauten an der Hauptverkehrsstrasse abhängig macht, mindestens noch bis zum Jahre 1960 oder 1961 dauern. Der Bau der Quartierstrasse, für die noch keine Bau- und Niveaulinien gezogen wurden, wird, wie das Bezirksgericht weiter feststellt, "nicht in absehbarer Zeit" erfolgen. Die Umgebung des Hofes hat wie dieser selbst noch vorwiegend landwirtschaftlichen Charakter. Bis heute ist hier laut dem angefochtenen Urteil "von einer zunehmenden Verstädterung nicht viel zu verspüren". Vom Dorfkern ist der streitige Hof ziemlich weit entfernt. In A. und in den übrigen Vororten von Zürich dürften noch beträchtliche Flächen vorhanden sein, die sich für eine Überbauung wesentlich besser eignen als das Gebiet des streitigen Hofs. Es wäre daher eher ein Zufall, wenn in absehbarer Zeit auf diesem Hof gebaut würde. Die privatschriftliche Offerte St.s taugt schon deshalb nicht zum Beweis der Baureife, weil sie rechtlich unverbindlich ist. Der Umstand, dass der Kläger sich bereit erklärt hat, den Betrag von Fr. 275'000.-- bei der Vormerkung des Gewinnanteilsrechts der Miterben als für die Berechnung des Gewinnanteils massgebenden Verkehrswert anzuerkennen, beweist nicht, dass er einen Verkauf zu diesem Preis für möglich halte. Im übrigen ist der dem Angebot St.s entsprechende Quadratmeterpreis von Fr. 4.- immerhin nicht so hoch, dass die Fortführung des Landwirtschaftsbetriebs auf dem streitigen Hof als schlechthin unvernünftig bezeichnet werden könnte, wenn dieser Preis wirklich erhältlich wäre. Die Berufungsklägerin hat denn auch im vorliegenden Prozess jahrelang geltend gemacht, dass dieser Hof ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB darstelle und ihr zuzuteilen sei, und diesen Standpunkt erst am 15. Juni 1956 aufgegeben, nachdem ihre persönlichen Verhältnisse sich geändert und beide Experten ihr die Eignung zur Betriebsführung abgesprochen hatten. Unter diesen Umständen ist die Frage, ob man es beim streitigen Heimwesen mit einem "landwirtschaftlichen Gewerbe" im Sinne der eben erwähnten Gesetzesbestimmung zu tun habe, grundsätzlich zu bejahen. Ein Vorbehalt ist lediglich mit Bezug auf eines der beiden Wohnhäuser zu machen (vgl. Erwägung 7).
5. Ein landwirtschaftliches Gewerbe kann gemäss Art. 620 ZGB nur dann einem Erben zum Ertragswert ungeteilt zugewiesen werden, wenn es eine wirtschaftliche Einheit bildet und eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz bietet.
Im vorliegenden Falle bilden Kulturland, Streue und Wald zusammen mit den für die Bewirtschaftung erforderlichen Gebäuden ohne Zweifel eine wirtschaftliche Einheit.
Heikler ist die Frage, ob das Heimwesen eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz biete, d.h. ob seine Bewirtschaftung einen Ertrag abwerfe, der einer mittlern Bauernfamilie unter normalen Verhältnissen zum Leben ausreicht (vgl. BGE 81 II 105 ff.). Der Sachverständige Dr. Neukomm, auf dessen Gutachten die Vorinstanz in allen Teilen abstellt, berechnet das durchschnittliche Einkommen auf Fr. 7640.--, den durchschnittlichen Verbrauch der Bewirtschafterfamilie auf Grund der Annahme, dass diese aus Mann, Frau, einem im Haushalt lebenden und einem auswärts wohnenden mit monatlich Fr. 100.-- zu unterhaltenden Kinde bestehe, auf von Fr. 7400.-- So kommt er aufeinen jährlichen Vorschlag Fr. 240.--. Das von ihm errechnete Einkommen schliesst indes den Ertrag der Mietwohnungen in beiden Wohnhäusern ein. Das Einkommen des Übernehmers vermindert sich also, wenn man eines dieser beiden Häuser als nicht zum landwirtschaftlichen Gewerbe gehörend von der Zuweisung ausnimmt. Auf der andern Seite vermindert sich dann aber auch die Hypothekarzinslast. Zudem hat der Sachverständige erklärt, bei geschickter Bewirtschaftung könnten weitere Einnahmequellen erschlossen werden. Das Bezirksgericht nimmt an, dies sei dem Kläger tatsächlich gelungen (S. 40 des Urteils vom 14. Februar 1956, dessen Erwägungen das Obergericht, wie schon bemerkt, übernommen hat). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Betrag von Fr. 7400.--, auf den der Sachverständige auf Grund von Zahlen aus Vergleichsbetrieben den Verbrauch beziffert hat, für eine Familie mit zwei Kindern auch bei Mitberücksichtigung der Steuern noch über dem Existenzminimum liegen dürfte, das gemäss BGE 81 II 110 lit. f für die Bemessung des Lebensbedarfs massgebend ist, da nach dem Sinne des Gesetzes auch Betriebe, die nur eine kärgliche Existenz ermöglichen, nach bäuerlichem Erbrecht sollen vererbt werden können. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Gutachten Schmid, auf das die Vorinstanz sich ebenfalls beruft, im Kanton Zürich noch zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe mit einer Fläche von 3-5 ha vorhanden sind, die nur zum kleinern Teil so gut gelegen und arrondiert sein dürften wie der streitige Hof und deren Inhaber offenbar gleichwohl ihr Fortkommen finden. Daher bedeutet es keine Bundesrechtsverletzung, dass die kantonalen Instanzen angenommen haben, der Übernehmer finde auf diesem Heimwesen eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz.
6. Auf die Zuweisung eines landwirtschaftlichen Gewerbes zum Ertragswert kann nach Art. 620 ZGB nur ein Erbe Anspruch erheben, der als zu dessen Übernahme geeignet erscheint.
Bei der Untersuchung der beruflichen Eignung des Klägers ist das Bezirksgericht in seinen vom Obergericht gebilligten Erwägungen auf Grund der eingeholten Gutachten und eines einlässlichen Beweisverfahrens über die dem Kläger von der Gegenpartei vorgeworfenen Fehler in der Betriebsführung zum Schlusse gelangt, dass der Kläger, obwohl er mit den modernsten Grundsätzen der Bewirtschaftung nicht vollständig vertraut sei und auch praktisch keinen tadellosen, vorbildlichen Betrieb gewährleiste, doch im Sinne des bäuerlichen Erbrechts nach den orts- und landesüblichen Vorstellungen für die Zuweisung des streitigen Heimwesens als geeignet erscheine. Die Feststellungen über die Kenntnisse und die Betriebsführung des Klägers, auf welche dieser Schluss sich stützt, betreffen tatsächliche Verhältnisse und sind daher für das Bundesgericht verbindlich. Auf Grund dieser Feststellungen konnten die kantonalen Gerichte die berufliche Eignung die Klägers ohne Verstoss gegen Art. 620 ZGB bejahen.
An einen Bewerber sind freilich um so höhere Anforderungen zu stellen, je grösser die finanziellen Schwierigkeiten sind, denen er bei Übernahme des Heimwesens begegnet (BGE 75 II 31 und dort angeführte Entscheide). In dieser Beziehung fällt in Betracht, dass der Kläger nach den Feststellungen des Bezirksgerichtes zwar laufende Schulden von Fr. 7000.-- und eine Darlehensschuld von Fr. 10'000.-- hat und in den Jahren 1952 bis 1955 insgesamt 68 Mal betrieben wurde, dass er jedoch seinen finanziellen Verpflichtungen, wenn auch mit Verspätung, nachzukommen vermochte, obwohl er heute das Heimwesen noch unter erschwerten Bedingungen (zum Teil mit Pachtland statt mit Eigenland) bewirtschaftet und bis anhin grosse Zahlungen für Gerichts- und Anwaltskosten aus seinem Scheidungsprozess zu leisten hatte und auch den vorliegenden Prozess finanzieren musste. Die Erwartung, dass er nach Wegfall dieser ausserordentlichen Umstände seine Verbindlichkeiten um so eher werde erfüllen können, erscheint daher als gerechtfertigt. Die Beschaffung der Mittel für die Auszahlung der Geschwister ist gemäss Feststellung des Bezirksgerichts zu annehmbaren Bedingungen gesichert. In den bestehenden finanziellen Schwierigkeiten liegt daher kein genügender Grund, dem Kläger die Eignung für die Übernahme des Heimwesens abzusprechen.
Ein solcher Grund kann aber auch in den moralischen Eigenschaften des Klägers nicht gefunden werden. Der Kläger hat zwar einen etwas schwierigen Charakter, was sich nicht nur aus dem Scheidungsprozess, sondern z.B. auch aus seinem Schreiben an den Anwalt der Berufungsklägerin vom 16. April 1956 ergibt. Dass er seit Jahren mit seiner Haushälterin, die ein uneheliches Kind von ihm hat, im Konkubinat lebt, wirft auf ihn ebenfalls nicht das beste Licht. Unfleiss, Trunksucht, eine Neigung zu übermässigem Aufwand oder andere moralische Schwächen, die seine Fähigkeit, sich auf dem Betriebe zu behaupten, in Frage stellen könnten, sind ihm jedoch nicht vorzuwerfen. Der vorliegende Fall hat keinerlei Ähnlichkeit mit den in BGE 75 II 30 ff. und BGE 77 II 225 ff. beurteilten Fällen, wo die Eignung im Sinne von Art. 620 ZGB mit Rücksicht auf moralische Eigenschaften verneint wurde, die befürchten liessen, dass die Bewerber sich trotz dem Besitz der nötigen technischen Fähigkeiten als Betriebsinhaber nicht bewähren würden.
Die kantonalen Instanzen durften demnach auch die subjektiven Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 620 ZGB als erfüllt betrachten.
7. Das auf die Parzelle Nr. 2656 bezügliche Eventualbegehren der Berufungsklägerin kann auf jeden Fall nicht im vollen Umfange geschützt werden. Das Kulturland und der Hofraum auf der Parzelle Nr. 2656 und die darauf stehenden Wirtschaftsgebäude, insbesondere auch die Scheune Nr. 54, gehören unzweifelhaft zum landwirtschaftlichen Gewerbe, auf dessen ungeteilte Zuweisung der Kläger Anspruch hat. Wie die Berufungsklägerin selber ausführt, kann keine Rede davon sein, dass sich das streitige Gewerbe, das ohnehin nur eine knappe Existenz bietet, im Sinne von Art. 621ter ZGB in zwei lebensfähige Betriebe zerlegen liesse.
Als Bestandteil des landwirtschaftlichen Gewerbes, das dem Kläger zuzuweisen ist, hat auch das eine der beiden Wohnhäuser zu gelten, da der Betriebsinhaber eine Wohnung benötigt und gesagt werden kann, zwischen Kulturland und Gebäuden bestehe noch ein vernünftiges Verhältnis und den betriebsfremden Räumen komme im Vergleich zu den für den Betrieb notwendigen Räumen und zum Kulturland nur untergeordnete Bedeutung zu (vgl. hiezu BGE 50 II 328 und Urteil vom 11. Februar 1954 i.S. König gegen König, Erw. 2 c Abs. 3 S. 14), auch wenn zum landwirtschaftlichen Gewerbe ein Wohnhaus gerechnet wird, das neben der Bauernwohnung noch zwei bescheidene Mietwohnungen enthält. (Die Mietzinsen für den 1. und 2. Stock des Hauses Nr. 50, dessen Erdgeschoss der Kläger gegenwärtig bewohnt, betragen nach dem Gutachten Neukomm jährlich nur Fr. 636.-- bezw. Fr. 576.--.)
Auf die Zuweisung beider Wohnhäuser kann dagegen der Kläger nicht Anspruch erheben, da es nicht angeht, neben den zwei Wohnungen umfassenden betriebsfremden Räumen im Hause, wo der Betriebsinhaber wohnen wird, auch noch ein zweites Wohnhaus mit drei weitern Wohnungen im Vergleich zu den für den Landwirtschaftsbetrieb erforderlichen Bestandteilen des Heimwesens als Nebensache zu betrachten, die bei der Anwendung von Art. 620 ZGB das Schicksal der Hauptsache zu teilen hätte. Hieran würde sich auch nichts ändern, wenn gewisse Kellerräume des zweiten Hauses gegenwärtig für den Betrieb oder für den Haushalt des Betriebsinhabers benützt werden sollten. Ebensowenig können die (gewiss nicht unlösbaren) Schwierigkeiten, welche im Falle der Abtretung des einen Wohnhauses vom Heimwesen die Regelung der Wegverhältnisse bieten kann, dazu führen, dem Kläger beide Wohnhäuser zu überlassen.
Eines dieser beiden Häuser ist daher von der Zuteilung an den Kläger auszunehmen, wenn die Erben sich nicht auf eine andere Lösung (z.B. Überlassung beider Häuser an den Kläger und Einräumung eines Wohnrechts an die Berufungsklägerin) einigen. Welches der beiden Häuser sich leichter aussondern lässt, welcher Umschwung dafür unentbehrlich ist, wie die Wegverhältnisse zu gestalten sind und wie hoch der Anrechnungswert des Gewerbes mit nur einem Wohnhaus zu beziffern ist, sowie welches die weitern Folgen der Aussonderung des einen Hauses für die Erbteilung sind, lässt sich indessen auf Grund der vorliegenden Akten nicht beurteilen. Insbesondere lässt sich heute auch noch nicht sagen, in welcher Weise die Erbteilung mit Bezug auf das auszusondernde Wohnhaus durchzuführen ist (vgl. hiezu BGE 78 II 408 ff.). Daher muss die Sache zu neuer Entscheidung (auch über die kantonalen Kosten) an die Vorinstanz zurückgewiesen werden.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 6. Juli 1956, soweit es angefochten wurde, aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung gemäss den Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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de
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Droit successoral paysan. Application de la loi dans le temps.
Importance de l'assujettissement du domaine à la loi fédérale sur le désendettement des domaines agricoles.
Exploitation agricole ou terrain à bâtir? Exploitation agricole offrant des moyens d'existence suffisants.
Aptitude de celui qui demande l'attribution quant aux capacités professionnelles, à la situation financière et aux qualités morales.
Dans quelle mesure des maisons d'habitation peuvent-elles être considérées comme des parties d'une exploitation agricole?
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fr
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-II-109%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 II 109
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83 II 109
Sachverhalt ab Seite 110
A.- Am 19. Februar 1946 starb in A. bei Zürich Witwe G. Ihre gesetzlichen Erben sind zwei Söhne und eine Tochter. Das Hauptaktivum ihres Nachlasses ist ein landwirtschaftliches Gewerbe, das aus zwei Wohnhäusern, zwei Scheunen, einem Geflügelhaus, Hofraum, Wies- und Ackerland, Streue und Wald besteht. Die Gebäude stehen ca. 20 Minuten vom Bahnhof A. entfernt auf ca. 520 m Höhe über Meer oberhalb einer Hauptverkehrsstrasse. Die beiden Wohnhäuser enthalten je drei Wohnungen. Das Wies- und Ackerland liegt bei den Gebäuden und misst einschliesslich Gebäudefläche und Hofraum 522 Aren. Das Streue- und Waldgrundstück im Ausmass von 147 Aren befindet sich an einem Bergabhang.
B.- Im Jahre 1949 leitete der eine Sohn gegen seine beiden Miterben Klage auf Feststellung und Teilung des Nachlasses und ungeteilte Zuweisung sämtlicher Liegenschaften an ihn nach den Bestimmungen des bäuerlichen Erbrechts ein. Der andere Sohn bestritt, dass die zum Nachlass gehörenden Liegenschaften ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB bilden und eine Familie zu ernähren vermögen, und machte überdies geltend, dem Kläger fehle die Eignung zur Führung eines Landwirtschaftsbetriebes. Die Tochter Frau F. widersetzte sich ebenfalls der Zuweisung des Heimwesens an den Kläger und beantragte widerklageweise, dieses sei gemäss Art. 620 ZGB ihr zuzuweisen, soweit es eine wirtschaftliche Einheit bilde; im Falle der Zuweisung an den Kläger sei ihr wenigstens die Parzelle Nr. 2656 zu überlassen.
C.- Nachdem das erste Urteil des Bezirksgerichtes Horgen vom 3. September 1953, dem ein Gutachten von Walter Schmid, Werkführer an der landwirtschaftlichen Schule Strickhof in Zürich, zugrunde lag, durch Beschluss des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 31. Oktober 1954 aufgehoben worden war, ergänzte das Bezirksgericht Horgen seine Beweiserhebungen u.a. durch Einholung eines Gutachtens von Dr. Willy Neukomm, Chef des Schätzungsamtes des Schweiz. Bauernverbandes in Brugg. Mit Urteil vom 14. Februar 1956 wies es in Übereinstimmung mit seinem frühern Entscheide das im Nachlass befindliche Heimwesen (einschliesslich des toten Inventars und eines Anteils an einer Brennereigenossenschaft) zum Ertragswert ungeteilt dem Kläger zu, überband diesem die darauf lastenden Passiven und wies die Widerklage ab. Im weitern stellte es die Schulden des Klägers und der Beklagten Frau F. gegenüber dem Nachlass und den Aktivsaldo desselben fest und bestimmte, welchen Betrag der Kläger an seine Miterben bar auszuzahlen habe und wie die Parteien am Gewinn bezw. Verlust aus der bestehenden Erbschaftsverwaltung beteiligt seien.
D.- Die Beklagten appellierten gegen dieses Urteil an das Obergericht. Mit Eingabe vom 15. Juni 1956 liess Frau F. das auf Zuweisung des Heimwesens an sie abzielende Hauptbegehren der Widerklage fallen. Das Eventualbegehren hielt sie in der Fassung aufrecht, dass bei Zuweisung des Hofes an den Kläger das Grundstück Nr. 2656 in dem von der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich am 3. September 1948 vorgeschlagenen Umfang, d.h. ohne die Einfahrt zu der auf Grundstück Nr. 1541 stehenden Scheune Nr. 52 und ohne das Geflügelhaus Nr. 53, ihr zuzuweisen sei. Mit Urteil vom 6. Juli 1956 hat das Obergericht das bezirksgerichtliche Urteil vom 14. Februar 1956 bestätigt.
E.- Mit ihrer Berufung an das Bundesgericht, die sich gegen Ziff. 1-3, 5, 6 und 8-10 des obergerichtlichen Urteils wendet, beantragt Frau F., die auf Zuweisung der Liegenschaften an den Kläger gerichteten Klagebegehren seien abzuweisen und der Nachlass sei auf Grund des gewöhnlichen Erbrechts zu teilen. Für den Fall, dass die Klage grundsätzlich gutgeheissen werden sollte, bestätigt sie das vor Obergericht gestellte Eventualbegehren.
Der Kläger schliesst auf Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. (Prozessuale Einwendungen).
2. Nach Art. 108 des Bundesgesetzes über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen vom 12. Dezember 1940 (LEG) finden die Bestimmungen dieses Gesetzes über das Erbrecht, d.h. die Art. 619, 620, 621, 621bis-quater, 625 und 625bis ZGB in der Fassung gemäss Art. 94 LEG, auf alle Erbschaften Anwendung, in denen sich ein landwirtschaftliches Gewerbe befindet, sofern im Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Gesetzes die Teilung noch nicht abgeschlossen ist (oder, was hier ausser Betracht fällt, der Erblasser nicht anders über den Anrechnungswert oder die Zuteilung des Gewerbes verfügt hat). Im vorliegenden Falle war die Teilung beim Inkrafttreten des LEG, d.h. am 1. Januar 1947, noch nicht abgeschlossen; sie ist es heute noch nicht. Daher sind der Beurteilung dieses Falles die revidierten Bestimmungen über das bäuerliche Erbrecht zugrunde zu legen, obwohl beim Tode der Erblasserin noch die ursprüngliche Fassung von Art. 619 ff. ZGB galt.
3. Gemäss Art. 2 Abs. 1 LEG setzt die Anwendung dieses Gesetzes auf ein bestimmtes Heimwesen oder eine bestimmte Liegenschaft die Unterstellung durch einen Entscheid der zuständigen Behörde voraus. Es ist umstritten, ob hienach auch die Anwendung der durch das LEG revidierten Bestimmungen über das bäuerliche Erbrecht von der Unterstellung des in Frage stehenden Heimwesens unter das LEG abhange (vgl. BGE 77 I 99 ff.). Diese Frage braucht jedoch im vorliegenden Falle nicht entschieden zu werden, weil hier die Unterstellung tatsächlich erfolgt ist.
4. Auch wenn man annimmt, ein Heimwesen könne nur unter der Voraussetzung, dass es dem LEG unterstellt wurde, einem Erben gemäss Art. 620 ZGB zum Ertragswert ungeteilt zugewiesen werden, kann doch keine Rede davon sein, dass die Unterstellungsverfügung dem in Frage stehenden Heimwesen in einer für die Gerichte verbindlichen Weise die Eigenschaft eines landwirtschaftlichen Gewerbes im Sinne von Art. 620 ZGB zuerkenne. Vielmehr ist die Frage, ob ein solches Gewerbe vorliege, wie die Frage, ob die übrigen Voraussetzungen des Art. 620 ZGB gegeben seien, von den Gerichten selbständig zu prüfen. Dabei kommt der Bestimmung von Art. 1 LEG, wonach dieses Gesetz auf Heimwesen und Liegenschaften Anwendung findet, die ausschliesslich oder vorwiegend landwirtschaftlich genutzt werden, höchstens die negative Bedeutung zu, dass ein Heimwesen, das diese Bedingung nicht erfüllt, nicht als landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB gelten kann. Im übrigen ist der Ausdruck "landwirtschaftliches Gewerbe" so auszulegen, wie es dem Sinn und Zweck von Art. 620 ZGB entspricht. Die vor dem Inkrafttreten des LEG ergangene Rechtsprechung bleibt dabei beachtlich.
Letzteres gilt insbesondere für den grundsätzlichen Entscheid BGE 50 II 329 ff., wonach das bäuerliche Erbrecht auf baureife Grundstücke nicht angewendet werden kann. Soweit dieser Entscheid die Anwendung von Art. 620 ff. ZGB davon abhängig macht, dass der landwirtschaftliche Betrieb der Beschaffenheit und Lage des Grundstücks dauernd entsprechen müsse und dass eine spekulative Ausbeutung zu andern Zwecken nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht oder dann nur unter ausserordentlichen Umständen in Betracht fallen dürfe, ist er aber immerhin nicht allzu wörtlich zu nehmen. Es muss genügen, wenn keine Umstände vorliegen, die die bestimmte Erwartung begründen würden, dass das Grundstück sich in den nächsten Jahren zu andern als landwirtschaftlichen Zwecken werde verwenden lassen. Einem Grundstück wird der landwirtschaftliche Charakter im Sinne von Art. 620 ZGB nicht schon durch das Bestehen der blossen Möglichkeit entzogen, dass in absehbarer Zeit allenfalls auch es von der fortschreitenden Ausdehnung des Baugebietes erfasst werden könnte; denn sonst wäre die Anwendung des bäuerlichen Erbrechts in grossen Teilen unseres Landes, das stark von um sich greifenden Städten und Industriedörfern durchsetzt ist, schon heute von vornherein ausgeschlossen, obwohl sich in der Umgebung dieser Ortschaften noch zahlreiche lebensfähige Bauernbetriebe befinden, und würde der Verstädterung Vorschub geleistet, der nach Möglichkeit entgegenzuwirken das bäuerliche Erbrecht mithelfen soll. Selbst die Tatsache, dass bereits gewisse Vorarbeiten für eine allfällige spätere Überbauung geleistet wurden, erlaubt für sich allein nicht den Schluss, dass dieses Recht nicht mehr anwendbar sei, da solche Vorbereitungen von den Gemeindeverwaltungen oft auf weite Sicht vorsorglich getroffen werden. Die Miterben desjenigen, dem ein landwirtschaftliches Grundstück zum Ertragswert zugewiesen wird, obwohl eine Überbauung in absehbarer Zeit immerhin als möglich erscheint, können ihre Interessen in der Weise wahren, dass sie sich auf Grund von Art. 619 ZGB für den Fall eines Verkaufs binnen der folgenden 15 Jahre durch Vormerkung im Grundbuch den Anspruch auf einen verhältnismässigen Anteil am Gewinn sichern. Freilich soll dieser Anteil gemäss Art. 619 Abs. 2 nicht mehr betragen, als der Miterbe erhalten hätte, wenn das Grundstück bei der Teilung zum (damaligen) Verkehrswert angerechnet worden wäre. Eine nach der Teilung eintretende Steigerung des Verkehrswertes kommt aber auch dann allein dem Erwerber zugut, wenn das Grundstück nicht einem Erben zum Ertragswert zugewiesen, sondern an einen Dritten verkauft oder von einem Erben zum Verkehrswert übernommen wird. Im übrigen steht es den Erben frei, den für die Berechnung des Gewinnanteils massgebenden Verkehrswert auf dem Wege der Vereinbarung so festzusetzen, dass die Miterben des Übernehmers sich auch bei einer spätern Erhöhung des tatsächlich erzielbaren Erlöses nicht verkürzt fühlen können.
Im vorliegenden Falle liegt der untere Teil des im Nachlass befindlichen Heimwesens, dessen Zuteilung zum Ertragswert verlangt wird, in der Zone, wo nach dem zur Bauordnung der Gemeinde A. vom 16. Juli 1953 gehörenden Zonenplan zweigeschossige Bauten erstellt werden dürfen, während der obere Teil in dem in erster Linie für die Land- und Forstwirtschaft bestimmten "übrigen Gemeindegebiet" liegt. Der Anschluss an die Kanalisation ist längs der Hauptverkehrsstrasse hergestellt. Das Quartierplanverfahren ist eingeleitet worden. Es besteht auch ein Projekt für eine Quartierstrasse, deren Bau die Kulturfläche des Heimwesens stark beeinträchtigen und erhebliche Teile davon für die Überbauung erschliessen würde. Ein Hoch- und Tiefbauunternehmer, A. St. in Zürich, hat einem des Parteivertreter am 18. Februar 1956 geschrieben, er offeriere für den Hof Fr. 275'000.-- (ungefähr Fr. 4.- pro m2). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Bezirksgerichtes, welche die Vorinstanz sich durch Übernahme der erstinstanzlichen Erwägungen zu eigen gemacht hat, wird jedoch der Quartierplan noch mindestens 4-5 Jahre auf sich warten lassen und wird es bis zum Bau einer Zuleitung zur Kläranlage, von welchem die Gemeinde die Bewilligung von Bauten an der Hauptverkehrsstrasse abhängig macht, mindestens noch bis zum Jahre 1960 oder 1961 dauern. Der Bau der Quartierstrasse, für die noch keine Bau- und Niveaulinien gezogen wurden, wird, wie das Bezirksgericht weiter feststellt, "nicht in absehbarer Zeit" erfolgen. Die Umgebung des Hofes hat wie dieser selbst noch vorwiegend landwirtschaftlichen Charakter. Bis heute ist hier laut dem angefochtenen Urteil "von einer zunehmenden Verstädterung nicht viel zu verspüren". Vom Dorfkern ist der streitige Hof ziemlich weit entfernt. In A. und in den übrigen Vororten von Zürich dürften noch beträchtliche Flächen vorhanden sein, die sich für eine Überbauung wesentlich besser eignen als das Gebiet des streitigen Hofs. Es wäre daher eher ein Zufall, wenn in absehbarer Zeit auf diesem Hof gebaut würde. Die privatschriftliche Offerte St.s taugt schon deshalb nicht zum Beweis der Baureife, weil sie rechtlich unverbindlich ist. Der Umstand, dass der Kläger sich bereit erklärt hat, den Betrag von Fr. 275'000.-- bei der Vormerkung des Gewinnanteilsrechts der Miterben als für die Berechnung des Gewinnanteils massgebenden Verkehrswert anzuerkennen, beweist nicht, dass er einen Verkauf zu diesem Preis für möglich halte. Im übrigen ist der dem Angebot St.s entsprechende Quadratmeterpreis von Fr. 4.- immerhin nicht so hoch, dass die Fortführung des Landwirtschaftsbetriebs auf dem streitigen Hof als schlechthin unvernünftig bezeichnet werden könnte, wenn dieser Preis wirklich erhältlich wäre. Die Berufungsklägerin hat denn auch im vorliegenden Prozess jahrelang geltend gemacht, dass dieser Hof ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 ZGB darstelle und ihr zuzuteilen sei, und diesen Standpunkt erst am 15. Juni 1956 aufgegeben, nachdem ihre persönlichen Verhältnisse sich geändert und beide Experten ihr die Eignung zur Betriebsführung abgesprochen hatten. Unter diesen Umständen ist die Frage, ob man es beim streitigen Heimwesen mit einem "landwirtschaftlichen Gewerbe" im Sinne der eben erwähnten Gesetzesbestimmung zu tun habe, grundsätzlich zu bejahen. Ein Vorbehalt ist lediglich mit Bezug auf eines der beiden Wohnhäuser zu machen (vgl. Erwägung 7).
5. Ein landwirtschaftliches Gewerbe kann gemäss Art. 620 ZGB nur dann einem Erben zum Ertragswert ungeteilt zugewiesen werden, wenn es eine wirtschaftliche Einheit bildet und eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz bietet.
Im vorliegenden Falle bilden Kulturland, Streue und Wald zusammen mit den für die Bewirtschaftung erforderlichen Gebäuden ohne Zweifel eine wirtschaftliche Einheit.
Heikler ist die Frage, ob das Heimwesen eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz biete, d.h. ob seine Bewirtschaftung einen Ertrag abwerfe, der einer mittlern Bauernfamilie unter normalen Verhältnissen zum Leben ausreicht (vgl. BGE 81 II 105 ff.). Der Sachverständige Dr. Neukomm, auf dessen Gutachten die Vorinstanz in allen Teilen abstellt, berechnet das durchschnittliche Einkommen auf Fr. 7640.--, den durchschnittlichen Verbrauch der Bewirtschafterfamilie auf Grund der Annahme, dass diese aus Mann, Frau, einem im Haushalt lebenden und einem auswärts wohnenden mit monatlich Fr. 100.-- zu unterhaltenden Kinde bestehe, auf von Fr. 7400.-- So kommt er aufeinen jährlichen Vorschlag Fr. 240.--. Das von ihm errechnete Einkommen schliesst indes den Ertrag der Mietwohnungen in beiden Wohnhäusern ein. Das Einkommen des Übernehmers vermindert sich also, wenn man eines dieser beiden Häuser als nicht zum landwirtschaftlichen Gewerbe gehörend von der Zuweisung ausnimmt. Auf der andern Seite vermindert sich dann aber auch die Hypothekarzinslast. Zudem hat der Sachverständige erklärt, bei geschickter Bewirtschaftung könnten weitere Einnahmequellen erschlossen werden. Das Bezirksgericht nimmt an, dies sei dem Kläger tatsächlich gelungen (S. 40 des Urteils vom 14. Februar 1956, dessen Erwägungen das Obergericht, wie schon bemerkt, übernommen hat). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Betrag von Fr. 7400.--, auf den der Sachverständige auf Grund von Zahlen aus Vergleichsbetrieben den Verbrauch beziffert hat, für eine Familie mit zwei Kindern auch bei Mitberücksichtigung der Steuern noch über dem Existenzminimum liegen dürfte, das gemäss BGE 81 II 110 lit. f für die Bemessung des Lebensbedarfs massgebend ist, da nach dem Sinne des Gesetzes auch Betriebe, die nur eine kärgliche Existenz ermöglichen, nach bäuerlichem Erbrecht sollen vererbt werden können. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Gutachten Schmid, auf das die Vorinstanz sich ebenfalls beruft, im Kanton Zürich noch zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe mit einer Fläche von 3-5 ha vorhanden sind, die nur zum kleinern Teil so gut gelegen und arrondiert sein dürften wie der streitige Hof und deren Inhaber offenbar gleichwohl ihr Fortkommen finden. Daher bedeutet es keine Bundesrechtsverletzung, dass die kantonalen Instanzen angenommen haben, der Übernehmer finde auf diesem Heimwesen eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz.
6. Auf die Zuweisung eines landwirtschaftlichen Gewerbes zum Ertragswert kann nach Art. 620 ZGB nur ein Erbe Anspruch erheben, der als zu dessen Übernahme geeignet erscheint.
Bei der Untersuchung der beruflichen Eignung des Klägers ist das Bezirksgericht in seinen vom Obergericht gebilligten Erwägungen auf Grund der eingeholten Gutachten und eines einlässlichen Beweisverfahrens über die dem Kläger von der Gegenpartei vorgeworfenen Fehler in der Betriebsführung zum Schlusse gelangt, dass der Kläger, obwohl er mit den modernsten Grundsätzen der Bewirtschaftung nicht vollständig vertraut sei und auch praktisch keinen tadellosen, vorbildlichen Betrieb gewährleiste, doch im Sinne des bäuerlichen Erbrechts nach den orts- und landesüblichen Vorstellungen für die Zuweisung des streitigen Heimwesens als geeignet erscheine. Die Feststellungen über die Kenntnisse und die Betriebsführung des Klägers, auf welche dieser Schluss sich stützt, betreffen tatsächliche Verhältnisse und sind daher für das Bundesgericht verbindlich. Auf Grund dieser Feststellungen konnten die kantonalen Gerichte die berufliche Eignung die Klägers ohne Verstoss gegen Art. 620 ZGB bejahen.
An einen Bewerber sind freilich um so höhere Anforderungen zu stellen, je grösser die finanziellen Schwierigkeiten sind, denen er bei Übernahme des Heimwesens begegnet (BGE 75 II 31 und dort angeführte Entscheide). In dieser Beziehung fällt in Betracht, dass der Kläger nach den Feststellungen des Bezirksgerichtes zwar laufende Schulden von Fr. 7000.-- und eine Darlehensschuld von Fr. 10'000.-- hat und in den Jahren 1952 bis 1955 insgesamt 68 Mal betrieben wurde, dass er jedoch seinen finanziellen Verpflichtungen, wenn auch mit Verspätung, nachzukommen vermochte, obwohl er heute das Heimwesen noch unter erschwerten Bedingungen (zum Teil mit Pachtland statt mit Eigenland) bewirtschaftet und bis anhin grosse Zahlungen für Gerichts- und Anwaltskosten aus seinem Scheidungsprozess zu leisten hatte und auch den vorliegenden Prozess finanzieren musste. Die Erwartung, dass er nach Wegfall dieser ausserordentlichen Umstände seine Verbindlichkeiten um so eher werde erfüllen können, erscheint daher als gerechtfertigt. Die Beschaffung der Mittel für die Auszahlung der Geschwister ist gemäss Feststellung des Bezirksgerichts zu annehmbaren Bedingungen gesichert. In den bestehenden finanziellen Schwierigkeiten liegt daher kein genügender Grund, dem Kläger die Eignung für die Übernahme des Heimwesens abzusprechen.
Ein solcher Grund kann aber auch in den moralischen Eigenschaften des Klägers nicht gefunden werden. Der Kläger hat zwar einen etwas schwierigen Charakter, was sich nicht nur aus dem Scheidungsprozess, sondern z.B. auch aus seinem Schreiben an den Anwalt der Berufungsklägerin vom 16. April 1956 ergibt. Dass er seit Jahren mit seiner Haushälterin, die ein uneheliches Kind von ihm hat, im Konkubinat lebt, wirft auf ihn ebenfalls nicht das beste Licht. Unfleiss, Trunksucht, eine Neigung zu übermässigem Aufwand oder andere moralische Schwächen, die seine Fähigkeit, sich auf dem Betriebe zu behaupten, in Frage stellen könnten, sind ihm jedoch nicht vorzuwerfen. Der vorliegende Fall hat keinerlei Ähnlichkeit mit den in BGE 75 II 30 ff. und BGE 77 II 225 ff. beurteilten Fällen, wo die Eignung im Sinne von Art. 620 ZGB mit Rücksicht auf moralische Eigenschaften verneint wurde, die befürchten liessen, dass die Bewerber sich trotz dem Besitz der nötigen technischen Fähigkeiten als Betriebsinhaber nicht bewähren würden.
Die kantonalen Instanzen durften demnach auch die subjektiven Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 620 ZGB als erfüllt betrachten.
7. Das auf die Parzelle Nr. 2656 bezügliche Eventualbegehren der Berufungsklägerin kann auf jeden Fall nicht im vollen Umfange geschützt werden. Das Kulturland und der Hofraum auf der Parzelle Nr. 2656 und die darauf stehenden Wirtschaftsgebäude, insbesondere auch die Scheune Nr. 54, gehören unzweifelhaft zum landwirtschaftlichen Gewerbe, auf dessen ungeteilte Zuweisung der Kläger Anspruch hat. Wie die Berufungsklägerin selber ausführt, kann keine Rede davon sein, dass sich das streitige Gewerbe, das ohnehin nur eine knappe Existenz bietet, im Sinne von Art. 621ter ZGB in zwei lebensfähige Betriebe zerlegen liesse.
Als Bestandteil des landwirtschaftlichen Gewerbes, das dem Kläger zuzuweisen ist, hat auch das eine der beiden Wohnhäuser zu gelten, da der Betriebsinhaber eine Wohnung benötigt und gesagt werden kann, zwischen Kulturland und Gebäuden bestehe noch ein vernünftiges Verhältnis und den betriebsfremden Räumen komme im Vergleich zu den für den Betrieb notwendigen Räumen und zum Kulturland nur untergeordnete Bedeutung zu (vgl. hiezu BGE 50 II 328 und Urteil vom 11. Februar 1954 i.S. König gegen König, Erw. 2 c Abs. 3 S. 14), auch wenn zum landwirtschaftlichen Gewerbe ein Wohnhaus gerechnet wird, das neben der Bauernwohnung noch zwei bescheidene Mietwohnungen enthält. (Die Mietzinsen für den 1. und 2. Stock des Hauses Nr. 50, dessen Erdgeschoss der Kläger gegenwärtig bewohnt, betragen nach dem Gutachten Neukomm jährlich nur Fr. 636.-- bezw. Fr. 576.--.)
Auf die Zuweisung beider Wohnhäuser kann dagegen der Kläger nicht Anspruch erheben, da es nicht angeht, neben den zwei Wohnungen umfassenden betriebsfremden Räumen im Hause, wo der Betriebsinhaber wohnen wird, auch noch ein zweites Wohnhaus mit drei weitern Wohnungen im Vergleich zu den für den Landwirtschaftsbetrieb erforderlichen Bestandteilen des Heimwesens als Nebensache zu betrachten, die bei der Anwendung von Art. 620 ZGB das Schicksal der Hauptsache zu teilen hätte. Hieran würde sich auch nichts ändern, wenn gewisse Kellerräume des zweiten Hauses gegenwärtig für den Betrieb oder für den Haushalt des Betriebsinhabers benützt werden sollten. Ebensowenig können die (gewiss nicht unlösbaren) Schwierigkeiten, welche im Falle der Abtretung des einen Wohnhauses vom Heimwesen die Regelung der Wegverhältnisse bieten kann, dazu führen, dem Kläger beide Wohnhäuser zu überlassen.
Eines dieser beiden Häuser ist daher von der Zuteilung an den Kläger auszunehmen, wenn die Erben sich nicht auf eine andere Lösung (z.B. Überlassung beider Häuser an den Kläger und Einräumung eines Wohnrechts an die Berufungsklägerin) einigen. Welches der beiden Häuser sich leichter aussondern lässt, welcher Umschwung dafür unentbehrlich ist, wie die Wegverhältnisse zu gestalten sind und wie hoch der Anrechnungswert des Gewerbes mit nur einem Wohnhaus zu beziffern ist, sowie welches die weitern Folgen der Aussonderung des einen Hauses für die Erbteilung sind, lässt sich indessen auf Grund der vorliegenden Akten nicht beurteilen. Insbesondere lässt sich heute auch noch nicht sagen, in welcher Weise die Erbteilung mit Bezug auf das auszusondernde Wohnhaus durchzuführen ist (vgl. hiezu BGE 78 II 408 ff.). Daher muss die Sache zu neuer Entscheidung (auch über die kantonalen Kosten) an die Vorinstanz zurückgewiesen werden.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 6. Juli 1956, soweit es angefochten wurde, aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung gemäss den Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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Diritto successorio rurale. Applicazione della legge nel tempo.
Importanza dell'assoggettamento del podere alla LSPA.
Azienda agricola o terreno da costruzione? Azienda agricola capace di garantire un'esistenza sufficiente.
Idoneità dell'erede che domanda l'attribuzione, per ciò che riguarda le capacità professionali, la situazione finanziaria e le qualità morali.
Entro quali limiti case di abitazione possono essere considerate come elementi di un'azienda agricola?
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civil law
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83 II 12
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83 II 12
Sachverhalt ab Seite 13
A.- Am 23. November 1938 verkaufte Eduard Stiffier dem Hans Weber das Grundstück Nr. 3855 in Chur. Im Kaufvertrag räumte er dem Käufer ein Vorkaufsrecht inbezug auf das angrenzende Grundstück Nr. 1563 ein, das vorderhand in seinem Eigentum blieb. Diese Restparzelle kaufte am 4. Juli 1947 der Kläger Max Comminot, ohne vom Vorkaufsrecht des Hans Weber Kenntnis zu haben, das auch nicht im Grundbuch vorgemerkt war. Indessen wies der Verkäufer Stiffier noch am gleichen Tage das Grundbuchamt auf das Vorkaufsrecht hin und gab seine Absicht kund, dessen Ausübung zu ermöglichen. Nun merkte der Grundbuchführer das Vorkaufsrecht nachträglich vor, und ebenfalls am 4. Juli 1947 zeigten Stiffier wie auch das Grundbuchamt dem Vorkaufsberechtigten Weber den Eintritt des Vorkaufsfalles mit Ansetzung einer Frist von 30 Tagen zur Stellungnahme an. Weber übte das Vorkaufsrecht binnen dieser Frist aus und wurde hierauf als Eigentümer eingetragen, während der Kläger als Erwerber ausgeschaltet war.
B.- Am 23. Dezember 1948 kaufte der Kläger dieses Grundstück Nr. 1563 von Weber; doch musste er es mit einschneidenden Bau- und Gewerbebeschränkungen belasten, was seinen Plänen zuwiderlief.
C.- Im Jahre 1955 nahm der -Kläger nähere Einsicht in die Grundbuchbelege. Er kam dabei zur Überzeugung, der Grundbuchführer habe den Kaufvertrag vom 4. Juli 1947 seinerzeit zu Unrecht nicht eingetragen, und machte den Kanton Graubünden für die mit dem spätern Erwerb verbundenen Nachteile haftbar. Die auf Art. 955 Abs. 1 ZGB gestützte Klage geht auf Schadenersatz im Betrage von Fr. 325'000.--.
D.- Die kantonalen Gerichte haben die Klage, ohne den Schaden festzustellen, aus grundsätzlichen Erwägungen abgewiesen, das Kantonsgericht von Graubünden mit Urteil vom 22. Oktober 1956 anhangsweise auch wegen Verjährung.
E.- Mit vorliegender Berufung hält der Kläger an seinem Klagebegehren fest und beantragt im übrigen die Rückweisung der Sache an das Kantonsgericht zur Beweisergänzung und Schadensbemessung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Das Vorkaufsrecht des Hans Weber wurde in dem über ein anderes Grundstück abgeschlossenen Kaufvertrag vom 23. November 1938 in der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform (Art. 216 Abs. 3 OR) vereinbart. Denn die zwei in den Händen der Vertragschliessenden verbliebenen Vertragsdoppel wurden beidseitig unterzeichnet. Das genügt zur Erfüllung der Schriftform; es ist in dieser Hinsicht belanglos, dass die Unterschrift Stiffiers in dem vom Grundbuchamt aufbewahrten Exemplar infolge eines Versehens fehlte.
2. Die das Vorkaufsrecht betreffende Vertragsbestimmung lautet dahin, dieses Recht werde "auf die Dauer von 10 Jahren" und "zu den Bedingungen der Konkurrenzofferte" eingeräumt. Dem Berechtigten war damit freilich bloss ein persönlicher Anspruch zuerkannt. Eine Vormerkung war nicht vereinbart, und sie verstand sich, entgegen der Ansicht des Grundbuchführers von Chur, nicht von selbst. Sie verleiht dem Vorkaufsrecht verstärkte Wirkung (Art. 959 ZGB; GUHL in der Festgabe für das Bundesgericht, S. 141/2), die nur bei dahingehender - gleichfalls schriftlicher - Vereinbarung gerechtfertigt ist (vgl. OSTERTAG, N. 17 zu Art. 959 ZGB; HAAR, N. 12 zu Art. 681/82 ZGB). Dem Kläger ist also darin beizustimmen, dass der Kaufvertrag von 1938, der nur das Vorkaufsrecht als solches vorsah, keine Grundlage zu einer Vormerkung dieses Rechtes bot, dass somit die Vormerkung im Jahre 1938 aus gutem Grund unterblieb, und dass sie im Jahre 1947, im Anschluss an den sich als Vorkaufsfall darbietenden Verkauf der Parzelle Nr. 1563 an den Kläger, ebenfalls nicht hätte erfolgen sollen. Somit ist von einem gewöhnlichen Vorkaufsrecht auszugehen, dem nur die persönlichen Wirkungen zukamen, wie sie den Inhalt eines solchen Rechtes ohne Vormerkung im Grundbuch ausmachen.
3. Der Kläger ist der Ansicht, dieses persönliche Recht eines Dritten sei nicht geeignet gewesen, die Erfüllung des Kaufvertrages vom 4. Juli 1947 zu hindern. Der Grundbuchführer habe es zu Unrecht berücksichtigt und dann den Vorkaufsberechtigten als Eigentümer eingetragen, statt sich an den Kaufvertrag vom 4. Juli 1947 zu halten und ihn, den Kläger, als rechtmässigen Erwerber einzutragen. Diese Betrachtungsweise hält jedoch nicht stich.
Gewiss hätte der Grundbuchführer, wäre es bei der blossen Anmeldung des Kaufvertrages des Stiffier mit dem Kläger geblieben, diesen Vertrag eintragen sollen. In diesem Falle hätte er gar keine Veranlassung gehabt, einem Vorkaufsrecht nachzufragen, das vor mehreren Jahren in einem Kaufvertrag um ein anderes Grundstück vereinbart worden war. Nun wies aber der Verkäufer der Parzelle Nr. 1563 noch am Tage des Kaufsabschlusses den Grundbuchführer auf jenes Vorkaufsrecht hin, in der deutlichen Absicht, es zu berücksichtigen. Da der Kaufvertrag mit dem Kläger noch nicht im Hauptbuch eingetragen, der Verkäufer also noch verfügungsberechtigt war (Art. 972 ZGB), hatte der Grundbuchführer dem Vorkaufsrecht, wie es der Verkäufer wünschte, Rechnung zu tragen. Dabei ist gleichgültig, ob der Kaufvertrag bereits angemeldet worden war. Denn grundbuchliche Anmeldungen können, solange sie nicht durch Eintragung im Hauptbuche vollzogen sind, jederzeit zurückgezogen werden (vgl. HOMBERGER, N. 8, und OSTERTAG, Nr. 46 zu Art. 963 ZGB). Somit sind auch Erklärungen des verfügungsberechtigten Eigentümers zu beachten, die darauf gerichtet sind, die vorerst bedingungslose Anmeldung mit Hinweis auf ein Vorkaufsrecht an eine aufschiebende Bedingung zu knüpfen. Angesichts der dahingehenden Intervention des Verkäufers zugunsten des Vorkaufsberechtigten durch die erwähnte nachträgliche Vorsprache vom 4. Juli 1947 auf dem Grundbuchamt war der Grundbuchführer gehalten, den hauptbuchlichen Vollzug der (allenfalls erfolgten) Anmeldung des Kaufvertrages zurückzustellen und die Entschliessung des Vorkaufsberechtigten abzuwarten.
Ein Grund, weshalb die Ausübung des Vorkaufsrechtes hätte als ungültig erscheinen müssen, ist nicht ersichtlich. Auch beim nicht vorgemerkten Vorkaufsrecht (als was dasjenige des Hans Weber nach dem Gesagten zu betrachten ist) muss dem Berechtigten eine Frist zur Rechtsausübung gewährt werden. Freilich ist hiefür Art. 681 Abs. 3 ZGB nicht anwendbar, wie denn die Vorschriften von Art. 681 und 683 ZGB nur für vorgemerkte Rechte gelten und teilweise überhaupt nur die Vormerkung als solche, nicht auch das persönliche Recht betreffen (vgl.BGE 53 II 395hinsichtlich der in Art. 681 Abs. 3 und in Art. 683 Abs. 2 ZGB vorgesehenen Maximaldauer von zehn Jahren). Indessen ergibt sich einerseits eine Pflicht des Verkäufers zur Benachrichtigung des Vorkaufsberechtigten, entsprechend Art. 681 Abs. 2 ZGB, ohne weiteres nach Treu und Glauben (vgl. OSER/SCHÖNENBERGER, N. 30 zu Art. 216 OR), und anderseits hat er ihm eine angemessene Frist anzusetzen, wie es hier geschehen ist.
Wenn der Kläger erst einige Tage nach Kaufsabschluss von dem Vorkaufsrecht und von der dem Grundbuchamt gemeldeten Absicht des Verkäufers, es zu berücksichtigen, erfuhr, mochte ihm dieses Verhalten als Verletzung des Kaufvertrages erscheinen. Ob er aus diesem Gesichtspunkt, oder allenfalls wegen culpa in contrahendo, den Verkäufer hätte auf Schadenersatz belangen können, steht hier jedoch nicht zur Entscheidung. Da Stiffier es unterlassen hatte, den Kläger vor dem Kaufsabschluss über das Vorkaufsrecht des Weber aufzuklären und den Kauf an eine entsprechende Bedingung zu knüpfen, bestand für ihn ein Dilemma zwischen Kaufvertrag und Vorkaufsrecht (vgl. GöSCHKE, Das Vorkaufsrecht, in der Zeitschrift des bern. Juristenvereins 88 S. 141/2). Bei dieser Sachlage hatte er die Wahl, das Vorkaufsrecht zu berücksichtigen, auf die Gefahr hin, den Kaufvertrag mit dem Kläger nicht erfüllen zu können, oder das Vorkaufsrecht zu übergehen und sich Schadenersatzansprüchen des Vorkaufsberechtigten auszusetzen. Entschloss er sich, das Vorkaufsrecht zur Geltung kommen zu lassen, und teilte er dies dem Grundbuchführer mit, solange er noch im Hauptbuche als Eigentümer eingetragen war, so wurde dadurch, wie dargetan, die allenfalls schon erfolgte Anmeldung des Kaufvertrages in einer für das Grundbuchamt verbindlichen Weise modifiziert. Ob sie noch vollzogen werden dürfe, hing nun von der Stellungnahme des Vorkaufsberechtigten ab. Wenn der Kläger dem Grundbuchamt vorhält, das für ihn nicht verbindliche Vorkaufsrecht ungerechtfertigterweise auf Begehren des Verkäufers beachtet zu haben, so übersieht er, dass auch sein eigenes Recht auf Übertragung des Eigentums gemäss dem Kaufvertrage, gleichwie dasjenige des Vorkaufsberechtigten auf Erwerb des Grundstücks zu den nämlichen Bedingungen, bloss ein persönliches war (Art. 665 Abs. 1 ZGB). Welchem der beiden in gewissem Sinne konkurrierenden Rechte er den Vorzug geben wolle, war Sache des Verkäufers. An dessen Erklärungen hatte sich das Grundbuchamt zu halten, wie es hier geschehen ist, mit der Folge, dass das Vorkaufsrecht zur Auswirkung kam. Hiefür waren die Massnahmen, die das Grundbuchamt ungerechtfertigterweise vornahm (Vormerkung des Vorkaufsrechtes, Anzeige des Vorkaufsfalles an Weber, was Stiffier auch selber besorgte), bedeutungslos. Das "schädigende Ereignis", nämlich die Eintragung des Hans Weber auf Grund des von diesem ausgeübten Vorkaufsrechtes anstelle des Klägers, beruhte keineswegs auf fehlerhafter Grundbuchführung, sondern auf durchaus rechtmässiger Beachtung jenes Rechtes infolge der dahingehenden Erklärung des noch verfügungsberechtigt gebliebenen Verkäufers.
4. Fehlt es somit an der Grundlage einer Haftung des beklagten Kantons im Sinne von Art. 955 Abs. 1 ZGB, so erweist sich die Berufung des Klägers als unbegründet, ohne dass zu der am Schlusse der vorinstanzlichen Erwägungen erörterten Verjährungsfrage Stellung zu nehmen wäre.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 22. Oktober 1956 bestätigt.
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Haftung des Kantons für fehlerhafte Grundbuchführung. Art. 955 Abs. 1 ZGB. 1. Vereinbarung eines Vorkaufsrechtes. Schriftform. Art. 216 Abs. 3 OR (Erw. 1).
2. Das Vorkaufsrecht ist nur dann im Grundbuch vorzumerken (Art. 959 ZGB), wenn dies ebenfalls schriftlich vereinbart wurde (Erw. 2).
3. Wirkung und Ausübung des nicht vorgemerkten Vorkaufsrechtes. Der Grundbuchführer hat es auf Begehren des Verkäufers auch nach Anmeldung des Kaufvertrages noch zu berücksichtigen, solange der Verkäufer als Eigentümer im Hauptbuch eingetragen ist. Die grundbuchlichen Anmeldungen (Art. 963 Abs. 1 ZGB) können, solange sie nicht im Hauptbuch vollzogen sind, zurückgezogen werden (Erw. 3).
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Sachverhalt ab Seite 13
A.- Am 23. November 1938 verkaufte Eduard Stiffier dem Hans Weber das Grundstück Nr. 3855 in Chur. Im Kaufvertrag räumte er dem Käufer ein Vorkaufsrecht inbezug auf das angrenzende Grundstück Nr. 1563 ein, das vorderhand in seinem Eigentum blieb. Diese Restparzelle kaufte am 4. Juli 1947 der Kläger Max Comminot, ohne vom Vorkaufsrecht des Hans Weber Kenntnis zu haben, das auch nicht im Grundbuch vorgemerkt war. Indessen wies der Verkäufer Stiffier noch am gleichen Tage das Grundbuchamt auf das Vorkaufsrecht hin und gab seine Absicht kund, dessen Ausübung zu ermöglichen. Nun merkte der Grundbuchführer das Vorkaufsrecht nachträglich vor, und ebenfalls am 4. Juli 1947 zeigten Stiffier wie auch das Grundbuchamt dem Vorkaufsberechtigten Weber den Eintritt des Vorkaufsfalles mit Ansetzung einer Frist von 30 Tagen zur Stellungnahme an. Weber übte das Vorkaufsrecht binnen dieser Frist aus und wurde hierauf als Eigentümer eingetragen, während der Kläger als Erwerber ausgeschaltet war.
B.- Am 23. Dezember 1948 kaufte der Kläger dieses Grundstück Nr. 1563 von Weber; doch musste er es mit einschneidenden Bau- und Gewerbebeschränkungen belasten, was seinen Plänen zuwiderlief.
C.- Im Jahre 1955 nahm der -Kläger nähere Einsicht in die Grundbuchbelege. Er kam dabei zur Überzeugung, der Grundbuchführer habe den Kaufvertrag vom 4. Juli 1947 seinerzeit zu Unrecht nicht eingetragen, und machte den Kanton Graubünden für die mit dem spätern Erwerb verbundenen Nachteile haftbar. Die auf Art. 955 Abs. 1 ZGB gestützte Klage geht auf Schadenersatz im Betrage von Fr. 325'000.--.
D.- Die kantonalen Gerichte haben die Klage, ohne den Schaden festzustellen, aus grundsätzlichen Erwägungen abgewiesen, das Kantonsgericht von Graubünden mit Urteil vom 22. Oktober 1956 anhangsweise auch wegen Verjährung.
E.- Mit vorliegender Berufung hält der Kläger an seinem Klagebegehren fest und beantragt im übrigen die Rückweisung der Sache an das Kantonsgericht zur Beweisergänzung und Schadensbemessung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Das Vorkaufsrecht des Hans Weber wurde in dem über ein anderes Grundstück abgeschlossenen Kaufvertrag vom 23. November 1938 in der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform (Art. 216 Abs. 3 OR) vereinbart. Denn die zwei in den Händen der Vertragschliessenden verbliebenen Vertragsdoppel wurden beidseitig unterzeichnet. Das genügt zur Erfüllung der Schriftform; es ist in dieser Hinsicht belanglos, dass die Unterschrift Stiffiers in dem vom Grundbuchamt aufbewahrten Exemplar infolge eines Versehens fehlte.
2. Die das Vorkaufsrecht betreffende Vertragsbestimmung lautet dahin, dieses Recht werde "auf die Dauer von 10 Jahren" und "zu den Bedingungen der Konkurrenzofferte" eingeräumt. Dem Berechtigten war damit freilich bloss ein persönlicher Anspruch zuerkannt. Eine Vormerkung war nicht vereinbart, und sie verstand sich, entgegen der Ansicht des Grundbuchführers von Chur, nicht von selbst. Sie verleiht dem Vorkaufsrecht verstärkte Wirkung (Art. 959 ZGB; GUHL in der Festgabe für das Bundesgericht, S. 141/2), die nur bei dahingehender - gleichfalls schriftlicher - Vereinbarung gerechtfertigt ist (vgl. OSTERTAG, N. 17 zu Art. 959 ZGB; HAAR, N. 12 zu Art. 681/82 ZGB). Dem Kläger ist also darin beizustimmen, dass der Kaufvertrag von 1938, der nur das Vorkaufsrecht als solches vorsah, keine Grundlage zu einer Vormerkung dieses Rechtes bot, dass somit die Vormerkung im Jahre 1938 aus gutem Grund unterblieb, und dass sie im Jahre 1947, im Anschluss an den sich als Vorkaufsfall darbietenden Verkauf der Parzelle Nr. 1563 an den Kläger, ebenfalls nicht hätte erfolgen sollen. Somit ist von einem gewöhnlichen Vorkaufsrecht auszugehen, dem nur die persönlichen Wirkungen zukamen, wie sie den Inhalt eines solchen Rechtes ohne Vormerkung im Grundbuch ausmachen.
3. Der Kläger ist der Ansicht, dieses persönliche Recht eines Dritten sei nicht geeignet gewesen, die Erfüllung des Kaufvertrages vom 4. Juli 1947 zu hindern. Der Grundbuchführer habe es zu Unrecht berücksichtigt und dann den Vorkaufsberechtigten als Eigentümer eingetragen, statt sich an den Kaufvertrag vom 4. Juli 1947 zu halten und ihn, den Kläger, als rechtmässigen Erwerber einzutragen. Diese Betrachtungsweise hält jedoch nicht stich.
Gewiss hätte der Grundbuchführer, wäre es bei der blossen Anmeldung des Kaufvertrages des Stiffier mit dem Kläger geblieben, diesen Vertrag eintragen sollen. In diesem Falle hätte er gar keine Veranlassung gehabt, einem Vorkaufsrecht nachzufragen, das vor mehreren Jahren in einem Kaufvertrag um ein anderes Grundstück vereinbart worden war. Nun wies aber der Verkäufer der Parzelle Nr. 1563 noch am Tage des Kaufsabschlusses den Grundbuchführer auf jenes Vorkaufsrecht hin, in der deutlichen Absicht, es zu berücksichtigen. Da der Kaufvertrag mit dem Kläger noch nicht im Hauptbuch eingetragen, der Verkäufer also noch verfügungsberechtigt war (Art. 972 ZGB), hatte der Grundbuchführer dem Vorkaufsrecht, wie es der Verkäufer wünschte, Rechnung zu tragen. Dabei ist gleichgültig, ob der Kaufvertrag bereits angemeldet worden war. Denn grundbuchliche Anmeldungen können, solange sie nicht durch Eintragung im Hauptbuche vollzogen sind, jederzeit zurückgezogen werden (vgl. HOMBERGER, N. 8, und OSTERTAG, Nr. 46 zu Art. 963 ZGB). Somit sind auch Erklärungen des verfügungsberechtigten Eigentümers zu beachten, die darauf gerichtet sind, die vorerst bedingungslose Anmeldung mit Hinweis auf ein Vorkaufsrecht an eine aufschiebende Bedingung zu knüpfen. Angesichts der dahingehenden Intervention des Verkäufers zugunsten des Vorkaufsberechtigten durch die erwähnte nachträgliche Vorsprache vom 4. Juli 1947 auf dem Grundbuchamt war der Grundbuchführer gehalten, den hauptbuchlichen Vollzug der (allenfalls erfolgten) Anmeldung des Kaufvertrages zurückzustellen und die Entschliessung des Vorkaufsberechtigten abzuwarten.
Ein Grund, weshalb die Ausübung des Vorkaufsrechtes hätte als ungültig erscheinen müssen, ist nicht ersichtlich. Auch beim nicht vorgemerkten Vorkaufsrecht (als was dasjenige des Hans Weber nach dem Gesagten zu betrachten ist) muss dem Berechtigten eine Frist zur Rechtsausübung gewährt werden. Freilich ist hiefür Art. 681 Abs. 3 ZGB nicht anwendbar, wie denn die Vorschriften von Art. 681 und 683 ZGB nur für vorgemerkte Rechte gelten und teilweise überhaupt nur die Vormerkung als solche, nicht auch das persönliche Recht betreffen (vgl.BGE 53 II 395hinsichtlich der in Art. 681 Abs. 3 und in Art. 683 Abs. 2 ZGB vorgesehenen Maximaldauer von zehn Jahren). Indessen ergibt sich einerseits eine Pflicht des Verkäufers zur Benachrichtigung des Vorkaufsberechtigten, entsprechend Art. 681 Abs. 2 ZGB, ohne weiteres nach Treu und Glauben (vgl. OSER/SCHÖNENBERGER, N. 30 zu Art. 216 OR), und anderseits hat er ihm eine angemessene Frist anzusetzen, wie es hier geschehen ist.
Wenn der Kläger erst einige Tage nach Kaufsabschluss von dem Vorkaufsrecht und von der dem Grundbuchamt gemeldeten Absicht des Verkäufers, es zu berücksichtigen, erfuhr, mochte ihm dieses Verhalten als Verletzung des Kaufvertrages erscheinen. Ob er aus diesem Gesichtspunkt, oder allenfalls wegen culpa in contrahendo, den Verkäufer hätte auf Schadenersatz belangen können, steht hier jedoch nicht zur Entscheidung. Da Stiffier es unterlassen hatte, den Kläger vor dem Kaufsabschluss über das Vorkaufsrecht des Weber aufzuklären und den Kauf an eine entsprechende Bedingung zu knüpfen, bestand für ihn ein Dilemma zwischen Kaufvertrag und Vorkaufsrecht (vgl. GöSCHKE, Das Vorkaufsrecht, in der Zeitschrift des bern. Juristenvereins 88 S. 141/2). Bei dieser Sachlage hatte er die Wahl, das Vorkaufsrecht zu berücksichtigen, auf die Gefahr hin, den Kaufvertrag mit dem Kläger nicht erfüllen zu können, oder das Vorkaufsrecht zu übergehen und sich Schadenersatzansprüchen des Vorkaufsberechtigten auszusetzen. Entschloss er sich, das Vorkaufsrecht zur Geltung kommen zu lassen, und teilte er dies dem Grundbuchführer mit, solange er noch im Hauptbuche als Eigentümer eingetragen war, so wurde dadurch, wie dargetan, die allenfalls schon erfolgte Anmeldung des Kaufvertrages in einer für das Grundbuchamt verbindlichen Weise modifiziert. Ob sie noch vollzogen werden dürfe, hing nun von der Stellungnahme des Vorkaufsberechtigten ab. Wenn der Kläger dem Grundbuchamt vorhält, das für ihn nicht verbindliche Vorkaufsrecht ungerechtfertigterweise auf Begehren des Verkäufers beachtet zu haben, so übersieht er, dass auch sein eigenes Recht auf Übertragung des Eigentums gemäss dem Kaufvertrage, gleichwie dasjenige des Vorkaufsberechtigten auf Erwerb des Grundstücks zu den nämlichen Bedingungen, bloss ein persönliches war (Art. 665 Abs. 1 ZGB). Welchem der beiden in gewissem Sinne konkurrierenden Rechte er den Vorzug geben wolle, war Sache des Verkäufers. An dessen Erklärungen hatte sich das Grundbuchamt zu halten, wie es hier geschehen ist, mit der Folge, dass das Vorkaufsrecht zur Auswirkung kam. Hiefür waren die Massnahmen, die das Grundbuchamt ungerechtfertigterweise vornahm (Vormerkung des Vorkaufsrechtes, Anzeige des Vorkaufsfalles an Weber, was Stiffier auch selber besorgte), bedeutungslos. Das "schädigende Ereignis", nämlich die Eintragung des Hans Weber auf Grund des von diesem ausgeübten Vorkaufsrechtes anstelle des Klägers, beruhte keineswegs auf fehlerhafter Grundbuchführung, sondern auf durchaus rechtmässiger Beachtung jenes Rechtes infolge der dahingehenden Erklärung des noch verfügungsberechtigt gebliebenen Verkäufers.
4. Fehlt es somit an der Grundlage einer Haftung des beklagten Kantons im Sinne von Art. 955 Abs. 1 ZGB, so erweist sich die Berufung des Klägers als unbegründet, ohne dass zu der am Schlusse der vorinstanzlichen Erwägungen erörterten Verjährungsfrage Stellung zu nehmen wäre.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 22. Oktober 1956 bestätigt.
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Responsabilité du canton pour des erreurs dans la tenue du registre foncier. Art. 955 al. 1 CC. 1. Convention relative à un droit de préemption. Forme écrite. Art. 216 al. 3 CO (consid. 3).
2. Le droit de préemption ne peut être annoté au registre foncier (art. 959 CC) que s'il en a été convenu ainsi par écrit (consid. 2).
3. Effet et exercice du droit de préemption non annoté. Lors même qu'une réquisition a été présentée au sujet du contrat de vente, le conservateur du registre foncier doit tenir compte du droit de préemption quand le vendeur le lui demande et est encore inscrit au grand livre en qualité de propriétaire. Les réquisitions faites au registre foncier (art. 963 al. 1 CC) peuvent être retirées tant qu'elles n'ont pas été portées au grand livre (consid. 3).
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A.- Am 23. November 1938 verkaufte Eduard Stiffier dem Hans Weber das Grundstück Nr. 3855 in Chur. Im Kaufvertrag räumte er dem Käufer ein Vorkaufsrecht inbezug auf das angrenzende Grundstück Nr. 1563 ein, das vorderhand in seinem Eigentum blieb. Diese Restparzelle kaufte am 4. Juli 1947 der Kläger Max Comminot, ohne vom Vorkaufsrecht des Hans Weber Kenntnis zu haben, das auch nicht im Grundbuch vorgemerkt war. Indessen wies der Verkäufer Stiffier noch am gleichen Tage das Grundbuchamt auf das Vorkaufsrecht hin und gab seine Absicht kund, dessen Ausübung zu ermöglichen. Nun merkte der Grundbuchführer das Vorkaufsrecht nachträglich vor, und ebenfalls am 4. Juli 1947 zeigten Stiffier wie auch das Grundbuchamt dem Vorkaufsberechtigten Weber den Eintritt des Vorkaufsfalles mit Ansetzung einer Frist von 30 Tagen zur Stellungnahme an. Weber übte das Vorkaufsrecht binnen dieser Frist aus und wurde hierauf als Eigentümer eingetragen, während der Kläger als Erwerber ausgeschaltet war.
B.- Am 23. Dezember 1948 kaufte der Kläger dieses Grundstück Nr. 1563 von Weber; doch musste er es mit einschneidenden Bau- und Gewerbebeschränkungen belasten, was seinen Plänen zuwiderlief.
C.- Im Jahre 1955 nahm der -Kläger nähere Einsicht in die Grundbuchbelege. Er kam dabei zur Überzeugung, der Grundbuchführer habe den Kaufvertrag vom 4. Juli 1947 seinerzeit zu Unrecht nicht eingetragen, und machte den Kanton Graubünden für die mit dem spätern Erwerb verbundenen Nachteile haftbar. Die auf Art. 955 Abs. 1 ZGB gestützte Klage geht auf Schadenersatz im Betrage von Fr. 325'000.--.
D.- Die kantonalen Gerichte haben die Klage, ohne den Schaden festzustellen, aus grundsätzlichen Erwägungen abgewiesen, das Kantonsgericht von Graubünden mit Urteil vom 22. Oktober 1956 anhangsweise auch wegen Verjährung.
E.- Mit vorliegender Berufung hält der Kläger an seinem Klagebegehren fest und beantragt im übrigen die Rückweisung der Sache an das Kantonsgericht zur Beweisergänzung und Schadensbemessung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Das Vorkaufsrecht des Hans Weber wurde in dem über ein anderes Grundstück abgeschlossenen Kaufvertrag vom 23. November 1938 in der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform (Art. 216 Abs. 3 OR) vereinbart. Denn die zwei in den Händen der Vertragschliessenden verbliebenen Vertragsdoppel wurden beidseitig unterzeichnet. Das genügt zur Erfüllung der Schriftform; es ist in dieser Hinsicht belanglos, dass die Unterschrift Stiffiers in dem vom Grundbuchamt aufbewahrten Exemplar infolge eines Versehens fehlte.
2. Die das Vorkaufsrecht betreffende Vertragsbestimmung lautet dahin, dieses Recht werde "auf die Dauer von 10 Jahren" und "zu den Bedingungen der Konkurrenzofferte" eingeräumt. Dem Berechtigten war damit freilich bloss ein persönlicher Anspruch zuerkannt. Eine Vormerkung war nicht vereinbart, und sie verstand sich, entgegen der Ansicht des Grundbuchführers von Chur, nicht von selbst. Sie verleiht dem Vorkaufsrecht verstärkte Wirkung (Art. 959 ZGB; GUHL in der Festgabe für das Bundesgericht, S. 141/2), die nur bei dahingehender - gleichfalls schriftlicher - Vereinbarung gerechtfertigt ist (vgl. OSTERTAG, N. 17 zu Art. 959 ZGB; HAAR, N. 12 zu Art. 681/82 ZGB). Dem Kläger ist also darin beizustimmen, dass der Kaufvertrag von 1938, der nur das Vorkaufsrecht als solches vorsah, keine Grundlage zu einer Vormerkung dieses Rechtes bot, dass somit die Vormerkung im Jahre 1938 aus gutem Grund unterblieb, und dass sie im Jahre 1947, im Anschluss an den sich als Vorkaufsfall darbietenden Verkauf der Parzelle Nr. 1563 an den Kläger, ebenfalls nicht hätte erfolgen sollen. Somit ist von einem gewöhnlichen Vorkaufsrecht auszugehen, dem nur die persönlichen Wirkungen zukamen, wie sie den Inhalt eines solchen Rechtes ohne Vormerkung im Grundbuch ausmachen.
3. Der Kläger ist der Ansicht, dieses persönliche Recht eines Dritten sei nicht geeignet gewesen, die Erfüllung des Kaufvertrages vom 4. Juli 1947 zu hindern. Der Grundbuchführer habe es zu Unrecht berücksichtigt und dann den Vorkaufsberechtigten als Eigentümer eingetragen, statt sich an den Kaufvertrag vom 4. Juli 1947 zu halten und ihn, den Kläger, als rechtmässigen Erwerber einzutragen. Diese Betrachtungsweise hält jedoch nicht stich.
Gewiss hätte der Grundbuchführer, wäre es bei der blossen Anmeldung des Kaufvertrages des Stiffier mit dem Kläger geblieben, diesen Vertrag eintragen sollen. In diesem Falle hätte er gar keine Veranlassung gehabt, einem Vorkaufsrecht nachzufragen, das vor mehreren Jahren in einem Kaufvertrag um ein anderes Grundstück vereinbart worden war. Nun wies aber der Verkäufer der Parzelle Nr. 1563 noch am Tage des Kaufsabschlusses den Grundbuchführer auf jenes Vorkaufsrecht hin, in der deutlichen Absicht, es zu berücksichtigen. Da der Kaufvertrag mit dem Kläger noch nicht im Hauptbuch eingetragen, der Verkäufer also noch verfügungsberechtigt war (Art. 972 ZGB), hatte der Grundbuchführer dem Vorkaufsrecht, wie es der Verkäufer wünschte, Rechnung zu tragen. Dabei ist gleichgültig, ob der Kaufvertrag bereits angemeldet worden war. Denn grundbuchliche Anmeldungen können, solange sie nicht durch Eintragung im Hauptbuche vollzogen sind, jederzeit zurückgezogen werden (vgl. HOMBERGER, N. 8, und OSTERTAG, Nr. 46 zu Art. 963 ZGB). Somit sind auch Erklärungen des verfügungsberechtigten Eigentümers zu beachten, die darauf gerichtet sind, die vorerst bedingungslose Anmeldung mit Hinweis auf ein Vorkaufsrecht an eine aufschiebende Bedingung zu knüpfen. Angesichts der dahingehenden Intervention des Verkäufers zugunsten des Vorkaufsberechtigten durch die erwähnte nachträgliche Vorsprache vom 4. Juli 1947 auf dem Grundbuchamt war der Grundbuchführer gehalten, den hauptbuchlichen Vollzug der (allenfalls erfolgten) Anmeldung des Kaufvertrages zurückzustellen und die Entschliessung des Vorkaufsberechtigten abzuwarten.
Ein Grund, weshalb die Ausübung des Vorkaufsrechtes hätte als ungültig erscheinen müssen, ist nicht ersichtlich. Auch beim nicht vorgemerkten Vorkaufsrecht (als was dasjenige des Hans Weber nach dem Gesagten zu betrachten ist) muss dem Berechtigten eine Frist zur Rechtsausübung gewährt werden. Freilich ist hiefür Art. 681 Abs. 3 ZGB nicht anwendbar, wie denn die Vorschriften von Art. 681 und 683 ZGB nur für vorgemerkte Rechte gelten und teilweise überhaupt nur die Vormerkung als solche, nicht auch das persönliche Recht betreffen (vgl.BGE 53 II 395hinsichtlich der in Art. 681 Abs. 3 und in Art. 683 Abs. 2 ZGB vorgesehenen Maximaldauer von zehn Jahren). Indessen ergibt sich einerseits eine Pflicht des Verkäufers zur Benachrichtigung des Vorkaufsberechtigten, entsprechend Art. 681 Abs. 2 ZGB, ohne weiteres nach Treu und Glauben (vgl. OSER/SCHÖNENBERGER, N. 30 zu Art. 216 OR), und anderseits hat er ihm eine angemessene Frist anzusetzen, wie es hier geschehen ist.
Wenn der Kläger erst einige Tage nach Kaufsabschluss von dem Vorkaufsrecht und von der dem Grundbuchamt gemeldeten Absicht des Verkäufers, es zu berücksichtigen, erfuhr, mochte ihm dieses Verhalten als Verletzung des Kaufvertrages erscheinen. Ob er aus diesem Gesichtspunkt, oder allenfalls wegen culpa in contrahendo, den Verkäufer hätte auf Schadenersatz belangen können, steht hier jedoch nicht zur Entscheidung. Da Stiffier es unterlassen hatte, den Kläger vor dem Kaufsabschluss über das Vorkaufsrecht des Weber aufzuklären und den Kauf an eine entsprechende Bedingung zu knüpfen, bestand für ihn ein Dilemma zwischen Kaufvertrag und Vorkaufsrecht (vgl. GöSCHKE, Das Vorkaufsrecht, in der Zeitschrift des bern. Juristenvereins 88 S. 141/2). Bei dieser Sachlage hatte er die Wahl, das Vorkaufsrecht zu berücksichtigen, auf die Gefahr hin, den Kaufvertrag mit dem Kläger nicht erfüllen zu können, oder das Vorkaufsrecht zu übergehen und sich Schadenersatzansprüchen des Vorkaufsberechtigten auszusetzen. Entschloss er sich, das Vorkaufsrecht zur Geltung kommen zu lassen, und teilte er dies dem Grundbuchführer mit, solange er noch im Hauptbuche als Eigentümer eingetragen war, so wurde dadurch, wie dargetan, die allenfalls schon erfolgte Anmeldung des Kaufvertrages in einer für das Grundbuchamt verbindlichen Weise modifiziert. Ob sie noch vollzogen werden dürfe, hing nun von der Stellungnahme des Vorkaufsberechtigten ab. Wenn der Kläger dem Grundbuchamt vorhält, das für ihn nicht verbindliche Vorkaufsrecht ungerechtfertigterweise auf Begehren des Verkäufers beachtet zu haben, so übersieht er, dass auch sein eigenes Recht auf Übertragung des Eigentums gemäss dem Kaufvertrage, gleichwie dasjenige des Vorkaufsberechtigten auf Erwerb des Grundstücks zu den nämlichen Bedingungen, bloss ein persönliches war (Art. 665 Abs. 1 ZGB). Welchem der beiden in gewissem Sinne konkurrierenden Rechte er den Vorzug geben wolle, war Sache des Verkäufers. An dessen Erklärungen hatte sich das Grundbuchamt zu halten, wie es hier geschehen ist, mit der Folge, dass das Vorkaufsrecht zur Auswirkung kam. Hiefür waren die Massnahmen, die das Grundbuchamt ungerechtfertigterweise vornahm (Vormerkung des Vorkaufsrechtes, Anzeige des Vorkaufsfalles an Weber, was Stiffier auch selber besorgte), bedeutungslos. Das "schädigende Ereignis", nämlich die Eintragung des Hans Weber auf Grund des von diesem ausgeübten Vorkaufsrechtes anstelle des Klägers, beruhte keineswegs auf fehlerhafter Grundbuchführung, sondern auf durchaus rechtmässiger Beachtung jenes Rechtes infolge der dahingehenden Erklärung des noch verfügungsberechtigt gebliebenen Verkäufers.
4. Fehlt es somit an der Grundlage einer Haftung des beklagten Kantons im Sinne von Art. 955 Abs. 1 ZGB, so erweist sich die Berufung des Klägers als unbegründet, ohne dass zu der am Schlusse der vorinstanzlichen Erwägungen erörterten Verjährungsfrage Stellung zu nehmen wäre.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 22. Oktober 1956 bestätigt.
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Responsabilità del Cantone per errori nella tenuta del registro fondiario. Art. 955 cp. 1 CC. 1. Convenzione concernente un patto di prelazione. Forma scritta. Art. 216 cp. 3 CO (consid. 1).
2. Il diritto di prelazione dev'essere annotato nel registro fondiario (art. 959 CC) soltanto se ciò è stato pattuito per iscritto (consid. 2).
3. Effetto ed esercizio del diritto di prelazione non annotato. L'Ufficiale del registro fondiario deve tener conto del diritto di prelazione, a richiesta del venditore, anche posteriormente alla notifica del contratto di compravendita, fino a quando il venditore figura quale proprietario nel libro mastro. Le istanze fatte all'Ufficio del registro fondiario (art. 963 cp. 1 CC) possono essere ritirate fino a quando non hanno trovato esecuzione nel libro mastro (consid. 3).
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83 II 122
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Sachverhalt ab Seite 122
A.- Julien L'Héritier est propriétaire de l'immeuble formant l'article 7948 du cadastre de La Chaux-de-Fonds. Cet article provient de la division de l'ancien article 5137 qui appartenait autrefois à Charles Gogler. Par acte du 30 août 1955, Haefeli & Cie a acheté l'immeuble qu'André Berthoud possédait à La Chaux-de-Fonds depuis le 16 janvier 1953 et qui constitue l'article 678 du cadastre. Celui-ci comprend plusieurs parcelles, soit les numéros suivants du plan: 140 (bâtiment avec logements), 141 (véranda), 142 (jardin), 143 (cour) et 144 (trottoir). Haefeli & Cie a acquis l'immeuble "dans son état actuel, avec tous droits, charges et servitudes actives ou passives qui en dépendent, tel que le tout résulte du cadastre et des actes". Le registre foncier contient notamment l'inscription suivante au feuillet de cet immeuble: "Acte du 21 mai 1869 reçu Charles-Ulysse Sandoz, notaire, et celui du 17 juin 1878 reçu Auguste Jaquet, notaire, stipulant des droits de passage, droit à la citerne, établissement d'une cour, concernant cet immeuble et l'art. 587 plan folio 16 nos 145 à 149". Suivant l'acte du 21 mai 1869, Hauert a constitué à perpétuité certaines servitudes sur l'article 678 qui était sa propriété; celles qui se rapportent aux nos 141 et 142 sont seules litigieuses en l'espèce. La servitude grevant le no 141 est ainsi libellée: "Il ne pourra être élevé aucune construction quelconque sur le terrain compris entre le parallélogramme du côté vent, si ce n'est toutefois un péristyle ou véranda qui ne pourra être édifié que dans un espace d'une largeur de 15 pieds de bise en vent, contigu au parallélogramme du côté bise, et qui ne pourra excéder une hauteur de 25 pieds". En ce qui concerne le no 142, il est stipulé que "ce parallélogramme est asservi à ne pouvoir y faire aucune construction et cette partie ne pourra être utilisée que comme jardin et les arbres ou arbustes qui y seront plantés devront être taillés de manière à ne pas masquer la vue des fenêtres du premier étage des maisons environnantes. Dans tous les cas et aussi longtemps que la maison actuelle existera, il est réservé en faveur du citoyen Gogler un droit de passage d'au moins cinq pieds entre la maison du pré actuellement existante et la clôture du jardin que pourrait élever le citoyen Hauert pour fermer son terrain. Le citoyen Hauert ne pourra donc clore son terrain de ce côté sur l'exacte limite que lorsque la maison actuelle du citoyen Gogler n'existera plus". Le no 142 est de plus grevé en faveur de Gogler d'un droit de prendre l'eau à la citerne et d'un droit de passage pour arriver à celle-ci. La construction qui est appelée dans les actes "maison actuelle de Gogler" a été démolie et remplacée par d'autres bâtiments, notamment par celui de L'Héritier et par celui qui forme l'article 7949, qu'Haefeli & Cie a également acheté en son temps.
Haefeli & Cie a acquis l'article 678 dans l'intention d'y ériger, pour son entreprise commerciale, une construction entre les deux bâtiments des articles 678 et 7949, en particulier sur les parcelles nos 141 et 142. Avant d'acheter, elle a consulté le registre foncier pour voir si l'on pouvait bâtir sur ces terrains. Le conservateur lui a confirmé qu'il n'existait aucune interdiction ni limitation de construire sur l'article 678. Elle a en outre chargé le notaire Nardin de se renseigner sur cette question et a reçu la même réponse. Cela étant, elle a acheté l'immeuble pour 260.000 fr. Dès qu'il eut connaissance des projets d'Haefeli & Cie, L'Héritier a ouvert action contre elle en prenant les conclusions suivantes:
"Plaise du Tribunal cantonal:
1. Prononcer que le numéro 141 de l'article 678 est grevé au profit de l'article 7948 d'une restriction du droit de construire, savoir qu'il ne peut y être élevé aucune construction quelconque si ce n'est toutefois un péristyle ou véranda qui ne peut excéder quinze pieds de largeur et vingt-cinq pieds de hauteur.
2. Prononcer que le numéro 142 de l'article 678 est grevé au profit de l'article 7948 d'une interdiction de bâtir et qu'il ne peut être utilisé que comme jardin et que les arbres et arbustes qui y seront plantés devront être taillés de manière à ne pas masquer la vue des fenêtres du premier étage des maisons environnantes.
3. Prononcer que ces servitudes sont opposables à Haefeli & Co.
4. . Ordonner l'inscription de ces servitudes au registre foncier à la suite de la désignation des articles 678, fonds servant, et 7948, fonds dominant, du cadastre de La Chaux-de-Fonds."
Haefeli & Cie a conclu à libération et reconventionnellement à ce qu'il fût prononcé que les servitudes litigieuses ne lui sont pas opposables.
Par jugement du 4 février 1957, le Tribunal cantonal de Neuchâtel a débouté le demandeur et accueilli les conclusions reconventionnelles de Haefeli & Cie.
B.- Contre ce jugement L'Héritier a recouru en réforme au Tribunal fédéral en reprenant ses conclusions.
Erwägungen
Considérant en droit:
Aux termes de l'art. 21 Tit.fin.CC, "les servitudes foncières établies avant l'entrée en vigueur du code civil subsistent sans inscription après l'introduction du registre foncier, mais ne peuvent être opposées aux tiers de bonne foi qu'à partir du moment où elles ont été inscrites".
La seule question à trancher en l'espèce est celle de savoir si, lorsque l'intimée a acquis l'immeuble formant l'article 678 du cadastre de La Chaux-de-Fonds et comprenant les nos 140 à 144 du plan, elle pouvait et devait se rendre compte, de bonne foi, qu'une servitude de nonbâtir existait sur les nos 141 et 142. Selon l'art. 971 CC, tout droit dont la constitution est légalement subordonnée à une inscription au registre foncier n'existe comme droit réel que si cette inscription a eu lieu; l'étendue d'un droit peut être précisée, dans les limites de l'inscription, par les pièces justificatives ou de tout autre manière. En matière de servitudes, l'art. 738 CC dispose en outre que l'inscription fait règle, en tant qu'elle désigne clairement les droits et les obligations dérivant de la servitude; l'étendue de celle-ci peut être précisée, dans les limites de l'inscription, soit par son origine, soit par la manière dont la servitude a été exercée pendant longtemps, paisiblement et de bonne foi. Selon l'arrêt RO 56 II 87/88, une inscription n'a pas besoin de préciser tous les détails du droit ou de la charge; elle doit cependant indiquer au moyen d'un mot caractéristique le genre de droit ou de charge dont il s'agit et, de plus, en cas de servitudes, les numéros du fonds servant et du fonds dominant; ce n'est que pour les particularités du rapport de droit ainsi désigné que l'on peut, dans les limites de l'inscription, renvoyer aux pièces justificatives ou au procès-verbal des actes, pour décharger le feuillet du grand livre. De cette jurisprudence, à laquelle souscrit la doctrine (LEEMANN, note 3 ss. à l'art. 738; LIVER, note 68 à l'art. 731; HOMBERGER notes 20-22 à l'art. 971), il résulte que c'est l'inscription qui est déterminante et que le renvoi aux pièces justificatives n'est admissible que dans les limites de l'inscription.
En l'espèce, l'inscription au registre foncier ne permet nullement de déceler une interdiction de bâtir. Il n'y est en effet question que d'un droit de passage et de l'établissement d'une cour. Le recourant fait valoir que les mots "établissement d'une cour" équivalent à une défense de construire sur un emplacement donné. Cette opinion n'est pas fondée. Pour que la servitude de non-bâtir fût opposable à l'intimée, il aurait fallu que l'inscription au registre foncier révélât une telle servitude. Or ce n'est pas le cas. Le recourant prétend par ailleurs que la bonne foi de l'intimée ne peut être admise parce que le notaire qu'elle avait chargé de recueillir des renseignements n'a pas fait preuve du degré d'attention nécessaire en consultant le registre foncier. On ne saurait partager cette manière de voir; en l'absence d'une indication quelconque au registre foncier au sujet de l'interdiction de construire litigieuse, le notaire n'avait aucun motif de se reporter aux actes passés en 1869. Il suit de là que c'est à juste titre que le Tribunal cantonal a débouté le recourant.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce:
Le recours est rejeté et le jugement attaqué est confirmé.
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fr
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Grunddienstbarkeit. Verweisung auf die Belege. Der Eintrag braucht nicht alle Einzelheiten der Dienstbarkeit anzuführen, soll aber doch mit einem Stichwort die Art des Rechtes oder der Last und die Nummern des belasteten und des berechtigten Grundstücks angeben. Nur für den besondern Inhalt des so bezeichneten Rechtsverhältnisses darf man, im Rahmen des Eintrages, auf die Belege (den Erwerbsgrund) verweisen. Art. 738, 942 Abs. 2, 948 Abs. 2 ZGB.
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A.- Julien L'Héritier est propriétaire de l'immeuble formant l'article 7948 du cadastre de La Chaux-de-Fonds. Cet article provient de la division de l'ancien article 5137 qui appartenait autrefois à Charles Gogler. Par acte du 30 août 1955, Haefeli & Cie a acheté l'immeuble qu'André Berthoud possédait à La Chaux-de-Fonds depuis le 16 janvier 1953 et qui constitue l'article 678 du cadastre. Celui-ci comprend plusieurs parcelles, soit les numéros suivants du plan: 140 (bâtiment avec logements), 141 (véranda), 142 (jardin), 143 (cour) et 144 (trottoir). Haefeli & Cie a acquis l'immeuble "dans son état actuel, avec tous droits, charges et servitudes actives ou passives qui en dépendent, tel que le tout résulte du cadastre et des actes". Le registre foncier contient notamment l'inscription suivante au feuillet de cet immeuble: "Acte du 21 mai 1869 reçu Charles-Ulysse Sandoz, notaire, et celui du 17 juin 1878 reçu Auguste Jaquet, notaire, stipulant des droits de passage, droit à la citerne, établissement d'une cour, concernant cet immeuble et l'art. 587 plan folio 16 nos 145 à 149". Suivant l'acte du 21 mai 1869, Hauert a constitué à perpétuité certaines servitudes sur l'article 678 qui était sa propriété; celles qui se rapportent aux nos 141 et 142 sont seules litigieuses en l'espèce. La servitude grevant le no 141 est ainsi libellée: "Il ne pourra être élevé aucune construction quelconque sur le terrain compris entre le parallélogramme du côté vent, si ce n'est toutefois un péristyle ou véranda qui ne pourra être édifié que dans un espace d'une largeur de 15 pieds de bise en vent, contigu au parallélogramme du côté bise, et qui ne pourra excéder une hauteur de 25 pieds". En ce qui concerne le no 142, il est stipulé que "ce parallélogramme est asservi à ne pouvoir y faire aucune construction et cette partie ne pourra être utilisée que comme jardin et les arbres ou arbustes qui y seront plantés devront être taillés de manière à ne pas masquer la vue des fenêtres du premier étage des maisons environnantes. Dans tous les cas et aussi longtemps que la maison actuelle existera, il est réservé en faveur du citoyen Gogler un droit de passage d'au moins cinq pieds entre la maison du pré actuellement existante et la clôture du jardin que pourrait élever le citoyen Hauert pour fermer son terrain. Le citoyen Hauert ne pourra donc clore son terrain de ce côté sur l'exacte limite que lorsque la maison actuelle du citoyen Gogler n'existera plus". Le no 142 est de plus grevé en faveur de Gogler d'un droit de prendre l'eau à la citerne et d'un droit de passage pour arriver à celle-ci. La construction qui est appelée dans les actes "maison actuelle de Gogler" a été démolie et remplacée par d'autres bâtiments, notamment par celui de L'Héritier et par celui qui forme l'article 7949, qu'Haefeli & Cie a également acheté en son temps.
Haefeli & Cie a acquis l'article 678 dans l'intention d'y ériger, pour son entreprise commerciale, une construction entre les deux bâtiments des articles 678 et 7949, en particulier sur les parcelles nos 141 et 142. Avant d'acheter, elle a consulté le registre foncier pour voir si l'on pouvait bâtir sur ces terrains. Le conservateur lui a confirmé qu'il n'existait aucune interdiction ni limitation de construire sur l'article 678. Elle a en outre chargé le notaire Nardin de se renseigner sur cette question et a reçu la même réponse. Cela étant, elle a acheté l'immeuble pour 260.000 fr. Dès qu'il eut connaissance des projets d'Haefeli & Cie, L'Héritier a ouvert action contre elle en prenant les conclusions suivantes:
"Plaise du Tribunal cantonal:
1. Prononcer que le numéro 141 de l'article 678 est grevé au profit de l'article 7948 d'une restriction du droit de construire, savoir qu'il ne peut y être élevé aucune construction quelconque si ce n'est toutefois un péristyle ou véranda qui ne peut excéder quinze pieds de largeur et vingt-cinq pieds de hauteur.
2. Prononcer que le numéro 142 de l'article 678 est grevé au profit de l'article 7948 d'une interdiction de bâtir et qu'il ne peut être utilisé que comme jardin et que les arbres et arbustes qui y seront plantés devront être taillés de manière à ne pas masquer la vue des fenêtres du premier étage des maisons environnantes.
3. Prononcer que ces servitudes sont opposables à Haefeli & Co.
4. . Ordonner l'inscription de ces servitudes au registre foncier à la suite de la désignation des articles 678, fonds servant, et 7948, fonds dominant, du cadastre de La Chaux-de-Fonds."
Haefeli & Cie a conclu à libération et reconventionnellement à ce qu'il fût prononcé que les servitudes litigieuses ne lui sont pas opposables.
Par jugement du 4 février 1957, le Tribunal cantonal de Neuchâtel a débouté le demandeur et accueilli les conclusions reconventionnelles de Haefeli & Cie.
B.- Contre ce jugement L'Héritier a recouru en réforme au Tribunal fédéral en reprenant ses conclusions.
Erwägungen
Considérant en droit:
Aux termes de l'art. 21 Tit.fin.CC, "les servitudes foncières établies avant l'entrée en vigueur du code civil subsistent sans inscription après l'introduction du registre foncier, mais ne peuvent être opposées aux tiers de bonne foi qu'à partir du moment où elles ont été inscrites".
La seule question à trancher en l'espèce est celle de savoir si, lorsque l'intimée a acquis l'immeuble formant l'article 678 du cadastre de La Chaux-de-Fonds et comprenant les nos 140 à 144 du plan, elle pouvait et devait se rendre compte, de bonne foi, qu'une servitude de nonbâtir existait sur les nos 141 et 142. Selon l'art. 971 CC, tout droit dont la constitution est légalement subordonnée à une inscription au registre foncier n'existe comme droit réel que si cette inscription a eu lieu; l'étendue d'un droit peut être précisée, dans les limites de l'inscription, par les pièces justificatives ou de tout autre manière. En matière de servitudes, l'art. 738 CC dispose en outre que l'inscription fait règle, en tant qu'elle désigne clairement les droits et les obligations dérivant de la servitude; l'étendue de celle-ci peut être précisée, dans les limites de l'inscription, soit par son origine, soit par la manière dont la servitude a été exercée pendant longtemps, paisiblement et de bonne foi. Selon l'arrêt RO 56 II 87/88, une inscription n'a pas besoin de préciser tous les détails du droit ou de la charge; elle doit cependant indiquer au moyen d'un mot caractéristique le genre de droit ou de charge dont il s'agit et, de plus, en cas de servitudes, les numéros du fonds servant et du fonds dominant; ce n'est que pour les particularités du rapport de droit ainsi désigné que l'on peut, dans les limites de l'inscription, renvoyer aux pièces justificatives ou au procès-verbal des actes, pour décharger le feuillet du grand livre. De cette jurisprudence, à laquelle souscrit la doctrine (LEEMANN, note 3 ss. à l'art. 738; LIVER, note 68 à l'art. 731; HOMBERGER notes 20-22 à l'art. 971), il résulte que c'est l'inscription qui est déterminante et que le renvoi aux pièces justificatives n'est admissible que dans les limites de l'inscription.
En l'espèce, l'inscription au registre foncier ne permet nullement de déceler une interdiction de bâtir. Il n'y est en effet question que d'un droit de passage et de l'établissement d'une cour. Le recourant fait valoir que les mots "établissement d'une cour" équivalent à une défense de construire sur un emplacement donné. Cette opinion n'est pas fondée. Pour que la servitude de non-bâtir fût opposable à l'intimée, il aurait fallu que l'inscription au registre foncier révélât une telle servitude. Or ce n'est pas le cas. Le recourant prétend par ailleurs que la bonne foi de l'intimée ne peut être admise parce que le notaire qu'elle avait chargé de recueillir des renseignements n'a pas fait preuve du degré d'attention nécessaire en consultant le registre foncier. On ne saurait partager cette manière de voir; en l'absence d'une indication quelconque au registre foncier au sujet de l'interdiction de construire litigieuse, le notaire n'avait aucun motif de se reporter aux actes passés en 1869. Il suit de là que c'est à juste titre que le Tribunal cantonal a débouté le recourant.
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Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce:
Le recours est rejeté et le jugement attaqué est confirmé.
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Servitude. Renvoi aux pièces justificatives. L'inscription n'a pas besoin de préciser tous les détails de la servitude. Elle doit cependant indiquer au moyen d'un mot caractéristique le genre de droit ou de charge et les numéros du fonds servant et du fonds dominant. Ce n'est que pour les particularités du rapport de droit ainsi désigné que l'on peut, dans les limites de l'inscription. renvoyer aux pièces justificatives. Art. 738, 942 al. 2 et 948 al. 2 CC.
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A.- Julien L'Héritier est propriétaire de l'immeuble formant l'article 7948 du cadastre de La Chaux-de-Fonds. Cet article provient de la division de l'ancien article 5137 qui appartenait autrefois à Charles Gogler. Par acte du 30 août 1955, Haefeli & Cie a acheté l'immeuble qu'André Berthoud possédait à La Chaux-de-Fonds depuis le 16 janvier 1953 et qui constitue l'article 678 du cadastre. Celui-ci comprend plusieurs parcelles, soit les numéros suivants du plan: 140 (bâtiment avec logements), 141 (véranda), 142 (jardin), 143 (cour) et 144 (trottoir). Haefeli & Cie a acquis l'immeuble "dans son état actuel, avec tous droits, charges et servitudes actives ou passives qui en dépendent, tel que le tout résulte du cadastre et des actes". Le registre foncier contient notamment l'inscription suivante au feuillet de cet immeuble: "Acte du 21 mai 1869 reçu Charles-Ulysse Sandoz, notaire, et celui du 17 juin 1878 reçu Auguste Jaquet, notaire, stipulant des droits de passage, droit à la citerne, établissement d'une cour, concernant cet immeuble et l'art. 587 plan folio 16 nos 145 à 149". Suivant l'acte du 21 mai 1869, Hauert a constitué à perpétuité certaines servitudes sur l'article 678 qui était sa propriété; celles qui se rapportent aux nos 141 et 142 sont seules litigieuses en l'espèce. La servitude grevant le no 141 est ainsi libellée: "Il ne pourra être élevé aucune construction quelconque sur le terrain compris entre le parallélogramme du côté vent, si ce n'est toutefois un péristyle ou véranda qui ne pourra être édifié que dans un espace d'une largeur de 15 pieds de bise en vent, contigu au parallélogramme du côté bise, et qui ne pourra excéder une hauteur de 25 pieds". En ce qui concerne le no 142, il est stipulé que "ce parallélogramme est asservi à ne pouvoir y faire aucune construction et cette partie ne pourra être utilisée que comme jardin et les arbres ou arbustes qui y seront plantés devront être taillés de manière à ne pas masquer la vue des fenêtres du premier étage des maisons environnantes. Dans tous les cas et aussi longtemps que la maison actuelle existera, il est réservé en faveur du citoyen Gogler un droit de passage d'au moins cinq pieds entre la maison du pré actuellement existante et la clôture du jardin que pourrait élever le citoyen Hauert pour fermer son terrain. Le citoyen Hauert ne pourra donc clore son terrain de ce côté sur l'exacte limite que lorsque la maison actuelle du citoyen Gogler n'existera plus". Le no 142 est de plus grevé en faveur de Gogler d'un droit de prendre l'eau à la citerne et d'un droit de passage pour arriver à celle-ci. La construction qui est appelée dans les actes "maison actuelle de Gogler" a été démolie et remplacée par d'autres bâtiments, notamment par celui de L'Héritier et par celui qui forme l'article 7949, qu'Haefeli & Cie a également acheté en son temps.
Haefeli & Cie a acquis l'article 678 dans l'intention d'y ériger, pour son entreprise commerciale, une construction entre les deux bâtiments des articles 678 et 7949, en particulier sur les parcelles nos 141 et 142. Avant d'acheter, elle a consulté le registre foncier pour voir si l'on pouvait bâtir sur ces terrains. Le conservateur lui a confirmé qu'il n'existait aucune interdiction ni limitation de construire sur l'article 678. Elle a en outre chargé le notaire Nardin de se renseigner sur cette question et a reçu la même réponse. Cela étant, elle a acheté l'immeuble pour 260.000 fr. Dès qu'il eut connaissance des projets d'Haefeli & Cie, L'Héritier a ouvert action contre elle en prenant les conclusions suivantes:
"Plaise du Tribunal cantonal:
1. Prononcer que le numéro 141 de l'article 678 est grevé au profit de l'article 7948 d'une restriction du droit de construire, savoir qu'il ne peut y être élevé aucune construction quelconque si ce n'est toutefois un péristyle ou véranda qui ne peut excéder quinze pieds de largeur et vingt-cinq pieds de hauteur.
2. Prononcer que le numéro 142 de l'article 678 est grevé au profit de l'article 7948 d'une interdiction de bâtir et qu'il ne peut être utilisé que comme jardin et que les arbres et arbustes qui y seront plantés devront être taillés de manière à ne pas masquer la vue des fenêtres du premier étage des maisons environnantes.
3. Prononcer que ces servitudes sont opposables à Haefeli & Co.
4. . Ordonner l'inscription de ces servitudes au registre foncier à la suite de la désignation des articles 678, fonds servant, et 7948, fonds dominant, du cadastre de La Chaux-de-Fonds."
Haefeli & Cie a conclu à libération et reconventionnellement à ce qu'il fût prononcé que les servitudes litigieuses ne lui sont pas opposables.
Par jugement du 4 février 1957, le Tribunal cantonal de Neuchâtel a débouté le demandeur et accueilli les conclusions reconventionnelles de Haefeli & Cie.
B.- Contre ce jugement L'Héritier a recouru en réforme au Tribunal fédéral en reprenant ses conclusions.
Erwägungen
Considérant en droit:
Aux termes de l'art. 21 Tit.fin.CC, "les servitudes foncières établies avant l'entrée en vigueur du code civil subsistent sans inscription après l'introduction du registre foncier, mais ne peuvent être opposées aux tiers de bonne foi qu'à partir du moment où elles ont été inscrites".
La seule question à trancher en l'espèce est celle de savoir si, lorsque l'intimée a acquis l'immeuble formant l'article 678 du cadastre de La Chaux-de-Fonds et comprenant les nos 140 à 144 du plan, elle pouvait et devait se rendre compte, de bonne foi, qu'une servitude de nonbâtir existait sur les nos 141 et 142. Selon l'art. 971 CC, tout droit dont la constitution est légalement subordonnée à une inscription au registre foncier n'existe comme droit réel que si cette inscription a eu lieu; l'étendue d'un droit peut être précisée, dans les limites de l'inscription, par les pièces justificatives ou de tout autre manière. En matière de servitudes, l'art. 738 CC dispose en outre que l'inscription fait règle, en tant qu'elle désigne clairement les droits et les obligations dérivant de la servitude; l'étendue de celle-ci peut être précisée, dans les limites de l'inscription, soit par son origine, soit par la manière dont la servitude a été exercée pendant longtemps, paisiblement et de bonne foi. Selon l'arrêt RO 56 II 87/88, une inscription n'a pas besoin de préciser tous les détails du droit ou de la charge; elle doit cependant indiquer au moyen d'un mot caractéristique le genre de droit ou de charge dont il s'agit et, de plus, en cas de servitudes, les numéros du fonds servant et du fonds dominant; ce n'est que pour les particularités du rapport de droit ainsi désigné que l'on peut, dans les limites de l'inscription, renvoyer aux pièces justificatives ou au procès-verbal des actes, pour décharger le feuillet du grand livre. De cette jurisprudence, à laquelle souscrit la doctrine (LEEMANN, note 3 ss. à l'art. 738; LIVER, note 68 à l'art. 731; HOMBERGER notes 20-22 à l'art. 971), il résulte que c'est l'inscription qui est déterminante et que le renvoi aux pièces justificatives n'est admissible que dans les limites de l'inscription.
En l'espèce, l'inscription au registre foncier ne permet nullement de déceler une interdiction de bâtir. Il n'y est en effet question que d'un droit de passage et de l'établissement d'une cour. Le recourant fait valoir que les mots "établissement d'une cour" équivalent à une défense de construire sur un emplacement donné. Cette opinion n'est pas fondée. Pour que la servitude de non-bâtir fût opposable à l'intimée, il aurait fallu que l'inscription au registre foncier révélât une telle servitude. Or ce n'est pas le cas. Le recourant prétend par ailleurs que la bonne foi de l'intimée ne peut être admise parce que le notaire qu'elle avait chargé de recueillir des renseignements n'a pas fait preuve du degré d'attention nécessaire en consultant le registre foncier. On ne saurait partager cette manière de voir; en l'absence d'une indication quelconque au registre foncier au sujet de l'interdiction de construire litigieuse, le notaire n'avait aucun motif de se reporter aux actes passés en 1869. Il suit de là que c'est à juste titre que le Tribunal cantonal a débouté le recourant.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce:
Le recours est rejeté et le jugement attaqué est confirmé.
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fr
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Servitù. Rinvio ai documenti giustificativi. L'iscrizione non deve necessariamente precisare tutti i particolari della servitù. Essa deve tuttavia indicare, con una parola distintiva, il genere del diritto o dell'onere e i numeri del fondo serviente e dominante. Solo per le particolarità del rapporto di diritto così designato è possibile rinviare, nei limiti dell'iscrizione, ai documenti giustificativi. Art. 738, 942 cp. 2 e 948 cp. 2 CC.
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civil law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-II-122%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 II 126
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83 II 126
Sachverhalt ab Seite 127
A.- Dans la soirée du 3 novembre 1947, alors que François Blandin et sa femme étaient absents, un coffre métallique a été volé dans leur appartement à Genève. Il contenait des certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire du canton de Genève, d'une valeur totale de 115 525 fr., appartenant à Joseph Blandin pour une somme de 79 275 fr. et à son fils François Blandin pour un montant de 36 250 fr.
Les certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire du canton de Genève, laquelle a le caractère d'une banque cantonale selon la loi fédérale sur les banques et fait partie tant de l'Union des banques cantonales suisses que de l'Association suisse des banquiers, sont des obligations au porteur; ce sont des titres de premier ordre qui rentrent dans la catégorie des valeurs pupillaires et qui peuvent être assimilés aux obligations de caisse des grandes banques suisses; ils sont cotés en bourse et facilement négociables.
Le 4 novembre 1947, François Blandin a déposé, auprès du chef de la police de Genève, une plainte pénale contre inconnu pour vol, sans préciser cependant le nombre des titres dérobés ni indiquer leurs numéros. Le même jour, il a signalé la disparition des valeurs à la Caisse hypothécaire de Genève. Une procédure pénale dirigée contre Louis Pittet, frère de dame François Blandin, qui était soupçonné d'être l'auteur du vol, a abouti à son acquittement par la Cour d'assises de Genève, le 8 mai 1952.
Le 14 novembre 1947, François Blandin a demandé à la Caisse hypothécaire de Genève d'établir un état des certificats de dépôt souscrits par lui-même et son père en vue d'une procédure d'annulation judiciaire et l'a priée de ne donner aucune publicité à l'affaire, les titres n'ayant pas été déclarés au fisc. La Caisse hypothécaire lui a proposé de se charger d'introduire la procédure d'annulation, mais il a décliné cette offre, disant vouloir s'en occuper personnellement. Par la suite, elle a réitéré à de nombreuses reprises sa proposition et, les lésés l'ayant rejetée, elle a conseillé plusieurs fois à François Blandin d'entreprendre les démarches nécessaires pour faire annuler les titres volés; celui-ci lui a cependant déclaré qu'il entendait différer l'ouverture de la procédure judiciaire d'annulation, parce qu'il n'excluait pas la possibilité d'un arrangement avec Louis Pittet et qu'il désirait ne pas éveiller l'attention des autorités fiscales. La Caisse hypothécaire s'en est tenue aux instructions qu'elle avait reçues et a remis, le 22 janvier 1948, à François Blandin les listes de titres demandées. Les lésés n'ont toutefois pas communiqué au juge d'instruction l'état détaillé des valeurs qui leur avaient été volées.
Le 30 avril 1948, un homme d'âge moyen, présentant bien et ayant toutes les apparences d'un homme d'affaires sérieux, est venu à la Banque cantonale vaudoise, à Lausanne, vers 16 h. 30, peu avant la fermeture des guichets. Il a déclaré qu'il se nommait Antoine Hegertswyler et a demandé à voir la direction en vue de l'ouverture d'un compte de crédit. Il a été conduit auprès du sous-directeur Gustave Monnard, auquel il a indiqué qu'il s'appelait Antoine Hegertswyler et qu'il était domicilié à Genève, rue Marignac 1; il lui a exposé qu'il avait besoin immédiatement de 100 000 fr., a sollicité un prêt de ce montant en présentant comme garantie le nantissement de certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire du canton de Genève d'une valeur totale de 115 000 fr. environ, dont il était porteur, et a déposé les titres offerts en gage sur le bureau de Monnard. Répondant à une question de celui-ci, il lui a expliqué que ces 100 000 fr. étaient destinés à l'achat d'un tea-room et que l'opération devait être conclue le jour même; il a cependant refusé d'indiquer de quel établissement il s'agissait, faisant valoir qu'une indiscrétion pourrait faire échouer le marché. Monnard, qui ne connaissait pas son interlocuteur, ne lui a pas demandé de justifier son identité; après s'être entretenu avec lui pendant dix minutes environ, il l'a informé, en présence du chef du service des prêts, Francis Yaux mandé dans son bureau par téléphone, que le crédit sollicité serait ouvert et les formalités nécessaires, immédiatement accomplies. Chargé par Monnard de s'occuper de cette affaire, Yaux a soumis les formules imprimées du contrat d'ouverture de crédit et de l'acte de nantissement à Antoine Hegertswyler, qui les a signées en sa présence. Bien que la première lettre fût un "A", la signature, qui était illisible, ne permettait pas de déterminer le nom de son auteur. Yaux a ensuite conduit Hegertswyler auprès d'Alfred Landry, qui était attaché au service des titres. Avant d'établir les reçus énumérant les valeurs au porteur remises en gage, les employés du service des titres, en particulier Landry, se sont assurés qu'elles ne figuraient pas sur les listes de contrôle dont disposent les banques. Landry a notamment vérifié si elles étaient mentionnées sur la liste des titres frappés d'opposition; constatant que ce n'était pas le cas, il a dressé des reçus détaillés des titres nantis. Ces opérations terminées, Hegertswyler a touché la somme de 100 000 fr. Il a donné l'ordre à la banque de pourvoir au remboursement des certificats de dépôt engagés, au für et à mesure de leur échéance, et de porter les montants encaissés en diminution de son compte, puis il a quitté l'établissement entre 17 h. et 17 h. 15, soit environ trois quarts d'heure après son arrivée. A l'époque où ces faits se sont passés, aucune personne portant le nom d'Antoine Hegertswyler n'était inscrite au contrôle des habitants du canton de Genève.
Les avis adressés par l'Association suisse des banquiers à ses membres, les communications que les banques se font directement et celles auxquelles procèdent les sociétés, les listes d'opposition établies par le Contrôle fédéral des finances et leurs compléments, les publications relatives aux titres disparus figurant dans la Feuille officielle suisse du commerce ne contenaient, jusqu'au 30 avril 1948, aucune mention de la disparition ou du vol des certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire du canton de Genève offerts en gage à la Banque cantonale vaudoise, aucune sommation de les produire en justice, aucun avis d'annulation ni aucune opposition.
Ce n'est que le 7 juin 1948 que Joseph et François Blandin ont introduit la procédure tendante à l'annulation des titres qui leur avaient été volés le 3 novembre 1947. La première sommation du président du Tribunal de première instance de Genève ordonnant leur production a paru dans la Feuille officielle suisse du commerce le 14 juin 1948. A la suite des publications faites par le juge, la Banque cantonale vaudoise a déposé au greffe du Tribunal de première instance de Genève tous les titres visés par la demande d'annulation, dont la valeur en capital s'élevait à 103 075 fr. Elle a en outre informé la police de sûreté de Genève, par lettre du 6 octobre 1948, qu'elle détenait encore trois certificats de dépôt qui n'étaient pas compris dans la procédure d'annulation, savoir les numéros 89 534, 89 995 et 719 115, d'un montant total de 12 450 fr.
Dans le délai qui leur avait été fixé, Joseph et François Blandin ont introduit action contre la Banque cantonale vaudoise devant la Cour civile du Tribunal du canton de Vaud, par acte déposé le 10 septembre 1952, et conclu à ce qu'il fût prononcé avec dépens que:
I. Joseph Blandin est propriétaire de 35 certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire de Genève, pour une valeur totale de 79 275 fr., dont la liste détaillée mentionnant les numéros des titres figure dans la demande;
II. François Blandin est propriétaire de 15 certificats de dépôt du même établissement, pour un montant de 36 250 fr., également énumérés dans la demande;
III. La défenderesse n'a acquis aucun droit de gage sur les titres appartenant aux demandeurs;
IV. La défenderesse est tenue de délivrer immédiatement à Joseph Blandin tous les certificats énumérés dans le premier chef de conclusions ou, le cas échéant, tous les titres créées en renouvellement de ces valeurs, avec les coupons;
V. La défenderesse est tenue de délivrer à François Blandin tous les certificats énumérés dans le deuxième chef de conclusions ou, le cas échéant, tous les titres créées en renouvellement de ces valeurs, avec les coupons;
VI. A défaut de restitution en nature des titres réclamés, la défenderesse doit payer à Joseph Blandin 79 275 fr., ainsi que les intérêts courus ou restant à courir, à compter des derniers coupons encaissés par le demandeur, le tout avec intérêt moratoire à 5% dès le 20 juin 1952;
VII. A défaut de restitution en nature des titres réclamés, la défenderesse doit payer à François Blandin 36 250 fr., ainsi que les intérêts courus ou restant à courir, à compter des derniers coupons encaissés par le demandeur, le tout avec intérêt moratoire à 5% dès le 20 juin 1952.
La Banque cantonale vaudoise a conclu à libération avec dépens.
Par jugement du 18 septembre 1956, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a prononcé ce qui suit:
"I. Les conclusions I et II des demandeurs sont admises partiellement en ce sens que:
A. Joseph Blandin est propriétaire des titres désignés ci-après:... (suit la liste des 35 certificats de dépôt dont il est reconnu propriétaire).
B. François Blandin est propriétaire des titres désignés ci-après:... (suit la liste des 15 certificats de dépôt dont il est reconnu propriétaire).
II. Est réservé en faveur de la Banque cantonale vaudoise le droit de gage sur ces titres résultant du nantissement du 30 avril 1948.
III. Les conclusions III à VII des demandeurs sont rejetées, les conclusions libératoires de la défenderesse étant admises dans cette mesure.
IV. Les frais et dépens sont mis à la charge des demandeurs."
B.- Contre ce jugement, les demandeurs ont recouru en réforme au Tribunal fédéral. Ils concluent à la confirmation de la décision entreprise en tant qu'elle accueille partiellement leurs chefs de conclusions I et II et demandent que, pour le reste, elle soit réformée dans le sens de l'admission de leurs chefs de conclusions III à VII.
La Banque cantonale vaudoise conclut au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
1. La Cour cantonale a admis le droit de propriété des demandeurs sur les titres donnés en nantissement à la Banque cantonale vaudoise le 30 avril 1948 et son jugement n'est pas attaqué sur ce point. La seule question litigieuse est dès lors celle de savoir si la défenderesse a acquis un droit de gage valable sur les titres qui lui ont été remis, et sa solution dépend de la bonne ou de la mauvaise foi de la banque au moment où elle a reçu les valeurs: en effet, selon l'art. 884 al. 2 CC qui est applicable à l'engagement des titres au porteur (art. 899 al. 2 et 901 CC), celui qui, de bonne foi, reçoit une chose en nantissement y acquiert un droit de gage même si l'auteur du nantissement n'avait pas qualité d'en disposer; l'art. 935 CC protège également l'acquéreur de bonne foi de titres au porteur et le met à l'abri d'une revendication, même si le possesseur en a été dessaisi contre sa volonté. En vertu de l'art. 3 CC, la bonne foi est présumée lorsque la loi en fait dépendre la naissance ou les effets d'un droit (al. 1); toutefois, nul ne peut invoquer sa bonne foi, si elle est incompatible avec l'attention que les circonstances permettaient d'exiger de lui (al. 2). Il n'est pas allégué en l'espèce que le sous-directeur et les employés de la défenderesse auraient su que celui qui s'est donné pour Antoine Hegertswyler n'avait pas qualité pour disposer des titres mis en gage, de sorte que tout le débat porte sur le point de savoir s'ils pouvaient s'en rendre compte en usant de l'attention commandée par les circonstances.
Il est de jurisprudence constante (RO 25 II 846, 35 II 587, 36 II 358, 38 II 190/191, 70 II 106-109, 72 II 251/252) que, s'agissant de déterminer quel est le degré d'attention exigé par les circonstances, on ne peut admettre que, d'une façon générale, le banquier qui achète ou reçoit en nantissement des titres au porteur ait l'obligation de s'enquérir au préalable de leur provenance ou de vérifier si son cocontractant a le droit d'en disposer; à moins de circonstances spéciales de nature à éveiller sa méfiance, il est fondé à considérer que le porteur du titre a le droit d'en disposer, la simple possession du titre créant une présomption dans ce sens, sur laquelle il peut s'appuyer.
Appliquant ces principes, l'autorité cantonale a estimé avec raison que, au vu des faits de la cause, la bonne foi de la Banque cantonale vaudoise devait être admise. Les motifs de sa décision sont pertinents et la Cour de céans ne peut que s'y rallier.
2. Dans leur recours en réforme, les demandeurs reprochent à l'autorité cantonale d'avoir tenu compte des avis des experts concernant les opérations d'ouverture de crédit et d'engagement de titres au porteur auprès des banques, et prétendent que dans l'appréciation du degré d'attention commandé par les circonstances "aucun usage ne saurait prévaloir contre la loi". Ce moyen n'est pas fondé. Certes, il appartient au juge de déterminer le degré d'attention requis pour que la bonne foi d'une partie puisse être admise, et un usage commercial notoirement abusif ne saurait l'empêcher d'établir des exigences plus strictes que celles qui correspondraient à la pratique en vigueur dans les milieux d'affaires. En l'espèce, la Cour cantonale ne s'en est cependant nullement remise aux usages bancaires pour apprécier le comportement du personnel de l'intimée. Elle a, en revanche, avec raison fait état de l'avis des experts pour démontrer que les prétendus usages des banques invoqués par les demandeurs pour tenter d'établir que la défenderesse n'avait pas usé de la diligence imposée par les circonstances n'existaient pas. Selon le rapport de l'expert Hegetschweiler commis à la requête des recourants, il n'y a pas, contrairement à ce qu'ils alléguaient, "d'usage bancaire selon lequel un crédit ne peut pas être ouvert à un inconnu, même lorsque ledit crédit est entièrement garanti par des titres de premier ordre, sans que la banque ait pris au préalable des informations sur le débiteur et se soit assurée, en particulier, de son identité et de son adresse exacte ..." et "il n'y a rien d'extraordinaire à ce qu'une banque traite avec des inconnus". Le second expert Graf, désigné également à la demande des recourants, partage cette opinion; il estime que "l'ouverture d'un crédit à un inconnu dépend en premier lieu des garanties offertes" et déclare que, "lorsque ces dernières consistent en titres au porteur de premier ordre, l'avance peut être faite sans formalités autres que la signature des actes nécessaires, pour autant que lesdits titres ne figurent pas sur les listes des valeurs frappées d'opposition", l'opportunité de mesures de précaution supplémentaires étant une affaire d'appréciation; à ce sujet "il n'existe ... aucun usage établi, ni aucune ligne de conduite admise de façon générale, ni aucun règlement". Contrairement aux allégations des demandeurs qui, dans la procédure cantonale, ont reproché à la défenderesse de ne pas avoir observé les usages bancaires, il résulte de ces avis que le comportement de son personnel a été en tout cas conforme à la pratique des banques et n'avait rien d'insolite.
3. Les recourants citent les art. 328, 364, 398 et 420 CO qui définissent la diligence requise de l'employé, de l'entrepreneur, du mandataire et du gérant d'affaires dans l'exécution de leurs obligations contractuelles, et en déduisent que "la loi exige ... que tout acte générateur d'effets soit accompli avec un minimum d'attention et de précautions". Ces références à des dispositions qui régissent les droits et les obligations de parties liées par un contrat sont cependant sans pertinence en l'espèce, car il n'existe aucun rapport contractuel entre le créancier gagiste et le propriétaire inconnu de titres au porteur remis en nantissement sans son consentement.
Les demandeurs invoquent également l'art. 41 CO. Cette disposition, qui pourrait en principe entrer en ligne de compte, ne saurait toutefois s'appliquer lorsque le créancier gagiste a, de bonne foi, reçu une chose en nantissement et acquis sur elle un droit de gage (art. 884 al. 2 CC).
4. Les demandeurs font valoir que le personnel de la défenderesse ne pouvait se contenter de vérifier si les titres offerts en gage n'étaient pas frappés d'opposition, mais qu'il devait prendre d'autres précautions. A leur avis, les circonstances spéciales de l'affaire étaient de nature à éveiller la méfiance de la créancière gagiste et à l'obliger de recueillir de plus amples renseignements avant d'accor der un crédit à celui qui se donnait pour Antoine Hegertswyler et d'accepter les titres qu'il offrait en nantissement.
a) Ils estiment tout d'abord que le nom sous lequel le constituant s'est présenté est courant en Suisse et que ce fait aurait dû attirer l'attention du personnel de la banque "plus que s'il s'était agi d'un nom rare ou compliqué". Toutefois, selon la publication "Les noms de famille suisses" éditée en 1940, le patronymique "Hegertswyler" n'existe pas en Suisse; les noms qui lui ressemblent, tels que Hegersweiler, Hegetschweiler, Eggenschwiler, Eggenschwyler, Eggenschweiler ou Eggertswyler ne sont pas répandus au point d'être aussi courant que Meier ou Müller. Cela étant, il est inexact de prétendre que le nom indiqué aux employés de la banque devait éveiller leur méfiance.
b) Contrairement à l'opinion des demandeurs, le fait que le constituant est arrivé à la banque peu avant la fermeture des guichets, vers 16 h. 30, n'était pas non plus, en soi, de nature à mettre particulièrement en garde le personnel de la défenderesse. Des opérations peuvent encore être faites après la fermeture des guichets d'un établissement bancaire, laquelle ne marque nullement la fin de son activité journalière. Au demeurant, en raison de son importance, l'affaire proposée par le prétendu Hegertswyler n'était pas de celles qui se traitent au guichet, mais exigeait que le client fût mis en rapport avec la direction, comme cela a d'ailleurs été effectivement le cas.
De même, le désir du client de la défenderesse d'obtenir rapidement le crédit sollicité n'avait rien d'insolite puisque, selon ses allégations qui étaient parfaitement plausibles, il avait besoin de la somme demandée pour pouvoir acheter le jour même un tea-room.
c) C'est à tort également que les recourants prétendent que le refus du constituant d'indiquer au sous-directeur Monnard de quel tea-room il s'agissait devait faire naître des soupçons. S'il était normal qu'avant de décider l'octroi d'un crédit de 100 000 fr. la direction de la banque voulût connaître sa destination, il était aussi compréhensible qu'ayant répondu qu'il l'utiliserait pour acheter un tearoom, le client ait estimé ne pas pouvoir donner d'autres renseignements par crainte que l'affaire ne lui échappât. Lors même que les banques sont tenues au secret professionnel, le sous-directeur de la défenderesse était en droit d'admettre le motif invoqué par le client avec lequel il traitait et de renoncer à exiger plus de précision, de peur de l'indisposer.
d) Il n'était pas insolite, contrairement à ce qu'allèguent les recourants, que le constituant demandât l'ouverture d'un crédit à une banque de Lausanne alors qu'il disait être domicilié à Genève. Comme le tea-room qu'il déclarait vouloir acheter était à Lausanne, il était normal qu'il traitât avec une banque lausannoise et ne songeât pas à retourner à Genève pour se procurer l'argent nécessaire, d'autant plus que, selon ses dires, l'affaire revêtait une certaine urgence. Par ailleurs, il n'était pas étonnant qu'il ne se fût pas procuré la somme voulue auprès d'un établissement financier de Genève avant de se rendre à Lausanne pour procéder à l'achat du tea-room: il pouvait, en effet, ne pas être sûr que l'affaire se conclurait et avoir ainsi une raison valable de ne pas se faire ouvrir un crédit dans une banque genevoise, sur lequel il aurait dû payer des intérêts, avant l'aboutissement des pourparlers. Pour que le secret qu'il désirait garder fût tenu, il n'était en outre pas nécessaire qu'il s'adressât à une banque située en dehors de Lausanne et qu'il se procurât à Genève l'argent dont il avait besoin, mais il suffisait qu'il ne révélât pas au prêteur le tea-room dont il s'agissait.
e) Les recourants tirent également argument du caractère illisible de la signature apposée par le constituant sur les actes que lui avait soumis la banque et prétendent qu'il y avait là une circonstance susceptible de faire naître des soupçons, en particulier sur l'identité de son auteur. Ce moyen ne saurait être retenu. De nombreuses personnes se composent en effet une signature où il est très difficile et même impossible de retrouver leur nom. Le fait relevé par les demandeurs est d'autant plus dénué d'importance que le constituant a signé les documents dans les locaux mêmes de la banque et en présence d'un employé du service des titres. Conformément aux instructions imprimées sur l'acte d'ouverture de crédit, il n'y avait par ailleurs pas lieu de faire légaliser les signatures du prétendu Hegertswyler, puisqu'il les avait apposées devant un représentant de la banque et dans les bureaux de celle-ci.
f) Les recourants ne sauraient faire valoir non plus que, envisagées dans leur ensemble et non seulement isolément, les circonstances qui ont entouré l'ouverture du crédit au prétendu Hegertswyler et le nantissement des titres litigieux étaient de nature à éveiller des soupçons. Il n'y avait rien d'insolite à ce qu'une personne domiciliée à Genève sollicitât auprès d'une banque lausannoise un prêt garanti par des titres de premier ordre pour pouvoir conclure le même jour l'achat d'un tea-room à Lausanne.
g) De l'avis des demandeurs, il n'était pas suffisant de vérifier si les titres offerts en gage ne figuraient pas sur les listes des valeurs frappées d'opposition, car ils pouvaient avoir été volés peu de temps avant leur engagement et alors que leur propriétaire n'avait même pas eu connaissance de leur disparition. Ce moyen n'est toutefois pas décisif. Les titres au porteur sont par leur nature des valeurs dont le porteur doit être reconnu comme l'ayant droit, sans qu'il ait à établir sa qualité pour en disposer, à moins que des circonstances particulières ne fassent apparaître des doutes sur les droits du détenteur. L'argument des recourants est d'ailleurs d'autant moins pertinent en l'espèce qu'ils ont attendu jusqu'au 7 juin 1948 pour introduire la procédure d'annulation, alors que le vol s'était produit le 3 novembre 1947, et qu'il s'est écoulé plus de six mois entre la disparition des titres et la première sommation publiée par ordre du juge dans la Feuille officielle suisse du commerce du 14 juin 1948. S'ils avaient pris les mesures propres à assurer la protection de leurs droits immédiatement après avoir reçu les listes des certificats de dépôt dérobés établies par la Caisse hypothécaire, l'intimée n'aurait certainement pas accepté le nantissement de ces titres et ne pourrait de toute façon pas invoquer sa bonne foi.
5. Pour apprécier la bonne ou la mauvaise foi du créancier qui se fait remettre un gage, il faut se reporter à l'époque de la constitution du gage (RO 72 II 251) et ne tenir compte que des circonstances qui étaient alors connues ou reconnaissables, aucune inférence ne pouvant être tirée de faits postérieurs ou qui se sont révélés après coup.
En l'espèce, les opérations conclues le 30 avril 1948 par la défenderesse avec le prétendu Hegertswyler ne présentaient rien d'insolite: elles étaient conformes à la pratique des banques et ont été accomplies selon les usages bancaires, et les circonstances de l'affaire n'étaient pas de nature à éveiller la méfiance de la défenderesse. A l'encontre de ce que prétendent les recourants, on ne saurait exiger d'une banque qu'elle se livre à une véritable enquête lorsqu'une personne lui propose une affaire normale et courante. Son souci légitime est alors de servir le client le mieux et le plus rapidement possible, et elle est en droit de présumer que celui-ci est un homme honorable avec lequel elle peut traiter, sauf si des circonstances particulières font naître des doutes à ce sujet. On ne saurait notamment exiger qu'elle se méfie d'emblée de ses clients et qu'elle les indispose, au risque de les perdre, par des demandes de renseignements qui apparaîtraient comme la manifestation d'une certaine suspicion à leur égard.
En l'espèce, la Cour cantonale a constaté en fait que le contrôle des habitants de Genève ne donne pas de renseignements par téléphone et qu'il exige par ailleurs le versement préalable des frais à son compte de chèques postaux. Si la défenderesse s'y était adressée, elle n'aurait dès lors pas pu obtenir une réponse immédiate et aurait dû renvoyer la tractation de l'affaire. S'agissant de l'ouverture d'un crédit garanti par des titres sûrs qui ne figuraient pas sur les listes d'opposition, elle n'avait aucun motif de se livrer à une enquête, d'autant moins que le prêt sollicité était non seulement largement couvert par les valeurs remises en nantissement mais que le montant nominal de celles-ci dépassait de quelque 15 000 fr. celui du crédit. Ce serait méconnaître les exigences du rythme et du déroulement normal des affaires que d'imposer aux banques de recueillir des renseignements complets et approfondis, dont la réunion demande du temps, avant de conclure une opération courante et ne présentant pas de risque.
Les circonstances de l'espèce sont, d'une façon générale, semblables à celles des cas dans lesquels la jurisprudence a admis la bonne foi du créancier gagiste et la validité du nantissement (cf. notamment RO 25 II 846, 35 II 587/588, 36 II 358, 38 II 190/191, 70 II 106-109, 72 II 251 ss.): il s'agissait d'une opération de crédit normale garantie par des titres de premier ordre qui ne figuraient pas sur les listes d'opposition, et aucun fait particulier n'était propre à faire naître des soupçons. Elles sont en revanche totalement différentes de celles des causes où le Tribunal fédéral a jugé que le créancier gagiste était de mauvaise foi, parce que certains faits étaient de nature à éveiller la méfiance, soit que le cocontractant fût connu comme une personne avec laquelle il ne fallait traiter qu'avec une très grande prudence, soit que les conditions mêmes de l'affaire fussent en soi insolites (cf. notamment RO 36 II 357, 38 II 468/469, 47 II 264-266, 70 II 109/110, 80 II 242).
6. Les recourants ne sauraient exiger que le comportement de l'intimée soit apprécié avec rigueur alors qu'ils ont fait preuve d'une négligence grave dans la défense de leurs droits. Ils ont omis de prendre les mesures nécessaires pour empêcher la vente ou la mise en gage des titres volés sitôt leur disparition découverte; ils n'ont pas indiqué à la police le nombre et les numéros des valeurs dérobées; ils ont différé pendant quelque six mois l'introduction de la procédure d'annulation, bien que la Caisse hypothécaire leur eût proposé de s'en charger et leur eût conseillé plusieurs fois, après le refus de cette offre, d'y pourvoir eux-mêmes sans tarder. Celui qui n'a rien entrepris en temps utile pour protéger ses droits sur des titres au porteur qui lui ont été volés ne peut ensuite en réclamer la restitution à l'acquéreur ou au créancier gagiste qui est entré en leur possession dans des conditions normales, en lui reprochant sans motifs fondés une prétendue mauvaise foi. Cela étant, conformément à l'art. 44 CO, une action en dommages-intérêts contre la défenderesse ne saurait être admise, le préjudice subi par les demandeurs étant la conséquence de leur propre négligence (OFTINGER, note 380 à l'art. 884 CC).
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce:
Le recours est rejeté et le jugement attaqué est confirmé.
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Verpfändung von Inhaberpapieren. Guter Glaube des Pfanderwerbers? (Art. 3, 884 Abs. 2, 899 Abs. 2, 901, 935 ZGB; 41, 44 OR). 1. Welcher Grad von Aufmerksamkeit ist vom Bankier zu verlangen, der Inhaberpapiere zu Pfand erwirbt? (Erw. 1).
2. Bedeutung der Bankusanzen (Erw. 2).
3. Fehlen vertraglicher Beziehungen zwischen dem Pfandgläubiger und dem unbekannten Eigentümer der Wertpapiere. Keine unerlaubte Handlung des gutgläubigen Pfanderwerbers (Erw. 3).
4. Besondere Umstände, die den Pfanderwerber hätten misstrauisch machen müssen? (Erw. 4).
5. Für die Würdigung des guten oder bösen Glaubens des Pfanderwerbers massgebender Zeitpunkt. Anforderungen an die Aufmerksamkeit des Bankiers, wenn ihm ein normales Geschäft vorgeschlagen wird (Erw. 5).
6. Im Rahmen von Art. 44 OR ist die grobe Nachlässigkeit desjenigen zu berücksichtigen, dem Inhaberpapiere gestohlen wurden (Erw. 6).
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de
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-II-126%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 II 126
Sachverhalt ab Seite 127
A.- Dans la soirée du 3 novembre 1947, alors que François Blandin et sa femme étaient absents, un coffre métallique a été volé dans leur appartement à Genève. Il contenait des certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire du canton de Genève, d'une valeur totale de 115 525 fr., appartenant à Joseph Blandin pour une somme de 79 275 fr. et à son fils François Blandin pour un montant de 36 250 fr.
Les certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire du canton de Genève, laquelle a le caractère d'une banque cantonale selon la loi fédérale sur les banques et fait partie tant de l'Union des banques cantonales suisses que de l'Association suisse des banquiers, sont des obligations au porteur; ce sont des titres de premier ordre qui rentrent dans la catégorie des valeurs pupillaires et qui peuvent être assimilés aux obligations de caisse des grandes banques suisses; ils sont cotés en bourse et facilement négociables.
Le 4 novembre 1947, François Blandin a déposé, auprès du chef de la police de Genève, une plainte pénale contre inconnu pour vol, sans préciser cependant le nombre des titres dérobés ni indiquer leurs numéros. Le même jour, il a signalé la disparition des valeurs à la Caisse hypothécaire de Genève. Une procédure pénale dirigée contre Louis Pittet, frère de dame François Blandin, qui était soupçonné d'être l'auteur du vol, a abouti à son acquittement par la Cour d'assises de Genève, le 8 mai 1952.
Le 14 novembre 1947, François Blandin a demandé à la Caisse hypothécaire de Genève d'établir un état des certificats de dépôt souscrits par lui-même et son père en vue d'une procédure d'annulation judiciaire et l'a priée de ne donner aucune publicité à l'affaire, les titres n'ayant pas été déclarés au fisc. La Caisse hypothécaire lui a proposé de se charger d'introduire la procédure d'annulation, mais il a décliné cette offre, disant vouloir s'en occuper personnellement. Par la suite, elle a réitéré à de nombreuses reprises sa proposition et, les lésés l'ayant rejetée, elle a conseillé plusieurs fois à François Blandin d'entreprendre les démarches nécessaires pour faire annuler les titres volés; celui-ci lui a cependant déclaré qu'il entendait différer l'ouverture de la procédure judiciaire d'annulation, parce qu'il n'excluait pas la possibilité d'un arrangement avec Louis Pittet et qu'il désirait ne pas éveiller l'attention des autorités fiscales. La Caisse hypothécaire s'en est tenue aux instructions qu'elle avait reçues et a remis, le 22 janvier 1948, à François Blandin les listes de titres demandées. Les lésés n'ont toutefois pas communiqué au juge d'instruction l'état détaillé des valeurs qui leur avaient été volées.
Le 30 avril 1948, un homme d'âge moyen, présentant bien et ayant toutes les apparences d'un homme d'affaires sérieux, est venu à la Banque cantonale vaudoise, à Lausanne, vers 16 h. 30, peu avant la fermeture des guichets. Il a déclaré qu'il se nommait Antoine Hegertswyler et a demandé à voir la direction en vue de l'ouverture d'un compte de crédit. Il a été conduit auprès du sous-directeur Gustave Monnard, auquel il a indiqué qu'il s'appelait Antoine Hegertswyler et qu'il était domicilié à Genève, rue Marignac 1; il lui a exposé qu'il avait besoin immédiatement de 100 000 fr., a sollicité un prêt de ce montant en présentant comme garantie le nantissement de certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire du canton de Genève d'une valeur totale de 115 000 fr. environ, dont il était porteur, et a déposé les titres offerts en gage sur le bureau de Monnard. Répondant à une question de celui-ci, il lui a expliqué que ces 100 000 fr. étaient destinés à l'achat d'un tea-room et que l'opération devait être conclue le jour même; il a cependant refusé d'indiquer de quel établissement il s'agissait, faisant valoir qu'une indiscrétion pourrait faire échouer le marché. Monnard, qui ne connaissait pas son interlocuteur, ne lui a pas demandé de justifier son identité; après s'être entretenu avec lui pendant dix minutes environ, il l'a informé, en présence du chef du service des prêts, Francis Yaux mandé dans son bureau par téléphone, que le crédit sollicité serait ouvert et les formalités nécessaires, immédiatement accomplies. Chargé par Monnard de s'occuper de cette affaire, Yaux a soumis les formules imprimées du contrat d'ouverture de crédit et de l'acte de nantissement à Antoine Hegertswyler, qui les a signées en sa présence. Bien que la première lettre fût un "A", la signature, qui était illisible, ne permettait pas de déterminer le nom de son auteur. Yaux a ensuite conduit Hegertswyler auprès d'Alfred Landry, qui était attaché au service des titres. Avant d'établir les reçus énumérant les valeurs au porteur remises en gage, les employés du service des titres, en particulier Landry, se sont assurés qu'elles ne figuraient pas sur les listes de contrôle dont disposent les banques. Landry a notamment vérifié si elles étaient mentionnées sur la liste des titres frappés d'opposition; constatant que ce n'était pas le cas, il a dressé des reçus détaillés des titres nantis. Ces opérations terminées, Hegertswyler a touché la somme de 100 000 fr. Il a donné l'ordre à la banque de pourvoir au remboursement des certificats de dépôt engagés, au für et à mesure de leur échéance, et de porter les montants encaissés en diminution de son compte, puis il a quitté l'établissement entre 17 h. et 17 h. 15, soit environ trois quarts d'heure après son arrivée. A l'époque où ces faits se sont passés, aucune personne portant le nom d'Antoine Hegertswyler n'était inscrite au contrôle des habitants du canton de Genève.
Les avis adressés par l'Association suisse des banquiers à ses membres, les communications que les banques se font directement et celles auxquelles procèdent les sociétés, les listes d'opposition établies par le Contrôle fédéral des finances et leurs compléments, les publications relatives aux titres disparus figurant dans la Feuille officielle suisse du commerce ne contenaient, jusqu'au 30 avril 1948, aucune mention de la disparition ou du vol des certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire du canton de Genève offerts en gage à la Banque cantonale vaudoise, aucune sommation de les produire en justice, aucun avis d'annulation ni aucune opposition.
Ce n'est que le 7 juin 1948 que Joseph et François Blandin ont introduit la procédure tendante à l'annulation des titres qui leur avaient été volés le 3 novembre 1947. La première sommation du président du Tribunal de première instance de Genève ordonnant leur production a paru dans la Feuille officielle suisse du commerce le 14 juin 1948. A la suite des publications faites par le juge, la Banque cantonale vaudoise a déposé au greffe du Tribunal de première instance de Genève tous les titres visés par la demande d'annulation, dont la valeur en capital s'élevait à 103 075 fr. Elle a en outre informé la police de sûreté de Genève, par lettre du 6 octobre 1948, qu'elle détenait encore trois certificats de dépôt qui n'étaient pas compris dans la procédure d'annulation, savoir les numéros 89 534, 89 995 et 719 115, d'un montant total de 12 450 fr.
Dans le délai qui leur avait été fixé, Joseph et François Blandin ont introduit action contre la Banque cantonale vaudoise devant la Cour civile du Tribunal du canton de Vaud, par acte déposé le 10 septembre 1952, et conclu à ce qu'il fût prononcé avec dépens que:
I. Joseph Blandin est propriétaire de 35 certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire de Genève, pour une valeur totale de 79 275 fr., dont la liste détaillée mentionnant les numéros des titres figure dans la demande;
II. François Blandin est propriétaire de 15 certificats de dépôt du même établissement, pour un montant de 36 250 fr., également énumérés dans la demande;
III. La défenderesse n'a acquis aucun droit de gage sur les titres appartenant aux demandeurs;
IV. La défenderesse est tenue de délivrer immédiatement à Joseph Blandin tous les certificats énumérés dans le premier chef de conclusions ou, le cas échéant, tous les titres créées en renouvellement de ces valeurs, avec les coupons;
V. La défenderesse est tenue de délivrer à François Blandin tous les certificats énumérés dans le deuxième chef de conclusions ou, le cas échéant, tous les titres créées en renouvellement de ces valeurs, avec les coupons;
VI. A défaut de restitution en nature des titres réclamés, la défenderesse doit payer à Joseph Blandin 79 275 fr., ainsi que les intérêts courus ou restant à courir, à compter des derniers coupons encaissés par le demandeur, le tout avec intérêt moratoire à 5% dès le 20 juin 1952;
VII. A défaut de restitution en nature des titres réclamés, la défenderesse doit payer à François Blandin 36 250 fr., ainsi que les intérêts courus ou restant à courir, à compter des derniers coupons encaissés par le demandeur, le tout avec intérêt moratoire à 5% dès le 20 juin 1952.
La Banque cantonale vaudoise a conclu à libération avec dépens.
Par jugement du 18 septembre 1956, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a prononcé ce qui suit:
"I. Les conclusions I et II des demandeurs sont admises partiellement en ce sens que:
A. Joseph Blandin est propriétaire des titres désignés ci-après:... (suit la liste des 35 certificats de dépôt dont il est reconnu propriétaire).
B. François Blandin est propriétaire des titres désignés ci-après:... (suit la liste des 15 certificats de dépôt dont il est reconnu propriétaire).
II. Est réservé en faveur de la Banque cantonale vaudoise le droit de gage sur ces titres résultant du nantissement du 30 avril 1948.
III. Les conclusions III à VII des demandeurs sont rejetées, les conclusions libératoires de la défenderesse étant admises dans cette mesure.
IV. Les frais et dépens sont mis à la charge des demandeurs."
B.- Contre ce jugement, les demandeurs ont recouru en réforme au Tribunal fédéral. Ils concluent à la confirmation de la décision entreprise en tant qu'elle accueille partiellement leurs chefs de conclusions I et II et demandent que, pour le reste, elle soit réformée dans le sens de l'admission de leurs chefs de conclusions III à VII.
La Banque cantonale vaudoise conclut au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
1. La Cour cantonale a admis le droit de propriété des demandeurs sur les titres donnés en nantissement à la Banque cantonale vaudoise le 30 avril 1948 et son jugement n'est pas attaqué sur ce point. La seule question litigieuse est dès lors celle de savoir si la défenderesse a acquis un droit de gage valable sur les titres qui lui ont été remis, et sa solution dépend de la bonne ou de la mauvaise foi de la banque au moment où elle a reçu les valeurs: en effet, selon l'art. 884 al. 2 CC qui est applicable à l'engagement des titres au porteur (art. 899 al. 2 et 901 CC), celui qui, de bonne foi, reçoit une chose en nantissement y acquiert un droit de gage même si l'auteur du nantissement n'avait pas qualité d'en disposer; l'art. 935 CC protège également l'acquéreur de bonne foi de titres au porteur et le met à l'abri d'une revendication, même si le possesseur en a été dessaisi contre sa volonté. En vertu de l'art. 3 CC, la bonne foi est présumée lorsque la loi en fait dépendre la naissance ou les effets d'un droit (al. 1); toutefois, nul ne peut invoquer sa bonne foi, si elle est incompatible avec l'attention que les circonstances permettaient d'exiger de lui (al. 2). Il n'est pas allégué en l'espèce que le sous-directeur et les employés de la défenderesse auraient su que celui qui s'est donné pour Antoine Hegertswyler n'avait pas qualité pour disposer des titres mis en gage, de sorte que tout le débat porte sur le point de savoir s'ils pouvaient s'en rendre compte en usant de l'attention commandée par les circonstances.
Il est de jurisprudence constante (RO 25 II 846, 35 II 587, 36 II 358, 38 II 190/191, 70 II 106-109, 72 II 251/252) que, s'agissant de déterminer quel est le degré d'attention exigé par les circonstances, on ne peut admettre que, d'une façon générale, le banquier qui achète ou reçoit en nantissement des titres au porteur ait l'obligation de s'enquérir au préalable de leur provenance ou de vérifier si son cocontractant a le droit d'en disposer; à moins de circonstances spéciales de nature à éveiller sa méfiance, il est fondé à considérer que le porteur du titre a le droit d'en disposer, la simple possession du titre créant une présomption dans ce sens, sur laquelle il peut s'appuyer.
Appliquant ces principes, l'autorité cantonale a estimé avec raison que, au vu des faits de la cause, la bonne foi de la Banque cantonale vaudoise devait être admise. Les motifs de sa décision sont pertinents et la Cour de céans ne peut que s'y rallier.
2. Dans leur recours en réforme, les demandeurs reprochent à l'autorité cantonale d'avoir tenu compte des avis des experts concernant les opérations d'ouverture de crédit et d'engagement de titres au porteur auprès des banques, et prétendent que dans l'appréciation du degré d'attention commandé par les circonstances "aucun usage ne saurait prévaloir contre la loi". Ce moyen n'est pas fondé. Certes, il appartient au juge de déterminer le degré d'attention requis pour que la bonne foi d'une partie puisse être admise, et un usage commercial notoirement abusif ne saurait l'empêcher d'établir des exigences plus strictes que celles qui correspondraient à la pratique en vigueur dans les milieux d'affaires. En l'espèce, la Cour cantonale ne s'en est cependant nullement remise aux usages bancaires pour apprécier le comportement du personnel de l'intimée. Elle a, en revanche, avec raison fait état de l'avis des experts pour démontrer que les prétendus usages des banques invoqués par les demandeurs pour tenter d'établir que la défenderesse n'avait pas usé de la diligence imposée par les circonstances n'existaient pas. Selon le rapport de l'expert Hegetschweiler commis à la requête des recourants, il n'y a pas, contrairement à ce qu'ils alléguaient, "d'usage bancaire selon lequel un crédit ne peut pas être ouvert à un inconnu, même lorsque ledit crédit est entièrement garanti par des titres de premier ordre, sans que la banque ait pris au préalable des informations sur le débiteur et se soit assurée, en particulier, de son identité et de son adresse exacte ..." et "il n'y a rien d'extraordinaire à ce qu'une banque traite avec des inconnus". Le second expert Graf, désigné également à la demande des recourants, partage cette opinion; il estime que "l'ouverture d'un crédit à un inconnu dépend en premier lieu des garanties offertes" et déclare que, "lorsque ces dernières consistent en titres au porteur de premier ordre, l'avance peut être faite sans formalités autres que la signature des actes nécessaires, pour autant que lesdits titres ne figurent pas sur les listes des valeurs frappées d'opposition", l'opportunité de mesures de précaution supplémentaires étant une affaire d'appréciation; à ce sujet "il n'existe ... aucun usage établi, ni aucune ligne de conduite admise de façon générale, ni aucun règlement". Contrairement aux allégations des demandeurs qui, dans la procédure cantonale, ont reproché à la défenderesse de ne pas avoir observé les usages bancaires, il résulte de ces avis que le comportement de son personnel a été en tout cas conforme à la pratique des banques et n'avait rien d'insolite.
3. Les recourants citent les art. 328, 364, 398 et 420 CO qui définissent la diligence requise de l'employé, de l'entrepreneur, du mandataire et du gérant d'affaires dans l'exécution de leurs obligations contractuelles, et en déduisent que "la loi exige ... que tout acte générateur d'effets soit accompli avec un minimum d'attention et de précautions". Ces références à des dispositions qui régissent les droits et les obligations de parties liées par un contrat sont cependant sans pertinence en l'espèce, car il n'existe aucun rapport contractuel entre le créancier gagiste et le propriétaire inconnu de titres au porteur remis en nantissement sans son consentement.
Les demandeurs invoquent également l'art. 41 CO. Cette disposition, qui pourrait en principe entrer en ligne de compte, ne saurait toutefois s'appliquer lorsque le créancier gagiste a, de bonne foi, reçu une chose en nantissement et acquis sur elle un droit de gage (art. 884 al. 2 CC).
4. Les demandeurs font valoir que le personnel de la défenderesse ne pouvait se contenter de vérifier si les titres offerts en gage n'étaient pas frappés d'opposition, mais qu'il devait prendre d'autres précautions. A leur avis, les circonstances spéciales de l'affaire étaient de nature à éveiller la méfiance de la créancière gagiste et à l'obliger de recueillir de plus amples renseignements avant d'accor der un crédit à celui qui se donnait pour Antoine Hegertswyler et d'accepter les titres qu'il offrait en nantissement.
a) Ils estiment tout d'abord que le nom sous lequel le constituant s'est présenté est courant en Suisse et que ce fait aurait dû attirer l'attention du personnel de la banque "plus que s'il s'était agi d'un nom rare ou compliqué". Toutefois, selon la publication "Les noms de famille suisses" éditée en 1940, le patronymique "Hegertswyler" n'existe pas en Suisse; les noms qui lui ressemblent, tels que Hegersweiler, Hegetschweiler, Eggenschwiler, Eggenschwyler, Eggenschweiler ou Eggertswyler ne sont pas répandus au point d'être aussi courant que Meier ou Müller. Cela étant, il est inexact de prétendre que le nom indiqué aux employés de la banque devait éveiller leur méfiance.
b) Contrairement à l'opinion des demandeurs, le fait que le constituant est arrivé à la banque peu avant la fermeture des guichets, vers 16 h. 30, n'était pas non plus, en soi, de nature à mettre particulièrement en garde le personnel de la défenderesse. Des opérations peuvent encore être faites après la fermeture des guichets d'un établissement bancaire, laquelle ne marque nullement la fin de son activité journalière. Au demeurant, en raison de son importance, l'affaire proposée par le prétendu Hegertswyler n'était pas de celles qui se traitent au guichet, mais exigeait que le client fût mis en rapport avec la direction, comme cela a d'ailleurs été effectivement le cas.
De même, le désir du client de la défenderesse d'obtenir rapidement le crédit sollicité n'avait rien d'insolite puisque, selon ses allégations qui étaient parfaitement plausibles, il avait besoin de la somme demandée pour pouvoir acheter le jour même un tea-room.
c) C'est à tort également que les recourants prétendent que le refus du constituant d'indiquer au sous-directeur Monnard de quel tea-room il s'agissait devait faire naître des soupçons. S'il était normal qu'avant de décider l'octroi d'un crédit de 100 000 fr. la direction de la banque voulût connaître sa destination, il était aussi compréhensible qu'ayant répondu qu'il l'utiliserait pour acheter un tearoom, le client ait estimé ne pas pouvoir donner d'autres renseignements par crainte que l'affaire ne lui échappât. Lors même que les banques sont tenues au secret professionnel, le sous-directeur de la défenderesse était en droit d'admettre le motif invoqué par le client avec lequel il traitait et de renoncer à exiger plus de précision, de peur de l'indisposer.
d) Il n'était pas insolite, contrairement à ce qu'allèguent les recourants, que le constituant demandât l'ouverture d'un crédit à une banque de Lausanne alors qu'il disait être domicilié à Genève. Comme le tea-room qu'il déclarait vouloir acheter était à Lausanne, il était normal qu'il traitât avec une banque lausannoise et ne songeât pas à retourner à Genève pour se procurer l'argent nécessaire, d'autant plus que, selon ses dires, l'affaire revêtait une certaine urgence. Par ailleurs, il n'était pas étonnant qu'il ne se fût pas procuré la somme voulue auprès d'un établissement financier de Genève avant de se rendre à Lausanne pour procéder à l'achat du tea-room: il pouvait, en effet, ne pas être sûr que l'affaire se conclurait et avoir ainsi une raison valable de ne pas se faire ouvrir un crédit dans une banque genevoise, sur lequel il aurait dû payer des intérêts, avant l'aboutissement des pourparlers. Pour que le secret qu'il désirait garder fût tenu, il n'était en outre pas nécessaire qu'il s'adressât à une banque située en dehors de Lausanne et qu'il se procurât à Genève l'argent dont il avait besoin, mais il suffisait qu'il ne révélât pas au prêteur le tea-room dont il s'agissait.
e) Les recourants tirent également argument du caractère illisible de la signature apposée par le constituant sur les actes que lui avait soumis la banque et prétendent qu'il y avait là une circonstance susceptible de faire naître des soupçons, en particulier sur l'identité de son auteur. Ce moyen ne saurait être retenu. De nombreuses personnes se composent en effet une signature où il est très difficile et même impossible de retrouver leur nom. Le fait relevé par les demandeurs est d'autant plus dénué d'importance que le constituant a signé les documents dans les locaux mêmes de la banque et en présence d'un employé du service des titres. Conformément aux instructions imprimées sur l'acte d'ouverture de crédit, il n'y avait par ailleurs pas lieu de faire légaliser les signatures du prétendu Hegertswyler, puisqu'il les avait apposées devant un représentant de la banque et dans les bureaux de celle-ci.
f) Les recourants ne sauraient faire valoir non plus que, envisagées dans leur ensemble et non seulement isolément, les circonstances qui ont entouré l'ouverture du crédit au prétendu Hegertswyler et le nantissement des titres litigieux étaient de nature à éveiller des soupçons. Il n'y avait rien d'insolite à ce qu'une personne domiciliée à Genève sollicitât auprès d'une banque lausannoise un prêt garanti par des titres de premier ordre pour pouvoir conclure le même jour l'achat d'un tea-room à Lausanne.
g) De l'avis des demandeurs, il n'était pas suffisant de vérifier si les titres offerts en gage ne figuraient pas sur les listes des valeurs frappées d'opposition, car ils pouvaient avoir été volés peu de temps avant leur engagement et alors que leur propriétaire n'avait même pas eu connaissance de leur disparition. Ce moyen n'est toutefois pas décisif. Les titres au porteur sont par leur nature des valeurs dont le porteur doit être reconnu comme l'ayant droit, sans qu'il ait à établir sa qualité pour en disposer, à moins que des circonstances particulières ne fassent apparaître des doutes sur les droits du détenteur. L'argument des recourants est d'ailleurs d'autant moins pertinent en l'espèce qu'ils ont attendu jusqu'au 7 juin 1948 pour introduire la procédure d'annulation, alors que le vol s'était produit le 3 novembre 1947, et qu'il s'est écoulé plus de six mois entre la disparition des titres et la première sommation publiée par ordre du juge dans la Feuille officielle suisse du commerce du 14 juin 1948. S'ils avaient pris les mesures propres à assurer la protection de leurs droits immédiatement après avoir reçu les listes des certificats de dépôt dérobés établies par la Caisse hypothécaire, l'intimée n'aurait certainement pas accepté le nantissement de ces titres et ne pourrait de toute façon pas invoquer sa bonne foi.
5. Pour apprécier la bonne ou la mauvaise foi du créancier qui se fait remettre un gage, il faut se reporter à l'époque de la constitution du gage (RO 72 II 251) et ne tenir compte que des circonstances qui étaient alors connues ou reconnaissables, aucune inférence ne pouvant être tirée de faits postérieurs ou qui se sont révélés après coup.
En l'espèce, les opérations conclues le 30 avril 1948 par la défenderesse avec le prétendu Hegertswyler ne présentaient rien d'insolite: elles étaient conformes à la pratique des banques et ont été accomplies selon les usages bancaires, et les circonstances de l'affaire n'étaient pas de nature à éveiller la méfiance de la défenderesse. A l'encontre de ce que prétendent les recourants, on ne saurait exiger d'une banque qu'elle se livre à une véritable enquête lorsqu'une personne lui propose une affaire normale et courante. Son souci légitime est alors de servir le client le mieux et le plus rapidement possible, et elle est en droit de présumer que celui-ci est un homme honorable avec lequel elle peut traiter, sauf si des circonstances particulières font naître des doutes à ce sujet. On ne saurait notamment exiger qu'elle se méfie d'emblée de ses clients et qu'elle les indispose, au risque de les perdre, par des demandes de renseignements qui apparaîtraient comme la manifestation d'une certaine suspicion à leur égard.
En l'espèce, la Cour cantonale a constaté en fait que le contrôle des habitants de Genève ne donne pas de renseignements par téléphone et qu'il exige par ailleurs le versement préalable des frais à son compte de chèques postaux. Si la défenderesse s'y était adressée, elle n'aurait dès lors pas pu obtenir une réponse immédiate et aurait dû renvoyer la tractation de l'affaire. S'agissant de l'ouverture d'un crédit garanti par des titres sûrs qui ne figuraient pas sur les listes d'opposition, elle n'avait aucun motif de se livrer à une enquête, d'autant moins que le prêt sollicité était non seulement largement couvert par les valeurs remises en nantissement mais que le montant nominal de celles-ci dépassait de quelque 15 000 fr. celui du crédit. Ce serait méconnaître les exigences du rythme et du déroulement normal des affaires que d'imposer aux banques de recueillir des renseignements complets et approfondis, dont la réunion demande du temps, avant de conclure une opération courante et ne présentant pas de risque.
Les circonstances de l'espèce sont, d'une façon générale, semblables à celles des cas dans lesquels la jurisprudence a admis la bonne foi du créancier gagiste et la validité du nantissement (cf. notamment RO 25 II 846, 35 II 587/588, 36 II 358, 38 II 190/191, 70 II 106-109, 72 II 251 ss.): il s'agissait d'une opération de crédit normale garantie par des titres de premier ordre qui ne figuraient pas sur les listes d'opposition, et aucun fait particulier n'était propre à faire naître des soupçons. Elles sont en revanche totalement différentes de celles des causes où le Tribunal fédéral a jugé que le créancier gagiste était de mauvaise foi, parce que certains faits étaient de nature à éveiller la méfiance, soit que le cocontractant fût connu comme une personne avec laquelle il ne fallait traiter qu'avec une très grande prudence, soit que les conditions mêmes de l'affaire fussent en soi insolites (cf. notamment RO 36 II 357, 38 II 468/469, 47 II 264-266, 70 II 109/110, 80 II 242).
6. Les recourants ne sauraient exiger que le comportement de l'intimée soit apprécié avec rigueur alors qu'ils ont fait preuve d'une négligence grave dans la défense de leurs droits. Ils ont omis de prendre les mesures nécessaires pour empêcher la vente ou la mise en gage des titres volés sitôt leur disparition découverte; ils n'ont pas indiqué à la police le nombre et les numéros des valeurs dérobées; ils ont différé pendant quelque six mois l'introduction de la procédure d'annulation, bien que la Caisse hypothécaire leur eût proposé de s'en charger et leur eût conseillé plusieurs fois, après le refus de cette offre, d'y pourvoir eux-mêmes sans tarder. Celui qui n'a rien entrepris en temps utile pour protéger ses droits sur des titres au porteur qui lui ont été volés ne peut ensuite en réclamer la restitution à l'acquéreur ou au créancier gagiste qui est entré en leur possession dans des conditions normales, en lui reprochant sans motifs fondés une prétendue mauvaise foi. Cela étant, conformément à l'art. 44 CO, une action en dommages-intérêts contre la défenderesse ne saurait être admise, le préjudice subi par les demandeurs étant la conséquence de leur propre négligence (OFTINGER, note 380 à l'art. 884 CC).
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce:
Le recours est rejeté et le jugement attaqué est confirmé.
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Nantissement de titres au porteur. Bonne foi du créancier gagiste? (art. 3, 884 al. 2, 899 al. 2, 901, 935 CC; 41, 44 CO). 1. Degré d'attention exigé du banquier qui reçoit des titres au porteur en nantissement (consid. 1).
2. Importance des usages bancaires (consid. 2).
3. Inexistence de rapports contractuels entre le créancier gagiste et le propriétaire inconnu des titres. Absence d'acte illicite de la part du créancier gagiste qui est de bonne foi (consid. 3).
4. Circonstances spéciales de nature à éveiller la méfiance du créancier gagiste? (consid. 4).
5. Moment auquel il faut se reporter pour apprécier la bonne ou mauvaise foi du créancier gagiste. Exigences à l'égard du banquier auquel une affaire normale est proposée (consid. 5).
6. Prise en considération, dans le cadre de l'art. 44 CO, de la négligence grave de celui à qui des titres au porteur ont été volés (consid. 6).
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-II-126%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 II 126
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83 II 126
Sachverhalt ab Seite 127
A.- Dans la soirée du 3 novembre 1947, alors que François Blandin et sa femme étaient absents, un coffre métallique a été volé dans leur appartement à Genève. Il contenait des certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire du canton de Genève, d'une valeur totale de 115 525 fr., appartenant à Joseph Blandin pour une somme de 79 275 fr. et à son fils François Blandin pour un montant de 36 250 fr.
Les certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire du canton de Genève, laquelle a le caractère d'une banque cantonale selon la loi fédérale sur les banques et fait partie tant de l'Union des banques cantonales suisses que de l'Association suisse des banquiers, sont des obligations au porteur; ce sont des titres de premier ordre qui rentrent dans la catégorie des valeurs pupillaires et qui peuvent être assimilés aux obligations de caisse des grandes banques suisses; ils sont cotés en bourse et facilement négociables.
Le 4 novembre 1947, François Blandin a déposé, auprès du chef de la police de Genève, une plainte pénale contre inconnu pour vol, sans préciser cependant le nombre des titres dérobés ni indiquer leurs numéros. Le même jour, il a signalé la disparition des valeurs à la Caisse hypothécaire de Genève. Une procédure pénale dirigée contre Louis Pittet, frère de dame François Blandin, qui était soupçonné d'être l'auteur du vol, a abouti à son acquittement par la Cour d'assises de Genève, le 8 mai 1952.
Le 14 novembre 1947, François Blandin a demandé à la Caisse hypothécaire de Genève d'établir un état des certificats de dépôt souscrits par lui-même et son père en vue d'une procédure d'annulation judiciaire et l'a priée de ne donner aucune publicité à l'affaire, les titres n'ayant pas été déclarés au fisc. La Caisse hypothécaire lui a proposé de se charger d'introduire la procédure d'annulation, mais il a décliné cette offre, disant vouloir s'en occuper personnellement. Par la suite, elle a réitéré à de nombreuses reprises sa proposition et, les lésés l'ayant rejetée, elle a conseillé plusieurs fois à François Blandin d'entreprendre les démarches nécessaires pour faire annuler les titres volés; celui-ci lui a cependant déclaré qu'il entendait différer l'ouverture de la procédure judiciaire d'annulation, parce qu'il n'excluait pas la possibilité d'un arrangement avec Louis Pittet et qu'il désirait ne pas éveiller l'attention des autorités fiscales. La Caisse hypothécaire s'en est tenue aux instructions qu'elle avait reçues et a remis, le 22 janvier 1948, à François Blandin les listes de titres demandées. Les lésés n'ont toutefois pas communiqué au juge d'instruction l'état détaillé des valeurs qui leur avaient été volées.
Le 30 avril 1948, un homme d'âge moyen, présentant bien et ayant toutes les apparences d'un homme d'affaires sérieux, est venu à la Banque cantonale vaudoise, à Lausanne, vers 16 h. 30, peu avant la fermeture des guichets. Il a déclaré qu'il se nommait Antoine Hegertswyler et a demandé à voir la direction en vue de l'ouverture d'un compte de crédit. Il a été conduit auprès du sous-directeur Gustave Monnard, auquel il a indiqué qu'il s'appelait Antoine Hegertswyler et qu'il était domicilié à Genève, rue Marignac 1; il lui a exposé qu'il avait besoin immédiatement de 100 000 fr., a sollicité un prêt de ce montant en présentant comme garantie le nantissement de certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire du canton de Genève d'une valeur totale de 115 000 fr. environ, dont il était porteur, et a déposé les titres offerts en gage sur le bureau de Monnard. Répondant à une question de celui-ci, il lui a expliqué que ces 100 000 fr. étaient destinés à l'achat d'un tea-room et que l'opération devait être conclue le jour même; il a cependant refusé d'indiquer de quel établissement il s'agissait, faisant valoir qu'une indiscrétion pourrait faire échouer le marché. Monnard, qui ne connaissait pas son interlocuteur, ne lui a pas demandé de justifier son identité; après s'être entretenu avec lui pendant dix minutes environ, il l'a informé, en présence du chef du service des prêts, Francis Yaux mandé dans son bureau par téléphone, que le crédit sollicité serait ouvert et les formalités nécessaires, immédiatement accomplies. Chargé par Monnard de s'occuper de cette affaire, Yaux a soumis les formules imprimées du contrat d'ouverture de crédit et de l'acte de nantissement à Antoine Hegertswyler, qui les a signées en sa présence. Bien que la première lettre fût un "A", la signature, qui était illisible, ne permettait pas de déterminer le nom de son auteur. Yaux a ensuite conduit Hegertswyler auprès d'Alfred Landry, qui était attaché au service des titres. Avant d'établir les reçus énumérant les valeurs au porteur remises en gage, les employés du service des titres, en particulier Landry, se sont assurés qu'elles ne figuraient pas sur les listes de contrôle dont disposent les banques. Landry a notamment vérifié si elles étaient mentionnées sur la liste des titres frappés d'opposition; constatant que ce n'était pas le cas, il a dressé des reçus détaillés des titres nantis. Ces opérations terminées, Hegertswyler a touché la somme de 100 000 fr. Il a donné l'ordre à la banque de pourvoir au remboursement des certificats de dépôt engagés, au für et à mesure de leur échéance, et de porter les montants encaissés en diminution de son compte, puis il a quitté l'établissement entre 17 h. et 17 h. 15, soit environ trois quarts d'heure après son arrivée. A l'époque où ces faits se sont passés, aucune personne portant le nom d'Antoine Hegertswyler n'était inscrite au contrôle des habitants du canton de Genève.
Les avis adressés par l'Association suisse des banquiers à ses membres, les communications que les banques se font directement et celles auxquelles procèdent les sociétés, les listes d'opposition établies par le Contrôle fédéral des finances et leurs compléments, les publications relatives aux titres disparus figurant dans la Feuille officielle suisse du commerce ne contenaient, jusqu'au 30 avril 1948, aucune mention de la disparition ou du vol des certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire du canton de Genève offerts en gage à la Banque cantonale vaudoise, aucune sommation de les produire en justice, aucun avis d'annulation ni aucune opposition.
Ce n'est que le 7 juin 1948 que Joseph et François Blandin ont introduit la procédure tendante à l'annulation des titres qui leur avaient été volés le 3 novembre 1947. La première sommation du président du Tribunal de première instance de Genève ordonnant leur production a paru dans la Feuille officielle suisse du commerce le 14 juin 1948. A la suite des publications faites par le juge, la Banque cantonale vaudoise a déposé au greffe du Tribunal de première instance de Genève tous les titres visés par la demande d'annulation, dont la valeur en capital s'élevait à 103 075 fr. Elle a en outre informé la police de sûreté de Genève, par lettre du 6 octobre 1948, qu'elle détenait encore trois certificats de dépôt qui n'étaient pas compris dans la procédure d'annulation, savoir les numéros 89 534, 89 995 et 719 115, d'un montant total de 12 450 fr.
Dans le délai qui leur avait été fixé, Joseph et François Blandin ont introduit action contre la Banque cantonale vaudoise devant la Cour civile du Tribunal du canton de Vaud, par acte déposé le 10 septembre 1952, et conclu à ce qu'il fût prononcé avec dépens que:
I. Joseph Blandin est propriétaire de 35 certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire de Genève, pour une valeur totale de 79 275 fr., dont la liste détaillée mentionnant les numéros des titres figure dans la demande;
II. François Blandin est propriétaire de 15 certificats de dépôt du même établissement, pour un montant de 36 250 fr., également énumérés dans la demande;
III. La défenderesse n'a acquis aucun droit de gage sur les titres appartenant aux demandeurs;
IV. La défenderesse est tenue de délivrer immédiatement à Joseph Blandin tous les certificats énumérés dans le premier chef de conclusions ou, le cas échéant, tous les titres créées en renouvellement de ces valeurs, avec les coupons;
V. La défenderesse est tenue de délivrer à François Blandin tous les certificats énumérés dans le deuxième chef de conclusions ou, le cas échéant, tous les titres créées en renouvellement de ces valeurs, avec les coupons;
VI. A défaut de restitution en nature des titres réclamés, la défenderesse doit payer à Joseph Blandin 79 275 fr., ainsi que les intérêts courus ou restant à courir, à compter des derniers coupons encaissés par le demandeur, le tout avec intérêt moratoire à 5% dès le 20 juin 1952;
VII. A défaut de restitution en nature des titres réclamés, la défenderesse doit payer à François Blandin 36 250 fr., ainsi que les intérêts courus ou restant à courir, à compter des derniers coupons encaissés par le demandeur, le tout avec intérêt moratoire à 5% dès le 20 juin 1952.
La Banque cantonale vaudoise a conclu à libération avec dépens.
Par jugement du 18 septembre 1956, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a prononcé ce qui suit:
"I. Les conclusions I et II des demandeurs sont admises partiellement en ce sens que:
A. Joseph Blandin est propriétaire des titres désignés ci-après:... (suit la liste des 35 certificats de dépôt dont il est reconnu propriétaire).
B. François Blandin est propriétaire des titres désignés ci-après:... (suit la liste des 15 certificats de dépôt dont il est reconnu propriétaire).
II. Est réservé en faveur de la Banque cantonale vaudoise le droit de gage sur ces titres résultant du nantissement du 30 avril 1948.
III. Les conclusions III à VII des demandeurs sont rejetées, les conclusions libératoires de la défenderesse étant admises dans cette mesure.
IV. Les frais et dépens sont mis à la charge des demandeurs."
B.- Contre ce jugement, les demandeurs ont recouru en réforme au Tribunal fédéral. Ils concluent à la confirmation de la décision entreprise en tant qu'elle accueille partiellement leurs chefs de conclusions I et II et demandent que, pour le reste, elle soit réformée dans le sens de l'admission de leurs chefs de conclusions III à VII.
La Banque cantonale vaudoise conclut au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
1. La Cour cantonale a admis le droit de propriété des demandeurs sur les titres donnés en nantissement à la Banque cantonale vaudoise le 30 avril 1948 et son jugement n'est pas attaqué sur ce point. La seule question litigieuse est dès lors celle de savoir si la défenderesse a acquis un droit de gage valable sur les titres qui lui ont été remis, et sa solution dépend de la bonne ou de la mauvaise foi de la banque au moment où elle a reçu les valeurs: en effet, selon l'art. 884 al. 2 CC qui est applicable à l'engagement des titres au porteur (art. 899 al. 2 et 901 CC), celui qui, de bonne foi, reçoit une chose en nantissement y acquiert un droit de gage même si l'auteur du nantissement n'avait pas qualité d'en disposer; l'art. 935 CC protège également l'acquéreur de bonne foi de titres au porteur et le met à l'abri d'une revendication, même si le possesseur en a été dessaisi contre sa volonté. En vertu de l'art. 3 CC, la bonne foi est présumée lorsque la loi en fait dépendre la naissance ou les effets d'un droit (al. 1); toutefois, nul ne peut invoquer sa bonne foi, si elle est incompatible avec l'attention que les circonstances permettaient d'exiger de lui (al. 2). Il n'est pas allégué en l'espèce que le sous-directeur et les employés de la défenderesse auraient su que celui qui s'est donné pour Antoine Hegertswyler n'avait pas qualité pour disposer des titres mis en gage, de sorte que tout le débat porte sur le point de savoir s'ils pouvaient s'en rendre compte en usant de l'attention commandée par les circonstances.
Il est de jurisprudence constante (RO 25 II 846, 35 II 587, 36 II 358, 38 II 190/191, 70 II 106-109, 72 II 251/252) que, s'agissant de déterminer quel est le degré d'attention exigé par les circonstances, on ne peut admettre que, d'une façon générale, le banquier qui achète ou reçoit en nantissement des titres au porteur ait l'obligation de s'enquérir au préalable de leur provenance ou de vérifier si son cocontractant a le droit d'en disposer; à moins de circonstances spéciales de nature à éveiller sa méfiance, il est fondé à considérer que le porteur du titre a le droit d'en disposer, la simple possession du titre créant une présomption dans ce sens, sur laquelle il peut s'appuyer.
Appliquant ces principes, l'autorité cantonale a estimé avec raison que, au vu des faits de la cause, la bonne foi de la Banque cantonale vaudoise devait être admise. Les motifs de sa décision sont pertinents et la Cour de céans ne peut que s'y rallier.
2. Dans leur recours en réforme, les demandeurs reprochent à l'autorité cantonale d'avoir tenu compte des avis des experts concernant les opérations d'ouverture de crédit et d'engagement de titres au porteur auprès des banques, et prétendent que dans l'appréciation du degré d'attention commandé par les circonstances "aucun usage ne saurait prévaloir contre la loi". Ce moyen n'est pas fondé. Certes, il appartient au juge de déterminer le degré d'attention requis pour que la bonne foi d'une partie puisse être admise, et un usage commercial notoirement abusif ne saurait l'empêcher d'établir des exigences plus strictes que celles qui correspondraient à la pratique en vigueur dans les milieux d'affaires. En l'espèce, la Cour cantonale ne s'en est cependant nullement remise aux usages bancaires pour apprécier le comportement du personnel de l'intimée. Elle a, en revanche, avec raison fait état de l'avis des experts pour démontrer que les prétendus usages des banques invoqués par les demandeurs pour tenter d'établir que la défenderesse n'avait pas usé de la diligence imposée par les circonstances n'existaient pas. Selon le rapport de l'expert Hegetschweiler commis à la requête des recourants, il n'y a pas, contrairement à ce qu'ils alléguaient, "d'usage bancaire selon lequel un crédit ne peut pas être ouvert à un inconnu, même lorsque ledit crédit est entièrement garanti par des titres de premier ordre, sans que la banque ait pris au préalable des informations sur le débiteur et se soit assurée, en particulier, de son identité et de son adresse exacte ..." et "il n'y a rien d'extraordinaire à ce qu'une banque traite avec des inconnus". Le second expert Graf, désigné également à la demande des recourants, partage cette opinion; il estime que "l'ouverture d'un crédit à un inconnu dépend en premier lieu des garanties offertes" et déclare que, "lorsque ces dernières consistent en titres au porteur de premier ordre, l'avance peut être faite sans formalités autres que la signature des actes nécessaires, pour autant que lesdits titres ne figurent pas sur les listes des valeurs frappées d'opposition", l'opportunité de mesures de précaution supplémentaires étant une affaire d'appréciation; à ce sujet "il n'existe ... aucun usage établi, ni aucune ligne de conduite admise de façon générale, ni aucun règlement". Contrairement aux allégations des demandeurs qui, dans la procédure cantonale, ont reproché à la défenderesse de ne pas avoir observé les usages bancaires, il résulte de ces avis que le comportement de son personnel a été en tout cas conforme à la pratique des banques et n'avait rien d'insolite.
3. Les recourants citent les art. 328, 364, 398 et 420 CO qui définissent la diligence requise de l'employé, de l'entrepreneur, du mandataire et du gérant d'affaires dans l'exécution de leurs obligations contractuelles, et en déduisent que "la loi exige ... que tout acte générateur d'effets soit accompli avec un minimum d'attention et de précautions". Ces références à des dispositions qui régissent les droits et les obligations de parties liées par un contrat sont cependant sans pertinence en l'espèce, car il n'existe aucun rapport contractuel entre le créancier gagiste et le propriétaire inconnu de titres au porteur remis en nantissement sans son consentement.
Les demandeurs invoquent également l'art. 41 CO. Cette disposition, qui pourrait en principe entrer en ligne de compte, ne saurait toutefois s'appliquer lorsque le créancier gagiste a, de bonne foi, reçu une chose en nantissement et acquis sur elle un droit de gage (art. 884 al. 2 CC).
4. Les demandeurs font valoir que le personnel de la défenderesse ne pouvait se contenter de vérifier si les titres offerts en gage n'étaient pas frappés d'opposition, mais qu'il devait prendre d'autres précautions. A leur avis, les circonstances spéciales de l'affaire étaient de nature à éveiller la méfiance de la créancière gagiste et à l'obliger de recueillir de plus amples renseignements avant d'accor der un crédit à celui qui se donnait pour Antoine Hegertswyler et d'accepter les titres qu'il offrait en nantissement.
a) Ils estiment tout d'abord que le nom sous lequel le constituant s'est présenté est courant en Suisse et que ce fait aurait dû attirer l'attention du personnel de la banque "plus que s'il s'était agi d'un nom rare ou compliqué". Toutefois, selon la publication "Les noms de famille suisses" éditée en 1940, le patronymique "Hegertswyler" n'existe pas en Suisse; les noms qui lui ressemblent, tels que Hegersweiler, Hegetschweiler, Eggenschwiler, Eggenschwyler, Eggenschweiler ou Eggertswyler ne sont pas répandus au point d'être aussi courant que Meier ou Müller. Cela étant, il est inexact de prétendre que le nom indiqué aux employés de la banque devait éveiller leur méfiance.
b) Contrairement à l'opinion des demandeurs, le fait que le constituant est arrivé à la banque peu avant la fermeture des guichets, vers 16 h. 30, n'était pas non plus, en soi, de nature à mettre particulièrement en garde le personnel de la défenderesse. Des opérations peuvent encore être faites après la fermeture des guichets d'un établissement bancaire, laquelle ne marque nullement la fin de son activité journalière. Au demeurant, en raison de son importance, l'affaire proposée par le prétendu Hegertswyler n'était pas de celles qui se traitent au guichet, mais exigeait que le client fût mis en rapport avec la direction, comme cela a d'ailleurs été effectivement le cas.
De même, le désir du client de la défenderesse d'obtenir rapidement le crédit sollicité n'avait rien d'insolite puisque, selon ses allégations qui étaient parfaitement plausibles, il avait besoin de la somme demandée pour pouvoir acheter le jour même un tea-room.
c) C'est à tort également que les recourants prétendent que le refus du constituant d'indiquer au sous-directeur Monnard de quel tea-room il s'agissait devait faire naître des soupçons. S'il était normal qu'avant de décider l'octroi d'un crédit de 100 000 fr. la direction de la banque voulût connaître sa destination, il était aussi compréhensible qu'ayant répondu qu'il l'utiliserait pour acheter un tearoom, le client ait estimé ne pas pouvoir donner d'autres renseignements par crainte que l'affaire ne lui échappât. Lors même que les banques sont tenues au secret professionnel, le sous-directeur de la défenderesse était en droit d'admettre le motif invoqué par le client avec lequel il traitait et de renoncer à exiger plus de précision, de peur de l'indisposer.
d) Il n'était pas insolite, contrairement à ce qu'allèguent les recourants, que le constituant demandât l'ouverture d'un crédit à une banque de Lausanne alors qu'il disait être domicilié à Genève. Comme le tea-room qu'il déclarait vouloir acheter était à Lausanne, il était normal qu'il traitât avec une banque lausannoise et ne songeât pas à retourner à Genève pour se procurer l'argent nécessaire, d'autant plus que, selon ses dires, l'affaire revêtait une certaine urgence. Par ailleurs, il n'était pas étonnant qu'il ne se fût pas procuré la somme voulue auprès d'un établissement financier de Genève avant de se rendre à Lausanne pour procéder à l'achat du tea-room: il pouvait, en effet, ne pas être sûr que l'affaire se conclurait et avoir ainsi une raison valable de ne pas se faire ouvrir un crédit dans une banque genevoise, sur lequel il aurait dû payer des intérêts, avant l'aboutissement des pourparlers. Pour que le secret qu'il désirait garder fût tenu, il n'était en outre pas nécessaire qu'il s'adressât à une banque située en dehors de Lausanne et qu'il se procurât à Genève l'argent dont il avait besoin, mais il suffisait qu'il ne révélât pas au prêteur le tea-room dont il s'agissait.
e) Les recourants tirent également argument du caractère illisible de la signature apposée par le constituant sur les actes que lui avait soumis la banque et prétendent qu'il y avait là une circonstance susceptible de faire naître des soupçons, en particulier sur l'identité de son auteur. Ce moyen ne saurait être retenu. De nombreuses personnes se composent en effet une signature où il est très difficile et même impossible de retrouver leur nom. Le fait relevé par les demandeurs est d'autant plus dénué d'importance que le constituant a signé les documents dans les locaux mêmes de la banque et en présence d'un employé du service des titres. Conformément aux instructions imprimées sur l'acte d'ouverture de crédit, il n'y avait par ailleurs pas lieu de faire légaliser les signatures du prétendu Hegertswyler, puisqu'il les avait apposées devant un représentant de la banque et dans les bureaux de celle-ci.
f) Les recourants ne sauraient faire valoir non plus que, envisagées dans leur ensemble et non seulement isolément, les circonstances qui ont entouré l'ouverture du crédit au prétendu Hegertswyler et le nantissement des titres litigieux étaient de nature à éveiller des soupçons. Il n'y avait rien d'insolite à ce qu'une personne domiciliée à Genève sollicitât auprès d'une banque lausannoise un prêt garanti par des titres de premier ordre pour pouvoir conclure le même jour l'achat d'un tea-room à Lausanne.
g) De l'avis des demandeurs, il n'était pas suffisant de vérifier si les titres offerts en gage ne figuraient pas sur les listes des valeurs frappées d'opposition, car ils pouvaient avoir été volés peu de temps avant leur engagement et alors que leur propriétaire n'avait même pas eu connaissance de leur disparition. Ce moyen n'est toutefois pas décisif. Les titres au porteur sont par leur nature des valeurs dont le porteur doit être reconnu comme l'ayant droit, sans qu'il ait à établir sa qualité pour en disposer, à moins que des circonstances particulières ne fassent apparaître des doutes sur les droits du détenteur. L'argument des recourants est d'ailleurs d'autant moins pertinent en l'espèce qu'ils ont attendu jusqu'au 7 juin 1948 pour introduire la procédure d'annulation, alors que le vol s'était produit le 3 novembre 1947, et qu'il s'est écoulé plus de six mois entre la disparition des titres et la première sommation publiée par ordre du juge dans la Feuille officielle suisse du commerce du 14 juin 1948. S'ils avaient pris les mesures propres à assurer la protection de leurs droits immédiatement après avoir reçu les listes des certificats de dépôt dérobés établies par la Caisse hypothécaire, l'intimée n'aurait certainement pas accepté le nantissement de ces titres et ne pourrait de toute façon pas invoquer sa bonne foi.
5. Pour apprécier la bonne ou la mauvaise foi du créancier qui se fait remettre un gage, il faut se reporter à l'époque de la constitution du gage (RO 72 II 251) et ne tenir compte que des circonstances qui étaient alors connues ou reconnaissables, aucune inférence ne pouvant être tirée de faits postérieurs ou qui se sont révélés après coup.
En l'espèce, les opérations conclues le 30 avril 1948 par la défenderesse avec le prétendu Hegertswyler ne présentaient rien d'insolite: elles étaient conformes à la pratique des banques et ont été accomplies selon les usages bancaires, et les circonstances de l'affaire n'étaient pas de nature à éveiller la méfiance de la défenderesse. A l'encontre de ce que prétendent les recourants, on ne saurait exiger d'une banque qu'elle se livre à une véritable enquête lorsqu'une personne lui propose une affaire normale et courante. Son souci légitime est alors de servir le client le mieux et le plus rapidement possible, et elle est en droit de présumer que celui-ci est un homme honorable avec lequel elle peut traiter, sauf si des circonstances particulières font naître des doutes à ce sujet. On ne saurait notamment exiger qu'elle se méfie d'emblée de ses clients et qu'elle les indispose, au risque de les perdre, par des demandes de renseignements qui apparaîtraient comme la manifestation d'une certaine suspicion à leur égard.
En l'espèce, la Cour cantonale a constaté en fait que le contrôle des habitants de Genève ne donne pas de renseignements par téléphone et qu'il exige par ailleurs le versement préalable des frais à son compte de chèques postaux. Si la défenderesse s'y était adressée, elle n'aurait dès lors pas pu obtenir une réponse immédiate et aurait dû renvoyer la tractation de l'affaire. S'agissant de l'ouverture d'un crédit garanti par des titres sûrs qui ne figuraient pas sur les listes d'opposition, elle n'avait aucun motif de se livrer à une enquête, d'autant moins que le prêt sollicité était non seulement largement couvert par les valeurs remises en nantissement mais que le montant nominal de celles-ci dépassait de quelque 15 000 fr. celui du crédit. Ce serait méconnaître les exigences du rythme et du déroulement normal des affaires que d'imposer aux banques de recueillir des renseignements complets et approfondis, dont la réunion demande du temps, avant de conclure une opération courante et ne présentant pas de risque.
Les circonstances de l'espèce sont, d'une façon générale, semblables à celles des cas dans lesquels la jurisprudence a admis la bonne foi du créancier gagiste et la validité du nantissement (cf. notamment RO 25 II 846, 35 II 587/588, 36 II 358, 38 II 190/191, 70 II 106-109, 72 II 251 ss.): il s'agissait d'une opération de crédit normale garantie par des titres de premier ordre qui ne figuraient pas sur les listes d'opposition, et aucun fait particulier n'était propre à faire naître des soupçons. Elles sont en revanche totalement différentes de celles des causes où le Tribunal fédéral a jugé que le créancier gagiste était de mauvaise foi, parce que certains faits étaient de nature à éveiller la méfiance, soit que le cocontractant fût connu comme une personne avec laquelle il ne fallait traiter qu'avec une très grande prudence, soit que les conditions mêmes de l'affaire fussent en soi insolites (cf. notamment RO 36 II 357, 38 II 468/469, 47 II 264-266, 70 II 109/110, 80 II 242).
6. Les recourants ne sauraient exiger que le comportement de l'intimée soit apprécié avec rigueur alors qu'ils ont fait preuve d'une négligence grave dans la défense de leurs droits. Ils ont omis de prendre les mesures nécessaires pour empêcher la vente ou la mise en gage des titres volés sitôt leur disparition découverte; ils n'ont pas indiqué à la police le nombre et les numéros des valeurs dérobées; ils ont différé pendant quelque six mois l'introduction de la procédure d'annulation, bien que la Caisse hypothécaire leur eût proposé de s'en charger et leur eût conseillé plusieurs fois, après le refus de cette offre, d'y pourvoir eux-mêmes sans tarder. Celui qui n'a rien entrepris en temps utile pour protéger ses droits sur des titres au porteur qui lui ont été volés ne peut ensuite en réclamer la restitution à l'acquéreur ou au créancier gagiste qui est entré en leur possession dans des conditions normales, en lui reprochant sans motifs fondés une prétendue mauvaise foi. Cela étant, conformément à l'art. 44 CO, une action en dommages-intérêts contre la défenderesse ne saurait être admise, le préjudice subi par les demandeurs étant la conséquence de leur propre négligence (OFTINGER, note 380 à l'art. 884 CC).
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce:
Le recours est rejeté et le jugement attaqué est confirmé.
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fr
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Costituzione di pegno su titoli al portatore. Buona fede del creditore pignoratizio? (art. 3, 884 cp. 2, 899 cp. 2, 901, 935 CC; 41, 44 CO). 1. Grado di attenzione richiesto dal banchiere che riceve in pegno titoli al portatore (consid. 1).
2. Importanza degli usi bancari (consid. 2).
3. Inesistenza di rapporti contrattuali tra il creditore pignoratizio e il proprietario sconosciuto dei titoli. Assenza di un atto illecito nella persona del creditore pignoratizio in buona fede (consid. 3).
4. Circostanze speciali, tali da indurre il creditore pignoratizio a essere cauto? (consid. 4).
5. Momento determinante per giudicare della buona o mala fede del creditore pignoratizio. Attenzione che dev'essere prestata dal banchiere cui è proposto un affare normale (consid. 5).
6. Occorre tenere conto, nell'ambito dell'art. 44 CO, della negligenza grave imputabile alla persona cui sono stati rubati titoli al portatore (consid. 6).
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it
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83 II 141
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83 II 141
Sachverhalt ab Seite 142
A.- Schwegler ist Eigentümer einer Liegenschaft in Werthenstein. Am 1. September 1956 erwirkte er beim Amtsgerichtspräsidenten von Entlebuch ein allgemeines Verbot des Befahrens einer auf seinem Boden verlaufenden Strasse mit Motorfahrzeugen (Autos, Lastwagen, Traktoren etc.), ferner des Betretens seiner Liegenschaft ausserhalb der bestehenden Wege und des Laufenlassens von Hühnern, wie überhaupt jeder Besitzesstörung, unter Strafandrohung.
B.- Seine Nachbarn Albisser, Brechbühl und Isenschmid (sowie Koch, der aber am Beschwerdeverfahren nicht mehr beteiligt ist) verlangten unverzüglich die Aufhebung des Verbotes hinsichtlich der Wegbenützung mit Motorfahrzeugen. Sie machten geltend, das streitige Wegstück sei seit jeher ihre Zufahrtstrasse. Für deren Pflege und Unterhalt hätten sie schon etliche Arbeit geleistet, namentlich beim Ausbau der Strasse im Winter 1952/53. Diese sei zum Befahren mit Automobilen geeignet, und heutzutage sei die Benützung solcher Fahrzeuge auch für Bauern unentbehrlich.
Der Beklagte widersetzte sich der Klage. Er verneinte jegliches Durchfahrtsrecht der Kläger und erklärte, er habe zwar nichts dagegen einzuwenden, dass sie das Strässchen "in vernünftigem Masse" mit Pferdefuhrwerken und andern Fahrzeugen benützen, die eine ähnliche Belastung mit sich bringen; dagegen könne er die Benützung mit Lastwagen auch "precario modo" nicht gestatten.
C.- Der Amtsgerichtspräsident von Entlebuch wies die Verbotsaufhebungsklage ab, weil die Kläger nicht in der Lage seien, urkundliche Fahrwegrechte nachzuweisen. Im gleichen Sinn entschied als zweite Instanz die Justizkommission des luzernischen Obergerichtes. Deren Entscheid vom 27. Dezember 1956 gelangte zum Ergebnis, es bestehe nicht nur, was die Kläger zugegeben, kein urkundliches Fahrwegrecht, sondern es sei auch weder eine Popularservitut noch eine Grunddienstbarkeit durch unvordenkliche Verjährung (Immemorialverjährung) dargetan. Da die Kläger im Verbotsaufhebungsverfahren ihre Behauptungen nicht hinreichend glaubhaft zu machen vermochten, seien sie auf den ordentlichen Prozessweg zu verweisen.
D.- Gegen diesen Entscheid haben die Kläger Nichtigkeitsbeschwerde erhoben, mit der sie die Anwendung kantonalen statt eidgenössischen Rechtes rügen (Art. 68 Abs. 1 lit. a OG). Sie machen geltend, ihre Klage hätte als reine Besitzesschutzklage nach Art. 926 ff. ZGB, ohne Prüfung des Rechtsbestandes, beurteilt werden sollen. Statt dessen habe das Obergericht auf Grund einer kantonalen Prozessnorm (§ 350 Abs. 2 der luzernischen ZPO) die Glaubhaftmachung einer materiellen Berechtigung verlangt.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 68 Abs. 1 OG ist in Zivilsachen, die nicht der Berufung unterliegen, gegen letztinstanzliche Entscheide kantonaler Behörden Nichtigkeitsbeschwerde zulässig, (a) wenn statt des massgebenden eidgenössischen Rechts kantonales Recht angewendet worden ist.
Eine Zivilsache liegt zweifellos vor, da die Kläger den Besitzesschutz für eine Dienstbarkeit in Anspruch genommen haben. Und zwar hat die Justizkommission des Obergerichts als letzte kantonale Instanz geurteilt. Endlich ist nicht etwa ein Endentscheid ergangen, der bei genügendem Streitwert der Berufung unterläge, sondern ein blosser Zwischenentscheid im summarischen Verfahren (vgl. BGE 81 II 85), wie denn die Kläger auf den ordentlichen Prozessweg verwiesen worden sind.
2. Die Verweisung in das ordentliche Verfahren bedeutet an und für sich keinen Einbruch in das Bundesrecht. Dieses schreibt für Besitzesschutzklagen nach Art. 927 und 928 ZGB kein bestimmtes Verfahren vor, sondern stellt es dem kantonalen Recht anheim, für solche Klagen das ordentliche oder ein summarisches Verfahren vorzusehen (vgl. E. HABLÜTZEL, Verhältnis der Besitzschutzklagen zum Rechtsschutz, S. 102). Gilt nach der kantonalen Ordnung für solche Klagen schlechthin das ordentliche Verfahren, so muss es dabei sein Bewenden haben. Aber auch wenn ein summarisches Verfahren zur Verfügung steht, jedoch in einem einzelnen Falle nicht als geeignet befunden wird, die Entscheidung herbeizuführen, kann nicht von der Anwendung kantonalen statt eidgenössischen Rechts gesprochen werden. Mag darin eine unrichtige Anwendung der kantonalen Verfahrensordnung liegen, so fällt doch der von den Beschwerdeführern angerufene Nichtigkeitsgrund ausser Betracht.
3. Zu entscheiden ist daher nur, ob das kantonale Urteil, ganz abgesehen vom Verfahrensgang, in seinem sachlichen Inhalt auf kantonalem statt auf eidgenössischem Rechte beruhe. Die Beschwerdeführer behaupten dies, indem sie dem Obergericht vorwerfen, aus einer kantonalen Prozessnorm das Erfordernis eines Rechtsnachweises hergeleitet zu haben, während die Art. 926 ff. ZGB bloss auf das tatsächliche Gewaltverhältnis des Besitzes Rücksicht nehmen. Es ist ihnen zuzugeben, dass es nicht anginge, auf Grund kantonalen Rechts für die vom Bundesrecht beherrschten Besitzesschutzklagen besondere, zusätzliche Erfordernisse aufzustellen und den Besitzesschutz auf solche Weise zu erschweren (vgl. OSTERTAG, N. 5 und HOMBERGER, N. 12 zu Art. 927 ZGB; gleiches gilt auch für die Klage aus Besitzesstörung nach Art. 928 ZGB). Allein im vorliegenden Fall erweist sich diese Rüge aus folgenden Gründen als unzutreffend.
a) Neben dem bundesrechtlichen Besitzesschutz durch Selbsthilfe (Art. 926 ZGB) oder Klage (Art. 927 und 928 ZGB) gibt es einen administrativen und polizeilichen Besitzesschutz nach kantonalem Recht, wie ihn hier der Grundeigentümer durch Erwirkung eines amtlichen Verbotes in Anspruch genommen hat. Was vorzukehren sei, um die Wirkungen eines solchen Verbotes auf bestehende Rechte abzuwenden, bestimmt grundsätzlich ebenfalls das kantonale Recht (vgl. HOMBERGER, N. 18 zu Art. 927 ZGB). Während z.B. nach der bernischen Verbotsordnung ein Betroffener durch blossen Einspruch ("Rechtsvorschlag") das Verbot, soweit es ihn betrifft, unwirksam machen kann (Art. 118 ff. EG zum ZGB), ist er nach § 350 Abs. 2 der luzernischen ZPO auf Erhebung einer Verbotsaufhebungsklage angewiesen. Freilich richtet sich das Verbot seinem Zweck entsprechend nur gegen Unbefugte, auch wenn dies in seinem Texte nicht ausgesprochen wird. Hätte der Verbotsnehmer eine Grunddienstbarkeit der Beschwerdeführer mit der Befugnis, auch mit Traktoren und dergleichen Fahrzeugen über den Weg zu fahren, anerkannt, so hätten sie das Verbot gar nicht auf sich selber beziehen müssen. Da Schwegler aber das Verbot ohne Zweifel auch gegen sie anzuwenden gedachte, indem er sie zu den Unbefugten rechnete, hatten sie hinreichenden Anlass zur Verbotsaufhebungsklage, um ihre wirklichen oder vermeintlichen Rechte zu wahren. Und zwar durften sie die Klage auf die Art. 926 ff. ZGB stützen, da sie sich einen Rechtsbesitz als Servitutsberechtigte zuschreiben. Denn es kann nicht der Sinn eines auf einseitiges Verlangen des Grundeigentümers erlassenen allgemeinen Verbotes sein, in bestehende Besitzverhältnisse einzugreifen und Dritten, die am Verbotsbewilligungsverfahren nicht teilnahmen, den Rechtsbehelf des Besitzesschutzes vorzuenthalten. Liegt auch in der Erwirkung des Verbotes an und für sich keine verbotene Eigenmacht, so kann doch die Anwendung des Verbotes gegen Personen, denen am betreffenden Grundstück Besitz zusteht, ein unzulässiger Eingriff in einen solchen Besitzstand sein. Und da im vorliegenden Falle das Verbot nach der Absicht des Verbotsnehmers auch die Beschwerdeführer, seine Nachbarn, treffen sollte, war damit deren wirklicher oder vermeintlicher Rechtsbesitz bedroht, was einer Besitzesstörung durch Tathandlungen gleichsteht (vgl. WIELAND, N. 2 zu Art. 928 ZGB). Die Klage war daher als Besitzesschutzklage nach Art. 926 ff. ZGB, speziell 928, zu beurteilen.
b) Darüber, ob die Beschwerdeführer am streitigen Wege Besitz kraft einer Grunddienstbarkeit haben (Art. 919 Abs. 2 ZGB), konnte die Vorinstanz nun aber nur nach Prüfung des Bestandes und Umfanges des behaupteten Dienstbarkeitsrechtes entscheiden. Die Benützung eines Weges durch einen Nachbar, mag sie auch seit längerer Zeit und oft vorgekommen sein, darf nicht ohne weiteres als Ausübung eines Rechtes, zumal eines dinglichen, gelten. Kann sie doch unerlaubt sein oder aus blosser Gefälligkeit, auf Zusehen hin, ohne Einräumung eines Rechtes gestattet oder geduldet worden sein. Eine Grunddienstbarkeit kann nur ausüben, wem eine solche zusteht. Zur Errichtung bedarf es nach Art. 731 ZGB der Eintragung in das Grundbuch (oder, nach luzernischem Recht, der sog. Vormerkung am Hypothekarprotokoll; § 131 Ziff. 1 lit. b des EG zum ZGB). Deshalb wird als erste Voraussetzung eines auf Grunddienstbarkeit gestützten Besitzesschutzes der Grundbucheintrag bezeichnet (vgl. HOMBERGER, N. 22 zu Art. 919 ZGB). Nun ist den Beschwerdeführern allerdings darin beizustimmen, dass altrechtliche Grunddienstbarkeiten auch ohne Emtragung bis auf weiteres in Kraft bleiben (Art. 21 SchlT des ZGB). Wenn sie sich aber auf diese Rechtsgrundlage berufen wollten, hatten sie den rechtlichen Bestand der Grunddienstbarkeit nach den dafür geltenden Normen des kantonalen Rechtes glaubhaft zu machen. Davon geht der angefochtene Entscheid zutreffend aus und hält sich damit, wie dargetan, im Rahmen der bundesrechtlichen Voraussetzungen des Besitzesschutzes. Somit kann ihm nicht die Anwendung kantonalen statt eidgenössischen Rechts vorgehalten werden.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Besitzesschutz (Art. 926 ff. ZGB). 1. Das Verfahren zur Beurteilung von Besitzesschutzklagen nach Art. 927 und 928 ZGB (ordentliches oder summarisches) wird vom kantonalen Rechte bestimmt (Erw. 2 und 3, a).
2. Das kantonale Recht darf den Besitzesschutz nicht an strengere als die vom Bundesrecht aufgestellten Voraussetzungen knüpfen. Für eine Grunddienstbarkeit (Wegrecht) kann der Besitzesschutz (Art. 919 Abs. 2 ZGB) auch dann angerufen werden, wenn der Eigentümer des in Anspruch genommenen Landes ein allgemeines amtliches Verbot der Störung seines Eigenbesitzes erwirkt hat (Erw. 3 Anfang und lit. a).
3. Wer den Besitzesschutz für eine Grunddienstbarkeit in Anspruch nimmt (Art. 919 Abs. 2 ZGB), hat deren rechtlichen Bestand glaubhaft zu machen (Erw. 3, b).
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Sachverhalt ab Seite 142
A.- Schwegler ist Eigentümer einer Liegenschaft in Werthenstein. Am 1. September 1956 erwirkte er beim Amtsgerichtspräsidenten von Entlebuch ein allgemeines Verbot des Befahrens einer auf seinem Boden verlaufenden Strasse mit Motorfahrzeugen (Autos, Lastwagen, Traktoren etc.), ferner des Betretens seiner Liegenschaft ausserhalb der bestehenden Wege und des Laufenlassens von Hühnern, wie überhaupt jeder Besitzesstörung, unter Strafandrohung.
B.- Seine Nachbarn Albisser, Brechbühl und Isenschmid (sowie Koch, der aber am Beschwerdeverfahren nicht mehr beteiligt ist) verlangten unverzüglich die Aufhebung des Verbotes hinsichtlich der Wegbenützung mit Motorfahrzeugen. Sie machten geltend, das streitige Wegstück sei seit jeher ihre Zufahrtstrasse. Für deren Pflege und Unterhalt hätten sie schon etliche Arbeit geleistet, namentlich beim Ausbau der Strasse im Winter 1952/53. Diese sei zum Befahren mit Automobilen geeignet, und heutzutage sei die Benützung solcher Fahrzeuge auch für Bauern unentbehrlich.
Der Beklagte widersetzte sich der Klage. Er verneinte jegliches Durchfahrtsrecht der Kläger und erklärte, er habe zwar nichts dagegen einzuwenden, dass sie das Strässchen "in vernünftigem Masse" mit Pferdefuhrwerken und andern Fahrzeugen benützen, die eine ähnliche Belastung mit sich bringen; dagegen könne er die Benützung mit Lastwagen auch "precario modo" nicht gestatten.
C.- Der Amtsgerichtspräsident von Entlebuch wies die Verbotsaufhebungsklage ab, weil die Kläger nicht in der Lage seien, urkundliche Fahrwegrechte nachzuweisen. Im gleichen Sinn entschied als zweite Instanz die Justizkommission des luzernischen Obergerichtes. Deren Entscheid vom 27. Dezember 1956 gelangte zum Ergebnis, es bestehe nicht nur, was die Kläger zugegeben, kein urkundliches Fahrwegrecht, sondern es sei auch weder eine Popularservitut noch eine Grunddienstbarkeit durch unvordenkliche Verjährung (Immemorialverjährung) dargetan. Da die Kläger im Verbotsaufhebungsverfahren ihre Behauptungen nicht hinreichend glaubhaft zu machen vermochten, seien sie auf den ordentlichen Prozessweg zu verweisen.
D.- Gegen diesen Entscheid haben die Kläger Nichtigkeitsbeschwerde erhoben, mit der sie die Anwendung kantonalen statt eidgenössischen Rechtes rügen (Art. 68 Abs. 1 lit. a OG). Sie machen geltend, ihre Klage hätte als reine Besitzesschutzklage nach Art. 926 ff. ZGB, ohne Prüfung des Rechtsbestandes, beurteilt werden sollen. Statt dessen habe das Obergericht auf Grund einer kantonalen Prozessnorm (§ 350 Abs. 2 der luzernischen ZPO) die Glaubhaftmachung einer materiellen Berechtigung verlangt.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 68 Abs. 1 OG ist in Zivilsachen, die nicht der Berufung unterliegen, gegen letztinstanzliche Entscheide kantonaler Behörden Nichtigkeitsbeschwerde zulässig, (a) wenn statt des massgebenden eidgenössischen Rechts kantonales Recht angewendet worden ist.
Eine Zivilsache liegt zweifellos vor, da die Kläger den Besitzesschutz für eine Dienstbarkeit in Anspruch genommen haben. Und zwar hat die Justizkommission des Obergerichts als letzte kantonale Instanz geurteilt. Endlich ist nicht etwa ein Endentscheid ergangen, der bei genügendem Streitwert der Berufung unterläge, sondern ein blosser Zwischenentscheid im summarischen Verfahren (vgl. BGE 81 II 85), wie denn die Kläger auf den ordentlichen Prozessweg verwiesen worden sind.
2. Die Verweisung in das ordentliche Verfahren bedeutet an und für sich keinen Einbruch in das Bundesrecht. Dieses schreibt für Besitzesschutzklagen nach Art. 927 und 928 ZGB kein bestimmtes Verfahren vor, sondern stellt es dem kantonalen Recht anheim, für solche Klagen das ordentliche oder ein summarisches Verfahren vorzusehen (vgl. E. HABLÜTZEL, Verhältnis der Besitzschutzklagen zum Rechtsschutz, S. 102). Gilt nach der kantonalen Ordnung für solche Klagen schlechthin das ordentliche Verfahren, so muss es dabei sein Bewenden haben. Aber auch wenn ein summarisches Verfahren zur Verfügung steht, jedoch in einem einzelnen Falle nicht als geeignet befunden wird, die Entscheidung herbeizuführen, kann nicht von der Anwendung kantonalen statt eidgenössischen Rechts gesprochen werden. Mag darin eine unrichtige Anwendung der kantonalen Verfahrensordnung liegen, so fällt doch der von den Beschwerdeführern angerufene Nichtigkeitsgrund ausser Betracht.
3. Zu entscheiden ist daher nur, ob das kantonale Urteil, ganz abgesehen vom Verfahrensgang, in seinem sachlichen Inhalt auf kantonalem statt auf eidgenössischem Rechte beruhe. Die Beschwerdeführer behaupten dies, indem sie dem Obergericht vorwerfen, aus einer kantonalen Prozessnorm das Erfordernis eines Rechtsnachweises hergeleitet zu haben, während die Art. 926 ff. ZGB bloss auf das tatsächliche Gewaltverhältnis des Besitzes Rücksicht nehmen. Es ist ihnen zuzugeben, dass es nicht anginge, auf Grund kantonalen Rechts für die vom Bundesrecht beherrschten Besitzesschutzklagen besondere, zusätzliche Erfordernisse aufzustellen und den Besitzesschutz auf solche Weise zu erschweren (vgl. OSTERTAG, N. 5 und HOMBERGER, N. 12 zu Art. 927 ZGB; gleiches gilt auch für die Klage aus Besitzesstörung nach Art. 928 ZGB). Allein im vorliegenden Fall erweist sich diese Rüge aus folgenden Gründen als unzutreffend.
a) Neben dem bundesrechtlichen Besitzesschutz durch Selbsthilfe (Art. 926 ZGB) oder Klage (Art. 927 und 928 ZGB) gibt es einen administrativen und polizeilichen Besitzesschutz nach kantonalem Recht, wie ihn hier der Grundeigentümer durch Erwirkung eines amtlichen Verbotes in Anspruch genommen hat. Was vorzukehren sei, um die Wirkungen eines solchen Verbotes auf bestehende Rechte abzuwenden, bestimmt grundsätzlich ebenfalls das kantonale Recht (vgl. HOMBERGER, N. 18 zu Art. 927 ZGB). Während z.B. nach der bernischen Verbotsordnung ein Betroffener durch blossen Einspruch ("Rechtsvorschlag") das Verbot, soweit es ihn betrifft, unwirksam machen kann (Art. 118 ff. EG zum ZGB), ist er nach § 350 Abs. 2 der luzernischen ZPO auf Erhebung einer Verbotsaufhebungsklage angewiesen. Freilich richtet sich das Verbot seinem Zweck entsprechend nur gegen Unbefugte, auch wenn dies in seinem Texte nicht ausgesprochen wird. Hätte der Verbotsnehmer eine Grunddienstbarkeit der Beschwerdeführer mit der Befugnis, auch mit Traktoren und dergleichen Fahrzeugen über den Weg zu fahren, anerkannt, so hätten sie das Verbot gar nicht auf sich selber beziehen müssen. Da Schwegler aber das Verbot ohne Zweifel auch gegen sie anzuwenden gedachte, indem er sie zu den Unbefugten rechnete, hatten sie hinreichenden Anlass zur Verbotsaufhebungsklage, um ihre wirklichen oder vermeintlichen Rechte zu wahren. Und zwar durften sie die Klage auf die Art. 926 ff. ZGB stützen, da sie sich einen Rechtsbesitz als Servitutsberechtigte zuschreiben. Denn es kann nicht der Sinn eines auf einseitiges Verlangen des Grundeigentümers erlassenen allgemeinen Verbotes sein, in bestehende Besitzverhältnisse einzugreifen und Dritten, die am Verbotsbewilligungsverfahren nicht teilnahmen, den Rechtsbehelf des Besitzesschutzes vorzuenthalten. Liegt auch in der Erwirkung des Verbotes an und für sich keine verbotene Eigenmacht, so kann doch die Anwendung des Verbotes gegen Personen, denen am betreffenden Grundstück Besitz zusteht, ein unzulässiger Eingriff in einen solchen Besitzstand sein. Und da im vorliegenden Falle das Verbot nach der Absicht des Verbotsnehmers auch die Beschwerdeführer, seine Nachbarn, treffen sollte, war damit deren wirklicher oder vermeintlicher Rechtsbesitz bedroht, was einer Besitzesstörung durch Tathandlungen gleichsteht (vgl. WIELAND, N. 2 zu Art. 928 ZGB). Die Klage war daher als Besitzesschutzklage nach Art. 926 ff. ZGB, speziell 928, zu beurteilen.
b) Darüber, ob die Beschwerdeführer am streitigen Wege Besitz kraft einer Grunddienstbarkeit haben (Art. 919 Abs. 2 ZGB), konnte die Vorinstanz nun aber nur nach Prüfung des Bestandes und Umfanges des behaupteten Dienstbarkeitsrechtes entscheiden. Die Benützung eines Weges durch einen Nachbar, mag sie auch seit längerer Zeit und oft vorgekommen sein, darf nicht ohne weiteres als Ausübung eines Rechtes, zumal eines dinglichen, gelten. Kann sie doch unerlaubt sein oder aus blosser Gefälligkeit, auf Zusehen hin, ohne Einräumung eines Rechtes gestattet oder geduldet worden sein. Eine Grunddienstbarkeit kann nur ausüben, wem eine solche zusteht. Zur Errichtung bedarf es nach Art. 731 ZGB der Eintragung in das Grundbuch (oder, nach luzernischem Recht, der sog. Vormerkung am Hypothekarprotokoll; § 131 Ziff. 1 lit. b des EG zum ZGB). Deshalb wird als erste Voraussetzung eines auf Grunddienstbarkeit gestützten Besitzesschutzes der Grundbucheintrag bezeichnet (vgl. HOMBERGER, N. 22 zu Art. 919 ZGB). Nun ist den Beschwerdeführern allerdings darin beizustimmen, dass altrechtliche Grunddienstbarkeiten auch ohne Emtragung bis auf weiteres in Kraft bleiben (Art. 21 SchlT des ZGB). Wenn sie sich aber auf diese Rechtsgrundlage berufen wollten, hatten sie den rechtlichen Bestand der Grunddienstbarkeit nach den dafür geltenden Normen des kantonalen Rechtes glaubhaft zu machen. Davon geht der angefochtene Entscheid zutreffend aus und hält sich damit, wie dargetan, im Rahmen der bundesrechtlichen Voraussetzungen des Besitzesschutzes. Somit kann ihm nicht die Anwendung kantonalen statt eidgenössischen Rechts vorgehalten werden.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Protection de la possession (art. 926 ss. CC). 1. La procédure applicable aux actions possessoires des art. 927 et 928 CC (procédure ordinaire ou procédure sommaire) est réglée par le droit cantonal (consid. 2 et 3, a).
2. Le droit cantonal ne peut soumettre la protection de la possession à des conditions plus strictes que celles qui sont établies par le droit fédéral. La protection de la possession (art. 919 al. 2 CC) peut être invoquée pour une servitude (droit de passage) alors même que le propriétaire du fonds sur lequel celle-ci est prétendue a obtenu de l'autorité une défense générale de troubler sa propre possession (consid. 3, début et litt. a).
3. Celui qui invoque la protection de la possession pour une servitude (art. 919 al. 2 CC) doit rendre vraisemblable l'existence du droit qu'il prétend (consid. 3 b).
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Sachverhalt ab Seite 142
A.- Schwegler ist Eigentümer einer Liegenschaft in Werthenstein. Am 1. September 1956 erwirkte er beim Amtsgerichtspräsidenten von Entlebuch ein allgemeines Verbot des Befahrens einer auf seinem Boden verlaufenden Strasse mit Motorfahrzeugen (Autos, Lastwagen, Traktoren etc.), ferner des Betretens seiner Liegenschaft ausserhalb der bestehenden Wege und des Laufenlassens von Hühnern, wie überhaupt jeder Besitzesstörung, unter Strafandrohung.
B.- Seine Nachbarn Albisser, Brechbühl und Isenschmid (sowie Koch, der aber am Beschwerdeverfahren nicht mehr beteiligt ist) verlangten unverzüglich die Aufhebung des Verbotes hinsichtlich der Wegbenützung mit Motorfahrzeugen. Sie machten geltend, das streitige Wegstück sei seit jeher ihre Zufahrtstrasse. Für deren Pflege und Unterhalt hätten sie schon etliche Arbeit geleistet, namentlich beim Ausbau der Strasse im Winter 1952/53. Diese sei zum Befahren mit Automobilen geeignet, und heutzutage sei die Benützung solcher Fahrzeuge auch für Bauern unentbehrlich.
Der Beklagte widersetzte sich der Klage. Er verneinte jegliches Durchfahrtsrecht der Kläger und erklärte, er habe zwar nichts dagegen einzuwenden, dass sie das Strässchen "in vernünftigem Masse" mit Pferdefuhrwerken und andern Fahrzeugen benützen, die eine ähnliche Belastung mit sich bringen; dagegen könne er die Benützung mit Lastwagen auch "precario modo" nicht gestatten.
C.- Der Amtsgerichtspräsident von Entlebuch wies die Verbotsaufhebungsklage ab, weil die Kläger nicht in der Lage seien, urkundliche Fahrwegrechte nachzuweisen. Im gleichen Sinn entschied als zweite Instanz die Justizkommission des luzernischen Obergerichtes. Deren Entscheid vom 27. Dezember 1956 gelangte zum Ergebnis, es bestehe nicht nur, was die Kläger zugegeben, kein urkundliches Fahrwegrecht, sondern es sei auch weder eine Popularservitut noch eine Grunddienstbarkeit durch unvordenkliche Verjährung (Immemorialverjährung) dargetan. Da die Kläger im Verbotsaufhebungsverfahren ihre Behauptungen nicht hinreichend glaubhaft zu machen vermochten, seien sie auf den ordentlichen Prozessweg zu verweisen.
D.- Gegen diesen Entscheid haben die Kläger Nichtigkeitsbeschwerde erhoben, mit der sie die Anwendung kantonalen statt eidgenössischen Rechtes rügen (Art. 68 Abs. 1 lit. a OG). Sie machen geltend, ihre Klage hätte als reine Besitzesschutzklage nach Art. 926 ff. ZGB, ohne Prüfung des Rechtsbestandes, beurteilt werden sollen. Statt dessen habe das Obergericht auf Grund einer kantonalen Prozessnorm (§ 350 Abs. 2 der luzernischen ZPO) die Glaubhaftmachung einer materiellen Berechtigung verlangt.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 68 Abs. 1 OG ist in Zivilsachen, die nicht der Berufung unterliegen, gegen letztinstanzliche Entscheide kantonaler Behörden Nichtigkeitsbeschwerde zulässig, (a) wenn statt des massgebenden eidgenössischen Rechts kantonales Recht angewendet worden ist.
Eine Zivilsache liegt zweifellos vor, da die Kläger den Besitzesschutz für eine Dienstbarkeit in Anspruch genommen haben. Und zwar hat die Justizkommission des Obergerichts als letzte kantonale Instanz geurteilt. Endlich ist nicht etwa ein Endentscheid ergangen, der bei genügendem Streitwert der Berufung unterläge, sondern ein blosser Zwischenentscheid im summarischen Verfahren (vgl. BGE 81 II 85), wie denn die Kläger auf den ordentlichen Prozessweg verwiesen worden sind.
2. Die Verweisung in das ordentliche Verfahren bedeutet an und für sich keinen Einbruch in das Bundesrecht. Dieses schreibt für Besitzesschutzklagen nach Art. 927 und 928 ZGB kein bestimmtes Verfahren vor, sondern stellt es dem kantonalen Recht anheim, für solche Klagen das ordentliche oder ein summarisches Verfahren vorzusehen (vgl. E. HABLÜTZEL, Verhältnis der Besitzschutzklagen zum Rechtsschutz, S. 102). Gilt nach der kantonalen Ordnung für solche Klagen schlechthin das ordentliche Verfahren, so muss es dabei sein Bewenden haben. Aber auch wenn ein summarisches Verfahren zur Verfügung steht, jedoch in einem einzelnen Falle nicht als geeignet befunden wird, die Entscheidung herbeizuführen, kann nicht von der Anwendung kantonalen statt eidgenössischen Rechts gesprochen werden. Mag darin eine unrichtige Anwendung der kantonalen Verfahrensordnung liegen, so fällt doch der von den Beschwerdeführern angerufene Nichtigkeitsgrund ausser Betracht.
3. Zu entscheiden ist daher nur, ob das kantonale Urteil, ganz abgesehen vom Verfahrensgang, in seinem sachlichen Inhalt auf kantonalem statt auf eidgenössischem Rechte beruhe. Die Beschwerdeführer behaupten dies, indem sie dem Obergericht vorwerfen, aus einer kantonalen Prozessnorm das Erfordernis eines Rechtsnachweises hergeleitet zu haben, während die Art. 926 ff. ZGB bloss auf das tatsächliche Gewaltverhältnis des Besitzes Rücksicht nehmen. Es ist ihnen zuzugeben, dass es nicht anginge, auf Grund kantonalen Rechts für die vom Bundesrecht beherrschten Besitzesschutzklagen besondere, zusätzliche Erfordernisse aufzustellen und den Besitzesschutz auf solche Weise zu erschweren (vgl. OSTERTAG, N. 5 und HOMBERGER, N. 12 zu Art. 927 ZGB; gleiches gilt auch für die Klage aus Besitzesstörung nach Art. 928 ZGB). Allein im vorliegenden Fall erweist sich diese Rüge aus folgenden Gründen als unzutreffend.
a) Neben dem bundesrechtlichen Besitzesschutz durch Selbsthilfe (Art. 926 ZGB) oder Klage (Art. 927 und 928 ZGB) gibt es einen administrativen und polizeilichen Besitzesschutz nach kantonalem Recht, wie ihn hier der Grundeigentümer durch Erwirkung eines amtlichen Verbotes in Anspruch genommen hat. Was vorzukehren sei, um die Wirkungen eines solchen Verbotes auf bestehende Rechte abzuwenden, bestimmt grundsätzlich ebenfalls das kantonale Recht (vgl. HOMBERGER, N. 18 zu Art. 927 ZGB). Während z.B. nach der bernischen Verbotsordnung ein Betroffener durch blossen Einspruch ("Rechtsvorschlag") das Verbot, soweit es ihn betrifft, unwirksam machen kann (Art. 118 ff. EG zum ZGB), ist er nach § 350 Abs. 2 der luzernischen ZPO auf Erhebung einer Verbotsaufhebungsklage angewiesen. Freilich richtet sich das Verbot seinem Zweck entsprechend nur gegen Unbefugte, auch wenn dies in seinem Texte nicht ausgesprochen wird. Hätte der Verbotsnehmer eine Grunddienstbarkeit der Beschwerdeführer mit der Befugnis, auch mit Traktoren und dergleichen Fahrzeugen über den Weg zu fahren, anerkannt, so hätten sie das Verbot gar nicht auf sich selber beziehen müssen. Da Schwegler aber das Verbot ohne Zweifel auch gegen sie anzuwenden gedachte, indem er sie zu den Unbefugten rechnete, hatten sie hinreichenden Anlass zur Verbotsaufhebungsklage, um ihre wirklichen oder vermeintlichen Rechte zu wahren. Und zwar durften sie die Klage auf die Art. 926 ff. ZGB stützen, da sie sich einen Rechtsbesitz als Servitutsberechtigte zuschreiben. Denn es kann nicht der Sinn eines auf einseitiges Verlangen des Grundeigentümers erlassenen allgemeinen Verbotes sein, in bestehende Besitzverhältnisse einzugreifen und Dritten, die am Verbotsbewilligungsverfahren nicht teilnahmen, den Rechtsbehelf des Besitzesschutzes vorzuenthalten. Liegt auch in der Erwirkung des Verbotes an und für sich keine verbotene Eigenmacht, so kann doch die Anwendung des Verbotes gegen Personen, denen am betreffenden Grundstück Besitz zusteht, ein unzulässiger Eingriff in einen solchen Besitzstand sein. Und da im vorliegenden Falle das Verbot nach der Absicht des Verbotsnehmers auch die Beschwerdeführer, seine Nachbarn, treffen sollte, war damit deren wirklicher oder vermeintlicher Rechtsbesitz bedroht, was einer Besitzesstörung durch Tathandlungen gleichsteht (vgl. WIELAND, N. 2 zu Art. 928 ZGB). Die Klage war daher als Besitzesschutzklage nach Art. 926 ff. ZGB, speziell 928, zu beurteilen.
b) Darüber, ob die Beschwerdeführer am streitigen Wege Besitz kraft einer Grunddienstbarkeit haben (Art. 919 Abs. 2 ZGB), konnte die Vorinstanz nun aber nur nach Prüfung des Bestandes und Umfanges des behaupteten Dienstbarkeitsrechtes entscheiden. Die Benützung eines Weges durch einen Nachbar, mag sie auch seit längerer Zeit und oft vorgekommen sein, darf nicht ohne weiteres als Ausübung eines Rechtes, zumal eines dinglichen, gelten. Kann sie doch unerlaubt sein oder aus blosser Gefälligkeit, auf Zusehen hin, ohne Einräumung eines Rechtes gestattet oder geduldet worden sein. Eine Grunddienstbarkeit kann nur ausüben, wem eine solche zusteht. Zur Errichtung bedarf es nach Art. 731 ZGB der Eintragung in das Grundbuch (oder, nach luzernischem Recht, der sog. Vormerkung am Hypothekarprotokoll; § 131 Ziff. 1 lit. b des EG zum ZGB). Deshalb wird als erste Voraussetzung eines auf Grunddienstbarkeit gestützten Besitzesschutzes der Grundbucheintrag bezeichnet (vgl. HOMBERGER, N. 22 zu Art. 919 ZGB). Nun ist den Beschwerdeführern allerdings darin beizustimmen, dass altrechtliche Grunddienstbarkeiten auch ohne Emtragung bis auf weiteres in Kraft bleiben (Art. 21 SchlT des ZGB). Wenn sie sich aber auf diese Rechtsgrundlage berufen wollten, hatten sie den rechtlichen Bestand der Grunddienstbarkeit nach den dafür geltenden Normen des kantonalen Rechtes glaubhaft zu machen. Davon geht der angefochtene Entscheid zutreffend aus und hält sich damit, wie dargetan, im Rahmen der bundesrechtlichen Voraussetzungen des Besitzesschutzes. Somit kann ihm nicht die Anwendung kantonalen statt eidgenössischen Rechts vorgehalten werden.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Protezione del possesso (art. 926 sgg. CC). 1. La procedura applicabile alle azioni possessorie degli art. 927 e 928 CC (procedura ordinaria o procedura sommaria) è disciplinata dal diritto cantonale (consid. 2 e 3, a).
2. Il diritto cantonale non può sottoporre la protezione del possesso a condizioni più severe di quelle stabilite dal diritto federale. Per una servitù (diritto di passo), la protezione del possesso (art. 919 cp. 2 CC) può essere invocata quand'anche il proprietario del fondo gravato abbia ottenuto dall'autoritàun divieto generale di turbare il suo possesso (consid. 3, inizio, e lett. a).
3. Chi invoca la protezione del possesso per una servitù (art. 919 cp. 2 CC) deve rendere verosimile l'esistenza del diritto allegato (consid. 3, b).
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83 II 147
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Sachverhalt ab Seite 147
A.- Die Eisengiesserei Biel G.m.b.H. und Laura Tobler, Christoph Tobler sen. und Dr. Christoph Tobler jun., denen die Stammanteile der erwähnten Gesellschaft gehörten, schlossen am 21. Januar 1954 mit ihrem Geschäftsführer Bruno Dumelin folgenden Vertrag:
1. Herr Bruno Dumelin leitet sofort und mit aller Energie den Verkauf der Eisengiesserei Biel G.m.b.H. ein, sei es durch Verkauf der Aktiven und Passiven der Gesellschaft, sei es durch Liquidation oder sei es durch Veräusserung sämtlicher Gesellschaftsanteile.
2. Der Verkauf selber bleibt der Gesellschaftsversammlung vorbehalten.
3. Herr Dumelin hält sich dabei an folgende Richtlinien:
a) Es soll nach Möglichkeit ein Kaufpreis erzielt werden, welcher wenigstens der Bilanzsumme per 31. Dezember 1953 (Summe der Passiven mit Einschluss des Gesellschaftskapitals) entspricht.
b) Er hält die Geschäftsleitung über alle Kaufsofferten ständig auf dem Laufenden.
4. Übersteigt der Kaufpreis die in Ziff. 3 a erwähnte Bilanzsumme, so erhält Herr Dumelin bis zu Fr. 50'000.-- den ganzen Übererlös und 25% von dem Fr. 50'000.-- übersteigenden Betrag als Entschädigung.
5. Bleibt der realisierte Verkaufserlös unter der erwähnten Bilanzsumme, so erhält Dumelin eine einmalige Entschädigung von Fr. 6000.--.
6. Mit dem Verkauf der Aktiven und Passiven der Gesellschaft bzw. nach erfolgter Liquidation erlischt der Anstellungsvertrag von Herrn Dumelin automatisch, wobei es selbstverständlich Herrn Dumelin frei steht, sich mit einem allfälligen neuen Geschäftsinhaber über die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zu verständigen.
Bei einer im Sinne dieser Vereinbarung erfolgenden Handänderung der Gesellschaftsanteile ist Herr Dumelin mit einer sofortigen Auflösung des Vertragsverhältnisses ohne Beobachtung einer Kündigungsfrist einverstanden.
Mit der in Ziff. 4 und 5 hievor aufgeführten Entschädigung, die ohne Rücksicht auf das Weiterdauern des Anstellungsverhältnisses geschuldet ist, sind alle Ansprüche, die Herr Dumelin aus einer vorzeitigen Auflösung des Anstellungsvertrages geltend machen könnte, abgegolten."
Am 8. Oktober 1955 erwarb Dumelin selber von Laura Tobler, Dr. Christoph Tobler jun. und den übrigen Erben des inzwischen verstorbenen Christoph Tobler sen. alle Gesellschaftsanteile. An die Leistungen von Fr. 192'472.70, die er ihnen dabei versprach, bezahlte er später Fr. 186'472 70 Rp. Er erklärte, die Restschuld mit dem Mäklerlohn von Fr. 6000.-- verrechnen zu wollen, der ihm gemäss Ziffer 5 des Vertrages vom 21. Januar 1954 geschuldet sei.
B.- Dumelin wurde von den Verkäufern der Gesellschaftsanteile für den Betrag von Fr. 6000.-- betrieben, erhob Rechtsvorschlag und reichte gegen den Entscheid des Appellationshofes des Kantons Bern vom 27. Juni 1956, der den Gläubigern provisorisch das Recht öffnete, beim gleichen Gerichte Aberkennungsklage ein.
Der Appellationshof wies sie am 5. Februar 1957 im wesentlichen mit folgender Begründung ab: Am 21. Januar 1954 hätten die Parteien an die Möglichkeit eines Eigenerwerbes nicht gedacht. Es frage sich daher, was sie für diesen Fall vernünftigerweise gewollt haben könnten. Nun stehe fest, dass die in Ziff. 4 und 5 des Vertrages alternativ versprochenen Leistungen einerseits als Entschädigung für die allfällige vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses und anderseits als Entgelt dafür, dass der Kläger sich für den Verkauf zu möglichst guten Bedingungen einsetze, gedacht gewesen seien. Es liege auf der Hand, dass beim Erwerb des Geschäftes durch den Kläger eine Vergütung weder unter dem einen noch unter dem anderen Gesichtspunkt einen Sinn hätte. Denn mit dem Selbsterwerb sei ein Schaden infolge vorzeitiger Auflösung des Dienstverhältnisses ausser Betracht gefallen, und erst recht keinen vernünftigen Sinn habe im Falle des Selbsterwerbes ein Entgelt für die Bemühungen um einen möglichst guten Preis. Die Klage wäre übrigens selbst dann abzuweisen, wenn der Kläger grundsätzlich einen Anspruch gehabt hätte. Denn er habe während der Verkaufsverhandlungen und anlässlich der Verurkundung des Vertrages nichts von seiner angeblichen Forderung erwähnt. Die Beklagten hätten sich daher darauf verlassen dürfen, dass er den vereinbarten Preis ohne Abzug bezahlen werde.
C.- Der Kläger hat gegen dieses Urteil die Berufung erklärt. Er beantragt, es sei aufzuheben und das Bundesgericht habe festzustellen, dass die in Betreibung Nr. 1643 des Betreibungsamtes Biel geltend gemachte Forderung von Fr. 6000.-- nicht bestehe.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Der Mäkler hat Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen oder den Abschluss eines Vertrages zu vermitteln (Art. 412 Abs. 1 OR) und hat den Lohn für diese Tätigkeit verdient, sobald der Vertrag infolge seines Nachweises oder seiner Vermittlung zustande gekommen ist (Art. 413 Abs. 1 OR).
Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, wenn der Mäkler dem Auftraggeber Gelegenheit nachzuweisen hat, eine Sache zu bestimmtem Preise zu verkaufen, und er sie zu diesem Preise selbst kauft. Der Kläger hat sich eine (herabgesetzte) Vergütung auch für den Fall versprechen lassen, dass der von den Auftraggebern verlangte Preis nicht erzielt werden sollte. Indem er unter diesem Preis selber kaufen wollte, geriet er mit seiner elementaren Pflicht als Mäkler, sich zugunsten der Auftraggeber für einen Verkauf zu möglichst hohem Preise einzusetzen, in Widerspruch. Unter diesen Umständen verstand es sich nicht von selbst, dass er den Mäklerlohn dennoch verdiene. Wollte er ihn trotz des Selbsteintrittes beanspruchen, so verlangten daher Treu und Glauben, dass er es den Auftraggebern vor dem Abschluss des Kaufvertrages eindeutig mitteile. Sie hatten ein schützenswertes Interesse, seinen Willen zu kennen, denn das konnte sie in ihrem Entschlusse, ihm die Gesellschaftsanteile zu dem von ihm angebotenen Preise zu überlassen oder einen höheren Preis zu fordern, beeinflussen. Der erst nach dem Abschluss des Kaufes erhobene Anspruch auf Mäklerlohn ist daher abzuweisen.
Dass der Kläger anlässlich der Annahme des Auftrages sich für den Fall der Handänderung mit der sofortigen Auflösung seines Dienstverhältnisses einverstanden erklärt hat, ändert nichts. Dieses Opfer brachte er nicht im Hinblick auf die Möglichkeit des Selbsteintrittes, sondern damit er einen Dritten als Käufer suchen, d.h. im eigentlichen Sinne des Wortes als Mäkler auftreten dürfe. Diese Möglichkeit haben ihm die Auftraggeber tatsächlich eingeräumt. Wie jeder andere sich zum Selbsteintritt entschliessende Mäkler es unter den Umständen des vorliegenden Falles hätte tun müssen, hatte daher auch er der Gegenpartei mitzuteilen, dass er vom Kaufpreis einen Mäklerlohn abzuziehen gedenke. Der Hinfall seines Dienstverhältnisses ändert nichts daran, dass die Verkäufer mangels einer solchen Mitteilung in guten Treuen annehmen durften, der vom Kläger versprochene Kaufpreis verstehe sich ohne jeden Abzug von Mäklerlohn.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der I. Zivilkammer des Appellationshofes des Kantons Bern vom 5. Februar 1957 bestätigt.
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Art. 413 Abs. 1 OR. Ist der Mäklerlohn auch geschuldet, wenn der Vertrag, zu dessen Abschluss der Mäkler Gelegenheit nachzuweisen hatte, zwischen Auftraggeber und Mäkler selber zustande kommt?
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Sachverhalt ab Seite 147
A.- Die Eisengiesserei Biel G.m.b.H. und Laura Tobler, Christoph Tobler sen. und Dr. Christoph Tobler jun., denen die Stammanteile der erwähnten Gesellschaft gehörten, schlossen am 21. Januar 1954 mit ihrem Geschäftsführer Bruno Dumelin folgenden Vertrag:
1. Herr Bruno Dumelin leitet sofort und mit aller Energie den Verkauf der Eisengiesserei Biel G.m.b.H. ein, sei es durch Verkauf der Aktiven und Passiven der Gesellschaft, sei es durch Liquidation oder sei es durch Veräusserung sämtlicher Gesellschaftsanteile.
2. Der Verkauf selber bleibt der Gesellschaftsversammlung vorbehalten.
3. Herr Dumelin hält sich dabei an folgende Richtlinien:
a) Es soll nach Möglichkeit ein Kaufpreis erzielt werden, welcher wenigstens der Bilanzsumme per 31. Dezember 1953 (Summe der Passiven mit Einschluss des Gesellschaftskapitals) entspricht.
b) Er hält die Geschäftsleitung über alle Kaufsofferten ständig auf dem Laufenden.
4. Übersteigt der Kaufpreis die in Ziff. 3 a erwähnte Bilanzsumme, so erhält Herr Dumelin bis zu Fr. 50'000.-- den ganzen Übererlös und 25% von dem Fr. 50'000.-- übersteigenden Betrag als Entschädigung.
5. Bleibt der realisierte Verkaufserlös unter der erwähnten Bilanzsumme, so erhält Dumelin eine einmalige Entschädigung von Fr. 6000.--.
6. Mit dem Verkauf der Aktiven und Passiven der Gesellschaft bzw. nach erfolgter Liquidation erlischt der Anstellungsvertrag von Herrn Dumelin automatisch, wobei es selbstverständlich Herrn Dumelin frei steht, sich mit einem allfälligen neuen Geschäftsinhaber über die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zu verständigen.
Bei einer im Sinne dieser Vereinbarung erfolgenden Handänderung der Gesellschaftsanteile ist Herr Dumelin mit einer sofortigen Auflösung des Vertragsverhältnisses ohne Beobachtung einer Kündigungsfrist einverstanden.
Mit der in Ziff. 4 und 5 hievor aufgeführten Entschädigung, die ohne Rücksicht auf das Weiterdauern des Anstellungsverhältnisses geschuldet ist, sind alle Ansprüche, die Herr Dumelin aus einer vorzeitigen Auflösung des Anstellungsvertrages geltend machen könnte, abgegolten."
Am 8. Oktober 1955 erwarb Dumelin selber von Laura Tobler, Dr. Christoph Tobler jun. und den übrigen Erben des inzwischen verstorbenen Christoph Tobler sen. alle Gesellschaftsanteile. An die Leistungen von Fr. 192'472.70, die er ihnen dabei versprach, bezahlte er später Fr. 186'472 70 Rp. Er erklärte, die Restschuld mit dem Mäklerlohn von Fr. 6000.-- verrechnen zu wollen, der ihm gemäss Ziffer 5 des Vertrages vom 21. Januar 1954 geschuldet sei.
B.- Dumelin wurde von den Verkäufern der Gesellschaftsanteile für den Betrag von Fr. 6000.-- betrieben, erhob Rechtsvorschlag und reichte gegen den Entscheid des Appellationshofes des Kantons Bern vom 27. Juni 1956, der den Gläubigern provisorisch das Recht öffnete, beim gleichen Gerichte Aberkennungsklage ein.
Der Appellationshof wies sie am 5. Februar 1957 im wesentlichen mit folgender Begründung ab: Am 21. Januar 1954 hätten die Parteien an die Möglichkeit eines Eigenerwerbes nicht gedacht. Es frage sich daher, was sie für diesen Fall vernünftigerweise gewollt haben könnten. Nun stehe fest, dass die in Ziff. 4 und 5 des Vertrages alternativ versprochenen Leistungen einerseits als Entschädigung für die allfällige vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses und anderseits als Entgelt dafür, dass der Kläger sich für den Verkauf zu möglichst guten Bedingungen einsetze, gedacht gewesen seien. Es liege auf der Hand, dass beim Erwerb des Geschäftes durch den Kläger eine Vergütung weder unter dem einen noch unter dem anderen Gesichtspunkt einen Sinn hätte. Denn mit dem Selbsterwerb sei ein Schaden infolge vorzeitiger Auflösung des Dienstverhältnisses ausser Betracht gefallen, und erst recht keinen vernünftigen Sinn habe im Falle des Selbsterwerbes ein Entgelt für die Bemühungen um einen möglichst guten Preis. Die Klage wäre übrigens selbst dann abzuweisen, wenn der Kläger grundsätzlich einen Anspruch gehabt hätte. Denn er habe während der Verkaufsverhandlungen und anlässlich der Verurkundung des Vertrages nichts von seiner angeblichen Forderung erwähnt. Die Beklagten hätten sich daher darauf verlassen dürfen, dass er den vereinbarten Preis ohne Abzug bezahlen werde.
C.- Der Kläger hat gegen dieses Urteil die Berufung erklärt. Er beantragt, es sei aufzuheben und das Bundesgericht habe festzustellen, dass die in Betreibung Nr. 1643 des Betreibungsamtes Biel geltend gemachte Forderung von Fr. 6000.-- nicht bestehe.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Der Mäkler hat Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen oder den Abschluss eines Vertrages zu vermitteln (Art. 412 Abs. 1 OR) und hat den Lohn für diese Tätigkeit verdient, sobald der Vertrag infolge seines Nachweises oder seiner Vermittlung zustande gekommen ist (Art. 413 Abs. 1 OR).
Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, wenn der Mäkler dem Auftraggeber Gelegenheit nachzuweisen hat, eine Sache zu bestimmtem Preise zu verkaufen, und er sie zu diesem Preise selbst kauft. Der Kläger hat sich eine (herabgesetzte) Vergütung auch für den Fall versprechen lassen, dass der von den Auftraggebern verlangte Preis nicht erzielt werden sollte. Indem er unter diesem Preis selber kaufen wollte, geriet er mit seiner elementaren Pflicht als Mäkler, sich zugunsten der Auftraggeber für einen Verkauf zu möglichst hohem Preise einzusetzen, in Widerspruch. Unter diesen Umständen verstand es sich nicht von selbst, dass er den Mäklerlohn dennoch verdiene. Wollte er ihn trotz des Selbsteintrittes beanspruchen, so verlangten daher Treu und Glauben, dass er es den Auftraggebern vor dem Abschluss des Kaufvertrages eindeutig mitteile. Sie hatten ein schützenswertes Interesse, seinen Willen zu kennen, denn das konnte sie in ihrem Entschlusse, ihm die Gesellschaftsanteile zu dem von ihm angebotenen Preise zu überlassen oder einen höheren Preis zu fordern, beeinflussen. Der erst nach dem Abschluss des Kaufes erhobene Anspruch auf Mäklerlohn ist daher abzuweisen.
Dass der Kläger anlässlich der Annahme des Auftrages sich für den Fall der Handänderung mit der sofortigen Auflösung seines Dienstverhältnisses einverstanden erklärt hat, ändert nichts. Dieses Opfer brachte er nicht im Hinblick auf die Möglichkeit des Selbsteintrittes, sondern damit er einen Dritten als Käufer suchen, d.h. im eigentlichen Sinne des Wortes als Mäkler auftreten dürfe. Diese Möglichkeit haben ihm die Auftraggeber tatsächlich eingeräumt. Wie jeder andere sich zum Selbsteintritt entschliessende Mäkler es unter den Umständen des vorliegenden Falles hätte tun müssen, hatte daher auch er der Gegenpartei mitzuteilen, dass er vom Kaufpreis einen Mäklerlohn abzuziehen gedenke. Der Hinfall seines Dienstverhältnisses ändert nichts daran, dass die Verkäufer mangels einer solchen Mitteilung in guten Treuen annehmen durften, der vom Kläger versprochene Kaufpreis verstehe sich ohne jeden Abzug von Mäklerlohn.
Dispositiv
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Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der I. Zivilkammer des Appellationshofes des Kantons Bern vom 5. Februar 1957 bestätigt.
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Art. 413 al. 1 CO. Le courtier chargé d'indiquer l'occasion de conclure un contrat a-t-il droit à son salaire lorsqu'il passe lui-même ce contrat avec le mandant?
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A.- Die Eisengiesserei Biel G.m.b.H. und Laura Tobler, Christoph Tobler sen. und Dr. Christoph Tobler jun., denen die Stammanteile der erwähnten Gesellschaft gehörten, schlossen am 21. Januar 1954 mit ihrem Geschäftsführer Bruno Dumelin folgenden Vertrag:
1. Herr Bruno Dumelin leitet sofort und mit aller Energie den Verkauf der Eisengiesserei Biel G.m.b.H. ein, sei es durch Verkauf der Aktiven und Passiven der Gesellschaft, sei es durch Liquidation oder sei es durch Veräusserung sämtlicher Gesellschaftsanteile.
2. Der Verkauf selber bleibt der Gesellschaftsversammlung vorbehalten.
3. Herr Dumelin hält sich dabei an folgende Richtlinien:
a) Es soll nach Möglichkeit ein Kaufpreis erzielt werden, welcher wenigstens der Bilanzsumme per 31. Dezember 1953 (Summe der Passiven mit Einschluss des Gesellschaftskapitals) entspricht.
b) Er hält die Geschäftsleitung über alle Kaufsofferten ständig auf dem Laufenden.
4. Übersteigt der Kaufpreis die in Ziff. 3 a erwähnte Bilanzsumme, so erhält Herr Dumelin bis zu Fr. 50'000.-- den ganzen Übererlös und 25% von dem Fr. 50'000.-- übersteigenden Betrag als Entschädigung.
5. Bleibt der realisierte Verkaufserlös unter der erwähnten Bilanzsumme, so erhält Dumelin eine einmalige Entschädigung von Fr. 6000.--.
6. Mit dem Verkauf der Aktiven und Passiven der Gesellschaft bzw. nach erfolgter Liquidation erlischt der Anstellungsvertrag von Herrn Dumelin automatisch, wobei es selbstverständlich Herrn Dumelin frei steht, sich mit einem allfälligen neuen Geschäftsinhaber über die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zu verständigen.
Bei einer im Sinne dieser Vereinbarung erfolgenden Handänderung der Gesellschaftsanteile ist Herr Dumelin mit einer sofortigen Auflösung des Vertragsverhältnisses ohne Beobachtung einer Kündigungsfrist einverstanden.
Mit der in Ziff. 4 und 5 hievor aufgeführten Entschädigung, die ohne Rücksicht auf das Weiterdauern des Anstellungsverhältnisses geschuldet ist, sind alle Ansprüche, die Herr Dumelin aus einer vorzeitigen Auflösung des Anstellungsvertrages geltend machen könnte, abgegolten."
Am 8. Oktober 1955 erwarb Dumelin selber von Laura Tobler, Dr. Christoph Tobler jun. und den übrigen Erben des inzwischen verstorbenen Christoph Tobler sen. alle Gesellschaftsanteile. An die Leistungen von Fr. 192'472.70, die er ihnen dabei versprach, bezahlte er später Fr. 186'472 70 Rp. Er erklärte, die Restschuld mit dem Mäklerlohn von Fr. 6000.-- verrechnen zu wollen, der ihm gemäss Ziffer 5 des Vertrages vom 21. Januar 1954 geschuldet sei.
B.- Dumelin wurde von den Verkäufern der Gesellschaftsanteile für den Betrag von Fr. 6000.-- betrieben, erhob Rechtsvorschlag und reichte gegen den Entscheid des Appellationshofes des Kantons Bern vom 27. Juni 1956, der den Gläubigern provisorisch das Recht öffnete, beim gleichen Gerichte Aberkennungsklage ein.
Der Appellationshof wies sie am 5. Februar 1957 im wesentlichen mit folgender Begründung ab: Am 21. Januar 1954 hätten die Parteien an die Möglichkeit eines Eigenerwerbes nicht gedacht. Es frage sich daher, was sie für diesen Fall vernünftigerweise gewollt haben könnten. Nun stehe fest, dass die in Ziff. 4 und 5 des Vertrages alternativ versprochenen Leistungen einerseits als Entschädigung für die allfällige vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses und anderseits als Entgelt dafür, dass der Kläger sich für den Verkauf zu möglichst guten Bedingungen einsetze, gedacht gewesen seien. Es liege auf der Hand, dass beim Erwerb des Geschäftes durch den Kläger eine Vergütung weder unter dem einen noch unter dem anderen Gesichtspunkt einen Sinn hätte. Denn mit dem Selbsterwerb sei ein Schaden infolge vorzeitiger Auflösung des Dienstverhältnisses ausser Betracht gefallen, und erst recht keinen vernünftigen Sinn habe im Falle des Selbsterwerbes ein Entgelt für die Bemühungen um einen möglichst guten Preis. Die Klage wäre übrigens selbst dann abzuweisen, wenn der Kläger grundsätzlich einen Anspruch gehabt hätte. Denn er habe während der Verkaufsverhandlungen und anlässlich der Verurkundung des Vertrages nichts von seiner angeblichen Forderung erwähnt. Die Beklagten hätten sich daher darauf verlassen dürfen, dass er den vereinbarten Preis ohne Abzug bezahlen werde.
C.- Der Kläger hat gegen dieses Urteil die Berufung erklärt. Er beantragt, es sei aufzuheben und das Bundesgericht habe festzustellen, dass die in Betreibung Nr. 1643 des Betreibungsamtes Biel geltend gemachte Forderung von Fr. 6000.-- nicht bestehe.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Der Mäkler hat Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen oder den Abschluss eines Vertrages zu vermitteln (Art. 412 Abs. 1 OR) und hat den Lohn für diese Tätigkeit verdient, sobald der Vertrag infolge seines Nachweises oder seiner Vermittlung zustande gekommen ist (Art. 413 Abs. 1 OR).
Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, wenn der Mäkler dem Auftraggeber Gelegenheit nachzuweisen hat, eine Sache zu bestimmtem Preise zu verkaufen, und er sie zu diesem Preise selbst kauft. Der Kläger hat sich eine (herabgesetzte) Vergütung auch für den Fall versprechen lassen, dass der von den Auftraggebern verlangte Preis nicht erzielt werden sollte. Indem er unter diesem Preis selber kaufen wollte, geriet er mit seiner elementaren Pflicht als Mäkler, sich zugunsten der Auftraggeber für einen Verkauf zu möglichst hohem Preise einzusetzen, in Widerspruch. Unter diesen Umständen verstand es sich nicht von selbst, dass er den Mäklerlohn dennoch verdiene. Wollte er ihn trotz des Selbsteintrittes beanspruchen, so verlangten daher Treu und Glauben, dass er es den Auftraggebern vor dem Abschluss des Kaufvertrages eindeutig mitteile. Sie hatten ein schützenswertes Interesse, seinen Willen zu kennen, denn das konnte sie in ihrem Entschlusse, ihm die Gesellschaftsanteile zu dem von ihm angebotenen Preise zu überlassen oder einen höheren Preis zu fordern, beeinflussen. Der erst nach dem Abschluss des Kaufes erhobene Anspruch auf Mäklerlohn ist daher abzuweisen.
Dass der Kläger anlässlich der Annahme des Auftrages sich für den Fall der Handänderung mit der sofortigen Auflösung seines Dienstverhältnisses einverstanden erklärt hat, ändert nichts. Dieses Opfer brachte er nicht im Hinblick auf die Möglichkeit des Selbsteintrittes, sondern damit er einen Dritten als Käufer suchen, d.h. im eigentlichen Sinne des Wortes als Mäkler auftreten dürfe. Diese Möglichkeit haben ihm die Auftraggeber tatsächlich eingeräumt. Wie jeder andere sich zum Selbsteintritt entschliessende Mäkler es unter den Umständen des vorliegenden Falles hätte tun müssen, hatte daher auch er der Gegenpartei mitzuteilen, dass er vom Kaufpreis einen Mäklerlohn abzuziehen gedenke. Der Hinfall seines Dienstverhältnisses ändert nichts daran, dass die Verkäufer mangels einer solchen Mitteilung in guten Treuen annehmen durften, der vom Kläger versprochene Kaufpreis verstehe sich ohne jeden Abzug von Mäklerlohn.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der I. Zivilkammer des Appellationshofes des Kantons Bern vom 5. Februar 1957 bestätigt.
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Art. 413 cp. 1 CO. Se è incaricato d'indicare l'occasione di concludere un contratto, ha il mediatore diritto alla mercede quando egli medesimo conclude il contratto con il mandante?
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Sachverhalt ab Seite 151
Résumé des faits:
Les hoirs Zangger étaient propriétaires, à Schachen, d'un terrain que l'un d'eux, Emil Zangger, avait reçu mandat de vendre. Le 21 octobre 1954, Roland Moeschler adressa à Emil Zangger la lettre suivante:
"pto Landkauf Parz. 28 im Schachen O. Gösgen gestatte ich mir, Ihnen folgendes zu bestätigen:
Ich übernehme zum Preis von Fr. 180 000.-- ein Kaufsrecht auf obigem Areal, das abtretbar ist. Vorgesehen ist, dass ich dieses Kaufsrecht einer neu zu gründenden AG abtrete. Ich verpflichte mich hiermit, bei einer Abtretung dieses Kaufsrechts dafür zu sorgen, Ihnen dafür eine Provision incl. Gewinnanteil auf dem Erlös aus der Abtretung des Kaufsrechts, ein Betrag von Fr. 20 000.-- in bar sofort bei Abtretung auszubezahlen, in jedem Falle aber spätestens im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses.
Es würde mich freuen, wenn Sie die Zustimmung der massgebenden Beteiligten zum Vertragsabschluss recht bald erwirken können. .."
Le droit d'emption fut effectivement créé et il fut cédé, le 16 novembre 1954, à Sagitta SA, société dont il était question dans la lettre du 21 octobre 1954. Mais Moeschler refusa de payer à Emil Zangger la commission de 20 000 fr.
Il alléguait notamment que ce montant devait être réduit en vertu de l'art. 417 CO. Le Tribunal fédéral lui a donné partiellement raison sur ce point.
Erwägungen
Extrait des motifs:
4. Invoquant l'art. 417 CO, le recourant soutient que le montant de 20 000 fr. est trop élevé et il demande que la commission due soit calculée sur la base du taux usuel de 2%.
a) L'intimé prétend en premier lieu qu'il s'agit là d'un moyen nouveau, irrecevable en vertu de l'art. 55 litt. c OJ.
Selon l'art. 417 CO, la réduction du salaire du courtier ne peut être ordonnée qu'à la requête du débiteur. L'art. 55 litt. c OJ exige qu'une telle réquisition soit présentée devant la juridiction cantonale, dans les formes et délais prévus par le droit cantonal. Or la réduction doit être réputée requise au sens de l'art. 417 CO dès le moment où le mandant ne se borne pas à contester le principe de sa dette, mais en critique également le montant en invoquant des faits propres à motiver une réduction. Il n'est pas nécessaire qu'il ait invoqué expressément l'art. 417 CO, ni que cette question fasse l'objet d'un chef de conclusions spécial. Il suffit que ses conclusions soient assez étendues pour comprendre une réduction judiciaire, ce qui est le cas lorsqu'il propose sa libération totale. Il y a d'autant moins lieu de se montrer formaliste en cette matière que la règle à appliquer obéit à des considérations d'intérêt public. En effet, elle tend notamment à tempérer des profits injustifiés qui auraient des répercussions sur le marché immobilier (cf. RO 40 II 476).
En l'espèce, Moeschler a, dès son premier mémoire, critiqué non seulement le principe mais aussi le montant de la prétention de Zangger; il relevait que celui-ci pourrait avoir droit tout au plus à une commission de 2%, c'est-à-dire à 3600 fr. Dans son exploit d'appel, le recourant a déclaré reprendre "tous les moyens de fait et de droit développés par lui en première instance". En outre, il a toujours proposé le rejet intégral de l'action; ses conclusions étaient donc assez étendues pour comprendre une réduction judiciaire. Dès lors, le Tribunal fédéral peut examiner si la commission convenue doit être réduite.
b) L'application de l'art. 417 CO suppose que le paiement promis par le recourant représente un salaire dû en vertu d'un contrat de courtage. Il faut donc rechercher si l'accord confirmé par la lettre du 21 octobre 1954 constitue un tel contrat. Aux termes de l'arrêt cantonal, Emil Zangger avait reçu mandat de vendre le terrain de Schachen. Mais, bien que ce jugement ne le précise point, le mandat ne comportait pas le pouvoir de conclure. Il n'est pas établi, en effet, qu'avant de s'entendre avec Moeschler, l'intimé ait reçu le pouvoir spécial nécessaire selon l'art. 396 al. 3 CO. Le contraire ressort de la lettre du 21 octobre 1954, où les prestations promises par le recourant apparaissent comme la contre-partie d'une intervention de Zangger auprès de ses cohéritiers pour les amener à traiter sur la base du prix de 180 000 fr. Dès lors, l'activité de l'intimé était celle d'un courtier (cf. art. 412 et 413 CO).
D'autre part, l'art. 417 CO vise les cas où le courtage porte sur la conclusion d'un contrat de travail ou d'une vente d'immeubles. Cette dernière expression comprend tout contrat ayant pour objet l'aliénation d'un immeuble, notamment le pacte d'emption. L'art. 417 CO peut donc être invoqué en l'occurrence.
c) En matière de courtage immobilier, la commission usuelle est, dans les circonstances semblables au cas d'espèce, d'environ 2% du prix de vente. Or Zangger s'est fait promettre un salaire de plus de 11%. Une telle commission est manifestement excessive. La disproportion est d'autant plus choquante que l'intimé n'est pas courtier de profession. Il ne peut donc prétendre que la réussite de cette affaire compense des échecs dans d'autres cas. En outre, il n'a pas de frais généraux. D'autre part, lorsqu'il s'est fait promettre la commission litigieuse, il était le mandataire de ses cohéritiers, qui l'avaient chargé de vendre. Non seulement il n'avait pas à chercher un partenaire pour Moeschler, mais ses démarches étaient sensiblement facilitées par la confiance dont il jouissait auprès des autres propriétaires du terrain.
Il faut considérer cependant que Moeschler s'est obligé à payer un salaire très élevé et que cet engagement a déterminé les démarches de Zangger. On ne saurait donc fixer la commission comme si elle n'avait pas été arrêtée conventionnellement.
Dans ces conditions, on tient équitablement compte des circonstances en arbitrant à 6000 fr. le salaire dû à l'intimé.
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Mäklervertrag, Herabsetzung der vereinbarten Vergütung, Art. 417 1. Begriff des Antrags auf Herabsetzung der Vergütung (Erw. 4 a).
2. Als Grundstückkauf ist auch die Einräumung eines Kaufsrechts an Liegenschaften zu betrachten (Erw. 4 b).
3. Mass der Herabsetzung (Erw. 4 c).
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83 II 151
Sachverhalt ab Seite 151
Résumé des faits:
Les hoirs Zangger étaient propriétaires, à Schachen, d'un terrain que l'un d'eux, Emil Zangger, avait reçu mandat de vendre. Le 21 octobre 1954, Roland Moeschler adressa à Emil Zangger la lettre suivante:
"pto Landkauf Parz. 28 im Schachen O. Gösgen gestatte ich mir, Ihnen folgendes zu bestätigen:
Ich übernehme zum Preis von Fr. 180 000.-- ein Kaufsrecht auf obigem Areal, das abtretbar ist. Vorgesehen ist, dass ich dieses Kaufsrecht einer neu zu gründenden AG abtrete. Ich verpflichte mich hiermit, bei einer Abtretung dieses Kaufsrechts dafür zu sorgen, Ihnen dafür eine Provision incl. Gewinnanteil auf dem Erlös aus der Abtretung des Kaufsrechts, ein Betrag von Fr. 20 000.-- in bar sofort bei Abtretung auszubezahlen, in jedem Falle aber spätestens im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses.
Es würde mich freuen, wenn Sie die Zustimmung der massgebenden Beteiligten zum Vertragsabschluss recht bald erwirken können. .."
Le droit d'emption fut effectivement créé et il fut cédé, le 16 novembre 1954, à Sagitta SA, société dont il était question dans la lettre du 21 octobre 1954. Mais Moeschler refusa de payer à Emil Zangger la commission de 20 000 fr.
Il alléguait notamment que ce montant devait être réduit en vertu de l'art. 417 CO. Le Tribunal fédéral lui a donné partiellement raison sur ce point.
Erwägungen
Extrait des motifs:
4. Invoquant l'art. 417 CO, le recourant soutient que le montant de 20 000 fr. est trop élevé et il demande que la commission due soit calculée sur la base du taux usuel de 2%.
a) L'intimé prétend en premier lieu qu'il s'agit là d'un moyen nouveau, irrecevable en vertu de l'art. 55 litt. c OJ.
Selon l'art. 417 CO, la réduction du salaire du courtier ne peut être ordonnée qu'à la requête du débiteur. L'art. 55 litt. c OJ exige qu'une telle réquisition soit présentée devant la juridiction cantonale, dans les formes et délais prévus par le droit cantonal. Or la réduction doit être réputée requise au sens de l'art. 417 CO dès le moment où le mandant ne se borne pas à contester le principe de sa dette, mais en critique également le montant en invoquant des faits propres à motiver une réduction. Il n'est pas nécessaire qu'il ait invoqué expressément l'art. 417 CO, ni que cette question fasse l'objet d'un chef de conclusions spécial. Il suffit que ses conclusions soient assez étendues pour comprendre une réduction judiciaire, ce qui est le cas lorsqu'il propose sa libération totale. Il y a d'autant moins lieu de se montrer formaliste en cette matière que la règle à appliquer obéit à des considérations d'intérêt public. En effet, elle tend notamment à tempérer des profits injustifiés qui auraient des répercussions sur le marché immobilier (cf. RO 40 II 476).
En l'espèce, Moeschler a, dès son premier mémoire, critiqué non seulement le principe mais aussi le montant de la prétention de Zangger; il relevait que celui-ci pourrait avoir droit tout au plus à une commission de 2%, c'est-à-dire à 3600 fr. Dans son exploit d'appel, le recourant a déclaré reprendre "tous les moyens de fait et de droit développés par lui en première instance". En outre, il a toujours proposé le rejet intégral de l'action; ses conclusions étaient donc assez étendues pour comprendre une réduction judiciaire. Dès lors, le Tribunal fédéral peut examiner si la commission convenue doit être réduite.
b) L'application de l'art. 417 CO suppose que le paiement promis par le recourant représente un salaire dû en vertu d'un contrat de courtage. Il faut donc rechercher si l'accord confirmé par la lettre du 21 octobre 1954 constitue un tel contrat. Aux termes de l'arrêt cantonal, Emil Zangger avait reçu mandat de vendre le terrain de Schachen. Mais, bien que ce jugement ne le précise point, le mandat ne comportait pas le pouvoir de conclure. Il n'est pas établi, en effet, qu'avant de s'entendre avec Moeschler, l'intimé ait reçu le pouvoir spécial nécessaire selon l'art. 396 al. 3 CO. Le contraire ressort de la lettre du 21 octobre 1954, où les prestations promises par le recourant apparaissent comme la contre-partie d'une intervention de Zangger auprès de ses cohéritiers pour les amener à traiter sur la base du prix de 180 000 fr. Dès lors, l'activité de l'intimé était celle d'un courtier (cf. art. 412 et 413 CO).
D'autre part, l'art. 417 CO vise les cas où le courtage porte sur la conclusion d'un contrat de travail ou d'une vente d'immeubles. Cette dernière expression comprend tout contrat ayant pour objet l'aliénation d'un immeuble, notamment le pacte d'emption. L'art. 417 CO peut donc être invoqué en l'occurrence.
c) En matière de courtage immobilier, la commission usuelle est, dans les circonstances semblables au cas d'espèce, d'environ 2% du prix de vente. Or Zangger s'est fait promettre un salaire de plus de 11%. Une telle commission est manifestement excessive. La disproportion est d'autant plus choquante que l'intimé n'est pas courtier de profession. Il ne peut donc prétendre que la réussite de cette affaire compense des échecs dans d'autres cas. En outre, il n'a pas de frais généraux. D'autre part, lorsqu'il s'est fait promettre la commission litigieuse, il était le mandataire de ses cohéritiers, qui l'avaient chargé de vendre. Non seulement il n'avait pas à chercher un partenaire pour Moeschler, mais ses démarches étaient sensiblement facilitées par la confiance dont il jouissait auprès des autres propriétaires du terrain.
Il faut considérer cependant que Moeschler s'est obligé à payer un salaire très élevé et que cet engagement a déterminé les démarches de Zangger. On ne saurait donc fixer la commission comme si elle n'avait pas été arrêtée conventionnellement.
Dans ces conditions, on tient équitablement compte des circonstances en arbitrant à 6000 fr. le salaire dû à l'intimé.
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Courtage, réduction de la commission convenue, art. 417 CO. 1. Quand la réduction est-elle requise au sens de l'art. 417 CO? (consid. 4 a).
2. Par "vente d'immeubles", il faut également entendre un pacte d'emption portant sur des immeubles (consid. 4 b).
3. Mesure de la réduction (consid. 4 c).
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Sachverhalt ab Seite 151
Résumé des faits:
Les hoirs Zangger étaient propriétaires, à Schachen, d'un terrain que l'un d'eux, Emil Zangger, avait reçu mandat de vendre. Le 21 octobre 1954, Roland Moeschler adressa à Emil Zangger la lettre suivante:
"pto Landkauf Parz. 28 im Schachen O. Gösgen gestatte ich mir, Ihnen folgendes zu bestätigen:
Ich übernehme zum Preis von Fr. 180 000.-- ein Kaufsrecht auf obigem Areal, das abtretbar ist. Vorgesehen ist, dass ich dieses Kaufsrecht einer neu zu gründenden AG abtrete. Ich verpflichte mich hiermit, bei einer Abtretung dieses Kaufsrechts dafür zu sorgen, Ihnen dafür eine Provision incl. Gewinnanteil auf dem Erlös aus der Abtretung des Kaufsrechts, ein Betrag von Fr. 20 000.-- in bar sofort bei Abtretung auszubezahlen, in jedem Falle aber spätestens im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses.
Es würde mich freuen, wenn Sie die Zustimmung der massgebenden Beteiligten zum Vertragsabschluss recht bald erwirken können. .."
Le droit d'emption fut effectivement créé et il fut cédé, le 16 novembre 1954, à Sagitta SA, société dont il était question dans la lettre du 21 octobre 1954. Mais Moeschler refusa de payer à Emil Zangger la commission de 20 000 fr.
Il alléguait notamment que ce montant devait être réduit en vertu de l'art. 417 CO. Le Tribunal fédéral lui a donné partiellement raison sur ce point.
Erwägungen
Extrait des motifs:
4. Invoquant l'art. 417 CO, le recourant soutient que le montant de 20 000 fr. est trop élevé et il demande que la commission due soit calculée sur la base du taux usuel de 2%.
a) L'intimé prétend en premier lieu qu'il s'agit là d'un moyen nouveau, irrecevable en vertu de l'art. 55 litt. c OJ.
Selon l'art. 417 CO, la réduction du salaire du courtier ne peut être ordonnée qu'à la requête du débiteur. L'art. 55 litt. c OJ exige qu'une telle réquisition soit présentée devant la juridiction cantonale, dans les formes et délais prévus par le droit cantonal. Or la réduction doit être réputée requise au sens de l'art. 417 CO dès le moment où le mandant ne se borne pas à contester le principe de sa dette, mais en critique également le montant en invoquant des faits propres à motiver une réduction. Il n'est pas nécessaire qu'il ait invoqué expressément l'art. 417 CO, ni que cette question fasse l'objet d'un chef de conclusions spécial. Il suffit que ses conclusions soient assez étendues pour comprendre une réduction judiciaire, ce qui est le cas lorsqu'il propose sa libération totale. Il y a d'autant moins lieu de se montrer formaliste en cette matière que la règle à appliquer obéit à des considérations d'intérêt public. En effet, elle tend notamment à tempérer des profits injustifiés qui auraient des répercussions sur le marché immobilier (cf. RO 40 II 476).
En l'espèce, Moeschler a, dès son premier mémoire, critiqué non seulement le principe mais aussi le montant de la prétention de Zangger; il relevait que celui-ci pourrait avoir droit tout au plus à une commission de 2%, c'est-à-dire à 3600 fr. Dans son exploit d'appel, le recourant a déclaré reprendre "tous les moyens de fait et de droit développés par lui en première instance". En outre, il a toujours proposé le rejet intégral de l'action; ses conclusions étaient donc assez étendues pour comprendre une réduction judiciaire. Dès lors, le Tribunal fédéral peut examiner si la commission convenue doit être réduite.
b) L'application de l'art. 417 CO suppose que le paiement promis par le recourant représente un salaire dû en vertu d'un contrat de courtage. Il faut donc rechercher si l'accord confirmé par la lettre du 21 octobre 1954 constitue un tel contrat. Aux termes de l'arrêt cantonal, Emil Zangger avait reçu mandat de vendre le terrain de Schachen. Mais, bien que ce jugement ne le précise point, le mandat ne comportait pas le pouvoir de conclure. Il n'est pas établi, en effet, qu'avant de s'entendre avec Moeschler, l'intimé ait reçu le pouvoir spécial nécessaire selon l'art. 396 al. 3 CO. Le contraire ressort de la lettre du 21 octobre 1954, où les prestations promises par le recourant apparaissent comme la contre-partie d'une intervention de Zangger auprès de ses cohéritiers pour les amener à traiter sur la base du prix de 180 000 fr. Dès lors, l'activité de l'intimé était celle d'un courtier (cf. art. 412 et 413 CO).
D'autre part, l'art. 417 CO vise les cas où le courtage porte sur la conclusion d'un contrat de travail ou d'une vente d'immeubles. Cette dernière expression comprend tout contrat ayant pour objet l'aliénation d'un immeuble, notamment le pacte d'emption. L'art. 417 CO peut donc être invoqué en l'occurrence.
c) En matière de courtage immobilier, la commission usuelle est, dans les circonstances semblables au cas d'espèce, d'environ 2% du prix de vente. Or Zangger s'est fait promettre un salaire de plus de 11%. Une telle commission est manifestement excessive. La disproportion est d'autant plus choquante que l'intimé n'est pas courtier de profession. Il ne peut donc prétendre que la réussite de cette affaire compense des échecs dans d'autres cas. En outre, il n'a pas de frais généraux. D'autre part, lorsqu'il s'est fait promettre la commission litigieuse, il était le mandataire de ses cohéritiers, qui l'avaient chargé de vendre. Non seulement il n'avait pas à chercher un partenaire pour Moeschler, mais ses démarches étaient sensiblement facilitées par la confiance dont il jouissait auprès des autres propriétaires du terrain.
Il faut considérer cependant que Moeschler s'est obligé à payer un salaire très élevé et que cet engagement a déterminé les démarches de Zangger. On ne saurait donc fixer la commission comme si elle n'avait pas été arrêtée conventionnellement.
Dans ces conditions, on tient équitablement compte des circonstances en arbitrant à 6000 fr. le salaire dû à l'intimé.
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Contratto di mediazione, riduzione della mercede convenuta, art. 417 CO. 1. Nozione dell'istanza di riduzione della mercede (consid. 4 a).
2. Per "vendita di fondi" occorre parimente intendere la promessa di vendita di fondi (consid. 4 b).
3. Misura della riduzione (consid. 4 c).
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Sachverhalt ab Seite 155
A.- Gustav Buchmann vertreibt seit dem Frühjahr 1953 als schweizerischer Alleinvertreter der Firma Otto Goebel in Fürth (Bayern) den Blumenhalter "Dublo", der das Einstellen von Schnittblumen in Vasen und Schalen erleichtern soll.
Dieser Halter ist aus glasklarem, farblosem Polystyrol, einer Kunstharzmasse, hergestellt. Er besteht aus einem kreisrunden Unterteil, der als Gitter mit quadratischen Öffnungen ausgestaltet ist, und einem ebenfalls gegitterten, pilzförmigen Oberteil; diese beiden Teile können direkt ineinandergesteckt oder durch ein stielartiges Zwischenstück miteinander verbunden werden. Zum Befestigen des Ständers am Boden der Vase oder Schale dient ein Gummisauger. Auf dem Oberteil kann eine Kerzenleiste aufgesteckt werden. Der Verkaufspreis des Halters beträgt Fr. 4.95.
Karl Schneble bezog im Oktober 1953 von Buchmann 1000 Stück dieses Blumenhalters. Im Januar 1954 brachte er unter der Bezeichnung "Fleuro" zum Preis von Fr. 3.90 einen eigenen Blumenhalter in den Handel, der nach der Auffassung Buchmanns eine sklavische Nachahmung seines Halters darstellte und dessen Verpackung mit der seinigen verwechselbar war.
Auf Antrag Buchmanns wurde Schneble durch vorsorgliche Verfügung des Einzelrichters des Bezirksgerichts Zürich und des Obergerichts Zürich vom 12. Februar/1. April 1954 die weitere Verwendung der beanstandeten Packung sowie der weitere Vertrieb des Blumenhalters "Fleuro" gegen Kautionsleistungen Buchmanns von Fr. 3000.-- und Fr. 7000.-- untersagt.
Schon während des Verfahrens beim Einzelrichter hatte Schneble die Verpackung seines Halters abgeändert. Nach dem Beschluss des Obergerichts nahm er auch am Blumenhalter selber einige Änderungen vor und vertrieb ihn unter der Bezeichnung "Combi-Fleuro".
B.- Mit Klage vom 15. März/10. Mai 1954 erhob Buchmann gegen Schneble Klage wegen unlauteren Wettbewerbs mit den Begehren
1. Auf Feststellung, dass der Beklagte durch den Vertrieb des Blumenhalters "Fleuro" und durch die Art der Verpackung desselben unlauteren Wettbewerb begangen habe;
2. Auf Untersagung des weiteren Vertriebs des Blumenhalters "Fleuro" in seiner gegenwärtigen Ausstattung und in der ursprünglichen Verpackung durch den Beklagten;
3. Auf Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung von Fr. 20'000.-- Schadenersatz und Fr. 5000.-- Genugtuung, je nebst 5% Zins seit Prozesseinleitung, an den Kläger; 4. Auf Urteilspublikation.
Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage. ..
C.- Das Handelsgericht Zürich verbot mit Urteil vom 3. Juli 1956 dem Beklagten den weiteren Vertrieb des Blumenhalters "Fleuro" in der gegenwärtigen Ausstattung und verpflichtete ihn zur Bezahlung von Fr. 3000.-- Schadenersatz nebst 5% Zins seit 15. März 1954 an den Kläger. Die weitergehenden Klagebegehren wurden abgewiesen.
D.- Gegen das Urteil des Handelsgerichts erklärten beide Parteien die Berufung an das Bundesgericht.
Der Kläger verlangt Erhöhung der zugesprochenen Schadenersatzsumme auf Fr. 20'000.-- nebst Zins, eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Durchführung eines Beweisverfahrens über die Schadenshöhe.
Der Beklagte beantragt gänzliche Abweisung der Klage...
E.- Das Bundesgericht erhöht in teilweiser Gutheissung der Berufung des Klägers den vom Beklagten zu bezahlenden Schadenersatzbetrag auf Fr. 5000.-- auf Grund der folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
1. Der Kläger hat gegen die Abweisung seines Feststellungsbegehrens, des Unterlassungsbegehrens bezüglich der Verpackung, der Genugtuungsforderung und des Publikationsbegehrens die Berufung nicht ergriffen. Das Urteil der Vorinstanz ist daher insoweit in Rechtskraft erwachsen. Der Beklagte hat jedoch an der Berufungsverhandlung die Erklärung abgegeben, dass er trotz der Abweisung des auf die ursprüngliche Verpackung bezüglichen Feststellungs- und Unterlassungsbegehrens durch die Vorinstanz die beanstandete Verpackung nicht mehr verwende und nie mehr verwenden werde. Bei dieser Erklärung ist er zu behaften.
Gegenstand des Berufungsverfahrens bilden gemäss den von den Parteien gestellten Berufungsanträgen somit lediglich noch die folgenden Punkte:
a) Die Frage, ob die Herstellung und der Vertrieb des "Fleuro"-Blumenhalters durch den Beklagten unlauteren Wettbewerb bedeutet habe und ihm daher zu untersagen sei;
b) die Höhe eines dem Kläger allenfalls zustehenden Schadenersatzanspruches.
2. Gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG begeht unter anderm unlauteren Wettbewerb, wer Massnahmen trifft, die bestimmt oder geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren eines andern herbeizuführen.
Die erste Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf den vorliegenden Fall ist somit, dass der vom Beklagten vertriebene Blumenhalter "Fleuro" mit dem bereits vorher auf dem Markt befindlichen Blumenhalter "Dublo" des Klägers verwechselbar ist. Bei der Entscheidung dieser Frage ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die beiden Erzeugnisse dem Durchschnittskäufer bieten. Die Vergleichung der beiden Halter zeigt nun, dass sie, abgesehen von Einzelheiten, die erst bei genauer Betrachtung feststellbar sind, in der ganzen Gestaltung, in Material, Form und Farbe miteinander übereinstimmen. Die Vorinstanz hat daher mit Recht angenommen, der Halter des Beklagten sei demjenigen des Klägers sklavisch nachgebildet und mit diesem verwechselbar.
3. a) Die in Frage stehende Bestimmung des UWG kann sich indessen, wie in BGE 79 II 319 mit einlässlicher Begründung dargelegt worden ist, lediglich auf die Ausstattung einer Ware beziehen, d.h. auf ihre äussere Form, auf die Aufmachung, wie die Farbe und dergleichen, nicht dagegen auf die technische Konstruktion eines Erzeugnisses. Infolgedessen hat auch im vorliegenden Fall die Konstruktion der beiden Halter ausser Betracht zu bleiben.
Nach den weiteren Ausführungen des erwähnten Entscheides kann aber auch nicht jede Ausstattung Wettbewerbsschutz beanspruchen. Soweit sie durch die Herstellungsweise oder den Gebrauchszweck des in Frage stehenden Erzeugnisses bedingt ist, steht auch das Wettbewerbsrecht ihrer Übernahme nicht entgegen. Als unlauter kann die Übernahme einer Ausstattung nur angesehen werden, wenn die Wahl einer anderen Gestaltung ohne Änderung der technischen Konstruktion und ohne Beeinträchtigung des Gebrauchszwecks möglich und auch zumutbar gewesen wäre, aber vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen wurde.
b) In dieser Beziehung ist die Vorinstanz auf Grund eines von ihr eingeholten Gutachtens zum Schlusse gelangt, dass der Beklagte für seinen Blumenhalter ohne erhebliche Benachteiligung kein anderes Material als Polystyrol habe wählen können, da andere, qualitativ gleichwertige Stoffe ungefähr doppelt so teuer wären. Dagegen wäre eine Aufteilung der Halteflächen in ein wabenförmiges Netz mit sechseckigen Öffnungen der vom Kläger gewählten Ausgestaltung als Gitter mit quadratischen Öffnungen ebenbürtig gewesen; ebenso hätte statt des farblosen Polystyrols farbiges verwendet werden können. Die Ausführung der Halteflächen in Wabenform hätte allerdings die Herstellungskosten pro Stück um ungefähr 5% erhöht, und zwar deshalb, weil das dafür erforderliche Werkzeug ungefähr doppelt so teuer zu stehen gekommen wäre wie dasjenige für die Gitterform. Für den Beklagten wäre es aber zumutbar gewesen, diese Mehrkosten in Kauf zu nehmen.
c) Mit der Ausgestaltung der Halteflächen in Wabenform hätte also dem Beklagten eine Ausstattung zu Gebote gestanden, die weder eine Änderung der technischen Konstruktion des Halters bedingt noch seine Brauchbarkeit beeinträchtigt hätte. Sie wäre überdies der Ausführung mit der gitterförmigen Haltefläche ebenbürtig, also nicht weniger solid und nicht weniger praktisch gewesen. Dass diese Änderung eine Erhöhung der Herstellungskosten um 5% zur Folge gehabt hätte, lässt sie für den Beklagten nicht als unzumutbar erscheinen. Dieser macht nach seiner eigenen Darstellung bei einem Verkaufspreis seines Halters von Fr. 3.90 einen Gewinn von Fr. 1.- pro Stück. Bei einer Erhöhung des Gestehungspreises von Fr. 2.90 um 5% oder 15 Rp. würde sich also seine Gewinnspanne auf 85 Rp. vermindern. Will er dies nicht in Kauf nehmen, so hat er die Möglichkeit, den Verkaufspreis auf Fr. 4.05 zu erhöhen, womit er immer noch 90 Rp. unter dem Verkaufspreis des klägerischen Halters bleibt, der Fr. 4.95 kostet. Es kann daher nicht gesagt werden, dass die vom Beklagten aufzuwendenden Mehrkosten die Konkurrenzfähigkeit seines Erzeugnisses aufheben oder auch nur ernstlich beeinträchtigen würden.
d) Der Beklagte hätte, wie die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, der Verwechslungsgefahr auch durch eine Farbänderung entgegentreten können. Demgegenüber wendet der Beklagte ein, die Wahl einer andern Farbe, wie rot oder blau, wäre für ihn nicht zumutbar gewesen, da eine solche Farbgebung kitschig gewirkt und den Absatz nachteilig beeinflusst hätte. Dieser Einwand ist unbehelflich. Denn unter einer andern Farbgebung ist nicht ein starkes Rot oder Blau zu verstehen, sondern nach den Ausführungen, welche die Vorinstanz gestützt auf das Sachverständigengutachten gemacht hat, eine leichte Farbtönung in grün, blau, gelb oder braun.
e) Der Beklagte hat somit Abänderungen, die ihm nach dem Gesagten möglich und zumutbar gewesen wären, nicht vorgenommen. Er ist durch sklavische Nachahmung des klägerischen Erzeugnisses bewusst darauf ausgegangen, Verwechslungen zwischen den beiden Waren Vorschub zu leisten.
4. a) In seiner bisherigen Rechtsprechung (BGE 72 II 395, BGE 79 II 321) hat das Bundesgericht die Auffassung vertreten, die Verwechselbarkeit auch zweier nicht technisch bedingter Ausstattungen reiche für sich allein zur Annahme unlauteren Wettbewerbes noch nicht aus. Erforderlich sei vielmehr, dass die nachgeahmte Ausstattung die Wirkung eines Hinweises auf einen bestimmten Hersteller oder auf eine bestimmte Qualität der Ware habe, indem sie durch ihre Originalität, dank ihrer Durchsetzung im Verkehr (sog. Verkehrsgeltung) oder auf andere Weise beim Käufer eine Ideenverbindung mit einem bestimmten Hersteller oder eine bestimmte Qualitätsvorstellung wecke.
Gestützt auf diese Rechtsprechung hat die Vorinstanz geprüft, ob der nachgeahmten Ausstattung des Klägers eine hinweisende Wirkung in diesem Sinne zukomme, und sie hat diese Frage bejaht, weil der Kläger während ungefähr eines Jahres für seine Ware eine intensive Propaganda gemacht und damit einen Verkauf von rund 75 000 Stück seines Halters erzielt habe. Damit habe die streitige Ausstattung, selbst wenn ihr die Originalität abgesprochen werden müsste (was die Vorinstanz offen liess), Verkehrsgeltung zu Gunsten des Klägers erlangt. Die Vorinstanz nimmt also an, dass starke Propaganda und grosser Verkaufserfolg ohne weiteres auf Verkehrsgeltung schliessen lassen. Diese Schlussfolgerung beruht jedoch auf einer rechtlich unzutreffenden Auffassung des Begriffs der Verkehrsgeltung. Richtiger Auffassung nach ist Voraussetzung jeder Verkehrsgeltung, dass eine Ausstattung geeignet ist, als Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betriebe (der indessen dem Käufer nicht namentlich bekannt zu sein braucht) zu wirken (vgl. REIMER, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 3. Aufl. S. 405). Von Verkehrsgeltung kann demzufolge nur die Rede sein, wenn der Vertrieb eines Erzeugnisses wegen seiner täuschenden Ähnlichkeit mit einem bereits bestehenden andern Erzeugnis derselben Art eine Irreführung der Käuferschaft zu veranlassen vermag, und zwar in dem Sinne, dass sich ein nicht unerheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise daran gewöhnt hat, die Ware des ersten Herstellers mit einer bestimmten - und zwar immer derselben - Herkunftsstätte in Verbindung zu bringen (BGE 70 II 112, BGE 69 II 297). Eine solche Irreführung bewirkt, dass die täuschend ähnliche Ware der Konkurrenz gekauft wird, während sonst das nachgeahmte Erzeugnis des Erstherstellers erworben worden wäre, und dieser dadurch geschädigt wird.
Verkehrsgeltung in diesem Sinne kann nach einhelliger Lehrmeinung nur auf Grund einer Anhörung der beteiligten Verkehrskreise (Zeugen, Handelskammerberichte) festgestellt werden (REIMER, a.a.O. S. 407). Solche Erhebungen sind aber hier von der Vorinstanz überhaupt nicht bzw. nur in ganz unzulänglichem Masse vorgenommen worden. Sie gelangte vielmehr zur Annahme der Verkehrsgeltung auf Grund der unzulässig vereinfachten Formel, dass kräftige Propaganda zusammen mit reichlichem Verkauf notwendigerweise Verkehrsgeltung bewirke. Dabei hat sie jedoch übersehen, dass Täuschung über den Hersteller von vorneherein nur dort in Betracht kommen kann, wo sich der Käufer überhaupt um den Hersteller interessiert. Das ist aber bei einem billigen Artikel des täglichen Bedarfs, wie er hier in Frage steht, regelmässig gerade nicht der Fall. Hier ist für die überwiegende Zahl der Käufer der Preis viel wichtiger als die Person des Herstellers. Aus dem Umfang der Propaganda und dem Verkaufserfolg lässt sich daher noch nicht ohne weiteres folgern, dass die Ware einem bestimmten Hersteller zugeschrieben werde.
b) Über die verfehlte Vorstellung der Vorinstanz von der Verkehrsgeltung kann indessen hinweggesehen werden, da sie, wie im folgenden zu zeigen sein wird, für die Entscheidung der vorliegenden Streitsache belanglos ist.
Die erneute Überprüfung der Voraussetzungen unlauteren Wettbewerbs ergibt nämlich, dass bei Übernahme einer nicht technisch bedingten Ausstattung der Frage der Verkehrsgeltung wie auch der Originalität nicht die Bedeutung zukommt, die ihnen in der bisherigen Rechtsprechung beigemessen wurde. Das Abstellen auf sie mochte unter der Herrschaft des Art. 48 OR seine Berechtigung gehabt haben; er setzte als Anwendungsfall des Persönlichkeitsschutzes gemäss Art. 28 ZGB das Bestehen eines Individualrechtes des klagenden Geschäftsmannes an der von der Verwechslungsgefahr bedrohten Ausstattung voraus (BGE 63 II 163, BGE 69 II 297, BGE 70 II 112). Das geltende Recht bezeichnet nun aber in Art. 1 UWG als unlauteren Wettbewerb jeden Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbes durch täuschende oder andere Mittel, die gegen Treu und Glauben verstossen. Im Gegensatz zu Art. 48 OR knüpft also das neue Recht nicht mehr an die Vorschriften über den Persönlichkeitsschutz an, sondern an Art. 2 ZGB, der vom offenbaren Missbrauch eines Rechtes handelt. Es bedarf somit keiner Verletzung eines Individualrechts des Klägers mehr, und damit erübrigt sich folgerichtig auch der Nachweis eines solchen. Das wurde zutreffend schon in BGE 72 II 392 ff. festgehalten; jedoch wurde dort unterlassen, die sich daraus aufdrängende Schlussfolgerung zu ziehen, dass damit auch das Erfordernis der Verkehrsgeltung bzw. der Originalität der Ausstattung entbehrlich werde. Dies ist aber tatsächlich der Fall. Nach Wortlaut und Sinn des neuen Gesetzes genügt das Vorliegen einer nicht durch den Gebrauchszweck oder durch die Herstellungsweise bedingten und daher vermeidbaren Verwechselbarkeit. Diese setzt ihrer Natur nach voraus, dass die Ware des einen Wettbewerbers für diejenige des andern gehalten werden kann. Übernimmt ein Wettbewerber die nicht technisch bedingte Ausstattung der Ware eines andern ohne jede Abänderung, so lässt dies darauf schliessen, dass die Nachahmung nur dazu dient, sich den guten Ruf des Konkurrenten oder seiner Ware zunutze zu machen. Derartiges Schmarotzertum stellt aber einen Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbs im Sinne von Art. 1 UWG dar, ohne Rücksicht darauf, ob im übrigen die nachgeahmte Ausstattung originell sei oder Verkehrsgeltung erlangt habe oder nicht (so zutreffend GERMANN, Unlauterer Wettbewerb, S. 281). Es erübrigt sich daher, im einzelnen Falle nach dem Vorliegen einer Verkehrsgeltung zu forschen. Zwar kann eine solche, gleich wie die Originalität, immer noch von Bedeutung sein, falls ein Hersteller sie von sich aus geltend macht und auch zu beweisen vermag. Denn alsdann ist ein Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbes regelmässig ohne weiteres zu bejahen. Insofern behalten auch intensive Propaganda und reichlicher Verkauf ihre Bedeutung; denn sie stellen gewichtige Indizien dafür dar, dass zum mindesten ein gewisser Teil der Käuferschaft ein Erzeugnis einem bestimmten Hersteller zuschreibt, was immer Grundlage einer Verwechslungsgefahr bildet. Dagegen rechtfertigt es sich nicht, die Verkehrsgeltung - und ebensowenig die Originalität - für Verwechslungstatbestände im Sinne des Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG in den Vordergrund zu stellen und sie, wie dies in der bisherigen Rechtsprechung geschehen ist, zur unerlässlichen Voraussetzung des Tatbestandes des unlauteren Wettbewerbes zu machen.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass Verwechselbarkeit nicht leichthin angenommen werden darf, da sich sonst eine unbillige Beschränkung der freien Betätigung der Mitbewerber durch die Monopolisierung einer gemeinfreien Ausstattung zu Gunsten eines bestimmten Betriebes ergeben könnte (REIMER, a.a.O. S. 408). Was weder patentnoch musterrechtlich geschützt ist, darf grundsätzlich von jedem Mitbewerber hergestellt werden. Die Grenze bilden einzig die Nachahmung oder eine andere Massnahme, die zu Verwechslungen mit bereits früher auf dem Markte befindlichen Erzeugnissen eines andern führen kann.
5. Im vorliegenden Falle hat der Beklagte, wie dargelegt wurde, den Blumenhalter des Klägers auch in Einzelheiten der Ausstattung, in denen Herstellungsweise und Gebrauchszweck eine Abweichung ohne weiteres gestattet hätten, sklavisch nachgeahmt und dadurch die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt. Damit hat er, ungeachtet ob die nachgeahmte Ausstattung Verkehrsgeltung zu Gunsten des Klägers besitze oder nicht, unlauteren Wettbewerb begangen. Die Vorinstanz hat ihm deshalb den weiteren Vertrieb des nachgeahmten Blumenhalters mit Recht untersagt. ..
6. Nach Art. 2 Abs. 1 lit. d UWG hat der Urheber unlauteren Wettbewerbes, sofern ihm ein Verschulden zur Last fällt, dem betroffenen Mitbewerber den erlittenen Schaden zu ersetzen.
a) Die erste Voraussetzung einer Schadenersatzpflicht, nämlich ein Verschulden des Beklagten, ist im vorliegenden Fall unzweifelhaft erfüllt. Aus dem ganzen Verhalten des Beklagten geht eindeutig hervor, dass er bewusst und absichtlich den "Dublo"-Halter des Klägers nachgeahmt hat, um aus den mit Sicherheit zu erwartenden Verwechslungen der beiden Erzeugnisse Vorteil zu ziehen.
b) ... Bei der Ermittlung der Schadenshöhe ist davon auszugehen, dass der ziffermässige Nachweis des Schadens in Fällen der vorliegenden Art immer äusserst schwierig ist (BGE 68 II 244). Nach der Regel des Art. 42 Abs. 2 OR, die gemäss Art. 8 UWG auch im Gebiete des Wettbewerbsrechts anwendbar ist, muss es daher genügen, wenn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der Erfahrung des Lebens anzunehmen ist, dass der vom unlauteren Wettbewerb Betroffene infolge von Verwechslungen der Ware des Konkurrenten mit der seinigen eine gewisse Einbusse erlitten hat. Bei solcher nach richterlichem Ermessen vorzunehmender Festsetzung der Schadenersatzsumme sind Art und Umfang des begangenen unlauteren Wettbewerbs zu berücksichtigen, und ferner ist darauf Bedacht zu nehmen, dass nach der Bezahlung des Schadenersatzes und der Kosten der unlautere Wettbewerb nicht doch noch ein vorteilhaftes Geschäft für seinen Urheber bedeutet. Eine Gewinnabschöpfung, die über den dem Verletzten nachweisbar erwachsenen Schaden hinausgehen würde, ist jedoch unzulässig (BGE 72 II 399, BGE 79 II 327).
c) Im vorliegenden Falle muss angesichts der sklavischen Nachahmung des klägerischen Blumenhalters durch den Beklagten und der dadurch bewirkten Verwechselbarkeit der beiden Erzeugnisse nach der Lebenserfahrung angenommen werden, dass Verwechslungen vorgekommen sind. Aber es liegt auf der Hand, dass diese Verwechselbarkeit allein für den Absatzrückgang des klägerischen Halters nicht von entscheidender Bedeutung war, sondern dass er in weit höherem Masse auf den Preisunterschied der beiden Artikel zurückzuführen ist. ... Dass der Beklagte seinen Halter zu einem billigeren Preis abgab als der Kläger, gereicht ihm aber nicht zum Vorwurf. Die Befugnis, seine Ware billiger zu verkaufen als die Konkurrenz, macht gerade das Wesen des zulässigen freien Wettbewerbes aus, solange wenigstens nicht unter den eigenen Gestehungskosten verkauft wird, um den Konkurrenten auf diesem Wege aus dem Wettbewerb zu verdrängen (GERMANN, a.a.O. S. 289 ff.). Von solcher missbräuchlicher Unterbietung kann hier jedoch nicht die Rede sein, da der Beklagte trotz seines geringeren Verkaufspreises immer noch einen Gewinn von Fr. 1.- pro Stück erzielte.
Der Kläger wendet demgegenüber ein, dem Beklagten sei die Abgabe seines Halters zu so billigem Preise nur deswegen möglich gewesen, weil er sich durch die sklavische Nachahmung des klägerischen Erzeugnisses eigene Entwicklungskosten gespart hätte; ebenso sei ihm die Einführungsarbeit erspart geblieben, indem er die vom Kläger mit einem Kostenaufwand von Fr. 30'000.-- entfaltete umfangreiche Propaganda und Reklame als Vorspann benützt habe.
Wenn diesem Einwand zwar bis zu einem gewissen Grade die Berechtigung nicht abzusprechen ist, so kann daraus doch nicht eine Ersatzpflicht des Beklagten in dem vom Kläger behaupteten Ausmass abgeleitet werden. Denn hätte der Beklagte von Anfang an den Blumenhalter in der Ausstattung vertrieben, die ihm nach dem heutigen Urteil gestattet ist (Waben- statt Gitterform, leichte Farbtönung), und zwar ebenfalls um einen Franken billiger als der Kläger, so wäre der Verkaufserfolg des Beklagten sicher kaum viel geringer gewesen als der mit der sklavischen Nachahmung erzielte. ... Soweit der Absatz des Klägers auch durch den Vertrieb eines Konkurrenzproduktes in nicht verwechselbarer Ausstattung beeinträchtigt worden wäre, ist aber selbst eine allenfalls tatsächlich vorhandene Vorspannwirkung des klägerischen Einführungs- und Reklameaufwandes zu Gunsten des Beklagten unerheblich.
Ein Schadenersatzanspruch des Klägers besteht danach nur insoweit, als er durch tatsächlich vorgekommene Verwechslungen der beiden Erzeugnisse im Absatz seines Halters beeinträchtigt worden ist. Selbst wenn man nun in Betracht zieht, dass der Beklagte seinen Halter in der ursprünglichen, wettbewerbsrechtlich zu beanstandenden Ausführung gemäss verbindlicher Feststellung der Vorinstanz nur während höchstens eines Vierteljahres vertrieben hat, so erscheint der von der Vorinstanz dem Kläger zugesprochene Schadenersatzbetrag von Fr. 3000.-- doch als zu niedrig gegriffen. In Abwägung aller Umstände rechtfertigt es sich, den vom Beklagten zu bezahlenden Ersatzbetrag nach freiem richterlichem Ermessen auf Fr. 5000.-- zu erhöhen.
d) Der Kläger macht verschiedene Umstände geltend, die seiner Ansicht nach eine weitere Erhöhung des Schadenersatzbetrages rechtfertigen.
Er beruft sich vorab darauf, dass die Firma Stauffer & Co. in Bern eine Bestellung von 1000 Stück seines Halters rückgängig gemacht habe, nachdem der Beklagte seinen Blumenhalter auf den Markt gebracht hatte. Aber gerade hier ist offenkundig, dass dieses Geschäft dem Kläger nicht infolge einer Verwechslung entgangen ist, sondern wegen des billigeren Preises, zu dem das Konkurrenzerzeugnis des Beklagten abgegeben wurde ...
Ebenso kann der Kläger keinen Schadenersatzanspruch daraus ableiten, dass die Firma Jelmoli A.-G. auf die Durchführung der in ihrer Filiale Oerlikon vorgesehenen Vorführungen des klägerischen Blumenhalters verzichtete, weil der Beklagte in der gegenüberliegenden Filiale der Neuen Warenhaus A.-G. seinen billigeren Halter vertrieb und dafür grosse Propaganda machte. Denn auch hier gab nicht die Verwechselbarkeit, sondern ausschliesslich der niedrigere Preis Anlass dazu, dass dem Kläger Absatzmöglichkeiten entgingen. Das Gleiche gilt sodann auch für die vom Kläger behaupteten weiteren Absagen von Demonstrationen und die Rückgängigmachung eines Jahresabschlusses mit einer Firma in Winterthur, sowie Einbussen ähnlicher Art in mehreren andern Schweizerstädten.
Die Vorbringen des Klägers sind somit nicht geeignet, zu einer weiteren Erhöhung der Schadenersatzsumme zu führen.
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de
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Nachahmung einer Ware, Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG. Verwechselbarkeit (Erw. 2).
Unlauterer Wettbewerb durch Nachahmung eines gemeinfreien Erzeugnisses, Voraussetzungen (Erw. 3).
Verkehrsgeltung der nachgeahmten Ausstattung ist nicht erforderlich (Änderung der Rechtsprechung) (Erw. 4).
Schadenersatz, Bemessungsgrundsätze (Erw. 6).
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de
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-II-154%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 II 154
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83 II 154
Sachverhalt ab Seite 155
A.- Gustav Buchmann vertreibt seit dem Frühjahr 1953 als schweizerischer Alleinvertreter der Firma Otto Goebel in Fürth (Bayern) den Blumenhalter "Dublo", der das Einstellen von Schnittblumen in Vasen und Schalen erleichtern soll.
Dieser Halter ist aus glasklarem, farblosem Polystyrol, einer Kunstharzmasse, hergestellt. Er besteht aus einem kreisrunden Unterteil, der als Gitter mit quadratischen Öffnungen ausgestaltet ist, und einem ebenfalls gegitterten, pilzförmigen Oberteil; diese beiden Teile können direkt ineinandergesteckt oder durch ein stielartiges Zwischenstück miteinander verbunden werden. Zum Befestigen des Ständers am Boden der Vase oder Schale dient ein Gummisauger. Auf dem Oberteil kann eine Kerzenleiste aufgesteckt werden. Der Verkaufspreis des Halters beträgt Fr. 4.95.
Karl Schneble bezog im Oktober 1953 von Buchmann 1000 Stück dieses Blumenhalters. Im Januar 1954 brachte er unter der Bezeichnung "Fleuro" zum Preis von Fr. 3.90 einen eigenen Blumenhalter in den Handel, der nach der Auffassung Buchmanns eine sklavische Nachahmung seines Halters darstellte und dessen Verpackung mit der seinigen verwechselbar war.
Auf Antrag Buchmanns wurde Schneble durch vorsorgliche Verfügung des Einzelrichters des Bezirksgerichts Zürich und des Obergerichts Zürich vom 12. Februar/1. April 1954 die weitere Verwendung der beanstandeten Packung sowie der weitere Vertrieb des Blumenhalters "Fleuro" gegen Kautionsleistungen Buchmanns von Fr. 3000.-- und Fr. 7000.-- untersagt.
Schon während des Verfahrens beim Einzelrichter hatte Schneble die Verpackung seines Halters abgeändert. Nach dem Beschluss des Obergerichts nahm er auch am Blumenhalter selber einige Änderungen vor und vertrieb ihn unter der Bezeichnung "Combi-Fleuro".
B.- Mit Klage vom 15. März/10. Mai 1954 erhob Buchmann gegen Schneble Klage wegen unlauteren Wettbewerbs mit den Begehren
1. Auf Feststellung, dass der Beklagte durch den Vertrieb des Blumenhalters "Fleuro" und durch die Art der Verpackung desselben unlauteren Wettbewerb begangen habe;
2. Auf Untersagung des weiteren Vertriebs des Blumenhalters "Fleuro" in seiner gegenwärtigen Ausstattung und in der ursprünglichen Verpackung durch den Beklagten;
3. Auf Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung von Fr. 20'000.-- Schadenersatz und Fr. 5000.-- Genugtuung, je nebst 5% Zins seit Prozesseinleitung, an den Kläger; 4. Auf Urteilspublikation.
Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage. ..
C.- Das Handelsgericht Zürich verbot mit Urteil vom 3. Juli 1956 dem Beklagten den weiteren Vertrieb des Blumenhalters "Fleuro" in der gegenwärtigen Ausstattung und verpflichtete ihn zur Bezahlung von Fr. 3000.-- Schadenersatz nebst 5% Zins seit 15. März 1954 an den Kläger. Die weitergehenden Klagebegehren wurden abgewiesen.
D.- Gegen das Urteil des Handelsgerichts erklärten beide Parteien die Berufung an das Bundesgericht.
Der Kläger verlangt Erhöhung der zugesprochenen Schadenersatzsumme auf Fr. 20'000.-- nebst Zins, eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Durchführung eines Beweisverfahrens über die Schadenshöhe.
Der Beklagte beantragt gänzliche Abweisung der Klage...
E.- Das Bundesgericht erhöht in teilweiser Gutheissung der Berufung des Klägers den vom Beklagten zu bezahlenden Schadenersatzbetrag auf Fr. 5000.-- auf Grund der folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
1. Der Kläger hat gegen die Abweisung seines Feststellungsbegehrens, des Unterlassungsbegehrens bezüglich der Verpackung, der Genugtuungsforderung und des Publikationsbegehrens die Berufung nicht ergriffen. Das Urteil der Vorinstanz ist daher insoweit in Rechtskraft erwachsen. Der Beklagte hat jedoch an der Berufungsverhandlung die Erklärung abgegeben, dass er trotz der Abweisung des auf die ursprüngliche Verpackung bezüglichen Feststellungs- und Unterlassungsbegehrens durch die Vorinstanz die beanstandete Verpackung nicht mehr verwende und nie mehr verwenden werde. Bei dieser Erklärung ist er zu behaften.
Gegenstand des Berufungsverfahrens bilden gemäss den von den Parteien gestellten Berufungsanträgen somit lediglich noch die folgenden Punkte:
a) Die Frage, ob die Herstellung und der Vertrieb des "Fleuro"-Blumenhalters durch den Beklagten unlauteren Wettbewerb bedeutet habe und ihm daher zu untersagen sei;
b) die Höhe eines dem Kläger allenfalls zustehenden Schadenersatzanspruches.
2. Gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG begeht unter anderm unlauteren Wettbewerb, wer Massnahmen trifft, die bestimmt oder geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren eines andern herbeizuführen.
Die erste Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf den vorliegenden Fall ist somit, dass der vom Beklagten vertriebene Blumenhalter "Fleuro" mit dem bereits vorher auf dem Markt befindlichen Blumenhalter "Dublo" des Klägers verwechselbar ist. Bei der Entscheidung dieser Frage ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die beiden Erzeugnisse dem Durchschnittskäufer bieten. Die Vergleichung der beiden Halter zeigt nun, dass sie, abgesehen von Einzelheiten, die erst bei genauer Betrachtung feststellbar sind, in der ganzen Gestaltung, in Material, Form und Farbe miteinander übereinstimmen. Die Vorinstanz hat daher mit Recht angenommen, der Halter des Beklagten sei demjenigen des Klägers sklavisch nachgebildet und mit diesem verwechselbar.
3. a) Die in Frage stehende Bestimmung des UWG kann sich indessen, wie in BGE 79 II 319 mit einlässlicher Begründung dargelegt worden ist, lediglich auf die Ausstattung einer Ware beziehen, d.h. auf ihre äussere Form, auf die Aufmachung, wie die Farbe und dergleichen, nicht dagegen auf die technische Konstruktion eines Erzeugnisses. Infolgedessen hat auch im vorliegenden Fall die Konstruktion der beiden Halter ausser Betracht zu bleiben.
Nach den weiteren Ausführungen des erwähnten Entscheides kann aber auch nicht jede Ausstattung Wettbewerbsschutz beanspruchen. Soweit sie durch die Herstellungsweise oder den Gebrauchszweck des in Frage stehenden Erzeugnisses bedingt ist, steht auch das Wettbewerbsrecht ihrer Übernahme nicht entgegen. Als unlauter kann die Übernahme einer Ausstattung nur angesehen werden, wenn die Wahl einer anderen Gestaltung ohne Änderung der technischen Konstruktion und ohne Beeinträchtigung des Gebrauchszwecks möglich und auch zumutbar gewesen wäre, aber vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen wurde.
b) In dieser Beziehung ist die Vorinstanz auf Grund eines von ihr eingeholten Gutachtens zum Schlusse gelangt, dass der Beklagte für seinen Blumenhalter ohne erhebliche Benachteiligung kein anderes Material als Polystyrol habe wählen können, da andere, qualitativ gleichwertige Stoffe ungefähr doppelt so teuer wären. Dagegen wäre eine Aufteilung der Halteflächen in ein wabenförmiges Netz mit sechseckigen Öffnungen der vom Kläger gewählten Ausgestaltung als Gitter mit quadratischen Öffnungen ebenbürtig gewesen; ebenso hätte statt des farblosen Polystyrols farbiges verwendet werden können. Die Ausführung der Halteflächen in Wabenform hätte allerdings die Herstellungskosten pro Stück um ungefähr 5% erhöht, und zwar deshalb, weil das dafür erforderliche Werkzeug ungefähr doppelt so teuer zu stehen gekommen wäre wie dasjenige für die Gitterform. Für den Beklagten wäre es aber zumutbar gewesen, diese Mehrkosten in Kauf zu nehmen.
c) Mit der Ausgestaltung der Halteflächen in Wabenform hätte also dem Beklagten eine Ausstattung zu Gebote gestanden, die weder eine Änderung der technischen Konstruktion des Halters bedingt noch seine Brauchbarkeit beeinträchtigt hätte. Sie wäre überdies der Ausführung mit der gitterförmigen Haltefläche ebenbürtig, also nicht weniger solid und nicht weniger praktisch gewesen. Dass diese Änderung eine Erhöhung der Herstellungskosten um 5% zur Folge gehabt hätte, lässt sie für den Beklagten nicht als unzumutbar erscheinen. Dieser macht nach seiner eigenen Darstellung bei einem Verkaufspreis seines Halters von Fr. 3.90 einen Gewinn von Fr. 1.- pro Stück. Bei einer Erhöhung des Gestehungspreises von Fr. 2.90 um 5% oder 15 Rp. würde sich also seine Gewinnspanne auf 85 Rp. vermindern. Will er dies nicht in Kauf nehmen, so hat er die Möglichkeit, den Verkaufspreis auf Fr. 4.05 zu erhöhen, womit er immer noch 90 Rp. unter dem Verkaufspreis des klägerischen Halters bleibt, der Fr. 4.95 kostet. Es kann daher nicht gesagt werden, dass die vom Beklagten aufzuwendenden Mehrkosten die Konkurrenzfähigkeit seines Erzeugnisses aufheben oder auch nur ernstlich beeinträchtigen würden.
d) Der Beklagte hätte, wie die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, der Verwechslungsgefahr auch durch eine Farbänderung entgegentreten können. Demgegenüber wendet der Beklagte ein, die Wahl einer andern Farbe, wie rot oder blau, wäre für ihn nicht zumutbar gewesen, da eine solche Farbgebung kitschig gewirkt und den Absatz nachteilig beeinflusst hätte. Dieser Einwand ist unbehelflich. Denn unter einer andern Farbgebung ist nicht ein starkes Rot oder Blau zu verstehen, sondern nach den Ausführungen, welche die Vorinstanz gestützt auf das Sachverständigengutachten gemacht hat, eine leichte Farbtönung in grün, blau, gelb oder braun.
e) Der Beklagte hat somit Abänderungen, die ihm nach dem Gesagten möglich und zumutbar gewesen wären, nicht vorgenommen. Er ist durch sklavische Nachahmung des klägerischen Erzeugnisses bewusst darauf ausgegangen, Verwechslungen zwischen den beiden Waren Vorschub zu leisten.
4. a) In seiner bisherigen Rechtsprechung (BGE 72 II 395, BGE 79 II 321) hat das Bundesgericht die Auffassung vertreten, die Verwechselbarkeit auch zweier nicht technisch bedingter Ausstattungen reiche für sich allein zur Annahme unlauteren Wettbewerbes noch nicht aus. Erforderlich sei vielmehr, dass die nachgeahmte Ausstattung die Wirkung eines Hinweises auf einen bestimmten Hersteller oder auf eine bestimmte Qualität der Ware habe, indem sie durch ihre Originalität, dank ihrer Durchsetzung im Verkehr (sog. Verkehrsgeltung) oder auf andere Weise beim Käufer eine Ideenverbindung mit einem bestimmten Hersteller oder eine bestimmte Qualitätsvorstellung wecke.
Gestützt auf diese Rechtsprechung hat die Vorinstanz geprüft, ob der nachgeahmten Ausstattung des Klägers eine hinweisende Wirkung in diesem Sinne zukomme, und sie hat diese Frage bejaht, weil der Kläger während ungefähr eines Jahres für seine Ware eine intensive Propaganda gemacht und damit einen Verkauf von rund 75 000 Stück seines Halters erzielt habe. Damit habe die streitige Ausstattung, selbst wenn ihr die Originalität abgesprochen werden müsste (was die Vorinstanz offen liess), Verkehrsgeltung zu Gunsten des Klägers erlangt. Die Vorinstanz nimmt also an, dass starke Propaganda und grosser Verkaufserfolg ohne weiteres auf Verkehrsgeltung schliessen lassen. Diese Schlussfolgerung beruht jedoch auf einer rechtlich unzutreffenden Auffassung des Begriffs der Verkehrsgeltung. Richtiger Auffassung nach ist Voraussetzung jeder Verkehrsgeltung, dass eine Ausstattung geeignet ist, als Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betriebe (der indessen dem Käufer nicht namentlich bekannt zu sein braucht) zu wirken (vgl. REIMER, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 3. Aufl. S. 405). Von Verkehrsgeltung kann demzufolge nur die Rede sein, wenn der Vertrieb eines Erzeugnisses wegen seiner täuschenden Ähnlichkeit mit einem bereits bestehenden andern Erzeugnis derselben Art eine Irreführung der Käuferschaft zu veranlassen vermag, und zwar in dem Sinne, dass sich ein nicht unerheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise daran gewöhnt hat, die Ware des ersten Herstellers mit einer bestimmten - und zwar immer derselben - Herkunftsstätte in Verbindung zu bringen (BGE 70 II 112, BGE 69 II 297). Eine solche Irreführung bewirkt, dass die täuschend ähnliche Ware der Konkurrenz gekauft wird, während sonst das nachgeahmte Erzeugnis des Erstherstellers erworben worden wäre, und dieser dadurch geschädigt wird.
Verkehrsgeltung in diesem Sinne kann nach einhelliger Lehrmeinung nur auf Grund einer Anhörung der beteiligten Verkehrskreise (Zeugen, Handelskammerberichte) festgestellt werden (REIMER, a.a.O. S. 407). Solche Erhebungen sind aber hier von der Vorinstanz überhaupt nicht bzw. nur in ganz unzulänglichem Masse vorgenommen worden. Sie gelangte vielmehr zur Annahme der Verkehrsgeltung auf Grund der unzulässig vereinfachten Formel, dass kräftige Propaganda zusammen mit reichlichem Verkauf notwendigerweise Verkehrsgeltung bewirke. Dabei hat sie jedoch übersehen, dass Täuschung über den Hersteller von vorneherein nur dort in Betracht kommen kann, wo sich der Käufer überhaupt um den Hersteller interessiert. Das ist aber bei einem billigen Artikel des täglichen Bedarfs, wie er hier in Frage steht, regelmässig gerade nicht der Fall. Hier ist für die überwiegende Zahl der Käufer der Preis viel wichtiger als die Person des Herstellers. Aus dem Umfang der Propaganda und dem Verkaufserfolg lässt sich daher noch nicht ohne weiteres folgern, dass die Ware einem bestimmten Hersteller zugeschrieben werde.
b) Über die verfehlte Vorstellung der Vorinstanz von der Verkehrsgeltung kann indessen hinweggesehen werden, da sie, wie im folgenden zu zeigen sein wird, für die Entscheidung der vorliegenden Streitsache belanglos ist.
Die erneute Überprüfung der Voraussetzungen unlauteren Wettbewerbs ergibt nämlich, dass bei Übernahme einer nicht technisch bedingten Ausstattung der Frage der Verkehrsgeltung wie auch der Originalität nicht die Bedeutung zukommt, die ihnen in der bisherigen Rechtsprechung beigemessen wurde. Das Abstellen auf sie mochte unter der Herrschaft des Art. 48 OR seine Berechtigung gehabt haben; er setzte als Anwendungsfall des Persönlichkeitsschutzes gemäss Art. 28 ZGB das Bestehen eines Individualrechtes des klagenden Geschäftsmannes an der von der Verwechslungsgefahr bedrohten Ausstattung voraus (BGE 63 II 163, BGE 69 II 297, BGE 70 II 112). Das geltende Recht bezeichnet nun aber in Art. 1 UWG als unlauteren Wettbewerb jeden Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbes durch täuschende oder andere Mittel, die gegen Treu und Glauben verstossen. Im Gegensatz zu Art. 48 OR knüpft also das neue Recht nicht mehr an die Vorschriften über den Persönlichkeitsschutz an, sondern an Art. 2 ZGB, der vom offenbaren Missbrauch eines Rechtes handelt. Es bedarf somit keiner Verletzung eines Individualrechts des Klägers mehr, und damit erübrigt sich folgerichtig auch der Nachweis eines solchen. Das wurde zutreffend schon in BGE 72 II 392 ff. festgehalten; jedoch wurde dort unterlassen, die sich daraus aufdrängende Schlussfolgerung zu ziehen, dass damit auch das Erfordernis der Verkehrsgeltung bzw. der Originalität der Ausstattung entbehrlich werde. Dies ist aber tatsächlich der Fall. Nach Wortlaut und Sinn des neuen Gesetzes genügt das Vorliegen einer nicht durch den Gebrauchszweck oder durch die Herstellungsweise bedingten und daher vermeidbaren Verwechselbarkeit. Diese setzt ihrer Natur nach voraus, dass die Ware des einen Wettbewerbers für diejenige des andern gehalten werden kann. Übernimmt ein Wettbewerber die nicht technisch bedingte Ausstattung der Ware eines andern ohne jede Abänderung, so lässt dies darauf schliessen, dass die Nachahmung nur dazu dient, sich den guten Ruf des Konkurrenten oder seiner Ware zunutze zu machen. Derartiges Schmarotzertum stellt aber einen Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbs im Sinne von Art. 1 UWG dar, ohne Rücksicht darauf, ob im übrigen die nachgeahmte Ausstattung originell sei oder Verkehrsgeltung erlangt habe oder nicht (so zutreffend GERMANN, Unlauterer Wettbewerb, S. 281). Es erübrigt sich daher, im einzelnen Falle nach dem Vorliegen einer Verkehrsgeltung zu forschen. Zwar kann eine solche, gleich wie die Originalität, immer noch von Bedeutung sein, falls ein Hersteller sie von sich aus geltend macht und auch zu beweisen vermag. Denn alsdann ist ein Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbes regelmässig ohne weiteres zu bejahen. Insofern behalten auch intensive Propaganda und reichlicher Verkauf ihre Bedeutung; denn sie stellen gewichtige Indizien dafür dar, dass zum mindesten ein gewisser Teil der Käuferschaft ein Erzeugnis einem bestimmten Hersteller zuschreibt, was immer Grundlage einer Verwechslungsgefahr bildet. Dagegen rechtfertigt es sich nicht, die Verkehrsgeltung - und ebensowenig die Originalität - für Verwechslungstatbestände im Sinne des Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG in den Vordergrund zu stellen und sie, wie dies in der bisherigen Rechtsprechung geschehen ist, zur unerlässlichen Voraussetzung des Tatbestandes des unlauteren Wettbewerbes zu machen.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass Verwechselbarkeit nicht leichthin angenommen werden darf, da sich sonst eine unbillige Beschränkung der freien Betätigung der Mitbewerber durch die Monopolisierung einer gemeinfreien Ausstattung zu Gunsten eines bestimmten Betriebes ergeben könnte (REIMER, a.a.O. S. 408). Was weder patentnoch musterrechtlich geschützt ist, darf grundsätzlich von jedem Mitbewerber hergestellt werden. Die Grenze bilden einzig die Nachahmung oder eine andere Massnahme, die zu Verwechslungen mit bereits früher auf dem Markte befindlichen Erzeugnissen eines andern führen kann.
5. Im vorliegenden Falle hat der Beklagte, wie dargelegt wurde, den Blumenhalter des Klägers auch in Einzelheiten der Ausstattung, in denen Herstellungsweise und Gebrauchszweck eine Abweichung ohne weiteres gestattet hätten, sklavisch nachgeahmt und dadurch die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt. Damit hat er, ungeachtet ob die nachgeahmte Ausstattung Verkehrsgeltung zu Gunsten des Klägers besitze oder nicht, unlauteren Wettbewerb begangen. Die Vorinstanz hat ihm deshalb den weiteren Vertrieb des nachgeahmten Blumenhalters mit Recht untersagt. ..
6. Nach Art. 2 Abs. 1 lit. d UWG hat der Urheber unlauteren Wettbewerbes, sofern ihm ein Verschulden zur Last fällt, dem betroffenen Mitbewerber den erlittenen Schaden zu ersetzen.
a) Die erste Voraussetzung einer Schadenersatzpflicht, nämlich ein Verschulden des Beklagten, ist im vorliegenden Fall unzweifelhaft erfüllt. Aus dem ganzen Verhalten des Beklagten geht eindeutig hervor, dass er bewusst und absichtlich den "Dublo"-Halter des Klägers nachgeahmt hat, um aus den mit Sicherheit zu erwartenden Verwechslungen der beiden Erzeugnisse Vorteil zu ziehen.
b) ... Bei der Ermittlung der Schadenshöhe ist davon auszugehen, dass der ziffermässige Nachweis des Schadens in Fällen der vorliegenden Art immer äusserst schwierig ist (BGE 68 II 244). Nach der Regel des Art. 42 Abs. 2 OR, die gemäss Art. 8 UWG auch im Gebiete des Wettbewerbsrechts anwendbar ist, muss es daher genügen, wenn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der Erfahrung des Lebens anzunehmen ist, dass der vom unlauteren Wettbewerb Betroffene infolge von Verwechslungen der Ware des Konkurrenten mit der seinigen eine gewisse Einbusse erlitten hat. Bei solcher nach richterlichem Ermessen vorzunehmender Festsetzung der Schadenersatzsumme sind Art und Umfang des begangenen unlauteren Wettbewerbs zu berücksichtigen, und ferner ist darauf Bedacht zu nehmen, dass nach der Bezahlung des Schadenersatzes und der Kosten der unlautere Wettbewerb nicht doch noch ein vorteilhaftes Geschäft für seinen Urheber bedeutet. Eine Gewinnabschöpfung, die über den dem Verletzten nachweisbar erwachsenen Schaden hinausgehen würde, ist jedoch unzulässig (BGE 72 II 399, BGE 79 II 327).
c) Im vorliegenden Falle muss angesichts der sklavischen Nachahmung des klägerischen Blumenhalters durch den Beklagten und der dadurch bewirkten Verwechselbarkeit der beiden Erzeugnisse nach der Lebenserfahrung angenommen werden, dass Verwechslungen vorgekommen sind. Aber es liegt auf der Hand, dass diese Verwechselbarkeit allein für den Absatzrückgang des klägerischen Halters nicht von entscheidender Bedeutung war, sondern dass er in weit höherem Masse auf den Preisunterschied der beiden Artikel zurückzuführen ist. ... Dass der Beklagte seinen Halter zu einem billigeren Preis abgab als der Kläger, gereicht ihm aber nicht zum Vorwurf. Die Befugnis, seine Ware billiger zu verkaufen als die Konkurrenz, macht gerade das Wesen des zulässigen freien Wettbewerbes aus, solange wenigstens nicht unter den eigenen Gestehungskosten verkauft wird, um den Konkurrenten auf diesem Wege aus dem Wettbewerb zu verdrängen (GERMANN, a.a.O. S. 289 ff.). Von solcher missbräuchlicher Unterbietung kann hier jedoch nicht die Rede sein, da der Beklagte trotz seines geringeren Verkaufspreises immer noch einen Gewinn von Fr. 1.- pro Stück erzielte.
Der Kläger wendet demgegenüber ein, dem Beklagten sei die Abgabe seines Halters zu so billigem Preise nur deswegen möglich gewesen, weil er sich durch die sklavische Nachahmung des klägerischen Erzeugnisses eigene Entwicklungskosten gespart hätte; ebenso sei ihm die Einführungsarbeit erspart geblieben, indem er die vom Kläger mit einem Kostenaufwand von Fr. 30'000.-- entfaltete umfangreiche Propaganda und Reklame als Vorspann benützt habe.
Wenn diesem Einwand zwar bis zu einem gewissen Grade die Berechtigung nicht abzusprechen ist, so kann daraus doch nicht eine Ersatzpflicht des Beklagten in dem vom Kläger behaupteten Ausmass abgeleitet werden. Denn hätte der Beklagte von Anfang an den Blumenhalter in der Ausstattung vertrieben, die ihm nach dem heutigen Urteil gestattet ist (Waben- statt Gitterform, leichte Farbtönung), und zwar ebenfalls um einen Franken billiger als der Kläger, so wäre der Verkaufserfolg des Beklagten sicher kaum viel geringer gewesen als der mit der sklavischen Nachahmung erzielte. ... Soweit der Absatz des Klägers auch durch den Vertrieb eines Konkurrenzproduktes in nicht verwechselbarer Ausstattung beeinträchtigt worden wäre, ist aber selbst eine allenfalls tatsächlich vorhandene Vorspannwirkung des klägerischen Einführungs- und Reklameaufwandes zu Gunsten des Beklagten unerheblich.
Ein Schadenersatzanspruch des Klägers besteht danach nur insoweit, als er durch tatsächlich vorgekommene Verwechslungen der beiden Erzeugnisse im Absatz seines Halters beeinträchtigt worden ist. Selbst wenn man nun in Betracht zieht, dass der Beklagte seinen Halter in der ursprünglichen, wettbewerbsrechtlich zu beanstandenden Ausführung gemäss verbindlicher Feststellung der Vorinstanz nur während höchstens eines Vierteljahres vertrieben hat, so erscheint der von der Vorinstanz dem Kläger zugesprochene Schadenersatzbetrag von Fr. 3000.-- doch als zu niedrig gegriffen. In Abwägung aller Umstände rechtfertigt es sich, den vom Beklagten zu bezahlenden Ersatzbetrag nach freiem richterlichem Ermessen auf Fr. 5000.-- zu erhöhen.
d) Der Kläger macht verschiedene Umstände geltend, die seiner Ansicht nach eine weitere Erhöhung des Schadenersatzbetrages rechtfertigen.
Er beruft sich vorab darauf, dass die Firma Stauffer & Co. in Bern eine Bestellung von 1000 Stück seines Halters rückgängig gemacht habe, nachdem der Beklagte seinen Blumenhalter auf den Markt gebracht hatte. Aber gerade hier ist offenkundig, dass dieses Geschäft dem Kläger nicht infolge einer Verwechslung entgangen ist, sondern wegen des billigeren Preises, zu dem das Konkurrenzerzeugnis des Beklagten abgegeben wurde ...
Ebenso kann der Kläger keinen Schadenersatzanspruch daraus ableiten, dass die Firma Jelmoli A.-G. auf die Durchführung der in ihrer Filiale Oerlikon vorgesehenen Vorführungen des klägerischen Blumenhalters verzichtete, weil der Beklagte in der gegenüberliegenden Filiale der Neuen Warenhaus A.-G. seinen billigeren Halter vertrieb und dafür grosse Propaganda machte. Denn auch hier gab nicht die Verwechselbarkeit, sondern ausschliesslich der niedrigere Preis Anlass dazu, dass dem Kläger Absatzmöglichkeiten entgingen. Das Gleiche gilt sodann auch für die vom Kläger behaupteten weiteren Absagen von Demonstrationen und die Rückgängigmachung eines Jahresabschlusses mit einer Firma in Winterthur, sowie Einbussen ähnlicher Art in mehreren andern Schweizerstädten.
Die Vorbringen des Klägers sind somit nicht geeignet, zu einer weiteren Erhöhung der Schadenersatzsumme zu führen.
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Imitation d'une marchandise, art. 1 al. 2 litt. d LCD. Risque de confusion (consid. 2).
Concurrence déloyale commise par l'imitation d'une marchandise non brevetée, conditions (consid. 3).
Il n'est pas nécessaire que l'aspect donné à la marchandise imitée se soit imposé dans les affaires (changement de jurisprudence) (consid. 4).
Dommages-intérêts, principes selon lesquels ils doivent être calculés (consid. 6).
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-II-154%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 II 154
Sachverhalt ab Seite 155
A.- Gustav Buchmann vertreibt seit dem Frühjahr 1953 als schweizerischer Alleinvertreter der Firma Otto Goebel in Fürth (Bayern) den Blumenhalter "Dublo", der das Einstellen von Schnittblumen in Vasen und Schalen erleichtern soll.
Dieser Halter ist aus glasklarem, farblosem Polystyrol, einer Kunstharzmasse, hergestellt. Er besteht aus einem kreisrunden Unterteil, der als Gitter mit quadratischen Öffnungen ausgestaltet ist, und einem ebenfalls gegitterten, pilzförmigen Oberteil; diese beiden Teile können direkt ineinandergesteckt oder durch ein stielartiges Zwischenstück miteinander verbunden werden. Zum Befestigen des Ständers am Boden der Vase oder Schale dient ein Gummisauger. Auf dem Oberteil kann eine Kerzenleiste aufgesteckt werden. Der Verkaufspreis des Halters beträgt Fr. 4.95.
Karl Schneble bezog im Oktober 1953 von Buchmann 1000 Stück dieses Blumenhalters. Im Januar 1954 brachte er unter der Bezeichnung "Fleuro" zum Preis von Fr. 3.90 einen eigenen Blumenhalter in den Handel, der nach der Auffassung Buchmanns eine sklavische Nachahmung seines Halters darstellte und dessen Verpackung mit der seinigen verwechselbar war.
Auf Antrag Buchmanns wurde Schneble durch vorsorgliche Verfügung des Einzelrichters des Bezirksgerichts Zürich und des Obergerichts Zürich vom 12. Februar/1. April 1954 die weitere Verwendung der beanstandeten Packung sowie der weitere Vertrieb des Blumenhalters "Fleuro" gegen Kautionsleistungen Buchmanns von Fr. 3000.-- und Fr. 7000.-- untersagt.
Schon während des Verfahrens beim Einzelrichter hatte Schneble die Verpackung seines Halters abgeändert. Nach dem Beschluss des Obergerichts nahm er auch am Blumenhalter selber einige Änderungen vor und vertrieb ihn unter der Bezeichnung "Combi-Fleuro".
B.- Mit Klage vom 15. März/10. Mai 1954 erhob Buchmann gegen Schneble Klage wegen unlauteren Wettbewerbs mit den Begehren
1. Auf Feststellung, dass der Beklagte durch den Vertrieb des Blumenhalters "Fleuro" und durch die Art der Verpackung desselben unlauteren Wettbewerb begangen habe;
2. Auf Untersagung des weiteren Vertriebs des Blumenhalters "Fleuro" in seiner gegenwärtigen Ausstattung und in der ursprünglichen Verpackung durch den Beklagten;
3. Auf Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung von Fr. 20'000.-- Schadenersatz und Fr. 5000.-- Genugtuung, je nebst 5% Zins seit Prozesseinleitung, an den Kläger; 4. Auf Urteilspublikation.
Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage. ..
C.- Das Handelsgericht Zürich verbot mit Urteil vom 3. Juli 1956 dem Beklagten den weiteren Vertrieb des Blumenhalters "Fleuro" in der gegenwärtigen Ausstattung und verpflichtete ihn zur Bezahlung von Fr. 3000.-- Schadenersatz nebst 5% Zins seit 15. März 1954 an den Kläger. Die weitergehenden Klagebegehren wurden abgewiesen.
D.- Gegen das Urteil des Handelsgerichts erklärten beide Parteien die Berufung an das Bundesgericht.
Der Kläger verlangt Erhöhung der zugesprochenen Schadenersatzsumme auf Fr. 20'000.-- nebst Zins, eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Durchführung eines Beweisverfahrens über die Schadenshöhe.
Der Beklagte beantragt gänzliche Abweisung der Klage...
E.- Das Bundesgericht erhöht in teilweiser Gutheissung der Berufung des Klägers den vom Beklagten zu bezahlenden Schadenersatzbetrag auf Fr. 5000.-- auf Grund der folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
1. Der Kläger hat gegen die Abweisung seines Feststellungsbegehrens, des Unterlassungsbegehrens bezüglich der Verpackung, der Genugtuungsforderung und des Publikationsbegehrens die Berufung nicht ergriffen. Das Urteil der Vorinstanz ist daher insoweit in Rechtskraft erwachsen. Der Beklagte hat jedoch an der Berufungsverhandlung die Erklärung abgegeben, dass er trotz der Abweisung des auf die ursprüngliche Verpackung bezüglichen Feststellungs- und Unterlassungsbegehrens durch die Vorinstanz die beanstandete Verpackung nicht mehr verwende und nie mehr verwenden werde. Bei dieser Erklärung ist er zu behaften.
Gegenstand des Berufungsverfahrens bilden gemäss den von den Parteien gestellten Berufungsanträgen somit lediglich noch die folgenden Punkte:
a) Die Frage, ob die Herstellung und der Vertrieb des "Fleuro"-Blumenhalters durch den Beklagten unlauteren Wettbewerb bedeutet habe und ihm daher zu untersagen sei;
b) die Höhe eines dem Kläger allenfalls zustehenden Schadenersatzanspruches.
2. Gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG begeht unter anderm unlauteren Wettbewerb, wer Massnahmen trifft, die bestimmt oder geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren eines andern herbeizuführen.
Die erste Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf den vorliegenden Fall ist somit, dass der vom Beklagten vertriebene Blumenhalter "Fleuro" mit dem bereits vorher auf dem Markt befindlichen Blumenhalter "Dublo" des Klägers verwechselbar ist. Bei der Entscheidung dieser Frage ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die beiden Erzeugnisse dem Durchschnittskäufer bieten. Die Vergleichung der beiden Halter zeigt nun, dass sie, abgesehen von Einzelheiten, die erst bei genauer Betrachtung feststellbar sind, in der ganzen Gestaltung, in Material, Form und Farbe miteinander übereinstimmen. Die Vorinstanz hat daher mit Recht angenommen, der Halter des Beklagten sei demjenigen des Klägers sklavisch nachgebildet und mit diesem verwechselbar.
3. a) Die in Frage stehende Bestimmung des UWG kann sich indessen, wie in BGE 79 II 319 mit einlässlicher Begründung dargelegt worden ist, lediglich auf die Ausstattung einer Ware beziehen, d.h. auf ihre äussere Form, auf die Aufmachung, wie die Farbe und dergleichen, nicht dagegen auf die technische Konstruktion eines Erzeugnisses. Infolgedessen hat auch im vorliegenden Fall die Konstruktion der beiden Halter ausser Betracht zu bleiben.
Nach den weiteren Ausführungen des erwähnten Entscheides kann aber auch nicht jede Ausstattung Wettbewerbsschutz beanspruchen. Soweit sie durch die Herstellungsweise oder den Gebrauchszweck des in Frage stehenden Erzeugnisses bedingt ist, steht auch das Wettbewerbsrecht ihrer Übernahme nicht entgegen. Als unlauter kann die Übernahme einer Ausstattung nur angesehen werden, wenn die Wahl einer anderen Gestaltung ohne Änderung der technischen Konstruktion und ohne Beeinträchtigung des Gebrauchszwecks möglich und auch zumutbar gewesen wäre, aber vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen wurde.
b) In dieser Beziehung ist die Vorinstanz auf Grund eines von ihr eingeholten Gutachtens zum Schlusse gelangt, dass der Beklagte für seinen Blumenhalter ohne erhebliche Benachteiligung kein anderes Material als Polystyrol habe wählen können, da andere, qualitativ gleichwertige Stoffe ungefähr doppelt so teuer wären. Dagegen wäre eine Aufteilung der Halteflächen in ein wabenförmiges Netz mit sechseckigen Öffnungen der vom Kläger gewählten Ausgestaltung als Gitter mit quadratischen Öffnungen ebenbürtig gewesen; ebenso hätte statt des farblosen Polystyrols farbiges verwendet werden können. Die Ausführung der Halteflächen in Wabenform hätte allerdings die Herstellungskosten pro Stück um ungefähr 5% erhöht, und zwar deshalb, weil das dafür erforderliche Werkzeug ungefähr doppelt so teuer zu stehen gekommen wäre wie dasjenige für die Gitterform. Für den Beklagten wäre es aber zumutbar gewesen, diese Mehrkosten in Kauf zu nehmen.
c) Mit der Ausgestaltung der Halteflächen in Wabenform hätte also dem Beklagten eine Ausstattung zu Gebote gestanden, die weder eine Änderung der technischen Konstruktion des Halters bedingt noch seine Brauchbarkeit beeinträchtigt hätte. Sie wäre überdies der Ausführung mit der gitterförmigen Haltefläche ebenbürtig, also nicht weniger solid und nicht weniger praktisch gewesen. Dass diese Änderung eine Erhöhung der Herstellungskosten um 5% zur Folge gehabt hätte, lässt sie für den Beklagten nicht als unzumutbar erscheinen. Dieser macht nach seiner eigenen Darstellung bei einem Verkaufspreis seines Halters von Fr. 3.90 einen Gewinn von Fr. 1.- pro Stück. Bei einer Erhöhung des Gestehungspreises von Fr. 2.90 um 5% oder 15 Rp. würde sich also seine Gewinnspanne auf 85 Rp. vermindern. Will er dies nicht in Kauf nehmen, so hat er die Möglichkeit, den Verkaufspreis auf Fr. 4.05 zu erhöhen, womit er immer noch 90 Rp. unter dem Verkaufspreis des klägerischen Halters bleibt, der Fr. 4.95 kostet. Es kann daher nicht gesagt werden, dass die vom Beklagten aufzuwendenden Mehrkosten die Konkurrenzfähigkeit seines Erzeugnisses aufheben oder auch nur ernstlich beeinträchtigen würden.
d) Der Beklagte hätte, wie die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, der Verwechslungsgefahr auch durch eine Farbänderung entgegentreten können. Demgegenüber wendet der Beklagte ein, die Wahl einer andern Farbe, wie rot oder blau, wäre für ihn nicht zumutbar gewesen, da eine solche Farbgebung kitschig gewirkt und den Absatz nachteilig beeinflusst hätte. Dieser Einwand ist unbehelflich. Denn unter einer andern Farbgebung ist nicht ein starkes Rot oder Blau zu verstehen, sondern nach den Ausführungen, welche die Vorinstanz gestützt auf das Sachverständigengutachten gemacht hat, eine leichte Farbtönung in grün, blau, gelb oder braun.
e) Der Beklagte hat somit Abänderungen, die ihm nach dem Gesagten möglich und zumutbar gewesen wären, nicht vorgenommen. Er ist durch sklavische Nachahmung des klägerischen Erzeugnisses bewusst darauf ausgegangen, Verwechslungen zwischen den beiden Waren Vorschub zu leisten.
4. a) In seiner bisherigen Rechtsprechung (BGE 72 II 395, BGE 79 II 321) hat das Bundesgericht die Auffassung vertreten, die Verwechselbarkeit auch zweier nicht technisch bedingter Ausstattungen reiche für sich allein zur Annahme unlauteren Wettbewerbes noch nicht aus. Erforderlich sei vielmehr, dass die nachgeahmte Ausstattung die Wirkung eines Hinweises auf einen bestimmten Hersteller oder auf eine bestimmte Qualität der Ware habe, indem sie durch ihre Originalität, dank ihrer Durchsetzung im Verkehr (sog. Verkehrsgeltung) oder auf andere Weise beim Käufer eine Ideenverbindung mit einem bestimmten Hersteller oder eine bestimmte Qualitätsvorstellung wecke.
Gestützt auf diese Rechtsprechung hat die Vorinstanz geprüft, ob der nachgeahmten Ausstattung des Klägers eine hinweisende Wirkung in diesem Sinne zukomme, und sie hat diese Frage bejaht, weil der Kläger während ungefähr eines Jahres für seine Ware eine intensive Propaganda gemacht und damit einen Verkauf von rund 75 000 Stück seines Halters erzielt habe. Damit habe die streitige Ausstattung, selbst wenn ihr die Originalität abgesprochen werden müsste (was die Vorinstanz offen liess), Verkehrsgeltung zu Gunsten des Klägers erlangt. Die Vorinstanz nimmt also an, dass starke Propaganda und grosser Verkaufserfolg ohne weiteres auf Verkehrsgeltung schliessen lassen. Diese Schlussfolgerung beruht jedoch auf einer rechtlich unzutreffenden Auffassung des Begriffs der Verkehrsgeltung. Richtiger Auffassung nach ist Voraussetzung jeder Verkehrsgeltung, dass eine Ausstattung geeignet ist, als Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betriebe (der indessen dem Käufer nicht namentlich bekannt zu sein braucht) zu wirken (vgl. REIMER, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 3. Aufl. S. 405). Von Verkehrsgeltung kann demzufolge nur die Rede sein, wenn der Vertrieb eines Erzeugnisses wegen seiner täuschenden Ähnlichkeit mit einem bereits bestehenden andern Erzeugnis derselben Art eine Irreführung der Käuferschaft zu veranlassen vermag, und zwar in dem Sinne, dass sich ein nicht unerheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise daran gewöhnt hat, die Ware des ersten Herstellers mit einer bestimmten - und zwar immer derselben - Herkunftsstätte in Verbindung zu bringen (BGE 70 II 112, BGE 69 II 297). Eine solche Irreführung bewirkt, dass die täuschend ähnliche Ware der Konkurrenz gekauft wird, während sonst das nachgeahmte Erzeugnis des Erstherstellers erworben worden wäre, und dieser dadurch geschädigt wird.
Verkehrsgeltung in diesem Sinne kann nach einhelliger Lehrmeinung nur auf Grund einer Anhörung der beteiligten Verkehrskreise (Zeugen, Handelskammerberichte) festgestellt werden (REIMER, a.a.O. S. 407). Solche Erhebungen sind aber hier von der Vorinstanz überhaupt nicht bzw. nur in ganz unzulänglichem Masse vorgenommen worden. Sie gelangte vielmehr zur Annahme der Verkehrsgeltung auf Grund der unzulässig vereinfachten Formel, dass kräftige Propaganda zusammen mit reichlichem Verkauf notwendigerweise Verkehrsgeltung bewirke. Dabei hat sie jedoch übersehen, dass Täuschung über den Hersteller von vorneherein nur dort in Betracht kommen kann, wo sich der Käufer überhaupt um den Hersteller interessiert. Das ist aber bei einem billigen Artikel des täglichen Bedarfs, wie er hier in Frage steht, regelmässig gerade nicht der Fall. Hier ist für die überwiegende Zahl der Käufer der Preis viel wichtiger als die Person des Herstellers. Aus dem Umfang der Propaganda und dem Verkaufserfolg lässt sich daher noch nicht ohne weiteres folgern, dass die Ware einem bestimmten Hersteller zugeschrieben werde.
b) Über die verfehlte Vorstellung der Vorinstanz von der Verkehrsgeltung kann indessen hinweggesehen werden, da sie, wie im folgenden zu zeigen sein wird, für die Entscheidung der vorliegenden Streitsache belanglos ist.
Die erneute Überprüfung der Voraussetzungen unlauteren Wettbewerbs ergibt nämlich, dass bei Übernahme einer nicht technisch bedingten Ausstattung der Frage der Verkehrsgeltung wie auch der Originalität nicht die Bedeutung zukommt, die ihnen in der bisherigen Rechtsprechung beigemessen wurde. Das Abstellen auf sie mochte unter der Herrschaft des Art. 48 OR seine Berechtigung gehabt haben; er setzte als Anwendungsfall des Persönlichkeitsschutzes gemäss Art. 28 ZGB das Bestehen eines Individualrechtes des klagenden Geschäftsmannes an der von der Verwechslungsgefahr bedrohten Ausstattung voraus (BGE 63 II 163, BGE 69 II 297, BGE 70 II 112). Das geltende Recht bezeichnet nun aber in Art. 1 UWG als unlauteren Wettbewerb jeden Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbes durch täuschende oder andere Mittel, die gegen Treu und Glauben verstossen. Im Gegensatz zu Art. 48 OR knüpft also das neue Recht nicht mehr an die Vorschriften über den Persönlichkeitsschutz an, sondern an Art. 2 ZGB, der vom offenbaren Missbrauch eines Rechtes handelt. Es bedarf somit keiner Verletzung eines Individualrechts des Klägers mehr, und damit erübrigt sich folgerichtig auch der Nachweis eines solchen. Das wurde zutreffend schon in BGE 72 II 392 ff. festgehalten; jedoch wurde dort unterlassen, die sich daraus aufdrängende Schlussfolgerung zu ziehen, dass damit auch das Erfordernis der Verkehrsgeltung bzw. der Originalität der Ausstattung entbehrlich werde. Dies ist aber tatsächlich der Fall. Nach Wortlaut und Sinn des neuen Gesetzes genügt das Vorliegen einer nicht durch den Gebrauchszweck oder durch die Herstellungsweise bedingten und daher vermeidbaren Verwechselbarkeit. Diese setzt ihrer Natur nach voraus, dass die Ware des einen Wettbewerbers für diejenige des andern gehalten werden kann. Übernimmt ein Wettbewerber die nicht technisch bedingte Ausstattung der Ware eines andern ohne jede Abänderung, so lässt dies darauf schliessen, dass die Nachahmung nur dazu dient, sich den guten Ruf des Konkurrenten oder seiner Ware zunutze zu machen. Derartiges Schmarotzertum stellt aber einen Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbs im Sinne von Art. 1 UWG dar, ohne Rücksicht darauf, ob im übrigen die nachgeahmte Ausstattung originell sei oder Verkehrsgeltung erlangt habe oder nicht (so zutreffend GERMANN, Unlauterer Wettbewerb, S. 281). Es erübrigt sich daher, im einzelnen Falle nach dem Vorliegen einer Verkehrsgeltung zu forschen. Zwar kann eine solche, gleich wie die Originalität, immer noch von Bedeutung sein, falls ein Hersteller sie von sich aus geltend macht und auch zu beweisen vermag. Denn alsdann ist ein Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbes regelmässig ohne weiteres zu bejahen. Insofern behalten auch intensive Propaganda und reichlicher Verkauf ihre Bedeutung; denn sie stellen gewichtige Indizien dafür dar, dass zum mindesten ein gewisser Teil der Käuferschaft ein Erzeugnis einem bestimmten Hersteller zuschreibt, was immer Grundlage einer Verwechslungsgefahr bildet. Dagegen rechtfertigt es sich nicht, die Verkehrsgeltung - und ebensowenig die Originalität - für Verwechslungstatbestände im Sinne des Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG in den Vordergrund zu stellen und sie, wie dies in der bisherigen Rechtsprechung geschehen ist, zur unerlässlichen Voraussetzung des Tatbestandes des unlauteren Wettbewerbes zu machen.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass Verwechselbarkeit nicht leichthin angenommen werden darf, da sich sonst eine unbillige Beschränkung der freien Betätigung der Mitbewerber durch die Monopolisierung einer gemeinfreien Ausstattung zu Gunsten eines bestimmten Betriebes ergeben könnte (REIMER, a.a.O. S. 408). Was weder patentnoch musterrechtlich geschützt ist, darf grundsätzlich von jedem Mitbewerber hergestellt werden. Die Grenze bilden einzig die Nachahmung oder eine andere Massnahme, die zu Verwechslungen mit bereits früher auf dem Markte befindlichen Erzeugnissen eines andern führen kann.
5. Im vorliegenden Falle hat der Beklagte, wie dargelegt wurde, den Blumenhalter des Klägers auch in Einzelheiten der Ausstattung, in denen Herstellungsweise und Gebrauchszweck eine Abweichung ohne weiteres gestattet hätten, sklavisch nachgeahmt und dadurch die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt. Damit hat er, ungeachtet ob die nachgeahmte Ausstattung Verkehrsgeltung zu Gunsten des Klägers besitze oder nicht, unlauteren Wettbewerb begangen. Die Vorinstanz hat ihm deshalb den weiteren Vertrieb des nachgeahmten Blumenhalters mit Recht untersagt. ..
6. Nach Art. 2 Abs. 1 lit. d UWG hat der Urheber unlauteren Wettbewerbes, sofern ihm ein Verschulden zur Last fällt, dem betroffenen Mitbewerber den erlittenen Schaden zu ersetzen.
a) Die erste Voraussetzung einer Schadenersatzpflicht, nämlich ein Verschulden des Beklagten, ist im vorliegenden Fall unzweifelhaft erfüllt. Aus dem ganzen Verhalten des Beklagten geht eindeutig hervor, dass er bewusst und absichtlich den "Dublo"-Halter des Klägers nachgeahmt hat, um aus den mit Sicherheit zu erwartenden Verwechslungen der beiden Erzeugnisse Vorteil zu ziehen.
b) ... Bei der Ermittlung der Schadenshöhe ist davon auszugehen, dass der ziffermässige Nachweis des Schadens in Fällen der vorliegenden Art immer äusserst schwierig ist (BGE 68 II 244). Nach der Regel des Art. 42 Abs. 2 OR, die gemäss Art. 8 UWG auch im Gebiete des Wettbewerbsrechts anwendbar ist, muss es daher genügen, wenn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der Erfahrung des Lebens anzunehmen ist, dass der vom unlauteren Wettbewerb Betroffene infolge von Verwechslungen der Ware des Konkurrenten mit der seinigen eine gewisse Einbusse erlitten hat. Bei solcher nach richterlichem Ermessen vorzunehmender Festsetzung der Schadenersatzsumme sind Art und Umfang des begangenen unlauteren Wettbewerbs zu berücksichtigen, und ferner ist darauf Bedacht zu nehmen, dass nach der Bezahlung des Schadenersatzes und der Kosten der unlautere Wettbewerb nicht doch noch ein vorteilhaftes Geschäft für seinen Urheber bedeutet. Eine Gewinnabschöpfung, die über den dem Verletzten nachweisbar erwachsenen Schaden hinausgehen würde, ist jedoch unzulässig (BGE 72 II 399, BGE 79 II 327).
c) Im vorliegenden Falle muss angesichts der sklavischen Nachahmung des klägerischen Blumenhalters durch den Beklagten und der dadurch bewirkten Verwechselbarkeit der beiden Erzeugnisse nach der Lebenserfahrung angenommen werden, dass Verwechslungen vorgekommen sind. Aber es liegt auf der Hand, dass diese Verwechselbarkeit allein für den Absatzrückgang des klägerischen Halters nicht von entscheidender Bedeutung war, sondern dass er in weit höherem Masse auf den Preisunterschied der beiden Artikel zurückzuführen ist. ... Dass der Beklagte seinen Halter zu einem billigeren Preis abgab als der Kläger, gereicht ihm aber nicht zum Vorwurf. Die Befugnis, seine Ware billiger zu verkaufen als die Konkurrenz, macht gerade das Wesen des zulässigen freien Wettbewerbes aus, solange wenigstens nicht unter den eigenen Gestehungskosten verkauft wird, um den Konkurrenten auf diesem Wege aus dem Wettbewerb zu verdrängen (GERMANN, a.a.O. S. 289 ff.). Von solcher missbräuchlicher Unterbietung kann hier jedoch nicht die Rede sein, da der Beklagte trotz seines geringeren Verkaufspreises immer noch einen Gewinn von Fr. 1.- pro Stück erzielte.
Der Kläger wendet demgegenüber ein, dem Beklagten sei die Abgabe seines Halters zu so billigem Preise nur deswegen möglich gewesen, weil er sich durch die sklavische Nachahmung des klägerischen Erzeugnisses eigene Entwicklungskosten gespart hätte; ebenso sei ihm die Einführungsarbeit erspart geblieben, indem er die vom Kläger mit einem Kostenaufwand von Fr. 30'000.-- entfaltete umfangreiche Propaganda und Reklame als Vorspann benützt habe.
Wenn diesem Einwand zwar bis zu einem gewissen Grade die Berechtigung nicht abzusprechen ist, so kann daraus doch nicht eine Ersatzpflicht des Beklagten in dem vom Kläger behaupteten Ausmass abgeleitet werden. Denn hätte der Beklagte von Anfang an den Blumenhalter in der Ausstattung vertrieben, die ihm nach dem heutigen Urteil gestattet ist (Waben- statt Gitterform, leichte Farbtönung), und zwar ebenfalls um einen Franken billiger als der Kläger, so wäre der Verkaufserfolg des Beklagten sicher kaum viel geringer gewesen als der mit der sklavischen Nachahmung erzielte. ... Soweit der Absatz des Klägers auch durch den Vertrieb eines Konkurrenzproduktes in nicht verwechselbarer Ausstattung beeinträchtigt worden wäre, ist aber selbst eine allenfalls tatsächlich vorhandene Vorspannwirkung des klägerischen Einführungs- und Reklameaufwandes zu Gunsten des Beklagten unerheblich.
Ein Schadenersatzanspruch des Klägers besteht danach nur insoweit, als er durch tatsächlich vorgekommene Verwechslungen der beiden Erzeugnisse im Absatz seines Halters beeinträchtigt worden ist. Selbst wenn man nun in Betracht zieht, dass der Beklagte seinen Halter in der ursprünglichen, wettbewerbsrechtlich zu beanstandenden Ausführung gemäss verbindlicher Feststellung der Vorinstanz nur während höchstens eines Vierteljahres vertrieben hat, so erscheint der von der Vorinstanz dem Kläger zugesprochene Schadenersatzbetrag von Fr. 3000.-- doch als zu niedrig gegriffen. In Abwägung aller Umstände rechtfertigt es sich, den vom Beklagten zu bezahlenden Ersatzbetrag nach freiem richterlichem Ermessen auf Fr. 5000.-- zu erhöhen.
d) Der Kläger macht verschiedene Umstände geltend, die seiner Ansicht nach eine weitere Erhöhung des Schadenersatzbetrages rechtfertigen.
Er beruft sich vorab darauf, dass die Firma Stauffer & Co. in Bern eine Bestellung von 1000 Stück seines Halters rückgängig gemacht habe, nachdem der Beklagte seinen Blumenhalter auf den Markt gebracht hatte. Aber gerade hier ist offenkundig, dass dieses Geschäft dem Kläger nicht infolge einer Verwechslung entgangen ist, sondern wegen des billigeren Preises, zu dem das Konkurrenzerzeugnis des Beklagten abgegeben wurde ...
Ebenso kann der Kläger keinen Schadenersatzanspruch daraus ableiten, dass die Firma Jelmoli A.-G. auf die Durchführung der in ihrer Filiale Oerlikon vorgesehenen Vorführungen des klägerischen Blumenhalters verzichtete, weil der Beklagte in der gegenüberliegenden Filiale der Neuen Warenhaus A.-G. seinen billigeren Halter vertrieb und dafür grosse Propaganda machte. Denn auch hier gab nicht die Verwechselbarkeit, sondern ausschliesslich der niedrigere Preis Anlass dazu, dass dem Kläger Absatzmöglichkeiten entgingen. Das Gleiche gilt sodann auch für die vom Kläger behaupteten weiteren Absagen von Demonstrationen und die Rückgängigmachung eines Jahresabschlusses mit einer Firma in Winterthur, sowie Einbussen ähnlicher Art in mehreren andern Schweizerstädten.
Die Vorbringen des Klägers sind somit nicht geeignet, zu einer weiteren Erhöhung der Schadenersatzsumme zu führen.
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de
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Imitazione di una merce, art. 1 cp. 2 lett. d LCS. Rischio di confusione (consid. 2).
Concorrenza sleale commessa mediante imitazione di una merce non brevettata, condizioni (consid. 3).
Non è necessario che l'aspetto dato alla merce imitata abbia acquistato una reputazione nel commercio (cambiamento di giurisprudenza) (consid. 4).
Risarcimento danni, norme per il calcolo (consid. 6).
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it
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civil law
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83 II 169
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83 II 169
Sachverhalt ab Seite 169
Wegen tiefer Zerrüttung der Ehe klagte die Frau auf Trennung, der Mann auf Scheidung der Ehe. Das Kantonsgericht sprach die Scheidung "in Gutheissung der Klage und der Widerklage" gemäss Art. 142 ZGB aus. Vor Bundesgericht beantragt die Klägerin Abweisung der Scheidungsklage des Mannes und Trennung der Ehe auf ihr Begehren, der Widerkläger mit Anschlussberufung Abweisung der Klage der Frau und Scheidung der Ehe auf sein alleiniges Begehren.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Wenn beim Vorhandensein des Scheidungsgrundes der tiefen Zerrüttung eine Partei auf Scheidung, die andere nur auf Trennung klagt, so muss die Scheidung ausgesprochen werden, es sei denn, die auf Scheidung klagende Partei treffe ein vorwiegendes Verschulden an der Zerrüttung (Art. 142 Abs. 2 ZGB) oder es bestehe Aussicht auf Wiedervereinigung (Art. 146 Abs. 3). Steht dem Scheidungskläger Art. 142 Abs. 2 entgegen, so ist seine Klage nicht begründet; sie ist daher abzuweisen und in Gutheissung der allein begründeten Klage der Gegenpartei die blosse Trennung auszusprechen. Trifft keine Partei ein vorwiegendes Verschulden an der Zerrüttung, sind also grundsätzlich beide Klagen begründet, so ist die Scheidung auszusprechen und zwar auf Begehren der auf Scheidung klagenden Partei allein, nicht etwa beider Parteien; denn die bloss auf Trennung klagende Partei hat ein Scheidungsbegehren gar nicht gestellt, der Richter kann daher auch kein solches gutheissen, ohne ultra petita partis zu gehen. Die Trennungsklage ist aber bei dieser Sachlage nicht abzuweisen; denn sie ist nicht unbegründet, sondern kann einfach deshalb nicht geschützt werden, weil man eine Ehe nicht zugleich scheiden und trennen kann und die Scheidung die weitergehende Massnahme ist. Vielmehr wird durch die Gutheissung der Klage auf Scheidung diejenige auf Trennung ipso jure gegenstandslos. Disp. 1 der Vorinstanz ist demnach insofern gesetzwidrig, als es die Scheidung auf Begehren beider Parteien ausspricht - offenbar um zu betonen, dass die Trennungsklage materiell auch begründet ist. Welche Klage, die auf Scheidung oder die auf Trennung gehende, gutzuheissen ist, hängt davon ab, ob den Scheidungskläger ein vorwiegendes Verschulden an der Zerrüttung trifft oder nicht.
2. - 4.- (Prüfung der Verschuldensfrage). ....
Es ist mithin der Vorinstanz dahin beizupflichten, dass keine Partei ein überwiegendes Verschulden an der Zerrüttung trifft.
Für eine Wiedervereinigungsaussicht bieten die Akten keinerlei Anhaltspunkte, weshalb auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Art. 146 Abs. 3 ZGB auf blosse Trennung statt auf Scheidung erkannt werden kann.
Entsprechend dem in Erwägung 1 Ausgeführten ist daher die Scheidungsklage des Mannes gutzuheissen. Dass die Trennungsklage der Frau sachlich ebenfalls begründet ist und nur zufolge der Scheidung nicht geschützt werden kann, kommt dadurch zum Ausdruck, dass sie nicht abgewiesen, sondern gegenstandslos erklärt wird, wozu die Anschlussberufung des Beklagten die Möglichkeit bietet.
.....
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Hauptberufung wird abgewiesen, die Anschlussberufung teilweise dahin gutgeheissen, dass auf Klage des Mannes die Scheidung ausgesprochen wird, wodurch die Trennungsklage der Frau gegenstandslos wird.
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de
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Ehescheidung. Wenn eine Partei auf Scheidung, die andere nur auf Trennung klagt und beide Klagen an sich begründet sind, ist in Gutheissung der erstern Klage allein die Scheidung auszusprechen und die Trennungsklage gegenstandslos zu erklären.
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civil law
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83 II 169
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83 II 169
Sachverhalt ab Seite 169
Wegen tiefer Zerrüttung der Ehe klagte die Frau auf Trennung, der Mann auf Scheidung der Ehe. Das Kantonsgericht sprach die Scheidung "in Gutheissung der Klage und der Widerklage" gemäss Art. 142 ZGB aus. Vor Bundesgericht beantragt die Klägerin Abweisung der Scheidungsklage des Mannes und Trennung der Ehe auf ihr Begehren, der Widerkläger mit Anschlussberufung Abweisung der Klage der Frau und Scheidung der Ehe auf sein alleiniges Begehren.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Wenn beim Vorhandensein des Scheidungsgrundes der tiefen Zerrüttung eine Partei auf Scheidung, die andere nur auf Trennung klagt, so muss die Scheidung ausgesprochen werden, es sei denn, die auf Scheidung klagende Partei treffe ein vorwiegendes Verschulden an der Zerrüttung (Art. 142 Abs. 2 ZGB) oder es bestehe Aussicht auf Wiedervereinigung (Art. 146 Abs. 3). Steht dem Scheidungskläger Art. 142 Abs. 2 entgegen, so ist seine Klage nicht begründet; sie ist daher abzuweisen und in Gutheissung der allein begründeten Klage der Gegenpartei die blosse Trennung auszusprechen. Trifft keine Partei ein vorwiegendes Verschulden an der Zerrüttung, sind also grundsätzlich beide Klagen begründet, so ist die Scheidung auszusprechen und zwar auf Begehren der auf Scheidung klagenden Partei allein, nicht etwa beider Parteien; denn die bloss auf Trennung klagende Partei hat ein Scheidungsbegehren gar nicht gestellt, der Richter kann daher auch kein solches gutheissen, ohne ultra petita partis zu gehen. Die Trennungsklage ist aber bei dieser Sachlage nicht abzuweisen; denn sie ist nicht unbegründet, sondern kann einfach deshalb nicht geschützt werden, weil man eine Ehe nicht zugleich scheiden und trennen kann und die Scheidung die weitergehende Massnahme ist. Vielmehr wird durch die Gutheissung der Klage auf Scheidung diejenige auf Trennung ipso jure gegenstandslos. Disp. 1 der Vorinstanz ist demnach insofern gesetzwidrig, als es die Scheidung auf Begehren beider Parteien ausspricht - offenbar um zu betonen, dass die Trennungsklage materiell auch begründet ist. Welche Klage, die auf Scheidung oder die auf Trennung gehende, gutzuheissen ist, hängt davon ab, ob den Scheidungskläger ein vorwiegendes Verschulden an der Zerrüttung trifft oder nicht.
2. - 4.- (Prüfung der Verschuldensfrage). ....
Es ist mithin der Vorinstanz dahin beizupflichten, dass keine Partei ein überwiegendes Verschulden an der Zerrüttung trifft.
Für eine Wiedervereinigungsaussicht bieten die Akten keinerlei Anhaltspunkte, weshalb auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Art. 146 Abs. 3 ZGB auf blosse Trennung statt auf Scheidung erkannt werden kann.
Entsprechend dem in Erwägung 1 Ausgeführten ist daher die Scheidungsklage des Mannes gutzuheissen. Dass die Trennungsklage der Frau sachlich ebenfalls begründet ist und nur zufolge der Scheidung nicht geschützt werden kann, kommt dadurch zum Ausdruck, dass sie nicht abgewiesen, sondern gegenstandslos erklärt wird, wozu die Anschlussberufung des Beklagten die Möglichkeit bietet.
.....
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Hauptberufung wird abgewiesen, die Anschlussberufung teilweise dahin gutgeheissen, dass auf Klage des Mannes die Scheidung ausgesprochen wird, wodurch die Trennungsklage der Frau gegenstandslos wird.
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de
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Divorce. Lorsqu'une partie actionne en divorce et l'autre seulement en séparation de corps et qu'en elle-même chacune des deux actions est fondée, il ne faut admettre que la première, prononcer le divorce et déclarer que l'action en séparation de corps est sans objet.
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-II-169%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 II 169
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83 II 169
Sachverhalt ab Seite 169
Wegen tiefer Zerrüttung der Ehe klagte die Frau auf Trennung, der Mann auf Scheidung der Ehe. Das Kantonsgericht sprach die Scheidung "in Gutheissung der Klage und der Widerklage" gemäss Art. 142 ZGB aus. Vor Bundesgericht beantragt die Klägerin Abweisung der Scheidungsklage des Mannes und Trennung der Ehe auf ihr Begehren, der Widerkläger mit Anschlussberufung Abweisung der Klage der Frau und Scheidung der Ehe auf sein alleiniges Begehren.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Wenn beim Vorhandensein des Scheidungsgrundes der tiefen Zerrüttung eine Partei auf Scheidung, die andere nur auf Trennung klagt, so muss die Scheidung ausgesprochen werden, es sei denn, die auf Scheidung klagende Partei treffe ein vorwiegendes Verschulden an der Zerrüttung (Art. 142 Abs. 2 ZGB) oder es bestehe Aussicht auf Wiedervereinigung (Art. 146 Abs. 3). Steht dem Scheidungskläger Art. 142 Abs. 2 entgegen, so ist seine Klage nicht begründet; sie ist daher abzuweisen und in Gutheissung der allein begründeten Klage der Gegenpartei die blosse Trennung auszusprechen. Trifft keine Partei ein vorwiegendes Verschulden an der Zerrüttung, sind also grundsätzlich beide Klagen begründet, so ist die Scheidung auszusprechen und zwar auf Begehren der auf Scheidung klagenden Partei allein, nicht etwa beider Parteien; denn die bloss auf Trennung klagende Partei hat ein Scheidungsbegehren gar nicht gestellt, der Richter kann daher auch kein solches gutheissen, ohne ultra petita partis zu gehen. Die Trennungsklage ist aber bei dieser Sachlage nicht abzuweisen; denn sie ist nicht unbegründet, sondern kann einfach deshalb nicht geschützt werden, weil man eine Ehe nicht zugleich scheiden und trennen kann und die Scheidung die weitergehende Massnahme ist. Vielmehr wird durch die Gutheissung der Klage auf Scheidung diejenige auf Trennung ipso jure gegenstandslos. Disp. 1 der Vorinstanz ist demnach insofern gesetzwidrig, als es die Scheidung auf Begehren beider Parteien ausspricht - offenbar um zu betonen, dass die Trennungsklage materiell auch begründet ist. Welche Klage, die auf Scheidung oder die auf Trennung gehende, gutzuheissen ist, hängt davon ab, ob den Scheidungskläger ein vorwiegendes Verschulden an der Zerrüttung trifft oder nicht.
2. - 4.- (Prüfung der Verschuldensfrage). ....
Es ist mithin der Vorinstanz dahin beizupflichten, dass keine Partei ein überwiegendes Verschulden an der Zerrüttung trifft.
Für eine Wiedervereinigungsaussicht bieten die Akten keinerlei Anhaltspunkte, weshalb auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Art. 146 Abs. 3 ZGB auf blosse Trennung statt auf Scheidung erkannt werden kann.
Entsprechend dem in Erwägung 1 Ausgeführten ist daher die Scheidungsklage des Mannes gutzuheissen. Dass die Trennungsklage der Frau sachlich ebenfalls begründet ist und nur zufolge der Scheidung nicht geschützt werden kann, kommt dadurch zum Ausdruck, dass sie nicht abgewiesen, sondern gegenstandslos erklärt wird, wozu die Anschlussberufung des Beklagten die Möglichkeit bietet.
.....
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Hauptberufung wird abgewiesen, die Anschlussberufung teilweise dahin gutgeheissen, dass auf Klage des Mannes die Scheidung ausgesprochen wird, wodurch die Trennungsklage der Frau gegenstandslos wird.
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Divorzio. Quando una parte domanda il divorzio e l'altra soltanto la separazione ed entrambe le azioni sono fondate, non può essere pronunciato che il divorzio, mentre l'azione di separazione deve essere dichiarata priva di oggetto.
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83 II 171
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83 II 171
Sachverhalt ab Seite 172
M. und Frl. H. lernten sich anfangs März 1954 kennen und hatten am 6./7. März 1954 erstmals miteinander Geschlechtsverkehr. Am 1. Mai 1954 heirateten sie. Am 11. Oktober 1954, 219 oder 218 Tage nach der ersten Beiwohnung ihres heutigen Ehemanns und 163 Tage nach der Heirat, gebar die Ehefrau einen Knaben. Nachdem sie Klage auf Scheidung angehoben hatte, klagte der Ehemann am 17. September 1955 beim Bezirksgericht Muri, in dessen Amtskreis er heimatberechtigt ist, auf Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes. Das Bezirksgericht hiess die Klage gut. Das Obergericht des Kantons Aargau hat am 7. Dezember 1956 das erstinstanzliche Urteil bestätigt.
Mit ihrer Berufung an das Bundesgericht beantragen die Beklagten wie im kantonalen Verfahren Abweisung der Klage. Der Kläger schliesst auf Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die kantonalen Gerichte haben die erst lange nach Ablauf der dreimonatigen Frist von Art. 253 Abs. 1 ZGB eingereichte Anfechtungsklage als zulässig betrachtet, weil der Kläger im Sinne von Art. 257 Abs. 1 ZGB arglistig zur Unterlassung der Anfechtung bewogen worden sei und gemäss Art. 257 Abs. 2 binnen drei Monaten nach Entdeckung der Arglist geklagt habe, und weil die Verspätung überdies durch wichtige Gründe im Sinne von Art. 257 Abs. 3 ZGB entschuldigt werde. Diese Annahmen verstossen nicht gegen Bundesrecht.
a) Die Vorinstanz hat festgestellt, die Beklagte habe Ende 1953 bis Mitte Januar 1954 mit F. ein intimes Liebesverhältnis unterhalten. Der bloss 219 Tage nach dem ersten Geschlechtsverkehr der Beklagten mit dem Kläger geborene Knabe habe bei der Geburt eine Länge von 52 cm und auch sonst alle Zeichen der Reife aufgewiesen. Gleichwohl hätten die Beklagte und ihre Mutter nach der Geburt dem Kläger und dessen Verwandten gegenüber wiederholt erklärt, es handle sich um eine Frühgeburt. Nach allgemeiner Erfahrung dürfe angenommen werden, dass die Beklagte und ihre Mutter über die Unrichtigkeit ihrer Behauptungen im klaren gewesen seien, so dass diese als wohlüberlegte Lügen zu taxieren seien. Zum Netz, in das der Kläger hätte eingezogen werden sollen, gehöre auch der Brief vom 18. Oktober 1954, in welchem die Beklagte nicht müde werde, dem Kläger einzuhämmern, dass er nun einen Sohn habe. Es könne somit kein Zweifel darüber bestehen, dass die Beklagte sich grosse Mühe gegeben habe, dem Kläger vorzutäuschen, dass er der Vater ihres Kindes sei.
Diese Feststellungen betreffen im wesentlichen tatsächliche Verhältnisse und sind daher gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich. Fragen kann sich höchstens, ob das Bundesgericht ohne weiteres auf die Annahme abstellen dürfe, die Beklagte habe bei ihren Äusserungen gewusst, dass sie unrichtig seien, was u.a. voraussetzen würde, dass der Kläger nicht der Vater ihres Kindes sein kann. Die Vorinstanz folgert letzteres daraus, dass die Zeugung nach den Tabellen von LABHARDT mit grösster Wahrscheinlichkeit Ende Dezember 1953 oder in der ersten Hälfte des Monats Januar 1954 erfolgt sein müsse (Dekadenwahrscheinlichkeiten von 40 bezw. 21,86%), während die (Dekaden-) Wahrscheinlichkeit für eine Zeugung erst am 6./7. März 1954 bloss 0,12% betrage, womit praktisch die Unmöglichkeit der Zeugung durch den Kläger feststehe. Im Zusammenhang mit der Frage der Arglist im Sinne von Art. 257 ZGB braucht jedoch nicht untersucht zu werden, ob gestützt auf diese Wahrscheinlichkeitszahlen gesagt werden dürfe, die Vaterschaft des Klägers sei unmöglich (womit der materielle Entscheid selbst für den Fall vorweggenommen wäre, dass die Beklagten gemäss Art. 255 Abs. 2 ZGB die Vermutung der Ehelichkeit des -Kindes für sich in Anspruch nehmen könnten). Selbst wenn man nämlich der Beklagten zubilligen will, es sei nicht schlechthin unmöglich und habe ihr daher nicht geradezu als ausgeschlossen erscheinen können, dass der Kläger der Vater ihres Kindes sei, so war die Vorinstanz doch auf jeden Fall zur Annahme berechtigt, die Beklagte habe ernstlich mit der Möglichkeit rechnen müssen und tatsächlich auch damit gerechnet, dass nicht der Kläger, sondern ihr früherer Liebhaber F. ihr Kind gezeugt habe und dass man es folglich nicht mit einer Frühgeburt, sondern mit einer Geburt am normalen Termin zu tun habe. (Ihre Behauptung, dass sie nach Abbruch der Beziehungen mit F. noch Monatsblutungen gehabt habe, vermochte sie nicht zu beweisen.) Versicherte die Beklagte dem Kläger, es handle sich um eine Frühgeburt und er sei der Vater, obwohl sie wusste, dass es sich sehr wohl anders verhalten könne, so genügt dies, um ihr ein arglistiges Verhalten im Sinne von Art. 257 Abs. 1 ZGB vorzuwerfen. Anders als die Beklagten in den Fällen BGE 61 II 301 und BGE 71 II 259 hat sie sich nicht darauf beschränkt, den Verkehr mit einem andern Manne um die Empfängniszeit abzustreiten, was in den erwähnten Entscheiden als für die Anwendung von Art. 257 Abs. 1 nicht ausreichend erachtet wurde. Vielmehr machte sie positive Angaben über die Tragzeit und die Vaterschaft, obwohl ihr die Fragwürdigkeit dieser Behauptungen bewusst war, worin zweifellos ein arglistiges Verhalten zu erblicken ist (vgl. das Urteil vom 13. Januar 1955 i.S. Hauser). Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob auch das auffällige Entgegenkommen, dem der Kläger sogleich nach Anbahnung der Bekanntschaft bei der Beklagten und ihren Eltern begegnete, zu den Machenschaften gerechnet werden könne, mit denen er von der Anfechtung der Ehelichkeit des am 11. Oktober 1954 geborenen Kindes abgehalten werden sollte.
b) Die Entscheidung der weitern Frage, ob der Kläger durch das arglistige Verhalten der Beklagten zur Unterlassung der Anfechtung bewogen worden sei und wann er in diesem Falle die Arglist entdeckt habe, hängt nicht davon ab, ob und wann er in der Lage gewesen wäre, die Täuschung zu durchschauen, sondern es kommt nur darauf an, ob er sich wirklich täuschen liess und deshalb nicht klagte, und wann ihm dann tatsächlich die Augen aufgingen. Dabei handelt es sich um Tatfragen, über welche die Vorinstanz abschliessend zu befinden hatte. Nach ihren Feststellungen schenkte der Kläger (der vom Liebesverhältnis der Beklagten mit F. erst am 12. September 1955 Kenntnis erhielt) den Angaben der Beklagten über das Vorliegen einer Frühgeburt Glauben und unterliess es deshalb, über diesen Punkt Erhebungen anzustellen, deren Ergebnis ihn zur Bestreitung seiner Vaterschaft hätte veranlassen können. Es war nach diesen Feststellungen erst der Bericht des Krankenhauses G. vom 17. August 1955 über den Reifegrad des Kindes bei der Geburt, der ihm die Augen richtig öffnete. Innert dreier Monate von diesem Datum an hat er geklagt. Es lässt sich daher nicht als bundesrechtswidrig beanstanden, dass die Vorinstanz die Klage auf Grund von Art. 257 Abs. 1 und 2 ZGB als zulässig erachtete.
c) Der Vorinstanz ist im übrigen auch darin beizustimmen, dass die Verspätung der Anfechtung mit wichtigen Gründen im Sinne von Art. 257 Abs. 3 ZGB entschuldigt wird. Solche Gründe sind nach der Rechtsprechung gegeben, wenn der Kläger zunächst keine zureichende Veranlassung zu Zweifeln an der Ehelichkeit und zur Anhebung einer Anfechtungsklage hatte (BGE 61 II 301, BGE 71 II 259). Zureichende Veranlassung zur Klage hat der Kläger nach dem zuletzt genannten Entscheide nicht, bevor er die erforderlichen tatsächlichen Grundlagen dazu besitzt. Dies war hier, wie die Vorinstanz zutreffend annimmt, erst der Fall, als er den Bericht vom 17. August 1955 über den Reifegrad des Kindes erhalten und am 12. September 1955 von F. erfahren hatte, dass die Beklagte am 31. Dezember 1953/1. Januar 1954 und etwa Mitte Januar 1954 mit diesem geschlechtlich verkehrt hatte. Er konnte sich nicht von vornherein darauf verlassen, dass er gemäss Art. 255 Abs. 1 ZGB die Anfechtung nicht weiter zu begründen habe, sondern musste sich für den Fall zu wappnen suchen, dass es den Beklagten gelingen sollte, gemäss Art. 255 Abs. 2 die schwer widerlegbare Vermutung der Ehelichkeit zu begründen. Nach dem 12. September 1955 hat der Kläger dann mit der ihm nach den Umständen zumutbaren Beschleunigung gehandelt, indem er fünf Tage später die Klage einleiten liess.
2. Ist ein Kind, wie es hier zutrifft, vor dem 180. Tage nach Abschluss der Ehe geboren oder waren die Ehegatten zur Zeit der Empfängnis durch gerichtliches Urteil getrennt, so hat der Ehemann nach Art. 255 Abs. 1 ZGB seine Anfechtung nicht weiter zu begründen. Die Vermutung der Ehelichkeit besteht jedoch nach Art. 255 Abs. 2 ZGB auch in diesem Falle, d.h. die Ehelichkeit kann auch in diesem Falle nur mit dem in Art. 254 ZGB geforderten Nachweis der Unmöglichkeit der Vaterschaft des Ehemannes angefochten werden (BGE 61 II 22, BGE 69 II 218), wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Ehemann um die Zeit der Empfängms der Mutter beigewohnt habe.
Unter dem hier verwendeten Ausdrucke "um die Zeit der Empfängnis" hat die Vorinstanz im Anschluss an BGE 61 II 22 die Zeit vom 300. bis zum 180. Tage vor der Geburt verstanden. Dieses Präjudiz ist jedoch in diesem Punkt überholt durch BGE 69 II 215 ff., wonach mit dem erwähnten Ausdruck die normale, dem Reifegrad des Kindes entsprechende Empfängniszeit gemeint ist. An der in diesem letzten Entscheid entwickelten Auffassung ist grundsätzlich festzuhalten. Wenn das Gesetz in Art. 255 Abs. 1 und 2 von der Zeit der Empfängnis spricht, so ist klar, dass es hier - wie gemäss BGE 79 II 26 in Art. 315 ZGB - die Zeit im Auge hat, in welche die Empfängnis des Kindes zu verlegen ist, um das der Streit geht. Dass als Zeit der Empfängnis nicht für jedes Kind die Zeitspanne vom 300. bis zum 180. Tage vor der Geburt in Frage kommt, sondern dass sich aus dem Reifegrad eine andere Abgrenzung dieser Zeit ergeben kann, war dem Gesetzgeber bewusst (vgl. neben BGE 69 II 217 /218 auch BGE 82 II 87, je mit dortigen Hinweisen). Daher geht es nicht an, die in den erwähnten Vorschriften verwendeten Ausdrücke in Anlehnung an die in Art. 252, 254 und 314 Abs. 1 ZGB enthaltenen Terminbestimmungen auf die Zeit vom 300. bis zum 180. Tage vor der Geburt zu beziehen. Vielmehr ist bei der Anwendung jener Vorschriften dem Reifegrad des Kindes und der daraus zu erschliessenden Schwangerschaftsdauer Rechnung zu tragen.
Richtig ist allerdings, dass bei Geburt eines Kindes wenigstens (gegebenenfalls also nur) 180 Tage nach Abschluss der Ehe der Ehemann seine Klage gemäss Art. 254 ZGB nur durch den Nachweis zu begründen vermag, dass er unmöglich der Vater des Kindes sein könne. Daraus folgt aber entgegen der in BGE 61 II 22 vertretenen Auffassung nicht notwendig, dass für weniger als 180 Tage nach Abschluss der Ehe geborene Kinder das gleiche gelten müsse, sobald anzunehmen ist, dass der Ehemann "ebensolange vor Abschluss der Ehe" (gemeint wohl: 180 Tage vor der Geburt) der Mutter beigewohnt hat. Es lässt sich sachlich durchaus rechtfertigen, einerseits bei der Umschreibung der Fälle, in denen die Vermutung der Ehelichkeit grundsätzlich nur durch den von Art. 254 ZGB geforderten Nachweis entkräftet werden kann, im Interesse der Rechtssicherheit einen Anfangstermin zu wählen, der sich auf Grund der Eintragungen in den Zivilstandsregistern durch eine einfache Rechenoperation bestimmen lässt, und diesen Termin so festzulegen, dass auch Kinder, die nur beim Vorliegen einer extrem kurzen Tragzeit während der Ehe gezeugt worden sein können, ohne weiteres den Schutz von Art. 254 ZGB geniessen, anderseits aber auf die dem Reifegrad entsprechende individuelle Empfängniszeit abzustellen, wenn es darum geht, wann die Vermutung der Ehelichkeit in gleicher Stärke ausnahmsweise auch für Kinder gelten soll, die angesichts der Zeitspanne zwischen Heirat und Geburt unter allen Umständen vor der Ehe gezeugt worden sein müssen, wie dies für die weniger als 180 Tage nach der Heirat lebend geborenen Kinder angenommen werden darf (vgl. LABHARDT, Schweiz. Med. Wochenschrift 1944 S. 132, am Ende). Daher kann keine Rede davon sein, dass ein unvernünftiges Ergebnis herauskomme, wenn Art. 255 Abs. 2 ZGB entsprechend dem Wortlaut dieser Vorschrift und den grundsätzlich zutreffenden Vorstellungen über den Zusammenhang zwischen Tragzeit und Reifegrad, von denen bei ihrem Erlass ausgegangen wurde, dahin ausgelegt wird, dass die Vermutung der Ehelichkeit für weniger als 180 Tage nach der Heirat geborene Kinder nur dann gilt, wenn eine Beiwohnung des Ehemanns um die Zeit glaubhaft gemacht wird, zu der das in Frage stehende Kind nach seinem Reifegrad empfangen wurde.
Diese Zeit lässt sich freilich nicht auf den Tag genau bestimmen, da die möglichen Tragzeiten auch bei Kindern gleicher Reife eine bedeutende Streuung aufweisen. Dieser Umstand muss auch bei der Anwendung von Art. 255 ZGB berücksichtigt werden. Vor allem aber muss vermieden werden, dass die Ehelichkeit des Kindes in Fällen, wo sich aus dem Reifegrad und dem Zeitpunkt der ersten Beiwohnung des Ehemannes keine erheblichen Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB ergeben könnten, ohne weitere Begründung angefochten werden kann; denn sonst wäre mit der Möglichkeit zu rechnen, dass nach der Unehelicherklärung eines Kindes gegen den Ehemann der Mutter mit Erfolg eine Vaterschaftsklage erhoben werden könnte, wodurch eine Lage geschaffen würde, die mit dem Grundgedanken von Art. 258 ZGB (Legitimation der ausserehelichen Kinder durch die Eheschliessung ihrer Eltern) schlechthin unverträglich wäre. Erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB werden aber nach der herrschenden Rechtsprechung durch den Reifegrad und den Zeitabstand zwischen Beiwohnung und Geburt nur dann begründet, wenn die Vaterschaft des in Frage stehenden Mannes angesichts dieser Momente als äusserst unwahrscheinlich, praktisch ausgeschlossen erscheint, m.a.W. wenn sie auf Grund dieser Momente mit Sicherheit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (BGE 82 II 87 und dortige Hinweise, BGE 82 II 264). Deshalb muss eine Beiwohnung des Ehemannes in einem Zeitpunkte, den mit diesem Grade von Wahrscheinlichkeit als Empfängnistermin auszuschliessen nicht möglich ist, im Sinne von Art. 255 Abs. 2 ZGB als um die Zeit der Empfängnis erfolgt angesehen werden. Noch weiter zu gehen und einem weniger als 180 Tage nach der Heirat geborenen Kinde den Schutz von Art. 254 ZGB immer dann zu gewähren, wenn der Reifegrad in Verbindung mit dem Zeitabstand zwischen Beiwohnung und Geburt die Vaterschaft des Ehemannes nicht geradezu als im Sinne dieser Bestimmung unmöglich erscheinen lässt, rechtfertigt sich dagegen nicht; denn es kann vernünftigerweise nicht die Meinung des Gesetzes sein, dass der Ehemann, sobald eine voreheliche Beiwohnung glaubhaft gemacht ist, der Anwendung von Art. 255 Abs. 2 ZGB und damit der Pflicht zur Leistung des in Art. 254 geforderten Beweises nur dann entgehen könne, wenn mit Hilfe des Reifegrades eben gerade dieser Beweis erbracht werden kann.
3. Im vorliegenden Falle hat man es mit einem Knaben zu tun, der 219 oder 218 Tage nach der am 6./7. März 1954 erfolgten ersten Beiwohnung des Ehemannes mit einer Körperlänge von 52 cm geboren wurde. Nach LABHARDT, dessen Tabellen die Vorinstanz verwertet hat, beträgt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass dieser Knabe in der Zeit vom 210. - 219. Tag vor der Geburt (d.h. in der VI. Dekade nach der mittleren) gezeugt wurde, nur 0,12%. Setzt man für den mittleren Abstand zwischen der letzten Menstruation und der Empfängnis entsprechend dem Ergebnis neuerer Beobachtungen 12 statt wie Labhardt 10 Tage ein (vgl. BGE 82 II 85), so fallen der 219. und der 218. Tag vor der Geburt noch in die V. Dekade nach der mittleren, die in diesem Falle die Zeit vom 218.--227. Tag vor der Geburt umfasst. Für die Zeugung in dieser Dekade beläuft sich die Wahrscheinlichkeit nach Labhardt auf 0,25%. Die gesamte Wahrscheinlichkeit für eine Zeugung am 218. Tage vor der Geburt oder später macht nicht mehr als 0,44% aus. Unter diesen Umständen konnte die Vorinstanz ohne Bundesrechtsverletzung annehmen, eine Zeugung am 6./7. März 1954 lasse sich angesichts des Reifegrades des Kindes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschliessen (vgl. BGE 80 II 300 und dortige Hinweise). Wenn es sich aber so verhält, vermag die Tatsache, dass die Beklagten eine Beiwohnung am 6./7. März 1954 glaubhaft zu machen, ja nachzuweisen vermochten, die Vermutung der Ehelichkeit nach dem in Erwägung 2 Gesagten nicht herzustellen. Vielmehr bleibt Art. 255 Abs. 1 ZGB anwendbar, wonach der Kläger seine Anfechtung nicht weiter zu begründen hat. Die Klage ist daher gutzuheissen, ohne dass zu prüfen wäre, ob sich aus dem Reifegrad des Kindes schliessen lasse, dass der Kläger im Sinne von Art. 254 ZGB unmöglich der Vater sein könne, und ohne dass eine Rückweisung zur Vornahme der vom Kläger beantragten Blutuntersuchung in Betracht zu ziehen wäre.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, I. Abteilung, vom 7. Dezember 1956 bestätigt.
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Anfechtung der Ehelichkeit. 1. Klage nach Ablauf der Anfechtungsfrist des Art. 253 Abs. 1 ZGB. Ist der Ehemann arglistig zur Unterlassung der Anfechtung bewogen worden und hat er innert dreier Monate nach Entdeckung der Arglist geklagt (Art. 257 Abs. 1 und 2 ZGB)? Wird die Verspätung mit wichtigen Gründen entschuldigt (Art. 257 Abs. 3 ZGB)?
2. Anfechtung im Falle, dass das Kind vor dem 180. Tage nach Abschluss der Ehe geboren wurde (Art. 255 ZGB). Vermutung der Ehelichkeit gemäss Art. 255 Abs. 2 ZGB. Beiwohmmg "um die Zeit der Empfängnis"? Bedeutung des Reifegrades des Kindes bei der Geburt.
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Sachverhalt ab Seite 172
M. und Frl. H. lernten sich anfangs März 1954 kennen und hatten am 6./7. März 1954 erstmals miteinander Geschlechtsverkehr. Am 1. Mai 1954 heirateten sie. Am 11. Oktober 1954, 219 oder 218 Tage nach der ersten Beiwohnung ihres heutigen Ehemanns und 163 Tage nach der Heirat, gebar die Ehefrau einen Knaben. Nachdem sie Klage auf Scheidung angehoben hatte, klagte der Ehemann am 17. September 1955 beim Bezirksgericht Muri, in dessen Amtskreis er heimatberechtigt ist, auf Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes. Das Bezirksgericht hiess die Klage gut. Das Obergericht des Kantons Aargau hat am 7. Dezember 1956 das erstinstanzliche Urteil bestätigt.
Mit ihrer Berufung an das Bundesgericht beantragen die Beklagten wie im kantonalen Verfahren Abweisung der Klage. Der Kläger schliesst auf Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die kantonalen Gerichte haben die erst lange nach Ablauf der dreimonatigen Frist von Art. 253 Abs. 1 ZGB eingereichte Anfechtungsklage als zulässig betrachtet, weil der Kläger im Sinne von Art. 257 Abs. 1 ZGB arglistig zur Unterlassung der Anfechtung bewogen worden sei und gemäss Art. 257 Abs. 2 binnen drei Monaten nach Entdeckung der Arglist geklagt habe, und weil die Verspätung überdies durch wichtige Gründe im Sinne von Art. 257 Abs. 3 ZGB entschuldigt werde. Diese Annahmen verstossen nicht gegen Bundesrecht.
a) Die Vorinstanz hat festgestellt, die Beklagte habe Ende 1953 bis Mitte Januar 1954 mit F. ein intimes Liebesverhältnis unterhalten. Der bloss 219 Tage nach dem ersten Geschlechtsverkehr der Beklagten mit dem Kläger geborene Knabe habe bei der Geburt eine Länge von 52 cm und auch sonst alle Zeichen der Reife aufgewiesen. Gleichwohl hätten die Beklagte und ihre Mutter nach der Geburt dem Kläger und dessen Verwandten gegenüber wiederholt erklärt, es handle sich um eine Frühgeburt. Nach allgemeiner Erfahrung dürfe angenommen werden, dass die Beklagte und ihre Mutter über die Unrichtigkeit ihrer Behauptungen im klaren gewesen seien, so dass diese als wohlüberlegte Lügen zu taxieren seien. Zum Netz, in das der Kläger hätte eingezogen werden sollen, gehöre auch der Brief vom 18. Oktober 1954, in welchem die Beklagte nicht müde werde, dem Kläger einzuhämmern, dass er nun einen Sohn habe. Es könne somit kein Zweifel darüber bestehen, dass die Beklagte sich grosse Mühe gegeben habe, dem Kläger vorzutäuschen, dass er der Vater ihres Kindes sei.
Diese Feststellungen betreffen im wesentlichen tatsächliche Verhältnisse und sind daher gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich. Fragen kann sich höchstens, ob das Bundesgericht ohne weiteres auf die Annahme abstellen dürfe, die Beklagte habe bei ihren Äusserungen gewusst, dass sie unrichtig seien, was u.a. voraussetzen würde, dass der Kläger nicht der Vater ihres Kindes sein kann. Die Vorinstanz folgert letzteres daraus, dass die Zeugung nach den Tabellen von LABHARDT mit grösster Wahrscheinlichkeit Ende Dezember 1953 oder in der ersten Hälfte des Monats Januar 1954 erfolgt sein müsse (Dekadenwahrscheinlichkeiten von 40 bezw. 21,86%), während die (Dekaden-) Wahrscheinlichkeit für eine Zeugung erst am 6./7. März 1954 bloss 0,12% betrage, womit praktisch die Unmöglichkeit der Zeugung durch den Kläger feststehe. Im Zusammenhang mit der Frage der Arglist im Sinne von Art. 257 ZGB braucht jedoch nicht untersucht zu werden, ob gestützt auf diese Wahrscheinlichkeitszahlen gesagt werden dürfe, die Vaterschaft des Klägers sei unmöglich (womit der materielle Entscheid selbst für den Fall vorweggenommen wäre, dass die Beklagten gemäss Art. 255 Abs. 2 ZGB die Vermutung der Ehelichkeit des -Kindes für sich in Anspruch nehmen könnten). Selbst wenn man nämlich der Beklagten zubilligen will, es sei nicht schlechthin unmöglich und habe ihr daher nicht geradezu als ausgeschlossen erscheinen können, dass der Kläger der Vater ihres Kindes sei, so war die Vorinstanz doch auf jeden Fall zur Annahme berechtigt, die Beklagte habe ernstlich mit der Möglichkeit rechnen müssen und tatsächlich auch damit gerechnet, dass nicht der Kläger, sondern ihr früherer Liebhaber F. ihr Kind gezeugt habe und dass man es folglich nicht mit einer Frühgeburt, sondern mit einer Geburt am normalen Termin zu tun habe. (Ihre Behauptung, dass sie nach Abbruch der Beziehungen mit F. noch Monatsblutungen gehabt habe, vermochte sie nicht zu beweisen.) Versicherte die Beklagte dem Kläger, es handle sich um eine Frühgeburt und er sei der Vater, obwohl sie wusste, dass es sich sehr wohl anders verhalten könne, so genügt dies, um ihr ein arglistiges Verhalten im Sinne von Art. 257 Abs. 1 ZGB vorzuwerfen. Anders als die Beklagten in den Fällen BGE 61 II 301 und BGE 71 II 259 hat sie sich nicht darauf beschränkt, den Verkehr mit einem andern Manne um die Empfängniszeit abzustreiten, was in den erwähnten Entscheiden als für die Anwendung von Art. 257 Abs. 1 nicht ausreichend erachtet wurde. Vielmehr machte sie positive Angaben über die Tragzeit und die Vaterschaft, obwohl ihr die Fragwürdigkeit dieser Behauptungen bewusst war, worin zweifellos ein arglistiges Verhalten zu erblicken ist (vgl. das Urteil vom 13. Januar 1955 i.S. Hauser). Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob auch das auffällige Entgegenkommen, dem der Kläger sogleich nach Anbahnung der Bekanntschaft bei der Beklagten und ihren Eltern begegnete, zu den Machenschaften gerechnet werden könne, mit denen er von der Anfechtung der Ehelichkeit des am 11. Oktober 1954 geborenen Kindes abgehalten werden sollte.
b) Die Entscheidung der weitern Frage, ob der Kläger durch das arglistige Verhalten der Beklagten zur Unterlassung der Anfechtung bewogen worden sei und wann er in diesem Falle die Arglist entdeckt habe, hängt nicht davon ab, ob und wann er in der Lage gewesen wäre, die Täuschung zu durchschauen, sondern es kommt nur darauf an, ob er sich wirklich täuschen liess und deshalb nicht klagte, und wann ihm dann tatsächlich die Augen aufgingen. Dabei handelt es sich um Tatfragen, über welche die Vorinstanz abschliessend zu befinden hatte. Nach ihren Feststellungen schenkte der Kläger (der vom Liebesverhältnis der Beklagten mit F. erst am 12. September 1955 Kenntnis erhielt) den Angaben der Beklagten über das Vorliegen einer Frühgeburt Glauben und unterliess es deshalb, über diesen Punkt Erhebungen anzustellen, deren Ergebnis ihn zur Bestreitung seiner Vaterschaft hätte veranlassen können. Es war nach diesen Feststellungen erst der Bericht des Krankenhauses G. vom 17. August 1955 über den Reifegrad des Kindes bei der Geburt, der ihm die Augen richtig öffnete. Innert dreier Monate von diesem Datum an hat er geklagt. Es lässt sich daher nicht als bundesrechtswidrig beanstanden, dass die Vorinstanz die Klage auf Grund von Art. 257 Abs. 1 und 2 ZGB als zulässig erachtete.
c) Der Vorinstanz ist im übrigen auch darin beizustimmen, dass die Verspätung der Anfechtung mit wichtigen Gründen im Sinne von Art. 257 Abs. 3 ZGB entschuldigt wird. Solche Gründe sind nach der Rechtsprechung gegeben, wenn der Kläger zunächst keine zureichende Veranlassung zu Zweifeln an der Ehelichkeit und zur Anhebung einer Anfechtungsklage hatte (BGE 61 II 301, BGE 71 II 259). Zureichende Veranlassung zur Klage hat der Kläger nach dem zuletzt genannten Entscheide nicht, bevor er die erforderlichen tatsächlichen Grundlagen dazu besitzt. Dies war hier, wie die Vorinstanz zutreffend annimmt, erst der Fall, als er den Bericht vom 17. August 1955 über den Reifegrad des Kindes erhalten und am 12. September 1955 von F. erfahren hatte, dass die Beklagte am 31. Dezember 1953/1. Januar 1954 und etwa Mitte Januar 1954 mit diesem geschlechtlich verkehrt hatte. Er konnte sich nicht von vornherein darauf verlassen, dass er gemäss Art. 255 Abs. 1 ZGB die Anfechtung nicht weiter zu begründen habe, sondern musste sich für den Fall zu wappnen suchen, dass es den Beklagten gelingen sollte, gemäss Art. 255 Abs. 2 die schwer widerlegbare Vermutung der Ehelichkeit zu begründen. Nach dem 12. September 1955 hat der Kläger dann mit der ihm nach den Umständen zumutbaren Beschleunigung gehandelt, indem er fünf Tage später die Klage einleiten liess.
2. Ist ein Kind, wie es hier zutrifft, vor dem 180. Tage nach Abschluss der Ehe geboren oder waren die Ehegatten zur Zeit der Empfängnis durch gerichtliches Urteil getrennt, so hat der Ehemann nach Art. 255 Abs. 1 ZGB seine Anfechtung nicht weiter zu begründen. Die Vermutung der Ehelichkeit besteht jedoch nach Art. 255 Abs. 2 ZGB auch in diesem Falle, d.h. die Ehelichkeit kann auch in diesem Falle nur mit dem in Art. 254 ZGB geforderten Nachweis der Unmöglichkeit der Vaterschaft des Ehemannes angefochten werden (BGE 61 II 22, BGE 69 II 218), wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Ehemann um die Zeit der Empfängms der Mutter beigewohnt habe.
Unter dem hier verwendeten Ausdrucke "um die Zeit der Empfängnis" hat die Vorinstanz im Anschluss an BGE 61 II 22 die Zeit vom 300. bis zum 180. Tage vor der Geburt verstanden. Dieses Präjudiz ist jedoch in diesem Punkt überholt durch BGE 69 II 215 ff., wonach mit dem erwähnten Ausdruck die normale, dem Reifegrad des Kindes entsprechende Empfängniszeit gemeint ist. An der in diesem letzten Entscheid entwickelten Auffassung ist grundsätzlich festzuhalten. Wenn das Gesetz in Art. 255 Abs. 1 und 2 von der Zeit der Empfängnis spricht, so ist klar, dass es hier - wie gemäss BGE 79 II 26 in Art. 315 ZGB - die Zeit im Auge hat, in welche die Empfängnis des Kindes zu verlegen ist, um das der Streit geht. Dass als Zeit der Empfängnis nicht für jedes Kind die Zeitspanne vom 300. bis zum 180. Tage vor der Geburt in Frage kommt, sondern dass sich aus dem Reifegrad eine andere Abgrenzung dieser Zeit ergeben kann, war dem Gesetzgeber bewusst (vgl. neben BGE 69 II 217 /218 auch BGE 82 II 87, je mit dortigen Hinweisen). Daher geht es nicht an, die in den erwähnten Vorschriften verwendeten Ausdrücke in Anlehnung an die in Art. 252, 254 und 314 Abs. 1 ZGB enthaltenen Terminbestimmungen auf die Zeit vom 300. bis zum 180. Tage vor der Geburt zu beziehen. Vielmehr ist bei der Anwendung jener Vorschriften dem Reifegrad des Kindes und der daraus zu erschliessenden Schwangerschaftsdauer Rechnung zu tragen.
Richtig ist allerdings, dass bei Geburt eines Kindes wenigstens (gegebenenfalls also nur) 180 Tage nach Abschluss der Ehe der Ehemann seine Klage gemäss Art. 254 ZGB nur durch den Nachweis zu begründen vermag, dass er unmöglich der Vater des Kindes sein könne. Daraus folgt aber entgegen der in BGE 61 II 22 vertretenen Auffassung nicht notwendig, dass für weniger als 180 Tage nach Abschluss der Ehe geborene Kinder das gleiche gelten müsse, sobald anzunehmen ist, dass der Ehemann "ebensolange vor Abschluss der Ehe" (gemeint wohl: 180 Tage vor der Geburt) der Mutter beigewohnt hat. Es lässt sich sachlich durchaus rechtfertigen, einerseits bei der Umschreibung der Fälle, in denen die Vermutung der Ehelichkeit grundsätzlich nur durch den von Art. 254 ZGB geforderten Nachweis entkräftet werden kann, im Interesse der Rechtssicherheit einen Anfangstermin zu wählen, der sich auf Grund der Eintragungen in den Zivilstandsregistern durch eine einfache Rechenoperation bestimmen lässt, und diesen Termin so festzulegen, dass auch Kinder, die nur beim Vorliegen einer extrem kurzen Tragzeit während der Ehe gezeugt worden sein können, ohne weiteres den Schutz von Art. 254 ZGB geniessen, anderseits aber auf die dem Reifegrad entsprechende individuelle Empfängniszeit abzustellen, wenn es darum geht, wann die Vermutung der Ehelichkeit in gleicher Stärke ausnahmsweise auch für Kinder gelten soll, die angesichts der Zeitspanne zwischen Heirat und Geburt unter allen Umständen vor der Ehe gezeugt worden sein müssen, wie dies für die weniger als 180 Tage nach der Heirat lebend geborenen Kinder angenommen werden darf (vgl. LABHARDT, Schweiz. Med. Wochenschrift 1944 S. 132, am Ende). Daher kann keine Rede davon sein, dass ein unvernünftiges Ergebnis herauskomme, wenn Art. 255 Abs. 2 ZGB entsprechend dem Wortlaut dieser Vorschrift und den grundsätzlich zutreffenden Vorstellungen über den Zusammenhang zwischen Tragzeit und Reifegrad, von denen bei ihrem Erlass ausgegangen wurde, dahin ausgelegt wird, dass die Vermutung der Ehelichkeit für weniger als 180 Tage nach der Heirat geborene Kinder nur dann gilt, wenn eine Beiwohnung des Ehemanns um die Zeit glaubhaft gemacht wird, zu der das in Frage stehende Kind nach seinem Reifegrad empfangen wurde.
Diese Zeit lässt sich freilich nicht auf den Tag genau bestimmen, da die möglichen Tragzeiten auch bei Kindern gleicher Reife eine bedeutende Streuung aufweisen. Dieser Umstand muss auch bei der Anwendung von Art. 255 ZGB berücksichtigt werden. Vor allem aber muss vermieden werden, dass die Ehelichkeit des Kindes in Fällen, wo sich aus dem Reifegrad und dem Zeitpunkt der ersten Beiwohnung des Ehemannes keine erheblichen Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB ergeben könnten, ohne weitere Begründung angefochten werden kann; denn sonst wäre mit der Möglichkeit zu rechnen, dass nach der Unehelicherklärung eines Kindes gegen den Ehemann der Mutter mit Erfolg eine Vaterschaftsklage erhoben werden könnte, wodurch eine Lage geschaffen würde, die mit dem Grundgedanken von Art. 258 ZGB (Legitimation der ausserehelichen Kinder durch die Eheschliessung ihrer Eltern) schlechthin unverträglich wäre. Erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB werden aber nach der herrschenden Rechtsprechung durch den Reifegrad und den Zeitabstand zwischen Beiwohnung und Geburt nur dann begründet, wenn die Vaterschaft des in Frage stehenden Mannes angesichts dieser Momente als äusserst unwahrscheinlich, praktisch ausgeschlossen erscheint, m.a.W. wenn sie auf Grund dieser Momente mit Sicherheit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (BGE 82 II 87 und dortige Hinweise, BGE 82 II 264). Deshalb muss eine Beiwohnung des Ehemannes in einem Zeitpunkte, den mit diesem Grade von Wahrscheinlichkeit als Empfängnistermin auszuschliessen nicht möglich ist, im Sinne von Art. 255 Abs. 2 ZGB als um die Zeit der Empfängnis erfolgt angesehen werden. Noch weiter zu gehen und einem weniger als 180 Tage nach der Heirat geborenen Kinde den Schutz von Art. 254 ZGB immer dann zu gewähren, wenn der Reifegrad in Verbindung mit dem Zeitabstand zwischen Beiwohnung und Geburt die Vaterschaft des Ehemannes nicht geradezu als im Sinne dieser Bestimmung unmöglich erscheinen lässt, rechtfertigt sich dagegen nicht; denn es kann vernünftigerweise nicht die Meinung des Gesetzes sein, dass der Ehemann, sobald eine voreheliche Beiwohnung glaubhaft gemacht ist, der Anwendung von Art. 255 Abs. 2 ZGB und damit der Pflicht zur Leistung des in Art. 254 geforderten Beweises nur dann entgehen könne, wenn mit Hilfe des Reifegrades eben gerade dieser Beweis erbracht werden kann.
3. Im vorliegenden Falle hat man es mit einem Knaben zu tun, der 219 oder 218 Tage nach der am 6./7. März 1954 erfolgten ersten Beiwohnung des Ehemannes mit einer Körperlänge von 52 cm geboren wurde. Nach LABHARDT, dessen Tabellen die Vorinstanz verwertet hat, beträgt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass dieser Knabe in der Zeit vom 210. - 219. Tag vor der Geburt (d.h. in der VI. Dekade nach der mittleren) gezeugt wurde, nur 0,12%. Setzt man für den mittleren Abstand zwischen der letzten Menstruation und der Empfängnis entsprechend dem Ergebnis neuerer Beobachtungen 12 statt wie Labhardt 10 Tage ein (vgl. BGE 82 II 85), so fallen der 219. und der 218. Tag vor der Geburt noch in die V. Dekade nach der mittleren, die in diesem Falle die Zeit vom 218.--227. Tag vor der Geburt umfasst. Für die Zeugung in dieser Dekade beläuft sich die Wahrscheinlichkeit nach Labhardt auf 0,25%. Die gesamte Wahrscheinlichkeit für eine Zeugung am 218. Tage vor der Geburt oder später macht nicht mehr als 0,44% aus. Unter diesen Umständen konnte die Vorinstanz ohne Bundesrechtsverletzung annehmen, eine Zeugung am 6./7. März 1954 lasse sich angesichts des Reifegrades des Kindes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschliessen (vgl. BGE 80 II 300 und dortige Hinweise). Wenn es sich aber so verhält, vermag die Tatsache, dass die Beklagten eine Beiwohnung am 6./7. März 1954 glaubhaft zu machen, ja nachzuweisen vermochten, die Vermutung der Ehelichkeit nach dem in Erwägung 2 Gesagten nicht herzustellen. Vielmehr bleibt Art. 255 Abs. 1 ZGB anwendbar, wonach der Kläger seine Anfechtung nicht weiter zu begründen hat. Die Klage ist daher gutzuheissen, ohne dass zu prüfen wäre, ob sich aus dem Reifegrad des Kindes schliessen lasse, dass der Kläger im Sinne von Art. 254 ZGB unmöglich der Vater sein könne, und ohne dass eine Rückweisung zur Vornahme der vom Kläger beantragten Blutuntersuchung in Betracht zu ziehen wäre.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, I. Abteilung, vom 7. Dezember 1956 bestätigt.
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de
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Désaveu de paternité. 1. Action ouverte après l'expiration du délai pour désavouer fixé par l'art. 253 al. 1 CC. Le mari a-t-il été induit frauduleusement à ne pas désavouer l'enfant et a-t-il agi dans les trois mois de la découverte de la fraude (art. 257 al. 1 et 2 CC)? De justes motifs rendent-ils le retard excusable (art. 257 al. 3 CC)?
2. Désaveu dans le cas où l'enfant est né moins de cent quatrevingts jours après le mariage (art. 255 CC). Présomption de paternité selon l'art. 255 al. 2 CC. Cohabitation "à l'époque de la conception"? Importance du degré de maturité de l'enfant à la naissance.
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fr
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-II-171%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 II 171
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83 II 171
Sachverhalt ab Seite 172
M. und Frl. H. lernten sich anfangs März 1954 kennen und hatten am 6./7. März 1954 erstmals miteinander Geschlechtsverkehr. Am 1. Mai 1954 heirateten sie. Am 11. Oktober 1954, 219 oder 218 Tage nach der ersten Beiwohnung ihres heutigen Ehemanns und 163 Tage nach der Heirat, gebar die Ehefrau einen Knaben. Nachdem sie Klage auf Scheidung angehoben hatte, klagte der Ehemann am 17. September 1955 beim Bezirksgericht Muri, in dessen Amtskreis er heimatberechtigt ist, auf Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes. Das Bezirksgericht hiess die Klage gut. Das Obergericht des Kantons Aargau hat am 7. Dezember 1956 das erstinstanzliche Urteil bestätigt.
Mit ihrer Berufung an das Bundesgericht beantragen die Beklagten wie im kantonalen Verfahren Abweisung der Klage. Der Kläger schliesst auf Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die kantonalen Gerichte haben die erst lange nach Ablauf der dreimonatigen Frist von Art. 253 Abs. 1 ZGB eingereichte Anfechtungsklage als zulässig betrachtet, weil der Kläger im Sinne von Art. 257 Abs. 1 ZGB arglistig zur Unterlassung der Anfechtung bewogen worden sei und gemäss Art. 257 Abs. 2 binnen drei Monaten nach Entdeckung der Arglist geklagt habe, und weil die Verspätung überdies durch wichtige Gründe im Sinne von Art. 257 Abs. 3 ZGB entschuldigt werde. Diese Annahmen verstossen nicht gegen Bundesrecht.
a) Die Vorinstanz hat festgestellt, die Beklagte habe Ende 1953 bis Mitte Januar 1954 mit F. ein intimes Liebesverhältnis unterhalten. Der bloss 219 Tage nach dem ersten Geschlechtsverkehr der Beklagten mit dem Kläger geborene Knabe habe bei der Geburt eine Länge von 52 cm und auch sonst alle Zeichen der Reife aufgewiesen. Gleichwohl hätten die Beklagte und ihre Mutter nach der Geburt dem Kläger und dessen Verwandten gegenüber wiederholt erklärt, es handle sich um eine Frühgeburt. Nach allgemeiner Erfahrung dürfe angenommen werden, dass die Beklagte und ihre Mutter über die Unrichtigkeit ihrer Behauptungen im klaren gewesen seien, so dass diese als wohlüberlegte Lügen zu taxieren seien. Zum Netz, in das der Kläger hätte eingezogen werden sollen, gehöre auch der Brief vom 18. Oktober 1954, in welchem die Beklagte nicht müde werde, dem Kläger einzuhämmern, dass er nun einen Sohn habe. Es könne somit kein Zweifel darüber bestehen, dass die Beklagte sich grosse Mühe gegeben habe, dem Kläger vorzutäuschen, dass er der Vater ihres Kindes sei.
Diese Feststellungen betreffen im wesentlichen tatsächliche Verhältnisse und sind daher gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich. Fragen kann sich höchstens, ob das Bundesgericht ohne weiteres auf die Annahme abstellen dürfe, die Beklagte habe bei ihren Äusserungen gewusst, dass sie unrichtig seien, was u.a. voraussetzen würde, dass der Kläger nicht der Vater ihres Kindes sein kann. Die Vorinstanz folgert letzteres daraus, dass die Zeugung nach den Tabellen von LABHARDT mit grösster Wahrscheinlichkeit Ende Dezember 1953 oder in der ersten Hälfte des Monats Januar 1954 erfolgt sein müsse (Dekadenwahrscheinlichkeiten von 40 bezw. 21,86%), während die (Dekaden-) Wahrscheinlichkeit für eine Zeugung erst am 6./7. März 1954 bloss 0,12% betrage, womit praktisch die Unmöglichkeit der Zeugung durch den Kläger feststehe. Im Zusammenhang mit der Frage der Arglist im Sinne von Art. 257 ZGB braucht jedoch nicht untersucht zu werden, ob gestützt auf diese Wahrscheinlichkeitszahlen gesagt werden dürfe, die Vaterschaft des Klägers sei unmöglich (womit der materielle Entscheid selbst für den Fall vorweggenommen wäre, dass die Beklagten gemäss Art. 255 Abs. 2 ZGB die Vermutung der Ehelichkeit des -Kindes für sich in Anspruch nehmen könnten). Selbst wenn man nämlich der Beklagten zubilligen will, es sei nicht schlechthin unmöglich und habe ihr daher nicht geradezu als ausgeschlossen erscheinen können, dass der Kläger der Vater ihres Kindes sei, so war die Vorinstanz doch auf jeden Fall zur Annahme berechtigt, die Beklagte habe ernstlich mit der Möglichkeit rechnen müssen und tatsächlich auch damit gerechnet, dass nicht der Kläger, sondern ihr früherer Liebhaber F. ihr Kind gezeugt habe und dass man es folglich nicht mit einer Frühgeburt, sondern mit einer Geburt am normalen Termin zu tun habe. (Ihre Behauptung, dass sie nach Abbruch der Beziehungen mit F. noch Monatsblutungen gehabt habe, vermochte sie nicht zu beweisen.) Versicherte die Beklagte dem Kläger, es handle sich um eine Frühgeburt und er sei der Vater, obwohl sie wusste, dass es sich sehr wohl anders verhalten könne, so genügt dies, um ihr ein arglistiges Verhalten im Sinne von Art. 257 Abs. 1 ZGB vorzuwerfen. Anders als die Beklagten in den Fällen BGE 61 II 301 und BGE 71 II 259 hat sie sich nicht darauf beschränkt, den Verkehr mit einem andern Manne um die Empfängniszeit abzustreiten, was in den erwähnten Entscheiden als für die Anwendung von Art. 257 Abs. 1 nicht ausreichend erachtet wurde. Vielmehr machte sie positive Angaben über die Tragzeit und die Vaterschaft, obwohl ihr die Fragwürdigkeit dieser Behauptungen bewusst war, worin zweifellos ein arglistiges Verhalten zu erblicken ist (vgl. das Urteil vom 13. Januar 1955 i.S. Hauser). Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob auch das auffällige Entgegenkommen, dem der Kläger sogleich nach Anbahnung der Bekanntschaft bei der Beklagten und ihren Eltern begegnete, zu den Machenschaften gerechnet werden könne, mit denen er von der Anfechtung der Ehelichkeit des am 11. Oktober 1954 geborenen Kindes abgehalten werden sollte.
b) Die Entscheidung der weitern Frage, ob der Kläger durch das arglistige Verhalten der Beklagten zur Unterlassung der Anfechtung bewogen worden sei und wann er in diesem Falle die Arglist entdeckt habe, hängt nicht davon ab, ob und wann er in der Lage gewesen wäre, die Täuschung zu durchschauen, sondern es kommt nur darauf an, ob er sich wirklich täuschen liess und deshalb nicht klagte, und wann ihm dann tatsächlich die Augen aufgingen. Dabei handelt es sich um Tatfragen, über welche die Vorinstanz abschliessend zu befinden hatte. Nach ihren Feststellungen schenkte der Kläger (der vom Liebesverhältnis der Beklagten mit F. erst am 12. September 1955 Kenntnis erhielt) den Angaben der Beklagten über das Vorliegen einer Frühgeburt Glauben und unterliess es deshalb, über diesen Punkt Erhebungen anzustellen, deren Ergebnis ihn zur Bestreitung seiner Vaterschaft hätte veranlassen können. Es war nach diesen Feststellungen erst der Bericht des Krankenhauses G. vom 17. August 1955 über den Reifegrad des Kindes bei der Geburt, der ihm die Augen richtig öffnete. Innert dreier Monate von diesem Datum an hat er geklagt. Es lässt sich daher nicht als bundesrechtswidrig beanstanden, dass die Vorinstanz die Klage auf Grund von Art. 257 Abs. 1 und 2 ZGB als zulässig erachtete.
c) Der Vorinstanz ist im übrigen auch darin beizustimmen, dass die Verspätung der Anfechtung mit wichtigen Gründen im Sinne von Art. 257 Abs. 3 ZGB entschuldigt wird. Solche Gründe sind nach der Rechtsprechung gegeben, wenn der Kläger zunächst keine zureichende Veranlassung zu Zweifeln an der Ehelichkeit und zur Anhebung einer Anfechtungsklage hatte (BGE 61 II 301, BGE 71 II 259). Zureichende Veranlassung zur Klage hat der Kläger nach dem zuletzt genannten Entscheide nicht, bevor er die erforderlichen tatsächlichen Grundlagen dazu besitzt. Dies war hier, wie die Vorinstanz zutreffend annimmt, erst der Fall, als er den Bericht vom 17. August 1955 über den Reifegrad des Kindes erhalten und am 12. September 1955 von F. erfahren hatte, dass die Beklagte am 31. Dezember 1953/1. Januar 1954 und etwa Mitte Januar 1954 mit diesem geschlechtlich verkehrt hatte. Er konnte sich nicht von vornherein darauf verlassen, dass er gemäss Art. 255 Abs. 1 ZGB die Anfechtung nicht weiter zu begründen habe, sondern musste sich für den Fall zu wappnen suchen, dass es den Beklagten gelingen sollte, gemäss Art. 255 Abs. 2 die schwer widerlegbare Vermutung der Ehelichkeit zu begründen. Nach dem 12. September 1955 hat der Kläger dann mit der ihm nach den Umständen zumutbaren Beschleunigung gehandelt, indem er fünf Tage später die Klage einleiten liess.
2. Ist ein Kind, wie es hier zutrifft, vor dem 180. Tage nach Abschluss der Ehe geboren oder waren die Ehegatten zur Zeit der Empfängnis durch gerichtliches Urteil getrennt, so hat der Ehemann nach Art. 255 Abs. 1 ZGB seine Anfechtung nicht weiter zu begründen. Die Vermutung der Ehelichkeit besteht jedoch nach Art. 255 Abs. 2 ZGB auch in diesem Falle, d.h. die Ehelichkeit kann auch in diesem Falle nur mit dem in Art. 254 ZGB geforderten Nachweis der Unmöglichkeit der Vaterschaft des Ehemannes angefochten werden (BGE 61 II 22, BGE 69 II 218), wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Ehemann um die Zeit der Empfängms der Mutter beigewohnt habe.
Unter dem hier verwendeten Ausdrucke "um die Zeit der Empfängnis" hat die Vorinstanz im Anschluss an BGE 61 II 22 die Zeit vom 300. bis zum 180. Tage vor der Geburt verstanden. Dieses Präjudiz ist jedoch in diesem Punkt überholt durch BGE 69 II 215 ff., wonach mit dem erwähnten Ausdruck die normale, dem Reifegrad des Kindes entsprechende Empfängniszeit gemeint ist. An der in diesem letzten Entscheid entwickelten Auffassung ist grundsätzlich festzuhalten. Wenn das Gesetz in Art. 255 Abs. 1 und 2 von der Zeit der Empfängnis spricht, so ist klar, dass es hier - wie gemäss BGE 79 II 26 in Art. 315 ZGB - die Zeit im Auge hat, in welche die Empfängnis des Kindes zu verlegen ist, um das der Streit geht. Dass als Zeit der Empfängnis nicht für jedes Kind die Zeitspanne vom 300. bis zum 180. Tage vor der Geburt in Frage kommt, sondern dass sich aus dem Reifegrad eine andere Abgrenzung dieser Zeit ergeben kann, war dem Gesetzgeber bewusst (vgl. neben BGE 69 II 217 /218 auch BGE 82 II 87, je mit dortigen Hinweisen). Daher geht es nicht an, die in den erwähnten Vorschriften verwendeten Ausdrücke in Anlehnung an die in Art. 252, 254 und 314 Abs. 1 ZGB enthaltenen Terminbestimmungen auf die Zeit vom 300. bis zum 180. Tage vor der Geburt zu beziehen. Vielmehr ist bei der Anwendung jener Vorschriften dem Reifegrad des Kindes und der daraus zu erschliessenden Schwangerschaftsdauer Rechnung zu tragen.
Richtig ist allerdings, dass bei Geburt eines Kindes wenigstens (gegebenenfalls also nur) 180 Tage nach Abschluss der Ehe der Ehemann seine Klage gemäss Art. 254 ZGB nur durch den Nachweis zu begründen vermag, dass er unmöglich der Vater des Kindes sein könne. Daraus folgt aber entgegen der in BGE 61 II 22 vertretenen Auffassung nicht notwendig, dass für weniger als 180 Tage nach Abschluss der Ehe geborene Kinder das gleiche gelten müsse, sobald anzunehmen ist, dass der Ehemann "ebensolange vor Abschluss der Ehe" (gemeint wohl: 180 Tage vor der Geburt) der Mutter beigewohnt hat. Es lässt sich sachlich durchaus rechtfertigen, einerseits bei der Umschreibung der Fälle, in denen die Vermutung der Ehelichkeit grundsätzlich nur durch den von Art. 254 ZGB geforderten Nachweis entkräftet werden kann, im Interesse der Rechtssicherheit einen Anfangstermin zu wählen, der sich auf Grund der Eintragungen in den Zivilstandsregistern durch eine einfache Rechenoperation bestimmen lässt, und diesen Termin so festzulegen, dass auch Kinder, die nur beim Vorliegen einer extrem kurzen Tragzeit während der Ehe gezeugt worden sein können, ohne weiteres den Schutz von Art. 254 ZGB geniessen, anderseits aber auf die dem Reifegrad entsprechende individuelle Empfängniszeit abzustellen, wenn es darum geht, wann die Vermutung der Ehelichkeit in gleicher Stärke ausnahmsweise auch für Kinder gelten soll, die angesichts der Zeitspanne zwischen Heirat und Geburt unter allen Umständen vor der Ehe gezeugt worden sein müssen, wie dies für die weniger als 180 Tage nach der Heirat lebend geborenen Kinder angenommen werden darf (vgl. LABHARDT, Schweiz. Med. Wochenschrift 1944 S. 132, am Ende). Daher kann keine Rede davon sein, dass ein unvernünftiges Ergebnis herauskomme, wenn Art. 255 Abs. 2 ZGB entsprechend dem Wortlaut dieser Vorschrift und den grundsätzlich zutreffenden Vorstellungen über den Zusammenhang zwischen Tragzeit und Reifegrad, von denen bei ihrem Erlass ausgegangen wurde, dahin ausgelegt wird, dass die Vermutung der Ehelichkeit für weniger als 180 Tage nach der Heirat geborene Kinder nur dann gilt, wenn eine Beiwohnung des Ehemanns um die Zeit glaubhaft gemacht wird, zu der das in Frage stehende Kind nach seinem Reifegrad empfangen wurde.
Diese Zeit lässt sich freilich nicht auf den Tag genau bestimmen, da die möglichen Tragzeiten auch bei Kindern gleicher Reife eine bedeutende Streuung aufweisen. Dieser Umstand muss auch bei der Anwendung von Art. 255 ZGB berücksichtigt werden. Vor allem aber muss vermieden werden, dass die Ehelichkeit des Kindes in Fällen, wo sich aus dem Reifegrad und dem Zeitpunkt der ersten Beiwohnung des Ehemannes keine erheblichen Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB ergeben könnten, ohne weitere Begründung angefochten werden kann; denn sonst wäre mit der Möglichkeit zu rechnen, dass nach der Unehelicherklärung eines Kindes gegen den Ehemann der Mutter mit Erfolg eine Vaterschaftsklage erhoben werden könnte, wodurch eine Lage geschaffen würde, die mit dem Grundgedanken von Art. 258 ZGB (Legitimation der ausserehelichen Kinder durch die Eheschliessung ihrer Eltern) schlechthin unverträglich wäre. Erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2 ZGB werden aber nach der herrschenden Rechtsprechung durch den Reifegrad und den Zeitabstand zwischen Beiwohnung und Geburt nur dann begründet, wenn die Vaterschaft des in Frage stehenden Mannes angesichts dieser Momente als äusserst unwahrscheinlich, praktisch ausgeschlossen erscheint, m.a.W. wenn sie auf Grund dieser Momente mit Sicherheit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (BGE 82 II 87 und dortige Hinweise, BGE 82 II 264). Deshalb muss eine Beiwohnung des Ehemannes in einem Zeitpunkte, den mit diesem Grade von Wahrscheinlichkeit als Empfängnistermin auszuschliessen nicht möglich ist, im Sinne von Art. 255 Abs. 2 ZGB als um die Zeit der Empfängnis erfolgt angesehen werden. Noch weiter zu gehen und einem weniger als 180 Tage nach der Heirat geborenen Kinde den Schutz von Art. 254 ZGB immer dann zu gewähren, wenn der Reifegrad in Verbindung mit dem Zeitabstand zwischen Beiwohnung und Geburt die Vaterschaft des Ehemannes nicht geradezu als im Sinne dieser Bestimmung unmöglich erscheinen lässt, rechtfertigt sich dagegen nicht; denn es kann vernünftigerweise nicht die Meinung des Gesetzes sein, dass der Ehemann, sobald eine voreheliche Beiwohnung glaubhaft gemacht ist, der Anwendung von Art. 255 Abs. 2 ZGB und damit der Pflicht zur Leistung des in Art. 254 geforderten Beweises nur dann entgehen könne, wenn mit Hilfe des Reifegrades eben gerade dieser Beweis erbracht werden kann.
3. Im vorliegenden Falle hat man es mit einem Knaben zu tun, der 219 oder 218 Tage nach der am 6./7. März 1954 erfolgten ersten Beiwohnung des Ehemannes mit einer Körperlänge von 52 cm geboren wurde. Nach LABHARDT, dessen Tabellen die Vorinstanz verwertet hat, beträgt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass dieser Knabe in der Zeit vom 210. - 219. Tag vor der Geburt (d.h. in der VI. Dekade nach der mittleren) gezeugt wurde, nur 0,12%. Setzt man für den mittleren Abstand zwischen der letzten Menstruation und der Empfängnis entsprechend dem Ergebnis neuerer Beobachtungen 12 statt wie Labhardt 10 Tage ein (vgl. BGE 82 II 85), so fallen der 219. und der 218. Tag vor der Geburt noch in die V. Dekade nach der mittleren, die in diesem Falle die Zeit vom 218.--227. Tag vor der Geburt umfasst. Für die Zeugung in dieser Dekade beläuft sich die Wahrscheinlichkeit nach Labhardt auf 0,25%. Die gesamte Wahrscheinlichkeit für eine Zeugung am 218. Tage vor der Geburt oder später macht nicht mehr als 0,44% aus. Unter diesen Umständen konnte die Vorinstanz ohne Bundesrechtsverletzung annehmen, eine Zeugung am 6./7. März 1954 lasse sich angesichts des Reifegrades des Kindes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschliessen (vgl. BGE 80 II 300 und dortige Hinweise). Wenn es sich aber so verhält, vermag die Tatsache, dass die Beklagten eine Beiwohnung am 6./7. März 1954 glaubhaft zu machen, ja nachzuweisen vermochten, die Vermutung der Ehelichkeit nach dem in Erwägung 2 Gesagten nicht herzustellen. Vielmehr bleibt Art. 255 Abs. 1 ZGB anwendbar, wonach der Kläger seine Anfechtung nicht weiter zu begründen hat. Die Klage ist daher gutzuheissen, ohne dass zu prüfen wäre, ob sich aus dem Reifegrad des Kindes schliessen lasse, dass der Kläger im Sinne von Art. 254 ZGB unmöglich der Vater sein könne, und ohne dass eine Rückweisung zur Vornahme der vom Kläger beantragten Blutuntersuchung in Betracht zu ziehen wäre.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, I. Abteilung, vom 7. Dezember 1956 bestätigt.
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de
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Contestazione della paternità. 1. Azione promossa dopochè è spirato il termine prescritto dall'art. 253 cp. 1 CC. È stato il marito indotto dolosamente a non contestare la legittimità del figlio e ha egli agito nel termine di tre mesi dalla scoperta dell'inganno (art. 257 cp. 1 e 2 CC)? Il ritardo è scusato da gravi motivi (art. 257 cp. 3 CC)?
2. Contestazione nel caso in cui il figlio è nato prima del centottantesimo giorno dalla celebrazione del matrimonio (art. 255CC). Presunzione della legittimità giusta l'art. 255 cp. 2 CC. Concubito "al tempo del concepimento"? Importanza del grado di maturità del figlio al momento della nascita.
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-II-171%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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2,283 |
83 II 18
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83 II 18
Sachverhalt ab Seite 19
A.- Der Möbelschreiner Fredy Gresser kaufte mit Vertrag vom 28. Dezember 1951 von M. Baumgartner, der Holzbearbeitungsmaschinen herstellt, eine Furnierpresse zum Preise von Fr. 9800.--. Über die vom Verkäufer zu leistende Garantie sah der Kaufvertrag in Ziff. 8 vor:
"Garantie erstreckt sich auf die Dauer von 6 Monaten vom Versandtage ab in der Art, dass für alle während dieser Frist sich zeigenden Mängel gehaftet wird, insofern sie vom Käufer sofort nach Entdeckung angezeigt werden und nachweislich von schlechtem Material, fehlerhafter Bauart oder mangelhafter Ausführung herrühren. Sind diese Mängel reparierbar, so kann der Käufer nur deren unentgeltliche Beseitigung durch Ersetzung der schadhaften Teile oder durch sonstige Reparatur verlangen.... Sind die Mängel nicht reparierbar, so kann der Käufer nur die unentgeltliche Lieferung einer dem Vertrag entsprechenden Ersatzmaschine beanspruchen."
Vor dem Vertragsschluss hatte der Käufer die Maschine beim Verkäufer besichtigt; eine Vorführung im Betrieb fand indessen nicht statt. Die Presse wurde am 12./13. Februar 1952 geliefert und bezahlt und am 26. Februar 1952 vom Käufer in Betrieb genommen. Dabei zeigten sich verschiedene Mängel, die vom Verkäufer auf Begehren des Käufers hin behoben wurden. In der Folge traten jedoch erneute Schwierigkeiten auf. Die mit der Maschine ausgeführten Furnierarbeiten fielen häufig fehlerhaft aus und waren unbrauchbar. Gresser liess deshalb im Herbst 1952 die Presse durch einen Fachmann des Maschinenbaus begutachten. Dieser kam zum Schluss, dass die Maschine schwere, nicht behebbare konstruktive Fehler aufweise und deshalb für den vorgesehenen Gebrauch ungeeignet sei. Von diesem Gutachten gab Gresser dem Verkäufer unter Erhebung einer schriftlichen Mängelrüge am 11. Dezember 1952 Kenntnis und verlangte die Lieferung einer vollwertigen Ersatzmaschine. Der Verkäufer lehnte dieses Ansinnen jedoch ab mit der Begründung, die vertraglich vereinbarte Garantiefrist von 6 Monaten sei abgelaufen.
Mit Schreiben vom 21. Februar 1953 erklärte daraufhin Gresser dem Baumgartner, er betrachte den Kaufvertrag vom 28. Dezember 1951 wegen absichtlicher Täuschung und wesentlichen Irrtums als unverbindlich.
B.- Mit Klage vom 24. Februar/20. April 1953 belangte Gresser den Baumgartner auf Rückerstattung des Kaufpreises von Fr. 9800.-- nebst 5% Zins seit 13. Februar 1952. Zur Begründung dieses Begehrens machte er geltend, der Kaufvertrag über die Presse sei wegen absichtlicher Täuschung und wegen Grundlagenirrtums für ihn unverbindlich; überdies habe er wegen Mängeln der Kaufsache Anspruch auf Wandelung des Geschäftes.
Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Er bestritt das Vorliegen der behaupteten Willensmängel und wandte ein, die Anfechtung des Vertrags wegen solchen wie auch die Berufung auf Mängel der Kaufsache wären übrigens verspätet erfolgt.
C.- Das Bezirksgericht Zürich kam auf Grund eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens zum Schluss, dass die vom Beklagten gelieferte Furnierpresse wegen ihr anhaftender Konstruktionsmängel für den vorausgesetzten Gebrauch untauglich sei. Mit Rücksicht hierauf erklärte das Gericht die Berufung des Klägers auf Grundlagenirrtum als begründet, da die Brauchbarkeit der Maschine eine notwendige Grundlage des Kaufvertrages gebildet habe. Im weiteren nahm das Gericht auch Unverbindlichkeit des Vertrages wegen absichtlicher Täuschung des Klägers durch den Beklagten an. Ob dem Kläger auch noch kaufrechtliche Gewährrleistungsansprüche zu Gebote ständen, liess das Gericht dagegen offen. Demgemäss schützte das Bezirksgericht mit Urteil vom 22. Dezember 1955 die Klage, jedoch mit dem Zusatz, dass der Beklagte den Kaufpreis nur Zug um Zug gegen die unbeschwerte Herausgabe der Furnierpresse durch den Kläger zurückzuerstatten habe.
D.- ...
E.- Das Obergericht Zürich wies mit Urteil vom 17. Mai 1956 die Klage ab, im wesentlichen mit der folgenden Begründung: Eine absichtliche Täuschung des Klägers durch den Beklagten sei nicht nachgewiesen. Die Vorschriften über den Irrtum beim Vertragsschluss seien im Anwendungsbereich der kaufrechtlichen Bestimmungen über die Gewährleistung nicht anwendbar. Ansprüche aus Gewährrleistung aber könne der Kläger mangels rechtzeitiger Prüfung und Mängelrüge nicht geltend machen.
F.- Mit der vorliegenden Berufung hält der Kläger an seinem Klagebegehren fest.
Der Beklagte beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides, eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Vorinstanz hat dem Kläger die Befugnis zur Anrufung der Irrtumsvorschriften abgesprochen, weil für deren Anwendung neben den Bestimmungen über die Gewährrleistung für Mängel der Kaufsache kein Raum sei. Diese Auffassung geht fehl. Gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts stehen dem Käufer die beiden Rechtsbehelfe wahlweise zu Gebote, soweit ihre besonderen Voraussetzungen gegeben sind. Diese Rechtsprechung hat das Bundesgericht nach einlässlicher Prüfung insbesondere auch der in der Literatur dagegen vorgebrachten Einwendungen kürzlich erneut bestätigt (BGE 82 II 420 ff. Erw. 6). Es besteht daher auch im vorliegenden Fall kein Anlass, davon abzugehen.
2. Der Beklagte glaubt die Unverbindlichkeit des Kaufvertrages wegen Irrtums sei im vorliegenden Fall zu verneinen, weil die in Ziff. 8 der Lieferungsbedingungen vereinbarte Beschränkung der Garantiefrist auf 6 Monate zugleich eine vertragliche Abkürzung der Verwirkungsfrist des Art. 31 OR darstelle; diese Frist habe der Kläger unbenützt verstreichen lassen. Diese Ansicht ist jedoch irrtümlich. Die zeitliche Einschränkung der Gewährspflicht des Verkäufers durch Ziff. 8 der Lieferungsbedingungen stellt eine Nebenbestimmung des Kaufvertrages dar. Als solche steht und fällt sie mit dem Vertrag. Ist dieser wegen Irrtums für den Kläger unverbindlich, so fällt auch die darin enthaltene Sonderbestimmung über die Garantieleistung dahin.
Dasselbe gilt für den in der Berufungsantwort weiter eingenommenen Standpunkt, ein Grundlagenirrtum könne nicht bestehen, solange der Beklagte verpflichtet sei, die Mängel zu reparieren oder eine Ersatzmaschine zu liefern und solange er gemäss Vertrag zu nichts anderem verpflichtet werden könne, wie das hier gemäss Ziff. 8 der Lieferungsbedingungen der Fall sei. Der Kläger hätte nur behauptet, sich über die Tauglichkeit der Maschine geirrt zu haben, nicht aber auch darüber, dass er bei Untauglichkeit der Maschine darauf beschränkt sei, die Beseitigung der Mängel oder Lieferung einer Ersatzmaschine zu verlangen. Die Unbrauchbarkeit der Maschine sei also vertraglich geregelt; darüber habe sich der Kläger nicht geirrt. - Auch hier übersieht der Beklagte, dass der Vertrag mit allen darin enthaltenen Vereinbarungen dahinfällt, wenn er wegen Willensmangels unverbindlich, d.h. nicht gültig zustande gekommen ist.
3. Im weiteren ist zu prüfen, ob ein Grundlagenirrtum auf Seiten des Klägers vorlag.
a) Der Beklagte bestreitet einen solchen Irrtum. Er macht geltend, wenn er im Laufe der Kaufsunterhandlungen dem Kläger erklärt habe, die Presse sei für dessen Zwecke ideal und preislich wie wirtschaftlich sehr günstig, so habe es sich dabei entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht um eine Zusicherung, sondern lediglich um eine reklamehafte Anpreisung gehandelt. Allein der Irrtum des Klägers betraf nicht diese "Zusicherung", sondern bezog sich auf die Brauchbarkeit der Presse überhaupt, d.h. ihre Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauch. Diese muss der vom Beklagten gelieferten Presse aber abgesprochen werden. Das Obergericht hat unter Hinweis auf die Ausführungen des von der ersten Instanz zugezogenen Sachverständigen festgestellt, dass die Presse ungenügend sei und ein richtiges Arbeiten nicht gestatte, weshalb ihre Abnahme dem Kläger an sich nicht zugemutet werden könnte. Nach den erwähnten Ausführungen des Sachverständigen weist die Presse verschiedene im einzelnen beschriebene Konstruktionsmängel auf, die zur Folge haben, dass mit ihr nur mühsam und kümmerlich und auch nicht gefahrlos gearbeitet werden kann und dass das Arbeitsergebnis fortwährend gefährdet wird. Infolge der konstruktiven Mängel muss sodann auch mit einer übermässigen Abnützung der einzelnen Teile der Presse gerechnet werden, die zu einer raschen Verschlechterung ihrer Tauglichkeit und zu vorzeitiger Unbrauchbarkeit führen. Die Brauchbarkeit der Presse bildete aber eine notwendige Grundlage des Vertrages, die vom Kläger nach Treu und Glauben im Geschäftsleben als gegeben vorausgesetzt werden durfte und bei objektiver Betrachtung vom Standpunkt des loyalen Geschäftsverkehrs aus als unerlässlich erscheint. Der Irrtum des Klägers bildet daher einen Grundlagenirrtum im Sinne des Art. 24 Ziff. 4 OR, der geeignet war, die Unverbindlichkeit des Vertrags zu bewirken (vgl. hiezu BGE 82 II 424 Erw. 7 und dort erwähnte Entscheide) ...
4. Die Geltendmachung der Unverbindlichkeit des Vertrages durch den Kläger erfolgte innert der Frist des Art. 31 OR, d.h. innerhalb eines Jahres seit Entdeckung der Mängel der Maschine, welche den Tatbestand des Grundlagenirrtums begründet haben. Der Kläger hat die Anfechtungserklärung erstmals in rechtsgenüglicher Form im Schreiben seines Anwalts vom 21. Februar 1953 abgegeben. Da der Kläger die Maschine, wie nicht streitig ist, am 26. Februar 1952 in Betrieb nahm, steht fest, dass die Anfechtungserklärung vor Ablauf eines Jahres seit der Entdeckung des Irrtums erfolgte; denn diese war natürlich erst nach der Inbetriebnahme der Maschine möglich. In welchem Zeitpunkt zwischen dieser und der Anfechtungserklärung der Kläger seinen Irrtum entdeckte, kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben. Dass der Kläger den Vertrag in Kenntnis der Mängel je genehmigt hätte, muss aus den vom Bezirksgericht dargelegten Gründen verneint werden. Nicht bestritten ist schliesslich, dass die Rückforderung innerhalb eines Jahres seit der Entdeckung des Irrtums erfolgte (Art. 67 OR). Damit sind alle Voraussetzungen für die Unverbindlichkeit des streitigen Kaufvertrages nach Art. 24 OR erfüllt...
7. Die Klageforderung ist somit aus dem Gesichtspunkte der Unverbindlichkeit des Vertrages wegen Grundlagenirrtums zu schützen. Es erübrigt sich daher zu prüfen, ob der Vertrag auch wegen absichtlicher Täuschung des Klägers durch den Beklagten als unverbindlich anzusehen wäre, sowie ob nach Kaufsrecht auch die Voraussetzungen für eine Wandelung des Kaufes gegeben wären.
Zu entscheiden bleibt dagegen noch, ob die Klageforderung so wie eingeklagt gutzuheissen ist (Bezahlung von Fr. 9800.-- nebst Zins) oder nur mit dem vom Bezirksgericht beigefügten Zusatz, dass die Rückerstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen unbeschwerte Herausgabe der Furnierpresse durch den Kläger zu erfolgen habe.
Das Bezirksgericht hat diesen Zusatz, der die Zahlungspflicht des Beklagten an die Bedingung der Herausgabe der Presse durch den Kläger knüpft, in seinem Urteil nicht begründet. Es ging offensichtlich von der an sich richtigen Überlegung aus, dass wegen der Unverbindlichkeit des Kaufvertrages nicht nur die Zahlung, sondern auch die Übereignung des Kaufgegenstandes rechtlich grundlos erfolgt sei und dass deshalb in beiden Richtungen Rückleistungen zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erfolgen müssten.
Mit der Berufung verlangt der Kläger, wie schon mit seiner Anschlussappellation beim Obergericht, die Streichung dieses Zusatzes. Er macht geltend, die unbeschwerte Herausgabe Zug und Zug mit der Rückzahlung sei gemäss Formulierung der Streitfrage nicht Gegenstand des Prozesses. Diese Begründung ist unbehelflich; denn wenn die materielle Rechtslage das gebietet, so darf ein Rechtsbegehren auf unbedingte Leistung auch bloss beschränkt zugesprochen werden, sei es nur teilweise, sei es unter einer Modalität, wie z.B. unter einer Bedingung.
Im weiteren wendet der Kläger ein, der genannte Zusatz wirke sich rechtlich in unzulässiger Weise zu seinem Nachteil aus. Wenn nämlich der Vertrag unverbindlich sei, so sei der Beklagte Eigentümer der Maschine geblieben. Ausser der Forderung auf Rückzahlung des Kaufpreises habe jedoch der Kläger noch weitere Forderungen zu stellen, für die ihm ein Retentionsrecht zustehe. So habe er u.a. Ersatz für Miete zur Unterbringung der Maschine seit der Aufgabe seines Betriebes zu fordern und ferner weitere Forderungen geltend zu machen, welche nicht in diesem Verfahren zu behandeln seien.
Nun liesse sich allerdings die Auffassung vertreten, dass infolge der Unverbindlichkeit des Vertrages die beidseitigen Leistungen ohne Rechtsgrund erfolgten, was zur Folge habe, dass Forderungen aus ungerechtfertigter Bereicherung, allenfalls Vindikationsansprüche entstehen, die selbständiger Art und von einander unabhängig seien, weil die dem zweiseitig verpflichtenden Vertrag eigentümliche Verknüpfung der beidseitigen Leistungen infolge der Unverbindlichkeit des Vertrages nie entstanden und somit auch nach geltend gemachter Unverbindlichkeit nicht vorhanden sei. Damit würde jedoch der Tatsache nicht genügend Rechnung getragen, dass die grundlosen Leistungen wegen eines vermeintlich gültigen, zweiseitig verpflichtenden Vertrages gemacht wurden; daher ist die ursprüngliche Verknüpfung und Abhängigkeit der Leistungen auch in der Phase der Wiederherstellung des früheren Zustands, also bei der Rückerstattung, zu beachten. Das führt zur Verpflichtung zu Rückerstattung der Leistungen "Zug um Zug" (so auch VON TUHR/SIEGWART OR 1 S. 297 bei N. 38).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts Zürich, I. Zivilkammer, vom 17. Mai 1956 wird aufgehoben und der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Fr. 9800.-- samt 5% Zins seit 13. Februar 1952 zu bezahlen, Zug um Zug gegen unbeschwerte Herausgabe der Furnierpresse durch den Kläger.
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de
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Unverbindlichkeit wegen Irrtums, Art. 23 ff. OR. Die Bestimmungen über Irrtum sind neben denjenigen über die Gewährleistung (Art. 197 ff. OR) alternativ anwendbar (Erw. 1). Bei Unverbindlichkeit des Kaufvertrages sind auch die darin enthaltenen Bestimmungen über Garantieleistung hinfällig (Erw. 2).
Grundlagenirrtum (Art. 24 Ziff. 4 OR) liegt vor beim Irrtum über die Brauchbarkeit einer Maschine (Erw. 3, 4).
Bei Unverbindlichkeit eines zweiseitig verpflichtenden Vertrages sind die gegenseitigen Leistungen Zug um Zug zurückzuerstatten (Erw. 7).
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83 II 18
Sachverhalt ab Seite 19
A.- Der Möbelschreiner Fredy Gresser kaufte mit Vertrag vom 28. Dezember 1951 von M. Baumgartner, der Holzbearbeitungsmaschinen herstellt, eine Furnierpresse zum Preise von Fr. 9800.--. Über die vom Verkäufer zu leistende Garantie sah der Kaufvertrag in Ziff. 8 vor:
"Garantie erstreckt sich auf die Dauer von 6 Monaten vom Versandtage ab in der Art, dass für alle während dieser Frist sich zeigenden Mängel gehaftet wird, insofern sie vom Käufer sofort nach Entdeckung angezeigt werden und nachweislich von schlechtem Material, fehlerhafter Bauart oder mangelhafter Ausführung herrühren. Sind diese Mängel reparierbar, so kann der Käufer nur deren unentgeltliche Beseitigung durch Ersetzung der schadhaften Teile oder durch sonstige Reparatur verlangen.... Sind die Mängel nicht reparierbar, so kann der Käufer nur die unentgeltliche Lieferung einer dem Vertrag entsprechenden Ersatzmaschine beanspruchen."
Vor dem Vertragsschluss hatte der Käufer die Maschine beim Verkäufer besichtigt; eine Vorführung im Betrieb fand indessen nicht statt. Die Presse wurde am 12./13. Februar 1952 geliefert und bezahlt und am 26. Februar 1952 vom Käufer in Betrieb genommen. Dabei zeigten sich verschiedene Mängel, die vom Verkäufer auf Begehren des Käufers hin behoben wurden. In der Folge traten jedoch erneute Schwierigkeiten auf. Die mit der Maschine ausgeführten Furnierarbeiten fielen häufig fehlerhaft aus und waren unbrauchbar. Gresser liess deshalb im Herbst 1952 die Presse durch einen Fachmann des Maschinenbaus begutachten. Dieser kam zum Schluss, dass die Maschine schwere, nicht behebbare konstruktive Fehler aufweise und deshalb für den vorgesehenen Gebrauch ungeeignet sei. Von diesem Gutachten gab Gresser dem Verkäufer unter Erhebung einer schriftlichen Mängelrüge am 11. Dezember 1952 Kenntnis und verlangte die Lieferung einer vollwertigen Ersatzmaschine. Der Verkäufer lehnte dieses Ansinnen jedoch ab mit der Begründung, die vertraglich vereinbarte Garantiefrist von 6 Monaten sei abgelaufen.
Mit Schreiben vom 21. Februar 1953 erklärte daraufhin Gresser dem Baumgartner, er betrachte den Kaufvertrag vom 28. Dezember 1951 wegen absichtlicher Täuschung und wesentlichen Irrtums als unverbindlich.
B.- Mit Klage vom 24. Februar/20. April 1953 belangte Gresser den Baumgartner auf Rückerstattung des Kaufpreises von Fr. 9800.-- nebst 5% Zins seit 13. Februar 1952. Zur Begründung dieses Begehrens machte er geltend, der Kaufvertrag über die Presse sei wegen absichtlicher Täuschung und wegen Grundlagenirrtums für ihn unverbindlich; überdies habe er wegen Mängeln der Kaufsache Anspruch auf Wandelung des Geschäftes.
Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Er bestritt das Vorliegen der behaupteten Willensmängel und wandte ein, die Anfechtung des Vertrags wegen solchen wie auch die Berufung auf Mängel der Kaufsache wären übrigens verspätet erfolgt.
C.- Das Bezirksgericht Zürich kam auf Grund eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens zum Schluss, dass die vom Beklagten gelieferte Furnierpresse wegen ihr anhaftender Konstruktionsmängel für den vorausgesetzten Gebrauch untauglich sei. Mit Rücksicht hierauf erklärte das Gericht die Berufung des Klägers auf Grundlagenirrtum als begründet, da die Brauchbarkeit der Maschine eine notwendige Grundlage des Kaufvertrages gebildet habe. Im weiteren nahm das Gericht auch Unverbindlichkeit des Vertrages wegen absichtlicher Täuschung des Klägers durch den Beklagten an. Ob dem Kläger auch noch kaufrechtliche Gewährrleistungsansprüche zu Gebote ständen, liess das Gericht dagegen offen. Demgemäss schützte das Bezirksgericht mit Urteil vom 22. Dezember 1955 die Klage, jedoch mit dem Zusatz, dass der Beklagte den Kaufpreis nur Zug um Zug gegen die unbeschwerte Herausgabe der Furnierpresse durch den Kläger zurückzuerstatten habe.
D.- ...
E.- Das Obergericht Zürich wies mit Urteil vom 17. Mai 1956 die Klage ab, im wesentlichen mit der folgenden Begründung: Eine absichtliche Täuschung des Klägers durch den Beklagten sei nicht nachgewiesen. Die Vorschriften über den Irrtum beim Vertragsschluss seien im Anwendungsbereich der kaufrechtlichen Bestimmungen über die Gewährleistung nicht anwendbar. Ansprüche aus Gewährrleistung aber könne der Kläger mangels rechtzeitiger Prüfung und Mängelrüge nicht geltend machen.
F.- Mit der vorliegenden Berufung hält der Kläger an seinem Klagebegehren fest.
Der Beklagte beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides, eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Vorinstanz hat dem Kläger die Befugnis zur Anrufung der Irrtumsvorschriften abgesprochen, weil für deren Anwendung neben den Bestimmungen über die Gewährrleistung für Mängel der Kaufsache kein Raum sei. Diese Auffassung geht fehl. Gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts stehen dem Käufer die beiden Rechtsbehelfe wahlweise zu Gebote, soweit ihre besonderen Voraussetzungen gegeben sind. Diese Rechtsprechung hat das Bundesgericht nach einlässlicher Prüfung insbesondere auch der in der Literatur dagegen vorgebrachten Einwendungen kürzlich erneut bestätigt (BGE 82 II 420 ff. Erw. 6). Es besteht daher auch im vorliegenden Fall kein Anlass, davon abzugehen.
2. Der Beklagte glaubt die Unverbindlichkeit des Kaufvertrages wegen Irrtums sei im vorliegenden Fall zu verneinen, weil die in Ziff. 8 der Lieferungsbedingungen vereinbarte Beschränkung der Garantiefrist auf 6 Monate zugleich eine vertragliche Abkürzung der Verwirkungsfrist des Art. 31 OR darstelle; diese Frist habe der Kläger unbenützt verstreichen lassen. Diese Ansicht ist jedoch irrtümlich. Die zeitliche Einschränkung der Gewährspflicht des Verkäufers durch Ziff. 8 der Lieferungsbedingungen stellt eine Nebenbestimmung des Kaufvertrages dar. Als solche steht und fällt sie mit dem Vertrag. Ist dieser wegen Irrtums für den Kläger unverbindlich, so fällt auch die darin enthaltene Sonderbestimmung über die Garantieleistung dahin.
Dasselbe gilt für den in der Berufungsantwort weiter eingenommenen Standpunkt, ein Grundlagenirrtum könne nicht bestehen, solange der Beklagte verpflichtet sei, die Mängel zu reparieren oder eine Ersatzmaschine zu liefern und solange er gemäss Vertrag zu nichts anderem verpflichtet werden könne, wie das hier gemäss Ziff. 8 der Lieferungsbedingungen der Fall sei. Der Kläger hätte nur behauptet, sich über die Tauglichkeit der Maschine geirrt zu haben, nicht aber auch darüber, dass er bei Untauglichkeit der Maschine darauf beschränkt sei, die Beseitigung der Mängel oder Lieferung einer Ersatzmaschine zu verlangen. Die Unbrauchbarkeit der Maschine sei also vertraglich geregelt; darüber habe sich der Kläger nicht geirrt. - Auch hier übersieht der Beklagte, dass der Vertrag mit allen darin enthaltenen Vereinbarungen dahinfällt, wenn er wegen Willensmangels unverbindlich, d.h. nicht gültig zustande gekommen ist.
3. Im weiteren ist zu prüfen, ob ein Grundlagenirrtum auf Seiten des Klägers vorlag.
a) Der Beklagte bestreitet einen solchen Irrtum. Er macht geltend, wenn er im Laufe der Kaufsunterhandlungen dem Kläger erklärt habe, die Presse sei für dessen Zwecke ideal und preislich wie wirtschaftlich sehr günstig, so habe es sich dabei entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht um eine Zusicherung, sondern lediglich um eine reklamehafte Anpreisung gehandelt. Allein der Irrtum des Klägers betraf nicht diese "Zusicherung", sondern bezog sich auf die Brauchbarkeit der Presse überhaupt, d.h. ihre Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauch. Diese muss der vom Beklagten gelieferten Presse aber abgesprochen werden. Das Obergericht hat unter Hinweis auf die Ausführungen des von der ersten Instanz zugezogenen Sachverständigen festgestellt, dass die Presse ungenügend sei und ein richtiges Arbeiten nicht gestatte, weshalb ihre Abnahme dem Kläger an sich nicht zugemutet werden könnte. Nach den erwähnten Ausführungen des Sachverständigen weist die Presse verschiedene im einzelnen beschriebene Konstruktionsmängel auf, die zur Folge haben, dass mit ihr nur mühsam und kümmerlich und auch nicht gefahrlos gearbeitet werden kann und dass das Arbeitsergebnis fortwährend gefährdet wird. Infolge der konstruktiven Mängel muss sodann auch mit einer übermässigen Abnützung der einzelnen Teile der Presse gerechnet werden, die zu einer raschen Verschlechterung ihrer Tauglichkeit und zu vorzeitiger Unbrauchbarkeit führen. Die Brauchbarkeit der Presse bildete aber eine notwendige Grundlage des Vertrages, die vom Kläger nach Treu und Glauben im Geschäftsleben als gegeben vorausgesetzt werden durfte und bei objektiver Betrachtung vom Standpunkt des loyalen Geschäftsverkehrs aus als unerlässlich erscheint. Der Irrtum des Klägers bildet daher einen Grundlagenirrtum im Sinne des Art. 24 Ziff. 4 OR, der geeignet war, die Unverbindlichkeit des Vertrags zu bewirken (vgl. hiezu BGE 82 II 424 Erw. 7 und dort erwähnte Entscheide) ...
4. Die Geltendmachung der Unverbindlichkeit des Vertrages durch den Kläger erfolgte innert der Frist des Art. 31 OR, d.h. innerhalb eines Jahres seit Entdeckung der Mängel der Maschine, welche den Tatbestand des Grundlagenirrtums begründet haben. Der Kläger hat die Anfechtungserklärung erstmals in rechtsgenüglicher Form im Schreiben seines Anwalts vom 21. Februar 1953 abgegeben. Da der Kläger die Maschine, wie nicht streitig ist, am 26. Februar 1952 in Betrieb nahm, steht fest, dass die Anfechtungserklärung vor Ablauf eines Jahres seit der Entdeckung des Irrtums erfolgte; denn diese war natürlich erst nach der Inbetriebnahme der Maschine möglich. In welchem Zeitpunkt zwischen dieser und der Anfechtungserklärung der Kläger seinen Irrtum entdeckte, kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben. Dass der Kläger den Vertrag in Kenntnis der Mängel je genehmigt hätte, muss aus den vom Bezirksgericht dargelegten Gründen verneint werden. Nicht bestritten ist schliesslich, dass die Rückforderung innerhalb eines Jahres seit der Entdeckung des Irrtums erfolgte (Art. 67 OR). Damit sind alle Voraussetzungen für die Unverbindlichkeit des streitigen Kaufvertrages nach Art. 24 OR erfüllt...
7. Die Klageforderung ist somit aus dem Gesichtspunkte der Unverbindlichkeit des Vertrages wegen Grundlagenirrtums zu schützen. Es erübrigt sich daher zu prüfen, ob der Vertrag auch wegen absichtlicher Täuschung des Klägers durch den Beklagten als unverbindlich anzusehen wäre, sowie ob nach Kaufsrecht auch die Voraussetzungen für eine Wandelung des Kaufes gegeben wären.
Zu entscheiden bleibt dagegen noch, ob die Klageforderung so wie eingeklagt gutzuheissen ist (Bezahlung von Fr. 9800.-- nebst Zins) oder nur mit dem vom Bezirksgericht beigefügten Zusatz, dass die Rückerstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen unbeschwerte Herausgabe der Furnierpresse durch den Kläger zu erfolgen habe.
Das Bezirksgericht hat diesen Zusatz, der die Zahlungspflicht des Beklagten an die Bedingung der Herausgabe der Presse durch den Kläger knüpft, in seinem Urteil nicht begründet. Es ging offensichtlich von der an sich richtigen Überlegung aus, dass wegen der Unverbindlichkeit des Kaufvertrages nicht nur die Zahlung, sondern auch die Übereignung des Kaufgegenstandes rechtlich grundlos erfolgt sei und dass deshalb in beiden Richtungen Rückleistungen zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erfolgen müssten.
Mit der Berufung verlangt der Kläger, wie schon mit seiner Anschlussappellation beim Obergericht, die Streichung dieses Zusatzes. Er macht geltend, die unbeschwerte Herausgabe Zug und Zug mit der Rückzahlung sei gemäss Formulierung der Streitfrage nicht Gegenstand des Prozesses. Diese Begründung ist unbehelflich; denn wenn die materielle Rechtslage das gebietet, so darf ein Rechtsbegehren auf unbedingte Leistung auch bloss beschränkt zugesprochen werden, sei es nur teilweise, sei es unter einer Modalität, wie z.B. unter einer Bedingung.
Im weiteren wendet der Kläger ein, der genannte Zusatz wirke sich rechtlich in unzulässiger Weise zu seinem Nachteil aus. Wenn nämlich der Vertrag unverbindlich sei, so sei der Beklagte Eigentümer der Maschine geblieben. Ausser der Forderung auf Rückzahlung des Kaufpreises habe jedoch der Kläger noch weitere Forderungen zu stellen, für die ihm ein Retentionsrecht zustehe. So habe er u.a. Ersatz für Miete zur Unterbringung der Maschine seit der Aufgabe seines Betriebes zu fordern und ferner weitere Forderungen geltend zu machen, welche nicht in diesem Verfahren zu behandeln seien.
Nun liesse sich allerdings die Auffassung vertreten, dass infolge der Unverbindlichkeit des Vertrages die beidseitigen Leistungen ohne Rechtsgrund erfolgten, was zur Folge habe, dass Forderungen aus ungerechtfertigter Bereicherung, allenfalls Vindikationsansprüche entstehen, die selbständiger Art und von einander unabhängig seien, weil die dem zweiseitig verpflichtenden Vertrag eigentümliche Verknüpfung der beidseitigen Leistungen infolge der Unverbindlichkeit des Vertrages nie entstanden und somit auch nach geltend gemachter Unverbindlichkeit nicht vorhanden sei. Damit würde jedoch der Tatsache nicht genügend Rechnung getragen, dass die grundlosen Leistungen wegen eines vermeintlich gültigen, zweiseitig verpflichtenden Vertrages gemacht wurden; daher ist die ursprüngliche Verknüpfung und Abhängigkeit der Leistungen auch in der Phase der Wiederherstellung des früheren Zustands, also bei der Rückerstattung, zu beachten. Das führt zur Verpflichtung zu Rückerstattung der Leistungen "Zug um Zug" (so auch VON TUHR/SIEGWART OR 1 S. 297 bei N. 38).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts Zürich, I. Zivilkammer, vom 17. Mai 1956 wird aufgehoben und der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Fr. 9800.-- samt 5% Zins seit 13. Februar 1952 zu bezahlen, Zug um Zug gegen unbeschwerte Herausgabe der Furnierpresse durch den Kläger.
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Annulabilité d'un contrat pour cause d'erreur, art. 23 et suiv. CO. Les dispositions relatives à l'erreur et celles qui règlent la garantie (art. 197 et suiv. CO) sont applicables alternativement (consid. 1). Lorsque le contrat de vente est annulable, l'invalidation porte également sur ses dispositions relatives à la garantie (consi-d. 2).
Quand on croit à tort qu'une machine est utilisable, on se trouve sous l'empire d'une erreur sur les éléments nécessaires du contrat, selon l'art. 24 ch. 4 CO (consid. 3 et 4).
Lorsqu'un contrat bilatéral est invalidé, les prestations réciproques doivent être restituées simultanément (consid. 7).
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83 II 18
Sachverhalt ab Seite 19
A.- Der Möbelschreiner Fredy Gresser kaufte mit Vertrag vom 28. Dezember 1951 von M. Baumgartner, der Holzbearbeitungsmaschinen herstellt, eine Furnierpresse zum Preise von Fr. 9800.--. Über die vom Verkäufer zu leistende Garantie sah der Kaufvertrag in Ziff. 8 vor:
"Garantie erstreckt sich auf die Dauer von 6 Monaten vom Versandtage ab in der Art, dass für alle während dieser Frist sich zeigenden Mängel gehaftet wird, insofern sie vom Käufer sofort nach Entdeckung angezeigt werden und nachweislich von schlechtem Material, fehlerhafter Bauart oder mangelhafter Ausführung herrühren. Sind diese Mängel reparierbar, so kann der Käufer nur deren unentgeltliche Beseitigung durch Ersetzung der schadhaften Teile oder durch sonstige Reparatur verlangen.... Sind die Mängel nicht reparierbar, so kann der Käufer nur die unentgeltliche Lieferung einer dem Vertrag entsprechenden Ersatzmaschine beanspruchen."
Vor dem Vertragsschluss hatte der Käufer die Maschine beim Verkäufer besichtigt; eine Vorführung im Betrieb fand indessen nicht statt. Die Presse wurde am 12./13. Februar 1952 geliefert und bezahlt und am 26. Februar 1952 vom Käufer in Betrieb genommen. Dabei zeigten sich verschiedene Mängel, die vom Verkäufer auf Begehren des Käufers hin behoben wurden. In der Folge traten jedoch erneute Schwierigkeiten auf. Die mit der Maschine ausgeführten Furnierarbeiten fielen häufig fehlerhaft aus und waren unbrauchbar. Gresser liess deshalb im Herbst 1952 die Presse durch einen Fachmann des Maschinenbaus begutachten. Dieser kam zum Schluss, dass die Maschine schwere, nicht behebbare konstruktive Fehler aufweise und deshalb für den vorgesehenen Gebrauch ungeeignet sei. Von diesem Gutachten gab Gresser dem Verkäufer unter Erhebung einer schriftlichen Mängelrüge am 11. Dezember 1952 Kenntnis und verlangte die Lieferung einer vollwertigen Ersatzmaschine. Der Verkäufer lehnte dieses Ansinnen jedoch ab mit der Begründung, die vertraglich vereinbarte Garantiefrist von 6 Monaten sei abgelaufen.
Mit Schreiben vom 21. Februar 1953 erklärte daraufhin Gresser dem Baumgartner, er betrachte den Kaufvertrag vom 28. Dezember 1951 wegen absichtlicher Täuschung und wesentlichen Irrtums als unverbindlich.
B.- Mit Klage vom 24. Februar/20. April 1953 belangte Gresser den Baumgartner auf Rückerstattung des Kaufpreises von Fr. 9800.-- nebst 5% Zins seit 13. Februar 1952. Zur Begründung dieses Begehrens machte er geltend, der Kaufvertrag über die Presse sei wegen absichtlicher Täuschung und wegen Grundlagenirrtums für ihn unverbindlich; überdies habe er wegen Mängeln der Kaufsache Anspruch auf Wandelung des Geschäftes.
Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Er bestritt das Vorliegen der behaupteten Willensmängel und wandte ein, die Anfechtung des Vertrags wegen solchen wie auch die Berufung auf Mängel der Kaufsache wären übrigens verspätet erfolgt.
C.- Das Bezirksgericht Zürich kam auf Grund eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens zum Schluss, dass die vom Beklagten gelieferte Furnierpresse wegen ihr anhaftender Konstruktionsmängel für den vorausgesetzten Gebrauch untauglich sei. Mit Rücksicht hierauf erklärte das Gericht die Berufung des Klägers auf Grundlagenirrtum als begründet, da die Brauchbarkeit der Maschine eine notwendige Grundlage des Kaufvertrages gebildet habe. Im weiteren nahm das Gericht auch Unverbindlichkeit des Vertrages wegen absichtlicher Täuschung des Klägers durch den Beklagten an. Ob dem Kläger auch noch kaufrechtliche Gewährrleistungsansprüche zu Gebote ständen, liess das Gericht dagegen offen. Demgemäss schützte das Bezirksgericht mit Urteil vom 22. Dezember 1955 die Klage, jedoch mit dem Zusatz, dass der Beklagte den Kaufpreis nur Zug um Zug gegen die unbeschwerte Herausgabe der Furnierpresse durch den Kläger zurückzuerstatten habe.
D.- ...
E.- Das Obergericht Zürich wies mit Urteil vom 17. Mai 1956 die Klage ab, im wesentlichen mit der folgenden Begründung: Eine absichtliche Täuschung des Klägers durch den Beklagten sei nicht nachgewiesen. Die Vorschriften über den Irrtum beim Vertragsschluss seien im Anwendungsbereich der kaufrechtlichen Bestimmungen über die Gewährleistung nicht anwendbar. Ansprüche aus Gewährrleistung aber könne der Kläger mangels rechtzeitiger Prüfung und Mängelrüge nicht geltend machen.
F.- Mit der vorliegenden Berufung hält der Kläger an seinem Klagebegehren fest.
Der Beklagte beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides, eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Vorinstanz hat dem Kläger die Befugnis zur Anrufung der Irrtumsvorschriften abgesprochen, weil für deren Anwendung neben den Bestimmungen über die Gewährrleistung für Mängel der Kaufsache kein Raum sei. Diese Auffassung geht fehl. Gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts stehen dem Käufer die beiden Rechtsbehelfe wahlweise zu Gebote, soweit ihre besonderen Voraussetzungen gegeben sind. Diese Rechtsprechung hat das Bundesgericht nach einlässlicher Prüfung insbesondere auch der in der Literatur dagegen vorgebrachten Einwendungen kürzlich erneut bestätigt (BGE 82 II 420 ff. Erw. 6). Es besteht daher auch im vorliegenden Fall kein Anlass, davon abzugehen.
2. Der Beklagte glaubt die Unverbindlichkeit des Kaufvertrages wegen Irrtums sei im vorliegenden Fall zu verneinen, weil die in Ziff. 8 der Lieferungsbedingungen vereinbarte Beschränkung der Garantiefrist auf 6 Monate zugleich eine vertragliche Abkürzung der Verwirkungsfrist des Art. 31 OR darstelle; diese Frist habe der Kläger unbenützt verstreichen lassen. Diese Ansicht ist jedoch irrtümlich. Die zeitliche Einschränkung der Gewährspflicht des Verkäufers durch Ziff. 8 der Lieferungsbedingungen stellt eine Nebenbestimmung des Kaufvertrages dar. Als solche steht und fällt sie mit dem Vertrag. Ist dieser wegen Irrtums für den Kläger unverbindlich, so fällt auch die darin enthaltene Sonderbestimmung über die Garantieleistung dahin.
Dasselbe gilt für den in der Berufungsantwort weiter eingenommenen Standpunkt, ein Grundlagenirrtum könne nicht bestehen, solange der Beklagte verpflichtet sei, die Mängel zu reparieren oder eine Ersatzmaschine zu liefern und solange er gemäss Vertrag zu nichts anderem verpflichtet werden könne, wie das hier gemäss Ziff. 8 der Lieferungsbedingungen der Fall sei. Der Kläger hätte nur behauptet, sich über die Tauglichkeit der Maschine geirrt zu haben, nicht aber auch darüber, dass er bei Untauglichkeit der Maschine darauf beschränkt sei, die Beseitigung der Mängel oder Lieferung einer Ersatzmaschine zu verlangen. Die Unbrauchbarkeit der Maschine sei also vertraglich geregelt; darüber habe sich der Kläger nicht geirrt. - Auch hier übersieht der Beklagte, dass der Vertrag mit allen darin enthaltenen Vereinbarungen dahinfällt, wenn er wegen Willensmangels unverbindlich, d.h. nicht gültig zustande gekommen ist.
3. Im weiteren ist zu prüfen, ob ein Grundlagenirrtum auf Seiten des Klägers vorlag.
a) Der Beklagte bestreitet einen solchen Irrtum. Er macht geltend, wenn er im Laufe der Kaufsunterhandlungen dem Kläger erklärt habe, die Presse sei für dessen Zwecke ideal und preislich wie wirtschaftlich sehr günstig, so habe es sich dabei entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht um eine Zusicherung, sondern lediglich um eine reklamehafte Anpreisung gehandelt. Allein der Irrtum des Klägers betraf nicht diese "Zusicherung", sondern bezog sich auf die Brauchbarkeit der Presse überhaupt, d.h. ihre Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauch. Diese muss der vom Beklagten gelieferten Presse aber abgesprochen werden. Das Obergericht hat unter Hinweis auf die Ausführungen des von der ersten Instanz zugezogenen Sachverständigen festgestellt, dass die Presse ungenügend sei und ein richtiges Arbeiten nicht gestatte, weshalb ihre Abnahme dem Kläger an sich nicht zugemutet werden könnte. Nach den erwähnten Ausführungen des Sachverständigen weist die Presse verschiedene im einzelnen beschriebene Konstruktionsmängel auf, die zur Folge haben, dass mit ihr nur mühsam und kümmerlich und auch nicht gefahrlos gearbeitet werden kann und dass das Arbeitsergebnis fortwährend gefährdet wird. Infolge der konstruktiven Mängel muss sodann auch mit einer übermässigen Abnützung der einzelnen Teile der Presse gerechnet werden, die zu einer raschen Verschlechterung ihrer Tauglichkeit und zu vorzeitiger Unbrauchbarkeit führen. Die Brauchbarkeit der Presse bildete aber eine notwendige Grundlage des Vertrages, die vom Kläger nach Treu und Glauben im Geschäftsleben als gegeben vorausgesetzt werden durfte und bei objektiver Betrachtung vom Standpunkt des loyalen Geschäftsverkehrs aus als unerlässlich erscheint. Der Irrtum des Klägers bildet daher einen Grundlagenirrtum im Sinne des Art. 24 Ziff. 4 OR, der geeignet war, die Unverbindlichkeit des Vertrags zu bewirken (vgl. hiezu BGE 82 II 424 Erw. 7 und dort erwähnte Entscheide) ...
4. Die Geltendmachung der Unverbindlichkeit des Vertrages durch den Kläger erfolgte innert der Frist des Art. 31 OR, d.h. innerhalb eines Jahres seit Entdeckung der Mängel der Maschine, welche den Tatbestand des Grundlagenirrtums begründet haben. Der Kläger hat die Anfechtungserklärung erstmals in rechtsgenüglicher Form im Schreiben seines Anwalts vom 21. Februar 1953 abgegeben. Da der Kläger die Maschine, wie nicht streitig ist, am 26. Februar 1952 in Betrieb nahm, steht fest, dass die Anfechtungserklärung vor Ablauf eines Jahres seit der Entdeckung des Irrtums erfolgte; denn diese war natürlich erst nach der Inbetriebnahme der Maschine möglich. In welchem Zeitpunkt zwischen dieser und der Anfechtungserklärung der Kläger seinen Irrtum entdeckte, kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben. Dass der Kläger den Vertrag in Kenntnis der Mängel je genehmigt hätte, muss aus den vom Bezirksgericht dargelegten Gründen verneint werden. Nicht bestritten ist schliesslich, dass die Rückforderung innerhalb eines Jahres seit der Entdeckung des Irrtums erfolgte (Art. 67 OR). Damit sind alle Voraussetzungen für die Unverbindlichkeit des streitigen Kaufvertrages nach Art. 24 OR erfüllt...
7. Die Klageforderung ist somit aus dem Gesichtspunkte der Unverbindlichkeit des Vertrages wegen Grundlagenirrtums zu schützen. Es erübrigt sich daher zu prüfen, ob der Vertrag auch wegen absichtlicher Täuschung des Klägers durch den Beklagten als unverbindlich anzusehen wäre, sowie ob nach Kaufsrecht auch die Voraussetzungen für eine Wandelung des Kaufes gegeben wären.
Zu entscheiden bleibt dagegen noch, ob die Klageforderung so wie eingeklagt gutzuheissen ist (Bezahlung von Fr. 9800.-- nebst Zins) oder nur mit dem vom Bezirksgericht beigefügten Zusatz, dass die Rückerstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen unbeschwerte Herausgabe der Furnierpresse durch den Kläger zu erfolgen habe.
Das Bezirksgericht hat diesen Zusatz, der die Zahlungspflicht des Beklagten an die Bedingung der Herausgabe der Presse durch den Kläger knüpft, in seinem Urteil nicht begründet. Es ging offensichtlich von der an sich richtigen Überlegung aus, dass wegen der Unverbindlichkeit des Kaufvertrages nicht nur die Zahlung, sondern auch die Übereignung des Kaufgegenstandes rechtlich grundlos erfolgt sei und dass deshalb in beiden Richtungen Rückleistungen zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erfolgen müssten.
Mit der Berufung verlangt der Kläger, wie schon mit seiner Anschlussappellation beim Obergericht, die Streichung dieses Zusatzes. Er macht geltend, die unbeschwerte Herausgabe Zug und Zug mit der Rückzahlung sei gemäss Formulierung der Streitfrage nicht Gegenstand des Prozesses. Diese Begründung ist unbehelflich; denn wenn die materielle Rechtslage das gebietet, so darf ein Rechtsbegehren auf unbedingte Leistung auch bloss beschränkt zugesprochen werden, sei es nur teilweise, sei es unter einer Modalität, wie z.B. unter einer Bedingung.
Im weiteren wendet der Kläger ein, der genannte Zusatz wirke sich rechtlich in unzulässiger Weise zu seinem Nachteil aus. Wenn nämlich der Vertrag unverbindlich sei, so sei der Beklagte Eigentümer der Maschine geblieben. Ausser der Forderung auf Rückzahlung des Kaufpreises habe jedoch der Kläger noch weitere Forderungen zu stellen, für die ihm ein Retentionsrecht zustehe. So habe er u.a. Ersatz für Miete zur Unterbringung der Maschine seit der Aufgabe seines Betriebes zu fordern und ferner weitere Forderungen geltend zu machen, welche nicht in diesem Verfahren zu behandeln seien.
Nun liesse sich allerdings die Auffassung vertreten, dass infolge der Unverbindlichkeit des Vertrages die beidseitigen Leistungen ohne Rechtsgrund erfolgten, was zur Folge habe, dass Forderungen aus ungerechtfertigter Bereicherung, allenfalls Vindikationsansprüche entstehen, die selbständiger Art und von einander unabhängig seien, weil die dem zweiseitig verpflichtenden Vertrag eigentümliche Verknüpfung der beidseitigen Leistungen infolge der Unverbindlichkeit des Vertrages nie entstanden und somit auch nach geltend gemachter Unverbindlichkeit nicht vorhanden sei. Damit würde jedoch der Tatsache nicht genügend Rechnung getragen, dass die grundlosen Leistungen wegen eines vermeintlich gültigen, zweiseitig verpflichtenden Vertrages gemacht wurden; daher ist die ursprüngliche Verknüpfung und Abhängigkeit der Leistungen auch in der Phase der Wiederherstellung des früheren Zustands, also bei der Rückerstattung, zu beachten. Das führt zur Verpflichtung zu Rückerstattung der Leistungen "Zug um Zug" (so auch VON TUHR/SIEGWART OR 1 S. 297 bei N. 38).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts Zürich, I. Zivilkammer, vom 17. Mai 1956 wird aufgehoben und der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Fr. 9800.-- samt 5% Zins seit 13. Februar 1952 zu bezahlen, Zug um Zug gegen unbeschwerte Herausgabe der Furnierpresse durch den Kläger.
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Annullabilità di un contratto viziato da errore, art. 23 sgg. CO. Le disposizioni relative all'errore e quelle che disciplinano la garanzia (art. 197 sgg. CO) sono applicabili alternativamente (consid. 1). Se il contratto di vendita è annullabile, cadono anche le sue disposizioni concernenti la garanzia (consid. 2).
Errore sugli elementi essenziali del contratto (art. 24 num. 4 CO) per aver erroneamente ritenuto che una macchina era utilizzabile (consid. 3 e 4).
Se un contratto bilaterale è invalido, le prestazioni reciproche devono essere restituite simultaneamente (consid. 7).
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83 II 180
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83 II 180
Sachverhalt ab Seite 182
A.- H., geboren 1914, ist der Sohn eines Rechtsanwalts, der das Leben eines angesehenen und wohlhabenden Mannes führte, aber 1952 schwer überschuldet aus dem Leben schied. Aus dem Nachlasskonkurs konnte für die Witwe nur ein Betrag von rund Fr. 53'000.-- als Frauengutsersatz gerettet werden, der innert zwei Jahren auf Fr. 15'000.-- zusammenschmolz, da die Familie es nicht verstand, sich den plötzlich veränderten Verhältnissen anzupassen. Der Sohn hatte sich auf Verlangen des Vaters dem Rechtsstudium widmen müssen, für das er sich nicht eignete, und dem er während voller dreizehn Jahre oblag, ohne das Doktorexamen bestehen zu können. Er hatte sich dann keine befriedigende Stellung zu erringen vermocht. Nach des Vaters Tode lebte die Familie aus weiterer Belastung der väterlichen Liegenschaft, Pfandbelehnung von Teppichen, Schmuck, Silbergeschirr usw. und geriet schliesslich in missliche Verhältnisse. Die Witwe stellte dann selber das Gesuch um Errichtung einer vom Bezirksrat W. am 11. Februar 1955 beschlossenen Vormundschaft im Sinne von Art. 372 ZGB über sie. Der Sohn wollte nach Bekleidung von Stellen mit einem andern zusammen die Fabrikation von Fleischkonserven aufnehmen und gründete die "Neue Konserven G.m.b.H.", für die er, nachdem die Mittel der Mutter aufgebraucht waren, weitere Geldgeber suchte. Indessen griff die Waisenkommission W. ein und stellte beim Bezirksrate den Antrag, H. in Anwendung von Art. 370 ZGB wegen Misswirtschaft und Liederlichkeit zu entmündigen, da er seit Jahren ein denkbar müssiges und arbeitsscheues Leben führe und an der Verschleuderung des mütterlichen Vermögens in erheblichem Masse mitbeteiligt sei. Der Bezirksrat W. beschloss am 16. September 1955 in dem von der Waisenkommission beantragten Sinne. Zum Vormunde war K. ernannt worden. Die Beschlüsse erwuchsen in Rechtskraft.
B.- Am 24. Mai 1956 beantragte der Vormund beim Waisenamt W. (Vormundschaftsbehörde) die unverzügliche Einweisung seines Mündels für die Dauer von drei Jahren in die Arbeitsanstalt Realta. Die Waisenkommission entsprach dem Antrage mit Beschluss vom 7. Juni 1956, und zwei Tage später wurde H. in die Anstalt verbracht.
C.- Ein Rekurs H's an den Bezirksrat W. hatte keinen Erfolg. Er zog dessen Entscheid an die kantonale Direktion der Justiz weiter, die eine bedingte Einweisung als ausreichende Massnahme bezeichnete und am 22. Oktober 1956 die Entlassung aus der Anstalt auf den Zeitpunkt verfügte, an dem für H. eine geeignete Anstellung und eine geeignete Unterkunft gefunden sein werde. Am 13. November 1956 wurde H. auf Weisung der Rekursbehörde auf freien Fuss gesetzt. Er arbeitet seither in der Neuen Konserven AG in W. Mit Verfügung vom 23. Februar 1957 entschied die Justizdirektion sodann über den Rekurs selbst, in dem Sinne, dass sie die vom Waisenamt angeordnete und vom Bezirksrat bestätigte Versorgung aufhob. Die Erwägungen stützen sich sowohl auf Art. 406 ZGB wie auch auf die Vorschriften des zürcherischen Versorgungsgesetzes vom 24. Mai 1925.
D.- Gegen die Verfügung der Justizdirektion hat K. als Vormund H's Nichtigkeitsbeschwerde im Sinne von Art. 68 Abs. 1 lit. a OG erhoben. Der Antrag geht auf Aufhebung der angefochtenen Verfügung und auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Beurteilung nach eidgenössischem statt nach kantonalem Recht, unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Zur Begründung der Beschwerde wird angebracht, die Justizdirektion habe die Zulässigkeit der Versorgung seines Mündels nicht, wie es richtig gewesen wäre, nur nach Art. 406 ZGB, sondern sozusagen ausschliesslich nach dem kantonalen Versorgungsgesetze geprüft; die eigentlichen Erwägungen des kantonalen Entscheides befassten sich mit diesem Gesetze, und der am Schluss beigefügte Satz: "Es fehlt ebenfalls an den Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 406 und 421 Ziff. 13 ZGB" erscheine als blosse Floskel.
E.- H. beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventuell sei sie abzuweisen; "unter K.u.E.F. zu lasten des Beschwerdeführers".
Die Direktion der Justiz trägt ihrerseits auf Abweisung der Beschwerde an.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nichtigkeitsbeschwerde ist nach Art. 68 OG zulässig gegen letztinstanzliche Entscheide kantonaler Behörden in Zivilsachen, die nicht nach Art. 44-46 OG der Berufung unterliegen.
a) Nach § 75 des zürcherischen EG zum ZGB ist gegen Direktionsverfügungen allgemein der Rekurs an den Regierungsrat zulässig. Die angefochtene Verfügung der Direktion der Justiz wäre danach nicht als letztinstanzliche, mit keinem ordentlichen Rechtsmittel weiterziehbare (vgl. Art. 48 OG) zu betrachten. Indessen entschied die erwähnte Direktion bereits als Aufsichtsbehörde zweiter Instanz nach dem Bezirksrat. Und mehr als zwei Instanzen der vormundschaftlichen Aufsichtsbehörde darf es nach Bundesrecht (Art. 361 ZGB) nicht geben, wie das Bundesgericht, anBGE 47 II 17,BGE 74 II 336undBGE 67 II 205anknüpfend, in BGE 82 II 206 entschieden hat. Somit widerspricht die Einführung einer dritten Instanz dem Bundesrecht, ist also unzulässig, und es kann ohne Rücksicht auf eine solche vom kantonalen Recht vorgesehene Erweiterung des Instanzenzuges bereits der Entscheid der zweiten Instanz (mit Berufung bzw. Nichtigkeitbeschwerde) an das Bundesgericht weitergezogen werden. Freilich gilt dies nur für Angelegenheiten, die kraft Bundesrechtes in die Zuständigkeit der vormundschaftlichen Behörden fallen, was im Fall der zuletzt angeführten Entscheidung nicht zutraf. Im vorliegenden Fall aber waren die vormundschaftlichen Behörden von Bundesrechts wegen zuständig, über die vom Vormund im Sinne von Art. 406 ZGB beantragte Massnahme zu entscheiden. Denn dafür war nach Art. 421 Ziff. 13 ZGB die Zustimmung der Vormundschaftsbehörde erforderlich, deren Verfügung der Beschwerde an die Aufsichtsbehörde nach Art. 420 Abs. 2 ZGB (mit allfälligem Vorbehalt der Weiterziehung an eine Aufsichtsbehörde zweiter Instanz nach kantonalem Recht gemäss Art. 361 Abs. 2 ZGB) unterlag. Mit dem Entscheid der Justizdirektion war somit der bundesrechtlich zulässige Instanzenzug erschöpft.
b) Es handelt sich nicht um eine Zivilrechtsstreitigkeit, d.h. einen Zivilprozess zwischen zwei gleichgestellten Rechtssubjekten. Vielmehr sind Vormund und vormundschaftliche Behörden kraft ihrer Amtsgewalt eingeschritten. Wohl aber gehört die Entscheidung über eine nach Art. 406 ZGB zu treffende vormundschaftsrechtliche Massnahme zu den Zivilsachen in dem für die Anwendung von Art. 68 OG massgebenden weitern Sinne. Dafür genügt es, dass die Vormundschaft eine Einrichtung des Zivilrechtes ist, und dass sich nach den Vorschriften des Zivilgesetzbuches bestimmt, was für Massnahmen die vormundschaftlichen Organe in bezug auf ein Mündel zu treffen haben (BGE 72 II 309Erw. 2 und 334 Erw. 1; BIRCHMEIER, Handbuch, N. 2a zu Art. 68 OG; KAUFMANN, N. 41 zu Art. 420 ZGB). Es steht nicht entgegen, dass sich das Verfahren vor kantonalen Verwaltungsbehörden abspielt (BGE 79 II 248/9).
Andere Zivilsachen als Zivilrechtsstreitigkeiten unterliegen nur in den vom Gesetze vorgesehenen Fällen dem umfassenden Rechtsmittel der Berufung. Vormundschaftliche Massnahmen im Sinne von Art. 405 oder 406 ZGB gehören nicht zu den in Art. 44 OG der Berufung unterstellten Fällen. Somit ist Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 OG zulässig, womit die Anwendung kantonalen statt eidgenössischen Rechtes, wie es in der vorliegenden Beschwerdeschrift geschieht, gerügt werden kann.
2. Der Beschwerdegegner verneint die Beschwerdelegitimation des Vormundes, die übrigens von Amtes wegen zu prüfen ist. Sie erscheint als zweifelhaft, wenn man die Vormundschaft lediglich als Amt betrachtet, bei dessen Ausübung der Vormund den vormundschaftlichen Behörden untersteht. Denn grundsätzlich ist ein Beamter oder eine Behörde nicht befugt, gegen Entscheidungen übergeordneter Behörden zu rekurrieren (vgl. FLEINER, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 5. Aufl., S. 224). Der Vormund hat jedoch, auch wenn er nicht als gesetzlicher Vertreter des Mündels auftritt, dessen Interessen zu wahren, und insbesondere darf die Unterbringung eines Mündels in einer Anstalt als vormundschaftliche Massnahme nach Art. 406 ZGB, im Gegensatz zu einer Versorgung auf behördlichen Befehl aus (armen-, gesundheits- oder sicherheits-) polizeilichen Gründen, nur zu Zwecken der Fürsorge, um des Mündels selbst willen, verfügt werden. Wird eine vom Vormund in diesem Sinn beantragte Massnahme von den vormundschaftlichen Behörden abgelehnt, so liegt es nahe, jenem ein Rekursrecht zur Geltendmachung der Interessen des Mündels zuzugestehen (und zwar auch eines urteilsfähigen Mündels, der selber rekurrieren könnte, jedoch in den meisten Fällen eine noch so sehr in seinem Interesse liegende Unterbringung in einer Anstalt mangels Einsicht oder guten Willens nicht wünscht und es daher bei einem sie ablehnenden Entscheide bewenden lassen möchte). In der Literatur wird denn auch die Beschwerdelegitimation des Vormundes durchwegs bejaht (vgl. EGGER, N. 18, und KAUFMANN, N. 16 zu Art. 420 ZGB; HESS, Die Vormundschaft nach Schweizer Recht, S. 114; BENZ in Das Vormundschaftsrecht, S. 95/96). Auch wenn man dem für die Beschwerde nach Art. 420 ZGB beistimmt, folgt daraus allerdings nicht ohne weiteres auch die Befugnis des Vormundes zur Anrufung des Bundesgerichts mit einem ausserordentlichen Rechtsmittel. Indessen mag dahingestellt bleiben, wie es sich mit der in Art. 88 OG eng umschriebenen Legitimation zu einer staatsrechtlichen Beschwerde gegen die hier angefochtene Verfügung verhalten würde. Die Nichtigkeitsbeschwerde in Zivilsachen (Art. 68 OG) lässt sich hinsichtlich der Legitimation der Berufung an die Seite stellen, und zur Ergreifung dieses Rechtsmittels ist in den ihm nach Art. 44 OG unterstehenden Zivilsachen auch die Behörde legitimiert, die am kantonalen Verfahren als Gegenpartei des Bürgers beteiligt war (vgl. die Rechtsprechung zur zivilrechtlichen Beschwerde nach Art. 86 des alten OG:BGE 50 II 95,BGE 56 II 345; ferner die von derselben Betrachtungsweise ausgehenden Entscheidungen zu Art. 44 des neuen OG: BGE 82 II 205 und 216 oben). Gleichermassen ist nun auch der Vormund als mit der Fürsorge für das Mündel betrautes vormundschaftliches Organ befugt, gegen die auf kantonales Recht gestützte Ablehnung einer von ihm im Sinne von Art. 406 ZGB beantragten Versorgung Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 Abs. 1 lit. a OG zu erheben.
3. Als Massnahme der vormundschaftlichen Fürsorge ist die Unterbringung einer mündigen Person in einer Anstalt von Art. 406 ZGB, also vom Bundesrecht, beherrscht. Dem kantonalen öffentlichen Recht bleibt aber die Internierung aus Gründen des öffentlichen Wohls, insbesondere der Armen-, der Gesundheits- und der Sicherheitspolizei, vorbehalten (Art. 6 ZGB). Es ist nicht Aufgabe des Vormundschaftsrechtes, diese öffentlichen Interesse zu wahren. Auch sind die vormundschaftlichen, um des Mündels willen, zu seinem Schutz und zu seiner Förderung (Nacherziehung usw.) zu treffenden Massnahmen nicht etwa geeignet, ein Einschreiten um der Öffentlichkeit willen von vornherein entbehrlich zu machen.
Bereits in BGE 46 II 212 und 344 wurde erklärt, eine dauernde Internierung, wie sie unter Umständen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und Moral geboten ist, könne nicht kraft Vormundschaftsrechts, sondern nur allenfalls nach kantonalem Verwaltungsrecht angeordnet werden, dem die Sorge für jene öffentlichen Interessen obliege. Ebenso anerkennen spätere Entscheidungen, dass die in mehreren Kantonen erlassenen Versorgungsgesetze gültig bestehen können; sie treten neben die Bestimmungen des ZGB über die Anstaltsversorgung als vormundschaftliche Massnahme. Denn eine Internierung auf Grund jener Gesetze beruht grossenteils auf andern, vom kantonalen Recht beherrschten Voraussetzungen und dient andern Zwecken; demgemäss kann sie auch nach Art und Dauer verschieden ausgestaltet sein (BGE 73 I 42).
Es bedeutet daher grundsätzlich keine unzulässige Anwendung kantonalen Rechtes, dass die kantonale Direktion der Justiz die Frage, ob H. in einer Arbeitsanstalt versorgt werden müsse, nicht nur nach eidgenössischem Vormundschaftsrecht, sondern auch nach kantonalem Verwaltungsrecht (nämlich nach dem zürcherischen Gesetz vom 24. Mai 1925 über die Versorgung von Jugendlichen, Verwahrlosten und Gewohnheitstrinkern) beurteilt hat. Ob dies im selben Verfahrensgang geschehen durfte und auch der Instanzenzug der nämliche war, muss als Frage des kantonalen Rechtes dahingestellt bleiben. Freilich läge der vom Vormund geltend gemachte Beschwerdegrund vor, wenn die kantonale Behörde die Voraussetzungen der Anstaltsverbringung nach Art. 406 ZGB bejaht, diese Massnahme dann aber dennoch abgelehnt hätte, weil sie nicht auch nach dem kantonalen Versorgungsgesetz geboten sei. Das wäre ein Übergriff des kantonalen Rechtes in das eidgenössische Recht, das die nach Art. 406 ZGB zu schützenden Privatinteressen des Mündels gewahrt wissen will, gleichgültig ob überdies öffentliche Interessen ein ähnliches Einschreiten gebieten oder nicht. Der kantonale Entscheid verneint jedoch sowohl die (private) Versorgungsbedürftigkeit H's ausdrücklich (am Ende von Erw. 1)
wie auch das Vorliegen öffentlichrechtlicher Gründe zu seiner Internierung nach dem kantonalen Gesetz. Dass die Direktion der Justiz den Zweck der in Art. 406 ZGB vorgesehenen Massnahmen, einem mündigen Bevormundeten Schutz und Beistand zu gewähren, richtig erkennt, geht aus dem Anfang der Erwägungen hervor, wo es heisst, der Vormund dürfe das Mündel mit Zustimmung der Vormundschaftsbehörde in einer Anstalt unterbringen, wenn diese Massnahme "fürsorgerisch notwendig" sei. Bereits der Bezirksrat hatte die "im Rahmen der vormundschaftlichen Fürsorge" dem Vormunde mit Zustimmung der Vormundschaftsbehörde zustehende Versorgung des Mündels "gemäss Art. 406 und 421 Ziff. 13 ZGB in Verbindung mit § 14 lit. b des kantonalen Versorgungsgesetzes" erwogen und ausgeführt:
"Erfolgt die Anstaltsunterbringung in erster Linie im Interesse des Bevormundeten und im Interesse Dritter nur insoweit, als dieses sich mit dem eigenen Interesse des Mündels deckt, so ist für die Einweisung Art. 406 ZGB massgeblich. Erfordert hingegen das öffentliche Interesse, dass der Bevormundete in einer Anstalt untergebracht wird, so ergeben sich die Voraussetzungen der Einweisung aus dem Versorgungsgesetz, wobei im Falle einer Einweisung in eine Arbeitsanstalt die §§ 5 ff. des Versorgungsgesetzes zur Anwendung gelangen (vgl.BGE 73 I 45ff.). Im vorliegenden Fall liegt die Anstaltsversorgung sowohl im Interesse des Bevormundeten selber als auch im öffentlichen Interesse, sodass sowohl die Voraussetzungen des Art. 406 ZGB als auch die Voraussetzungen der §§ 5 ff. des Versorgungsgesetzes erfüllt sein müssen."
Schon hier waren somit die beiden in Betracht fallenden Rechtsgrundlagen einer Anstaltsversorgung berücksichtigt worden. Unrichtig ist nur die im letzten Satz ausgesprochene Ansicht, wonach sowohl die vormundschafts- wie auch die öffentlichrechtlichen Voraussetzungen erfüllüllt sein müssten, um eine Versorgung zu rechtfertigen, während, wie bereits dargetan, eine nach dem eidgenössischen Zivilrecht (Vormundschaftsrecht) gebotene Massnahme auch dann zu treffen ist, wenn ihr nicht zugleich ein öffentliches Interesse und eine kantonalrechtliche Grundlage zur Seite steht. Doch ist nicht ersichtlich, dass die Direktion der Justiz sich darüber geirrt oder den Art. 406 ZGB nur als leere Floskel miterwähnt hätte. Beim Beschluss vom 22. Oktober 1956 über die vorläufige Entlassung aus der Anstalt hatte die Justizdirektion übrigens das Vormundschaftsrecht ebenfalls mitberücksichtigt, in folgender Weise: "Die Entlassung aus der Anstalt kann gemäss Art. 406 ZGB erst erfolgen, wenn dem Rekurrenten ein geeigneter Arbeitsplatz und eine geeignete Unterkunft beschafft sein werden. In Anwendung von § 46 EG zum ZGB, § 26 des Versorgungsgesetzes und Art. 406 ZGB verfügt. .."
Unter diesen Umständen ist die Begründung des angefochtenen Entscheides, was die Vernehmlassung der kantonalen Behörde zur Beschwerde vollends bestätigt, dahin zu verstehen, dass bei Prüfung der Voraussetzungen der vom Vormund beantragten Versorgung die beiden verschiedenen Rechtsgrundlagen jede für sich ins Auge gefasst worden sind, wiewohl sich die Erwägungen hauptsächlich über das kantonale Versorgungsgesetz aussprechen. Die kantonale Behörde war offenbar der Auffassung, mit der Verneinung von Arbeitsscheu und Liederlichkeit im Sinne des Versorgungsgesetzes sei festgestellt, dass es auch an der "Notwendigkeit" einer Versorgung zu Fürsorgezwecken gemäss Art. 406 ZGB, d.h. zu den Zwecken der nach Art. 370 ZGB errichteten Vormundschaft, fehle. Diese Entscheidung lässt sich unter dem Gesichtspunkt von Art. 68 Abs. 1 lit. a OG nicht beanstanden. Sie würdigt die gegebenen tatsächlichen Verhältnisse dahin, im vorliegenden Fall käme als Grund zu einer Versorgung aus Gründen des Vormundschaftsrechtes nur Arbeitsscheu oder Liederlichkeit des Mündels in Frage, und diese Begriffe seien im kantonalen Versorgungsrecht so ausgeprägt worden, wie auch das Vormundschaftsrecht sie verstehe. Somit wurde das kantonale Versorgungsrecht bei Anwendung von Art. 406 ZGB nur wie irgendwelche Rechtsliteratur zur Auslegung herangezogen. Wäre dem übrigens anders, hätte also die Justizdirektion ebenso wie der Vertreter des Beschwerdegegners (S. 7 der Beschwerdebeantwortung) angenommen, das kantonale Versorgungsgesetz könne die nach Art. 406 ZGB zu berücksichtigenden Versorgungstatbestände verbindlich festlegen ("Sofern ein kantonales Versorgungsgesetz besteht, hat dieses im administrativen Versorgungsverfahren selbständige Stellung und erfüllt im vormundschaftlichen Verfahren gleichzeitig die Aufgabe der Konkretisierung der Tatbestände, bei denen eine Versorgung überhaupt in Frage kommen kann"), so wäre zwar die Rüge begründet, das kantonale Versorgungsgesetz sei unzulässigerweise als eine die allgemein gefasste Norm des Art. 406 ZGB verbindlich "konkretisierende" und daher die vom Bundesrecht gewollte freie Auslegung ausschliessende kantonale Ordnung angewendet worden. Dennoch wäre auch in diesem Falle von einer Aufhebung des angefochtenen Entscheids abzusehen. Die kantonale Behörde stellt fest, nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens lasse sich weder der ernsthafte Charakter der Tätigkeit H's noch seine Bereitschaft zu regelmässiger Arbeitsleistung verneinen; ferner habe er sich nicht, wie ihm vorgeworfen wurde, von seiner Mutter aushalten lassen, sondern sie monatlich mit etwa Fr. 100.-- unterstützt. Der Entscheid sieht auch in H's Widerspenstigkeit und in seinem Trotz gegen behördliche Anordnungen keinen Grund zu einschneidenden Massnahmen, da sich dieses Verhalten daraus erkläre, dass er sich nur schwer mit der Tatsache des verlorenen Familienglanzes abfinden könne. Unter diesen Umständen würde die kantonale Behörde, zur Entscheidung unter dem alleinigen Gesichtspunkt des Art. 406 ZGB veranlasst, zweifellos die vom Vormund beantragte Unterbringung des Mündels in einer Anstalt neuerdings ablehnen, und dabei müsste es sein Bewenden haben, da ein ordentliches Rechtsmittel nicht gegeben wäre. Dem Beschwerdeantrag könnte somit selbst dann nicht entsprochen werden, wenn der gerügte Beschwerdegrund vorläge, was nach dem Gesagten nicht zutrifft.
4. Dem mit der Beschwerde unterliegenden Vormund sind für das bundesgerichtliche Verfahren keine Gerichtskosten aufzuerlegen, und er ist auch zu keiner Prozessentschädigung an den Beschwerdegegner zu verpflichten. Es rechtfertigt sich, Art. 156 Abs. 2 und in Verbindung damit auch Art. 159 Abs. 5 OG analog anzuwenden, da der Vormund bei Verfechtung eines von ihm gemäss Art. 406 ZGB gestellten Antrages zwar nicht namens oder im unmittelbaren Interesse des Gemeinwesens (Gemeinde oder Kanton), aber doch in Ausübung eines ihm von Gemeinde- oder Kantonsbehörden verliehenen Amtes, also nicht in eigener Sache, handelt. Es kommt auch nicht in Frage, mit Gerichtskosten das Mündel zu belasten, in dessen Interesse die Beschwerde geführt wurde. Denn prozessual erscheint das Mündel als obsiegende Gegenpartei des Vormundes; unter diesen Umständen besteht keine gesetzliche Grundlage zu einer solchen Belastung des Mündelvermögens. In gleicher Weise wurde denn auch die Kostenfrage schon in mehreren Entscheidungen betreffend ungerechtfertigte Verweigerung des Ehekonsenses durch den Vormund (Art. 99 ZGB) gelöst (vgl. die nicht veröffentlichten Urteile der II. Zivilabteilung vom 22. September 1920 i.S. Herzog, vom 14. Mai 1924 i.S. Schraner und vom 20. Juni 1940 i.S. Lehmann).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.- Die Gerichtskosten fallen ausser Ansatz, und es wird keine aussergerichtliche Entschädigung zugesprochen.
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de
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Vom Vormund beantragte Unterbringung des Mündels in einer Anstalt (Art. 406/421 Ziff. 13 ZGB). 1. Zulässigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 OG gegen den Entscheid der zweitinstanzlichen kantonalen Aufsichtsbehörde. a) Diese urteilt kraft Bundesrechtes (Art. 361 ZGB)als letzte kantonale Instanz (Erw. 1, a). b) Es handelt sich um eine nicht der Berufung nach Art. 43 ff. OG unterliegende Zivilsache (Erw. 1, b).
2. Legitimation des Vormundes zur Anfechtung des Entscheides, der die von ihm beantragte Massnahme ablehnt (Erw. 2).
3. Gründe zur Unterbringung eines Bevormundeten in eine Anstalt.
a) Gründe der vormundschaftlichen Fürsorge (Art. 406 ZGB);
b) Gründe des öffentlichen Wohls (nach kantonalem öffentlichem Recht).
Ist die Massnahme nach Art. 406 ZGB gerechtfertigt, so darf sie nicht deshalb abgelehnt werden, weil nicht ausserdem Gründe des öffentlichen Wohles sie gebieten. Ferner dürfen die Vorschriften kantonaler Versorgungsgesetze nicht als verbindliche Regeln für die Auslegung von Art. 406 ZGB erachtet werden (Erw. 3).
4. Der mit der Beschwerde unterliegende Vormund ist nicht kosten- und entschädigungspflichtig. Analoge Anwendung von Art. 156 Abs. 2 und Art. 159 Abs. 5 OG (Erw. 4).
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de
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civil law
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II
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-II-180%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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83 II 180
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83 II 180
Sachverhalt ab Seite 182
A.- H., geboren 1914, ist der Sohn eines Rechtsanwalts, der das Leben eines angesehenen und wohlhabenden Mannes führte, aber 1952 schwer überschuldet aus dem Leben schied. Aus dem Nachlasskonkurs konnte für die Witwe nur ein Betrag von rund Fr. 53'000.-- als Frauengutsersatz gerettet werden, der innert zwei Jahren auf Fr. 15'000.-- zusammenschmolz, da die Familie es nicht verstand, sich den plötzlich veränderten Verhältnissen anzupassen. Der Sohn hatte sich auf Verlangen des Vaters dem Rechtsstudium widmen müssen, für das er sich nicht eignete, und dem er während voller dreizehn Jahre oblag, ohne das Doktorexamen bestehen zu können. Er hatte sich dann keine befriedigende Stellung zu erringen vermocht. Nach des Vaters Tode lebte die Familie aus weiterer Belastung der väterlichen Liegenschaft, Pfandbelehnung von Teppichen, Schmuck, Silbergeschirr usw. und geriet schliesslich in missliche Verhältnisse. Die Witwe stellte dann selber das Gesuch um Errichtung einer vom Bezirksrat W. am 11. Februar 1955 beschlossenen Vormundschaft im Sinne von Art. 372 ZGB über sie. Der Sohn wollte nach Bekleidung von Stellen mit einem andern zusammen die Fabrikation von Fleischkonserven aufnehmen und gründete die "Neue Konserven G.m.b.H.", für die er, nachdem die Mittel der Mutter aufgebraucht waren, weitere Geldgeber suchte. Indessen griff die Waisenkommission W. ein und stellte beim Bezirksrate den Antrag, H. in Anwendung von Art. 370 ZGB wegen Misswirtschaft und Liederlichkeit zu entmündigen, da er seit Jahren ein denkbar müssiges und arbeitsscheues Leben führe und an der Verschleuderung des mütterlichen Vermögens in erheblichem Masse mitbeteiligt sei. Der Bezirksrat W. beschloss am 16. September 1955 in dem von der Waisenkommission beantragten Sinne. Zum Vormunde war K. ernannt worden. Die Beschlüsse erwuchsen in Rechtskraft.
B.- Am 24. Mai 1956 beantragte der Vormund beim Waisenamt W. (Vormundschaftsbehörde) die unverzügliche Einweisung seines Mündels für die Dauer von drei Jahren in die Arbeitsanstalt Realta. Die Waisenkommission entsprach dem Antrage mit Beschluss vom 7. Juni 1956, und zwei Tage später wurde H. in die Anstalt verbracht.
C.- Ein Rekurs H's an den Bezirksrat W. hatte keinen Erfolg. Er zog dessen Entscheid an die kantonale Direktion der Justiz weiter, die eine bedingte Einweisung als ausreichende Massnahme bezeichnete und am 22. Oktober 1956 die Entlassung aus der Anstalt auf den Zeitpunkt verfügte, an dem für H. eine geeignete Anstellung und eine geeignete Unterkunft gefunden sein werde. Am 13. November 1956 wurde H. auf Weisung der Rekursbehörde auf freien Fuss gesetzt. Er arbeitet seither in der Neuen Konserven AG in W. Mit Verfügung vom 23. Februar 1957 entschied die Justizdirektion sodann über den Rekurs selbst, in dem Sinne, dass sie die vom Waisenamt angeordnete und vom Bezirksrat bestätigte Versorgung aufhob. Die Erwägungen stützen sich sowohl auf Art. 406 ZGB wie auch auf die Vorschriften des zürcherischen Versorgungsgesetzes vom 24. Mai 1925.
D.- Gegen die Verfügung der Justizdirektion hat K. als Vormund H's Nichtigkeitsbeschwerde im Sinne von Art. 68 Abs. 1 lit. a OG erhoben. Der Antrag geht auf Aufhebung der angefochtenen Verfügung und auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Beurteilung nach eidgenössischem statt nach kantonalem Recht, unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Zur Begründung der Beschwerde wird angebracht, die Justizdirektion habe die Zulässigkeit der Versorgung seines Mündels nicht, wie es richtig gewesen wäre, nur nach Art. 406 ZGB, sondern sozusagen ausschliesslich nach dem kantonalen Versorgungsgesetze geprüft; die eigentlichen Erwägungen des kantonalen Entscheides befassten sich mit diesem Gesetze, und der am Schluss beigefügte Satz: "Es fehlt ebenfalls an den Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 406 und 421 Ziff. 13 ZGB" erscheine als blosse Floskel.
E.- H. beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventuell sei sie abzuweisen; "unter K.u.E.F. zu lasten des Beschwerdeführers".
Die Direktion der Justiz trägt ihrerseits auf Abweisung der Beschwerde an.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nichtigkeitsbeschwerde ist nach Art. 68 OG zulässig gegen letztinstanzliche Entscheide kantonaler Behörden in Zivilsachen, die nicht nach Art. 44-46 OG der Berufung unterliegen.
a) Nach § 75 des zürcherischen EG zum ZGB ist gegen Direktionsverfügungen allgemein der Rekurs an den Regierungsrat zulässig. Die angefochtene Verfügung der Direktion der Justiz wäre danach nicht als letztinstanzliche, mit keinem ordentlichen Rechtsmittel weiterziehbare (vgl. Art. 48 OG) zu betrachten. Indessen entschied die erwähnte Direktion bereits als Aufsichtsbehörde zweiter Instanz nach dem Bezirksrat. Und mehr als zwei Instanzen der vormundschaftlichen Aufsichtsbehörde darf es nach Bundesrecht (Art. 361 ZGB) nicht geben, wie das Bundesgericht, anBGE 47 II 17,BGE 74 II 336undBGE 67 II 205anknüpfend, in BGE 82 II 206 entschieden hat. Somit widerspricht die Einführung einer dritten Instanz dem Bundesrecht, ist also unzulässig, und es kann ohne Rücksicht auf eine solche vom kantonalen Recht vorgesehene Erweiterung des Instanzenzuges bereits der Entscheid der zweiten Instanz (mit Berufung bzw. Nichtigkeitbeschwerde) an das Bundesgericht weitergezogen werden. Freilich gilt dies nur für Angelegenheiten, die kraft Bundesrechtes in die Zuständigkeit der vormundschaftlichen Behörden fallen, was im Fall der zuletzt angeführten Entscheidung nicht zutraf. Im vorliegenden Fall aber waren die vormundschaftlichen Behörden von Bundesrechts wegen zuständig, über die vom Vormund im Sinne von Art. 406 ZGB beantragte Massnahme zu entscheiden. Denn dafür war nach Art. 421 Ziff. 13 ZGB die Zustimmung der Vormundschaftsbehörde erforderlich, deren Verfügung der Beschwerde an die Aufsichtsbehörde nach Art. 420 Abs. 2 ZGB (mit allfälligem Vorbehalt der Weiterziehung an eine Aufsichtsbehörde zweiter Instanz nach kantonalem Recht gemäss Art. 361 Abs. 2 ZGB) unterlag. Mit dem Entscheid der Justizdirektion war somit der bundesrechtlich zulässige Instanzenzug erschöpft.
b) Es handelt sich nicht um eine Zivilrechtsstreitigkeit, d.h. einen Zivilprozess zwischen zwei gleichgestellten Rechtssubjekten. Vielmehr sind Vormund und vormundschaftliche Behörden kraft ihrer Amtsgewalt eingeschritten. Wohl aber gehört die Entscheidung über eine nach Art. 406 ZGB zu treffende vormundschaftsrechtliche Massnahme zu den Zivilsachen in dem für die Anwendung von Art. 68 OG massgebenden weitern Sinne. Dafür genügt es, dass die Vormundschaft eine Einrichtung des Zivilrechtes ist, und dass sich nach den Vorschriften des Zivilgesetzbuches bestimmt, was für Massnahmen die vormundschaftlichen Organe in bezug auf ein Mündel zu treffen haben (BGE 72 II 309Erw. 2 und 334 Erw. 1; BIRCHMEIER, Handbuch, N. 2a zu Art. 68 OG; KAUFMANN, N. 41 zu Art. 420 ZGB). Es steht nicht entgegen, dass sich das Verfahren vor kantonalen Verwaltungsbehörden abspielt (BGE 79 II 248/9).
Andere Zivilsachen als Zivilrechtsstreitigkeiten unterliegen nur in den vom Gesetze vorgesehenen Fällen dem umfassenden Rechtsmittel der Berufung. Vormundschaftliche Massnahmen im Sinne von Art. 405 oder 406 ZGB gehören nicht zu den in Art. 44 OG der Berufung unterstellten Fällen. Somit ist Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 OG zulässig, womit die Anwendung kantonalen statt eidgenössischen Rechtes, wie es in der vorliegenden Beschwerdeschrift geschieht, gerügt werden kann.
2. Der Beschwerdegegner verneint die Beschwerdelegitimation des Vormundes, die übrigens von Amtes wegen zu prüfen ist. Sie erscheint als zweifelhaft, wenn man die Vormundschaft lediglich als Amt betrachtet, bei dessen Ausübung der Vormund den vormundschaftlichen Behörden untersteht. Denn grundsätzlich ist ein Beamter oder eine Behörde nicht befugt, gegen Entscheidungen übergeordneter Behörden zu rekurrieren (vgl. FLEINER, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 5. Aufl., S. 224). Der Vormund hat jedoch, auch wenn er nicht als gesetzlicher Vertreter des Mündels auftritt, dessen Interessen zu wahren, und insbesondere darf die Unterbringung eines Mündels in einer Anstalt als vormundschaftliche Massnahme nach Art. 406 ZGB, im Gegensatz zu einer Versorgung auf behördlichen Befehl aus (armen-, gesundheits- oder sicherheits-) polizeilichen Gründen, nur zu Zwecken der Fürsorge, um des Mündels selbst willen, verfügt werden. Wird eine vom Vormund in diesem Sinn beantragte Massnahme von den vormundschaftlichen Behörden abgelehnt, so liegt es nahe, jenem ein Rekursrecht zur Geltendmachung der Interessen des Mündels zuzugestehen (und zwar auch eines urteilsfähigen Mündels, der selber rekurrieren könnte, jedoch in den meisten Fällen eine noch so sehr in seinem Interesse liegende Unterbringung in einer Anstalt mangels Einsicht oder guten Willens nicht wünscht und es daher bei einem sie ablehnenden Entscheide bewenden lassen möchte). In der Literatur wird denn auch die Beschwerdelegitimation des Vormundes durchwegs bejaht (vgl. EGGER, N. 18, und KAUFMANN, N. 16 zu Art. 420 ZGB; HESS, Die Vormundschaft nach Schweizer Recht, S. 114; BENZ in Das Vormundschaftsrecht, S. 95/96). Auch wenn man dem für die Beschwerde nach Art. 420 ZGB beistimmt, folgt daraus allerdings nicht ohne weiteres auch die Befugnis des Vormundes zur Anrufung des Bundesgerichts mit einem ausserordentlichen Rechtsmittel. Indessen mag dahingestellt bleiben, wie es sich mit der in Art. 88 OG eng umschriebenen Legitimation zu einer staatsrechtlichen Beschwerde gegen die hier angefochtene Verfügung verhalten würde. Die Nichtigkeitsbeschwerde in Zivilsachen (Art. 68 OG) lässt sich hinsichtlich der Legitimation der Berufung an die Seite stellen, und zur Ergreifung dieses Rechtsmittels ist in den ihm nach Art. 44 OG unterstehenden Zivilsachen auch die Behörde legitimiert, die am kantonalen Verfahren als Gegenpartei des Bürgers beteiligt war (vgl. die Rechtsprechung zur zivilrechtlichen Beschwerde nach Art. 86 des alten OG:BGE 50 II 95,BGE 56 II 345; ferner die von derselben Betrachtungsweise ausgehenden Entscheidungen zu Art. 44 des neuen OG: BGE 82 II 205 und 216 oben). Gleichermassen ist nun auch der Vormund als mit der Fürsorge für das Mündel betrautes vormundschaftliches Organ befugt, gegen die auf kantonales Recht gestützte Ablehnung einer von ihm im Sinne von Art. 406 ZGB beantragten Versorgung Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 Abs. 1 lit. a OG zu erheben.
3. Als Massnahme der vormundschaftlichen Fürsorge ist die Unterbringung einer mündigen Person in einer Anstalt von Art. 406 ZGB, also vom Bundesrecht, beherrscht. Dem kantonalen öffentlichen Recht bleibt aber die Internierung aus Gründen des öffentlichen Wohls, insbesondere der Armen-, der Gesundheits- und der Sicherheitspolizei, vorbehalten (Art. 6 ZGB). Es ist nicht Aufgabe des Vormundschaftsrechtes, diese öffentlichen Interesse zu wahren. Auch sind die vormundschaftlichen, um des Mündels willen, zu seinem Schutz und zu seiner Förderung (Nacherziehung usw.) zu treffenden Massnahmen nicht etwa geeignet, ein Einschreiten um der Öffentlichkeit willen von vornherein entbehrlich zu machen.
Bereits in BGE 46 II 212 und 344 wurde erklärt, eine dauernde Internierung, wie sie unter Umständen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und Moral geboten ist, könne nicht kraft Vormundschaftsrechts, sondern nur allenfalls nach kantonalem Verwaltungsrecht angeordnet werden, dem die Sorge für jene öffentlichen Interessen obliege. Ebenso anerkennen spätere Entscheidungen, dass die in mehreren Kantonen erlassenen Versorgungsgesetze gültig bestehen können; sie treten neben die Bestimmungen des ZGB über die Anstaltsversorgung als vormundschaftliche Massnahme. Denn eine Internierung auf Grund jener Gesetze beruht grossenteils auf andern, vom kantonalen Recht beherrschten Voraussetzungen und dient andern Zwecken; demgemäss kann sie auch nach Art und Dauer verschieden ausgestaltet sein (BGE 73 I 42).
Es bedeutet daher grundsätzlich keine unzulässige Anwendung kantonalen Rechtes, dass die kantonale Direktion der Justiz die Frage, ob H. in einer Arbeitsanstalt versorgt werden müsse, nicht nur nach eidgenössischem Vormundschaftsrecht, sondern auch nach kantonalem Verwaltungsrecht (nämlich nach dem zürcherischen Gesetz vom 24. Mai 1925 über die Versorgung von Jugendlichen, Verwahrlosten und Gewohnheitstrinkern) beurteilt hat. Ob dies im selben Verfahrensgang geschehen durfte und auch der Instanzenzug der nämliche war, muss als Frage des kantonalen Rechtes dahingestellt bleiben. Freilich läge der vom Vormund geltend gemachte Beschwerdegrund vor, wenn die kantonale Behörde die Voraussetzungen der Anstaltsverbringung nach Art. 406 ZGB bejaht, diese Massnahme dann aber dennoch abgelehnt hätte, weil sie nicht auch nach dem kantonalen Versorgungsgesetz geboten sei. Das wäre ein Übergriff des kantonalen Rechtes in das eidgenössische Recht, das die nach Art. 406 ZGB zu schützenden Privatinteressen des Mündels gewahrt wissen will, gleichgültig ob überdies öffentliche Interessen ein ähnliches Einschreiten gebieten oder nicht. Der kantonale Entscheid verneint jedoch sowohl die (private) Versorgungsbedürftigkeit H's ausdrücklich (am Ende von Erw. 1)
wie auch das Vorliegen öffentlichrechtlicher Gründe zu seiner Internierung nach dem kantonalen Gesetz. Dass die Direktion der Justiz den Zweck der in Art. 406 ZGB vorgesehenen Massnahmen, einem mündigen Bevormundeten Schutz und Beistand zu gewähren, richtig erkennt, geht aus dem Anfang der Erwägungen hervor, wo es heisst, der Vormund dürfe das Mündel mit Zustimmung der Vormundschaftsbehörde in einer Anstalt unterbringen, wenn diese Massnahme "fürsorgerisch notwendig" sei. Bereits der Bezirksrat hatte die "im Rahmen der vormundschaftlichen Fürsorge" dem Vormunde mit Zustimmung der Vormundschaftsbehörde zustehende Versorgung des Mündels "gemäss Art. 406 und 421 Ziff. 13 ZGB in Verbindung mit § 14 lit. b des kantonalen Versorgungsgesetzes" erwogen und ausgeführt:
"Erfolgt die Anstaltsunterbringung in erster Linie im Interesse des Bevormundeten und im Interesse Dritter nur insoweit, als dieses sich mit dem eigenen Interesse des Mündels deckt, so ist für die Einweisung Art. 406 ZGB massgeblich. Erfordert hingegen das öffentliche Interesse, dass der Bevormundete in einer Anstalt untergebracht wird, so ergeben sich die Voraussetzungen der Einweisung aus dem Versorgungsgesetz, wobei im Falle einer Einweisung in eine Arbeitsanstalt die §§ 5 ff. des Versorgungsgesetzes zur Anwendung gelangen (vgl.BGE 73 I 45ff.). Im vorliegenden Fall liegt die Anstaltsversorgung sowohl im Interesse des Bevormundeten selber als auch im öffentlichen Interesse, sodass sowohl die Voraussetzungen des Art. 406 ZGB als auch die Voraussetzungen der §§ 5 ff. des Versorgungsgesetzes erfüllt sein müssen."
Schon hier waren somit die beiden in Betracht fallenden Rechtsgrundlagen einer Anstaltsversorgung berücksichtigt worden. Unrichtig ist nur die im letzten Satz ausgesprochene Ansicht, wonach sowohl die vormundschafts- wie auch die öffentlichrechtlichen Voraussetzungen erfüllüllt sein müssten, um eine Versorgung zu rechtfertigen, während, wie bereits dargetan, eine nach dem eidgenössischen Zivilrecht (Vormundschaftsrecht) gebotene Massnahme auch dann zu treffen ist, wenn ihr nicht zugleich ein öffentliches Interesse und eine kantonalrechtliche Grundlage zur Seite steht. Doch ist nicht ersichtlich, dass die Direktion der Justiz sich darüber geirrt oder den Art. 406 ZGB nur als leere Floskel miterwähnt hätte. Beim Beschluss vom 22. Oktober 1956 über die vorläufige Entlassung aus der Anstalt hatte die Justizdirektion übrigens das Vormundschaftsrecht ebenfalls mitberücksichtigt, in folgender Weise: "Die Entlassung aus der Anstalt kann gemäss Art. 406 ZGB erst erfolgen, wenn dem Rekurrenten ein geeigneter Arbeitsplatz und eine geeignete Unterkunft beschafft sein werden. In Anwendung von § 46 EG zum ZGB, § 26 des Versorgungsgesetzes und Art. 406 ZGB verfügt. .."
Unter diesen Umständen ist die Begründung des angefochtenen Entscheides, was die Vernehmlassung der kantonalen Behörde zur Beschwerde vollends bestätigt, dahin zu verstehen, dass bei Prüfung der Voraussetzungen der vom Vormund beantragten Versorgung die beiden verschiedenen Rechtsgrundlagen jede für sich ins Auge gefasst worden sind, wiewohl sich die Erwägungen hauptsächlich über das kantonale Versorgungsgesetz aussprechen. Die kantonale Behörde war offenbar der Auffassung, mit der Verneinung von Arbeitsscheu und Liederlichkeit im Sinne des Versorgungsgesetzes sei festgestellt, dass es auch an der "Notwendigkeit" einer Versorgung zu Fürsorgezwecken gemäss Art. 406 ZGB, d.h. zu den Zwecken der nach Art. 370 ZGB errichteten Vormundschaft, fehle. Diese Entscheidung lässt sich unter dem Gesichtspunkt von Art. 68 Abs. 1 lit. a OG nicht beanstanden. Sie würdigt die gegebenen tatsächlichen Verhältnisse dahin, im vorliegenden Fall käme als Grund zu einer Versorgung aus Gründen des Vormundschaftsrechtes nur Arbeitsscheu oder Liederlichkeit des Mündels in Frage, und diese Begriffe seien im kantonalen Versorgungsrecht so ausgeprägt worden, wie auch das Vormundschaftsrecht sie verstehe. Somit wurde das kantonale Versorgungsrecht bei Anwendung von Art. 406 ZGB nur wie irgendwelche Rechtsliteratur zur Auslegung herangezogen. Wäre dem übrigens anders, hätte also die Justizdirektion ebenso wie der Vertreter des Beschwerdegegners (S. 7 der Beschwerdebeantwortung) angenommen, das kantonale Versorgungsgesetz könne die nach Art. 406 ZGB zu berücksichtigenden Versorgungstatbestände verbindlich festlegen ("Sofern ein kantonales Versorgungsgesetz besteht, hat dieses im administrativen Versorgungsverfahren selbständige Stellung und erfüllt im vormundschaftlichen Verfahren gleichzeitig die Aufgabe der Konkretisierung der Tatbestände, bei denen eine Versorgung überhaupt in Frage kommen kann"), so wäre zwar die Rüge begründet, das kantonale Versorgungsgesetz sei unzulässigerweise als eine die allgemein gefasste Norm des Art. 406 ZGB verbindlich "konkretisierende" und daher die vom Bundesrecht gewollte freie Auslegung ausschliessende kantonale Ordnung angewendet worden. Dennoch wäre auch in diesem Falle von einer Aufhebung des angefochtenen Entscheids abzusehen. Die kantonale Behörde stellt fest, nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens lasse sich weder der ernsthafte Charakter der Tätigkeit H's noch seine Bereitschaft zu regelmässiger Arbeitsleistung verneinen; ferner habe er sich nicht, wie ihm vorgeworfen wurde, von seiner Mutter aushalten lassen, sondern sie monatlich mit etwa Fr. 100.-- unterstützt. Der Entscheid sieht auch in H's Widerspenstigkeit und in seinem Trotz gegen behördliche Anordnungen keinen Grund zu einschneidenden Massnahmen, da sich dieses Verhalten daraus erkläre, dass er sich nur schwer mit der Tatsache des verlorenen Familienglanzes abfinden könne. Unter diesen Umständen würde die kantonale Behörde, zur Entscheidung unter dem alleinigen Gesichtspunkt des Art. 406 ZGB veranlasst, zweifellos die vom Vormund beantragte Unterbringung des Mündels in einer Anstalt neuerdings ablehnen, und dabei müsste es sein Bewenden haben, da ein ordentliches Rechtsmittel nicht gegeben wäre. Dem Beschwerdeantrag könnte somit selbst dann nicht entsprochen werden, wenn der gerügte Beschwerdegrund vorläge, was nach dem Gesagten nicht zutrifft.
4. Dem mit der Beschwerde unterliegenden Vormund sind für das bundesgerichtliche Verfahren keine Gerichtskosten aufzuerlegen, und er ist auch zu keiner Prozessentschädigung an den Beschwerdegegner zu verpflichten. Es rechtfertigt sich, Art. 156 Abs. 2 und in Verbindung damit auch Art. 159 Abs. 5 OG analog anzuwenden, da der Vormund bei Verfechtung eines von ihm gemäss Art. 406 ZGB gestellten Antrages zwar nicht namens oder im unmittelbaren Interesse des Gemeinwesens (Gemeinde oder Kanton), aber doch in Ausübung eines ihm von Gemeinde- oder Kantonsbehörden verliehenen Amtes, also nicht in eigener Sache, handelt. Es kommt auch nicht in Frage, mit Gerichtskosten das Mündel zu belasten, in dessen Interesse die Beschwerde geführt wurde. Denn prozessual erscheint das Mündel als obsiegende Gegenpartei des Vormundes; unter diesen Umständen besteht keine gesetzliche Grundlage zu einer solchen Belastung des Mündelvermögens. In gleicher Weise wurde denn auch die Kostenfrage schon in mehreren Entscheidungen betreffend ungerechtfertigte Verweigerung des Ehekonsenses durch den Vormund (Art. 99 ZGB) gelöst (vgl. die nicht veröffentlichten Urteile der II. Zivilabteilung vom 22. September 1920 i.S. Herzog, vom 14. Mai 1924 i.S. Schraner und vom 20. Juni 1940 i.S. Lehmann).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.- Die Gerichtskosten fallen ausser Ansatz, und es wird keine aussergerichtliche Entschädigung zugesprochen.
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Placement du pupille dans un établissement à la requête du tuteur (Art. 406/421 ch. 13 CC). 1. Recevabilité du recours en nullité de l'art. 68 OJ contre une décision de l'autorité de surveillance cantonale de seconde instance. a) Celle-ci juge en vertu du droit fédéral (art. 361 CC) comme dernière juridiction cantonale (consid. 1, a). b) Il s'agit d'une affaire civile qui ne peut être l'objet du recours en réforme des art. 43 ss OJ (consid. 1, b).
2. Qualité du tuteur pour attaquer la décision refusant d'ordonner la mesure qu'il demande (consid. 2).
3. Motifs pouvant conduire à placer un pupille dans un établissement.
a) Motifs relevant des soins personnels que réclame le pupille (art. 406 CC).
b) Motifs relevant du bien public (d'après le droit public cantonal).
Si la mesure est justifiée au regard de l'art. 406 CC, elle ne saurait être refusée sous prétexte qu'elle n'est pas commandée en outre par des raisons tenant au bien public. De plus, les prescriptions contenues dans la législation cantonale sur l'internement ne doivent pas être considérées comme des règles obligatoires pour l'interprétation de l'art. 406 CC (consid. 3).
4. Le tuteur dont le recours est rejeté n'est pas tenu au paiement de frais et de dépens. Application par analogie des art. 156 al. 2 et 159 al. 5 OJ (consid. 4).
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Sachverhalt ab Seite 182
A.- H., geboren 1914, ist der Sohn eines Rechtsanwalts, der das Leben eines angesehenen und wohlhabenden Mannes führte, aber 1952 schwer überschuldet aus dem Leben schied. Aus dem Nachlasskonkurs konnte für die Witwe nur ein Betrag von rund Fr. 53'000.-- als Frauengutsersatz gerettet werden, der innert zwei Jahren auf Fr. 15'000.-- zusammenschmolz, da die Familie es nicht verstand, sich den plötzlich veränderten Verhältnissen anzupassen. Der Sohn hatte sich auf Verlangen des Vaters dem Rechtsstudium widmen müssen, für das er sich nicht eignete, und dem er während voller dreizehn Jahre oblag, ohne das Doktorexamen bestehen zu können. Er hatte sich dann keine befriedigende Stellung zu erringen vermocht. Nach des Vaters Tode lebte die Familie aus weiterer Belastung der väterlichen Liegenschaft, Pfandbelehnung von Teppichen, Schmuck, Silbergeschirr usw. und geriet schliesslich in missliche Verhältnisse. Die Witwe stellte dann selber das Gesuch um Errichtung einer vom Bezirksrat W. am 11. Februar 1955 beschlossenen Vormundschaft im Sinne von Art. 372 ZGB über sie. Der Sohn wollte nach Bekleidung von Stellen mit einem andern zusammen die Fabrikation von Fleischkonserven aufnehmen und gründete die "Neue Konserven G.m.b.H.", für die er, nachdem die Mittel der Mutter aufgebraucht waren, weitere Geldgeber suchte. Indessen griff die Waisenkommission W. ein und stellte beim Bezirksrate den Antrag, H. in Anwendung von Art. 370 ZGB wegen Misswirtschaft und Liederlichkeit zu entmündigen, da er seit Jahren ein denkbar müssiges und arbeitsscheues Leben führe und an der Verschleuderung des mütterlichen Vermögens in erheblichem Masse mitbeteiligt sei. Der Bezirksrat W. beschloss am 16. September 1955 in dem von der Waisenkommission beantragten Sinne. Zum Vormunde war K. ernannt worden. Die Beschlüsse erwuchsen in Rechtskraft.
B.- Am 24. Mai 1956 beantragte der Vormund beim Waisenamt W. (Vormundschaftsbehörde) die unverzügliche Einweisung seines Mündels für die Dauer von drei Jahren in die Arbeitsanstalt Realta. Die Waisenkommission entsprach dem Antrage mit Beschluss vom 7. Juni 1956, und zwei Tage später wurde H. in die Anstalt verbracht.
C.- Ein Rekurs H's an den Bezirksrat W. hatte keinen Erfolg. Er zog dessen Entscheid an die kantonale Direktion der Justiz weiter, die eine bedingte Einweisung als ausreichende Massnahme bezeichnete und am 22. Oktober 1956 die Entlassung aus der Anstalt auf den Zeitpunkt verfügte, an dem für H. eine geeignete Anstellung und eine geeignete Unterkunft gefunden sein werde. Am 13. November 1956 wurde H. auf Weisung der Rekursbehörde auf freien Fuss gesetzt. Er arbeitet seither in der Neuen Konserven AG in W. Mit Verfügung vom 23. Februar 1957 entschied die Justizdirektion sodann über den Rekurs selbst, in dem Sinne, dass sie die vom Waisenamt angeordnete und vom Bezirksrat bestätigte Versorgung aufhob. Die Erwägungen stützen sich sowohl auf Art. 406 ZGB wie auch auf die Vorschriften des zürcherischen Versorgungsgesetzes vom 24. Mai 1925.
D.- Gegen die Verfügung der Justizdirektion hat K. als Vormund H's Nichtigkeitsbeschwerde im Sinne von Art. 68 Abs. 1 lit. a OG erhoben. Der Antrag geht auf Aufhebung der angefochtenen Verfügung und auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Beurteilung nach eidgenössischem statt nach kantonalem Recht, unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Zur Begründung der Beschwerde wird angebracht, die Justizdirektion habe die Zulässigkeit der Versorgung seines Mündels nicht, wie es richtig gewesen wäre, nur nach Art. 406 ZGB, sondern sozusagen ausschliesslich nach dem kantonalen Versorgungsgesetze geprüft; die eigentlichen Erwägungen des kantonalen Entscheides befassten sich mit diesem Gesetze, und der am Schluss beigefügte Satz: "Es fehlt ebenfalls an den Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 406 und 421 Ziff. 13 ZGB" erscheine als blosse Floskel.
E.- H. beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventuell sei sie abzuweisen; "unter K.u.E.F. zu lasten des Beschwerdeführers".
Die Direktion der Justiz trägt ihrerseits auf Abweisung der Beschwerde an.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nichtigkeitsbeschwerde ist nach Art. 68 OG zulässig gegen letztinstanzliche Entscheide kantonaler Behörden in Zivilsachen, die nicht nach Art. 44-46 OG der Berufung unterliegen.
a) Nach § 75 des zürcherischen EG zum ZGB ist gegen Direktionsverfügungen allgemein der Rekurs an den Regierungsrat zulässig. Die angefochtene Verfügung der Direktion der Justiz wäre danach nicht als letztinstanzliche, mit keinem ordentlichen Rechtsmittel weiterziehbare (vgl. Art. 48 OG) zu betrachten. Indessen entschied die erwähnte Direktion bereits als Aufsichtsbehörde zweiter Instanz nach dem Bezirksrat. Und mehr als zwei Instanzen der vormundschaftlichen Aufsichtsbehörde darf es nach Bundesrecht (Art. 361 ZGB) nicht geben, wie das Bundesgericht, anBGE 47 II 17,BGE 74 II 336undBGE 67 II 205anknüpfend, in BGE 82 II 206 entschieden hat. Somit widerspricht die Einführung einer dritten Instanz dem Bundesrecht, ist also unzulässig, und es kann ohne Rücksicht auf eine solche vom kantonalen Recht vorgesehene Erweiterung des Instanzenzuges bereits der Entscheid der zweiten Instanz (mit Berufung bzw. Nichtigkeitbeschwerde) an das Bundesgericht weitergezogen werden. Freilich gilt dies nur für Angelegenheiten, die kraft Bundesrechtes in die Zuständigkeit der vormundschaftlichen Behörden fallen, was im Fall der zuletzt angeführten Entscheidung nicht zutraf. Im vorliegenden Fall aber waren die vormundschaftlichen Behörden von Bundesrechts wegen zuständig, über die vom Vormund im Sinne von Art. 406 ZGB beantragte Massnahme zu entscheiden. Denn dafür war nach Art. 421 Ziff. 13 ZGB die Zustimmung der Vormundschaftsbehörde erforderlich, deren Verfügung der Beschwerde an die Aufsichtsbehörde nach Art. 420 Abs. 2 ZGB (mit allfälligem Vorbehalt der Weiterziehung an eine Aufsichtsbehörde zweiter Instanz nach kantonalem Recht gemäss Art. 361 Abs. 2 ZGB) unterlag. Mit dem Entscheid der Justizdirektion war somit der bundesrechtlich zulässige Instanzenzug erschöpft.
b) Es handelt sich nicht um eine Zivilrechtsstreitigkeit, d.h. einen Zivilprozess zwischen zwei gleichgestellten Rechtssubjekten. Vielmehr sind Vormund und vormundschaftliche Behörden kraft ihrer Amtsgewalt eingeschritten. Wohl aber gehört die Entscheidung über eine nach Art. 406 ZGB zu treffende vormundschaftsrechtliche Massnahme zu den Zivilsachen in dem für die Anwendung von Art. 68 OG massgebenden weitern Sinne. Dafür genügt es, dass die Vormundschaft eine Einrichtung des Zivilrechtes ist, und dass sich nach den Vorschriften des Zivilgesetzbuches bestimmt, was für Massnahmen die vormundschaftlichen Organe in bezug auf ein Mündel zu treffen haben (BGE 72 II 309Erw. 2 und 334 Erw. 1; BIRCHMEIER, Handbuch, N. 2a zu Art. 68 OG; KAUFMANN, N. 41 zu Art. 420 ZGB). Es steht nicht entgegen, dass sich das Verfahren vor kantonalen Verwaltungsbehörden abspielt (BGE 79 II 248/9).
Andere Zivilsachen als Zivilrechtsstreitigkeiten unterliegen nur in den vom Gesetze vorgesehenen Fällen dem umfassenden Rechtsmittel der Berufung. Vormundschaftliche Massnahmen im Sinne von Art. 405 oder 406 ZGB gehören nicht zu den in Art. 44 OG der Berufung unterstellten Fällen. Somit ist Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 OG zulässig, womit die Anwendung kantonalen statt eidgenössischen Rechtes, wie es in der vorliegenden Beschwerdeschrift geschieht, gerügt werden kann.
2. Der Beschwerdegegner verneint die Beschwerdelegitimation des Vormundes, die übrigens von Amtes wegen zu prüfen ist. Sie erscheint als zweifelhaft, wenn man die Vormundschaft lediglich als Amt betrachtet, bei dessen Ausübung der Vormund den vormundschaftlichen Behörden untersteht. Denn grundsätzlich ist ein Beamter oder eine Behörde nicht befugt, gegen Entscheidungen übergeordneter Behörden zu rekurrieren (vgl. FLEINER, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 5. Aufl., S. 224). Der Vormund hat jedoch, auch wenn er nicht als gesetzlicher Vertreter des Mündels auftritt, dessen Interessen zu wahren, und insbesondere darf die Unterbringung eines Mündels in einer Anstalt als vormundschaftliche Massnahme nach Art. 406 ZGB, im Gegensatz zu einer Versorgung auf behördlichen Befehl aus (armen-, gesundheits- oder sicherheits-) polizeilichen Gründen, nur zu Zwecken der Fürsorge, um des Mündels selbst willen, verfügt werden. Wird eine vom Vormund in diesem Sinn beantragte Massnahme von den vormundschaftlichen Behörden abgelehnt, so liegt es nahe, jenem ein Rekursrecht zur Geltendmachung der Interessen des Mündels zuzugestehen (und zwar auch eines urteilsfähigen Mündels, der selber rekurrieren könnte, jedoch in den meisten Fällen eine noch so sehr in seinem Interesse liegende Unterbringung in einer Anstalt mangels Einsicht oder guten Willens nicht wünscht und es daher bei einem sie ablehnenden Entscheide bewenden lassen möchte). In der Literatur wird denn auch die Beschwerdelegitimation des Vormundes durchwegs bejaht (vgl. EGGER, N. 18, und KAUFMANN, N. 16 zu Art. 420 ZGB; HESS, Die Vormundschaft nach Schweizer Recht, S. 114; BENZ in Das Vormundschaftsrecht, S. 95/96). Auch wenn man dem für die Beschwerde nach Art. 420 ZGB beistimmt, folgt daraus allerdings nicht ohne weiteres auch die Befugnis des Vormundes zur Anrufung des Bundesgerichts mit einem ausserordentlichen Rechtsmittel. Indessen mag dahingestellt bleiben, wie es sich mit der in Art. 88 OG eng umschriebenen Legitimation zu einer staatsrechtlichen Beschwerde gegen die hier angefochtene Verfügung verhalten würde. Die Nichtigkeitsbeschwerde in Zivilsachen (Art. 68 OG) lässt sich hinsichtlich der Legitimation der Berufung an die Seite stellen, und zur Ergreifung dieses Rechtsmittels ist in den ihm nach Art. 44 OG unterstehenden Zivilsachen auch die Behörde legitimiert, die am kantonalen Verfahren als Gegenpartei des Bürgers beteiligt war (vgl. die Rechtsprechung zur zivilrechtlichen Beschwerde nach Art. 86 des alten OG:BGE 50 II 95,BGE 56 II 345; ferner die von derselben Betrachtungsweise ausgehenden Entscheidungen zu Art. 44 des neuen OG: BGE 82 II 205 und 216 oben). Gleichermassen ist nun auch der Vormund als mit der Fürsorge für das Mündel betrautes vormundschaftliches Organ befugt, gegen die auf kantonales Recht gestützte Ablehnung einer von ihm im Sinne von Art. 406 ZGB beantragten Versorgung Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 Abs. 1 lit. a OG zu erheben.
3. Als Massnahme der vormundschaftlichen Fürsorge ist die Unterbringung einer mündigen Person in einer Anstalt von Art. 406 ZGB, also vom Bundesrecht, beherrscht. Dem kantonalen öffentlichen Recht bleibt aber die Internierung aus Gründen des öffentlichen Wohls, insbesondere der Armen-, der Gesundheits- und der Sicherheitspolizei, vorbehalten (Art. 6 ZGB). Es ist nicht Aufgabe des Vormundschaftsrechtes, diese öffentlichen Interesse zu wahren. Auch sind die vormundschaftlichen, um des Mündels willen, zu seinem Schutz und zu seiner Förderung (Nacherziehung usw.) zu treffenden Massnahmen nicht etwa geeignet, ein Einschreiten um der Öffentlichkeit willen von vornherein entbehrlich zu machen.
Bereits in BGE 46 II 212 und 344 wurde erklärt, eine dauernde Internierung, wie sie unter Umständen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und Moral geboten ist, könne nicht kraft Vormundschaftsrechts, sondern nur allenfalls nach kantonalem Verwaltungsrecht angeordnet werden, dem die Sorge für jene öffentlichen Interessen obliege. Ebenso anerkennen spätere Entscheidungen, dass die in mehreren Kantonen erlassenen Versorgungsgesetze gültig bestehen können; sie treten neben die Bestimmungen des ZGB über die Anstaltsversorgung als vormundschaftliche Massnahme. Denn eine Internierung auf Grund jener Gesetze beruht grossenteils auf andern, vom kantonalen Recht beherrschten Voraussetzungen und dient andern Zwecken; demgemäss kann sie auch nach Art und Dauer verschieden ausgestaltet sein (BGE 73 I 42).
Es bedeutet daher grundsätzlich keine unzulässige Anwendung kantonalen Rechtes, dass die kantonale Direktion der Justiz die Frage, ob H. in einer Arbeitsanstalt versorgt werden müsse, nicht nur nach eidgenössischem Vormundschaftsrecht, sondern auch nach kantonalem Verwaltungsrecht (nämlich nach dem zürcherischen Gesetz vom 24. Mai 1925 über die Versorgung von Jugendlichen, Verwahrlosten und Gewohnheitstrinkern) beurteilt hat. Ob dies im selben Verfahrensgang geschehen durfte und auch der Instanzenzug der nämliche war, muss als Frage des kantonalen Rechtes dahingestellt bleiben. Freilich läge der vom Vormund geltend gemachte Beschwerdegrund vor, wenn die kantonale Behörde die Voraussetzungen der Anstaltsverbringung nach Art. 406 ZGB bejaht, diese Massnahme dann aber dennoch abgelehnt hätte, weil sie nicht auch nach dem kantonalen Versorgungsgesetz geboten sei. Das wäre ein Übergriff des kantonalen Rechtes in das eidgenössische Recht, das die nach Art. 406 ZGB zu schützenden Privatinteressen des Mündels gewahrt wissen will, gleichgültig ob überdies öffentliche Interessen ein ähnliches Einschreiten gebieten oder nicht. Der kantonale Entscheid verneint jedoch sowohl die (private) Versorgungsbedürftigkeit H's ausdrücklich (am Ende von Erw. 1)
wie auch das Vorliegen öffentlichrechtlicher Gründe zu seiner Internierung nach dem kantonalen Gesetz. Dass die Direktion der Justiz den Zweck der in Art. 406 ZGB vorgesehenen Massnahmen, einem mündigen Bevormundeten Schutz und Beistand zu gewähren, richtig erkennt, geht aus dem Anfang der Erwägungen hervor, wo es heisst, der Vormund dürfe das Mündel mit Zustimmung der Vormundschaftsbehörde in einer Anstalt unterbringen, wenn diese Massnahme "fürsorgerisch notwendig" sei. Bereits der Bezirksrat hatte die "im Rahmen der vormundschaftlichen Fürsorge" dem Vormunde mit Zustimmung der Vormundschaftsbehörde zustehende Versorgung des Mündels "gemäss Art. 406 und 421 Ziff. 13 ZGB in Verbindung mit § 14 lit. b des kantonalen Versorgungsgesetzes" erwogen und ausgeführt:
"Erfolgt die Anstaltsunterbringung in erster Linie im Interesse des Bevormundeten und im Interesse Dritter nur insoweit, als dieses sich mit dem eigenen Interesse des Mündels deckt, so ist für die Einweisung Art. 406 ZGB massgeblich. Erfordert hingegen das öffentliche Interesse, dass der Bevormundete in einer Anstalt untergebracht wird, so ergeben sich die Voraussetzungen der Einweisung aus dem Versorgungsgesetz, wobei im Falle einer Einweisung in eine Arbeitsanstalt die §§ 5 ff. des Versorgungsgesetzes zur Anwendung gelangen (vgl.BGE 73 I 45ff.). Im vorliegenden Fall liegt die Anstaltsversorgung sowohl im Interesse des Bevormundeten selber als auch im öffentlichen Interesse, sodass sowohl die Voraussetzungen des Art. 406 ZGB als auch die Voraussetzungen der §§ 5 ff. des Versorgungsgesetzes erfüllt sein müssen."
Schon hier waren somit die beiden in Betracht fallenden Rechtsgrundlagen einer Anstaltsversorgung berücksichtigt worden. Unrichtig ist nur die im letzten Satz ausgesprochene Ansicht, wonach sowohl die vormundschafts- wie auch die öffentlichrechtlichen Voraussetzungen erfüllüllt sein müssten, um eine Versorgung zu rechtfertigen, während, wie bereits dargetan, eine nach dem eidgenössischen Zivilrecht (Vormundschaftsrecht) gebotene Massnahme auch dann zu treffen ist, wenn ihr nicht zugleich ein öffentliches Interesse und eine kantonalrechtliche Grundlage zur Seite steht. Doch ist nicht ersichtlich, dass die Direktion der Justiz sich darüber geirrt oder den Art. 406 ZGB nur als leere Floskel miterwähnt hätte. Beim Beschluss vom 22. Oktober 1956 über die vorläufige Entlassung aus der Anstalt hatte die Justizdirektion übrigens das Vormundschaftsrecht ebenfalls mitberücksichtigt, in folgender Weise: "Die Entlassung aus der Anstalt kann gemäss Art. 406 ZGB erst erfolgen, wenn dem Rekurrenten ein geeigneter Arbeitsplatz und eine geeignete Unterkunft beschafft sein werden. In Anwendung von § 46 EG zum ZGB, § 26 des Versorgungsgesetzes und Art. 406 ZGB verfügt. .."
Unter diesen Umständen ist die Begründung des angefochtenen Entscheides, was die Vernehmlassung der kantonalen Behörde zur Beschwerde vollends bestätigt, dahin zu verstehen, dass bei Prüfung der Voraussetzungen der vom Vormund beantragten Versorgung die beiden verschiedenen Rechtsgrundlagen jede für sich ins Auge gefasst worden sind, wiewohl sich die Erwägungen hauptsächlich über das kantonale Versorgungsgesetz aussprechen. Die kantonale Behörde war offenbar der Auffassung, mit der Verneinung von Arbeitsscheu und Liederlichkeit im Sinne des Versorgungsgesetzes sei festgestellt, dass es auch an der "Notwendigkeit" einer Versorgung zu Fürsorgezwecken gemäss Art. 406 ZGB, d.h. zu den Zwecken der nach Art. 370 ZGB errichteten Vormundschaft, fehle. Diese Entscheidung lässt sich unter dem Gesichtspunkt von Art. 68 Abs. 1 lit. a OG nicht beanstanden. Sie würdigt die gegebenen tatsächlichen Verhältnisse dahin, im vorliegenden Fall käme als Grund zu einer Versorgung aus Gründen des Vormundschaftsrechtes nur Arbeitsscheu oder Liederlichkeit des Mündels in Frage, und diese Begriffe seien im kantonalen Versorgungsrecht so ausgeprägt worden, wie auch das Vormundschaftsrecht sie verstehe. Somit wurde das kantonale Versorgungsrecht bei Anwendung von Art. 406 ZGB nur wie irgendwelche Rechtsliteratur zur Auslegung herangezogen. Wäre dem übrigens anders, hätte also die Justizdirektion ebenso wie der Vertreter des Beschwerdegegners (S. 7 der Beschwerdebeantwortung) angenommen, das kantonale Versorgungsgesetz könne die nach Art. 406 ZGB zu berücksichtigenden Versorgungstatbestände verbindlich festlegen ("Sofern ein kantonales Versorgungsgesetz besteht, hat dieses im administrativen Versorgungsverfahren selbständige Stellung und erfüllt im vormundschaftlichen Verfahren gleichzeitig die Aufgabe der Konkretisierung der Tatbestände, bei denen eine Versorgung überhaupt in Frage kommen kann"), so wäre zwar die Rüge begründet, das kantonale Versorgungsgesetz sei unzulässigerweise als eine die allgemein gefasste Norm des Art. 406 ZGB verbindlich "konkretisierende" und daher die vom Bundesrecht gewollte freie Auslegung ausschliessende kantonale Ordnung angewendet worden. Dennoch wäre auch in diesem Falle von einer Aufhebung des angefochtenen Entscheids abzusehen. Die kantonale Behörde stellt fest, nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens lasse sich weder der ernsthafte Charakter der Tätigkeit H's noch seine Bereitschaft zu regelmässiger Arbeitsleistung verneinen; ferner habe er sich nicht, wie ihm vorgeworfen wurde, von seiner Mutter aushalten lassen, sondern sie monatlich mit etwa Fr. 100.-- unterstützt. Der Entscheid sieht auch in H's Widerspenstigkeit und in seinem Trotz gegen behördliche Anordnungen keinen Grund zu einschneidenden Massnahmen, da sich dieses Verhalten daraus erkläre, dass er sich nur schwer mit der Tatsache des verlorenen Familienglanzes abfinden könne. Unter diesen Umständen würde die kantonale Behörde, zur Entscheidung unter dem alleinigen Gesichtspunkt des Art. 406 ZGB veranlasst, zweifellos die vom Vormund beantragte Unterbringung des Mündels in einer Anstalt neuerdings ablehnen, und dabei müsste es sein Bewenden haben, da ein ordentliches Rechtsmittel nicht gegeben wäre. Dem Beschwerdeantrag könnte somit selbst dann nicht entsprochen werden, wenn der gerügte Beschwerdegrund vorläge, was nach dem Gesagten nicht zutrifft.
4. Dem mit der Beschwerde unterliegenden Vormund sind für das bundesgerichtliche Verfahren keine Gerichtskosten aufzuerlegen, und er ist auch zu keiner Prozessentschädigung an den Beschwerdegegner zu verpflichten. Es rechtfertigt sich, Art. 156 Abs. 2 und in Verbindung damit auch Art. 159 Abs. 5 OG analog anzuwenden, da der Vormund bei Verfechtung eines von ihm gemäss Art. 406 ZGB gestellten Antrages zwar nicht namens oder im unmittelbaren Interesse des Gemeinwesens (Gemeinde oder Kanton), aber doch in Ausübung eines ihm von Gemeinde- oder Kantonsbehörden verliehenen Amtes, also nicht in eigener Sache, handelt. Es kommt auch nicht in Frage, mit Gerichtskosten das Mündel zu belasten, in dessen Interesse die Beschwerde geführt wurde. Denn prozessual erscheint das Mündel als obsiegende Gegenpartei des Vormundes; unter diesen Umständen besteht keine gesetzliche Grundlage zu einer solchen Belastung des Mündelvermögens. In gleicher Weise wurde denn auch die Kostenfrage schon in mehreren Entscheidungen betreffend ungerechtfertigte Verweigerung des Ehekonsenses durch den Vormund (Art. 99 ZGB) gelöst (vgl. die nicht veröffentlichten Urteile der II. Zivilabteilung vom 22. September 1920 i.S. Herzog, vom 14. Mai 1924 i.S. Schraner und vom 20. Juni 1940 i.S. Lehmann).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.- Die Gerichtskosten fallen ausser Ansatz, und es wird keine aussergerichtliche Entschädigung zugesprochen.
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Collocamento di un tutelato in un istituto a richiesta del tutore (art. 406/421 c. 13 CC). 1. Ricevibilità del ricorso per nullità giusta l'art. 68 OG contro una decisione dell'autorità cantonale di vigilanza di seconda istanza. a) Questa giudica in virtù del diritto federale (art. 361 CC) quale ultima istanza cantonale (consid. 1, a). b) Si tratta di un procedimento civile nel quale non può essere interposto ricorso per riforma in virtù degli art. 43 segg. OG (consid. 1, b).
2. Veste del tutore per impugnare la decisione che rifiuta di ordinare la misura da lui richiesta (consid. 2).
3. Motivi che giustificano il collocamento del tutelato in un istituto:
a) motivi che attengono all'assistenza del tutelato nei suoi interessi personali (art. 406 CC);
b) motivi che attengono all'interesse pubblico (secondo il diritto pubblico cantonale).
Se la misura è giustificata a norma dell'art. 406 CC, essa non può essere rifiutata per il motivo che non è richiesta anche da ragioni di interesse pubblico. Inoltre, le prescrizioni sul collocamento in un istituto, contenute nella legislazione cantonale, non devono essere considerate obbligatorie per l'interpretazione dell'art. 406 CC (consid. 3).
4. Il tutore il cui ricorso è respinto non può essere tenuto al pagamento di spese giudiziarie o ripetibili. Applicazione analogetica degli art. 156 cp. 2 e 159 cp. 5 OG (consid. 4).
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83 II 193
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83 II 193
Sachverhalt ab Seite 193
A.- Die Parteien sind Nachbarn in einem Villenquartier von Binningen. Dr. Fromer erstellte im September 1955 auf seiner dortigen Besitzung, Parzellen 913 und 914, eine Reitbahn, ein sogenanntes Dressurviereck auf Schlackenbahn. Darüber beschwerte sich Dr. Preiswerk telephonisch und brieflich wegen der Belästigungen, die sich aus der Benützung von Reitplatz und -viereck für die Bewohner seines Hauses ergeben würden. Dr. Fromer liess nicht gelten, dass der Reitbetrieb, der übrigens nur an wenigen Tagen der Woche und nur je eine bis zwei Stunden lang stattfinden werde, unzulässige Einwirkungen auf das Nachbargrundstück mit sich bringen könne. Indessen vermochte er mit diesen Erklärungen die Befürchtungen des Nachbars nicht zu zerstreuen, und eine von diesem veranlasste Intervention der Gemeindebehörde blieb erfolglos. Als Dr. Fromer im November 1956 ein Baugesuch einreichte, um auf der Parzelle 913 einen Reitstall errichten zu können, erhob Dr. Preiswerk Einsprache sowohl aus Gründen des öffentlichen Rechts wie auch des Nachbarrechts. Die Einsprache wurde in öffentlichrechtlicher Hinsicht am 27. Januar 1957 vom Regierungsrat abgewiesen. Die Entscheidung über die nachbarrechtlichen Einwendungen blieb den Zivilgerichten vorbehalten (Ziff. 3, b des regierungsrätlichen Entscheides).
B.- Dr. Preiswerk hatte keine Zivilklage angehoben, dagegen hatte noch während der Hängigkeit der Baueinsprache Dr. Fromer seinerseits beim Bezirksgericht Arlesheim ein Gesuch um Aufforderung des Nachbars zur Klage "auf Anerkennung des behaupteten Anspruchs auf angebliche Unzulässigkeit der Reitanlage" eingereicht. Er berief sich auf die wiederholte Beanstandung dieser Anlage durch Dr. Preiswerk. Dieser liess nun vor Bezirksgericht die Behauptung, die Reitanlage stelle eine unzulässige Immission dar, ausdrücklich fallen. Er anerkannte auch, dass der bisherige Reitbetrieb nicht übermässig gewesen sei. Dagegen äusserte er die Befürchtung, dieser Betrieb werde in naher Zukunft zunehmen, da Dr. Fromer ein drittes Pferd angeschafft und einen Bereiter eingestellt habe. Unter Umständen werde er gegen einen verstärkten Reitbetrieb durch Klage einschreiten müssen; das hänge aber von der zukünftigen Gestaltung der Verhältnisse ab; es gehe nicht an, ihn heute zu einer Klage zu provozieren.
C.- Dr. Fromer hielt am Provokationsbegehren fest, indem er sein Klagebegehren auf den Reitbetrieb erweiterte. Er erklärte, bisher sei die Reitanlage an folgenden Zeiten überhaupt nicht benützt worden: am Samstagnachmittag sowie an Sonn- und allgemeinen Feiertagen, ferner morgens vor 8.30, mittags zwischen 12.00 und 14.30 und abends nach 18.00 Uhr. Für die Zukunft wolle er sich freiwillig verpflichten, an Sonn- und allgemeinen Feiertagen sowie an Samstagnachmittagen gar nicht und an andern Werktagen zwischen 12 und 14 und zwischen 20 und 8 Uhr nicht zu reiten.
D.- Das Bezirrksgericht Arlesheim fällte am 7. Februar 1957 folgendes Urteil:
"1. Der Provokationsbeklagte wird bei seiner Erklärung behaftet, dass er die Reitanlage des Provokationsklägers auf den Parzellen 913/14 des Grundbuches Binningen in nachbarrechtlicher Hinsicht nicht beanstandet.
2. Der Kläger wird bei seiner Erklärung behaftet, dass er den Reitbetrieb nur zwischen 08.00 - 12.00 und 14.00 - 20.00 Uhr durchführen und an Samstagnachmittagen, Sonn- und allgemeinen Feiertagen ganz darauf verzichten will.
3. Dem Beklagten wird gemäss § 257 ZPO eine Frist bis zum 31. März 1957 angesetzt zur Anhebung einer Klage gegen den Provokationskläger betreffend unzulässiger Immission durch den Reitbetrieb, sofern derselbe durch Ausübung zwischen 08.00 -12.00 und 14.00 - 20.00 Uhr werktags störend wirkt. Die Unterlassung der Klageeinreichung gilt als Verzicht auf den behaupteten Rechtsanspruch."
E.- Mit vorliegender Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 Abs. 1 lit. a OG rügt der Provokat Dr. Preiswerk eine mit dem eidgenössischen Zivilrecht unvereinbare Anwendung kantonalen Prozessrechts. Er hat die Begründung der Beschwerde nach Zustellung des motivierten Entscheides ergänzt.
Der Provokant Dr. Fromer beantragt Abweisung der Beschwerde. Er behält sich vor, von der vor Bezirksgericht eingegangenen Verpflichtung auf einen bestimmten zeitlichen Rahmen der Reittätigkeit abzugehen, "nachdem der Beschwerdeführer seine Interessen durch das Provokationsurteil als nicht genügend gewahrt erklärt und dasselbe anficht."
F.- Neben der Nichtigkeitsbeschwerde hat Dr. Preiswerk eine noch hängige staatsrechtliche Beschwerde eingereicht, der mit Verfügung vom 12. März 1957 aufschiebende Wirkung beigelegt wurde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Als letztinstanzliches kantonales Urteil - es ist nach § 258 ZPO inappellabel - in einem nachbarrechtlichen Streit, also einer Zivilsache, unterliegt der angefochtene Entscheid der Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 OG, da das umfassendere Rechtsmittel der Berufung, auch bei einem hiefür genügenden Streitwert, aus zwei Gründen ausgeschlossen ist: einmal, weil die Aufforderung zur Klage, womit der Anstoss zur Anhebung eines Hauptprozesses gegeben wird, kein Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG ist, und sodann, weil man es mit dem Urteil eines untern Gerichtes zu tun hat, das der Berufung ohnehin nur in einem der von Art. 48 Abs. 2 OG genannten Ausnahmefälle unterliegen könnte, deren keiner gegeben ist.
2. § 255 der ZPO des Kantons Basel-Landschaft bestimmt:
"Wenn jemand schriftlich oder mündlich behauptet hat, bestimmte Ansprüche gegen einen Dritten zu haben, die dieser nicht anerkennen will, so kann letzterer den erstern zur Klage auffordern. Eine solche Aufforderung steht auch demjenigen zu, der einen Bau, eine Wasserleitung und dgl. unternehmen und sich gegen Einsprachen sicherstellen will."
Dieser zweite Absatz kommt hier nicht in Frage, da der Beschwerdeführer seine Einwendungen gegen die Reitanlage schon vor Bezirksgericht fallen gelassen und mit der Erklärung, der bisherige Reitbetrieb verstosse nicht gegen das Nachbarrecht, auch zugegeben hat, dass der Verwendungszweck dieser Anlage nicht notwendigerweise unzulässige Einwirkungen auf sein Grundstück erwarten lasse. Es braucht deshalb nicht geprüft zu werden, ob es als unzulässige Einschränkung des bundesrechtlichen Schutzes gegen Immissionen zu betrachten sei, wenn das kantonale Recht speziell im Bauinhibitionsverfahren gesetzliche oder vom Richter anzusetzende Verwirkungsfristen für die Geltendmachung der Ansprüche aus Art. 684 ZGB vorsieht, mit Androhung des Rechtsverlustes überhaupt, nicht nur des Ausschlusses der Ansprüche im laufenden Inhibitionsverfahren (wozu vgl. HAAB, N. 2 zu Art. 684 ZGB).
Der erste Absatz der erwähnten Prozessnorm, auf den sich der angefochtene Entscheid stützt, gibt das Recht zur Provokation bei jeglicher Behauptung eines bestimmten Anspruches, also abweichend von andern Prozessgesetzen nicht nur bei einer in bedrohlicher oder benachteiligender Weise erfolgten Anspruchsberühmung (vgl. WETZELL, System des ordentlichen Civilprocesses, 3. Aufl., S. 108/9). Grundsätzlich hat die Provokation zur Klage auch bei Ansprüchen, die aus eidgenössischem Zivilrecht hergeleitet werden, als zulässig zu gelten (vgl.BGE 54 II 113Erw. 5,BGE 60 II 490). Der letzterwähnte Entscheid achtet die althergebrachte Provokation zur Klage im wesentlichen der in modernen Prozessgesetzen an deren Stelle getretenen negativen Feststellungsklage gleich. Davon geht auch GULDENER (Das schweizerische Zivilprozessrecht, I 61/2) aus, der freilich die Zulässigkeit einer Klageprovokation wie einer negativen Feststellungsklage vom Vorliegen eines hinreichenden Rechtsschutz-, d.h. eben Feststellungsbedürfnisses abhängig machen will. Die neuere Rechtsprechung anerkennt bei Gefährdung von Ansprüchen des Bundeszivilrechts einen materiell- und damit bundesrechtlichen Anspruch auf (positive oder negative) Feststellung und knüpft ihn an die Voraussetzung eines hinreichenden Interesses an sofortiger Feststellung, d.h. an urteilsmässiger Abklärung (BGE 77 II 344; so auch ausdrücklich Art. 25 des BZP vom 4. Dezember 1947). Doch ist umstritten geblieben, ob das kantonale Prozessrecht neben diesem bundesrechtlichen einen an leichtere Voraussetzungen gebundenen, insbesondere des Interessenachweises nicht bedürftigen kantonalen Anspruch auf Feststellung oder auf Aufforderung zur Klage geben kann (was LEUCH, Ist die allgemeine Feststellungsklage eidgenössischen Rechts...?, SJZ 36, S. 293 ff., besonders S. 297, grundsätzlich bejaht, während KUMMER, Das Klagerecht und die materielle Rechtskraft im schweizerischen Recht, S. 60/1, einen solchen Gefährdungsschutz nur unter den vom materiellen Recht beherrschten Voraussetzungen für zulässig hält). Wie dem indessen auch sein mag, erweist sich die vorliegende Provokation zur Klage jedenfalls deshalb als gegen das Bundesrecht verstossend, weil sie sich mit der Natur der Ansprüche aus dem eidgenössischen Nachbarrecht nicht verträgt.
Das Recht des Grundnachbars, übermässige Einwirkungen (nach Art. 684 Abs. 1 ZGB, wie sie Abs. 2 daselbst näher umschreibt) abzuwehren, ist eine Äusserung des mit dem Eigentum (an beweglichen gleichwie an unbeweglichen Sachen) verbundenen allgemeinen Rechts auf Abwehr ungerechtfertigter Einwirkungen, also der seit jeher anerkannten actio negatoria (Art. 641 Abs. 2 ZGB). Dieses mit dem Eigentum fortdauernd verknüpfte Recht unterliegt an sich keiner Verjährung (BGE 53 II 224) und kann bei jeder Störung oder Schadensbedrohung neu ausgeübt werden (Art. 679 in Verbindung mit Art. 684 ZGB). Mit dieser dem Eigentümer zukommenden Rechtsstellung ist die Provokation zu einer Klage, mit der er zum voraus alle erdenklichen künftigen Immissionen, die er nicht dulden will, zu bezeichnen hätte, unvereinbar. Es muss ihm vorbehalten bleiben, zu künftigen Nachbarrechtsverletzungen jeweilen zu gegebener Zeit Stellung zu nehmen. Nur wenn bestimmte Vorrichtungen und Veranstaltungen eines Grundeigentümers zum vornherein nach dem ihnen unzweifelhaft zugedachten Zwecke sich in sicher vorauszusehender Art auf ein Nachbargrundstück auswirken werden, hat der Nachbar Veranlassung, zum "Schutz gegen drohenden Schaden" eine Präventivklage anzuheben (vgl.BGE 42 II 436,BGE 51 II 398,BGE 58 II 117; WALDIS, Das Nachbarrecht, 4. Auflage, S. 31 und 90). Damit ist immerhin noch nicht gesagt, dass er sich, bevor er selber sich dazu entschliesst, zu einer solchen Klage müsse provozieren lassen. Aber auch angenommen, die Lösung dieser Frage stehe dem Prozessrecht anheim, hält der angefochtene Entscheid vor dem eidgenössischen Nachbarrecht nicht stand, weil man es im vorliegenden Falle nicht mit solchen sicher zu erwartenden Einwirkungen zu tun hat. Wenn der Beschwerdegegner die Reitanlage weiterhin nur wie bisher benützt, hat er angesichts der vom Beschwerdeführer vor Bezirksgericht abgegebenen Erklärungen keinen Rechtsstreit zu befürchten. Er hat allerdings die Absicht kundgetan, in Zukunft einen etwas weiter gespannten Zeitrahmen (wie ihn der angefochtene Entscheid in Disp. 2 festhält) in Anspruch zu nehmen. Aber demgegenüber hat der Beschwerdeführer nicht etwa eingewendet, er würde jede Reittätigkeit in den bisher nicht benützten Tageszeiten zum vornherein für unzulässig halten. Er macht seine künftige Stellungnahme vielmehr von der Art des Reitbetriebes abhängig und behält sich die Abwehr allfälliger Übergriffe vor. Dazu muss ihm nach dem Gesagten freie Hand gelassen werden; es geht nicht an, ihn zu einer Klage zu provozieren und damit unter Androhung der Anspruchsverwirkung zu veranlassen, zum vornherein anzugeben, was für künftige Einwirkungen zu untersagen seien.
Die dem angefochtenen Entscheid (nach Einleitung des Nichtigkeitsverfahrens) beigegebene Begründung versucht nun zwar den Gegenstand der dem Beschwerdeführer aufgegebenen Klage einzuschränken. Auf S. 4 ist zu lesen, im Hinblick auf eine künftige mögliche Intensivierung des Reitbetriebes könne der Beschwerdeführer heute nicht zur Klage provoziert werden. Die ihm aufgegebene Klage könne nur die Erweiterung des zeitlichen Rahmens gemäss den Erklärungen des Beschwerdegegners bei einem dem bisherigen entsprechenden oder "leicht vermehrten" Reitbetriebe betreffen. Allein, auch wenn das allgemeiner lautende Dispositiv 3 durch diese Erwägungen rechtsverbindlich eingeschränkt worden sein sollte, bezieht sich die Aufforderung zur Klage auf einen noch gar nicht vorhandenen und auch nicht sicher bevorstehenden Tatbestand. Nachdem der Beschwerdeführer seine nachbarrechtlichen Einwendungen gegen die Reitanlage als solche wie auch gegen den bisherigen Reitbetrieb fallen gelassen und weder die Benützung des vom Beschwerdegegner angegebenen erweiterten Zeitrahmens noch einen "leicht vermehrten" Reitbetrieb zum voraus als Nachbarrechtsverletzung bezeichnet hat, besteht unter den Parteien kein aktueller Streit mehr, der zu einer Provokation zur Klage Anlass geben könnte, ganz abgesehen davon, dass grundsätzlich nur zur Geltendmachung fälliger Ansprüche provoziert werden kann (vgl. LEUCH, SJZ 36 S. 297). Auch bei Berücksichtigung der Urteilsgründe läuft also die Provokation darauf hinaus, den künftigen Ansprüchen des Beschwerdeführers auf Abwehr übermässiger Einwirrkungen in einer der bundesrechtlichen Eigentumsordnung zuwiderlaufenden Weise vorzugreifen (vgl. auchBGE 79 II 389betreffend eine den bundesrechtlichen Grundsatz der Vertragsfreiheit verletzende Provokation zur Klage).
3. Bei Gutheissung einer auf Art. 68 Abs. 1 lit. a OG gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kann das Bundesgericht nicht in der Sache selbst entscheiden, wie sich durch Gegenschluss aus Art. 73 Abs. 2 OG ergibt. Somit liegt es der kantonalen Behörde ob, den aufgehobenen durch einen neuen Entscheid zu ersetzen, der freilich bei der gegebenen Sachlage nur auf Abweisung des Provokationsbegehrens lauten darf.
Mit dem eigentlichen Entscheid über das Provokationsbegehren (Dispositiv 3) sind auch die ihm vorangestellten Behaftungen (Dispositive 1 und 2) aufzuheben, da sie durch ihn bedingt sein mögen, wie denn das Beschwerdebegehren nicht bloss auf Aufhebung von Dispositiv 3 geht und der Beschwerdegegner seinerseits nicht unbedingt auf den von ihm angegebenen Zeitrahmen verpflichtet bleiben will. Das Bezirksgericht wird darüber zu befinden haben, ob bei Abweisung des Provokationsbegehrens den erwähnten Parteierklärungen dennoch prozessuale Wirkung beizulegen sei.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Bezirksgerichts Arlesheim vom 7. Februar 1957 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an das Bezirksgericht Arlesheim zurückgewiesen.
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1. Voraussetzungen der Nichtigkeitsbeschwerde in Zivilsachen. Art. 68 OG (Erw. 1). 2. Die Provokation zur Klage kann vom kantonalen Prozessrecht auch inbezug auf Ansprüche aus Bundeszivilrecht vorgesehen werden statt negativer Feststellungsklage. Sie ist unzulässig, wenn sie sich mit der Natur der materiellrechtlichen Ansprüche nicht verträgt. So ist es beim Anspruch auf Abwehr künftiger, heute noch ungewisser Einwirkungen auf ein Nachbargrundstück, gemäss Art. 684 in Verbindung mit Art. 679 ZGB (Erw. 2).
3. Kassatorische Wirkung der Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 Abs. 1 lit. a OG. Bedingte und unbedingte Parteierklärungen (Erw. 3).
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83 II 193
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83 II 193
Sachverhalt ab Seite 193
A.- Die Parteien sind Nachbarn in einem Villenquartier von Binningen. Dr. Fromer erstellte im September 1955 auf seiner dortigen Besitzung, Parzellen 913 und 914, eine Reitbahn, ein sogenanntes Dressurviereck auf Schlackenbahn. Darüber beschwerte sich Dr. Preiswerk telephonisch und brieflich wegen der Belästigungen, die sich aus der Benützung von Reitplatz und -viereck für die Bewohner seines Hauses ergeben würden. Dr. Fromer liess nicht gelten, dass der Reitbetrieb, der übrigens nur an wenigen Tagen der Woche und nur je eine bis zwei Stunden lang stattfinden werde, unzulässige Einwirkungen auf das Nachbargrundstück mit sich bringen könne. Indessen vermochte er mit diesen Erklärungen die Befürchtungen des Nachbars nicht zu zerstreuen, und eine von diesem veranlasste Intervention der Gemeindebehörde blieb erfolglos. Als Dr. Fromer im November 1956 ein Baugesuch einreichte, um auf der Parzelle 913 einen Reitstall errichten zu können, erhob Dr. Preiswerk Einsprache sowohl aus Gründen des öffentlichen Rechts wie auch des Nachbarrechts. Die Einsprache wurde in öffentlichrechtlicher Hinsicht am 27. Januar 1957 vom Regierungsrat abgewiesen. Die Entscheidung über die nachbarrechtlichen Einwendungen blieb den Zivilgerichten vorbehalten (Ziff. 3, b des regierungsrätlichen Entscheides).
B.- Dr. Preiswerk hatte keine Zivilklage angehoben, dagegen hatte noch während der Hängigkeit der Baueinsprache Dr. Fromer seinerseits beim Bezirksgericht Arlesheim ein Gesuch um Aufforderung des Nachbars zur Klage "auf Anerkennung des behaupteten Anspruchs auf angebliche Unzulässigkeit der Reitanlage" eingereicht. Er berief sich auf die wiederholte Beanstandung dieser Anlage durch Dr. Preiswerk. Dieser liess nun vor Bezirksgericht die Behauptung, die Reitanlage stelle eine unzulässige Immission dar, ausdrücklich fallen. Er anerkannte auch, dass der bisherige Reitbetrieb nicht übermässig gewesen sei. Dagegen äusserte er die Befürchtung, dieser Betrieb werde in naher Zukunft zunehmen, da Dr. Fromer ein drittes Pferd angeschafft und einen Bereiter eingestellt habe. Unter Umständen werde er gegen einen verstärkten Reitbetrieb durch Klage einschreiten müssen; das hänge aber von der zukünftigen Gestaltung der Verhältnisse ab; es gehe nicht an, ihn heute zu einer Klage zu provozieren.
C.- Dr. Fromer hielt am Provokationsbegehren fest, indem er sein Klagebegehren auf den Reitbetrieb erweiterte. Er erklärte, bisher sei die Reitanlage an folgenden Zeiten überhaupt nicht benützt worden: am Samstagnachmittag sowie an Sonn- und allgemeinen Feiertagen, ferner morgens vor 8.30, mittags zwischen 12.00 und 14.30 und abends nach 18.00 Uhr. Für die Zukunft wolle er sich freiwillig verpflichten, an Sonn- und allgemeinen Feiertagen sowie an Samstagnachmittagen gar nicht und an andern Werktagen zwischen 12 und 14 und zwischen 20 und 8 Uhr nicht zu reiten.
D.- Das Bezirrksgericht Arlesheim fällte am 7. Februar 1957 folgendes Urteil:
"1. Der Provokationsbeklagte wird bei seiner Erklärung behaftet, dass er die Reitanlage des Provokationsklägers auf den Parzellen 913/14 des Grundbuches Binningen in nachbarrechtlicher Hinsicht nicht beanstandet.
2. Der Kläger wird bei seiner Erklärung behaftet, dass er den Reitbetrieb nur zwischen 08.00 - 12.00 und 14.00 - 20.00 Uhr durchführen und an Samstagnachmittagen, Sonn- und allgemeinen Feiertagen ganz darauf verzichten will.
3. Dem Beklagten wird gemäss § 257 ZPO eine Frist bis zum 31. März 1957 angesetzt zur Anhebung einer Klage gegen den Provokationskläger betreffend unzulässiger Immission durch den Reitbetrieb, sofern derselbe durch Ausübung zwischen 08.00 -12.00 und 14.00 - 20.00 Uhr werktags störend wirkt. Die Unterlassung der Klageeinreichung gilt als Verzicht auf den behaupteten Rechtsanspruch."
E.- Mit vorliegender Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 Abs. 1 lit. a OG rügt der Provokat Dr. Preiswerk eine mit dem eidgenössischen Zivilrecht unvereinbare Anwendung kantonalen Prozessrechts. Er hat die Begründung der Beschwerde nach Zustellung des motivierten Entscheides ergänzt.
Der Provokant Dr. Fromer beantragt Abweisung der Beschwerde. Er behält sich vor, von der vor Bezirksgericht eingegangenen Verpflichtung auf einen bestimmten zeitlichen Rahmen der Reittätigkeit abzugehen, "nachdem der Beschwerdeführer seine Interessen durch das Provokationsurteil als nicht genügend gewahrt erklärt und dasselbe anficht."
F.- Neben der Nichtigkeitsbeschwerde hat Dr. Preiswerk eine noch hängige staatsrechtliche Beschwerde eingereicht, der mit Verfügung vom 12. März 1957 aufschiebende Wirkung beigelegt wurde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Als letztinstanzliches kantonales Urteil - es ist nach § 258 ZPO inappellabel - in einem nachbarrechtlichen Streit, also einer Zivilsache, unterliegt der angefochtene Entscheid der Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 OG, da das umfassendere Rechtsmittel der Berufung, auch bei einem hiefür genügenden Streitwert, aus zwei Gründen ausgeschlossen ist: einmal, weil die Aufforderung zur Klage, womit der Anstoss zur Anhebung eines Hauptprozesses gegeben wird, kein Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG ist, und sodann, weil man es mit dem Urteil eines untern Gerichtes zu tun hat, das der Berufung ohnehin nur in einem der von Art. 48 Abs. 2 OG genannten Ausnahmefälle unterliegen könnte, deren keiner gegeben ist.
2. § 255 der ZPO des Kantons Basel-Landschaft bestimmt:
"Wenn jemand schriftlich oder mündlich behauptet hat, bestimmte Ansprüche gegen einen Dritten zu haben, die dieser nicht anerkennen will, so kann letzterer den erstern zur Klage auffordern. Eine solche Aufforderung steht auch demjenigen zu, der einen Bau, eine Wasserleitung und dgl. unternehmen und sich gegen Einsprachen sicherstellen will."
Dieser zweite Absatz kommt hier nicht in Frage, da der Beschwerdeführer seine Einwendungen gegen die Reitanlage schon vor Bezirksgericht fallen gelassen und mit der Erklärung, der bisherige Reitbetrieb verstosse nicht gegen das Nachbarrecht, auch zugegeben hat, dass der Verwendungszweck dieser Anlage nicht notwendigerweise unzulässige Einwirkungen auf sein Grundstück erwarten lasse. Es braucht deshalb nicht geprüft zu werden, ob es als unzulässige Einschränkung des bundesrechtlichen Schutzes gegen Immissionen zu betrachten sei, wenn das kantonale Recht speziell im Bauinhibitionsverfahren gesetzliche oder vom Richter anzusetzende Verwirkungsfristen für die Geltendmachung der Ansprüche aus Art. 684 ZGB vorsieht, mit Androhung des Rechtsverlustes überhaupt, nicht nur des Ausschlusses der Ansprüche im laufenden Inhibitionsverfahren (wozu vgl. HAAB, N. 2 zu Art. 684 ZGB).
Der erste Absatz der erwähnten Prozessnorm, auf den sich der angefochtene Entscheid stützt, gibt das Recht zur Provokation bei jeglicher Behauptung eines bestimmten Anspruches, also abweichend von andern Prozessgesetzen nicht nur bei einer in bedrohlicher oder benachteiligender Weise erfolgten Anspruchsberühmung (vgl. WETZELL, System des ordentlichen Civilprocesses, 3. Aufl., S. 108/9). Grundsätzlich hat die Provokation zur Klage auch bei Ansprüchen, die aus eidgenössischem Zivilrecht hergeleitet werden, als zulässig zu gelten (vgl.BGE 54 II 113Erw. 5,BGE 60 II 490). Der letzterwähnte Entscheid achtet die althergebrachte Provokation zur Klage im wesentlichen der in modernen Prozessgesetzen an deren Stelle getretenen negativen Feststellungsklage gleich. Davon geht auch GULDENER (Das schweizerische Zivilprozessrecht, I 61/2) aus, der freilich die Zulässigkeit einer Klageprovokation wie einer negativen Feststellungsklage vom Vorliegen eines hinreichenden Rechtsschutz-, d.h. eben Feststellungsbedürfnisses abhängig machen will. Die neuere Rechtsprechung anerkennt bei Gefährdung von Ansprüchen des Bundeszivilrechts einen materiell- und damit bundesrechtlichen Anspruch auf (positive oder negative) Feststellung und knüpft ihn an die Voraussetzung eines hinreichenden Interesses an sofortiger Feststellung, d.h. an urteilsmässiger Abklärung (BGE 77 II 344; so auch ausdrücklich Art. 25 des BZP vom 4. Dezember 1947). Doch ist umstritten geblieben, ob das kantonale Prozessrecht neben diesem bundesrechtlichen einen an leichtere Voraussetzungen gebundenen, insbesondere des Interessenachweises nicht bedürftigen kantonalen Anspruch auf Feststellung oder auf Aufforderung zur Klage geben kann (was LEUCH, Ist die allgemeine Feststellungsklage eidgenössischen Rechts...?, SJZ 36, S. 293 ff., besonders S. 297, grundsätzlich bejaht, während KUMMER, Das Klagerecht und die materielle Rechtskraft im schweizerischen Recht, S. 60/1, einen solchen Gefährdungsschutz nur unter den vom materiellen Recht beherrschten Voraussetzungen für zulässig hält). Wie dem indessen auch sein mag, erweist sich die vorliegende Provokation zur Klage jedenfalls deshalb als gegen das Bundesrecht verstossend, weil sie sich mit der Natur der Ansprüche aus dem eidgenössischen Nachbarrecht nicht verträgt.
Das Recht des Grundnachbars, übermässige Einwirkungen (nach Art. 684 Abs. 1 ZGB, wie sie Abs. 2 daselbst näher umschreibt) abzuwehren, ist eine Äusserung des mit dem Eigentum (an beweglichen gleichwie an unbeweglichen Sachen) verbundenen allgemeinen Rechts auf Abwehr ungerechtfertigter Einwirkungen, also der seit jeher anerkannten actio negatoria (Art. 641 Abs. 2 ZGB). Dieses mit dem Eigentum fortdauernd verknüpfte Recht unterliegt an sich keiner Verjährung (BGE 53 II 224) und kann bei jeder Störung oder Schadensbedrohung neu ausgeübt werden (Art. 679 in Verbindung mit Art. 684 ZGB). Mit dieser dem Eigentümer zukommenden Rechtsstellung ist die Provokation zu einer Klage, mit der er zum voraus alle erdenklichen künftigen Immissionen, die er nicht dulden will, zu bezeichnen hätte, unvereinbar. Es muss ihm vorbehalten bleiben, zu künftigen Nachbarrechtsverletzungen jeweilen zu gegebener Zeit Stellung zu nehmen. Nur wenn bestimmte Vorrichtungen und Veranstaltungen eines Grundeigentümers zum vornherein nach dem ihnen unzweifelhaft zugedachten Zwecke sich in sicher vorauszusehender Art auf ein Nachbargrundstück auswirken werden, hat der Nachbar Veranlassung, zum "Schutz gegen drohenden Schaden" eine Präventivklage anzuheben (vgl.BGE 42 II 436,BGE 51 II 398,BGE 58 II 117; WALDIS, Das Nachbarrecht, 4. Auflage, S. 31 und 90). Damit ist immerhin noch nicht gesagt, dass er sich, bevor er selber sich dazu entschliesst, zu einer solchen Klage müsse provozieren lassen. Aber auch angenommen, die Lösung dieser Frage stehe dem Prozessrecht anheim, hält der angefochtene Entscheid vor dem eidgenössischen Nachbarrecht nicht stand, weil man es im vorliegenden Falle nicht mit solchen sicher zu erwartenden Einwirkungen zu tun hat. Wenn der Beschwerdegegner die Reitanlage weiterhin nur wie bisher benützt, hat er angesichts der vom Beschwerdeführer vor Bezirksgericht abgegebenen Erklärungen keinen Rechtsstreit zu befürchten. Er hat allerdings die Absicht kundgetan, in Zukunft einen etwas weiter gespannten Zeitrahmen (wie ihn der angefochtene Entscheid in Disp. 2 festhält) in Anspruch zu nehmen. Aber demgegenüber hat der Beschwerdeführer nicht etwa eingewendet, er würde jede Reittätigkeit in den bisher nicht benützten Tageszeiten zum vornherein für unzulässig halten. Er macht seine künftige Stellungnahme vielmehr von der Art des Reitbetriebes abhängig und behält sich die Abwehr allfälliger Übergriffe vor. Dazu muss ihm nach dem Gesagten freie Hand gelassen werden; es geht nicht an, ihn zu einer Klage zu provozieren und damit unter Androhung der Anspruchsverwirkung zu veranlassen, zum vornherein anzugeben, was für künftige Einwirkungen zu untersagen seien.
Die dem angefochtenen Entscheid (nach Einleitung des Nichtigkeitsverfahrens) beigegebene Begründung versucht nun zwar den Gegenstand der dem Beschwerdeführer aufgegebenen Klage einzuschränken. Auf S. 4 ist zu lesen, im Hinblick auf eine künftige mögliche Intensivierung des Reitbetriebes könne der Beschwerdeführer heute nicht zur Klage provoziert werden. Die ihm aufgegebene Klage könne nur die Erweiterung des zeitlichen Rahmens gemäss den Erklärungen des Beschwerdegegners bei einem dem bisherigen entsprechenden oder "leicht vermehrten" Reitbetriebe betreffen. Allein, auch wenn das allgemeiner lautende Dispositiv 3 durch diese Erwägungen rechtsverbindlich eingeschränkt worden sein sollte, bezieht sich die Aufforderung zur Klage auf einen noch gar nicht vorhandenen und auch nicht sicher bevorstehenden Tatbestand. Nachdem der Beschwerdeführer seine nachbarrechtlichen Einwendungen gegen die Reitanlage als solche wie auch gegen den bisherigen Reitbetrieb fallen gelassen und weder die Benützung des vom Beschwerdegegner angegebenen erweiterten Zeitrahmens noch einen "leicht vermehrten" Reitbetrieb zum voraus als Nachbarrechtsverletzung bezeichnet hat, besteht unter den Parteien kein aktueller Streit mehr, der zu einer Provokation zur Klage Anlass geben könnte, ganz abgesehen davon, dass grundsätzlich nur zur Geltendmachung fälliger Ansprüche provoziert werden kann (vgl. LEUCH, SJZ 36 S. 297). Auch bei Berücksichtigung der Urteilsgründe läuft also die Provokation darauf hinaus, den künftigen Ansprüchen des Beschwerdeführers auf Abwehr übermässiger Einwirrkungen in einer der bundesrechtlichen Eigentumsordnung zuwiderlaufenden Weise vorzugreifen (vgl. auchBGE 79 II 389betreffend eine den bundesrechtlichen Grundsatz der Vertragsfreiheit verletzende Provokation zur Klage).
3. Bei Gutheissung einer auf Art. 68 Abs. 1 lit. a OG gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kann das Bundesgericht nicht in der Sache selbst entscheiden, wie sich durch Gegenschluss aus Art. 73 Abs. 2 OG ergibt. Somit liegt es der kantonalen Behörde ob, den aufgehobenen durch einen neuen Entscheid zu ersetzen, der freilich bei der gegebenen Sachlage nur auf Abweisung des Provokationsbegehrens lauten darf.
Mit dem eigentlichen Entscheid über das Provokationsbegehren (Dispositiv 3) sind auch die ihm vorangestellten Behaftungen (Dispositive 1 und 2) aufzuheben, da sie durch ihn bedingt sein mögen, wie denn das Beschwerdebegehren nicht bloss auf Aufhebung von Dispositiv 3 geht und der Beschwerdegegner seinerseits nicht unbedingt auf den von ihm angegebenen Zeitrahmen verpflichtet bleiben will. Das Bezirksgericht wird darüber zu befinden haben, ob bei Abweisung des Provokationsbegehrens den erwähnten Parteierklärungen dennoch prozessuale Wirkung beizulegen sei.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Bezirksgerichts Arlesheim vom 7. Februar 1957 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an das Bezirksgericht Arlesheim zurückgewiesen.
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1. Conditions du recours en nullité dans les affaires civiles. Art. 68 OJ (consid. 1). 2. L'action provocatoire peut être prévue par le droit cantonal de procédure, à la place de l'action en constatation de droit négative, également pour les prétentions découlant du droit civil fédéral. Elle est inadmissible lorsqu'elle est incompatible avec la nature des prétentions de droit matériel. Il en est ainsi pour le droit de repousser des immissions futures et encore indéterminées sur un immeuble, conformément à l'art. 684 CC en rapport avec l'art. 679 (consid. 2).
3. Le recours en nullité ne peut tendre, selon l'art. 68 al. 1 litt. a OJ, qu'à l'annulation de la décision attaquée. Déclarations conditionnelles et inconditionnelles des parties (consid. 3).
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Sachverhalt ab Seite 193
A.- Die Parteien sind Nachbarn in einem Villenquartier von Binningen. Dr. Fromer erstellte im September 1955 auf seiner dortigen Besitzung, Parzellen 913 und 914, eine Reitbahn, ein sogenanntes Dressurviereck auf Schlackenbahn. Darüber beschwerte sich Dr. Preiswerk telephonisch und brieflich wegen der Belästigungen, die sich aus der Benützung von Reitplatz und -viereck für die Bewohner seines Hauses ergeben würden. Dr. Fromer liess nicht gelten, dass der Reitbetrieb, der übrigens nur an wenigen Tagen der Woche und nur je eine bis zwei Stunden lang stattfinden werde, unzulässige Einwirkungen auf das Nachbargrundstück mit sich bringen könne. Indessen vermochte er mit diesen Erklärungen die Befürchtungen des Nachbars nicht zu zerstreuen, und eine von diesem veranlasste Intervention der Gemeindebehörde blieb erfolglos. Als Dr. Fromer im November 1956 ein Baugesuch einreichte, um auf der Parzelle 913 einen Reitstall errichten zu können, erhob Dr. Preiswerk Einsprache sowohl aus Gründen des öffentlichen Rechts wie auch des Nachbarrechts. Die Einsprache wurde in öffentlichrechtlicher Hinsicht am 27. Januar 1957 vom Regierungsrat abgewiesen. Die Entscheidung über die nachbarrechtlichen Einwendungen blieb den Zivilgerichten vorbehalten (Ziff. 3, b des regierungsrätlichen Entscheides).
B.- Dr. Preiswerk hatte keine Zivilklage angehoben, dagegen hatte noch während der Hängigkeit der Baueinsprache Dr. Fromer seinerseits beim Bezirksgericht Arlesheim ein Gesuch um Aufforderung des Nachbars zur Klage "auf Anerkennung des behaupteten Anspruchs auf angebliche Unzulässigkeit der Reitanlage" eingereicht. Er berief sich auf die wiederholte Beanstandung dieser Anlage durch Dr. Preiswerk. Dieser liess nun vor Bezirksgericht die Behauptung, die Reitanlage stelle eine unzulässige Immission dar, ausdrücklich fallen. Er anerkannte auch, dass der bisherige Reitbetrieb nicht übermässig gewesen sei. Dagegen äusserte er die Befürchtung, dieser Betrieb werde in naher Zukunft zunehmen, da Dr. Fromer ein drittes Pferd angeschafft und einen Bereiter eingestellt habe. Unter Umständen werde er gegen einen verstärkten Reitbetrieb durch Klage einschreiten müssen; das hänge aber von der zukünftigen Gestaltung der Verhältnisse ab; es gehe nicht an, ihn heute zu einer Klage zu provozieren.
C.- Dr. Fromer hielt am Provokationsbegehren fest, indem er sein Klagebegehren auf den Reitbetrieb erweiterte. Er erklärte, bisher sei die Reitanlage an folgenden Zeiten überhaupt nicht benützt worden: am Samstagnachmittag sowie an Sonn- und allgemeinen Feiertagen, ferner morgens vor 8.30, mittags zwischen 12.00 und 14.30 und abends nach 18.00 Uhr. Für die Zukunft wolle er sich freiwillig verpflichten, an Sonn- und allgemeinen Feiertagen sowie an Samstagnachmittagen gar nicht und an andern Werktagen zwischen 12 und 14 und zwischen 20 und 8 Uhr nicht zu reiten.
D.- Das Bezirrksgericht Arlesheim fällte am 7. Februar 1957 folgendes Urteil:
"1. Der Provokationsbeklagte wird bei seiner Erklärung behaftet, dass er die Reitanlage des Provokationsklägers auf den Parzellen 913/14 des Grundbuches Binningen in nachbarrechtlicher Hinsicht nicht beanstandet.
2. Der Kläger wird bei seiner Erklärung behaftet, dass er den Reitbetrieb nur zwischen 08.00 - 12.00 und 14.00 - 20.00 Uhr durchführen und an Samstagnachmittagen, Sonn- und allgemeinen Feiertagen ganz darauf verzichten will.
3. Dem Beklagten wird gemäss § 257 ZPO eine Frist bis zum 31. März 1957 angesetzt zur Anhebung einer Klage gegen den Provokationskläger betreffend unzulässiger Immission durch den Reitbetrieb, sofern derselbe durch Ausübung zwischen 08.00 -12.00 und 14.00 - 20.00 Uhr werktags störend wirkt. Die Unterlassung der Klageeinreichung gilt als Verzicht auf den behaupteten Rechtsanspruch."
E.- Mit vorliegender Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 Abs. 1 lit. a OG rügt der Provokat Dr. Preiswerk eine mit dem eidgenössischen Zivilrecht unvereinbare Anwendung kantonalen Prozessrechts. Er hat die Begründung der Beschwerde nach Zustellung des motivierten Entscheides ergänzt.
Der Provokant Dr. Fromer beantragt Abweisung der Beschwerde. Er behält sich vor, von der vor Bezirksgericht eingegangenen Verpflichtung auf einen bestimmten zeitlichen Rahmen der Reittätigkeit abzugehen, "nachdem der Beschwerdeführer seine Interessen durch das Provokationsurteil als nicht genügend gewahrt erklärt und dasselbe anficht."
F.- Neben der Nichtigkeitsbeschwerde hat Dr. Preiswerk eine noch hängige staatsrechtliche Beschwerde eingereicht, der mit Verfügung vom 12. März 1957 aufschiebende Wirkung beigelegt wurde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Als letztinstanzliches kantonales Urteil - es ist nach § 258 ZPO inappellabel - in einem nachbarrechtlichen Streit, also einer Zivilsache, unterliegt der angefochtene Entscheid der Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 OG, da das umfassendere Rechtsmittel der Berufung, auch bei einem hiefür genügenden Streitwert, aus zwei Gründen ausgeschlossen ist: einmal, weil die Aufforderung zur Klage, womit der Anstoss zur Anhebung eines Hauptprozesses gegeben wird, kein Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG ist, und sodann, weil man es mit dem Urteil eines untern Gerichtes zu tun hat, das der Berufung ohnehin nur in einem der von Art. 48 Abs. 2 OG genannten Ausnahmefälle unterliegen könnte, deren keiner gegeben ist.
2. § 255 der ZPO des Kantons Basel-Landschaft bestimmt:
"Wenn jemand schriftlich oder mündlich behauptet hat, bestimmte Ansprüche gegen einen Dritten zu haben, die dieser nicht anerkennen will, so kann letzterer den erstern zur Klage auffordern. Eine solche Aufforderung steht auch demjenigen zu, der einen Bau, eine Wasserleitung und dgl. unternehmen und sich gegen Einsprachen sicherstellen will."
Dieser zweite Absatz kommt hier nicht in Frage, da der Beschwerdeführer seine Einwendungen gegen die Reitanlage schon vor Bezirksgericht fallen gelassen und mit der Erklärung, der bisherige Reitbetrieb verstosse nicht gegen das Nachbarrecht, auch zugegeben hat, dass der Verwendungszweck dieser Anlage nicht notwendigerweise unzulässige Einwirkungen auf sein Grundstück erwarten lasse. Es braucht deshalb nicht geprüft zu werden, ob es als unzulässige Einschränkung des bundesrechtlichen Schutzes gegen Immissionen zu betrachten sei, wenn das kantonale Recht speziell im Bauinhibitionsverfahren gesetzliche oder vom Richter anzusetzende Verwirkungsfristen für die Geltendmachung der Ansprüche aus Art. 684 ZGB vorsieht, mit Androhung des Rechtsverlustes überhaupt, nicht nur des Ausschlusses der Ansprüche im laufenden Inhibitionsverfahren (wozu vgl. HAAB, N. 2 zu Art. 684 ZGB).
Der erste Absatz der erwähnten Prozessnorm, auf den sich der angefochtene Entscheid stützt, gibt das Recht zur Provokation bei jeglicher Behauptung eines bestimmten Anspruches, also abweichend von andern Prozessgesetzen nicht nur bei einer in bedrohlicher oder benachteiligender Weise erfolgten Anspruchsberühmung (vgl. WETZELL, System des ordentlichen Civilprocesses, 3. Aufl., S. 108/9). Grundsätzlich hat die Provokation zur Klage auch bei Ansprüchen, die aus eidgenössischem Zivilrecht hergeleitet werden, als zulässig zu gelten (vgl.BGE 54 II 113Erw. 5,BGE 60 II 490). Der letzterwähnte Entscheid achtet die althergebrachte Provokation zur Klage im wesentlichen der in modernen Prozessgesetzen an deren Stelle getretenen negativen Feststellungsklage gleich. Davon geht auch GULDENER (Das schweizerische Zivilprozessrecht, I 61/2) aus, der freilich die Zulässigkeit einer Klageprovokation wie einer negativen Feststellungsklage vom Vorliegen eines hinreichenden Rechtsschutz-, d.h. eben Feststellungsbedürfnisses abhängig machen will. Die neuere Rechtsprechung anerkennt bei Gefährdung von Ansprüchen des Bundeszivilrechts einen materiell- und damit bundesrechtlichen Anspruch auf (positive oder negative) Feststellung und knüpft ihn an die Voraussetzung eines hinreichenden Interesses an sofortiger Feststellung, d.h. an urteilsmässiger Abklärung (BGE 77 II 344; so auch ausdrücklich Art. 25 des BZP vom 4. Dezember 1947). Doch ist umstritten geblieben, ob das kantonale Prozessrecht neben diesem bundesrechtlichen einen an leichtere Voraussetzungen gebundenen, insbesondere des Interessenachweises nicht bedürftigen kantonalen Anspruch auf Feststellung oder auf Aufforderung zur Klage geben kann (was LEUCH, Ist die allgemeine Feststellungsklage eidgenössischen Rechts...?, SJZ 36, S. 293 ff., besonders S. 297, grundsätzlich bejaht, während KUMMER, Das Klagerecht und die materielle Rechtskraft im schweizerischen Recht, S. 60/1, einen solchen Gefährdungsschutz nur unter den vom materiellen Recht beherrschten Voraussetzungen für zulässig hält). Wie dem indessen auch sein mag, erweist sich die vorliegende Provokation zur Klage jedenfalls deshalb als gegen das Bundesrecht verstossend, weil sie sich mit der Natur der Ansprüche aus dem eidgenössischen Nachbarrecht nicht verträgt.
Das Recht des Grundnachbars, übermässige Einwirkungen (nach Art. 684 Abs. 1 ZGB, wie sie Abs. 2 daselbst näher umschreibt) abzuwehren, ist eine Äusserung des mit dem Eigentum (an beweglichen gleichwie an unbeweglichen Sachen) verbundenen allgemeinen Rechts auf Abwehr ungerechtfertigter Einwirkungen, also der seit jeher anerkannten actio negatoria (Art. 641 Abs. 2 ZGB). Dieses mit dem Eigentum fortdauernd verknüpfte Recht unterliegt an sich keiner Verjährung (BGE 53 II 224) und kann bei jeder Störung oder Schadensbedrohung neu ausgeübt werden (Art. 679 in Verbindung mit Art. 684 ZGB). Mit dieser dem Eigentümer zukommenden Rechtsstellung ist die Provokation zu einer Klage, mit der er zum voraus alle erdenklichen künftigen Immissionen, die er nicht dulden will, zu bezeichnen hätte, unvereinbar. Es muss ihm vorbehalten bleiben, zu künftigen Nachbarrechtsverletzungen jeweilen zu gegebener Zeit Stellung zu nehmen. Nur wenn bestimmte Vorrichtungen und Veranstaltungen eines Grundeigentümers zum vornherein nach dem ihnen unzweifelhaft zugedachten Zwecke sich in sicher vorauszusehender Art auf ein Nachbargrundstück auswirken werden, hat der Nachbar Veranlassung, zum "Schutz gegen drohenden Schaden" eine Präventivklage anzuheben (vgl.BGE 42 II 436,BGE 51 II 398,BGE 58 II 117; WALDIS, Das Nachbarrecht, 4. Auflage, S. 31 und 90). Damit ist immerhin noch nicht gesagt, dass er sich, bevor er selber sich dazu entschliesst, zu einer solchen Klage müsse provozieren lassen. Aber auch angenommen, die Lösung dieser Frage stehe dem Prozessrecht anheim, hält der angefochtene Entscheid vor dem eidgenössischen Nachbarrecht nicht stand, weil man es im vorliegenden Falle nicht mit solchen sicher zu erwartenden Einwirkungen zu tun hat. Wenn der Beschwerdegegner die Reitanlage weiterhin nur wie bisher benützt, hat er angesichts der vom Beschwerdeführer vor Bezirksgericht abgegebenen Erklärungen keinen Rechtsstreit zu befürchten. Er hat allerdings die Absicht kundgetan, in Zukunft einen etwas weiter gespannten Zeitrahmen (wie ihn der angefochtene Entscheid in Disp. 2 festhält) in Anspruch zu nehmen. Aber demgegenüber hat der Beschwerdeführer nicht etwa eingewendet, er würde jede Reittätigkeit in den bisher nicht benützten Tageszeiten zum vornherein für unzulässig halten. Er macht seine künftige Stellungnahme vielmehr von der Art des Reitbetriebes abhängig und behält sich die Abwehr allfälliger Übergriffe vor. Dazu muss ihm nach dem Gesagten freie Hand gelassen werden; es geht nicht an, ihn zu einer Klage zu provozieren und damit unter Androhung der Anspruchsverwirkung zu veranlassen, zum vornherein anzugeben, was für künftige Einwirkungen zu untersagen seien.
Die dem angefochtenen Entscheid (nach Einleitung des Nichtigkeitsverfahrens) beigegebene Begründung versucht nun zwar den Gegenstand der dem Beschwerdeführer aufgegebenen Klage einzuschränken. Auf S. 4 ist zu lesen, im Hinblick auf eine künftige mögliche Intensivierung des Reitbetriebes könne der Beschwerdeführer heute nicht zur Klage provoziert werden. Die ihm aufgegebene Klage könne nur die Erweiterung des zeitlichen Rahmens gemäss den Erklärungen des Beschwerdegegners bei einem dem bisherigen entsprechenden oder "leicht vermehrten" Reitbetriebe betreffen. Allein, auch wenn das allgemeiner lautende Dispositiv 3 durch diese Erwägungen rechtsverbindlich eingeschränkt worden sein sollte, bezieht sich die Aufforderung zur Klage auf einen noch gar nicht vorhandenen und auch nicht sicher bevorstehenden Tatbestand. Nachdem der Beschwerdeführer seine nachbarrechtlichen Einwendungen gegen die Reitanlage als solche wie auch gegen den bisherigen Reitbetrieb fallen gelassen und weder die Benützung des vom Beschwerdegegner angegebenen erweiterten Zeitrahmens noch einen "leicht vermehrten" Reitbetrieb zum voraus als Nachbarrechtsverletzung bezeichnet hat, besteht unter den Parteien kein aktueller Streit mehr, der zu einer Provokation zur Klage Anlass geben könnte, ganz abgesehen davon, dass grundsätzlich nur zur Geltendmachung fälliger Ansprüche provoziert werden kann (vgl. LEUCH, SJZ 36 S. 297). Auch bei Berücksichtigung der Urteilsgründe läuft also die Provokation darauf hinaus, den künftigen Ansprüchen des Beschwerdeführers auf Abwehr übermässiger Einwirrkungen in einer der bundesrechtlichen Eigentumsordnung zuwiderlaufenden Weise vorzugreifen (vgl. auchBGE 79 II 389betreffend eine den bundesrechtlichen Grundsatz der Vertragsfreiheit verletzende Provokation zur Klage).
3. Bei Gutheissung einer auf Art. 68 Abs. 1 lit. a OG gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kann das Bundesgericht nicht in der Sache selbst entscheiden, wie sich durch Gegenschluss aus Art. 73 Abs. 2 OG ergibt. Somit liegt es der kantonalen Behörde ob, den aufgehobenen durch einen neuen Entscheid zu ersetzen, der freilich bei der gegebenen Sachlage nur auf Abweisung des Provokationsbegehrens lauten darf.
Mit dem eigentlichen Entscheid über das Provokationsbegehren (Dispositiv 3) sind auch die ihm vorangestellten Behaftungen (Dispositive 1 und 2) aufzuheben, da sie durch ihn bedingt sein mögen, wie denn das Beschwerdebegehren nicht bloss auf Aufhebung von Dispositiv 3 geht und der Beschwerdegegner seinerseits nicht unbedingt auf den von ihm angegebenen Zeitrahmen verpflichtet bleiben will. Das Bezirksgericht wird darüber zu befinden haben, ob bei Abweisung des Provokationsbegehrens den erwähnten Parteierklärungen dennoch prozessuale Wirkung beizulegen sei.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Bezirksgerichts Arlesheim vom 7. Februar 1957 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an das Bezirksgericht Arlesheim zurückgewiesen.
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de
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1. Condizioni del ricorso per nullità nei procedimenti civili. Art. 68 OG (consid. 1). 2. L'azione provocatoria può essere prevista dal diritto processuale cantonale in vece e luogo dell'azione dichiaratoria di diritto negativa anche per pretese derivanti dal diritto civile federale. Essa é inammissibile ove sia incompatibile colla natura delle pretese di diritto materiale. Tale é il caso per il diritto di respingere immissioni future ed ancora indeterminate su un immobile giusta l'art. 684 CC in relazione con l'art. 679 (consid. 2).
3. Il ricorso per nullità a norma dell'art. 68 cp. 1 lett. a OG non può tendere che all'annullamento della decisione impugnata. Dichiarazioni delle parti condizionali e non condizionali (consid. 3).
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II
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Sachverhalt ab Seite 202
A.- Il 24 ottobre 1950, i fratelli avv. Giovanni Torricelli e dott. Mario Torricelli (il secondo rappresentato oggi dalla vedova signora Ilda Torricelli-Petrolini) vendettero a Mario Vismara, che già nel 1946 aveva acquistato parte di un loro esteso terreno da costruzione situato in territorio del Comune di Castagnola, altri 585 mq di quella loro proprietà. All'atto della compra-vendita, Vismara si obbligò a "lasciare in qualsiasi tempo libera" una striscia larga 4 m 50 del terreno acquistato, la medesima essendo destinata alla costruzione di una strada, e a mantenere inoltre le nuove costruzioni da lui progettate "arretrate di metri 2 dal futuro ciglio stradale". L'obbligo assunto da Vismara fu iscritto nel registro fondiario quale servitù istituita a carico del fondo Vismara e in favore del fondo Torricelli.
Vismara, che esercita un'autorimessa, si servì, negli anni 1951/1952, della nuova superficie ottenuta per ampliare i fabbricati già esistenti e per erigere "boxes" per automobili. Nell'esecuzione delle costruzioni, le stipulazioni concluse nel 1950 non furono rispettate, in quanto i "boxes" aggiunti su un lato della proprietà Vismara vennero a invadere, per una larghezza di 2 m 40, la striscia di terreno che doveva rimanere libera in previsione della strada progettata dai fratelli Torricelli. Inoltre, la gronda e il canale di scarico disposti su un altro lato di detta proprietà sporgevano direttamente sul fondo Torricelli. Di questi fatti i fratelli Torricelli si accorsero soltanto nel gennaio 1954, quando, nell'ambito di trattative relative alla vendita di altri lotti, incaricarono l'ingegnere Maderni di eseguire delle misurazioni.
Invitato a demolire le opere illecitamente costruite, Vismara vi si oppose; i fratelli Torricelli promossero di conseguenza azione davanti al Pretore di Lugano-Ceresio, chiedendo, con petizione 23 febbraio/6 marzo 1954, che il convenuto fosse condannato ad arretrare la gronda e il canale sporgenti sulla loro proprietà e a demolire inoltre la parte della nuova costruzione che invadeva per 2 m 40 la striscia di terreno gravata da servitù prediale.
B.- Con sentenza del 29 settembre 1956, il Pretore accolse le conclusioni degli attori integralmente. Adito dal convenuto limitatamente alla violazione della servitù, il Tribunale d'appello confermò, il 15 gennaio 1957, il giudizio pretoriale, considerando in sostanza quanto segue: La servitù di cui si tratta è una servitù prediale e come tale è disciplinata esclusivamente dall'art. 737 CC; poichè a norma dell'art. 737 cp. 3 CC il proprietario del fondo serviente non può intraprendere nulla che possa impedire o rendere più difficile l'esercizio di una servitù, le costruzioni eseguite dal ricorrente in violazione della servitù stipulata il 24 ottobre 1950 devono essere demolite.
C.- Il convenuto ha interposto, in tempo utile, un ricorso per riforma al Tribunale federale, chiedendo - in via principale - che "la servitù relativa alla costruenda strada in favore della part. n. 130 di proprietà dei signori Torricelli e a carico della part. n. 953 del registro fondiario di Castagnola di proprietà del signor Vismara sia ridotta all'area occupata dallo stabile, questo contro pagamento agli attori di una indennità di 7380 fr. (valore del terreno occupato)" e - in via subordinata - "che gli atti siano rinviati all'autorità cantonale affinchè, ritenuta l'applicabilità per analogia dei criteri di cui all'art. 674 cp. 3 CC, ne esamini l'esistenza delle premesse e pronunci un nuovo giudizio".
Nelle loro osservazioni, gli attori hanno concluso per la reiezione del gravame, con spese e ripetibili a carico del convenuto.
Erwägungen
Considerando in diritto:
1. .....
2. Come già in sede cantonale, il convenuto pretende avantutto - con riferimento segnatamente a un'opinione di LIVER e alla dottrina germanica - che alla violazione di una servitù prediale giusta l'art. 737 CC sarebbe applicabile per analogia l'art. 674 cp. 3 CC concernente le opere sporgenti su fondo altrui. Tratterebbesi - afferma il ricorrente - di rimediare a una vera e propria lacuna della legge.
Questa tesi non può in ogni modo essere condivisa. L'art. 737 e l'art. 674 CC disciplinano infatti situazioni ben distinte e diverse: mentre il secondo disposto citato si occupa delle "opere sporgenti sul fondo altrui" nell'ambito dei limiti che la legge stessa pone alla proprietà fondiaria, l'art. 737 CC rientra nel campo delle servitù e degli oneri fondiari contrattualmente stipulati tra le parti. Ne segue che la volontà delle parti, validamente espressa a norma delle disposizioni relative ai contratti, deve in primo luogo essere determinante per il disciplinamento di situazioni quali quella formante oggetto del presente litigio. È quanto il legislatore ha precisamente voluto, disponendo all'art. 737 cp. 3 CC, senza restrizioni di sorta, che "il proprietario del fondo serviente non può intraprendere nulla che possa impedire o rendere più difficile l'esercizio della servitù". Tenuto conto di questa chiara disposizione, ammettere un'altra tesi equivarrebbe senza dubbio a negare ogni valore al principio, fondamentale nel diritto svizzero, che gli impegni liberamente assunti in virtù di un contratto devono essere rispettati.
Anche la dottrina prevalente si esprime nel senso che il giudice non può, di massima, riconoscere a chi ha eseguito una costruzione inconciliabile con delle servitù prediali "un diritto reale sull'opera" in applicazione analogetica dell'art. 674 cp. 3 CC. Così, LEEMANN rileva espressamente che l'art. 674 cp. 3 CC non è applicabile quando sia stata violata una servitù (Commentario, nota 14 ad art. 737 CC; nota 14 ad art. 674 CC). Dello stesso parere è HAAB (Commentario, nota 1 ad art. 674 CC). In un solo caso è possibile un'eccezione: il proprietario del fondo dominante deve tollerare la violazione della servitù quando abbia accettato, sia pure in modo tacito, la costruzione lesiva del suo diritto reale limitato o l'opposizione si riveli altrimenti come un abuso di diritto a norma dell'art. 2 CC (cf. LEEMANN, nota 14 ad art. 737 CC). Se questa condizione non è adempiuta, solo l'art. 737 cp. 3 è applicabile e le costruzioni inconciliabili con l'esercizio di una servitù convenuta contrattualmente devono essere rimosse.
Nel suo nuovo commentario al CC (nota 109 ad art. 734 CC), LIVER esprime certo un'opinione diversa. Egli lo fa tuttavia unicamente con riferimento alla dottrina tedesca, senza il benchè minimo accenno alle tesi sostenute dagli autori svizzeri sopraindicati. In queste circostanze, il suo modo di vedere non può essere determinante. A parte il fatto che - come Liver medesimo riconosce - in Germania la questione è tuttora controversa, le conclusioni cui sono giunti diversi commentatori tedeschi nelle opere più recenti (cf. in particolare STAUDINGER, nota 6 al § 912 BGB) non sono senz'altro valevoli per il diritto svizzero. Innanzitutto, il § 912 BGB è, già nel suo testo, meno severo del corrispondente art. 674 cp. 3 CC. Mentre infatti il diritto svizzero pone il requisito della buona fede in modo assoluto e dispone che il giudice "può, se le circostanze lo giustificano, accordare... il diritto reale sull'opera o la proprietà del terreno", il vicino deve, a norma del § 912 BGE, tollerare l'opera sporgente, a meno che il costruttore abbia agito dolosamente o con negligenza grave. In secondo luogo, la questione dell'applicazione per analogia del § 912 BGB alle costruzioni che violano una servitù si è posta in Germania quale problema d'interpretazione di un disposto di legge e non in funzione di un'asserita lacuna legale. Recita infatti il § 916 BGB che quando l'opera sporgente su fondo altrui lede un diritto di superficie ereditario o una servitù, sono applicabili per analogia, in favore dell'avente diritto, le prescrizioni dei §§ 912-914. In altre parole, la legge stessa ha stabilito, nel diritto germanico, un certo nesso tra servitù e opera sporgente su fondo altrui: soltanto la portata di questo nesso agli effetti del § 912 BGB è rimasta controversa.
Ben diversa è la situazione per ciò che riguarda gli art. 674 cp. 3 e 737 cp. 3 CC, in quanto il primo disposto concerne esclusivamente le opere sporgenti su fondo altrui e il secondo si occupa invece solo delle servitù. In realtà, gli art. 674 e 737 CC non presentano nè problemi d'interpretazione nè lacune capaci di giustificare l'applicazione analogetica delle prescrizioni dell'uno alle fattispecie dell'altro.
Qualora si tengano presenti i principi fondamentali del diritto svizzero, occorre piuttosto concludere nel senso che il diverso disciplinamento delle due situazioni è voluto dalla legge medesima. Ciò è confermato tra l'altro anche dalla genesi dell'attuale art. 737 CC: ambedue i Consigli legislativi lo hanno adottato senza modificazioni sostanziali, nel testo già proposto dalle commissioni di periti e dal Consiglio federale e successivamente approvato dalle competenti commissioni parlamentari. La situazione apparve allora tanto chiara che Rossel, relatore di lingua francese al Consiglio nazionale, si limitò a dire: "Relativement aux effets des servitudes, les art. 728 à 732 (e l'attuale art. 737 CC corrisponde appunto all'art. 728 del progetto del 1904) peuvent se passer de tous commentaires" (Boll. stenografico CN 1906 III 576).
Se avesse voluto estendere l'applicazione dell'art. 674 cp. 3 alle servitù, la legge lo avrebbe certamente detto. L'aggiunta, proposta dal Consiglio degli Stati, di un terzo capoverso all'art. 742 CC per ciò che riguarda lo spostamento di condotte è significativa a questo proposito (cf. Boll. stenografico C.d. S., 1906 IV 1360, dove è esposto quanto segue: "Die Kommission hat für den speziellen Fall der Verlegung von Leitungsservituten auf die Analogie des Nachbarrechtes verwiesen").
3. Poichè la tesi del ricorrente relativa all'applicazione analogetica dell'art. 674 cp. 3 CC dev'essere respinta, occorre solo ancora esaminare se gli attori abbiano commesso un manifesto abuso del proprio diritto nel senso dell'art. 2 CC, chiedendo la rimozione delle costruzioni litigiose.
Tale sarebbe avantutto il caso, qualora gli attori avessero conosciuto già nel 1951/1952 la lesione della servitù e avessero abusivamente tralasciato d'intervenire prima del 1954. È quanto il convenuto pretende anche in questa sede, con riferimento soprattutto alla circostanza che "l'Avv. Torricelli già dall'inizio dei lavori fu più volte sul posto senza mai sollevare la minima eccezione". Senonchè, i suoi argomenti equivalgono su questo punto a una critica inammissibile di accertamenti che sono vincolanti per il Tribunale federale in materia di ricorso per riforma (art. 63 cp. 2 OG). Il Tribunale d'appello ha infatti rilevato esplicitamente che "nulla permette di affermare che gli attori Torricelli si siano accorti, già durante i lavori di Vismara, che quest'ultimi violavano la detta servitù di non costruire in quel determinato spazio" Quando poi si consideri che - stando alle loro proprie dichiarazioni - nemmeno Vismara e il suo impresario Rossi si sarebbero resi conto del fatto che era violata la servitù prediale, il convenuto non può fondatamente rimproverare agli attori, per il semplice motivo che sono stati sul posto, una circostanza sfuggita pure a lui e al suo impresario nonostante una consultazione del registro fondiario e dei piani.
A mente del ricorrente, la richiesta di demolizione delle costruzioni litigiose costituirebbe un abuso di diritto anche per un altro motivo: in primo luogo, sarebbe "senz'altro possibile un lieve spostamento della strada" e in secondo luogo "esiste il pericolo che... in ultima analisi la strada venga costruita in modo da non rendere necessario l'abbattimento della costruzione Vismara". Nemmeno questi argomenti, con i quali vorrebbe contestare l'utilità attuale della servitù per gli attori, possono giovare al convenuto. Non si tratta infatti di sapere, agli effetti dell'abuso di diritto, se gli attori possano oggi costruire la loro strada secondo altri criteri che quelli inizialmente previsti. Determinante è soltanto la questione dell'interesse che gli attori tuttora hanno al mantenimento della servitù quale fu stipulata in funzione della progettata strada. Ora, il Tribunale d'appello ha costatato, in modo vincolante per il Tribunale federale, che quell'interesse non è mai venuto meno, giacchè "la parte di futura strada che tocca la proprietà Vismara rimane inalterata così come fu prevista al momento della pattuizione". Pretendere - come fa il ricorrente - che l'abbattimento della costruzione litigiosa non è "di alcun interesse" per gli attori ed è chiesto solo "per punire Vismara dell'errore commesso" non è ammissibile in queste circostanze, tanto più che, secondo la perizia giudiziaria, il mantenimento del fabbricato cagionerebbe agli attori un danno materiale rilevante (circa 15 000 fr.), a motivo sia della conseguente destinazione alla strada di altro terreno da costruzione sia della probabile diminuita possibilità di utilizzazione del terreno rimanente (volume inferiore delle costruzioni). Dal momento che il convenuto ha eseguito le costruzioni litigiose appena due anni dopo aver personalmente sottoscritto le condizioni di acquisto del terreno (e cioè l'accettazione della servitù in esame), si può anzi concludere, con il Tribunale d'appello, che anche un danno molto più modesto - e pertanto un interesse minore al mantenimento della servitù - sarebbe "circostanza sufficiente per togliere alla domanda degli attori ogni ombra di illecità e di manifesto abuso del diritto".
4. Per il rimanente, è evidente che il convenuto non può riferirsi ai suoi rapporti con l'impresario Rossi, esecutore dei lavori, per evitare la demolizione delle opere inconciliabili con l'esercizio della servitù da lui stipulata. Il diritto degli attori di esigere tale demolizione è di natura reale e può dunque essere fatto valere unicamente nei confronti del proprietario del fondo serviente. Se ritiene che una colpa sia imputabile all'impresario, il convenuto potrà sempre rivolgersi contro questi con un'azione per risarcimento danni.
Dispositiv
Il Tribunale federale pronuncia:
Il ricorso per riforma è respinto. Di conseguenza la sentenza impugnata è confermata.
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Verstoss gegen eine Grunddienstbarkeit (Art. 737 ZGB). 1. Wer gegen eine Grunddienstbarkeit verstossende Bauten errichtet hat, kann nicht verlangen, dass sie in analoger Anwendung der Vorschriften betreffend überragende Bauten (Art. 674 Abs. 3 ZGB) bestehen bleiben, es wäre denn, der Eigentümer des berechtigten Grundstückes habe, und wäre es auch nur stillschweigend, die sein beschränktes dingliches Recht verletzende Baute zugelassen oder sein Einspruch erweise sich sonstwie als rechtsmissbräuchlich (Erw. 2 und 3).
2. Unzulässigkeit des Einwandes, die Dienstbarkeit sei nur infolge Irrtums desausführenden Unternehmers verletzt worden (Erw. 4).
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Sachverhalt ab Seite 202
A.- Il 24 ottobre 1950, i fratelli avv. Giovanni Torricelli e dott. Mario Torricelli (il secondo rappresentato oggi dalla vedova signora Ilda Torricelli-Petrolini) vendettero a Mario Vismara, che già nel 1946 aveva acquistato parte di un loro esteso terreno da costruzione situato in territorio del Comune di Castagnola, altri 585 mq di quella loro proprietà. All'atto della compra-vendita, Vismara si obbligò a "lasciare in qualsiasi tempo libera" una striscia larga 4 m 50 del terreno acquistato, la medesima essendo destinata alla costruzione di una strada, e a mantenere inoltre le nuove costruzioni da lui progettate "arretrate di metri 2 dal futuro ciglio stradale". L'obbligo assunto da Vismara fu iscritto nel registro fondiario quale servitù istituita a carico del fondo Vismara e in favore del fondo Torricelli.
Vismara, che esercita un'autorimessa, si servì, negli anni 1951/1952, della nuova superficie ottenuta per ampliare i fabbricati già esistenti e per erigere "boxes" per automobili. Nell'esecuzione delle costruzioni, le stipulazioni concluse nel 1950 non furono rispettate, in quanto i "boxes" aggiunti su un lato della proprietà Vismara vennero a invadere, per una larghezza di 2 m 40, la striscia di terreno che doveva rimanere libera in previsione della strada progettata dai fratelli Torricelli. Inoltre, la gronda e il canale di scarico disposti su un altro lato di detta proprietà sporgevano direttamente sul fondo Torricelli. Di questi fatti i fratelli Torricelli si accorsero soltanto nel gennaio 1954, quando, nell'ambito di trattative relative alla vendita di altri lotti, incaricarono l'ingegnere Maderni di eseguire delle misurazioni.
Invitato a demolire le opere illecitamente costruite, Vismara vi si oppose; i fratelli Torricelli promossero di conseguenza azione davanti al Pretore di Lugano-Ceresio, chiedendo, con petizione 23 febbraio/6 marzo 1954, che il convenuto fosse condannato ad arretrare la gronda e il canale sporgenti sulla loro proprietà e a demolire inoltre la parte della nuova costruzione che invadeva per 2 m 40 la striscia di terreno gravata da servitù prediale.
B.- Con sentenza del 29 settembre 1956, il Pretore accolse le conclusioni degli attori integralmente. Adito dal convenuto limitatamente alla violazione della servitù, il Tribunale d'appello confermò, il 15 gennaio 1957, il giudizio pretoriale, considerando in sostanza quanto segue: La servitù di cui si tratta è una servitù prediale e come tale è disciplinata esclusivamente dall'art. 737 CC; poichè a norma dell'art. 737 cp. 3 CC il proprietario del fondo serviente non può intraprendere nulla che possa impedire o rendere più difficile l'esercizio di una servitù, le costruzioni eseguite dal ricorrente in violazione della servitù stipulata il 24 ottobre 1950 devono essere demolite.
C.- Il convenuto ha interposto, in tempo utile, un ricorso per riforma al Tribunale federale, chiedendo - in via principale - che "la servitù relativa alla costruenda strada in favore della part. n. 130 di proprietà dei signori Torricelli e a carico della part. n. 953 del registro fondiario di Castagnola di proprietà del signor Vismara sia ridotta all'area occupata dallo stabile, questo contro pagamento agli attori di una indennità di 7380 fr. (valore del terreno occupato)" e - in via subordinata - "che gli atti siano rinviati all'autorità cantonale affinchè, ritenuta l'applicabilità per analogia dei criteri di cui all'art. 674 cp. 3 CC, ne esamini l'esistenza delle premesse e pronunci un nuovo giudizio".
Nelle loro osservazioni, gli attori hanno concluso per la reiezione del gravame, con spese e ripetibili a carico del convenuto.
Erwägungen
Considerando in diritto:
1. .....
2. Come già in sede cantonale, il convenuto pretende avantutto - con riferimento segnatamente a un'opinione di LIVER e alla dottrina germanica - che alla violazione di una servitù prediale giusta l'art. 737 CC sarebbe applicabile per analogia l'art. 674 cp. 3 CC concernente le opere sporgenti su fondo altrui. Tratterebbesi - afferma il ricorrente - di rimediare a una vera e propria lacuna della legge.
Questa tesi non può in ogni modo essere condivisa. L'art. 737 e l'art. 674 CC disciplinano infatti situazioni ben distinte e diverse: mentre il secondo disposto citato si occupa delle "opere sporgenti sul fondo altrui" nell'ambito dei limiti che la legge stessa pone alla proprietà fondiaria, l'art. 737 CC rientra nel campo delle servitù e degli oneri fondiari contrattualmente stipulati tra le parti. Ne segue che la volontà delle parti, validamente espressa a norma delle disposizioni relative ai contratti, deve in primo luogo essere determinante per il disciplinamento di situazioni quali quella formante oggetto del presente litigio. È quanto il legislatore ha precisamente voluto, disponendo all'art. 737 cp. 3 CC, senza restrizioni di sorta, che "il proprietario del fondo serviente non può intraprendere nulla che possa impedire o rendere più difficile l'esercizio della servitù". Tenuto conto di questa chiara disposizione, ammettere un'altra tesi equivarrebbe senza dubbio a negare ogni valore al principio, fondamentale nel diritto svizzero, che gli impegni liberamente assunti in virtù di un contratto devono essere rispettati.
Anche la dottrina prevalente si esprime nel senso che il giudice non può, di massima, riconoscere a chi ha eseguito una costruzione inconciliabile con delle servitù prediali "un diritto reale sull'opera" in applicazione analogetica dell'art. 674 cp. 3 CC. Così, LEEMANN rileva espressamente che l'art. 674 cp. 3 CC non è applicabile quando sia stata violata una servitù (Commentario, nota 14 ad art. 737 CC; nota 14 ad art. 674 CC). Dello stesso parere è HAAB (Commentario, nota 1 ad art. 674 CC). In un solo caso è possibile un'eccezione: il proprietario del fondo dominante deve tollerare la violazione della servitù quando abbia accettato, sia pure in modo tacito, la costruzione lesiva del suo diritto reale limitato o l'opposizione si riveli altrimenti come un abuso di diritto a norma dell'art. 2 CC (cf. LEEMANN, nota 14 ad art. 737 CC). Se questa condizione non è adempiuta, solo l'art. 737 cp. 3 è applicabile e le costruzioni inconciliabili con l'esercizio di una servitù convenuta contrattualmente devono essere rimosse.
Nel suo nuovo commentario al CC (nota 109 ad art. 734 CC), LIVER esprime certo un'opinione diversa. Egli lo fa tuttavia unicamente con riferimento alla dottrina tedesca, senza il benchè minimo accenno alle tesi sostenute dagli autori svizzeri sopraindicati. In queste circostanze, il suo modo di vedere non può essere determinante. A parte il fatto che - come Liver medesimo riconosce - in Germania la questione è tuttora controversa, le conclusioni cui sono giunti diversi commentatori tedeschi nelle opere più recenti (cf. in particolare STAUDINGER, nota 6 al § 912 BGB) non sono senz'altro valevoli per il diritto svizzero. Innanzitutto, il § 912 BGB è, già nel suo testo, meno severo del corrispondente art. 674 cp. 3 CC. Mentre infatti il diritto svizzero pone il requisito della buona fede in modo assoluto e dispone che il giudice "può, se le circostanze lo giustificano, accordare... il diritto reale sull'opera o la proprietà del terreno", il vicino deve, a norma del § 912 BGE, tollerare l'opera sporgente, a meno che il costruttore abbia agito dolosamente o con negligenza grave. In secondo luogo, la questione dell'applicazione per analogia del § 912 BGB alle costruzioni che violano una servitù si è posta in Germania quale problema d'interpretazione di un disposto di legge e non in funzione di un'asserita lacuna legale. Recita infatti il § 916 BGB che quando l'opera sporgente su fondo altrui lede un diritto di superficie ereditario o una servitù, sono applicabili per analogia, in favore dell'avente diritto, le prescrizioni dei §§ 912-914. In altre parole, la legge stessa ha stabilito, nel diritto germanico, un certo nesso tra servitù e opera sporgente su fondo altrui: soltanto la portata di questo nesso agli effetti del § 912 BGB è rimasta controversa.
Ben diversa è la situazione per ciò che riguarda gli art. 674 cp. 3 e 737 cp. 3 CC, in quanto il primo disposto concerne esclusivamente le opere sporgenti su fondo altrui e il secondo si occupa invece solo delle servitù. In realtà, gli art. 674 e 737 CC non presentano nè problemi d'interpretazione nè lacune capaci di giustificare l'applicazione analogetica delle prescrizioni dell'uno alle fattispecie dell'altro.
Qualora si tengano presenti i principi fondamentali del diritto svizzero, occorre piuttosto concludere nel senso che il diverso disciplinamento delle due situazioni è voluto dalla legge medesima. Ciò è confermato tra l'altro anche dalla genesi dell'attuale art. 737 CC: ambedue i Consigli legislativi lo hanno adottato senza modificazioni sostanziali, nel testo già proposto dalle commissioni di periti e dal Consiglio federale e successivamente approvato dalle competenti commissioni parlamentari. La situazione apparve allora tanto chiara che Rossel, relatore di lingua francese al Consiglio nazionale, si limitò a dire: "Relativement aux effets des servitudes, les art. 728 à 732 (e l'attuale art. 737 CC corrisponde appunto all'art. 728 del progetto del 1904) peuvent se passer de tous commentaires" (Boll. stenografico CN 1906 III 576).
Se avesse voluto estendere l'applicazione dell'art. 674 cp. 3 alle servitù, la legge lo avrebbe certamente detto. L'aggiunta, proposta dal Consiglio degli Stati, di un terzo capoverso all'art. 742 CC per ciò che riguarda lo spostamento di condotte è significativa a questo proposito (cf. Boll. stenografico C.d. S., 1906 IV 1360, dove è esposto quanto segue: "Die Kommission hat für den speziellen Fall der Verlegung von Leitungsservituten auf die Analogie des Nachbarrechtes verwiesen").
3. Poichè la tesi del ricorrente relativa all'applicazione analogetica dell'art. 674 cp. 3 CC dev'essere respinta, occorre solo ancora esaminare se gli attori abbiano commesso un manifesto abuso del proprio diritto nel senso dell'art. 2 CC, chiedendo la rimozione delle costruzioni litigiose.
Tale sarebbe avantutto il caso, qualora gli attori avessero conosciuto già nel 1951/1952 la lesione della servitù e avessero abusivamente tralasciato d'intervenire prima del 1954. È quanto il convenuto pretende anche in questa sede, con riferimento soprattutto alla circostanza che "l'Avv. Torricelli già dall'inizio dei lavori fu più volte sul posto senza mai sollevare la minima eccezione". Senonchè, i suoi argomenti equivalgono su questo punto a una critica inammissibile di accertamenti che sono vincolanti per il Tribunale federale in materia di ricorso per riforma (art. 63 cp. 2 OG). Il Tribunale d'appello ha infatti rilevato esplicitamente che "nulla permette di affermare che gli attori Torricelli si siano accorti, già durante i lavori di Vismara, che quest'ultimi violavano la detta servitù di non costruire in quel determinato spazio" Quando poi si consideri che - stando alle loro proprie dichiarazioni - nemmeno Vismara e il suo impresario Rossi si sarebbero resi conto del fatto che era violata la servitù prediale, il convenuto non può fondatamente rimproverare agli attori, per il semplice motivo che sono stati sul posto, una circostanza sfuggita pure a lui e al suo impresario nonostante una consultazione del registro fondiario e dei piani.
A mente del ricorrente, la richiesta di demolizione delle costruzioni litigiose costituirebbe un abuso di diritto anche per un altro motivo: in primo luogo, sarebbe "senz'altro possibile un lieve spostamento della strada" e in secondo luogo "esiste il pericolo che... in ultima analisi la strada venga costruita in modo da non rendere necessario l'abbattimento della costruzione Vismara". Nemmeno questi argomenti, con i quali vorrebbe contestare l'utilità attuale della servitù per gli attori, possono giovare al convenuto. Non si tratta infatti di sapere, agli effetti dell'abuso di diritto, se gli attori possano oggi costruire la loro strada secondo altri criteri che quelli inizialmente previsti. Determinante è soltanto la questione dell'interesse che gli attori tuttora hanno al mantenimento della servitù quale fu stipulata in funzione della progettata strada. Ora, il Tribunale d'appello ha costatato, in modo vincolante per il Tribunale federale, che quell'interesse non è mai venuto meno, giacchè "la parte di futura strada che tocca la proprietà Vismara rimane inalterata così come fu prevista al momento della pattuizione". Pretendere - come fa il ricorrente - che l'abbattimento della costruzione litigiosa non è "di alcun interesse" per gli attori ed è chiesto solo "per punire Vismara dell'errore commesso" non è ammissibile in queste circostanze, tanto più che, secondo la perizia giudiziaria, il mantenimento del fabbricato cagionerebbe agli attori un danno materiale rilevante (circa 15 000 fr.), a motivo sia della conseguente destinazione alla strada di altro terreno da costruzione sia della probabile diminuita possibilità di utilizzazione del terreno rimanente (volume inferiore delle costruzioni). Dal momento che il convenuto ha eseguito le costruzioni litigiose appena due anni dopo aver personalmente sottoscritto le condizioni di acquisto del terreno (e cioè l'accettazione della servitù in esame), si può anzi concludere, con il Tribunale d'appello, che anche un danno molto più modesto - e pertanto un interesse minore al mantenimento della servitù - sarebbe "circostanza sufficiente per togliere alla domanda degli attori ogni ombra di illecità e di manifesto abuso del diritto".
4. Per il rimanente, è evidente che il convenuto non può riferirsi ai suoi rapporti con l'impresario Rossi, esecutore dei lavori, per evitare la demolizione delle opere inconciliabili con l'esercizio della servitù da lui stipulata. Il diritto degli attori di esigere tale demolizione è di natura reale e può dunque essere fatto valere unicamente nei confronti del proprietario del fondo serviente. Se ritiene che una colpa sia imputabile all'impresario, il convenuto potrà sempre rivolgersi contro questi con un'azione per risarcimento danni.
Dispositiv
Il Tribunale federale pronuncia:
Il ricorso per riforma è respinto. Di conseguenza la sentenza impugnata è confermata.
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it
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Violation d'une servitude foncière (art. 737 CC). 1. Celui qui érige une construction contraire à une servitude foncière ne peut pas exiger qu'elle soit maintenue par application analogique de l'art. 674 CC concernant les constructions empiétant sur fonds d'autrui, à moins que le propriétaire du fonds dominant n'ait permis, ne serait-ce que tacitement, la construction violant son droit réel limité ou que son opposition ne se révèle d'une autre façon comme un abus de droit (consid. 2 et 3).
2. Inadmissibilité du moyen tiré du fait que la servitude n'a été violée qu'à la suite d'une erreur de l'entrepreneur chargé des travaux (consid. 4).
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fr
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civil law
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II
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83 II 201
Sachverhalt ab Seite 202
A.- Il 24 ottobre 1950, i fratelli avv. Giovanni Torricelli e dott. Mario Torricelli (il secondo rappresentato oggi dalla vedova signora Ilda Torricelli-Petrolini) vendettero a Mario Vismara, che già nel 1946 aveva acquistato parte di un loro esteso terreno da costruzione situato in territorio del Comune di Castagnola, altri 585 mq di quella loro proprietà. All'atto della compra-vendita, Vismara si obbligò a "lasciare in qualsiasi tempo libera" una striscia larga 4 m 50 del terreno acquistato, la medesima essendo destinata alla costruzione di una strada, e a mantenere inoltre le nuove costruzioni da lui progettate "arretrate di metri 2 dal futuro ciglio stradale". L'obbligo assunto da Vismara fu iscritto nel registro fondiario quale servitù istituita a carico del fondo Vismara e in favore del fondo Torricelli.
Vismara, che esercita un'autorimessa, si servì, negli anni 1951/1952, della nuova superficie ottenuta per ampliare i fabbricati già esistenti e per erigere "boxes" per automobili. Nell'esecuzione delle costruzioni, le stipulazioni concluse nel 1950 non furono rispettate, in quanto i "boxes" aggiunti su un lato della proprietà Vismara vennero a invadere, per una larghezza di 2 m 40, la striscia di terreno che doveva rimanere libera in previsione della strada progettata dai fratelli Torricelli. Inoltre, la gronda e il canale di scarico disposti su un altro lato di detta proprietà sporgevano direttamente sul fondo Torricelli. Di questi fatti i fratelli Torricelli si accorsero soltanto nel gennaio 1954, quando, nell'ambito di trattative relative alla vendita di altri lotti, incaricarono l'ingegnere Maderni di eseguire delle misurazioni.
Invitato a demolire le opere illecitamente costruite, Vismara vi si oppose; i fratelli Torricelli promossero di conseguenza azione davanti al Pretore di Lugano-Ceresio, chiedendo, con petizione 23 febbraio/6 marzo 1954, che il convenuto fosse condannato ad arretrare la gronda e il canale sporgenti sulla loro proprietà e a demolire inoltre la parte della nuova costruzione che invadeva per 2 m 40 la striscia di terreno gravata da servitù prediale.
B.- Con sentenza del 29 settembre 1956, il Pretore accolse le conclusioni degli attori integralmente. Adito dal convenuto limitatamente alla violazione della servitù, il Tribunale d'appello confermò, il 15 gennaio 1957, il giudizio pretoriale, considerando in sostanza quanto segue: La servitù di cui si tratta è una servitù prediale e come tale è disciplinata esclusivamente dall'art. 737 CC; poichè a norma dell'art. 737 cp. 3 CC il proprietario del fondo serviente non può intraprendere nulla che possa impedire o rendere più difficile l'esercizio di una servitù, le costruzioni eseguite dal ricorrente in violazione della servitù stipulata il 24 ottobre 1950 devono essere demolite.
C.- Il convenuto ha interposto, in tempo utile, un ricorso per riforma al Tribunale federale, chiedendo - in via principale - che "la servitù relativa alla costruenda strada in favore della part. n. 130 di proprietà dei signori Torricelli e a carico della part. n. 953 del registro fondiario di Castagnola di proprietà del signor Vismara sia ridotta all'area occupata dallo stabile, questo contro pagamento agli attori di una indennità di 7380 fr. (valore del terreno occupato)" e - in via subordinata - "che gli atti siano rinviati all'autorità cantonale affinchè, ritenuta l'applicabilità per analogia dei criteri di cui all'art. 674 cp. 3 CC, ne esamini l'esistenza delle premesse e pronunci un nuovo giudizio".
Nelle loro osservazioni, gli attori hanno concluso per la reiezione del gravame, con spese e ripetibili a carico del convenuto.
Erwägungen
Considerando in diritto:
1. .....
2. Come già in sede cantonale, il convenuto pretende avantutto - con riferimento segnatamente a un'opinione di LIVER e alla dottrina germanica - che alla violazione di una servitù prediale giusta l'art. 737 CC sarebbe applicabile per analogia l'art. 674 cp. 3 CC concernente le opere sporgenti su fondo altrui. Tratterebbesi - afferma il ricorrente - di rimediare a una vera e propria lacuna della legge.
Questa tesi non può in ogni modo essere condivisa. L'art. 737 e l'art. 674 CC disciplinano infatti situazioni ben distinte e diverse: mentre il secondo disposto citato si occupa delle "opere sporgenti sul fondo altrui" nell'ambito dei limiti che la legge stessa pone alla proprietà fondiaria, l'art. 737 CC rientra nel campo delle servitù e degli oneri fondiari contrattualmente stipulati tra le parti. Ne segue che la volontà delle parti, validamente espressa a norma delle disposizioni relative ai contratti, deve in primo luogo essere determinante per il disciplinamento di situazioni quali quella formante oggetto del presente litigio. È quanto il legislatore ha precisamente voluto, disponendo all'art. 737 cp. 3 CC, senza restrizioni di sorta, che "il proprietario del fondo serviente non può intraprendere nulla che possa impedire o rendere più difficile l'esercizio della servitù". Tenuto conto di questa chiara disposizione, ammettere un'altra tesi equivarrebbe senza dubbio a negare ogni valore al principio, fondamentale nel diritto svizzero, che gli impegni liberamente assunti in virtù di un contratto devono essere rispettati.
Anche la dottrina prevalente si esprime nel senso che il giudice non può, di massima, riconoscere a chi ha eseguito una costruzione inconciliabile con delle servitù prediali "un diritto reale sull'opera" in applicazione analogetica dell'art. 674 cp. 3 CC. Così, LEEMANN rileva espressamente che l'art. 674 cp. 3 CC non è applicabile quando sia stata violata una servitù (Commentario, nota 14 ad art. 737 CC; nota 14 ad art. 674 CC). Dello stesso parere è HAAB (Commentario, nota 1 ad art. 674 CC). In un solo caso è possibile un'eccezione: il proprietario del fondo dominante deve tollerare la violazione della servitù quando abbia accettato, sia pure in modo tacito, la costruzione lesiva del suo diritto reale limitato o l'opposizione si riveli altrimenti come un abuso di diritto a norma dell'art. 2 CC (cf. LEEMANN, nota 14 ad art. 737 CC). Se questa condizione non è adempiuta, solo l'art. 737 cp. 3 è applicabile e le costruzioni inconciliabili con l'esercizio di una servitù convenuta contrattualmente devono essere rimosse.
Nel suo nuovo commentario al CC (nota 109 ad art. 734 CC), LIVER esprime certo un'opinione diversa. Egli lo fa tuttavia unicamente con riferimento alla dottrina tedesca, senza il benchè minimo accenno alle tesi sostenute dagli autori svizzeri sopraindicati. In queste circostanze, il suo modo di vedere non può essere determinante. A parte il fatto che - come Liver medesimo riconosce - in Germania la questione è tuttora controversa, le conclusioni cui sono giunti diversi commentatori tedeschi nelle opere più recenti (cf. in particolare STAUDINGER, nota 6 al § 912 BGB) non sono senz'altro valevoli per il diritto svizzero. Innanzitutto, il § 912 BGB è, già nel suo testo, meno severo del corrispondente art. 674 cp. 3 CC. Mentre infatti il diritto svizzero pone il requisito della buona fede in modo assoluto e dispone che il giudice "può, se le circostanze lo giustificano, accordare... il diritto reale sull'opera o la proprietà del terreno", il vicino deve, a norma del § 912 BGE, tollerare l'opera sporgente, a meno che il costruttore abbia agito dolosamente o con negligenza grave. In secondo luogo, la questione dell'applicazione per analogia del § 912 BGB alle costruzioni che violano una servitù si è posta in Germania quale problema d'interpretazione di un disposto di legge e non in funzione di un'asserita lacuna legale. Recita infatti il § 916 BGB che quando l'opera sporgente su fondo altrui lede un diritto di superficie ereditario o una servitù, sono applicabili per analogia, in favore dell'avente diritto, le prescrizioni dei §§ 912-914. In altre parole, la legge stessa ha stabilito, nel diritto germanico, un certo nesso tra servitù e opera sporgente su fondo altrui: soltanto la portata di questo nesso agli effetti del § 912 BGB è rimasta controversa.
Ben diversa è la situazione per ciò che riguarda gli art. 674 cp. 3 e 737 cp. 3 CC, in quanto il primo disposto concerne esclusivamente le opere sporgenti su fondo altrui e il secondo si occupa invece solo delle servitù. In realtà, gli art. 674 e 737 CC non presentano nè problemi d'interpretazione nè lacune capaci di giustificare l'applicazione analogetica delle prescrizioni dell'uno alle fattispecie dell'altro.
Qualora si tengano presenti i principi fondamentali del diritto svizzero, occorre piuttosto concludere nel senso che il diverso disciplinamento delle due situazioni è voluto dalla legge medesima. Ciò è confermato tra l'altro anche dalla genesi dell'attuale art. 737 CC: ambedue i Consigli legislativi lo hanno adottato senza modificazioni sostanziali, nel testo già proposto dalle commissioni di periti e dal Consiglio federale e successivamente approvato dalle competenti commissioni parlamentari. La situazione apparve allora tanto chiara che Rossel, relatore di lingua francese al Consiglio nazionale, si limitò a dire: "Relativement aux effets des servitudes, les art. 728 à 732 (e l'attuale art. 737 CC corrisponde appunto all'art. 728 del progetto del 1904) peuvent se passer de tous commentaires" (Boll. stenografico CN 1906 III 576).
Se avesse voluto estendere l'applicazione dell'art. 674 cp. 3 alle servitù, la legge lo avrebbe certamente detto. L'aggiunta, proposta dal Consiglio degli Stati, di un terzo capoverso all'art. 742 CC per ciò che riguarda lo spostamento di condotte è significativa a questo proposito (cf. Boll. stenografico C.d. S., 1906 IV 1360, dove è esposto quanto segue: "Die Kommission hat für den speziellen Fall der Verlegung von Leitungsservituten auf die Analogie des Nachbarrechtes verwiesen").
3. Poichè la tesi del ricorrente relativa all'applicazione analogetica dell'art. 674 cp. 3 CC dev'essere respinta, occorre solo ancora esaminare se gli attori abbiano commesso un manifesto abuso del proprio diritto nel senso dell'art. 2 CC, chiedendo la rimozione delle costruzioni litigiose.
Tale sarebbe avantutto il caso, qualora gli attori avessero conosciuto già nel 1951/1952 la lesione della servitù e avessero abusivamente tralasciato d'intervenire prima del 1954. È quanto il convenuto pretende anche in questa sede, con riferimento soprattutto alla circostanza che "l'Avv. Torricelli già dall'inizio dei lavori fu più volte sul posto senza mai sollevare la minima eccezione". Senonchè, i suoi argomenti equivalgono su questo punto a una critica inammissibile di accertamenti che sono vincolanti per il Tribunale federale in materia di ricorso per riforma (art. 63 cp. 2 OG). Il Tribunale d'appello ha infatti rilevato esplicitamente che "nulla permette di affermare che gli attori Torricelli si siano accorti, già durante i lavori di Vismara, che quest'ultimi violavano la detta servitù di non costruire in quel determinato spazio" Quando poi si consideri che - stando alle loro proprie dichiarazioni - nemmeno Vismara e il suo impresario Rossi si sarebbero resi conto del fatto che era violata la servitù prediale, il convenuto non può fondatamente rimproverare agli attori, per il semplice motivo che sono stati sul posto, una circostanza sfuggita pure a lui e al suo impresario nonostante una consultazione del registro fondiario e dei piani.
A mente del ricorrente, la richiesta di demolizione delle costruzioni litigiose costituirebbe un abuso di diritto anche per un altro motivo: in primo luogo, sarebbe "senz'altro possibile un lieve spostamento della strada" e in secondo luogo "esiste il pericolo che... in ultima analisi la strada venga costruita in modo da non rendere necessario l'abbattimento della costruzione Vismara". Nemmeno questi argomenti, con i quali vorrebbe contestare l'utilità attuale della servitù per gli attori, possono giovare al convenuto. Non si tratta infatti di sapere, agli effetti dell'abuso di diritto, se gli attori possano oggi costruire la loro strada secondo altri criteri che quelli inizialmente previsti. Determinante è soltanto la questione dell'interesse che gli attori tuttora hanno al mantenimento della servitù quale fu stipulata in funzione della progettata strada. Ora, il Tribunale d'appello ha costatato, in modo vincolante per il Tribunale federale, che quell'interesse non è mai venuto meno, giacchè "la parte di futura strada che tocca la proprietà Vismara rimane inalterata così come fu prevista al momento della pattuizione". Pretendere - come fa il ricorrente - che l'abbattimento della costruzione litigiosa non è "di alcun interesse" per gli attori ed è chiesto solo "per punire Vismara dell'errore commesso" non è ammissibile in queste circostanze, tanto più che, secondo la perizia giudiziaria, il mantenimento del fabbricato cagionerebbe agli attori un danno materiale rilevante (circa 15 000 fr.), a motivo sia della conseguente destinazione alla strada di altro terreno da costruzione sia della probabile diminuita possibilità di utilizzazione del terreno rimanente (volume inferiore delle costruzioni). Dal momento che il convenuto ha eseguito le costruzioni litigiose appena due anni dopo aver personalmente sottoscritto le condizioni di acquisto del terreno (e cioè l'accettazione della servitù in esame), si può anzi concludere, con il Tribunale d'appello, che anche un danno molto più modesto - e pertanto un interesse minore al mantenimento della servitù - sarebbe "circostanza sufficiente per togliere alla domanda degli attori ogni ombra di illecità e di manifesto abuso del diritto".
4. Per il rimanente, è evidente che il convenuto non può riferirsi ai suoi rapporti con l'impresario Rossi, esecutore dei lavori, per evitare la demolizione delle opere inconciliabili con l'esercizio della servitù da lui stipulata. Il diritto degli attori di esigere tale demolizione è di natura reale e può dunque essere fatto valere unicamente nei confronti del proprietario del fondo serviente. Se ritiene che una colpa sia imputabile all'impresario, il convenuto potrà sempre rivolgersi contro questi con un'azione per risarcimento danni.
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Il Tribunale federale pronuncia:
Il ricorso per riforma è respinto. Di conseguenza la sentenza impugnata è confermata.
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Violazione di una servitù prediale (art. 737 CC). 1. Chi ha eseguito costruzioni inconciliabili con una servitù prediale non può esigere il mantenimento delle medesime in applicazione analogetica dell'art. 674 cp. 3 CC concernente le opere sporgenti su fondo altrui, a meno che il proprietario del fondo dominante abbia accettato, sia pure in modo tacito, la costruzione lesiva del suo diritto reale limitato o la sua opposizione si riveli altrimenti come un abuso di diritto (consid. 2 e 3).
2. Inefficacia dell'eccezione che la servitù sarebbe stata violata solo per un errore commesso dall'esecutore dei lavori (consid. 4).
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83 II 209
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Erwägungen ab Seite 209
Adèle Pennafort a intenté à sa belle-fille Germaine Pennafort une action tendant au remboursement d'un prêt qu'elle disait avoir accordé à son fils Joseph décédé. Elle a établi la remise des fonds mais a été déboutée par la Cour cantonale, qui a jugé cette preuve insuffisante. Elle a interjeté un recours en réforme au Tribunal fédéral en faisant valoir que, lorsque la preuve de la remise de fonds est rapportée, l'existence d'un prêt est présumée. Le Tribunal fédéral a rejeté ce recours pour les motifs suivants:
2. ... La recourante admet elle-même que son action se caractérise comme une action en restitution d'un prêt d'une somme d'argent. Or, en droit suisse, le prêt de consommation est un contrat consensuel. L'obligation de restitution de l'emprunteur est un élément essentiel du contrat. Elle résulte non pas du paiement fait par le prêteur, mais de la promesse de restitution qu'implique le contrat de prêt. La remise de l'argent par le prêteur n'est qu'une condition de l'obligation de restituer. Il s'ensuit que celui qui agit en restitution d'un prêt doit rapporter la preuve non seulement de la remise des fonds, mais encore, et au premier chef, du contrat de prêt de consommation et, par conséquent, de l'obligation de restitution qui en découle (OSER/SCHÖNENBERGER, Note préliminaire 2 ad art. 305 à 318; BARDE, SJ 1948 p. 183; RO 20 p. 496; 21 p. 1170; 23 p. 685; 29 II 552; voir également un arrêt de la Cour de Bâle, RSJ 1945 p. 375 No 182).
Sans doute, le seul fait de recevoir une somme d'argent peut-il, selon les circonstances, constituer des indices suffisants pour admettre l'existence d'un contrat de prêt et partant l'obligation de restituer. Toutefois il s'agit alors non d'une présomption de droit ayant pour effet de renverser le fardeau de la preuve, mais de circonstances constituant des indices, dont le juge du fait, dans le cadre de l'appréciation des preuves, pourra selon les cas déduire l'existence d'un contrat de prêt. Cependant, même en pareil cas, du moment que le fardeau de la preuve incombe au demandeur, ces indices doivent constituer une preuve complète: il faut qu'aux yeux du juge la remise des fonds ne puisse s'expliquer raisonnablement que par l'hypothèse d'un prêt (RO 23 p. 686 cons. 3 i.f.).
De ce qui précède, il découle qu'en l'espèce la demanderesse devait rapporter la preuve non seulement de l'encaissement des fonds par Joseph Pennafort, mais aussi du titre de prêt. En l'admettant, l'arrêt attaqué a fait une saine application du droit fédéral.
Partant de ces prémisses, la Cour de justice a apprécié les divers indices établis par l'instruction de la cause et est arrivée à la conclusion, amplement et soigneusement motivée, que la preuve de l'existence du prêt n'était pas rapportée. En considérant que la preuve d'une manifestation de volonté des parties n'avait pas été fournie, la Cour de justice a fait des constatations de fait et apprécié les preuves de manière à lier le Tribunal fédéral. Les griefs que la recourante formule à ce sujet sont irrecevables.
3. Certes l'art. 8 CC s'applique selon les règles de la bonne foi, conformément à l'art. 2 CC (RO 66 II 146). Mais l'attitude de la défenderesse, qui prétend tout ignorer du versement fait à son insu à son auteur et dont il est constant que jamais la demanderesse ne lui a parlé avant la mort de Joseph Pennafort, ne saurait manifestement pas être qualifiée de contraire aux règles de la bonne foi, ce que la recourante ne soutient d'ailleurs pas.
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Darlehen. Klage auf Rückzahlung. Beweislast. Art. 8 ZGB, 312 ff. OR. 1. Der Kläger hat nicht nur die Aushändigung des Geldes zu beweisen, sondern vor allem auch das Bestehen des Darlehensvertrages und die daraus fliessende Pflicht zur Rückzahlung.
2. Beweis des Vertrages durch blosse, in der Aushändigung des Geldes liegende Indizien?
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civil law
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II
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83 II 209
Erwägungen ab Seite 209
Adèle Pennafort a intenté à sa belle-fille Germaine Pennafort une action tendant au remboursement d'un prêt qu'elle disait avoir accordé à son fils Joseph décédé. Elle a établi la remise des fonds mais a été déboutée par la Cour cantonale, qui a jugé cette preuve insuffisante. Elle a interjeté un recours en réforme au Tribunal fédéral en faisant valoir que, lorsque la preuve de la remise de fonds est rapportée, l'existence d'un prêt est présumée. Le Tribunal fédéral a rejeté ce recours pour les motifs suivants:
2. ... La recourante admet elle-même que son action se caractérise comme une action en restitution d'un prêt d'une somme d'argent. Or, en droit suisse, le prêt de consommation est un contrat consensuel. L'obligation de restitution de l'emprunteur est un élément essentiel du contrat. Elle résulte non pas du paiement fait par le prêteur, mais de la promesse de restitution qu'implique le contrat de prêt. La remise de l'argent par le prêteur n'est qu'une condition de l'obligation de restituer. Il s'ensuit que celui qui agit en restitution d'un prêt doit rapporter la preuve non seulement de la remise des fonds, mais encore, et au premier chef, du contrat de prêt de consommation et, par conséquent, de l'obligation de restitution qui en découle (OSER/SCHÖNENBERGER, Note préliminaire 2 ad art. 305 à 318; BARDE, SJ 1948 p. 183; RO 20 p. 496; 21 p. 1170; 23 p. 685; 29 II 552; voir également un arrêt de la Cour de Bâle, RSJ 1945 p. 375 No 182).
Sans doute, le seul fait de recevoir une somme d'argent peut-il, selon les circonstances, constituer des indices suffisants pour admettre l'existence d'un contrat de prêt et partant l'obligation de restituer. Toutefois il s'agit alors non d'une présomption de droit ayant pour effet de renverser le fardeau de la preuve, mais de circonstances constituant des indices, dont le juge du fait, dans le cadre de l'appréciation des preuves, pourra selon les cas déduire l'existence d'un contrat de prêt. Cependant, même en pareil cas, du moment que le fardeau de la preuve incombe au demandeur, ces indices doivent constituer une preuve complète: il faut qu'aux yeux du juge la remise des fonds ne puisse s'expliquer raisonnablement que par l'hypothèse d'un prêt (RO 23 p. 686 cons. 3 i.f.).
De ce qui précède, il découle qu'en l'espèce la demanderesse devait rapporter la preuve non seulement de l'encaissement des fonds par Joseph Pennafort, mais aussi du titre de prêt. En l'admettant, l'arrêt attaqué a fait une saine application du droit fédéral.
Partant de ces prémisses, la Cour de justice a apprécié les divers indices établis par l'instruction de la cause et est arrivée à la conclusion, amplement et soigneusement motivée, que la preuve de l'existence du prêt n'était pas rapportée. En considérant que la preuve d'une manifestation de volonté des parties n'avait pas été fournie, la Cour de justice a fait des constatations de fait et apprécié les preuves de manière à lier le Tribunal fédéral. Les griefs que la recourante formule à ce sujet sont irrecevables.
3. Certes l'art. 8 CC s'applique selon les règles de la bonne foi, conformément à l'art. 2 CC (RO 66 II 146). Mais l'attitude de la défenderesse, qui prétend tout ignorer du versement fait à son insu à son auteur et dont il est constant que jamais la demanderesse ne lui a parlé avant la mort de Joseph Pennafort, ne saurait manifestement pas être qualifiée de contraire aux règles de la bonne foi, ce que la recourante ne soutient d'ailleurs pas.
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Prêt de consommation. Action en restitution. Fardeau de la preuve. Art. 8 CC, 312 ss CO. 1. Le demandeur doit établir non seulement la remise des fonds mais aussi et surtout l'existence du contrat de prêt et de l'obligation de restitution qui en découle.
2. Preuve du contrat par de simples indices consistant dans la remise des fonds.
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civil law
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https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F83-II-209%3Ade&lang=de&zoom=&type=show_document
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Erwägungen ab Seite 209
Adèle Pennafort a intenté à sa belle-fille Germaine Pennafort une action tendant au remboursement d'un prêt qu'elle disait avoir accordé à son fils Joseph décédé. Elle a établi la remise des fonds mais a été déboutée par la Cour cantonale, qui a jugé cette preuve insuffisante. Elle a interjeté un recours en réforme au Tribunal fédéral en faisant valoir que, lorsque la preuve de la remise de fonds est rapportée, l'existence d'un prêt est présumée. Le Tribunal fédéral a rejeté ce recours pour les motifs suivants:
2. ... La recourante admet elle-même que son action se caractérise comme une action en restitution d'un prêt d'une somme d'argent. Or, en droit suisse, le prêt de consommation est un contrat consensuel. L'obligation de restitution de l'emprunteur est un élément essentiel du contrat. Elle résulte non pas du paiement fait par le prêteur, mais de la promesse de restitution qu'implique le contrat de prêt. La remise de l'argent par le prêteur n'est qu'une condition de l'obligation de restituer. Il s'ensuit que celui qui agit en restitution d'un prêt doit rapporter la preuve non seulement de la remise des fonds, mais encore, et au premier chef, du contrat de prêt de consommation et, par conséquent, de l'obligation de restitution qui en découle (OSER/SCHÖNENBERGER, Note préliminaire 2 ad art. 305 à 318; BARDE, SJ 1948 p. 183; RO 20 p. 496; 21 p. 1170; 23 p. 685; 29 II 552; voir également un arrêt de la Cour de Bâle, RSJ 1945 p. 375 No 182).
Sans doute, le seul fait de recevoir une somme d'argent peut-il, selon les circonstances, constituer des indices suffisants pour admettre l'existence d'un contrat de prêt et partant l'obligation de restituer. Toutefois il s'agit alors non d'une présomption de droit ayant pour effet de renverser le fardeau de la preuve, mais de circonstances constituant des indices, dont le juge du fait, dans le cadre de l'appréciation des preuves, pourra selon les cas déduire l'existence d'un contrat de prêt. Cependant, même en pareil cas, du moment que le fardeau de la preuve incombe au demandeur, ces indices doivent constituer une preuve complète: il faut qu'aux yeux du juge la remise des fonds ne puisse s'expliquer raisonnablement que par l'hypothèse d'un prêt (RO 23 p. 686 cons. 3 i.f.).
De ce qui précède, il découle qu'en l'espèce la demanderesse devait rapporter la preuve non seulement de l'encaissement des fonds par Joseph Pennafort, mais aussi du titre de prêt. En l'admettant, l'arrêt attaqué a fait une saine application du droit fédéral.
Partant de ces prémisses, la Cour de justice a apprécié les divers indices établis par l'instruction de la cause et est arrivée à la conclusion, amplement et soigneusement motivée, que la preuve de l'existence du prêt n'était pas rapportée. En considérant que la preuve d'une manifestation de volonté des parties n'avait pas été fournie, la Cour de justice a fait des constatations de fait et apprécié les preuves de manière à lier le Tribunal fédéral. Les griefs que la recourante formule à ce sujet sont irrecevables.
3. Certes l'art. 8 CC s'applique selon les règles de la bonne foi, conformément à l'art. 2 CC (RO 66 II 146). Mais l'attitude de la défenderesse, qui prétend tout ignorer du versement fait à son insu à son auteur et dont il est constant que jamais la demanderesse ne lui a parlé avant la mort de Joseph Pennafort, ne saurait manifestement pas être qualifiée de contraire aux règles de la bonne foi, ce que la recourante ne soutient d'ailleurs pas.
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Mutuo. Azione per restituzione. Onere della prova. Art. 8 CC, 312 sgg CO. 1. L'attore deve provare non solo la consegna della somma di denaro ma anche e sopra tutto l'esistenza del contratto di mutuo e dell'obbligo di restituzione che ne deriva.
2. Prova del contratto mediante semplici indizi consistenti nella consegna del denaro.
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civil law
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83 II 211
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83 II 211
Sachverhalt ab Seite 212
Aus dem Tatbestand:
Der Autohändler Bosshard verkaufte an Ganter ein Auto auf Abzahlung. Für den Kaufpreis zog der Verkäufer Bosshard einen Wechsel an eigene Order auf Ganter, den dieser akzeptierte. Unter das Akzept des Ganter, quer über die Vorderseite des Wechsels, setzte auch Frau Keller ihre Unterschrift ohne jeglichen Zusatz.
Bosshard trat alle Rechte aus dem Kaufvertrag an das Finanzierungsinstitut Confluentia A.-G. ab. Da Ganter seiner Abzahlungspflicht nicht nachkam, betrieb die Confluentia A.-G. die Frau Keller für die ausstehende Restforderung auf dem Wege der gewöhnlichen Betreibung.
In dem von der Betriebenen angehobenen Aberkennungsprozess berief sich die Beklagte zur Begründung ihres Anspruches auf den Wechsel, den ihr Bosshard ohne Indossament übergeben hatte, und machte geltend, Frau Keller hafte ihr aus diesem Wechsel als Wechselbürgin. Auf den Einwand der Frau Keller hin, die Beklagte könne sich nicht auf den Wechsel berufen, weil ein Indossament des Bosshard fehle, indossierte ihn Bosshard nachträglich an die Confluentia A.-G.
Das Obergericht Zürich schützte die Aberkennungsklage.
Das Bundesgericht weist auf Berufung der Beklagten hin die Sache an die Vorinstanz zurück auf Grund der folgenden
Erwägungen
Erwägung:
3. ... a) Die Vorinstanz hat eine Haftung der Klägerin verneint, weil sich ihre Wechselbürgschaft nicht auf die Schuld des Bezogenen Ganter, für welche die Beklagte nach ihrer ganzen Prozessführung die Klägerin in Anspruch nehme, sondern auf die Wechselverpflichtung des Ausstellers Bosshard beziehe. Das ergebe sich aus Art. 1021 Abs. 4 OR, wonach die (nicht vom Aussteller oder vom Bezogenen stammende) blosse Unterschrift auf der Vorderseite des Wechsels als für den Aussteller geleistete Bürgschaft gelte.
Dabei hat die Vorinstanz jedoch übersehen, dass nach der Rechtsprechung (BGE 77 II 250 ff.) die Angabe, für wen die Wechselbürgschaft geleistet werde, keine ausdrückliche zu sein braucht, sondern sich auch aus dem Wechsel ergeben kann. Das bezieht sich, wie aus den damaligen Urteilserwägungen hervorgeht und heute ergänzend zu entscheiden ist, namentlich auch auf die bisherige Übung, die Angabe des Avalierten schon in der räumlichen Verbindung des Avals mit seiner Unterschrift zu sehen (BGE 77 II 253). So wurde der genannte Entscheid denn auch in der Doktrin verstanden (CARRY, Problèmes relatifs à l'aval, in Mélanges Sauser-Hall 1952 S. 197, MOSSA, Trattato della Cambiale, 3. Aufl. 1956 S. 437 N. 32). Diese Auffassung wird sodann auch in der deutschen Literatur vertreten (BAUMBACH/HEFERMEHL, Wechselgesetz, 4. Aufl. 1953, S. 126 N. 3 lit. B zu Art. 31).
Da im vorliegenden Fall die Klägerin ihr Aval unter die Unterschrift des Akzeptanten Ganter gesetzt hat, kann sie daher entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht in Abrede stellen, dass sie Wechselbürgin für den Akzeptanten geworden ist. Das entspricht auch der vom kantonalen Richter festgehaltenen Interessenlage, indem Ganter dem Verkäufer nicht genügende finanzielle Gewähr bot.
Die Klägerin wendet ein, sie könne aus ihrer Wechselbürgschaft nicht belangt werden, weil eine unzulässige Umgehung der Formvorschriften über die Bürgschaft vorliege. Dieser Einwand ist jedoch gemäss BGE 79 II 79 ff. nicht stichhaltig. Ein Spezialtatbestand, der besonderer Prüfung hinsichtlich der Umgehungsfrage bedürfte, liegt hier nicht vor.
b) Damit bleibt lediglich noch zu prüfen, ob der Umstand, dass die Indossierung des Wechsels durch Bosshard erst im Laufe des Prozesses, also nach Erlass des Zahlungsbefehls erfolgt ist, der Belangung der Klägerin aus der Wechselbürgschaft entgegenstehe und welche Folgen sich daraus in Bezug auf die Einreden der Klägerin gegenüber der Beklagten ergeben.
Bei der Entscheidung dieser Frage ist davon auszugehen, dass grundsätzlich auch eine in Betreibung gesetzte Forderung abgetreten werden kann, mit der Folge, dass der Erwerber in die betreibungsrechtliche Stellung des Gläubigers eintritt, mithin auch in dessen Beklagtenrolle im Aberkennungsprozess. Hiegegen bestehen keine Bedenken, weil bei der gewöhnlichen zivilrechtlichen Abtretung dem Schuldner der abgetretenen Forderung sämtliche Einreden aus dem Verhältnis zum ursprünglichen Gläubiger gewahrt bleiben (Art. 169 OR), so dass die rechtliche Stellung des Schuldners keine Verschlechterung erfährt. Auch die Rechtsnatur der Aberkennungsklage, wie sie in BGE 57 II 326 und präzisierend in BGE 68 III 85 ff. umschrieben wurde, steht der Berücksichtigung einer erst während der Betreibung erfolgten Abtretung nicht entgegen.
Beim Wechselindossament, das im Grunde genommen eine Sonderform der Abtretung ist, verhält es sich grundsätzlich nicht anders. Auch hier gilt, dass der Gläubiger, der bereits gegen einen Wechselschuldner auf dem Wege der gewöhnlichen Betreibung (also nicht mit Wechselbetreibung) vorgegangen ist, den Wechsel indossieren kann, mit der Folge, dass nun im Betreibungsverfahren der Indossatar die Stellung des Gläubigers einnimmt. Kommt es hernach zur Rechtsöffnung und zur Aberkennungsklage, so darf sich der aus dem Indossament Berechtigte grundsätzlich auf den Wechsel berufen. Es steht ihm auf Grund des Indossaments ein wechselrechtlicher Anspruch gegen alle aus dem Wechsel Verpflichteten zu. Jedoch vermag das erst nach der Anhebung der Betreibung auf den Wechsel gesetzte Indossament insofern nur beschränkte Rechtswirkungen zu entfalten, als die Rechtsstellung des Betriebenen dadurch nicht verschlechtert werden darf. Es können gegen ihn nicht weiterreichende Rechte geltend gemacht werden, als dies vor der Indossierung möglich gewesen wäre. Denn bezüglich solcher Mehrberechtigungen fehlt es am Bestand, bezw. an der Fälligkeit im massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des Zahlungsbefehls. Das führt aber nicht dazu, dass eine erst während laufender Betreibung vorgenommene Indossierung überhaupt nicht zu berücksichtigen wäre. Die Folge ist vielmehr lediglich, dass der Indossatar nur diejenigen Rechte geltend machen darf, die schon seinem Vormann, d.h. dem Indossanten, zustanden. Er kann daher für sich nicht die Vorzugsstellung aus dem Art. 1007 OR in Anspruch nehmen, wonach der aus einem Wechsel Belangte dem Inhaber keine Einwendungen entgegenhalten kann, die sich auf seine unmittelbaren Beziehungen zu dem Aussteller oder zu einem früheren Inhaber gründen. Denn der Ausschluss dieser Einreden bestand im massgebenden Zeitpunkt der Anhebung der Betreibung noch nicht; er konnte erst später, auf Grund des Indossaments, zur Entstehung gelangen.
Ist danach im vorliegenden Falle der Wechselinhaberin die Berufung auf Art. 1007 OR verwehrt, so muss sie sich Einreden der Klägerin ohne die dort vorgesehenen Beschränkungen entgegenhalten lassen. Die Sache ist deshalb zur Prüfung nach dieser Richtung hin an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Wechselbürgschaft; Aberkennungsklage. Begriff der Angabe, für wen die Bürgschaft geleistet werde, Art. 1021 Abs. 4 OR (Erw. 3 a).
Bedeutung des Umstandes, dass die Indossierung des Wechsels erst nach Erlass des Zahlungsbefehls erfolgte (Erw. 3 b).
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Sachverhalt ab Seite 212
Aus dem Tatbestand:
Der Autohändler Bosshard verkaufte an Ganter ein Auto auf Abzahlung. Für den Kaufpreis zog der Verkäufer Bosshard einen Wechsel an eigene Order auf Ganter, den dieser akzeptierte. Unter das Akzept des Ganter, quer über die Vorderseite des Wechsels, setzte auch Frau Keller ihre Unterschrift ohne jeglichen Zusatz.
Bosshard trat alle Rechte aus dem Kaufvertrag an das Finanzierungsinstitut Confluentia A.-G. ab. Da Ganter seiner Abzahlungspflicht nicht nachkam, betrieb die Confluentia A.-G. die Frau Keller für die ausstehende Restforderung auf dem Wege der gewöhnlichen Betreibung.
In dem von der Betriebenen angehobenen Aberkennungsprozess berief sich die Beklagte zur Begründung ihres Anspruches auf den Wechsel, den ihr Bosshard ohne Indossament übergeben hatte, und machte geltend, Frau Keller hafte ihr aus diesem Wechsel als Wechselbürgin. Auf den Einwand der Frau Keller hin, die Beklagte könne sich nicht auf den Wechsel berufen, weil ein Indossament des Bosshard fehle, indossierte ihn Bosshard nachträglich an die Confluentia A.-G.
Das Obergericht Zürich schützte die Aberkennungsklage.
Das Bundesgericht weist auf Berufung der Beklagten hin die Sache an die Vorinstanz zurück auf Grund der folgenden
Erwägungen
Erwägung:
3. ... a) Die Vorinstanz hat eine Haftung der Klägerin verneint, weil sich ihre Wechselbürgschaft nicht auf die Schuld des Bezogenen Ganter, für welche die Beklagte nach ihrer ganzen Prozessführung die Klägerin in Anspruch nehme, sondern auf die Wechselverpflichtung des Ausstellers Bosshard beziehe. Das ergebe sich aus Art. 1021 Abs. 4 OR, wonach die (nicht vom Aussteller oder vom Bezogenen stammende) blosse Unterschrift auf der Vorderseite des Wechsels als für den Aussteller geleistete Bürgschaft gelte.
Dabei hat die Vorinstanz jedoch übersehen, dass nach der Rechtsprechung (BGE 77 II 250 ff.) die Angabe, für wen die Wechselbürgschaft geleistet werde, keine ausdrückliche zu sein braucht, sondern sich auch aus dem Wechsel ergeben kann. Das bezieht sich, wie aus den damaligen Urteilserwägungen hervorgeht und heute ergänzend zu entscheiden ist, namentlich auch auf die bisherige Übung, die Angabe des Avalierten schon in der räumlichen Verbindung des Avals mit seiner Unterschrift zu sehen (BGE 77 II 253). So wurde der genannte Entscheid denn auch in der Doktrin verstanden (CARRY, Problèmes relatifs à l'aval, in Mélanges Sauser-Hall 1952 S. 197, MOSSA, Trattato della Cambiale, 3. Aufl. 1956 S. 437 N. 32). Diese Auffassung wird sodann auch in der deutschen Literatur vertreten (BAUMBACH/HEFERMEHL, Wechselgesetz, 4. Aufl. 1953, S. 126 N. 3 lit. B zu Art. 31).
Da im vorliegenden Fall die Klägerin ihr Aval unter die Unterschrift des Akzeptanten Ganter gesetzt hat, kann sie daher entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht in Abrede stellen, dass sie Wechselbürgin für den Akzeptanten geworden ist. Das entspricht auch der vom kantonalen Richter festgehaltenen Interessenlage, indem Ganter dem Verkäufer nicht genügende finanzielle Gewähr bot.
Die Klägerin wendet ein, sie könne aus ihrer Wechselbürgschaft nicht belangt werden, weil eine unzulässige Umgehung der Formvorschriften über die Bürgschaft vorliege. Dieser Einwand ist jedoch gemäss BGE 79 II 79 ff. nicht stichhaltig. Ein Spezialtatbestand, der besonderer Prüfung hinsichtlich der Umgehungsfrage bedürfte, liegt hier nicht vor.
b) Damit bleibt lediglich noch zu prüfen, ob der Umstand, dass die Indossierung des Wechsels durch Bosshard erst im Laufe des Prozesses, also nach Erlass des Zahlungsbefehls erfolgt ist, der Belangung der Klägerin aus der Wechselbürgschaft entgegenstehe und welche Folgen sich daraus in Bezug auf die Einreden der Klägerin gegenüber der Beklagten ergeben.
Bei der Entscheidung dieser Frage ist davon auszugehen, dass grundsätzlich auch eine in Betreibung gesetzte Forderung abgetreten werden kann, mit der Folge, dass der Erwerber in die betreibungsrechtliche Stellung des Gläubigers eintritt, mithin auch in dessen Beklagtenrolle im Aberkennungsprozess. Hiegegen bestehen keine Bedenken, weil bei der gewöhnlichen zivilrechtlichen Abtretung dem Schuldner der abgetretenen Forderung sämtliche Einreden aus dem Verhältnis zum ursprünglichen Gläubiger gewahrt bleiben (Art. 169 OR), so dass die rechtliche Stellung des Schuldners keine Verschlechterung erfährt. Auch die Rechtsnatur der Aberkennungsklage, wie sie in BGE 57 II 326 und präzisierend in BGE 68 III 85 ff. umschrieben wurde, steht der Berücksichtigung einer erst während der Betreibung erfolgten Abtretung nicht entgegen.
Beim Wechselindossament, das im Grunde genommen eine Sonderform der Abtretung ist, verhält es sich grundsätzlich nicht anders. Auch hier gilt, dass der Gläubiger, der bereits gegen einen Wechselschuldner auf dem Wege der gewöhnlichen Betreibung (also nicht mit Wechselbetreibung) vorgegangen ist, den Wechsel indossieren kann, mit der Folge, dass nun im Betreibungsverfahren der Indossatar die Stellung des Gläubigers einnimmt. Kommt es hernach zur Rechtsöffnung und zur Aberkennungsklage, so darf sich der aus dem Indossament Berechtigte grundsätzlich auf den Wechsel berufen. Es steht ihm auf Grund des Indossaments ein wechselrechtlicher Anspruch gegen alle aus dem Wechsel Verpflichteten zu. Jedoch vermag das erst nach der Anhebung der Betreibung auf den Wechsel gesetzte Indossament insofern nur beschränkte Rechtswirkungen zu entfalten, als die Rechtsstellung des Betriebenen dadurch nicht verschlechtert werden darf. Es können gegen ihn nicht weiterreichende Rechte geltend gemacht werden, als dies vor der Indossierung möglich gewesen wäre. Denn bezüglich solcher Mehrberechtigungen fehlt es am Bestand, bezw. an der Fälligkeit im massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des Zahlungsbefehls. Das führt aber nicht dazu, dass eine erst während laufender Betreibung vorgenommene Indossierung überhaupt nicht zu berücksichtigen wäre. Die Folge ist vielmehr lediglich, dass der Indossatar nur diejenigen Rechte geltend machen darf, die schon seinem Vormann, d.h. dem Indossanten, zustanden. Er kann daher für sich nicht die Vorzugsstellung aus dem Art. 1007 OR in Anspruch nehmen, wonach der aus einem Wechsel Belangte dem Inhaber keine Einwendungen entgegenhalten kann, die sich auf seine unmittelbaren Beziehungen zu dem Aussteller oder zu einem früheren Inhaber gründen. Denn der Ausschluss dieser Einreden bestand im massgebenden Zeitpunkt der Anhebung der Betreibung noch nicht; er konnte erst später, auf Grund des Indossaments, zur Entstehung gelangen.
Ist danach im vorliegenden Falle der Wechselinhaberin die Berufung auf Art. 1007 OR verwehrt, so muss sie sich Einreden der Klägerin ohne die dort vorgesehenen Beschränkungen entgegenhalten lassen. Die Sache ist deshalb zur Prüfung nach dieser Richtung hin an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Aval; action en libération de dette. Notion de l'indication de la personne pour laquelle l'aval est donné, art. 1021 al. 4 CO (consid. 3 a).
Conséquences du fait que la lettre de change n'a été endossée qu'après la notification du commandement de payer (consid. 3 b).
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